URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
26. Mai 2016(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Befreiung – Art. 135 Abs. 1 Buchst. d – Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr – Begriff – Kauf von Kinokarten per Telefon oder im Internet – Bezahlung per Debit- oder Kreditkarte – Als ‚Abwicklung der Kartenzahlung‘ bezeichnete Dienstleistungen“
In der Rechtssache C‑607/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 22. Dezember 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 2014, in dem Verfahren
Bookit Ltd
gegen
Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin C. Toader, des Richters A. Rosas, der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Bookit Ltd, vertreten durch N. Gardner und S. Mardell, Solicitors, sowie durch Z. Yang, Barrister, und A. Hitchmough, QC,
– der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Holt als Bevollmächtigten im Beistand von K. Beal, QC,
– der griechischen Regierung, vertreten durch S. Charitaki und A. Magrippi als Bevollmächtigte,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Cunha und R. Campos Laires als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und R. Lyal als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bookit Ltd und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (Steuer- und Zollverwaltung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, im Folgenden: Steuerverwaltung) über die Ablehnung einer Befreiung bestimmter von Bookit erbrachter Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.
4 Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g dieser Richtlinie sieht, im Wesentlichen gleichlautend, die Steuerbefreiungen vor, die zuvor in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) vorgesehen waren.
5 In Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
…
d) Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen …“
Recht des Vereinigten Königreichs
6 Section 31(1) des Value Added Tax Act 1994 (Gesetz über die Mehrwertsteuer von 1994, im Folgenden: Gesetz von 1994) bestimmt: „Die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen ist eine von der Steuer befreite Leistung, wenn sie einem der derzeit in Anhang 9 aufgeführten Sachverhalte entspricht.“
7 In Anhang 9 sind mehrere Gruppen von Waren und Dienstleistungen aufgeführt, die in den Genuss einer Mehrwertsteuerbefreiung kommen. Gruppe 5 bezieht sich auf den Finanzbereich. Sie sieht die Befreiung folgender Dienstleistungen vor:
„…
1. die Ausgabe, Übertragung, Entgegennahme oder Handhabung von Geldern, Sicherheiten für Gelder oder von Noten oder Anweisungen für die Zahlung von Geldern;
…
5. Vermittlungsdienstleistungen für Umsätze, die von Item 1, 2, 3, 4 oder 6 erfasst werden (gleichviel, ob diese Umsätze zum Abschluss gebracht werden oder nicht), durch eine Person, die in einer Vermittlereigenschaft tätig wird.
…“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
8 Bookit ist ein 100%iges Tochterunternehmen der Odeon Cinemas Holding Limited (im Folgenden: Odeon), die im Vereinigten Königreich eine Kinokette besitzt und betreibt. Die von Bookit angegebene Geschäftstätigkeit besteht in der Abwicklung von Debit- oder Kreditkartenzahlungen („card handling“, im Folgenden: Abwicklung der Kartenzahlung) für die Kunden der Odeon-Unternehmensgruppe. Sie betreibt auch ein Call-Center für Odeon. Bookit erzielt ihre gesamten Einnahmen mit Umsätzen, in die die Odeon-Unternehmensgruppe und die Kunden der Odeon-Kinos involviert sind.
9 Mit Bescheid vom 24. Dezember 2009 stellte die Steuerverwaltung fest, dass die von Bookit erbrachten Leistungen, für die sie ein Entgelt erhielt, das gegenüber den Kunden, die Eintrittskarten für die Odeon-Kinos erwarben, als Gebühr für die Abwicklung der Kartenzahlung („card handling fee“) bezeichnet wurde, keine nach Anhang 9 Gruppe 5 des Gesetzes von 1994 befreiten Dienstleistungen darstellten. Bookit erhob dagegen beim First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer], Vereinigtes Königreich) Klage.
10 Dieses Gericht führt aus, die Eintrittskarten für die Odeon-Kinos würden an den Kassen und Kassenautomaten der Kinos, per Telefon über ein Call-Center oder über das Internet verkauft.
