C-4/89 - Comune di Carpaneto Piacentino u.a. / Ufficio provinciale imposta sul valore aggiunto di Piacenza

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EUR-Lex - 61989C0004 - DE

61989C0004

Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 28. März 1990. - COMUNE DI CARPANETO PIACENTINO UND ANDERE GEGEN UFFICIO PROVINCIALE IMPOSTA SUL VALORE AGGIUNTO DI PIACENZA. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: COMMISSIONE TRIBUTARIA DI PRIMO GRADO DI PIACENZA - ITALIEN. - MEHRWERTSTEUER - BEGRIFF DES STEUERPFLICHTIGEN - OEFFENTLICHE EINRICHTUNGEN. - RECHTSSACHE C-4/89.

Sammlung der Rechtsprechung 1990 Seite I-01869


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1 . Keiner der Beteiligten, die im Rahmen der vorliegenden Rechtssache Erklärungen eingereicht haben, hat es versäumt, auf die Ähnlichkeit der Vorlagefragen mit denen in den verbundenen Rechtssachen 231/87 und 129/88 hinzuweisen . Somit ist ihre Beantwortung weitgehend, wenn nicht ganz, durch Ihr Urteil vom 17 . Oktober 1989 in diesen Rechtssachen bestimmt .

2 . Bei näherem Hinsehen ergibt sich sogar, daß die vorliegenden Fragen und ihre Begründung teilweise den gleichen Wortlaut haben wie die Fragen 2 a bis d in der Rechtssache 129/88 . Sie stammen im übrigen von demselben Vorlagegericht . Der hauptsächliche, wenn nicht einzige Unterschied ist der Verweis auf den Begriff der "Verwaltungsaufgaben", die für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der Gemeinden durch das Decreto del Presidente della Repubblica Nr . 616 vom 24 . Juli 1977, das in Anwendung des Artikels 118 der italienischen Verfassung erlassen wurde, definiert sind .

3 . Mit ihren ersten beiden Fragen möchte die Commissione tributaria di primo grado Piacenza nämlich wissen, ob der italienische Gesetzgeber verpflichtet war, den Grundsatz der Nichtsteuerpflichtigkeit der Gemeinden für die von ihnen "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" im Sinne von Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ( 1 ) ausgeuebten Tätigkeiten dergestalt festzulegen, daß er diese unter Bezugnahme auf den Begriff der "Verwaltungsaufgaben" definierte, ( Frage a ) und folglich die Gemeinden für die Tätigkeiten, die sie im Rahmen ihrer im nationalen Recht definierten "Verwaltungsaufgaben" ausüben, als Nichtsteuerpflichtige zu behandeln .

4 . Kurz gesagt, im Verhältnis zu den bereits entschiedenen Rechtssachen geht es hier darum, ob der Begriff der "Verwaltungsaufgaben", wie er durch die italienischen Rechtsvorschriften definiert ist, ein wirksames Kriterium darstellen kann, um die Tätigkeiten zu bestimmen, die die Gemeinden "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" ausüben .

5 . In Ihrem Urteil vom 17 . Oktober 1989 haben Sie in Beantwortung der ersten Vorlagefrage für Recht erkannt :

"Es ist Sache jedes Mitgliedstaats, die geeignete Rechtsetzungstechnik zu wählen, um die in dieser Vorschrift aufgestellte Regel der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige in sein nationales Recht umzusetzen" ( Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie ).

Zuvor haben Sie in Randnummer 18 Ihres Urteils präzisiert, daß die Mitgliedstaaten

"sich z . B . darauf beschränken (( können )), die in der Sechsten Richtlinie enthaltene Formulierung oder einen gleichwertigen Ausdruck in das nationale Recht zu übernehmen, oder ... ein Verzeichnis der Tätigkeiten aufstellen (( können )), für die die Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige anzusehen sind ".

