C-426/07 - Krawczynski

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Rechtssache C‑426/07

Dariusz Krawczyński

gegen

Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku

(Vorabentscheidungsersuchen des Wojewódzki Sąd Administracyjny w Białymstoku)

„Inländische Abgaben – Kraftfahrzeugsteuern – Verbrauchsteuer – Gebrauchtfahrzeuge – Einfuhr“

Leitsätze des Urteils

1.        Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Verbot, andere nationale Steuern zu erheben, die den Charakter von Umsatzsteuern haben

(Richtlinie 77/388 des Rates, Art. 33 Abs. 1)

2.        Steuerliche Vorschriften – Inländische Abgaben – Verbrauchsteuern, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben werden

(Art. 90 Abs. 1 EG)

1.        Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in der durch die Richtlinie 91/680 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsteuer, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, nicht entgegensteht.

Da nämlich eine solche Verbrauchsteuer nur auf Verkäufen von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland lastet, kann sie nicht als Maßnahme angesehen werden, die alle sich auf Gegenstände oder Dienstleistungen beziehenden Geschäfte in allgemeiner Weise belastet, und sie unterscheidet sich damit von der Mehrwertsteuer in einer Weise, dass sie nicht als eine Abgabe, die den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des genannten Artikels hat, angesehen werden kann.

(vgl. Randnrn. 22-23, 25-26, Tenor 1)

2.        Art. 90 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsteuer, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, entgegensteht, soweit der Abgabenbetrag, der auf den Verkauf von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Gebrauchtfahrzeugen erhoben wird, höher ist als der restliche Betrag dieser Verbrauchsteuer, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen geworden ist, die vorher in dem die Verbrauchsteuer erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die nationale Regelung eine solche Folge hat.

(vgl. Randnr. 39, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

17. Juli 2008(*)

„Inländische Abgaben – Kraftfahrzeugsteuern – Verbrauchsteuer – Gebrauchtfahrzeuge – Einfuhr“

In der Rechtssache C‑426/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Wojewódzki Sąd Administracyjny w Białymstoku (Polen) mit Entscheidung vom 27. Juni 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2007, in dem Verfahren

Dariusz Krawczyński

gegen

Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits und J.‑J. Kasel,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Krawczyński, vertreten durch W. Kłoskowski, radca prawny,

–        des Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku, vertreten durch W. Dziemiach, radca prawny,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,

–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 (ABl. L 376, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) und von Art. 90 Abs. 1 EG.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Krawczyński und dem Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku (Direktor der Zollkammer Białystok) über Verbrauchsteuern, die zulasten von Herrn Krawczyński für den Verkauf von Gebrauchtkraftfahrzeugen vor ihrer Erstzulassung in Polen erhoben wurden.

 Rechtlicher Rahmen

 Gemeinschaftsrecht

3        Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmte:

„Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen, insbesondere der geltenden Gemeinschaftsbestimmungen über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind.“

 Nationales Recht

4        In Art. 2 des Gesetzes über die Akzise (ustawa o podatku akcyzowym) vom 23. Januar 2004 (Dz. U. Nr. 29, Pos. 257) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz von 2004) heißt es:

„In dem vorliegenden Gesetz bedeutet

11.      ‚innergemeinschaftlicher Erwerb‘: die Verbringung von Waren, die im Gebiet eines Mitgliedstaats der Akzise unterliegen, in das Inland;

…“

5        Art. 10 Abs. 1 des genannten Gesetzes bestimmt:

„Bei einem Steuersatz, der als Prozent der Besteuerungsgrundlage ausgedrückt ist, ist die Besteuerungsgrundlage

1.      der für den Verkauf von akzisepflichtigen Waren im Inland geschuldete Betrag abzüglich des Betrags der Steuer auf Güter und Dienstleistungen oder des Betrags der für die Waren geschuldeten Akzise;

2.      bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb der Betrag, den der Erwerber für die akzisepflichtigen Waren zu zahlen hat;

