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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

28. Juli 2016(*)

„Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Gültigkeit und Auslegung der Richtlinie – Dienstleistungen von Rechtsanwälten – Mehrwertsteuerpflichtigkeit – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Waffengleichheit – Prozesskostenhilfe“

In der Rechtssache C-543/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour constitutionnelle (Verfassungsgerichtshof, Belgien) mit Entscheidung vom 13. November 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 27. November 2014, in den Verfahren

Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a.,

Jimmy Tessens u. a.,

Orde van Vlaamse Balies,

Ordre des avocats du barreau d’Arlon u. a.

gegen

Conseil des ministres,

Beteiligte:

Association Syndicale des Magistrats ASBL,

Conseil des barreaux européens,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter), der Richter C. Lycourgos, E. Juhász und C. Vajda sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Ordre des barreaux francophones und germanophone u. a., vertreten durch V. Letellier, R. Leloup, E. Huisman, J. Buelens und C. T’Sjoen, avocats,

–        von Herrn Tessens u. a., vertreten durch J. Toury und M. Denys, avocats,

–        des Orde van Vlaamse Balies, vertreten durch D. Lindemans und E. Traversa, avocats,

–        des Ordre des avocats du barreau d’Arlon u. a., vertreten durch D. Lagasse, avocat,

–        der Association Syndicale des Magistrats ASBL, vertreten durch V. Letellier, avocat,

–        des Conseil des barreaux européens, vertreten durch M. Maus und M. Delanote, avocats,

–        der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis und A. Dimitrakopoulou als Bevollmächtigte,

–        der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und J.-S. Pilczer als Bevollmächtigte,

–        des Rates der Europäischen Union, vertreten durch E. Chatziioakeimidou, E. Moro und M. Moore als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Krämer, J.-F. Brakeland und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. März 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Gültigkeit der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Ordre des barreaux francophones und germanophone, Herrn Jimmy Tessens, dem Orde van Vlaamse Balies, dem Ordre des avocats du barreau d’Arlon und weiteren natürlichen und juristischen Personen auf der einen Seite und dem Conseil des ministres (Ministerrat) (Belgien) auf der anderen Seite über einen Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 60 der Loi du 30 juillet 2013 portant des dispositions diverses (Gesetz vom 30. Juli 2013 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen, Moniteur belge vom 1. August 2013, S. 48270, im Folgenden: Gesetz vom 30. Juli 2013), mit der die Befreiung der von Rechtsanwälten in Ausübung ihrer gewöhnlichen Tätigkeiten erbrachten Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer abgeschafft wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

 EMRK

3        Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) bestimmt:

„1.      Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. …

3.      Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:

(c)      sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

…“

4        Art. 14 EMRK lautet:

„Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.“

 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

5        In Art. 14 Abs. 1 und 3 des von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. Dezember 1966 angenommenen und am 3. Januar 1976 in Kraft getretenen Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (im Folgenden: IPbpR) heißt es wie folgt:

„(1)      Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. …

(3)      Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat in gleicher Weise im Verfahren Anspruch auf folgende Mindestgarantien:

b)      er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;

d)      er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

…“

6        Art. 26 IPbpR lautet:

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. In dieser Hinsicht hat das Gesetz jede Diskriminierung zu verbieten und allen Menschen gegen jede Diskriminierung, wie insbesondere wegen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status, gleichen und wirksamen Schutz zu gewährleisten.“

 Übereinkommen von Århus

7        In Art. 9 des am 25. Juni 1998 in Århus unterzeichneten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden: Übereinkommen von Århus), heißt es:

„(1)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass jede Person, die der Ansicht ist, dass ihr nach Artikel 4 gestellter Antrag auf Informationen nicht beachtet, fälschlicherweise ganz oder teilweise abgelehnt, unzulänglich beantwortet oder auf andere Weise nicht in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel bearbeitet worden ist, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle hat.

(2)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

a)      die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder nichtstaatlichen Organisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

(3)      Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4)      Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten. Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.

(5)      Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellt jede Vertragspartei sicher, dass der Öffentlichkeit Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zur Verfügung gestellt werden; ferner prüft jede Vertragspartei die Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen, um Hindernisse finanzieller und anderer Art für den Zugang zu Gerichten zu beseitigen oder zu verringern.“

 Unionsrecht

8        Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.

Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wird bis zur Einzelhandelsstufe, diese eingeschlossen, angewandt.“

9        In Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

c)      Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;

…“

10      Gemäß Art. 96 der Richtlinie wenden die Mitgliedstaaten einen Mehrwertsteuer-Normalsatz an, den jeder Mitgliedstaat als Prozentsatz der Bemessungsgrundlage festsetzt und der für die Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen gleich ist.