6 . Der Gesetzgeber eines Mitgliedstaats könnte diese Tätigkeiten sicherlich auch mittels eines Begriffs ( oder eines Ausdrucks ) definieren, der dem nationalen Recht entnommen ist, oder unter Bezugnahme auf eine schon bestehende Liste, wie dem Begriff oder der Liste der "Verwaltungsaufgaben" der Gemeinden, er ist jedoch nicht verpflichtet dies zu tun ( Frage a ). Wenn er ein solches Verfahren wählt, muß er jedoch darauf achten, daß er unter den so definierten Tätigkeiten keine Tätigkeiten nennt, die nicht der Definition entsprechen, die der Gerichtshof den "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" ausgeuebten Tätigkeiten gegeben hat .

7 . Der Begriff der "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" ausgeuebten Tätigkeiten ist nämlich ein Begriff des Gemeinschaftsrechts, der ausserdem der Sechsten Richtlinie eigen ist . Es war die Untersuchung des Artikels 4 Absatz 5 Unterabsatz 1 im Gesamtzusammenhang der Richtlinie, die den Gerichtshof zu dem Schluß gelangen ließ, daß sich aufgrund der "Ausübungsmodalitäten" der Tätigkeiten bestimmen lässt, inwieweit die öffentlichen Einrichtungen als Nichtsteuerpflichtige behandelt werden können ( Randnr . 15 ). Hieraus folgt, daß die Frage der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige nicht nur von Einordnungen oder Begriffen des nationalen Rechts abhängig ist, erst recht nicht dann, wenn jene, wie im vorliegenden Fall, anderen Rechtsgebieten als dem in Frage stehenden entlehnt sind .

8 . Eine Tätigkeit einer Gemeinde kann demgemäß nicht allein aufgrund der Tatsache, daß sie zu den in dem Decreto Nr . 616 definierten "Verwaltungsaufgaben" gehört, automatisch als nicht-steuerpflichtig angesehen werden ( Frage b ).

9 . Zwar hat der Gerichtshof für Recht erkannt, das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung der Tätigkeiten, die die öffentlichen Einrichtungen als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts ausübten, von derjenigen, die sie als Rechtssubjekte des Privatrechts ausübten, ermögliche, sei "die nach dem nationalen Recht anwendbare rechtliche Regelung ". Wenn aber die Tragweite des Grundsatzes der Behandlung als Nichtsteuerpflichtiger somit vom nationalen Recht abhängt, so nicht aufgrund der Einordnung bestimmter Tätigkeiten durch dieses Recht, sondern nur insoweit, als das nationale Recht die öffentlichen Einrichtungen verpflichtet, eine bestimmte Tätigkeit unter besonderen rechtlichen Voraussetzungen, nämlich denen des öffentlichen Rechts, auszuüben, die von den für die privaten Wirtschaftsteilnehmer geltenden abweichen .

10 . In der mündlichen Verhandlung wurde kurz die Frage der gemischten Rechtslage angesprochen, d . h . der Sachverhalte, die teilweise dem öffentlichen Recht ( z . B . die Konzessionserteilung ) und teilweise dem Privatrecht ( z . B . der Vertrag über die Konzessionserteilung ) unterliegen . Die Gemeinde Carpaneto ist der Auffassung, die Regelung des öffentlichen Rechts müsse den Vorrang haben, "wenn sie dominierend (( sei ))". Nach Auffassung der Kommission muß der öffentlich-rechtliche Aspekt der Tätigkeit nach dem Grundsatz "accessorium sequitur principale" in jedem Fall den Vorrang erhalten, und die betreffende Tätigkeit muß demgemäß vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer ausgenommen werden .