11 Die Verkäufe an den Kassen erfolgten durch Angestellte von Odeon. Bei diesen Verkäufen und bei den Verkäufen an den Kassenautomaten der Kinos erbringe Bookit gegenüber Odeon Dienstleistungen zur Abwicklung der Kartenzahlungen, stelle dafür aber weder Odeon noch den Kunden eine Gebühr in Rechnung. Die Verkäufe per Telefon und im Internet erfolgten durch Bookit als Vertreterin von Odeon. Bei diesen Verkäufen entrichte der Kunde, wenn er die Eintrittskarten per Debit- oder Kreditkarte erwerbe, den Eintrittspreis sowie die Gebühr für die Abwicklung der Kartenzahlung. Während der relevanten Zeiträume habe diese zwischen 0,65 und 0,75 Pfund Sterling (GBP) (etwa 0,82 und 0,95 Euro) pro Umsatz gelegen.
12 Die Zahlungen per Debit- und Kreditkarte, die Bookit von den Kunden beim Erwerb von Eintrittskarten für die Odeon-Kinos erhalten habe, seien während des gesamten relevanten Zeitraums aufgrund eines Dienstleistungsvertrags von einer als „merchant acquirer“ bezeichneten Bank (im Folgenden: Händlerbank) verarbeitet worden. Dieser Vertrag habe vorgesehen, dass die Händlerbank dem Konto von Bookit den Gesamtbetrag der Umsätze gutschreibe, für die ihr die relevanten Kartenumsatzdaten vorgelegt würden. Er habe ferner die Verpflichtung von Bookit oder gegebenenfalls Odeon vorgesehen, zum einen bei der Händlerbank einen Autorisierungscode einzuholen – der von der Bank des Karteninhabers (im Folgenden: ausgebende Bank) stamme und im Wesentlichen die Gültigkeit und Deckung der Karte bestätige –, bevor ein Verkauf getätigt werde, und sich zum anderen zu vergewissern, dass dieser Code in eine als „Abrechnungsdatei“ bezeichnete Datei aufgenommen worden sei, die die Daten der Kartenumsätze enthalte und der Händlerbank am Ende des Tages zur Verbuchung der Zahlungen zu übermitteln sei.
13 Odeon und Bookit hätten überdies mit der DataCash Limited einen gesonderten Dienstleistungsvertrag geschlossen, wonach diese „Standardbankleistungen für Karten“ erbracht habe. Dazu habe die Einholung der Autorisierungscodes im Namen und für Rechnung von Bookit durch Stellung der erforderlichen Autorisierungsanfragen bei der Händlerbank und Entgegennahme der Antworten sowie die Speicherung der Autorisierungen in einer Protokolldatei gehört, um für die Abrechnung mit der Händlerbank festzuhalten, ob die Verkäufe von Odeon in den Kinos oder von Bookit im Fernabsatz getätigt worden seien.
14 In der Praxis umfasse der Kauf einer Kinokarte per Telefon oder über das Internet folgende Schritte. Zunächst übermittle der Kunde Bookit die einschlägigen Daten der Debit- oder Kreditkarte, die er verwenden wolle (den Namen und die Adresse des Karteninhabers, die Kartennummer und die auf der Rückseite befindliche Kartenprüfnummer). Diese Daten sende Bookit über DataCash an die Händlerbank. Letztere leite die Daten an die ausgebende Bank weiter, die – im Akzeptanzfall – den Betrag vormerke und einen Autorisierungscode an die Händlerbank sende. Diese sende den Code über DataCash an Bookit, die bei Erhalt prüfe, ob die angefragten Kinoplätze noch verfügbar seien. Wenn ja, würden die Eintrittskarten dem Kunden zugeteilt, für den der Vorgang damit abgeschlossen sei; er erhalte von Odeon eine Reservierungsbestätigung, aus der hervorgehe, dass seine Karte mit dem Entgelt für die reservierten Eintrittskarten sowie einer an Bookit zu zahlenden Buchungsgebühr belastet worden sei oder noch belastet werde.
15 Sodann übermittle Bookit an DataCash als Teil des „Tagesabschlusses“ für die einzelnen Kinos die von ihr in Form von Abrechnungsdateien, die für jeden Umsatz die Daten der Kartenzahlung einschließlich des Autorisierungscodes der ausgebenden Bank enthielten, gesammelten Zahlungsinformationen. DataCash übersende der Händlerbank daraufhin eine Protokolldatei mit allen im Verlauf des Tages getätigten Umsätzen zur Weiterleitung an die verschiedenen ausgebenden Banken, was die Zahlung der ausgebenden Banken an die Händlerbank auslöse. Diese schreibe anschließend dem Bankkonto von Bookit die fraglichen Beträge gut. Schließlich überweise Bookit die Erlöse aus dem Verkauf der Eintrittskarten an Odeon, wobei sie die Gebühren für die Abwicklung der Kartenzahlung einbehalte.