11      In Art. 98 Abs. 1 und 2 der Richtlinie heißt es:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden.

(2)      Die ermäßigten Steuersätze sind nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar.

…“

12      Anhang III der Richtlinie 2006/112 („Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte MwSt-Sätze gemäß Artikel 98 angewandt werden können“) nennt in Nr. 15 die „Lieferung von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht gemäß den Artikeln 132, 135 und 136 von der Steuer befreit sind“.

13      Art. 132 der Richtlinie, der in Kapitel 2 („Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“) des Titels IX der Richtlinie steht, bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

g)      eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden;

…“

14      Art. 168 Buchst. a der Richtlinie lautet:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)      die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

…“

15      Gemäß Art. 371 der Richtlinie „dürfen … Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1978 die in Anhang X Teil B genannten Umsätze von der Steuer befreit haben, … diese zu den in dem jeweiligen Mitgliedstaat zu dem genannten Zeitpunkt geltenden Bedingungen weiterhin befreien“. Zu diesen Umsätzen gehören u. a. die Dienstleistungen von Rechtsanwälten.

 Belgisches Recht

16      Art. 44 § 1 der Loi du 3 juillet 1969 créant le code de la taxe sur la valeur ajoutée (Gesetz vom 3. Juli 1969 zur Einführung des Mehrwertsteuergesetzbuches, Moniteur belge vom 17. Juli 1969, S. 7046) bestimmte in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 30. Juli 2013:

„Steuerfrei sind Dienstleistungen, die von den nachstehend erwähnten Personen in der Ausübung ihrer gewöhnlichen Tätigkeit erbracht werden:

1. … Rechtsanwälte,

…“

17      In Art. 60 des Gesetzes vom 30. Juli 2013, das am 1. Januar 2014 in Kraft trat, heißt es:

„In Artikel 44 § 1 des Mehrwertsteuergesetzbuches, ersetzt durch das Gesetz vom 28. Dezember 1992 und abgeändert durch das Gesetz vom 28. Dezember 2011, wird die Bestimmung in Nr. 1 aufgehoben.“

 Ausgangsrechtstreit und Vorlagefragen

18      Im Rahmen des Ausgangsrechtstreits ist die Cour constitutionnelle (Verfassungsgerichtshof, Belgien) mit einer Reihe von Klagen auf Nichtigerklärung von Art. 60 des Gesetzes vom 30. Juli 2013 befasst. Mit dieser Bestimmung wurde die Mehrwertsteuerbefreiung der Dienstleistungen von Rechtsanwälten, die Belgien auf der Grundlage der Übergangsbestimmung des Art. 371 der Richtlinie 2006/112 beibehalten hatte, mit Wirkung zum 1. Januar 2014 abgeschafft.

19      Der in Belgien auf Dienstleistungen von Rechtsanwälten erhobene gesetzliche Mehrwertsteuersatz beträgt 21 %.

20      Das vorlegende Gericht wirft die Frage auf, ob die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten und die damit verbundene Erhöhung der Kosten für diese Dienstleistungen mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und insbesondere mit dem Recht auf Beistand durch einen Rechtsanwalt vereinbar sind. Darüber hinaus fragt sich das vorlegende Gericht, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung mit dem Grundsatz der Waffengleichheit im Einklang steht, da diese Kostenerhöhung nur nicht mehrwertsteuerpflichtige Rechtsuchende betrifft, die keine Prozesskostenhilfe erhalten, während mehrwertsteuerpflichtige Rechtsuchende die Möglichkeit haben, die für diese Leistungen entrichtete Mehrwertsteuer abzuziehen.

21      Unter diesen Umständen hat die Cour constitutionnelle (Verfassungsgerichtshof) die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      a)     Ist dadurch, dass die Dienstleistungen von Rechtsanwälten der Mehrwertsteuer unterworfen werden, ohne dass hinsichtlich des Rechts auf Beistand durch einen Rechtsanwalt und des Grundsatzes der Waffengleichheit der Umstand berücksichtigt wird, ob der Rechtsuchende, der keinen rechtlichen Beistand erhält, mehrwertsteuerpflichtig ist oder nicht, die Richtlinie 2006/112 vereinbar mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 14 IPbpR und mit Art. 6 EMRK, insofern dieser Artikel jeder Person das Recht gewährt, dass ihre Sache in einem fairen Verfahren verhandelt wird, sowie die Möglichkeit, sich beraten, verteidigen und vertreten zu lassen, und das Recht auf Prozesskostenhilfe für diejenigen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten?

