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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61993C0415

Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 20/09/1995. - Union royale belge des sociétés de football association ASBL gegen Jean-Marc Bosman, Royal club liégeois SA gegen Jean-Marc Bosman und andere und Union des associations européennes de football (UEFA) gegen Jean-Marc Bosman. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour d'appel de Liège - Belgien. - Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Für Unternehmen geltende Wettbewerbsregeln - Berufsfußballspieler - Sportregelungen über den Spielertransfer, nach denen der neue Verein zur Zahlung von Entschädigungen an den bisherigen Verein verpflichtet ist - Beschränkung der Anzahl von Spielern mit der Staatsangehörigkeit anderen Mitgliedstaaten, die im Wettkampf aufgestellt werden dürfen. - Rechtssache C-415/93.

Sammlung der Rechtsprechung 1995 Seite I-04921


Schlußanträge des Generalanwalts


A - Einführung

I - Problemstellung

1 Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen der Cour d'appel Lüttich wirft zwei Fragen auf, welche die Vereinbarkeit bestimmter für den Fußballsport geltender Regeln mit dem Gemeinschaftsrecht betreffen. Dabei geht es zum einen um jene Regeln, die es einem Fußballverein erlauben, in dem Fall, daß einer der bei ihm unter Vertrag stehenden Spieler nach Ablauf dieses Vertrages zu einem anderen Verein wechselt, von diesem Verein die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages (der sogenannten "Ablösesumme") zu verlangen. Zum anderen bezieht sich das Vorlageersuchen auf diejenigen Regelungen, die den Zugang ausländischer Fußballspieler zu den jeweiligen Wettbewerben beschränken (die sogenannten "Ausländerklauseln").

2 Im folgenden werde ich zunächst den dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt und die Regelungen, um deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht es hier geht, darstellen. Da sich der Sachverhalt des vor der Cour d'appel Lüttich anhängigen Verfahrens nur vor dem Hintergrund dieser Regeln verstehen läßt, ist sinnvollerweise mit der Betrachtung dieser Regeln zu beginnen.

II - Organisation des Fußballsports

3 Die Regeln, die hier zu erörtern sind, wurden von privaten Verbänden erlassen. Wie noch zu zeigen sein wird, hat der nationale Gesetzgeber bislang nur in wenigen Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen, die für den vorliegenden Bereich von Bedeutung sind. Da die Regeln dieser Verbände ineinandergreifen und mehr oder weniger aufeinander abgestimmt sind, ist es zu ihrem Verständnis erforderlich, sich zunächst die Organisation des Fußballsports zu vergegenwärtigen.

4 Der organisierte Fußballsport wird in Vereinen betrieben, die in Verbänden zusammengeschlossen sind. In jedem Mitgliedstaat gibt es in der Regel einen einzigen Verband, der den Spielbetrieb auf nationaler Ebene organisiert. In Belgien ist dies die ASBL Union royale belge des sociétés de football association (im folgenden "URBSFA" genannt). Eine Ausnahme stellt das Vereinigte Königreich dar, wo es aus historischen Gründen jeweils einen eigenen Verband für England, Wales, Schottland und Nordirland gibt.

5 Diese Verbände sind weltweit in der Fédération internationale de football association ("FIFA") zusammengeschlossen, die ihren Sitz in Zürich in der Schweiz hat(1). Innerhalb der FIFA gibt es mehrere Vereinigungen, welche die Verbände eines bestimmten Erdteils umfassen. Zu diesen gehört die Union des associations européennes de football ("UEFA"), in der die europäischen Fußballverbände zusammengeschlossen sind. Zur UEFA gehören neben den 18 Verbänden aus den Mitgliedstaaten der EG eine Vielzahl weiterer Verbände aus europäischen Staaten. Insgesamt hat die UEFA derzeit etwa 50 Mitglieder. Die UEFA hat unter anderem die Aufgabe, die Fußball-Europameisterschaft für Nationalmannschaften und den Europapokal der Landesmeister, den Europapokal der Pokalsieger sowie den UEFA-Pokal für Klubmannschaften zu organisieren(2). Auch die UEFA hat ihren Sitz in der Schweiz(3).