3.      bei Lieferung innerhalb der Gemeinschaft der Betrag, der für die Lieferung der akzisepflichtigen Waren in dem Gebiet eines Mitgliedstaats geschuldet wird;

4.      der Zollwert der akzisepflichtigen Waren zuzüglich der im Fall der Einfuhr geschuldeten Zölle nach Maßgabe der Abs. 6 bis 9.“

6        Art. 75 Abs. 1 und 3 des Gesetzes von 2004 sieht vor:

„(1) Der Steuersatz für akzisepflichtige Waren, die keiner Harmonisierung unterliegen, beträgt 65 % der in Art. 10 definierten Besteuerungsgrundlage; hiervon ausgenommen ist der Steuersatz auf elektrische Energie.

(3) Der Finanzminister kann durch Verordnung die in den Abs. 1 und 2 festgelegten Akzisesätze herabsetzen, sie je nach Art der Ware festlegen und ihre Erhebungsvoraussetzungen regeln.“

7        Art. 79 dieses Gesetzes lautet:

„Der Steuerpflichtige ist berechtigt, vom Betrag der Akzise die Akzise abzuziehen, die er beim Erwerb von akzisepflichtigen Waren, die keiner Harmonisierung unterliegen, für ein steuerpflichtiges Verkaufs- oder Einfuhrgeschäft entrichtet hat.“

8        Art. 80 Abs. 1 bis 4 des Gesetzes von 2004 sieht vor:

„(1)      Die Akzise fällt für Personenkraftwagen an, die nicht im Inland nach der Straßenverkehrsordnung zugelassen sind.

(2)      Die Akzise wird geschuldet

1.      von demjenigen, der einen Personenkraftwagen vor seiner Erstzulassung im Inland verkauft;

2.      vom Importeur und von demjenigen, der einen Personenkraftwagen innerhalb der Gemeinschaft erwirbt.

(3)      Eine Akzise auf Personenkraftwagen entsteht

1.      beim Verkauf mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch sieben Tage nach Lieferung der Ware;

2.      bei der Einfuhr an dem Tag, an dem die Zollschuld im Sinne der zollrechtlichen Vorschriften entsteht;

3.      bei dem Erwerb innerhalb der Gemeinschaft mit Erlangung des Rechts, über das Fahrzeug als Eigentümer zu verfügen, spätestens jedoch mit dessen Zulassung im Inland nach der Straßenverkehrsordnung.

(4)      Der Finanzminister kann durch Verordnung für die Erhebung der Akzise nähere Regelungen über die Merkmale der Personenkraftwagen, insbesondere über ihre zulässige Nutzlast, festlegen; er berücksichtigt dabei den Regelungsgehalt der besonderen steuerrechtlichen Vorschriften und das Erfordernis einer regelmäßigen Erhebung der Akzise.“

9        Art. 81 Abs. 1 des Gesetzes von 2004 lautet:

„Personen, die innerhalb der Gemeinschaft einen innergemeinschaftlichen Erwerb von Personenkraftwagen vornehmen, die nicht im Inland nach der Straßenverkehrsordnung zugelassen sind, müssen

1.      bei der Einfuhr in das Inland beim zuständigen Zollamt innerhalb von fünf Tagen nach dem innergemeinschaftlichen Erwerb eine vereinfachte Anmeldung abgeben;

2.      spätestens zum Zeitpunkt der Zulassung des Fahrzeugs im Inland die Akzise entrichten.“

10      Nach Art. 82 Abs. 3 des Gesetzes von 2004 ist beim innergemeinschaftlichen Erwerb eines Personenkraftwagens die Besteuerungsgrundlage der Betrag, den der Käufer an den Verkäufer zu zahlen hat.