b)      Ist aus den gleichen Gründen die Richtlinie 2006/112 mit Art. 9 Abs. 4 und 5 des Übereinkommens von Århus vereinbar, insofern diese Bestimmungen ein Recht auf Zugang zum Gericht vorsehen, ohne dass diese Verfahren übermäßig teuer sein dürfen, und unter der Bedingung der „Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen, um Hindernisse finanzieller und anderer Art für den Zugang zu Gerichten zu beseitigen oder zu verringern“?

c)      Können die Dienstleistungen, die Rechtsanwälte im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erbringen, in die Dienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind, eingeschlossen werden, oder können sie aufgrund einer anderen Bestimmung der Richtlinie befreit werden? Ist, falls diese Frage verneinend beantwortet wird, die Richtlinie 2006/112, ausgelegt in dem Sinne, dass sie es nicht erlaubt, die Dienstleistungen, die durch Rechtsanwälte zugunsten von Rechtsuchenden erbracht werden, die juristischen Beistand im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erhalten, von der Mehrwertsteuer zu befreien, mit Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 14 IPbpR und mit Art. 6 EMRK vereinbar?

2.      Ist, falls die unter Punkt 1 angeführten Fragen verneinend beantwortet werden, Art. 98 der Richtlinie 2006/112 dadurch, dass darin nicht die Möglichkeit vorgesehen ist, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf die Dienstleistungen von Rechtsanwälten anzuwenden, gegebenenfalls je nachdem, ob der Rechtsuchende, der nicht den Vorteil des juristischen Beistands genießt, mehrwertsteuerpflichtig ist oder nicht, vereinbar mit Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 14 IPbpR und mit Art. 6 EMRK, insofern dieser Artikel jeder Person das Recht gewährt, dass ihre Sache in einem fairen Verfahren verhandelt wird, sowie die Möglichkeit, sich beraten, verteidigen und vertreten zu lassen, und das Recht auf Prozesskostenhilfe für diejenigen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten?

3.      Ist, falls die unter Punkt 1 angeführten Fragen verneinend beantwortet werden, Art. 132 der Richtlinie 2006/112 vereinbar mit dem Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung, der in den Art. 20 und 21 der Charta und in Art. 9 EUV in Verbindung mit Art. 47 der Charta festgelegt ist, insofern darin unter den dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten keine Befreiung von der Mehrwertsteuer zugunsten der Dienstleistungen von Rechtsanwälten vorgesehen ist, während andere Dienstleistungen als dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten befreit sind, beispielsweise die von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachten Dienstleistungen, verschiedene medizinische Dienstleistungen oder auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit Unterricht, Sport oder Kultur, und während dieser Behandlungsunterschied zwischen den Dienstleistungen von Rechtsanwälten und den durch Art. 132 der Richtlinie 112 befreiten Dienstleistungen ausreichende Zweifel aufwirft, da die Dienstleistungen von Rechtsanwälten zur Achtung gewisser Grundrechte beitragen?

4.      a)     Kann, falls die unter den Punkten 1 und 3 angeführten Fragen verneinend beantwortet werden, Art. 371 der Richtlinie 2006/112 gemäß Art. 47 der Charta so ausgelegt werden, dass er es einem Mitgliedstaat der Union erlaubt, die Befreiung der Dienstleistungen von Rechtsanwälten teilweise aufrechtzuerhalten, wenn diese Dienstleistungen zugunsten von Rechtsuchenden erbracht werden, die nicht mehrwertsteuerpflichtig sind?

b)      Kann Art. 371 der Richtlinie 2006/112 gemäß Art. 47 der Charta auch so ausgelegt werden, dass er es einem Mitgliedstaat der Union erlaubt, die Befreiung der Dienstleistungen von Rechtsanwälten teilweise aufrechtzuerhalten, wenn diese Dienstleistungen zugunsten von Rechtsuchenden erbracht werden, die juristischen Beistand im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erhalten?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Frage 1a

22      Mit der Frage 1a ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen darum, die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 im Hinblick auf das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und den Grundsatz der Waffengleichheit, die in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) gewährleistet sind, insoweit zu prüfen, als diese Bestimmungen Dienstleistungen von Rechtsanwälten an Rechtsuchende, die keine Gerichtskostenhilfe im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erhalten, der Mehrwertsteuer unterwerfen.

