Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

Share

Highlight in text

Go

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

19. Dezember 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Steuerbare Umsätze – Vorsteuerabzug – Erwerb von nicht im nationalen Immobilienregister eingetragenen Immobilien – Mit der erstmaligen Eintragung in dieses Register verbundene Kosten, die vom Erwerber getragen werden – Inanspruchnahme spezialisierter Drittunternehmen – Vermittlung bei der Erbringung von Dienstleistungen oder für die Zwecke eines Unternehmens getätigte Investitionskosten“

In der Rechtssache C-707/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Timiș (Landgericht Timiș, Rumänien) mit Entscheidung vom 30. Oktober 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2018, in dem Verfahren

Amărăşti Land Investment SRL

gegen

Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara,

Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Timiş

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und N. Wahl,

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der rumänischen Regierung, vertreten durch C.-R. Canţăr, R. I. Haţieganu und L. Liţu als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und A. Biolan als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 24, 28, 167 und 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Amărăşti Land Investment SRL auf der einen sowie der Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara (Regionale Generaldirektion für öffentliche Finanzen Timișoara, Rumänien) und der Administrația Județeană a Finanțelor Publice Timiș (Kreisverwaltung für öffentliche Finanzen, Rumänien) auf der anderen Seite über den Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer auf die Umsätze, mit denen Amărăşti Land Investment auf ihre Kosten die für die erstmalige Eintragung von Grundstücken, die sie zu erwerben beabsichtigte, in das nationale Immobilienregister (im Folgenden: Immobilienregister) erforderlichen Schritte ausführte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

c)

Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

4

Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„Als ‚Dienstleistung‘ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.“

5

Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“

6

Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.“

7

In Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie, der zu deren Titel X („Vorsteuerabzug“) gehört, heißt es:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)

die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

…“

Rumänisches Recht

Gesetz Nr. 227/2015

8

Art. 297 Abs. 4 der Legea nr. 227/2015 privind Codul fiscal (Gesetz Nr. 227/2015 über das Steuergesetzbuch) sieht vor:

„Der Steuerpflichtige ist berechtigt, die Vorsteuer für Anschaffungen abzuziehen, wenn diese zur Verwendung bei folgenden Umsätzen bestimmt sind:

a)

bei steuerbaren Umsätzen;

…“

9

Art. 271 Abs. 2 dieses Gesetzes bestimmt:

„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter handeln, werden so behandelt, als hätten sie diese Dienstleistungen selbst empfangen und erbracht.“

Zivilgesetzbuch

10

Art. 885 Abs. 1 der Legea nr. 287/2009 privind Codul civil al României (Gesetz Nr. 287/2009 über das Zivilgesetzbuch Rumäniens) (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 505 vom 15. Juli 2011, im Folgenden: Zivilgesetzbuch) lautet:

„Vorbehaltlich entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften werden dingliche Rechte an im Grundbuch erfassten Immobilien sowohl im Verhältnis zwischen den Parteien als auch gegenüber Dritten ausschließlich durch Eintragung in das Grundbuch auf der Grundlage des Rechtsakts oder der Rechtshandlung erworben, die die Eintragung rechtfertigt.“

11

Art. 886 des Zivilgesetzbuchs bestimmt:

„Die Änderung eines dinglichen Immobilienrechts erfolgt gemäß den für den Erwerb oder das Erlöschen dinglicher Rechte festgelegten Regeln, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.“

12

Art. 888 des Zivilgesetzbuchs sieht vor:

„Die Eintragung in das Grundbuch erfolgt auf der Grundlage des notariellen Vertrags, der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, des Erbscheins oder – in den Fällen, in denen dies gesetzlich vorgesehen ist – auf der Grundlage eines sonstigen von einer Behörde erlassenen Rechtsakts.“

13

In Art. 893 des Zivilgesetzbuchs heißt es:

„Die Eintragung eines dinglichen Rechts kann nur erfolgen:

a)

gegenüber demjenigen, der zum Zeitpunkt der Eintragung des Antrags als Inhaber des Rechts eingetragen ist, bezüglich dessen die Eintragung vorzunehmen ist;

…“

14

Art. 1244 des Zivilgesetzbuchs sieht vor:

„Neben sonstigen gesetzlich vorgesehenen Fällen sind Vereinbarungen, die eine in das Grundbuch einzutragende Übertragung oder Begründung dinglicher Rechte bewirken, bei Meidung absoluter Nichtigkeit notariell zu beurkunden.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

15

Amărăşti Land Investment wurde im Jahr 2014 zur Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeiten gegründet, und zu diesem Zweck hat diese Gesellschaft Grundstücke erworben.

