C-391/85 - Kommission / Belgien

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EUR-Lex - 61985C0391 - DE

61985C0391

Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 22. Oktober 1987. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH BELGIEN. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - MANGELNDE DURCHFUEHRUNG EINES URTEILS DES GERICHTSHOFES - SECHSTE RICHTLINIE - BESTEUERUNGSGRUNDLAGE. - RECHTSSACHE 391/85.

Sammlung der Rechtsprechung 1988 Seite 00579


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1 . In ihrer neuen Klage gegen das Königreich Belgien wegen der Besteuerung von Kraftfahrzeugen beantragt die Kommission festzustellen, daß dieser Mitgliedstaat "dadurch, daß er in seinem Gesetz vom 31 . Juli 1984 den Katalogpreis als Besteuerungsgrundlage für neue Personenkraft - und Kombiwagen faktisch aufrechterhalten hat, nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 10 . April 1984 ( 1 ) ergeben, durch das festgestellt wurde, daß das Abstellen auf den Katalogpreis gegen die Richtlinie 77/388/EWG verstösst ".

2 . Die Richtlinie 77/388/EWG hat den Titel "Sechste Richtlinie des Rates vom 17 . Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage" ( im folgenden Sechste Richtlinie ) ( 2 ).

3 . Der Tenor des Urteils vom 10 . April 1984, dessen mangelhafte Durchführung gerügt wird, lautet wie folgt :

"Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen, daß es als von Artikel 11 der Sechsten Richtlinie abweichende Sondermaßnahme den Katalogpreis als Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer auf im Inland gelieferte oder eingeführte Kraftfahrzeuge aufrechterhielt, ohne daß die Voraussetzungen des Artikels 27 Absatz 5 dieser Richtlinie vorlagen ."

4 . Belgien hat durch die Königliche Verordnung Nr . 17 vom 20 . Dezember 1984 über die Einführung einer Mindestbesteuerungsgrundlage für die Erhebung der Mehrwertsteuer auf gebrauchte Personenkraft - und Kombiwagen, die in Artikel 4 die Königliche Verordnung Nr . 17 vom 20 . Juli 1970 aufhebt, vom Katalogpreis als Mindestbesteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer auf neue Kraftfahrzeuge Abstand genommen .

5 . Es ist daher festzustellen, daß der Katalogpreis in Belgien künftig nicht mehr als Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer auf neue Kraftfahrzeuge dient .

6 . Gleichwohl muß der Käufer eines neuen Kraftfahrzeugs noch immer eine dem Katalogpreis entsprechende Steuer entrichten, da Belgien durch Gesetz vom 31 . Juli 1984 sein Stempelsteuergesetz so geändert hat, daß rückwirkend vom Tag des Erlasses des Urteils des Gerichtshofes an eine Zulassungssteuer auf den Katalogpreis neuer Kraftfahrzeuge erhoben wird, deren Steuersatz dem der Mehrwertsteuer entspricht .

7 . Belgien erklärt, daß dies keinesfalls eine mangelhafte Durchführung des Urteils vom 10 . April 1984 darstelle, da dieses kein Beurteilungskriterium für andere Steuern als die Mehrwertsteuer enthalte .

8 . Es ist richtig, daß der Gerichtshof weder im Tenor noch in den Gründen des Urteils zum Katalogpreis unter einem anderen Gesichtspunkt als dem der Artikel 11 und 27 der Richtlinie, in denen es ausschließlich um die Mehrwertsteuer geht, Stellung genommen hat .

9 . Belgien hat übrigens meiner Meinung nach überzeugend, und ohne daß die Kommission ihm in diesem Punkt widersprochen hätte, dargelegt, daß die Zulassungssteuer Merkmale enthalte, die sie von der Mehrwertsteuer unterscheide . Die von ihm vorgebrachten Argumente sind im Sitzungsbericht wiedergegeben . Das wichtigste ist die fehlende Abzugsfähigkeit der Zulassungssteuer .