11      Nach Art. 7 der Verordnung des Finanzministers über die Senkung der Akzisesätze (rozporządzenie Ministra Finansów w sprawie obniżenia stawek podatku akcyzowego) vom 22. April 2004 (Dz. U Nr. 87, Pos. 825) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Verordnung von 2004) und deren Anhängen 1 und 2 beträgt die Akzise für Neuwagen oder Fahrzeuge, die höchstens zwei Jahre alt sind, je nach deren Hubraum 3,1 % oder 13,6 % und für Fahrzeuge, die älter als zwei Jahre sind, nach einer in Art. 7 Abs. 2 festgelegten Berechnungsformel je nach Alter des Fahrzeugs bis zu 65 % der Besteuerungsgrundlage.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12      Mit Bescheid vom 7. November 2005 setzte der Naczelnik Urzędu Celnego w Białymstoku (Leiter des Zollamts Białystok) einen Betrag von 11 066 PLN für Akzisen fest, die Herr Krawczyński für den Verkauf von fünf Kraftfahrzeugen in Polen vor deren Erstzulassung im Inland schuldete und die er hätte erklären und abführen müssen, was er jedoch unterlassen hatte.

13      Herr Krawczyński legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein, mit dem er die Festsetzung der geschuldeten Akzisen auf einen Gesamtbetrag von 4 599 PLN begehrte, da er im Wesentlichen der Ansicht war, dass er nach Art. 79 des Gesetzes von 2004 – auch ohne die insoweit vorgesehene Erklärung abgegeben zu haben – berechtigt sei, vom geschuldeten Betrag die Akzise abzuziehen, die er beim Erwerb von akzisepflichtigen Waren, die keiner Harmonisierung unterlägen, für ein steuerpflichtiges Verkaufs- oder Einfuhrgeschäft entrichtet habe.

14      Der Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku wies diesen Einspruch mit Bescheid vom 19. Januar 2006 zurück. Darin stellte er im Wesentlichen darauf ab, dass zum einen die Akzise von demjenigen geschuldet werde, der Kraftfahrzeuge in Polen vor ihrer Erstzulassung im Inland verkaufe, und dass zum anderen das angesprochene Abzugsrecht voraussetze, dass der Steuerpflichtige beim zuständigen Zollamt eine Erklärung über diese Akzisen abgebe, den geschuldeten Abgabenbetrag berechne und diesen innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist abführe.

15      Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob Herr Krawczyński Klage beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Białymstoku (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Białystok). Er macht u. a. geltend, dass der Verkauf von bereits in Polen zugelassenen Gebrauchtkraftfahrzeugen unabhängig von deren Alter von der Akzise befreit sei, während für den Verkauf von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Gebrauchtkraftfahrzeugen keine solche Befreiung gelte. Auf dem Verkauf der letztgenannten Fahrzeuge vor ihrer Zulassung in Polen laste eine vom Alter des Fahrzeugs abhängige Akzise. Herr Krawczyński schließt daraus, dass die Republik Polen auf die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Gebrauchtkraftfahrzeuge eine höhere Akzise erhebe, als sie für gleichartige inländische Waren gelte.

16      Der Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku ist demgegenüber der Ansicht, dass die Republik Polen keine diskriminierende Unterscheidung zwischen den Kraftfahrzeugen je nach Herkunft vornehme, denn ausschlaggebend für den Anfall der Akzise sei die fehlende Zulassung im Inland und nicht die Herkunft der betreffenden Fahrzeuge aus einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Polen.

17      Vor diesem Hintergrund hat das Wojewódzki Sąd Administracyjny w Białymstoku beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Lässt sich eine in einem Mitgliedstaat eingeführte Verbrauchsteuer wie die im Gesetz von 2004 vorgesehene Akzise, mit der jeder Verkauf eines Personenkraftwagens vor seiner ersten Zulassung im Inland besteuert wird, als Form einer unzulässigen Umsatzsteuer im Sinne von Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie ansehen?