16 Die Rolle von Bookit bestehe somit zum einen aus der Erbringung einer Leistung als Vertreterin von Odeon beim Verkauf der Eintrittskarten und zum anderen aus der Abwicklung der Kartenzahlung gegenüber den Käufern, die die Entgegennahme der Karteninformationen vom Kunden, ihre Übermittlung an die Händlerbank, die Entgegennahme des Autorisierungscodes von der Händlerbank und die erneute Übermittlung der Karteninformationen einschließlich des Autorisierungscodes an die Händlerbank im Rahmen der Zahlungsabwicklung umfasse.
17 Das vorlegende Gericht fügt hinzu, erstens wüsste die Händlerbank ohne die Abrechnungsdateien nicht, ob die Umsätze getätigt worden seien. Zweitens könnte Bookit die Kartenzahlungen ohne die Dienstleistungen einer Händlerbank nicht abwickeln, da sie die Kartendaten den ausgebenden Banken nicht direkt übermitteln könne, um die Autorisierungscodes zu erhalten. Drittens benötige Bookit auch die Dienste von DataCash, um die Kartendaten in eine vom Zahlungssystem akzeptierte Form zu bringen. Unstreitig sei allerdings, dass das Tätigwerden von DataCash keine Auswirkungen auf die Art der von Bookit erbrachten Dienstleistungen habe. Viertens würden die Beziehungen zwischen Odeon, Bookit und ihren Kunden auf der Website von Odeon beschrieben, so dass die Kunden im gesamten relevanten Zeitraum gewusst hätten, dass sie mit Bookit einen gesonderten Vertrag über die in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung schlössen, für die eine Gebühr anfalle.
18 Bookit vertritt vor dem vorlegenden Gericht die Ansicht, dass die von ihr den Käufern von Eintrittskarten für die Odeon-Kinos erbrachte, in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung eine nach Gruppe 5 Item 1 von Anhang 9 des Gesetzes von 1994 und Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie befreite Erbringung von Dienstleistungen darstelle, da die Übermittlung der kartenbezogenen Daten einschließlich der Autorisierungscodes an die Händlerbank bewirke, dass auf ihr Konto bei dieser Bank Gelder übertragen würden.
19 Die Steuerverwaltung macht hingegen geltend, dass Bookit zu keinem Zeitpunkt eine Übertragung von Geldern für die Kunden von Odeon im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs vornehme, da diese Übertragung von der Händlerbank zusammen mit den ausgebenden Banken vorgenommen werde. Die Dienstleistungen von Bookit unterlägen daher dem normalen Mehrwertsteuersatz.
20 Das vorlegende Gericht gibt an, es habe ebenso wie andere Gerichte des Vereinigten Königreichs Schwierigkeiten bei der Klärung der Frage, welche Art von Tätigkeiten unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung falle.
21 Unter diesen Umständen hat das First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer]) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Welches sind im Hinblick auf die Befreiung von der Mehrwertsteuer in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie nach dessen Auslegung durch den Gerichtshof im Urteil vom 5. Juni 1997, SDC (C‑2/95, EU:C:1997:278), die maßgeblichen Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob eine „Abwicklungsdienstleistung für Debit- und Kreditkarten“ (wie die im vorliegenden Fall erbrachte) im Sinne von Rn. 66 des genannten Urteils „eine Übertragung von Geldern [bewirkt] und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen [führt]“?
2. Nach welchen Gesichtspunkten unterscheidet sich grundsätzlich i) eine Dienstleistung, die in der Übermittlung finanzieller Informationen besteht, ohne die keine Zahlung erfolgen würde, die aber nicht unter die Befreiung fällt (wie im Urteil vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532), von ii) einer Dienstleistung der Verarbeitung von Daten, die ihrer Funktion nach die Übertragung von Geldern bewirkt und daher nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (wie im Urteil vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 66) unter die Befreiung fallen kann?