10 . Sie könnten deshalb unter Bezugnahme auf den Wortlaut des Urteils vom 10 . April 1984 zu dem Ergebnis gelangen, daß Belgien tatsächlich die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus diesem Urteil ergeben, und daß die von der Kommission erhobene Klage unbegründet ist .

11 . Damit würden Sie sich gewissermassen für eine enge Auslegung von Artikel 171 entscheiden, die sich wie folgt beschreiben ließe : Artikel 171 verpflichtet den Mitgliedstaat, genau die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Tenor des die Vertragsverletzung feststellenden Urteils ergeben . Diese Maßnahmen können negativer Art ( Aufhebung einer Bestimmung, wie es hier der Fall war ) oder positiver Art ( Erlaß einer neuen Bestimmung ) sein .

12 . Erlässt der Mitgliedstaat jedoch eine neue Maßnahme, die nicht in dem von dem Urteil behandelten Rahmen liegt oder die eine in dem Urteil nicht behandelte Rechtsfrage aufwirft, so handelt es sich um eine neue Tatsache, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht von der Kommission nur in einem völlig neuen Vertragsverletzungsverfahren, das von der Frage der Durchführung des vorangegangenen Urteils losgelöst wäre, in Zweifel gezogen werden könnte .

13 . Es ist zuzugeben, daß eine solche Betrachtungsweise logisch und kohärent wäre . Ist sie deshalb die einzig mögliche? Die Kommission ist anderer Ansicht, da ihre Klage auf die Feststellung einer mangelhaften Durchführung des Urteils und nicht eines neuen, vom alten unabhängigen Verstosses gerichtet ist .

14 . Zugleich ist zu bemerken, daß das von der Kommission betriebene neue Verfahren fast wie die Verbindung zweier Vertragsverletzungsverfahren erscheint, das eine wegen Verstosses gegen Artikel 171 EWG-Vertrag und das andere wegen Verletzung des Artikels 33 der Sechsten Richtlinie .

15 . Die Kommission hat nämlich schon im Aufforderungsschreiben die Ansicht vertreten, daß die Zulassungssteuer Artikel 33 der Sechsten Richtlinie verletze . Sie hat dieses Argument in der mit Gründen versehenen Stellungnahme, in der Klageschrift und in der Erwiderung wiederholt .

16 . Unbestreitbar standen Belgien gegenüber dieser Rüge die gleichen Verteidigungsmöglichkeiten zur Verfügung, als wenn es sich um ein völlig eigenständiges Vertragsverletzungsverfahren gehandelt hätte . Die Kommission bestand jedoch in der mündlichen Verhandlung darauf, daß sie lediglich eine Vertragsverletzungsklage gemäß Artikel 171 erhoben habe .

17 . Belgien seinerseits bestreitet, daß es sich um eine ordnungsgemässe Klage wegen Verstosses gegen Artikel 171 handele, da dieser Artikel - und das ist richtig - weder in der mit Gründen versehenen Stellungnahme noch in der Klageschrift erwähnt werde . Meines Erachtens genügt es für ein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 171 jedoch, daß dieser Artikel in dem Aufforderungsschreiben erwähnt wurde und daß sein Wortlaut sowohl im Antrag der mit Gründen versehenen Stellungnahme als auch im Klageantrag wiedergegeben wurde . Ich schlage Ihnen daher vor, diesen Einwand zurückzuweisen .

18 . Für die von der Kommission vertretene Auffassung sprechen zwei Überlegungen, die auch zusammentreffen können . Die erste beruht auf der stillschweigenden Tragweite des Urteils vom 10 . April 1984, die zweite auf dem Zusammenhang zwischen den von Belgien ergriffenen Maßnahmen und der Durchführung dieses Urteils .