Wenn die erste Frage zu verneinen sein sollte:

2.      Steht eine Verbrauchsteuer wie die in der beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Białymstoku anhängigen Rechtssache streitige, mit der jeder Verkauf eines Personenkraftwagens vor seiner ersten Zulassung im Inland besteuert wird, im Widerspruch zu Art. 90 EG – der das Verbot der Diskriminierung und der protektionistischen Anwendung eines nationalen Steuersystems zum Schutz gleichartiger inländischer Waren aufstellt –, wenn der Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen, die zuvor in der Republik Polen zugelassen wurden, nicht mit dieser Steuer belastet wird?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

18      Vorab ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die Beantwortung der Frage, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie hat, vor allem davon abhängt, ob die Steuer, Abgabe oder Gebühr das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie kommerzielle Umsätze so belastet, wie es für die Mehrwertsteuer kennzeichnend ist (Urteil vom 11. Oktober 2007, KÖGÁZ u. a., C‑283/06 und C‑312/06, Slg. 2007, I‑8463, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Der Gerichtshof hat hierzu erläutert, dass Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, auf jeden Fall als Maßnahmen anzusehen sind, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belasten, auch wenn sie sich nicht in allen Punkten mit der Mehrwertsteuer decken (Urteil KÖGÁZ u. a., Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Dagegen steht Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie nicht der Beibehaltung oder Einführung einer Steuer entgegen, die eines der wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer nicht aufweist (Urteil KÖGÁZ u. a., Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Der Gerichtshof hat im Einzelnen ausgeführt, welches die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind. Aus seiner Rechtsprechung ergeben sich vier solche Merkmale: allgemeine Geltung der Mehrwertsteuer für alle sich auf Gegenstände oder Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung dieser Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Produktions- und Vertriebsstufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Mehrwertsteuer, so dass sich diese Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (Urteil KÖGÁZ u. a., Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Was das erste dieser Merkmale, also die allgemeine Geltung der Mehrwertsteuer für alle sich auf Gegenstände oder Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, angeht, so lastet die im Ausgangsverfahren streitige Akzise, wie auch der Dyrektor Izby Celnej w Białymstoku, die polnische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften geltend machen, nach Art. 80 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes von 2004 nur auf Verkäufen von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland.

23      In Anbetracht dessen kann diese Akzise nicht als Maßnahme angesehen werden, die alle sich auf Gegenstände oder Dienstleistungen beziehenden Geschäfte in allgemeiner Weise belastet.

24      Da die im Ausgangsverfahren streitige Akzise folglich das erste der oben in Randnr. 21 genannten Merkmale nicht aufweist, braucht nicht geprüft zu werden, ob sie die übrigen drei wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweist.

25      Somit unterscheidet sich eine Abgabe mit den Merkmalen der im Ausgangsverfahren streitigen Akzise von der Mehrwertsteuer in einer Weise, dass sie nicht als eine Abgabe, die den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie hat, angesehen werden kann.

26      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer Verbrauchsteuer wie der in Polen im Gesetz von 2004 vorgesehenen Akzise, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, nicht entgegensteht.

 Zur zweiten Frage

27      Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob eine Verbrauchsteuer, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, gegen Art. 90 EG verstößt, soweit der Verkauf von bereits im Inland zugelassenen Gebrauchtkraftfahrzeugen von dieser Steuer befreit ist.

28      Deshalb ist zu prüfen, ob eine solche Regelung nicht dazu führt, dass Gebrauchtfahrzeuge, die aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführt werden und daher nicht in der Republik Polen zugelassen sind, höher besteuert werden als Gebrauchtkraftfahrzeuge, die sich bereits auf dem inländischen Markt befinden und in Polen zugelassen sind.

29      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass eine Akzise wie die mit den im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Vorschriften eingeführte unter die allgemeine Regelung für inländische Abgaben auf Waren fällt und somit am Maßstab des Art. 90 EG zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 2007, Brzeziński, C‑313/05, Slg. 2007, I‑513, Randnr. 24).