3. Speziell in Bezug auf Abwicklungsdienstleistungen bei Debit- und Kreditkarten:
a) Gilt die Befreiung für Dienstleistungen, die eine Übertragung von Geldern bewirken, aber nicht die Aufgabe einschließen, ein Konto zu belasten und einem anderen Konto den entsprechenden Betrag gutzuschreiben?
b) Hängt der Befreiungsanspruch davon ab, ob der Dienstleistende selbst die Autorisierungscodes direkt von der Bank des Karteninhabers oder über seine Händlerbank erhält?
Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
22 Das vorlegende Gericht stützt sein Vorabentscheidungsersuchen auf die Prämisse, dass die in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung, die Bookit erbringt, wenn eine Person, die ein Odeon-Kino besuchen möchte, über Bookit eine Eintrittskarte erwirbt, die mit einer Debit- oder Kreditkarte bezahlt wird, eine vom Verkauf der Eintrittskarte gesonderte und unabhängige Dienstleistung darstellt.
23 Der Gerichtshof hat aber bereits entschieden, dass das zusätzliche Entgelt, das ein Erbringer von Dienstleistungen seinen Kunden berechnet, wenn sie diese Dienste per Kredit‑ oder Debitkarte, per Scheck oder in bar am Schalter einer Bank oder einer zur Entgegennahme der Zahlung für Rechnung des betreffenden Leistungserbringers ermächtigten Stelle bezahlen, keine Gegenleistung für eine gesonderte, von der Erbringung der Hauptdienstleistung unabhängige Leistung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2010, Everything Everywhere, C‑276/09, EU:C:2010:730, Rn. 32).
24 Dabei ist der Gerichtshof zunächst davon ausgegangen, dass die Bereitstellung einer Infrastruktur durch den Erbringer der Hauptdienstleistung, die es den Kunden ermöglicht, den Preis dieser Dienstleistung u. a. per Bankkarte zu bezahlen, für die Kunden keinen eigenen Zweck darstellt und dass sie an der Dienstleistung, die ihnen damit erbracht worden sein soll und die sie nicht unabhängig von der Hauptdienstleistung in Anspruch nehmen können, kein von Letzterer gesondertes Interesse haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2010, Everything Everywhere, C‑276/09, EU:C:2010:730, Rn. 27).
25 Der Gerichtshof hat sodann hinzugefügt, dass die Entgegennahme einer Zahlung sowie deren Abwicklung untrennbar mit jeder entgeltlich erbrachten Dienstleistung verbunden sind. Zu einer solchen Leistung gehört zwingend, dass der Leistungserbringer verlangt, bezahlt zu werden, und die erforderlichen Anstrengungen unternimmt, damit der Kunde eine wirksame Zahlung als Gegenleistung für die erbrachte Leistung vornehmen kann, da davon auszugehen ist, dass jede Art der Bezahlung grundsätzlich erfordert, dass der Leistende bestimmte Schritte unternimmt, um die Zahlung zu bearbeiten, auch wenn der Umfang dieser Schritte je nach Zahlungsweise variieren kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2010, Everything Everywhere, C‑276/09, EU:C:2010:730, Rn. 28).
26 Der Gerichtshof hat schließlich festgestellt, dass der Umstand, dass ein gesonderter Preis für die Finanzdienstleistung, die erbracht worden sein soll, im Vertragsdokument einzeln bezeichnet und in den den Kunden ausgestellten Rechnungen getrennt ausgewiesen ist, insoweit nicht ausschlaggebend ist, da die Tatsache, dass ein einheitlicher Preis berechnet wird oder vertraglich gesonderte Preise vorgesehen worden sind, keine entscheidende Bedeutung für die Frage hat, ob es sich um zwei oder mehrere eigenständige und voneinander unabhängige Vorgänge oder um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2010, Everything Everywhere, C‑276/09, EU:C:2010:730, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
27 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob die ihm unterbreiteten Tatsachen über die vertragliche Formulierung hinaus in Anbetracht der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität der in Rede stehenden Umsätze charakteristisch für das Vorliegen eines einheitlichen Umsatzes sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Februar 2008, Part Service, C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 54, und vom 20. Juni 2013, Newey, C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 42 bis 45), wobei es sämtliche Umstände zu berücksichtigen hat, unter denen er abgewickelt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2010, Everything Everywhere, C‑276/09, EU:C:2010:730, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).
