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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

11. September 2014(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 98 Abs. 2 – Anhang III Nr. 6 – Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes nur auf gedruckte Bücher – Geltung des normalen Mehrwertsteuersatzes für Bücher auf anderen physischen Trägern – Steuerliche Neutralität“

In der Rechtssache C-219/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 22. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 2013, in dem auf Antrag der

K Oy

eingeleiteten Verfahren

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

–        der estnischen Regierung, vertreten durch K. Kraavi-Käerdi und N. Grünberg als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch I. Bakopoulos als Bevollmächtigten,

–        der irischen Regierung, vertreten durch A. Joyce als Bevollmächtigten und C. Toland, BL, beauftragt von L. Williams, Solicitor,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und I. Koskinen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Mai 2014

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und von Anhang III Nr. 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2009/47/EG des Rates vom 5. Mai 2009 (ABl. L 116, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2        Es ergeht im Rahmen eines von der K Oy (im Folgenden: K) eingeleiteten Verfahrens gegen die Entscheidung des Keskusverolautakunta (Zentraler Steuerausschuss), wonach der für die Lieferung gedruckter Bücher geltende ermäßigte Mehrwertsteuersatz nicht auf die Lieferung von auf anderen physischen Trägern als Papier gespeicherten Büchern angewandt werden kann.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Art. 96 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten wenden einen Mehrwertsteuer-Normalsatz an, den jeder Mitgliedstaat als Prozentsatz der Bemessungsgrundlage festsetzt und der für die Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen gleich ist.“

4        Art. 98 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten können einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden.

(2) Die ermäßigten Steuersätze sind nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar.

Die ermäßigten Steuersätze sind nicht anwendbar auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen.“

5        Vor der Änderung des Anhangs III der Mehrwertsteuerrichtlinie durch die Richtlinie 2009/47 waren in Nr. 6 dieses Anhangs, der das Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen enthält, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze gemäß Art. 98 dieser Richtlinie angewandt werden können, aufgeführt:

„Lieferung von Büchern, einschließlich des Verleihs durch Büchereien (einschließlich Broschüren, Prospekte und ähnliche Drucksachen, Bilder-, Zeichen- oder Malbücher für Kinder, Notenhefte oder -manuskripte, Landkarten und hydrografische oder sonstige Karten), Zeitungen und Zeitschriften, mit Ausnahme von Druckerzeugnissen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken dienen“.

6        Der vierte Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/47 lautet:

„Die [Mehrwertsteuerrichtlinie] sollte ferner geändert werden, um die Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze oder aber Steuerbefreiungen in einer begrenzten Zahl bestimmter Fälle aus sozial- oder gesundheitspolitischen Gründen zu ermöglichen und um die Bezugnahme auf Bücher in Anhang III klarer zu fassen und dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen.“

7        Seit dem 1. Juni 2009 hat Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie folgenden Wortlaut:

„Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern, einschließlich des Verleihs durch Büchereien (einschließlich Broschüren, Prospekte und ähnliche Drucksachen, Bilder-, Zeichen- oder Malbücher für Kinder, Notenhefte oder Manuskripte, Landkarten und hydrografische oder sonstige Karten), Zeitungen und Zeitschriften, mit Ausnahme von Druckerzeugnissen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken dienen“.

 Finnisches Recht

8        § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes 1501/1993 vom 30. Dezember 1993 über die Mehrwertsteuer (Arvonlisäverolaki [1501/1993]) in seiner für die Steuerjahre 2011 und 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) sieht vor:

„An den Staat ist gemäß den Regelungen dieses Gesetzes Mehrwertsteuer zu entrichten

1.       für den Verkauf von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen in Finnland im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit“.

