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Rechtssache C-491/04

Dollond & Aitchison Ltd

gegen

Commissioners of Customs & Excise

(Vorabentscheidungsersuchen des VAT and Duties Tribunal, Manchester)

„Zollkodex der Gemeinschaften – Zollwert – Einfuhrzölle – Lieferung von Waren durch ein Unternehmen mit Sitz auf Jersey und Erbringung von Dienstleistungen im Vereinigten Königreich“

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 23. Februar 2006 

Leitsätze des Urteils

1.     Steuerrecht – Harmonisierung – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Besteuerungsgrundlage – Einfuhr von Gegenständen

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Artikel 29; Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 2 Absatz 2 und 11 Teil B Absatz 1)

2.     Gemeinsamer Zolltarif – Zollwert – Transaktionswert – Ermittlung

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Artikel 29)

1.     Da die Insel Jersey zwar Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft ist, aber für die Zwecke der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ein Drittlandsgebiet darstellt, stellt die Lieferung einer Ware durch ein Unternehmen mit Sitz auf Jersey an einen Kunden mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich eine Einfuhr im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dar. Die Besteuerungsgrundlage wird daher von Artikel 11 Teil B Absatz 1 dieser Richtlinie als „der Wert, der [nach Artikel 29 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften] als Zollwert bestimmt ist“, definiert.

Wenn es um einen mehrere Bestandteile umfassenden Umsatz geht, können die sich aus der Rechtsprechung ergebenden Grundsätze hinsichtlich des Umfangs eines solchen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatzes innerhalb eines Mitgliedstaats nicht herangezogen werden, um zu ermitteln, welche Teile der Transaktion für die Zwecke der Anwendung von Artikel 29 des Zollkodex zu berücksichtigen sind.

(vgl. Randnrn. 17, 22, Tenor 2)

2.     Artikel 29 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass die Zahlung für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen, wie Kontaktlinsenberatung, Kontaktlinsenuntersuchung und auf Kontaktlinsen bezogene Nachsorgemaßnahmen, und für die Lieferung von Waren, die aus diesen Kontaktlinsen, den Reinigungslösungen und den Reinigungsbehältern bestehen, insgesamt den „Transaktionswert“ im Sinne des genannten Artikels 29 bildet und folglich steuerpflichtig ist, soweit es sich um ein Gesamtangebot zu einem einheitlichen Preis handelt.

(vgl. Randnrn. 34-35, Tenor 1)




URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)

23. Februar 2006(*)

„Zollkodex der Gemeinschaften – Zollwert – Einfuhrzölle – Lieferung von Waren durch ein Unternehmen mit Sitz auf Jersey und Erbringung von Dienstleistungen im Vereinigten Königreich“

In der Rechtssache C-491/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom VAT and Duties Tribunal, Manchester (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 24. November 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 29. November 2004, in dem Verfahren

Dollond & Aitchison Ltd

gegen

Commissioners of Customs & Excise

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter R. Schintgen, P. Kūris (Berichterstatter), G. Arestis und J. Klučka,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen:

–       der Dollond & Aitchison Ltd, vertreten durch K. Parker, QC, im Auftrag der Kanzlei KPMG, Solicitors,

–       der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von M. Hall, QC,

–       der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,

–       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 29 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1; im Folgenden: ZK).

2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Dollond & Aitchison Ltd (im Folgenden: Klägerin) und den Commissioners of Customs & Excise (im Folgenden: Commissioners) über den Zollwert von Kontaktlinsen, die auf dem Postweg von der Insel Jersey (Kanalinseln) in das Vereinigte Königreich versandt werden, wo sie mit Dienstleistungen in Gestalt von Untersuchungen, Beratung und Pflege verbunden werden.

 Rechtlicher Rahmen

3       In Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 (ABl. L 384, S. 47) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) wird der Anwendungsbereich dieser Richtlinie wie folgt definiert:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1.      Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

2.      die Einfuhr von Gegenständen.“

4       Artikel 3 dieser Richtlinie legt ihren territorialen Anwendungsbereich fest. Nach Artikel 3 Absatz 2 „ist unter ‚Inland‘ der Anwendungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen, wie er in Artikel 227 [nunmehr nach Änderung Artikel 299 EG] für jeden Mitgliedstaat definiert ist“.