30      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass Art. 90 EG im Aufbau des EG‑Vertrags eine Ergänzung der Bestimmungen über die Abschaffung der Zölle und der Abgaben gleicher Wirkung bildet. Er soll den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten unter normalen Wettbewerbsbedingungen dadurch gewährleisten, dass jede Form des Schutzes beseitigt wird, die aus einer inländischen Abgabe folgen könnte, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten diskriminiert (Urteil Brzeziński, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Im Zusammenhang mit der Besteuerung eingeführter Gebrauchtkraftfahrzeuge soll Art. 90 EG die vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für bereits auf dem inländischen Markt befindliche und für eingeführte Waren gewährleisten (Urteil vom 20. September 2007, Kommission/Griechenland, C‑74/06, Slg. 2007, I‑7585, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Außerdem ist eine Steuerregelung nur dann mit Art. 90 EG vereinbar, wenn ihre Ausgestaltung es unter allen Umständen ausschließt, dass die eingeführten Waren höher besteuert werden als die inländischen Erzeugnisse, und sie damit in keinem Fall diskriminierende Wirkungen haben kann (Urteil Brzeziński, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren streitige Akzise in gleicher Weise den Verkauf eines eingeführten Gebrauchtkraftfahrzeugs und den Verkauf eines bereits in Polen zugelassenen Gebrauchtkraftfahrzeugs belastet, da diese beiden Fahrzeugkategorien gleichartige Waren im Sinne des Art. 90 Abs. 1 EG sind.

34      Im Rahmen dieses Vergleichs ist zwischen zwei Kategorien von Fahrzeugen zu unterscheiden, nämlich zwischen denen, die in den ersten beiden Kalenderjahren nach ihrem Bau – unter Anrechnung des Baujahrs als das erste Kalenderjahr – gebraucht verkauft werden, und denen, die nach dieser Zweijahresspanne gebraucht verkauft werden (Urteil Brzeziński, Randnr. 34).

35      Die Personenkraftwagen, die neu oder in den ersten beiden Kalenderjahren gebraucht verkauft werden, unterliegen nach der Verordnung von 2004 einer nach dem gleichen Satz berechneten Akzise (vgl. in diesem Sinne Urteil Brzeziński, Randnr. 35).

36      Hinsichtlich der Gebrauchtfahrzeuge, die weniger als zwei Jahre alt sind, obliegt es des Näheren dem nationalen Gericht, insbesondere im Licht der Verordnung von 2004 festzustellen, ob sie infolge der Akzise tatsächlich deshalb einer identischen Belastung unterliegen, weil der restliche Abgabenbetrag, der zu einem Teil des Verkaufswerts von in Polen zugelassenen Gebrauchtfahrzeugen geworden ist, ebenso hoch ist wie der Betrag derselben Abgabe, mit dem gleichartige Gebrauchtfahrzeuge aus einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Polen belastet werden (Urteil Brzeziński, Randnr. 36).

37      Hingegen wird der Satz der Akzise für Gebrauchtfahrzeuge, die später als in den ersten beiden Jahre nach ihrem Bau verkauft werden, nach der in Art. 7 der Verordnung von 2004 festgelegten Formel berechnet. Die Anwendung dieser Formel hat zur Folge, dass dieser Satz mit dem Alter des Fahrzeugs steigt (vgl. in diesem Sinne Urteil Brzeziński, Randnr. 37).

38      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dieser Anstieg des Abgabensatzes nur Gebrauchtfahrzeuge aus einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Polen trifft, während für Gebrauchtfahrzeuge, deren Erstzulassung in Polen erfolgte, der in ihren Wert eingeflossene restliche Akzisenbetrag gleich bleibt (Urteil Brzeziński, Randnr. 38).