23      Da sich das vorlegende Gericht nicht nur auf Art. 47 der Charta, sondern auch auf Art. 14 IPbpR und auf Art. 6 EMRK bezieht, ist daran zu erinnern, dass zwar die durch die EMRK anerkannten Grundrechte, wie Art. 6 Abs. 3 EUV bestätigt, als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind und dass nach Art. 52 Abs. 3 der Charta die in dieser enthaltenen Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen werden, aber diese Konvention, solange die Union ihr nicht beigetreten ist, kein Rechtsinstrument darstellt, das formell in die Unionsrechtsordnung übernommen worden ist (Urteile vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson, C-617/10, EU:C:2013:105, Rn. 44, vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C-398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 45, und vom 15. Februar 2016, N., C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 45). Dies gilt auch für den IPbpR. Somit ist die Prüfung der Gültigkeit der Richtlinie 2006/112 allein anhand der durch die Charta garantierten Grundrechte vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2016, N., C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Zum Umfang der für die Vorlagefrage erforderlichen Prüfung ist festzustellen, dass die Frage nur die speziellen Kosten betrifft, die sich aus der Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten zum Satz von 21 % ergeben, und nicht die Gesamtheit der Kosten eines Gerichtsverfahren.

25      Außerdem betreffen die vom vorlegenden Gericht geäußerten Zweifel nur die Situation der Rechtsuchenden, die keine Gerichtskostenhilfe aufgrund der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts erhalten. Denn nach den Angaben des vorlegenden Gerichts sind die Prozesskostenhilfe erhaltenden Rechtsuchenden von einer etwaigen Erhöhung der Rechtsanwaltskosten, die sich aus der Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten ergeben kann, nicht betroffen, da diese Dienstleistungen vom belgischen Staat übernommen werden.

26      Nach den nationalen Rechtsvorschriften müssen die übrigen Rechtsuchenden hingegen die Rechtsanwaltskosten einschließlich der Mehrwertsteuer tragen, was nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die Frage aufwirft, ob eine solche Besteuerung mit dem durch Art. 47 der Charta garantierten Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vereinbar ist. Das vorlegende Gericht hegt auch Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Besteuerung mit dem Grundsatz der Waffengleichheit, da nur mehrwertsteuerpflichtige Rechtsuchende die als Vorsteuer entrichtete Mehrwertsteuer für Dienstleistungen von Rechtsanwälten gemäß Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 abziehen dürfen und die Mehrwertsteuerpflichtigkeit dieser Dienstleistungen somit Rechtsuchende je nachdem unterschiedlich trifft, ob sie mehrwertsteuerpflichtig sind oder nicht.

 Zum Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf

27      Art. 47 der Charta verbürgt das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das nach Abs. 2 dieses Artikels insbesondere die für jede Person gewährleistete Möglichkeit umfasst, sich durch einen Rechtsanwalt beraten, verteidigen und vertreten zu lassen. Abs. 3 dieses Artikels garantiert das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für Rechtsuchende, die nicht über ausreichende Mittel verfügen.

28      Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht insoweit hervor, dass hinsichtlich der Rechtsuchenden, die keinen Anspruch auf Gerichtskostenhilfe haben und auf die allein sich die Frage 1a bezieht, nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts davon ausgegangen wird, dass sie über ausreichende Mittel verfügen, um Zugang zu den Gerichten zu erlangen, indem sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Für diese Rechtsuchenden garantiert das in Art. 47 der Charta verbürgte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf jedoch grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Dienstleistungen von Rechtsanwälten mehrwertsteuerfrei sind.

29      Die Frage 1a nach der Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 im Hinblick auf Art. 47 der Charta ist anhand der Tatbestandsmerkmale dieser Bestimmungen zu beurteilen und kann nicht von den besonderen Umständen eines gegebenen Einzelfalls abhängen.

30      Auch wenn der Zugang zu Gerichten und die Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes von vielen Faktoren unterschiedlicher Art abhängen, können die im Zusammenhang mit den Kosten eines Gerichtsverfahrens, zu denen die Mehrwertsteuer auf die Dienstleistungen von Rechtsanwälten gehört, ebenfalls Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsuchenden haben, seine Rechte vor Gericht geltend zu machen und sich dabei durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

31      Gleichwohl geht aus der in mehreren anderen Bereichen als der Mehrwertsteuer ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Besteuerung solcher Kosten nur dann im Hinblick auf das in Art. 47 der Charta verbürgte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf in Frage gestellt werden kann, wenn diese Kosten ein unüberwindliches Hindernis darstellen (vgl. entsprechend Urteil vom 22. Dezember 2010, DEB, C-279/09, EU:C:2010:811, Rn. 61, und Beschluss vom 13. Juni 2012, GREP, C-156/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:342, Rn. 46) oder wenn sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. entsprechend Urteil vom 6. Oktober 2015, Orizzonte Salute, C-61/14, EU:C:2015:655, Rn. 48, 49 und 58).

32      Die Kläger des Ausgangsverfahrens haben zwar geltend gemacht, dass die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten zu einem Satz von 21 % für Rechtsuchende ohne Anspruch auf Gerichtskostenhilfe – auf die allein sich die Frage 1a bezieht – zu einer bedeutenden Erhöhung der im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren entstandenen Kosten führe.