16

Der Prozess des Erwerbs dieser Grundstücke umfasste zwei Stufen. Als Erstes wurde ein Kaufvorvertrag zwischen der den Verkauf der Grundstücke versprechenden Person und Amărăşti Land Investment geschlossen, durch den Letztere einen Anspruch auf das Eigentum an diesen Grundstücken erwarb. Als Zweites wurde nach Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen administrativen Formalitäten für den Abschluss des Vertrags über den Verkauf der Grundstücke dieser Vertrag von den betreffenden Parteien unterzeichnet.

17

Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass das rumänische Recht verlange, dass Verträge über den Verkauf unbeweglicher Sachen wie der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Grundstücke notariell beurkundet würden und dass diese Grundstücke, damit diese Verträge rechtsgültig in notarieller Form geschlossen seien, in das Immobilienregister eingetragen werden müssten und der Verkäufer dort als deren Eigentümer angegeben sein müsse, was bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Grundstücken nicht der Fall gewesen sei.

18

Im Rahmen ihrer Grundstücksinvestitionen und zur Erfüllung der vor Abschluss des Vertrags über den Kauf dieser Grundstücke erforderlichen gesetzlich vorgesehenen administrativen Formalitäten nahm Amărăşti Land Investment auf ihre Kosten von Dritten, nämlich Rechtsanwälten, Notaren sowie auf Kataster- und Topografiefragen spezialisierten Unternehmen, erbrachte Dienstleistungen in Anspruch. Insbesondere nutzte sie die Dienste einer Katastergesellschaft im Hinblick auf die erstmalige Eintragung der Grundstücke in das Immobilienregister.

19

Die Vorverträge über den Verkauf der betreffenden Grundstücke enthielten eine Klausel, mit der der den Verkauf Versprechende sich damit einverstanden erklärte, dass Amărăşti Land Investment auf eigene Kosten sämtliche Tätigkeiten der Beschaffung von Dokumenten, der Erstellung der Dossiers, der Beglaubigung und Registrierung von Dokumenten, der katastermäßigen Erfassung und der Eintragung in das Immobilienregister durchführen würde. Außerdem erklärte der Versprechende, dass er verstanden habe, dass alle von Amărăşti Land Investment durchgeführten Eintragungsverfahren zwingend erforderlich seien, um den Kaufvertrag in notarieller Form abschließen zu können.

20

Die mit der erstmaligen Eintragung der Grundstücke in das Immobilienregister verbundenen Kosten, die die Vertragsparteien einvernehmlich mit 750 Euro je Hektar veranschlagten, wurden dem Verkäufer nicht in Rechnung gestellt. In den Kaufvorverträgen war außerdem vereinbart, dass Amărăşti Land Investment dem Verkäufer bei Abschluss der Kaufverträge den Gesamtpreis der Grundstücke überweisen würde, in den der Gegenwert der Tätigkeiten der katastermäßigen Erfassung nicht eingeschlossen war.

21

Die Kaufvorverträge enthielten zudem eine Klausel, wonach der Verkäufer verpflichtet war, Amărăşti Land Investment die zur Eintragung der betreffenden Grundstücke in das Immobilienregister aufgewandten Kosten sowie Schadensersatz in Höhe von 2000 Euro je Hektar zu zahlen, wenn er wegen einer ihm zuzurechnenden Vertragsverletzung oder aus irgendeinem anderen Grund, mit Ausnahme Amărăşti Land Investment zuzurechnender Gründe, seiner vertraglichen Verpflichtung zum Abschluss des Kaufvertrags nicht zum festgelegten Zeitpunkt nachkommen würde.

22

Nach dem Erwerb der Grundstücke stellte Amărăşti Land Investment am 23. Januar 2017 einen Antrag auf Erstattung von Mehrwertsteuer in Höhe von 73828 rumänischen Lei (RON) (etwa 15456 Euro), dem die Steuerbehörde stattgab.