39      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 90 Abs. 1 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Akzise wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, soweit der Abgabenbetrag, der auf den Verkauf von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Gebrauchtfahrzeugen vor deren Erstzulassung erhoben wird, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren streitige Regelung und insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung von 2004 eine solche Folge hat.

 Zur zeitlichen Begrenzung der Wirkungen des vorliegenden Urteils

40      In ihren beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen hat die polnische Regierung für den Fall, dass der Gerichtshof die Unvereinbarkeit einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen mit Art. 90 Abs. 1 EG feststellen sollte, beantragt, die Wirkungen des Urteils in der vorliegenden Rechtssache zeitlich zu begrenzen.

41      Sie macht für diesen Antrag geltend, dass sie zum einen beim Erlass der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Regelung selbst die Urteile des Gerichtshofs berücksichtigt habe, die sich nicht auf rechtliche und tatsächliche Situationen bezögen, die der Konstellation in der vorliegenden Rechtssache entsprächen, und dass zum anderen, obwohl die Kommission und der Gerichtshof manche Bestimmungen der Verordnung von 2004 aufgrund des Anstiegs des Akzisensatzes mit dem Alter des Fahrzeugs für nicht mit Art. 90 Abs. 1 EG vereinbar hielten, eine solche Feststellung nicht für die übrigen Bestimmungen dieser Verordnung gelte. In Ansehung dieser letztgenannten Bestimmungen könne der Gerichtshof die Wirkungen des Urteils in der vorliegenden Rechtssache zeitlich begrenzen.

42      Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen, nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken kann (Urteil vom 6. März 2007, Meilicke u. a., C‑292/04, Slg. 2007, I‑1835, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Eine solche Einschränkung kann nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs nur in dem Urteil selbst vorgenommen werden, in dem über die erbetene Auslegung entschieden wird (Urteil Meilicke u. a., Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Die zeitliche Wirkung der vom Gerichtshof auf ein Ersuchen hin vorgenommenen Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts muss sich nämlich notwendig nach einem einheitlichen Zeitpunkt bestimmen. Insoweit stellt der Grundsatz, dass eine Beschränkung nur in dem Urteil selbst erfolgen kann, in dem über die erbetene Auslegung entschieden wird, die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten und der Einzelnen in Ansehung des Gemeinschaftsrechts sicher und erfüllt damit die Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit ergeben (Urteil Meilicke u. a., Randnr. 37).

45      Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft im Wesentlichen die Frage, ob eine Akzise, die auf den Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, mit Art. 90 Abs. 1 EG vereinbar ist. Hierzu ergibt sich aus Randnr. 41 des Urteils Brzeziński, dass Art. 90 Abs. 1 EG dahin auszulegen ist, dass er einer Akzise entgegensteht, wenn ihr Betrag für Gebrauchtfahrzeuge, die älter als zwei Jahre sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat erworben wurden, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung, insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung von 2004, eine solche Folge hat.

46      Aus Randnr. 62 des Urteils Brzeziński geht aber hervor, dass der Gerichtshof die Wirkungen jenes Urteils nicht zeitlich begrenzt hat.

47      Daher ist die Wirkung des vorliegenden Urteils nicht zeitlich zu begrenzen.

 Kosten

48      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsteuer wie der in Polen im Gesetz über die Akzise (ustawa o podatku akcyzowym) vom 23. Januar 2004 vorgesehenen Akzise, die auf jeden Verkauf von Kraftfahrzeugen vor deren Erstzulassung im Inland erhoben wird, nicht entgegensteht.

2.      Art. 90 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Akzise wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, soweit der Abgabenbetrag, der auf den Verkauf von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Gebrauchtfahrzeugen vor deren Erstzulassung erhoben wird, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren streitige Regelung und insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung des Finanzministers über die Senkung der Akzisesätze (rozporządzenie Ministra Finansów w sprawie obniżenia stawek podatku akcyzowego) vom 22. April 2004 eine solche Folge hat.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Polnisch.