19 . Der erste Ansatz geht von der Feststellung aus, daß der Gegenstand der Klage der Kommission, die zu dem Urteil vom 10 . April 1984 geführt hat, zwangsläufig auf die Erhebung der Mehrwertsteuer begrenzt war, da es zu der Zeit in Belgien keine andere Steuer auf neue Kraftfahrzeuge gab . Es bestand für den Gerichtshof daher kein Grund, zur Vereinbarkeit anderer auf dem Katalogpreis beruhender Steuern mit der Sechsten Richtlinie Stellung zu nehmen . Der Gerichtshof war sich jedoch der Tatsache völlig bewusst, daß es nach dem mit der Sechsten Richtlinie eingeführten System keine andere Umsatzsteuer als die Mehrwertsteuer geben kann ( siehe Artikel 33 der Richtlinie ). Das Urteil vom 10 . April 1984 bedeutete daher stillschweigend, daß die Lieferung ( Tatbestand der Mehrwertsteuer ) eines neuen Kraftfahrzeugs nicht zu einer Besteuerung führen darf, die auf dem Katalogpreis beruht .

20 . Wenn also die Zulassungssteuer die Lieferung neuer Kraftfahrzeuge erfasst und wenn sie eine Umsatzsteuer darstellt ( was die Kommission zu beweisen versucht ), ist das Urteil des Gerichtshofes nicht korrekt durchgeführt worden .

21 . Der zweite Ansatz stellt sich wie folgt dar .

22 . Gemäß Artikel 171 muß jeder Mitgliedstaat die Maßnahmen ergreifen, die sich aus einem Urteil des Gerichtshofes ergeben, durch das festgestellt wurde, daß der Mitgliedstaat gegen eine seiner Verpflichtungen verstossen hat . Wenn der Mitgliedstaat bei der Durchführung eines Urteils eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts verletzt, missachtet er Artikel 171 EWG-Vertrag und riskiert insoweit die Feststellung einer Vertragsverletzung .

23 . Im vorliegenden Fall war Belgien aufgrund des Urteils des Gerichtshofes verpflichtet, die Mindestbesteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer aufzuheben . Es erließ deshalb eine Reihe von Maßnahmen, hinsichtlich deren es in den Begründungserwägungen der Königlichen Verordnung vom 20 . Dezember 1984 zur Änderung der allgemeinen Verordnung über die Stempelsteuern ( Moniteur belge vom 3 . 1 . 1985, S . 17 ) ausdrücklich klargestellt hat, daß die Maßnahmen "ein untrennbares Ganzes" darstellen . Die Einführung einer Zulassungssteuer, die auf dem Katalogpreis des neuen Kraftfahrzeugs beruht, war ein Hauptbestandteil dieser Maßnahmen . In den Begründungserwägungen dieser Königlichen Verordnung heisst es sogar, daß die Zulassungssteuer "ein Korrektiv für die Aufhebung der Mindestbesteuerungsgrundlage" für die Mehrwertsteuer sein soll .

24 . Wenn somit festzustellen wäre, daß die Zulassungssteuer gegen eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts verstösst, im vorliegenden Fall Artikel 33 der Sechsten Richtlinie, hätte Belgien das fragliche Urteil nicht korrekt durchgeführt und daher gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 171 EWG-Vertrag verstossen .

25 . Welche der beiden Auslegungen des Artikels 171 ist vorzuziehen, die enge Auslegung Belgiens oder die weite Auslegung der Kommission?

26 . Meines Erachtens beweisen die für die zweite Ansicht vorgebrachten Argumente, daß im vorliegenden Fall der Zusammenhang zwischen dem dem Mitgliedstaat vorgeworfenen Verhalten und der Durchführung des Urteils des Gerichtshofes jedenfalls so eng ist, daß die von der Kommission gemäß Artikel 171 erhobene Vertragsverletzungsklage für zulässig erklärt werden kann .

27 . Es ist daher nun zu prüfen, ob die Zulassungssteuer als eine Umsatzsteuer gemäß Artikel 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie zu qualifizieren ist .

28 . Dieser Artikel bestimmt : "Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern, sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen ."