23

In der Folge setzte diese Behörde jedoch zusätzliche Mehrwertsteuer in Höhe von 41911 RON (etwa 8772 Euro) mit der Begründung fest, dass der in Rn. 20 des vorliegenden Urteils genannte Betrag von 750 Euro je Hektar den Gegenwert der von Amărăşti Land Investment gegenüber den Verkäufern erbrachten Dienstleistung bezüglich der Eintragung der betreffenden Grundstücke und des Abschlusses der Kaufverträge in notariell beurkundeter Form als Gegenleistung für die Lieferung dieser Grundstücke darstelle. Die Behörde machte insoweit geltend, Amărăşti Land Investment habe als Gegenleistung für die Grundstücke zum einen einen Preis bezahlt und zum anderen den Verkäufern gegenüber eine Dienstleistung erbracht, deren Kosten zwingend von diesen zu tragen seien.

24

Amărăşti Land Investment legte gegen den Steuerbescheid über zusätzliche Mehrwertsteuer Einspruch ein, der jedoch von der Steuerverwaltung mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass diese Gesellschaft die in Rede stehenden Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung der Verkäufer erbracht habe, ohne jedoch den Gegenwert den Begünstigten in Rechnung zu stellen oder die auf diese Dienstleistungen entfallende Mehrwertsteuer zu erheben.

25

Vor dem vorlegenden Gericht macht Amărăşti Land Investment geltend, dass die ihr entstandenen Kosten, die mit 750 Euro je Hektar bewertet worden seien, Kosten im Zusammenhang mit Investitionen darstellten, die für die Zwecke steuerbarer Umsätze aufgewandt worden seien und bezüglich derer sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

26

Außerdem sei die Höhe der Kosten im Zusammenhang mit der Eintragung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Grundstücke in das Immobilienregister auf 750 Euro je Hektar festgesetzt worden, um die Bemessung des Schadens zu erleichtern, der ihr hätte entstehen können, wenn die Verkäufer ihrer Verpflichtung zum Abschluss der Kaufverträge über die Grundstücke in notariell beglaubigter Form nicht nachgekommen wären. Amărăşti Land Investment stellt klar, dass dieser Betrag, der von Transaktion zu Transaktion schwanke, tatsächlich höher oder niedriger als der Betrag von 750 Euro sein könne.

27

Da das Tribunalul Timiş (Landgericht Timiş, Rumänien) der Ansicht ist, dass der Rechtsstreit, mit dem es befasst ist, eine Auslegung von Bestimmungen des Unionsrechts erfordert, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist die Mehrwertsteuerrichtlinie, insbesondere die Art. 24, 28, 167 und 168 Buchst. a, dahin auszulegen, dass im Rahmen von Umsätzen, die im Verkauf von Immobilien bestehen, die zum Zeitpunkt der Lieferung nicht im Immobilienregister (Grundbuch) eingetragen und nicht katastermäßig erfasst sind, der steuerpflichtige Käufer, der vertraglich die Pflicht übernimmt, auf seine Kosten die zur erstmaligen Eintragung dieser Immobilien im Immobilienregister erforderlichen Schritte zu unternehmen, eine Dienstleistung gegenüber dem Verkäufer erbringt oder dahin, dass er damit Dienstleistungen bezüglich seiner Immobilieninvestitionen in Anspruch nimmt, für die ihm das Recht auf Vorsteuerabzug zuzuerkennen ist?

2.

Kann die Mehrwertsteuerrichtlinie, insbesondere die Art. 167 und 168 Buchst. a, dahin ausgelegt werden, dass Ausgaben, die der steuerpflichtige Käufer anlässlich der erstmaligen Eintragung im Immobilienregister von Immobilien, auf deren künftige Übereignung er einen Anspruch hat und die von den Verkäufern geliefert worden sind, deren Eigentumsrecht bezüglich der Immobilien nicht im Grundbuch eingetragen ist, getätigt hat, als vorbereitende Investitionsumsätze eingestuft werden können, hinsichtlich deren der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist?

3.