5       Artikel 299 Absatz 6 Buchstabe c EG bestimmt, dass „[d]ieser Vertrag … auf die Kanalinseln … nur insoweit Anwendung [findet], als dies erforderlich ist, um die Anwendung der Regelung sicherzustellen, die in dem am 22. Januar 1972 unterzeichneten Vertrag über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäischen Atomgemeinschaft für diese Inseln vorgesehen ist“.

6       Artikel 1 Absatz 1 des Protokolls Nr. 3 im Anhang der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und die Anpassungen der Verträge (ABl. 1972, L 73, S. 14) bestimmt, dass „[d]ie Gemeinschaftsregelung für Zölle und mengenmäßige Beschränkungen, insbesondere die Regelung der Beitrittsakte, … auf die Kanalinseln … in gleicher Weise wie auf das Vereinigte Königreich Anwendung [findet] …“.

7       Nach Artikel 11 Absatz 1 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ist Besteuerungsgrundlage „der Wert, der durch die geltenden Gemeinschaftsvorschriften als Zollwert bestimmt ist“.

8       Der genannte Zollwert bestimmt sich nach Artikel 29 ZK, der Folgendes vorsieht:

„(1) Der Zollwert eingeführter Waren ist der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 …

(3)      a)     er tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis ist die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind. …“

9       Wenn sich der Zollwert nicht nach Artikel 29 ZK bestimmen lässt, ist auf Artikel 30 Absatz 2 ZK zurückzugreifen:

„Der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert ist einer der folgenden Werte:

a)      der Transaktionswert gleicher Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

b)      der Transaktionswert gleichartiger Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd zu demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

c)      der Wert auf der Grundlage des Preises je Einheit, zu dem die eingeführten Waren oder eingeführte gleiche oder gleichartige Waren in der größten Menge insgesamt in der Gemeinschaft an Personen verkauft werden, die mit den Verkäufern nicht verbunden sind;

d)      der errechnete Wert, bestehend aus der Summe folgender Elemente:

–       Kosten oder Wert des Materials, der Herstellung sowie sonstiger Be- oder Verarbeitungen, die bei der Erzeugung der eingeführten Waren anfallen;

–       Betrag für Gewinn und Gemeinkosten, der dem Betrag entspricht, der üblicherweise von Herstellern im Ausfuhrland bei Verkäufen von Waren der gleichen Art oder Beschaffenheit wie die zu bewertenden Waren zur Ausfuhr in die Gemeinschaft angesetzt wird;

–       Kosten oder Wert aller anderen Aufwendungen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe e).“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

10     Die Klägerin ist ein Augenoptikerunternehmen, das über Filialen im ganzen Vereinigten Königreich verfügt. Bis 1998 betrieb sie ein Programm, bei dem sich die Kunden ihre Wegwerfkontaktlinsen alle drei Monate bei einer örtlichen Filiale besorgten. Die Kunden hatten Anspruch auf bestimmte fachliche Dienstleistungen und mussten sich einer jährlichen Augenkontrolle unterziehen. Die Steuerbehörden vertraten die Auffassung, dass dieses Programm zwei verschiedene Bestandteile enthalte, nämlich eine zum Normalsatz der Mehrwertsteuer zu versteuernde Warenlieferung und eine von der Mehrwertsteuer befreite Dienstleistung.

11     Im Laufe des Jahres 1998 entwickelte sich das Programm in dem Sinne weiter, dass eine Gesellschaft, die nicht mit der Klägerin verbunden war, die Linsen, die Lösungen und die Reinigungsbehälter von Schottland aus versandte. Die Klägerin änderte ihre Berechnungsweise für die Mehrwertsteuer nicht, während die Steuerbehörden die Auffassung vertraten, dass die Lieferung von Kontaktlinsen infolge einer Änderung der Rechtsprechung in der Rechtssache Leightons Ltd/CEC eine gemischte Lieferung von Waren und Dienstleistungen darstelle, die alle Arten fachlicher Dienstleistungen einschließlich der Vornahme von Messungen und der Anpassung der Linsen umfasse.