28 In Anbetracht dieser Gesichtspunkte obliegt dem vorlegenden Gericht die Prüfung, ob im Ausgangsverfahren die von Bookit erbrachte, in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung für die Zwecke der Erhebung der Mehrwertsteuer als ergänzende Dienstleistung zum Verkauf der betreffenden Kinokarten anzusehen ist oder als ergänzende Dienstleistung zu einer anderen, den Käufern der Kinokarten von Bookit erbrachten und etwa in der Reservierung oder im Vorverkauf von Kinokarten im Wege des Fernabsatzes bestehenden Dienstleistung, die eine Einheit mit der Hauptdienstleistung bilden würde und steuerlich ebenso zu behandeln wäre wie diese (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Februar 1999, CPP, C‑349/96, EU:C:1999:93, Rn. 32, und vom 16. April 2015, Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie, C‑42/14, EU:C:2015:229, Rn. 31).
29 Unter diesem Vorbehalt wird der Gerichtshof im vorliegenden Fall die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung des Unionsrechts vorzunehmen haben.
Zu den Fragen
30 Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die dort vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer für eine als „Abwicklung der Kartenzahlung“ bezeichnete Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gilt, die von einem Steuerpflichtigen erbracht wird, wenn eine Person über ihn mittels Debit- oder Kreditkarte eine Kinokarte erwirbt, die er im Namen und für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft.
31 Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass diese Dienstleistung der Abwicklung der Kartenzahlung zunächst darin besteht, dass ihr Erbringer die Daten der Debit- oder Kreditkarte, die der Käufer verwenden möchte, erhebt und seiner Händlerbank übermittelt, die sie an die ausgebende Bank weiterleitet. Sodann umfasst sie, wenn die ausgebende Bank der Händlerbank nach Erhalt dieser Daten durch Übermittlung eines Autorisierungscodes die Gültigkeit der Karte und die erforderliche Deckung bestätigt hat, den Empfang des Codes durch den Dienstleistungserbringer über seine Händlerbank, wodurch der Verkauf autorisiert wird. Schließlich umfasst sie am Ende des Tages die Übermittlung einer Abrechnungsdatei vom Dienstleistungserbringer an seine Händlerbank, in der alle tatsächlich im Verlauf des Tages durchgeführten Verkäufe zusammengefasst sind und die die relevanten Daten zu den verwendeten Zahlungskarten einschließlich der Autorisierungscodes enthält. Diese Datei wird von der Händlerbank an die verschiedenen ausgebenden Banken weitergeleitet, die dann die Zahlungen oder Überweisungen an die Händlerbank vornehmen, von der die betreffenden Gelder wiederum auf das Konto des Dienstleistungserbringers übertragen werden.
32 Einleitend ist festzustellen, dass Art. 135 Abs. 1 Bucht. b bis g der Mehrwertsteuerrichtlinie ohne inhaltliche Änderung die Befreiungen übernimmt, die zuvor in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 vorgesehen waren. Die Rechtsprechung zu diesen Bestimmungen bleibt damit für die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie relevant.
33 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. Urteile vom 10. März 2011, Skandinaviska Enskilda Banken, C‑540/09, EU:C:2011:137, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Oktober 2015, Hedqvist, C‑264/14, EU:C:2015:718, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung sind die zur Umschreibung der genannten Steuerbefreiungen verwendeten Begriffe eng auszulegen, da diese Befreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. u. a. Urteile vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532, Rn. 23, und vom 22. Oktober 2015, Hedqvist, C‑264/14, EU:C:2015:718, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie vorsieht, dass die Mitgliedstaaten „Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen“ von der Steuer befreien.
36 Die nach dieser Bestimmung von der Steuer befreiten Umsätze werden somit durch die Art der erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder Empfänger der Leistung definiert. Die Befreiung hängt daher nicht davon ab, dass die Umsätze von einem bestimmten Unternehmenstyp oder einem bestimmten Typ einer juristischen Person ausgeführt werden, solange die in Rede stehenden Umsätze zum Bereich der Finanzgeschäfte gehören (vgl. Urteile vom 28. Oktober 2010, Axa UK, C‑175/09, EU:C:2010:646, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Im vorliegenden Fall kommt offensichtlich allein die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung von „Umsätze[n] … im Zahlungs‑ und Überweisungsverkehr“ in Betracht.