11 . Es scheint mir jedoch nicht möglich, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu diesem Problem Stellung zu nehmen, da es sehr komplex ist . Dies zeigt sich insbesondere darin, daß es von den Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Art gelöst wurde . Um bei dem von der Kommission zitierten Beispiel der Konzessionen zu bleiben, zeigt sich z . B ., daß die Rechtsordnung, die diese Frage am detailliertesten behandelt, diejenige des Großherzogtums Luxemburg ist . Sie sieht vor, daß die Vermietung und die Konzession des Platzrechts, des Halte - und Parkrechts auf öffentlichen Strassen, die Konzessionen des Landerechts und Parkrechts auf den Flughäfen, die Konzession für den Betrieb einer Kollektivantenne sowie die Konzessionen für Gräber oder Nischen auf den Friedhöfen nicht mehrwertsteuerpflichtig sind ( 2 ).

12 . Das französische Recht hingegen nennt keinen dieser Fälle, sieht jedoch vor, daß die Konzession für Reklame auf hierfür vorgesehenen Trägern der Mehrwertsteuer unterworfen ist ( Lamy fiscal, 1988, Band 2, Nr . 5019 ). Im französischen Recht findet man auch folgendes interessante Beispiel, bei dem die Nebensache nicht der Hauptsache zu folgen scheint :

"Die Gebühr für die Benutzung von Langlaufpisten und kollektiven Einrichtungen, die möglicherweise von den im Gebirge gelegenen Gemeinden erhoben wird, ist von der Mehrwertsteuer befreit . Wenn die Erhebung der Gebühr jedoch einem Verband auf der Ebene eines Departements, mehrerer Departements oder einer Region übertragen wird, ist die diesem Verband möglicherweise für die Erhebungsmaßnahmen gezahlte Vergütung der Steuer zu unterwerfen . Dies trifft auch zu, wenn die Vergütung in Form einer Subvention der Gemeinde erfolgt oder wenn sie von dem Verband vom Betrag der erhobenen Gebühren abgezogen wird ( Urteil vom 10 . September 1985, BO 31-17-83 )" ( Lamy fiscal, Band 2, Nr . 5018 ).

13 . Es zeigt sich somit, daß das Problem der gemischten Rechtslagen einer sehr viel vertiefteren Diskussion würdig wäre . Da es ausserdem in den Vorlagefragen nicht angesprochen wird, wäre es meines Erachtens nicht angebracht, hierauf eine Antwort zu geben .

14 . In der mündlichen Verhandlung wurde auch die Selbständigkeit der italienischen Regionen und die Möglichkeit angesprochen, daß eine von ihnen die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ausschließlich den Gemeinden nach einer Regelung des öffentlichen Rechts vorbehalte, während es eine andere Region zulasse, daß auch private Wirtschaftsteilnehmer dieselbe Tätigkeit mittels Verträgen des Privatrechts ausübten .

15 . Ich bin mit der Kommission der Auffassung, daß der nationale Gesetzgeber in einem solchen Fall berechtigt wäre, die fraglichen Tätigkeiten im Rahmen der Anwendung des Kriteriums der "grösseren Wettbewerbsverzerrungen" der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, selbst wenn sie in einigen Teilen des Staatsgebiets "im Rahmen der eigens für die öffentlichen Einrichtungen geltenden rechtlichen Regelung" ausgeuebt werden und wenn auf lokaler Ebene keine Wettbewerbsverzerrungen auftreten .

16 . Was aber soll inzwischen ein Gericht tun, das einen solchen Fall zu entscheiden hat? Auch hier bin ich der Auffassung der Kommission, daß das Gericht die Tätigkeit der Gemeinde der Mehrwertsteuer unterwerfen muß, wenn es zu dem Schluß gelangt, daß eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen zwischen in verschiedenen Regionen desselben Mitgliedstaats niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern führen würde .

17 . Da aber auch dieses Problem in den Vorlagefragen nicht angesprochen worden ist, halte ich seine Behandlung in Ihren Antworten für nicht erforderlich .

18 . Ich schlage Ihnen demgemäß vor, die ersten beiden Fragen dahin zu beantworten, daß Sie zunächst die Antwort auf die erste Frage in den verbundenen Rechtssachen 231/87 und 129/88 wiederholen und dann folgendes hinzufügen :

"Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, bestimmte Tätigkeiten von der Mehrwertsteuerpflicht allein deshalb auszunehmen, weil sie nach nationalem Recht als 'Verwaltungsaufgaben' oder in ähnlicher Weise bezeichnet werden ."