9        § 84 des Mehrwertsteuergesetzes bestimmt:

„Die zu entrichtende Steuer beträgt 23 % der Steuerbemessungsgrundlage, soweit in den §§ 85 oder 85a nichts anderes bestimmt ist.“

10      In § 85a dieses Gesetzes heißt es:

„Die Steuer, die auf die Erbringung folgender Dienstleistungen und auf den Verkauf, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Entnahme aus dem Zolllager und die Einfuhr folgender Gegenstände zu entrichten ist, beträgt 9 % der Bemessungsgrundlage:

7.      Bücher,

Nicht als Buch im Sinne von Abs. 1 Nr. 7 gelten:

1.      auf andere Weise als durch Druck oder vergleichbare Weise hergestellte Veröffentlichungen,

2.      periodisch erscheinende Veröffentlichungen oder

3.      Veröffentlichungen, die im Wesentlichen Werbung enthalten.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11      K ist eine Gesellschaft, die im Verlagswesen tätig ist. Sie verlegt Bücher der allgemeinen Literatur und Lehrbücher sowie Hör- und E-Bücher.

12      Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass die von K verlegten Hör- und E-Bücher als elektronische Dateien verfügbar sind, die auf einem physischen Träger wie einer CD, einer CD-ROM, einem USB-Stick oder einem entsprechenden Träger gespeichert sind und Bücher wiedergeben, die ursprünglich in gedruckter Form erschienen sind. In einem Hörbuch, das zum Anhören bestimmt ist, wird der Inhalt des geschriebenen Textes eines gedruckten Buchs, der vorgelesen wird, auf einem physischen Träger wie einer CD oder einer CD-ROM wiedergegeben. Ein E-Buch gibt im Wesentlichen den Inhalt eines ursprünglich in gedruckter Form vorliegenden Buchs, dem es in der äußeren Gestaltung und Struktur überwiegend gleicht, auf einem physischen Träger wie einer CD oder einem USB-Stick wieder und kann auf einen Computer oder ein geeignetes Lesegerät geladen werden. Die elektronischen Versionen können jedoch in ihrem Inhalt und ihrer Struktur von gedruckten Büchern abweichen.

13      K beantragte beim Keskusverolautakunta einen Vorbescheid, um zu klären, ob auf anderen physischen Trägern als Papier gespeicherte Bücher, die den geschriebenen Text eines gedruckten Buchs wiedergeben, als „Bücher“ im Sinne von § 85a Abs. 1 Nr. 7 des Mehrwertsteuergesetzes angesehen werden können, deren Verkauf einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegt.

14      Mit Vorbescheid vom 25. Mai 2011 stellte der Keskusverolautakunta fest, dass nur gedruckte oder in vergleichbarer Weise hergestellte Veröffentlichungen als Bücher gälten, so dass auf einem physischen Träger wie einer CD, einer CD-ROM oder einem USB-Stick gespeicherte Hör- und E-Bücher nicht als „Bücher“ im Sinne von § 85a Abs. 1 Nr. 7 des Mehrwertsteuergesetzes angesehen werden könnten.

15      Der Keskusverolautakunta führte zudem aus, dass Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 in Verbindung mit Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie und der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es nicht verböten, auf den Verkauf von auf einem anderen physischen Träger als Papier gespeicherten Büchern den normalen Mehrwertsteuersatz statt den für gedruckte Bücher geltenden ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

16      K reichte Beschwerde beim Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) ein mit dem Antrag, den Vorbescheid des Keskusverolautakunta aufzuheben und in einem neuen Vorbescheid festzustellen, dass Bücher, die auf anderen physischen Trägern als Papier, etwa einer CD, einer CD-ROM, einem USB-Stick oder anderen ähnlichen Trägern gespeichert sind, als „Bücher“ im Sinne von § 85a Abs. 1 Nr. 7 des Mehrwertsteuergesetzes anzusehen sind, deren Verkauf einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegt.

17      Nach Ansicht von K verstößt es gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass ein Mitgliedstaat einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz nur auf gedruckte Bücher anwende, nicht aber auf Bücher, die auf anderen physischen Trägern gespeichert seien.