33      Wie insbesondere die belgische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen vorgetragen hat, führt die Mehrwertsteuerpflichtigkeit dieser Dienstleistungen zum Satz von 21 % jedoch nicht im selben Verhältnis zu einer Erhöhung der Kosten von Rechtsanwälten, da diese wegen ihrer eigenen Mehrwertsteuerpflichtigkeit gemäß Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 einen Abzug der Mehrwertsteuer vornehmen dürfen, die sie beim Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen im Rahmen ihrer eigenen Dienstleistungen zu entrichten hatten. Da sich die Kosten von Rechtsanwälten durch die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug verringern können, ist ungewiss, in welchem Ausmaß Rechtsanwälte wirtschaftlich gezwungen sind, die sich aus der Mehrwertsteuerpflicht ihrer Gebühren ergebende Belastung abzuwälzen.

34      Das Ausmaß einer etwaigen Erhöhung dieser Gebühren ist umso ungewisser, als in Belgien eine Regelung gilt, nach der die Gebühren frei ausgehandelt werden. Rechtsanwälte haben im Rahmen einer solchen Gebührenregelung, die auf einem Wettbewerb unter ihnen beruht, die wirtschaftliche Situation ihrer Mandanten zu berücksichtigen. Zudem haben Rechtsanwaltsgebühren – wie die Generalanwältin in Nr. 85 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – nach der einschlägigen nationalen Regelung die Grenzen einzuhalten, die sich aus dem Gebot einer angemessenen und moderaten Höhe ergeben.

35      Daher lässt sich keine strikte oder gar mechanische Korrelation zwischen der Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten und einer Erhöhung des Preises dieser Dienstleistungen feststellen.

36      Da der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Mehrwertsteuerbetrag jedenfalls bei weitem nicht den größten Anteil an den Kosten eines Gerichtsverfahrens ausmacht, kann nicht angenommen werden, dass die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten für sich allein ein unüberwindliches Hindernis für den Zugang zu den Gerichten darstellt oder die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert. Deshalb lässt sich die Mehrwertsteuerpflichtigkeit nicht mit der Begründung, dass sie möglicherweise zu einer Erhöhung dieser Kosten führen könne, im Hinblick auf das in Art. 47 der Charta verbürgte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf in Frage stellen.

37      Wenn besondere Umstände eines gegebenen Einzelfalls dazu führen sollten, dass die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten für sich allein ein unüberwindliches Hindernis für den Zugang zu Gerichten schüfe oder die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machte oder übermäßig erschwerte, wäre dem dadurch Rechnung zu tragen, dass das Recht auf Prozesskostenhilfe im Einklang Art. 47 Abs. 3 der Charta entsprechend angepasst würde.

38      Nach alledem ist festzustellen, dass sich der aus diesem Recht ergebende Schutz nicht auf die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten erstreckt.

 Zum Grundsatz der Waffengleichheit

39      Die Kläger des Ausgangsverfahrens tragen weiter vor, dass Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 auch wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit ungültig sei, denn die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten zum Satz von 21 % benachteilige nicht mehrwertsteuerpflichtige Rechtsuchende gegenüber mehrwertsteuerpflichtigen Rechtsuchenden. Dieser Nachteil folge daraus, dass Letztere im Gegensatz zu Ersteren ein Recht auf Vorsteuerabzug hätten und damit nicht die finanzielle Belastung trügen, die sich aus der Mehrwertsteuererhebung für Anwaltsleistungen ergebe.

40      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gebietet der Grundsatz der Waffengleichheit, der eine logische Folge aus dem Begriff des fairen Verfahrens ist und der Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Prozessparteien dient, dass es jeder Partei angemessen ermöglicht wird, ihren Standpunkt sowie ihre Beweise unter Bedingungen vorzutragen, die sie nicht in eine gegenüber ihrem Gegner deutlich nachteilige Position versetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2012, Otis u. a., C-199/11, EU:C:2012:684, Rn. 71 und 72, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C-580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 31, Beschluss vom 16. Juli 2015, Sánchez Morcillo und Abril García, C-539/14, EU:C:2015:508, Rn. 48).

41      Dieser Grundsatz dient der Wahrung des prozeduralen Gleichgewichts zwischen den Parteien eines Gerichtsverfahrens, indem er ihnen gleiche Rechte und Pflichten gewährleistet, insbesondere hinsichtlich der Regeln der Beweisführung und der streitigen Verhandlung vor Gericht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2012, Otis u. a., C-199/11, EU:C:2012:684, Rn. 71 und 72) sowie der Rechtsbehelfe dieser Parteien (Urteil vom 17. Juli 2014, Sánchez Morcillo und Abril García, C-169/14, EU:C:2014:2099, Rn. 44, 48 und 49).