38 Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Überweisung ein Vorgang ist, der in der Ausführung eines Auftrags zur Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes besteht. Sie ist namentlich dadurch gekennzeichnet, dass sie zu einer Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger auf der einen Seite und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite sowie gegebenenfalls zwischen den Banken führt. Darüber hinaus ist der Vorgang, der zu dieser Änderung führt, allein die Übertragung der Gelder zwischen den Konten unabhängig von deren Grund. Da die Überweisung nur ein Mittel zur Übertragung der Gelder ist, sind somit die funktionellen Aspekte für die Frage entscheidend, ob ein Vorgang eine Überweisung im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 53, und vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532, Rn. 25).
39 Ferner schließt Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie nach seinem Wortlaut grundsätzlich nicht aus, dass ein Überweisungsvorgang aus verschiedenen gesonderten Dienstleistungen besteht, die dann „Umsätze … im Überweisungsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 64). Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass sich die in Rede stehende Steuerbefreiung auf Dienstleistungen erstrecken kann, die nicht ihrem Wesen nach Überweisungen sind, kann sie sich aber nur auf Umsätze beziehen, die ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen solcher Überweisungen erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 66 bis 68).
40 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die in Rede stehenden Dienstleistungen, um als Umsätze im Überweisungsverkehr im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie eingestuft zu werden, ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sein müssen, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Überweisung erfüllt und damit die Übertragung von Geldern bewirkt und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führt. Insoweit ist die steuerbefreite Dienstleistung im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie von der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung zu unterscheiden. Zu diesem Zweck ist insbesondere der Umfang der Verantwortung des Dienstleistungserbringers zu untersuchen und namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Funktionen der Umsätze erstreckt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 66, und vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532, Rn. 24).
41 Da die funktionellen Aspekte für die Klärung der Frage entscheidend sind, ob ein Umsatz im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie im Überweisungsverkehr erfolgt, ist ferner hervorzuheben, dass das Kriterium für die Unterscheidung eines unter die in Rede stehende Steuerbefreiung fallenden Umsatzes, der – im Sinne der in den Rn. 38 bis 40 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung – eine Übertragung von Geldern bewirkt und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führt, von einem Umsatz, der keine solchen Wirkungen hat und daher nicht unter die Befreiung fällt, darin besteht, ob durch den betreffenden Umsatz tatsächlich oder potenziell das Eigentum an den in Rede stehenden Geldern übertragen wird oder ob er die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer solchen Übertragung erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532, Rn. 33).
42 Insoweit lässt der Umstand, dass der betreffende Dienstleistungserbringer selbst unmittelbar Belastungen und/oder Gutschriften auf einem Konto oder Umbuchungen zwischen den Konten ein und desselben Inhabers vornehmen kann, zwar grundsätzlich den Schluss zu, dass diese Bedingung erfüllt und die betreffende Dienstleistung von der Steuer befreit ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2014, ATP PensionService, C‑464/12, EU:C:2014:139, Rn. 80, 81 und 85). Doch kann die bloße Tatsache, dass diese Dienstleistung nicht unmittelbar eine solche Aufgabe umfasst, nicht von vornherein ausschließen, dass sie unter die in Rede stehende Steuerbefreiung fällt, denn die in Rn. 38 des vorliegenden Urteils angeführte Auslegung greift den Modalitäten der Durchführung der Überweisungen nicht vor (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2014, ATP PensionService, C‑464/12, EU:C:2014:139, Rn. 80).
43 Überdies gelten die Erwägungen zu Umsätzen im Überweisungsverkehr nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs auch für Umsätze im Zahlungsverkehr (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 50, und vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532, Rn. 26).
44 Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass eine in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wie sich aus der Beschreibung in Rn. 31 des vorliegenden Urteils ergibt, die Ausführung einer Zahlung oder Überweisung bewirkt. Dafür kann eine solche Dienstleistung als unerlässlich angesehen werden, denn nach den Angaben in der Vorlageentscheidung löst die am Ende des Tages erfolgende Übermittlung der Abrechnungsdatei vom Dienstleistungserbringer an seine Händlerbank die Zahlung oder Überweisung der betreffenden Beträge durch die ausgebenden Banken an die Händlerbank und letztlich auf das Konto des Dienstleistungserbringers aus, wobei allein Zahlungen oder Überweisungen tatsächlich ausgeführt werden, für die die erforderlichen Informationen in der Abrechnungsdatei enthalten sind.