18      Das Korkein hallinto-oikeus holte eine Stellungnahme des Valtiovarainministeriö (Finanzministerium) ein. Dieses stellte fest, dass die steuerliche Behandlung von auf einem anderen physischen Träger als Papier gespeicherten Büchern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterschiedlich sei. Die Mitgliedstaaten könnten den ermäßigten Mehrwertsteuersatz selektiv auf die in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie aufgeführten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anwenden. Sie verfügten in dieser Hinsicht über ein weites Ermessen. In diesem Zusammenhang seien sie berechtigt, den ermäßigten Steuersatz auf gedruckte Bücher und den Normalsatz auf Bücher, die auf einem anderen physischen Datenträger gespeichert seien, anzuwenden.

19      Unter diesen Umständen hat das Korkein hallinto-oikeus beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Stehen Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität einer nationalen Regelung entgegen, nach der auf gedruckte Bücher ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewandt wird, auf Bücher, die auf anderen physischen Trägern wie einer CD oder CD-ROM oder USB-Sticks gespeichert sind, jedoch der normale Steuersatz?

2.      Spielt es für die Beantwortung der vorstehenden Frage eine Rolle,

–        ob ein Buch zum Lesen oder zum Anhören (Hörbuch) bestimmt ist,

–        ob es von dem auf einer CD oder CD-ROM, einem USB-Stick oder einem entsprechenden anderen physischen Träger gespeicherten Buch oder Hörbuch ein gedrucktes Buch gleichen Inhalts gibt,

–        ob bei einem auf einem anderen physischen Träger als Papier gespeicherten Buch technische Eigenschaften dieses Trägers, wie etwa Suchfunktionen, benutzt werden können?

 Zu den Vorlagefragen

20      Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach für gedruckte Bücher ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gilt, während Bücher, die auf anderen physischen Trägern wie einer CD, einer CD-ROM oder USB-Sticks gespeichert sind, dem normalen Mehrwertsteuersatz unterliegen, und ob für die Beantwortung dieser Frage die Art des verwendeten physischen Trägers, der Inhalt des betreffenden Buchs oder die technischen Eigenschaften des betreffenden physischen Trägers eine Rolle spielen.

21      Nach Art. 96 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt der gleiche Mehrwertsteuersatz, der Normalsatz, für die Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen.

22      Abweichend von diesem Grundsatz räumt Art. 98 Abs. 1 dieser Richtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anzuwenden. Nach Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 sind die ermäßigten Steuersätze nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Kategorien anwendbar.

23      Hinsichtlich der Anwendung von ermäßigten Mehrwertsteuersätzen auf diese Kategorien ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, sofern der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird, genauer zu bestimmen, auf welche der in den Kategorien des Anhangs III der Mehrwertsteuerrichtlinie enthaltenen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der ermäßigte Steuersatz Anwendung findet (vgl. in diesem Sinne Urteile Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien, C-442/05, EU:C:2008:184, Rn. 42 und 43, und Pro Med Logistik, C-454/12 und C-455/12, EU:C:2014:111, Rn. 44).

24      Was den Grundsatz der steuerlichen Neutralität betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dieser es nicht zulässt, gleichartige Gegenstände oder Dienstleistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. Urteile Kommission/Frankreich, C-384/01, EU:C:2003:264, Rn. 25, und The Rank Group, C-259/10 und C-260/10, EU:C:2011:719, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Bei der Beantwortung der Frage, ob Gegenstände oder Dienstleistungen gleichartig sind, ist in erster Linie auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Gegenstände oder Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach einem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers zwischen diesen Gegenständen oder Dienstleistungen nicht erheblich beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteil The Rank Group, EU:C:2011:719, Rn. 43 und 44).

26      Vor der durch die Richtlinie 2009/47 eingeführten Änderung war in Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie die „Lieferung von Büchern“ aufgeführt. Durch die Richtlinie 2009/47 wurde der Wortlaut von Anhang III Nr. 6 dahin geändert, dass nunmehr die „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern“ im Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können, enthalten ist.