Sind die Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie, insbesondere die Art. 24, 28, 167 und 168 Buchst. a, dahin auszulegen, dass Ausgaben, die der steuerpflichtige Käufer anlässlich der erstmaligen Eintragung im Immobilienregister von Immobilien, die ihm geliefert worden sind und auf deren künftige Übereignung er aufgrund einer Vereinbarung einen Anspruch gegen die Verkäufer hat, deren Eigentumsrecht bezüglich der Immobilien nicht im Grundbuch eingetragen ist, getätigt hat, als Dienstleistungen gegenüber den Verkäufern einzustufen sind, wenn Käufer und Verkäufer vereinbart haben, dass der Preis der Immobilien den Gegenwert für die Tätigkeiten betreffend die katastermäßige Erfassung nicht einschließt?

4.

Sind nach der Mehrwertsteuerrichtlinie die Kosten bezüglich administrativer Tätigkeiten im Zusammenhang mit Immobilien, die dem Käufer geliefert worden sind und auf deren künftige Übereignung er einen Anspruch gegen den Verkäufer hat – zu denen auch, aber nicht ausschließlich, die Kosten der erstmaligen Eintragung im Immobilienregister gehören –, zwingend vom Verkäufer zu tragen? Oder können diese Kosten vom Käufer oder von jeder der an dem Geschäft beteiligten Parteien entsprechend der Vereinbarung der Parteien getragen werden mit der Folge, dass dieser Person das Recht zum Vorsteuerabzug zuerkannt wird?

Zu den Vorlagefragen

Zur vierten Frage

28

Mit seiner vierten Frage, die als Erstes zu beantworten ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem entgegensteht, dass die an einem Umsatz, der die Übertragung des Eigentums an einer Immobilie zum Ziel hat, beteiligten Parteien vereinbaren, dass der künftige Erwerber (im Folgenden: Erwerber) sämtliche oder einen Teil der Kosten der administrativen Formalitäten im Zusammenhang mit diesem Umsatz trägt, und zwar insbesondere diejenigen, die sich auf die erstmalige Eintragung dieser Immobilie in das Immobilienregister beziehen, und dass dem Erwerber infolgedessen ein Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer zuerkannt wird.

29

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie keine Bestimmung enthält, die die Freiheit, über die die an einem Umsatz, der wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende im Verkauf einer Immobilie besteht, beteiligten Parteien grundsätzlich verfügen, vertraglich diejenige von ihnen zu bestimmen, die die Kosten der mit diesem Umsatz verbundenen administrativen Formalitäten trägt, einschränken würde.

30

Des Weiteren ist festzustellen, dass, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung verlangt, dass eine Immobilie, deren Verkauf beabsichtigt ist, in das Immobilienregister eingetragen ist und dass die Person, die die Eigenschaft als Verkäufer besitzt, darin als Eigentümerin dieser Immobilie angegeben ist, und zwar bei Meidung der Nichtigkeit des Kaufvertrags.

31

Die erstmalige Eintragung der Immobilie in das Immobilienregister und die Angabe ihres Eigentümers in diesem Register fallen jedoch nicht unter die Vertragsfreiheit der Parteien eines Immobilienkaufs, da sie Ausdruck einer gesetzlichen Verpflichtung des Verkäufers sind.

32

Somit kann die Aufnahme einer Vertragsklausel wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die dazu bestimmt ist, dem Erwerber einer Immobilie die mit deren erstmaliger Eintragung in das Immobilienregister und mit der Angabe des Eigentümers dieser Immobilie verbundenen Kosten aufzuerlegen, nicht von der gesetzlichen Natur der Verpflichtung des künftigen Verkäufers (im Folgenden: Verkäufer), der diese Kosten verursacht hat, abweichen und auch nicht an deren Stelle treten.

33

Folglich ist das bloße Vorhandensein einer solchen Klausel in einem Vorvertrag über den Verkauf von Immobilien nicht ausschlaggebend für Klärung der Frage, ob der Erwerber zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt ist, die auf die Kosten der erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister entfällt.