III - Transferregeln

1. Belgien

6 Nach der Verbandssatzung der URBSFA von 1982 sind dreierlei Verhältnisse zu unterscheiden: die Verbandszugehörigkeit ("affiliation")(4) des Spielers, seine Vereinszugehörigkeit ("affectation")(5) sowie die Spielberechtigung ("qualification"). Nur ein spielberechtigter Spieler darf an den vom Verband organisierten Spielen teilnehmen. Die Spielberechtigung setzt voraus, daß der Spieler dem belgischen Verband sowie einem belgischen Verein angehört. Der Transfer wird als Vorgang definiert, durch den ein zum Verband gehöriger Spieler seine Vereinszugehörigkeit wechselt(6). Diese Begriffsbestimmung erfaßt daher an sich nur die Fälle eines Vereinswechsels innerhalb Belgiens, da bei einem Wechsel ins Ausland oder aus dem Ausland nach Belgien sich auch die Verbandszugehörigkeit des Spielers ändert. Im Falle eines zeitweiligen Transfers gehört der Spieler weiter zu seinem bisherigen Verein, erhält jedoch eine Spielberechtigung für den neuen Verein.

7 Die Verbandssatzung unterscheidet zwischen drei Arten von Transfers, dem sogenannten "Zwangstransfer" ("transfert imposé"), dem sogenannten "freien" Transfer ("transfert libre") und dem Transfer auf dem Verwaltungswege ("transfert administratif")(7). Im Falle eines "transfert imposé" ist die Zustimmung des Spielers und seines neuen Vereins, nicht aber die seines bisherigen Vereins erforderlich. Ein "transfert libre" erfordert ein Einverständnis zwischen dem Spieler und den beiden beteiligten Vereinen. Der "transfert administratif" ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung(8).

8 Die URBSFA-Verbandssatzung unterscheidet zwischen dem Vereinswechsel eines Amateurs einerseits und demjenigen eines Berufsspielers und eines Nichtamateurspielers(9) andererseits. Die Transferregelung für Amateure braucht hier nicht näher erläutert zu werden. Für das Verständnis des Nachfolgenden ist jedoch wichtig, daß ein Amateur im Wege des Zwangstransfers seinen Verein wechseln kann, wobei der neue Verein eine Ablösesumme von höchstens 1 000 000 BFR zu entrichten hat(10).

9 Die Transferregelung für Berufs- und Nichtamateurspieler läßt sich wie folgt beschreiben: Die Vereine schließen mit diesen Spielern Verträge, in denen insbesondere eine Vergütung und Mindestprämien vorgesehen sind. Die Bedingungen dieser Verträge werden ausgehandelt, doch schreibt die Verbandssatzung bestimmte Mindestbeträge vor, so etwa für einen Berufsspieler einen monatlichen Festbetrag von mindestens 30 000 BFR(11). Alle diese Verträge, die eine Laufzeit von einem Jahr bis zu höchstens fünf Jahren haben können(12), müssen an einem 30. Juni enden(13). Vor Ablauf des Vertrages - und zwar spätestens am 26. April des betreffenden Jahres - muß der Verein dem Spieler einen neuen Vertrag anbieten. Andernfalls wird der betreffende Spieler für die Zwecke der Transferregelung vom 1. Mai an als Amateurspieler angesehen(14).

Der Spieler ist frei, dieses Angebot abzulehnen. Tut er dies, wird sein Name in eine Transferliste aufgenommen, die der URBSFA bis spätestens 30. April zu übermitteln ist(15). Für die Spieler, deren Name in diese Liste aufgenommen wurde, ist zwischen dem 1. Mai und dem 31. Mai ein Zwangstransfer zulässig. Das bedeutet, daß ein Transfer auch ohne die Zustimmung des bisherigen Vereins zustande kommt, wenn der neue Verein die vorgesehene Ablösesumme an den bisherigen Verein zahlt. Die Höhe dieser Ablösesumme, die von der URBSFA-Verbandssatzung von 1982 als Ausbildungsentschädigung ("indemnité de formation") bezeichnet wird, errechnet sich, indem das jährliche Bruttoeinkommen des Spielers mit einem vom Alter des Spielers abhängigen Faktor zwischen 14 und 2 (für Berufsspieler) beziehungsweise zwischen 16 und 4 (für Nichtamateurspieler) multipliziert wird(16). Für einen Berufsspieler zwischen 25 und 26 Jahren zum Beispiel beträgt die Ablösesumme das Zehnfache des Bruttoeinkommens.