19 . Was die Frage c betrifft, könnten Sie entweder einfach die Antwort wiederholen, die Sie in Nr . 2 des Tenors Ihres Urteils in den verbundenen Rechtssachen 231/87 und 129/88 gegeben haben, oder aber diese leicht umformulieren, damit sie besser der ausdrücklichen Bedeutung der Frage Rechnung trägt, die nicht so sehr dahin geht, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten in Abweichung von Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 1 verpflichtet sind, die Steuerpflicht der Gemeinden zu gewährleisten, sondern eher dahin, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinden darauf Anspruch haben, daß die von ihnen "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" ausgeuebten Tätigkeiten ungeachtet des Unterabsatzes 2 dieser Bestimmung nicht der Steuerpflicht unterworfen werden .

20 . Ich möchte daran erinnern, daß gemäß diesem zweiten Unterabsatz, so wie Sie ihn in dem erwähnten Urteil ausgelegt haben,

"die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegende Tätigkeiten der Steuerpflicht zu unterwerfen, wenn diese Tätigkeiten - im Wettbewerb mit ihnen - auch von Privaten ausgeuebt werden können und ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen führen kann; sie sind jedoch nicht verpflichtet, dieses Kriterium wörtlich in ihr nationales Recht zu übernehmen oder quantitative Grenzen für die Behandlung als Nichtsteuerpflichtige festzulegen" ( Randnr . 24 ).

21 . Ferner haben Sie in Randnummer 32 Ihres Urteils vom 17 . Oktober 1989 präzisiert, der Umstand, daß die Anwendung dieser Einschränkung der Regel der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige eine Beurteilung wirtschaftlicher Faktoren verlange, führe nicht dazu, daß Artikel 4 Absatz 5 seiner unmittelbaren Wirkung beraubt werde, so daß

"sich eine Einrichtung des öffentlichen Rechts auf Artikel 4 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie berufen kann, um sich der Anwendung einer nationalen Vorschrift zu widersetzen, nach der sie für eine ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegende Tätigkeit mehrwertsteuerpflichtig ist, die nicht in Anhang D der Sechsten Richtlinie aufgeführt ist und deren Nichtbesteuerung nicht zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen führen kann" ( Randnr . 33 ).

22 . Demgemäß sind die Mitgliedstaaten durch Unterabsatz 2 der Bestimmung nicht nur verpflichtet, die Behandlung der öffentlichen Einrichtungen als Steuerpflichtige zu gewährleisten, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, sondern auch, sie nicht der Mehrwertsteuerpflicht zu unterwerfen, wenn die Wettbewerbsverzerrungen, zu denen ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige führen würde, keine "grösseren" sind, d . h ., sie müssen den Grundsatz der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige auch dann respektieren, wenn Wettbewerbsverzerrungen möglich sind, diese aber nicht das Ausmaß von "grösseren" Verzerrungen erreichen .

23 . Es sollte jedes Mißverständnis vermieden werden, das sich daraus ergeben könnte, daß die Frage die Tätigkeiten betrifft, die die Gemeinden "aufgrund eigener Entscheidung" ausführen, sowie aus den Antworten, die die Klägerin des Ausgangsverfahrens - die die Tätigkeiten, zu deren Ausübung die Gemeinden verpflichtet sind, denen gegenüberstellt, die sie aufgrund eigener Entscheidung ausführen - vorgeschlagen hat . Deshalb möchte ich klarstellen - und Sie könnten dies in den Entscheidungsgründen ihres Urteiles ebenfalls tun -, daß dies nicht die Kriterien sind, von denen es abhängt, ob die Tätigkeiten der Gemeinden zu den "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" ausgeuebten Tätigkeiten gehören und ob sie der Steuerpflicht unterworfen sind . Insbesondere können nicht nur die Tätigkeiten, die die Gemeinden "aufgrund eigener Entscheidung" ausführen, unter Unterabsatz 2 fallen . Im Gegenteil ergibt sich klar aus dem Urteil vom 17 . Oktober 1989 ( Randnr . 21 ), daß Unterabsatz 2 genau die gleichen Tätigkeiten erfasst, wie Unterabsatz 1 : Gleichgültig, ob die Tätigkeiten aufgrund eigener Entscheidung ausgeführt werden oder obligatorisch sind, sie müssen der Mehrwertsteuer unterworfen werden, wenn ihre Behandlung als nichtsteuerpflichtige Tätigkeiten zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen führen würde .