29 . Hat also die belgische Zulassungssteuer den Charakter einer Umsatzsteuer, so ist sie ganz einfach verboten .

30 . In seinem Urteil vom 27 . November 1985 in der Rechtssache 295/84 ( SA Rousseau Wilmot/Caisse de compensation de l' Organisation autonome nationale de l' industrie et du commerce ( Organic ), Slg . 1985, 3759 ) hat der Gerichtshof Anhaltspunkte dafür gegeben, was unter Umsatzsteuer zu verstehen ist .

31 . Randnummer 16 dieses Urteils lautet nämlich wie folgt :

"Artikel 33 der Sechsten Richtlinie belässt den Mitgliedstaaten die Befugnis zur Beibehaltung oder Einführung bestimmter indirekter Abgaben, wie zum Beispiel von Verbrauchsteuern, sofern es sich dabei nicht um Abgaben handelt, 'die ... den Charakter von Umsatzsteuern haben' . Er soll verhindern, daß das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren - und Dienstleistungsverkehr belasten und kommerzielle Umsätze in der die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und Weise erfassen . Der Zweck dieser Vorschrift kann somit nicht darin bestehen, den Mitgliedstaaten die Beibehaltung oder Einführung von Abgaben zu untersagen, bei denen es sich nicht um Steuern handelt, sondern die eigens zur Finanzierung von Sozialfonds geschaffen wurden, mit denen die Tätigkeit der Unternehmen oder bestimmter Gruppen von Unternehmen belegt wird und die auf der Grundlage des Gesamtjahresumsatzes berechnet werden, ohne die Preise der Gegenstände und Dienstleistungen unmittelbar zu berühren ."

32 . Ich schlage vor, die in diesem Text enthaltenen verschiedenen Kriterien nacheinander zu untersuchen .

33 . a ) Die streitige Steuer ist klar eine steuerliche Maßnahme . Im übrigen gibt das Königreich Belgien zu, daß die Steuer das Ziel hat, den aus dem Urteil des Gerichtshofes folgenden geringeren Mehrwertsteuerertrag haushaltsmässig auszugleichen . Die Steuer führt auch dazu, daß die einzelnen genauso wie vorher besteuert werden, da sie allgemein verhindert, daß vom Verkäufer gewährte Rabatte oder Rückvergütungen einen Einfluß auf die Steuerhöhe haben können ( siehe Randnr . 31 des Urteils vom 10 . April 1984 ).

34 . b ) Diese Steuer belastet auch den Warenverkehr mit Kraftfahrzeugen .

35 . Sie erfasst die erste Benutzung eines Kraftfahrzeugs und wird danach anläßlich jedes Eigentümerwechsels erhoben . Mit anderen Worten, sie erfasst die aufeinanderfolgenden Veräusserungen desselben Gegenstandes, wenn auch die durch einen degressiven Prozentsatz des Katalogpreises ausgedrückte Mindestbesteuerungsgrundlage sich in dem Masse verringert wie das Kraftfahrzeug altert ( Artikel 10 der allgemeinen Verordnung über die Stempelsteuern in der durch die Königliche Verordnung vom 20 . Dezember 1984 geänderten Fassung ).

36 . c ) Erfasst die Zulassungssteuer kommerzielle Umsätze in einer die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und berührt sie den Preis des betroffenen Gegenstandes unmittelbar?

37 . Legt man die formelle Definition ihrer Bemessungsgrundlage zugrunde (" Für neue Personenkraft - und Kombiwagen wird die Steuer auf den zum Zeitpunkt der Zulassung des Fahrzeugs geltenden Katalogpreis erhoben" - Artikel 5 Absatz 1, eingeführt durch das Gesetz vom 31 . Juli 1984 ), muß man feststellen, daß die Steuer sicherlich einen kommerziellen Umsatz erfasst, denn der Katalogpreis schließt den gezahlten tatsächlichen Preis ein . Grundsätzlich erfasst die Steuer nicht nur den vom Verkäufer gewährten Rabatt, sondern auch den vom Käufer tatsächlich gezahlten Preis, der zugleich Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer ist . In der von der belgischen Regierung dem Gerichtshof auf dessen Ersuchen übersandten Übersicht mit dem Titel "Beispiel für die tatsächliche Auswirkung der Zulassungssteuer" finden wir übrigens eine Rubrik mit der Überschrift "Prinzipielle Besteuerungsgrundlage = Katalogpreis ".