42      Wie der Rat in seinen beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen vorgetragen hat, umfasst der Grundsatz der Waffengleichheit jedoch nicht die Pflicht, die Parteien hinsichtlich der im Rahmen des Gerichtsverfahrens getragenen Kosten gleichzustellen.

43      Zur Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten zum Satz von 21 % ist festzustellen, dass diese Mehrwertsteuerhebung und die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug zwar im Hinblick auf den gleichen Gebührenbetrag geeignet sind, dem mehrwertsteuerpflichtigen Rechtsuchenden gegenüber dem nicht mehrwertsteuerpflichtigen Rechtsuchenden einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, aber dieser Vorteil nicht das prozedurale Gleichgewicht zwischen den Parteien zu beeinträchtigen vermag.

44      Wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils festgestellt, ist im Fall dieser Rechtsuchenden nämlich davon auszugehen, dass sie über ausreichende Mittel zur Deckung der Kosten eines Gerichtsverfahrens einschließlich der Rechtsanwaltsgebühren verfügen. Die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten ist daher trotz des etwaigen finanziellen Vorteils, den sie dem einen oder dem anderen dieser Rechtsuchenden verschaffen kann, hinsichtlich des Rechts auf ein faires Verfahren nicht geeignet, nicht mehrwertsteuerpflichtige Rechtsuchende in eine gegenüber mehrwertsteuerpflichtigen Rechtsuchenden deutlich nachteilige Position zu versetzen.

45      Wie die Kommission in ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen vorgetragen hat, führt der Umstand, dass eine Partei eines Rechtsstreits dazu in der Lage ist, höhere Rechtsanwaltsgebühren als die gegnerische Partei zu zahlen, nicht zwangsläufig zu einer besseren rechtlichen Vertretung. Wie in Rn. 34 des vorliegenden Urteils ausgeführt, können sich Rechtsanwälte im Rahmen einer Regelung frei ausgehandelter Rechtsanwaltsgebühren wie der in Belgien gültigen nämlich veranlasst sehen, die wirtschaftliche Situation ihrer Mandanten zu berücksichtigen und von ihren nicht mehrwertsteuerpflichtigen Mandanten Gebühren zu verlangen, die einschließlich Mehrwertsteuer niedriger sind als die Gebühren, die sie von ihren mehrwertsteuerpflichtigen Mandanten verlangen.

46      Daher ist festzustellen, dass sich die durch den Grundsatz der Waffengleichheit gewährte Garantie nicht auf die Mehrwertsteuerpflichtigkeit der Dienstleistungen von Rechtsanwälten zum Satz von 21 % erstreckt.

47      Nach alledem ist auf die Frage 1a zu antworten, dass die Prüfung von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 im Hinblick auf das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und den Grundsatz der Waffengleichheit, die in Art. 47 der Charta gewährleistet sind, nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Bestimmungen berühren könnte, soweit sie Dienstleistungen von Rechtsanwälten an Rechtsuchende, die keine Gerichtskostenhilfe im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erhalten, der Mehrwertsteuer unterwerfen.

 Zur Frage 1b

48      Mit der Frage 1b bittet das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen, die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 im Hinblick auf Art. 9 Abs. 4 und 5 des Übereinkommens von Århus insoweit zu prüfen, als nach diesen Bestimmungen Dienstleistungen von Rechtsanwälten der Mehrwertsteuer unterliegen.

49      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Bestimmungen eines internationalen Vertrags, dessen Vertragspartei die Union ist, zur Begründung einer Klage auf Nichtigerklärung einer Handlung des Sekundärrechts der Union oder einer Einrede der Rechtswidrigkeit einer solchen Handlung nur unter der Voraussetzung geltend gemacht werden können, dass zum einen Art und Struktur des betreffenden Vertrags dem nicht entgegenstehen und zum anderen diese Bestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen (Urteil vom 13. Januar 2015, Rat u. a./Vereniging Milieudefensie und Stichting Stop Luchtverontreiniging Utrecht, C-401/12 P bis C-403/12 P, EU:C:2015:4, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Aus dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 4 des Übereinkommens von Århus geht hervor, dass diese Vorschrift nur auf die in Art. 9 Abs. 1, 2 und 3 des Übereinkommens genannten Verfahren Anwendung findet. Die zuletzt genannten Vorschriften enthalten jedoch keine unbedingte und hinreichend genaue Pflicht, die die Rechtsstellung der Einzelnen unmittelbar regeln kann.