27      Daher stellt sich die Frage, ob ein Mitgliedstaat, der sich dafür entschieden hat, auf gedruckte Bücher einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden, wegen dieser Änderung verpflichtet ist, die Anwendung dieses ermäßigten Satzes auch auf die Lieferung von Büchern auf jeglichen anderen physischen Trägern als Papier auszuweiten.

28      Wie auch die Europäische Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ergibt sich insoweit weder aus dem Wortlaut der Richtlinie 2009/47 noch aus den Vorarbeiten zu ihr, dass der Unionsgesetzgeber mit der Änderung von Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie die Mitgliedstaaten verpflichten wollte, auf alle Bücher, unabhängig davon, auf welchem physischen Träger sie gespeichert sind, einen identischen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden.

29      Jedenfalls ist es im Licht der in Rn. 23 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs, da in Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie lediglich die Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern genannt ist, Sache der Mitgliedstaaten, unter Beachtung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität die physischen Träger zu bestimmen, auf die der ermäßigte Mehrwertsteuersatz angewandt wird.

30      In diesem Zusammenhang ist, wie die irische Regierung vorgetragen und der Generalanwalt in Nr. 54 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens auf den Durchschnittsverbraucher des jeweiligen Mitgliedstaats abzustellen, da die Beurteilung des Durchschnittsverbrauchers davon abhängig sein kann, in welchem Ausmaß die neuen Technologien sich im jeweiligen nationalen Markt durchgesetzt haben und die technischen Vorrichtungen verfügbar sind, die es ihm ermöglichen, auf Bücher zuzugreifen, die auf anderen physischen Trägern als Papier gespeichert sind.

31      Unter diesen Umständen ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob, wie in Rn. 25 des vorliegenden Urteils ausgeführt, gedruckte Bücher und auf anderen physischen Trägern gespeicherte Bücher Erzeugnisse sind, die vom Durchschnittsverbraucher als gleichartig angesehen werden können. Zu diesem Zweck hat es zu bewerten, ob diese Bücher ähnliche Eigenschaften haben und nach einem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen, um zu ermitteln, ob die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, das eine oder das andere dieser Bücher zu wählen, erheblich oder spürbar beeinflussen.

32      Für die Beantwortung dieser Frage spielen die Art des verwendeten physischen Trägers, der Inhalt des betreffenden Buchs oder die technischen Eigenschaften des betreffenden physischen Trägers keine Rolle, da es sich neben anderen um die Umstände handelt, die das vorlegende Gericht bei der Beurteilung zu berücksichtigen hat, ob gedruckte Bücher und auf anderen physischen Trägern gespeicherte Bücher Erzeugnisse sind, die vom Durchschnittsverbraucher als gleichartig angesehen werden können.

33      Wie der Generalanwalt in Nr. 62 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es, wenn diese Umstände aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers des betreffenden Mitgliedstaats entscheidend sind, gerechtfertigt, dass die nationale Regelung für die Lieferung von Büchern auf anderen Trägern als Papier nicht den für die Lieferung gedruckter Bücher geltenden ermäßigten Mehrwertsteuersatz gewährt. Kommt es dem Verbraucher dagegen vor allem auf den gleichartigen Inhalt all dieser Bücher unabhängig von ihrem Trägermaterial oder ihren Eigenschaften an, ist die selektive Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes nicht gerechtfertigt.

34      Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und Anhang III Nr. 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass sie, sofern der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird, was zu prüfen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach für gedruckte Bücher ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gilt, während Bücher, die auf anderen physischen Trägern wie einer CD oder CD-ROM oder USB-Sticks gespeichert sind, dem normalen Mehrwertsteuersatz unterliegen.

 Kosten

35      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und Anhang III Nr. 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2009/47/EG des Rates vom 5. Mai 2009 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie, sofern der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird, was zu prüfen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach für gedruckte Bücher ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gilt, während Bücher, die auf anderen physischen Trägern wie einer CD oder CD-ROM oder USB-Sticks gespeichert sind, dem normalen Mehrwertsteuersatz unterliegen.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Finnisch.