45 Erstens lässt sich jedoch aus dem bloßen Umstand, dass eine Dienstleistung für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, nicht ihre Befreiung herleiten, da Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie eng auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 65, und vom 28. Juli 2011, Nordea Pankki Suomi, C‑350/10, EU:C:2011:532, Rn. 31).
46 Zweitens können weder der Umstand, dass der Dienstleistungserbringer vom Käufer die Daten der Zahlungskarte erhält, die der Käufer verwenden möchte, noch ihre Übermittlung durch den Dienstleistungserbringer an seine Händlerbank, die Entgegennahme des von der ausgebenden Bank gelieferten Autorisierungscodes durch den Dienstleistungserbringer oder die Übermittlung einer Abrechnungsdatei, die u. a. die Autorisierungscodes für die getätigten Verkäufe enthält, durch den Dienstleistungserbringer an seine Händlerbank am Ende des Tages für sich allein oder zusammen genommen als Verwirklichung einer spezifischen und wesentlichen Funktion eines Zahlungs- oder Überweisungsvorgangs im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie angesehen werden.
47 In Anbetracht dieser Beschreibung steht fest, dass der Erbringer einer solchen Dienstleistung weder selbst unmittelbar Belastungen und/oder Gutschriften auf den betreffenden Konten oder Umbuchungen zwischen ihnen vornimmt noch eine solche Belastung oder Gutschrift anordnet, da es der Käufer ist, der die Entscheidung über eine Belastung seines Kontos zugunsten des Kontos eines Dritten trifft, indem er seine Zahlungskarte verwendet, um einen Kauf zu tätigen.
48 Zudem sind die von einem Dienstleistungserbringer seiner Händlerbank vorgelegten Abrechnungsdateien, wie die Europäische Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nichts anderes als eine Zahlungsaufforderung in elektronischer Form. Die Übermittlung einer solchen Datei am Ende des Tages dient somit allein dazu, das fragliche Zahlungssystem darüber zu informieren, dass ein zuvor autorisierter Verkauf tatsächlich durchgeführt wurde. Sie kann daher weder als Ausführung der betreffenden Zahlung oder Überweisung noch als Erfüllung ihrer spezifischen und wesentlichen Funktionen angesehen werden. Dass eine solche Datei lediglich die Daten und Codes zu den tatsächlich durchgeführten Verkäufen enthält, also zu denen, für die die Verfügbarkeit der vom Kunden gewünschten Eintrittskarte bestätigt wurde, ist insoweit ohne Bedeutung, da dieser Umstand in der Natur einer solchen Datei liegt.
49 Schließlich ist hervorzuheben, dass nach den Angaben in der Vorlageentscheidung der in der Abrechnungsdatei enthaltene Autorisierungscode – den der Dienstleistungserbringer im Übrigen lediglich erfragt, entgegennimmt und wieder übermittelt und über dessen Bereitstellung er somit keine Kontrolle hat – nur die Autorisierung für die Vornahme des Verkaufs darstellt, die die betreffende ausgebende Bank dem Dienstleistungserbringer über die Händlerbank zukommen lässt. Es handelt sich also ebenfalls nicht um eine für die Übertragung des Eigentums an den in Rede stehenden Geldern spezifische und wesentliche Funktion. Daher ist es für die Klärung der Frage, ob eine in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende unter die fragliche Steuerbefreiung fällt, ohne Belang, ob der Dienstleistungserbringer einen solchen Code unmittelbar von der ausgebenden Bank oder über seine Händlerbank erhält.
50 Drittens geht aus der Vorlageentscheidung nicht hervor, dass der Erbringer einer solchen Dienstleistung die Verantwortung für die Vornahme der rechtlichen und finanziellen Veränderungen, die das Vorliegen eines von der Steuer befreiten Überweisungs- oder Zahlungsumsatzes im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie charakterisieren, übernimmt und damit für die spezifischen und wesentlichen Funktionen des Übertragungsprozesses der Gelder, der zwischen den ausgebenden Banken und der Händlerbank und sodann von der Händlerbank auf das Konto des Dienstleistungserbringers stattfindet. Insbesondere bedeutet die von Bookit in ihren schriftlichen Erklärungen angesprochene Möglichkeit, dass sich der Erbringer einer in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehenden Dienstleistung gegenüber dem Käufer und gegebenenfalls gegenüber dem Unternehmen, für dessen Rechnung er den Verkauf durchführt, zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verkaufs und der damit verbundenen, in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehenden Dienstleistung und mithin zur zufriedenstellenden Erbringung der Dienstleistung verpflichtet, nicht, dass der Dienstleistungserbringer eine Haftung für die Vornahme der rechtlichen und finanziellen Änderungen übernimmt, die einen von der Steuer befreiten Zahlungs- oder Überweisungsvorgang charakterisieren.