51      Der Gerichtshof hat in Bezug auf Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus nämlich entschieden, dass die Durchführung und die Wirkungen dieser Vorschrift vom Erlass eines weiteren Rechtsakts abhängen, da nur „Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige [im] innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“, Inhaber der in dieser Vorschrift vorgesehenen Rechte sind (Urteile vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C-240/09, EU:C:2011:125, Rn. 45, und vom 13. Januar 2015, Rat u. a./Vereniging Milieudefensie und Stichting Stop Luchtverontreiniging Utrecht, C-401/12 P bis C-403/12 P, EU:C:2015:4, Rn. 55).

52      Wie die Generalanwältin in Nr. 92 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, bezieht sich Art. 9 Abs. 1 und 2 des Übereinkommens von Århus auch auf Kriterien des innerstaatlichen Rechts. Denn nach dem Wortlaut dieser Vorschriften sind die in ihnen genannten Überprüfungsverfahren „im Rahmen [der] innerstaatlichen Rechtsvorschriften“ der Vertragsparteien des Übereinkommens bereitzustellen. Dabei hat der nationale Gesetzgeber insbesondere darüber zu entscheiden, ob er den Zugang zu einem Überprüfungsverfahren „vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle“ vorsehen möchte. Zudem geht aus Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 des Übereinkommens hervor, dass in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festzulegen ist, „[w]as als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt“.

53      Folglich bezieht sich die Anwendung von Art. 9 Abs. 4 des Übereinkommens von Århus ausschließlich auf Vorschriften des Übereinkommens, die nicht die in Rn. 49 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllen, welche vorliegen müssen, um diese Vorschriften zur Begründung einer Klage auf Nichtigerklärung einer Handlung des Sekundärrechts der Union geltend machen zu können.

54      Daher kann Art. 9 Abs. 4 des Übereinkommens von Århus nicht geltend gemacht werden, um die Gültigkeit der Richtlinie 2006/112 in Frage zu stellen.

55      Was Art. 9 Abs. 5 des Übereinkommens von Århus anbelangt, wonach jede Vertragspartei des Übereinkommens „die Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen“ prüft, um Hindernisse finanzieller und anderer Art für den Zugang zu Gerichten zu beseitigen oder zu verringern, so lässt sich dieser Vorschrift entnehmen, dass sie ebenfalls keine unbedingte und hinreichend genaue Pflicht statuiert und ihre Durchführung und Wirkungen vom Erlass eines weiteren Rechtsakts abhängen.

56      Daher kann Art. 9 Abs. 5 des Übereinkommens von Århus schon seinem Wesen nach nicht geltend gemacht werden, um die Gültigkeit der Richtlinie 2006/112 anzufechten.

57      Nach alledem ist auf die Frage 1b zu antworten, dass Art. 9 Abs. 4 und 5 des Übereinkommens von Århus für die Prüfung der Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 nicht geltend gemacht werden kann.

 Zur Frage 1c

58      Mit der Frage 1c möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 oder „andere Bestimmungen“ der Richtlinie dahin auszulegen sind, dass Dienstleistungen, die Rechtsanwälte zugunsten von Rechtsuchenden erbringen, die Gerichtskostenhilfe im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe wie dem in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden erhalten, von der Mehrwertsteuer befreit sind. Falls diese Frage verneint wird, ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen darum, die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie im Hinblick auf Art. 47 der Charta insoweit zu prüfen, als nach diesen Bestimmungen diese Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterliegen.

59      Einleitend ist festzustellen, dass das Ersuchen um Vorabentscheidung, auch wenn sich die in erster Linie gestellte Frage sowohl auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 als auch auf „andere Bestimmungen“ der Richtlinie bezieht, es nicht ermöglicht, diejenigen Bestimmungen der Richtlinie – außer Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie – zu ermitteln, auf deren Grundlage die von Rechtsanwälten im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erbrachten Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit sein könnten.

60      Wie die Generalanwältin in den Nrn. 54 und 55 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hat der Gerichtshof zwar noch nicht über die Anwendung der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Befreiung auf Dienstleistungen entschieden, die Rechtsanwälte im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erbringen, doch hat er befunden, dass diese Dienstleistungen nicht gemäß Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie in Verbindung mit Nr. 15 ihres Anhangs III einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterworfen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 2010, Kommission/Frankreich, C-492/08, EU:C:2010:348, Rn. 47).