12     Zum Juli 1999 verlegte das Unternehmen sein Lagergeschäft nach Jersey, um von preiswerteren Postdiensten zu profitieren.

13     Dollond & Aitchison Lenses Direct Ltd (im Folgenden: DALD), ein nach dem Recht von Jersey gegründetes Unternehmen derselben Gruppe, lieferte vom 1. Juli 1999 bis zum 30. Juni 2001 auf dem Postweg und in Form eines Abonnements Wegwerfkontaktlinsen von Jersey aus in das Vereinigte Königreich. Die Abonnenten zahlten eine monatliche Pauschale, für die sie als Gegenleistung in regelmäßigen Abständen Wegwerflinsen sowie die für deren Pflege erforderlichen Lösungen und Reinigungsbehälter erhielten. Der Preis umfasste außer einer Kontaktlinsenerstberatung oder -untersuchung mindestens einmal im Jahr eine Kontaktlinsenüberprüfung und alle anderen Nachsorgeleistungen in Bezug auf den Gebrauch der Kontaktlinsen.

14     Die Commissioners vertraten in einer Entscheidung vom 18. Oktober 1999 die Auffassung, dass DALD, die Kontaktlinsen von Jersey aus an Kunden im Vereinigten Königreich liefere, bloße Warenlieferungen und keine Lieferung von Waren und Dienstleistungen vorgenommen habe. In einer zweiten Entscheidung vom 6. September 2001 nahmen sie an, dass der tatsächliche Wert einer Sendung alle als Bedingung für das Kaufgeschäft geschuldeten Beträge, d. h. den gesamten Preis, umfasse.

15     Die Klägerin erhob gegen diese beiden Entscheidungen Klage.

16     Das VAT and Duties Tribunal Manchester hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist der Teil der Zahlung, die von einem Kunden an DALD für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen durch die Klägerin oder durch deren Franchisenehmer entrichtet wird, in die vollständige Zahlung für bestimmte Waren in der Weise einzubeziehen, dass er Teil des für die angegebenen Waren gezahlten oder zu zahlenden Preises im Sinne von Artikel 29 ZK ist, wenn der Kunde ein privater Verbraucher und Einführer ist, für den DALD die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr entrichtet?

Die angegebenen Waren sind:

i)      Kontaktlinsen;

ii)      Reinigungslösungen;

iii)      Reinigungsbehälter.

Die angegebenen Dienstleistungen sind:

iv)      eine Kontaktlinsenuntersuchung;

v)      eine Kontaktlinsenberatung;

vi)      die von einem Kunden beanspruchte laufende Nachsorge.

2.      Wenn Frage 1 zu verneinen ist, kann die Höhe der Zahlung für die angegebenen Waren dann dennoch nach Artikel 29 ZK berechnet werden, oder ist es erforderlich, diese Berechnung nach Artikel 30 ZK vorzunehmen?

3.      Gilt in Anbetracht der Tatsache, dass die Kanalinseln Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft sind, nicht aber Teil des Mehrwertsteuergebiets im Sinne der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, irgendeine der im Urteil des Gerichtshofes vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-349/96 (CPP, Slg. 1999, I-973) aufgestellten Leitlinien dafür, wie zu ermitteln ist, welcher Teil oder welche Teile der Transaktion, die die Erbringung bestimmter Dienstleistungen und die Lieferung bestimmter Waren umfasst, für die Zwecke der Anwendung des Zolltarifs der Europäischen Gemeinschaften zu berücksichtigen ist bzw. sind?

 Zu den Vorlagefragen

17     Einleitend ist daran zu erinnern, dass die Insel Jersey zwar Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft ist, aber für die Zwecke der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ein Drittlandsgebiet darstellt. Folglich stellt die Lieferung einer Ware durch ein Unternehmen mit Sitz auf Jersey an einen Kunden mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich eine Einfuhr im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dar. Die Besteuerungsgrundlage wird daher von Artikel 11 Teil B Absatz 1 dieser Richtlinie als „der Wert, der [nach Artikel 29 ZK] als Zollwert bestimmt ist“, definiert.