51 Aus alledem ergibt sich, dass der Erbringer einer in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehenden Dienstleistung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht in spezifischer und wesentlicher Form an den rechtlichen und finanziellen Änderungen teilhat, die die Eigentumsübertragung an den betreffenden Geldern bewirken und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs einen nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie von der Steuer befreiten Umsatz im Zahlungs- oder Überweisungsverkehr zu charakterisieren vermögen. Er beschränkt sich vielmehr auf die Umsetzung technischer und administrativer Schritte, die es ihm ermöglichen, Informationen zu sammeln und seiner Händlerbank zu übermitteln sowie auf dem gleichen Weg Informationen zu erhalten, die es ihm ermöglichen, einen Verkauf zu tätigen und die entsprechenden Gelder zu vereinnahmen.
52 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Automatisierung einer solchen Dienstleistung und insbesondere der Umstand, dass die Übermittlung der Abrechnungsdatei die automatische Auslösung der betreffenden Zahlungen oder Überweisungen bewirkt, an der Art der erbrachten Dienstleistung nichts ändern kann und daher ohne Relevanz für die Anwendung der in Rede stehenden Steuerbefreiung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 37).
53 Da eine in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende somit im Wesentlichen aus einem Austausch von Informationen zwischen einem Gewerbetreibenden und seiner Händlerbank besteht, der darauf abzielt, die Bezahlung für eine angebotene Ware oder Dienstleistung zu erhalten, kann er nicht unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung von Umsätzen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr fallen.
54 Im Übrigen kann eine solche Dienstleistung zum einen nicht aufgrund ihrer Art als Finanzumsatz im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g der Mehrwertsteuerrichtlinie angesehen werden, es sei denn, man ginge davon aus, dass jeder Gewerbetreibende, der die erforderlichen Schritte unternimmt, um eine Zahlung per Debit- oder Kreditkarte zu erhalten, einen Finanzumsatz im Sinne dieser Bestimmungen durchführte, was diesen Begriff seines Sinnes berauben würde und dem Erfordernis einer engen Auslegung der Mehrwertsteuerbefreiungen zuwiderliefe.
55 Zum anderen würden, wenn eine in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende von der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung erfasst würde, die mit der Steuerbefreiung von Finanzumsätzen verfolgten Ziele verletzt; diese soll die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbundenen Schwierigkeiten mindern und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits verhindern (Urteil vom 19. April 2007, Velvet & Steel Immobilien, C‑455/05, EU:C:2007:232, Rn. 24, und Beschluss vom 14. Mai 2008, Tiercé Ladbroke und Derby, C‑231/07 und C‑232/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:332, Rn. 24).
56 Bei der Erhebung von Mehrwertsteuer auf eine in der Abwicklung der Kartenzahlung bestehende Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende treten nämlich keine solchen Schwierigkeiten auf. Insbesondere kann die Bemessungsgrundlage, die der Gegenleistung für diese Dienstleistung entspricht, d. h. die dem Käufer der Eintrittskarte für die Dienstleistung in Rechnung gestellte Gebühr, leicht bestimmt werden, und mit einem solchen Umsatz ist kein Kredit des Dienstleistungserbringers für den Käufer verbunden. Eine derartige Dienstleistung kommt daher nicht für eine Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie in Betracht.
57 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die dort für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht für eine als „Abwicklung von Debit- oder Kreditkartenzahlungen“ bezeichnete Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gilt, die von einem Steuerpflichtigen erbracht wird, wenn eine Person über ihn mittels Debit- oder Kreditkarte eine Kinokarte erwirbt, die er im Namen und für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft.
Kosten
58 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die dort für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht für eine als „Abwicklung von Debit- oder Kreditkartenzahlungen“ bezeichnete Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gilt, die von einem Steuerpflichtigen erbracht wird, wenn eine Person über ihn mittels Debit- oder Kreditkarte eine Kinokarte erwirbt, die er im Namen und für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Englisch.