61      In diesem Urteil hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten nach Nr. 15 des Anhangs III der Richtlinie nicht alle gemeinnützigen Leistungen einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterstellen dürfen, sondern nur diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind. Zu dem Willen des Unionsgesetzgebers, die Möglichkeit der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes davon abhängig zu machen, dass die Leistungen von Einrichtungen erbracht werden, die diese beiden Voraussetzungen erfüllen, stünde es deshalb in Widerspruch, wenn es einem Mitgliedstaat freistünde, private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht allein deshalb als Einheiten im Sinne von Nr. 15 zu qualifizieren, weil sie auch Leistungen mit sozialem Charakter erbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 2010, Kommission/Frankreich, C-492/08, EU:C:2010:348, Rn. 43 und 44).

62      Der Gerichtshof hat daher festgestellt, dass ein Mitgliedstaat auf Dienstleistungen, die von privaten Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht erbracht werden, nicht allein aufgrund der Beurteilung dieser Dienstleistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden darf, ohne insbesondere die Ziele, die diese Einheiten in ihrer Gesamtheit betrachtet verfolgen, und die Beständigkeit ihres sozialen Engagements zu berücksichtigen. Die Berufsgruppe der Rechtsanwälte und „avoués“ jedoch kann als solche im Hinblick auf ihr Gesamtziel und die fehlende Dauerhaftigkeit eines etwaigen sozialen Engagements nicht als gemeinnützig angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 2010, Kommission/Frankreich, C-492/08, EU:C:2010:348, Rn. 45 und 46).

63      Diese Rechtsprechung gilt sinngemäß auch für die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Befreiung, da deren Anwendung nicht nur von der Voraussetzung eines sozialen Charakters der Dienstleistungen anhängt – da sie eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sein müssen –, sondern überdies auf Dienstleistungen beschränkt ist, die durch Einrichtungen bewirkt werden, welche als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt sind.

64      Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass die Dienstleistungen, die im Rahmen des nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe ausgeführt werden, nicht von allen Rechtsanwälten erbracht werden, sondern nur von denen, die sich freiwillig bereiterklären, diese Dienstleistungen hauptberuflich oder nebenberuflich zu erbringen, und die daraufhin in ein jährlich erstelltes Verzeichnis aufgenommen werden. Somit stellt die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen dieser Regelung nur eines der Ziele des Anwaltsberufs dar.

65      Daher sind Dienstleistungen, die Rechtsanwälte im Rahmen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erbringen, nicht gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 von der Mehrwertsteuer befreit.

66      Für den Fall, dass diese Dienstleistungen nicht von der Mehrwertsteuer befreit sein sollten, wirft das vorlegende Gericht schließlich die Frage auf, ob Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie, soweit sie die fraglichen Dienstleistungen der Mehrwertsteuer zum Satz von 21 % unterwerfen, im Hinblick auf Art. 47 der Charta gültig sind. Den Angaben des vorlegenden Gerichts lässt sich hierzu entnehmen, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale System der Gerichtskostenhilfe die gesamten Anwaltskosten der Rechtsuchenden übernimmt, die diese Hilfe erhalten, also einschließlich der Mehrwertsteuer für die Dienstleistungen der Rechtsanwälte.

67      Jedoch erscheint, da das vorlegende Gericht keine weiteren Angaben zu ihren Auswirkungen macht, die Mehrwertsteuerpflichtigkeit von Dienstleistungen, die Rechtsanwälte im Rahmen dieses nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erbringen, nicht geeignet, das Recht der Gerichtskostenhilfe erhaltenden Rechtsuchenden auf einen wirksamen Rechtsbehelf in Frage zu stellen.

68      Nach alledem ist auf die Frage 1c zu antworten, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass Dienstleistungen, die Rechtsanwälte zugunsten von Rechtsuchenden erbringen, die Gerichtskostenhilfe im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen erhalten, nicht von der Mehrwertsteuer befreit sind.

 Zu den Fragen 2 bis 4

69      Angesichts der Antworten auf die Fragen 1a bis c brauchen die Fragen 2 bis 4 nicht geprüft zu werden.

 Kosten

70      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Prüfung von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hat im Hinblick auf das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und den Grundsatz der Waffengleichheit, die in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistet sind, nichts ergeben, was die Gültigkeit dieser Bestimmungen berühren könnte, soweit sie Dienstleistungen von Rechtsanwälten an Rechtsuchende, die keine Gerichtskostenhilfe im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe erhalten, der Mehrwertsteuer unterwerfen.

2.      Art. 9 Abs. 4 und 5 des am 25. Juni 1998 in Århus unterzeichneten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten kann für die Prüfung der Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 nicht geltend gemacht werden.

3.      Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass Dienstleistungen, die Rechtsanwälte zugunsten von Rechtsuchenden erbringen, die Gerichtskostenhilfe im Rahmen eines nationalen Systems der Gerichtskostenhilfe wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen erhalten, nicht von der Mehrwertsteuer befreit sind.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.