18     Folglich sind die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen unter dem Blickwinkel der letztgenannten Vorschrift zu prüfen.

19     Die Prüfung der Fragen hat mit der dritten zu beginnen, deren Beantwortung Voraussetzung der Prüfung der ersten Frage ist.

 Zur dritten Frage

20     Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die im Urteil CPP genannten Grundsätze dafür maßgeblich sind, wie zu ermitteln ist, welche Teile der Transaktion für die Zwecke der Anwendung des Artikels 29 ZK zu berücksichtigen sind.

21     Aus den in Randnummer 17 des vorliegenden Urteils genannten Gründen und in Übereinstimmung mit dem Vorbringen sowohl der Kommission der Europäischen Gemeinschaften als auch der Regierung des Vereinigten Königreichs kann das Urteil CPP, insbesondere seine Randnummer 27, in der es um den Umfang eines mehrwertsteuerpflichtigen Umsatzes innerhalb eines Mitgliedstaats geht, im vorliegenden Fall nicht als Leitlinie für die Anwendung des Artikels 29 ZK dienen.

22     Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass die im Urteil CPP genannten Grundsätze im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden können, um zu ermitteln, welche Teile der Transaktion für die Zwecke der Anwendung von Artikel 29 ZK zu berücksichtigen sind.

 Zur ersten Frage

23     Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Zahlung, die ein Kunde für bestimmte Dienstleistungen, wie eine Kontaktlinsenuntersuchung, eine Kontaktlinsenberatung oder auf Kontaktlinsen bezogene Nachsorgeleistungen, entrichtet, zu der vollständigen Zahlung für die angegebenen Waren, zu denen Kontaktlinsen, Reinigungslösungen und Reinigungsbehälter gehören, hinzuzurechnen ist, so dass sie zusammen den Transaktionswert im Sinne von Artikel 29 ZK bilden.

24     Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Teil der Zahlung, die ein Kunde für bestimmte Dienstleistungen entrichte, in die vollständige Zahlung für die angegebenen Waren nicht in der Weise einzubeziehen sei, dass er Teil des Transaktionswerts im Sinne von Artikel 29 ZK sei. Trotzdem könne der auf die angegebenen Waren entfallende Teilbetrag der Zahlung nach Artikel 29 ZK, ohne dass ein Rückgriff auf Artikel 30 ZK erforderlich wäre, berechnet werden.

25     Die deutsche und die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission sind der Auffassung, dass der Zollwert der angegebenen Waren unter Einschluss des Wertes der genannten Dienstleistungen berechnet werden müsse.

26     Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ist bei der Wertermittlung zur Bestimmung des Begriffes „Transaktionswert“ von den Bedingungen auszugehen, zu denen das jeweilige Kaufgeschäft durchgeführt worden ist (vgl. Urteil vom 4. Februar 1986 in der Rechtssache 65/85, Van Houten, Slg. 1986, 447, Randnr. 13).

27     Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt, dass Software zwar keine Ware, sondern ein immaterielles Wirtschaftsgut sei, das nicht dem Gemeinsamen Zolltarif unterliege, dass aber die Kosten für ihren Erwerb als Bestandteil des für die Ware gezahlten oder zu zahlenden Preises anzusehen seien, wenn sie darin verkörpert sei (vgl. Urteil vom 18. April 1991 in der Rechtssache C-79/89, Brown Boveri, Slg. 1991, I-1853, Randnr. 21).

28     Ferner hat der Gerichtshof, aufgrund der Feststellung, dass nach der Einfuhr durchgeführte Analysen eine zur vertragsgemäßen Lieferung der Ware erforderliche Maßnahme darstellten, entschieden, dass die Kosten dieser Analysen, die der Importeur dem Käufer zusätzlich zum Preis der Waren in Rechnung stellt, als Bestandteil des „Transaktionswerts“ der Waren anzusehen sind (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2000 in der Rechtssache C-15/99, Sommer, Slg. 2000, I-8989, Randnrn. 24 und 27).