34

Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem nicht entgegensteht, dass die an einem Umsatz, der die Übertragung des Eigentums an Immobilien zum Ziel hat, beteiligten Parteien eine Klausel vereinbaren, wonach der Erwerber sämtliche oder einen Teil der Kosten der administrativen Formalitäten im Zusammenhang mit diesem Umsatz trägt, und zwar insbesondere diejenigen, die sich auf die erstmalige Eintragung dieser Immobilien in das Immobilienregister beziehen. Jedoch ist das bloße Vorhandensein einer solchen Klausel in einem Vorvertrag über den Verkauf von Immobilien nicht ausschlaggebend für Klärung der Frage, ob der Erwerber zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt ist, die auf die Kosten der erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister entfällt.

Zur ersten und zur dritten Frage

35

Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen und als Zweites zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Mehrwertsteuerrichtlinie, namentlich Art. 28, dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Vorvertrags über den Verkauf von Immobilien, die nicht im Immobilienregister eingetragen sind, der steuerpflichtige Erwerber, der, so wie er sich in dem Vorvertrag gegenüber dem Verkäufer vertraglich verpflichtet hat, die Schritte unternimmt, die zur erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister erforderlich sind, indem er Dienstleistungen in Anspruch nimmt, die von steuerpflichtigen Dritten erbracht werden, so behandelt wird, als ob er diese Dienstleistungen dem Verkäufer gegenüber selbst im Sinne dieses Art. 28 erbracht hätte, auch wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass der Kaufpreis dieser Immobilien den Gegenwert der Tätigkeiten der katastermäßigen Erfassung nicht einschließt.

36

Insoweit ist zu betonen, dass Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorsieht, dass Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, behandelt werden, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.

37

Somit begründet diese Vorschrift die juristische Fiktion zweier gleichartiger Dienstleistungen, die nacheinander erbracht werden, wobei der Wirtschaftsteilnehmer, der bei der Erbringung einer Dienstleistung hinzutritt und Kommissionär ist, so behandelt wird, als ob er zunächst die fraglichen Dienstleistungen von dem spezialisierten Dienstleistungserbringer erhalten hätte und anschließend diese Dienstleistungen dem Wirtschaftsteilnehmer gegenüber, für dessen Rechnung er tätig geworden ist, erbringt (Urteil vom 4. Mai 2017, Kommission/Luxemburg, C-274/15, EU:C:2017:333, Rn. 86).

38

Nach alledem und in Anbetracht dessen, dass Art. 28 der Richtlinie 2006/112 zu deren Titel IV („Steuerbarer Umsatz“) gehört, ist davon auszugehen, dass dann, wenn die Erbringung von Dienstleistungen, bei der ein Wirtschaftsteilnehmer hinzutritt, der Mehrwertsteuer unterliegt, die rechtliche Beziehung zwischen diesem Wirtschaftsteilnehmer und dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er handelt, ebenfalls unter die Mehrwertsteuer fallen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2017, Kommission/Luxemburg, C-274/15, EU:C:2017:333, Rn. 87).

39

Erstens steht im Ausgangsverfahren fest, dass Amărăşti Land Investment, als sie mit steuerpflichtigen Dritten einen Vertrag zur Ausführung der für die Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister erforderlichen Schritte abschloss, im eigenen Namen handelte.

40

Was zweitens die Frage betrifft, ob Amărăşti Land Investment in diesem Rahmen für Rechnung des Verkäufers dieser Immobilien tätig wurde, ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus Rn. 31 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die Verpflichtung, die erstmalige Eintragung einer Immobilie in das Immobilienregister vorzunehmen, Ausdruck einer gesetzlichen Verpflichtung ist, die dem Verkäufer obliegt, der in diesem Register als Eigentümer dieser Immobilie angegeben sein muss.

41

Daraus folgt, dass dann, wenn der Erwerber aufgrund eines mit dem Verkäufer dieser Immobilie geschlossenen Vertrags auf eigene Kosten die Schritte, die zur erstmaligen Eintragung dieser Immobilie in das Immobilienregister und zur Angabe des Eigentümers der Immobilie in diesem Register erforderlich sind, unternimmt, um einer Letzterem obliegenden gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, diese Schritte als für Rechnung Dritter im Sinne von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie ausgeführt anzusehen sind.