38 . Erst in einem zweiten Schritt wird eine Befreiung von der Zulassungssteuer in Höhe des Betrages, der als Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer gedient hat, gewährt ( Artikel 7 neuer Absatz 2 des Stempelsteuergesetzes, eingeführt durch das Gesetz vom 31 . Juli 1984 ).

39 . Wie die belgische Regierung in Punkt 53 ihrer Klagebeantwortung hervorhebt, wird dem Käufer des Kraftfahrzeugs nur eine "Steuergutschrift" in Höhe der von ihm entrichteten Mehrwertsteuer gewährt . Meiner Meinung nach kann man daher sagen, daß die Zulassungssteuer den kommerziellen Umsatz in gleicher Weise wie die Mehrwertsteuer erfasst .

40 . Lässt man die Grundsätze beiseite, um sich der Praxis zuzuwenden, stellt man fest, daß entweder bei der Bezahlung des Kraftfahrzeugs beide Steuern zugleich entrichtet werden ( siehe z . B . die von der Kommission zu den Akten gereichte Rechnung ) oder daß die Zahlung des Kaufpreises und der Mehrwertsteuer und die Zahlung der Zulassungssteuer getrennt erfolgen . In beiden Fällen ist die tatsächliche Besteuerungsgrundlage der Zulassungssteuer die Differenz zwischen dem Katalogpreis und dem tatsächlichen Preis, das heisst der vom Verkäufer gewährte Rabatt .

41 . Dies veranlasst die belgische Regierung, in Punkt 26 ihrer Gegenerwiderung auszuführen, daß Besteuerungsgrundlage der Zulassungssteuer "nicht die Vergütung eines Umsatzes, eine Verbrauchsausgabe oder ein Element des Umsatzes sei ". Aber kann man deshalb sagen, daß die Zulassungssteuer in Wirklichkeit nicht entsprechend dem vom Gerichtshof aufgestellten Kriterium den kommerziellen Umsatz "in der die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und Weise" erfasst und daß sie nicht "den Preis des Gegenstandes unmittelbar berührt"?

42 . Dazu ist zunächst zu bemerken, daß die Besteuerungsgrundlage der Zulassungssteuer eine gänzlich andere ist als diejenige der Steuern, hinsichtlich deren der Gerichtshof bereits festgestellt hat, daß sie keine Umsatzsteuern darstellen .

43 . In der Rechtssache Rousseau Wilmot, a . a . O ., beruhte die Steuer auf dem Gesamtjahresumsatz des Unternehmens und in der Rechtssache Grad ( Urteil vom 6 . Oktober 1970 in der Rechtssache 9/70, Grad/Finanzamt Traunstein, Slg . 1970, 825 ) handelte es sich um einen festen Betrag von einem Pfennig pro Tonne und pro Kilometer .

44 . Die Zulassungssteuer dagegen "berührt den Preis des betroffenen Gegenstandes", da sie dazu führt, daß der Verbraucher einen höheren Preis für das Kraftfahrzeug zahlen muß, wenn er es tatsächlich bestimmungsgemäß verwenden will . Die Hypothese, jemand kaufe ein Kraftfahrzeug, ohne zugleich ein Nummernschild zu beantragen, ist nämlich derartig aussergewöhnlich, daß man sie vernachlässigen kann .