29     In seinem Urteil vom 5. Dezember 2002 in der Rechtssache C-379/00 (Overland Footwear, Slg. 2002, I-11133, Randnr. 17) schließlich hat der Gerichtshof entschieden, dass die Artikel 29, 32 und 33 ZK dahin auszulegen sind, dass eine Einkaufsprovision, die im angemeldeten Zollwert enthalten und in der Einfuhrzollanmeldung nicht getrennt vom Kaufpreis der Waren ausgewiesen ist, als Bestandteil des Transaktionswerts im Sinne des Artikels 29 ZK anzusehen und damit abgabenpflichtig ist.

30     Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die im Vereinigten Königreich erbrachten Dienstleistungen im Preis der von der Insel Jersey aus versandten Waren enthalten sind, so dass diese beiden Bestandteile zusammen den Transaktionswert im Sinne von Artikel 29 ZK bilden.

31     Hierbei hat der Umstand, dass einer der beiden Vorgänge innerhalb und der andere außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft erfolgt, keinen Einfluss auf die Bestimmung des Transaktionswerts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 1991 in der Rechtssache C-116/89, BayWa, Slg. 1991, I-1095, Randnr. 15).

32     Aus den Akten geht zunächst hervor, dass das Angebot „Contact Lenses by Post“ außer der Lieferung von Wegwerflinsen und Lösungen von der Insel Jersey direkt an den Wohnsitz der Interessenten bestimmte Dienstleistungen umfasst, nämlich eine Kontaktlinsenerstberatung und anschließend die Abgabe und Anpassung von Kontaktlinsen sowie gegebenenfalls Nachsorgeleistungen auf Anfrage des Kunden. Alle Dienstleistungen werden von der Klägerin oder ihren Franchisenehmern erbracht. Außerdem leistet der Kunde der DALD eine monatliche Vorauszahlung im Lastschriftverfahren, bei der die Beratungen und anderen Dienstleistungen nicht von den Waren gesondert ausgewiesen werden, sind im Vertrag keine zusätzlichen Optionen vorgesehen und ist, laut der Regierung des Vereinigten Königreichs, die Erbringung der streitigen Dienstleistungen im nationalen Recht vorgeschrieben und damit eine Bedingung für das Kaufgeschäft.

33     Weiter werden die Dienstleistungen laut Klägerin getrennt in Rechnung gestellt, wenn der Kunde das oben beschriebene Angebot „Contact Lenses by Post“ nicht wahrnimmt.

34     Folglich ist festzustellen, dass es sich um ein Gesamtangebot zu einem einheitlichen Preis handelt. Die Dienstleistungen sind daher im Sinne von Artikel 29 ZK enthalten in den „Zahlungen …, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer … zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind“, und somit Bestandteil des Zollwerts.

35     Auf die Vorlagefrage ist daher zu antworten, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die Zahlung für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen, wie Kontaktlinsenberatung, Kontaktlinsenuntersuchung und auf Kontaktlinsen bezogene Nachsorgeleistungen, und für die Lieferung von Waren, die aus diesen Kontaktlinsen, den Reinigungslösungen und den Reinigungsbehältern bestehen, insgesamt den „Transaktionswert“ im Sinne von Artikel 29 ZK bildet und folglich steuerpflichtig ist.

 Zur zweiten Frage

36     In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.

 Kosten

37     Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Artikel 29 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die Zahlung für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen, wie Kontaktlinsenberatung, Kontaktlinsenuntersuchung und auf Kontaktlinsen bezogene Nachsorgemaßnahmen, und für die Lieferung von Waren, die aus diesen Kontaktlinsen, den Reinigungslösungen und den Reinigungsbehältern bestehen, insgesamt den „Transaktionswert“ im Sinne des genannten Artikels 29 bildet und folglich steuerpflichtig ist.

2.      Die im Urteil vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-349/96 (CPP) genannten Grundsätze können im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden, um zu ermitteln, welche Teile der Transaktion für die Zwecke der Anwendung des genannten Artikels 29 zu berücksichtigen sind.

Unterschriften.


* Verfahrenssprache: Englisch.