42

Drittens ist, da der Wortlaut von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie keine Bedingung bezüglich einer Entgeltlichkeit der Vermittlung bei der Erbringung von Dienstleistungen vorsieht, für die Anwendung dieses Vorschrift unerheblich, dass die Kosten, die mit der erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilie in das Immobilienregister verbunden sind, dem Verkäufer vom Erwerber nicht in Rechnung gestellt wurden, so dass der Gegenwert der Tätigkeiten der katastermäßigen Erfassung nicht in den Verkaufspreis dieser Immobilie einbezogen wurde.

43

Nach alledem ist auf die erste und die dritte Frage zu antworten, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie, namentlich Art. 28, dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Vorvertrags über den Verkauf von Immobilien, die nicht im Immobilienregister eingetragen sind, der steuerpflichtige Erwerber, der, so wie er sich in dem Vorvertrag gegenüber dem Verkäufer vertraglich verpflichtet hat, die Schritte unternimmt, die zur erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister erforderlich sind, indem er Dienstleistungen in Anspruch nimmt, die von steuerpflichtigen Dritten erbracht werden, so behandelt wird, als ob er diese Dienstleistungen dem Verkäufer gegenüber selbst im Sinne dieses Art. 28 erbracht hätte, auch wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass der Kaufpreis dieser Immobilien den Gegenwert der Tätigkeiten der katastermäßigen Erfassung nicht einschließt.

Zur zweiten Frage

44

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Mehrwertsteuerrichtlinie, namentlich die Art. 167 und 168 Buchst. a, dahin auszulegen ist, dass die Kosten, die einer zur Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeiten gegründeten Gesellschaft entstanden sind, die zum Zweck der erstmaligen Eintragung der Grundstücke, die sie erwirbt, in das Immobilienregister Dienstleistungen Dritter in Anspruch nimmt, als Investitionskosten für die Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit, die sie aufzunehmen beabsichtigt, eingestuft werden können.

45

Wie sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen und dem Wortlaut der ersten Frage selbst ergibt, ist die zweite Frage offenkundig für den Fall gestellt worden, dass der steuerpflichtige Erwerber nicht so behandelt wird, als ob er die in Rede stehenden Dienstleistungen dem Verkäufer gegenüber selbst im Sinne von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie erbracht hätte.

46

Da der Gerichtshof in seiner Antwort auf die erste und die dritte Frage entschieden hat, dass ein Erwerber wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens so behandelt wird, als ob er diese Dienstleistungen dem Verkäufer gegenüber selbst im Sinne von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie erbracht hätte, braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.

Kosten

47

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegensteht, dass die an einem Umsatz, der die Übertragung des Eigentums an Immobilien zum Ziel hat, beteiligten Parteien eine Klausel vereinbaren, wonach der künftige Erwerber sämtliche oder einen Teil der Kosten der administrativen Formalitäten im Zusammenhang mit diesem Umsatz trägt, und zwar insbesondere diejenigen, die sich auf die erstmalige Eintragung dieser Immobilien in das nationale Immobilienregister beziehen. Jedoch ist das bloße Vorhandensein einer solchen Klausel in einem Vorvertrag über den Verkauf von Immobilien nicht ausschlaggebend für Klärung der Frage, ob der künftige Erwerber zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt ist, die auf die Kosten der erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das nationale Immobilienregister entfällt.

 

2.

Die Richtlinie 2006/112, namentlich Art. 28, ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Vorvertrags über den Verkauf von Immobilien, die nicht im nationalen Immobilienregister eingetragen sind, der steuerpflichtige künftige Erwerber, der, so wie er sich in dem Vorvertrag gegenüber dem künftigen Verkäufer vertraglich verpflichtet hat, die Schritte unternimmt, die zur erstmaligen Eintragung der betreffenden Immobilien in das Immobilienregister erforderlich sind, indem er Dienstleistungen in Anspruch nimmt, die von steuerpflichtigen Dritten erbracht werden, so behandelt wird, als ob er diese Dienstleistungen dem künftigen Verkäufer gegenüber selbst im Sinne dieses Art. 28 erbracht hätte, auch wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass der Kaufpreis dieser Immobilien den Gegenwert der Tätigkeiten der katastermäßigen Erfassung nicht einschließt.

 

Unterschriften.


( *1 ) Verfahrenssprache: Rumänisch.