45 . Selbst wenn man nur die tatsächliche Besteuerungsgrundlage der Steuer berücksichtigen will, d . h . den Unterschied zwischen dem Katalogpreis und dem tatsächlichen Preis, ist wohl anzuerkennen, daß diese sich nur auf der Grundlage des genauen Inhalts des Kaufgeschäfts bestimmen lässt, d . h . eines kommerziellen Umsatzes, mit dem sie also untrennbar verbunden ist .

46 . Bedeutet die Tatsache, daß die Zulassungssteuer zusammen mit der Mehrwertsteuer vom Verkäufer für Rechnung des Staates erhoben werden kann, nicht zugleich, daß die Zulassungssteuer den Umsatz in der die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und Weise erfasst? Schließlich möchte ich auf die anderen von der Kommission aufgezeigten Ähnlichkeiten zwischen den beiden Steuern verweisen, die hier nicht noch einmal wiederholt werden müssen .

47 . Die belgische Regierung hebt jedoch hervor, daß der Tatbestand dieser Steuer nicht der Kauf des Kraftfahrzeugs, sondern allein seine Zulassung sei . Die Steuer sei lediglich eine pauschale Besteuerung, die die Tatsache der Zulassung des Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Strassen erfasse .

48 . Wäre dies richtig, müsste die Steuer jedesmal erhoben werden, wenn ein Kraftfahrzeug zum Verkehr zugelassen wird . Dies ist jedoch nicht der Fall . Die Zulassungssteuer wird nämlich nicht erhoben, wenn die Mehrwertsteuer auf der Grundlage des Katalogpreises erhoben oder eine Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wurde ( vgl . Artikel 7 des Code des Stempelsteuergesetzes in der durch die königliche Verordnung vom 17 . Oktober 1980 und durch das Gesetz vom 31 . Juli 1984 geänderten Fassung ).

49 . Daß die Zulassungssteuer mit der Mehrwertsteuer so vollständig austauschbar ist, ist meiner Meinung nach der entscheidende Beweis dafür, daß es sich sehr wohl um eine gemäß Artikel 33 der Richtlinie verbotene Umsatzsteuer handelt .

50 . Wäre dies anders, wenn die Mehrwertsteuer kumulativ mit der Zulassungssteuer erhoben würde, statt von ihr abgezogen zu werden?

51 . Auf den ersten Blick bin ich geneigt zu sagen, daß dies die Rechtsnatur der Zulassungssteuer nicht ändern und daß es sich nach wie vor um eine gemäß Artikel 33 verbotene Umsatzsteuer handeln würde . Dies ist jedoch ein Problem, das einer eingehenden Prüfung bedarf und vom Gerichtshof im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht entschieden werden muß .

52 . Zu den von der belgischen Regierung geäusserten Bedenken hinsichtlich der Steuerhinterziehung möchte ich für alle Fälle daran erinnern, daß der Gerichtshof in seinem Urteil vom 10 . April 1984 hervorgehoben hat, daß Maßnahmen der Art, wie sie nach Artikel 27 der Sechsten Richtlinie aufrechterhalten werden dürfen, "gegebenenfalls pauschalierte Elemente umfassen ( können ), soweit sie von Artikel 11 nicht weiter abweichen, als dies zur Verhütung der Gefahr von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen erforderlich ist" ( Randnr . 30 ). Dieser Weg sollte vielleicht näher sondiert werden .

Antrag

53 . Aus den oben angeführten Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, daß das Königreich Belgien dadurch, daß es in seinem Gesetz vom 31 . Juli 1984 den Katalogpreis als Besteuerungsgrundlage für neue Personenkraft - und Kombiwagen faktisch aufrechterhalten hat, nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 10 . April 1984 ergeben, und dem beklagten Mitgliedstaat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen .

(*) Aus dem Französischen übersetzt .

( 1 ) Urteil vom 10 . pril 1984 in der Rechtssache 324/82, Kommission/Belgien, Slg . 1984, 1861 .

( 2 ) ABl . L 145 vom 13 . Juni 1977, S . 1 .