24 . Was die Frage d betrifft, schlage ich Ihnen vor, die Antwort zu wiederholen, die Sie in Nr . 3 des Tenors ihres Urteils in den verbundenen Rechtssachen 231/87 und 129/88 gegeben haben, gegebenenfalls mit der in Randnummer 27 dieses Urteils enthaltenen Präzisierung, daß die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 3 der Sechsten Richtlinie nicht verpflichtet sind, die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten von der Steuerpflicht zu befreien, sofern ihr Umfang unbedeutend ist, und daß

"sie folglich auch nicht verpflichtet sind, für die betreffenden Tätigkeiten eine untere Besteuerungsgrenze festzusetzen ".

25 . Ich schlage Ihnen demgemäß vor, die von der Commissione tributaria di primo grado Piacenza vorgelegten Fragen folgendermassen zu beantworten :

"1 ) Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, daß es sich bei den Tätigkeiten 'im Rahmen der öffentlichen Gewalt' im Sinne dieser Vorschrift um solche Tätigkeiten handelt, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelung ausüben; ausgenommen sind Tätigkeiten, die sie unter den gleichen rechtlichen Bedingungen ausüben wie private Wirtschaftsteilnehmer . Es ist Sache jedes Mitgliedstaats, die geeignete Rechtsetzungstechnik zu wählen, um die in dieser Vorschrift aufgestellte Regel der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige in sein nationales Recht umzusetzen . Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, bestimmte Tätigkeiten von der Mehrwertsteuerpflicht allein deshalb auszunehmen, weil sie nach nationalem Recht als 'Verwaltungsaufgaben' oder in ähnlicher Weise bezeichnet werden .

2 ) Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, daß die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegenden Tätigkeiten auch dann nicht der Steuerpflicht zu unterwerfen, wenn diese Tätigkeiten - im Wettbewerb mit ihnen - auch von Privaten ausgeuebt werden können, falls ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige nicht zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen führen kann; sie sind jedoch nicht verpflichtet, dieses Kriterium wörtlich in ihr nationales Recht zu übernehmen oder quantitative Grenzen für die Behandlung als Nichtsteuerpflichtige festzulegen .

3 ) Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 3 der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, daß die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, das Kriterium des nicht unbedeutenden Umfangs als Voraussetzung für die Besteuerung der in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten in ihr Steuerrecht zu übernehmen . Sie sind folglich auch nicht verpflichtet, für die betreffenden Tätigkeiten eine untere Besteuerungsgrenze festzusetzen ( 3 )."

(*) Originalsprache : Französisch .

( 1 ) Sechste Richtlinie des Rates vom 17 . Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ( 77/388/EWG; ABl . L 145 vom 13.6.1977, S . 1 ).

( 2 ) Règlement grand-ducal vom 22 . Oktober 1979 relatif à l' assujettissement des collectivités de droit public à la taxe sur la valeur ajoutée ( Verordnung über die Mehrwertsteuerpflicht der Körperschaften des öffentlichen Rechts ), Mémorial A, S . 15542 .

( 3 ) Die unterstrichenen Passagen sind Änderungen und Hinzufügungen, die ich zu den Antworten in den verbundenen Rechtssachen 231/87 und 129/88 vorschlage .