Vom 1. bis zum 25. Juni folgt die Periode der freien Transfers(17). Die Ablösesumme wird dabei frei ausgehandelt. Ein Vereinswechsel kann allerdings nur erfolgen, wenn sich der bisherige und der neue Verein über die Höhe dieser Ablösesumme geeinigt haben(18). Wird die Summe nicht gezahlt, drohen dem Verein Sanktionen von seiten des Verbandes(19).

Kommt es nicht zu einem Transfer, so muß der Verein, zu dem der Spieler gehört, diesem einen neuen Vertrag für eine Spielzeit zu den gleichen Bedingungen anbieten, wie sie im April angeboten wurden. Lehnt der Spieler dieses Angebot ab, kann der Verein bis zum 1. August Maßnahmen ergreifen, um ihn zu sperren. Tut er dies nicht, wird der Spieler automatisch reamateurisiert(20). Kommt es im Falle einer Sperre auch in der Folgezeit nicht zum Abschluß eines neuen Vertrages oder zu einem Transfer, kann der Spieler sich nach zwei Spielzeiten, während deren er nicht spielen durfte, als Amateurspieler transferieren lassen(21).

10 Seit dem 1. Januar 1993 wendet die URBSFA ein neues Transfersystem an. Da dieses neue System allerdings der soeben geschilderten Regelung sehr ähnlich ist, sollen hier nur einige Unterschiede hervorgehoben werden. In der neuen Regelung wird die Vertragsfreiheit des Spielers hervorgehoben, aber zugleich betont, daß der neue Verein an den bisherigen Verein eine Ablösesumme zu entrichten hat:

"Sans préjudice de la liberté contractuelle du joueur, le club acquéreur est tenu de verser une indemnité au dernier club d'affectation (Art. IV/61.4)"(22)

In der in dieser Vorschrift zitierten Bestimmung wird die Ablösesumme als eine Zahlung definiert, die dem Ersatz der Kosten für die Ausbildung und Förderung des Spielers sowie dem Ausgleich für das Können und die Kosten der Ersetzung dieses Spielers dienen soll ("une indemnité compensant la formation, la promotion, le savoir-faire et le remplacement").

Wie in der früheren Regelung berechnet sich die Ablösesumme im Falle eines Zwangstransfers, indem man das Bruttoeinkommen des Spielers mit einem bestimmten, vom Alter des Spielers abhängigen Faktor multipliziert(23). Die Werte haben sich allerdings leicht verändert. So beträgt zum Beispiel die Ablösesumme für einen Berufsspieler zwischen 25 und 27 Jahren in der ersten Liga nunmehr das Achtfache seines Bruttoeinkommens.

11 Die URBSFA-Verbandssatzung 1993 enthält auch Vorschriften für den Fall, daß ein Spieler, der bislang einem ausländischen Verband angehörte, zu einem belgischen Klub wechselt. Insoweit wird auf die entsprechende Regelung der FIFA verwiesen(24). Dem betreffenden Spieler kann die Spielberechtigung für einen belgischen Klub erst erteilt werden, wenn die URBSFA im Besitz einer internationalen Transferbescheinigung ist, die von demjenigen Verband ausgestellt wurde, den der Spieler verlassen möchte. Der Verband kann von der FIFA, die auch selbst eine entsprechende Bescheinigung erteilen kann, zur Ausstellung dieser Bescheinigung angewiesen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die URBSFA selbst eine provisorische Bescheinigung erstellen(25).

2. UEFA-Regeln

12 Die Transferregeln der UEFA, die in dem Zeitraum galten, in dem sich die Ereignisse zutrugen, die dem Ausgangsverfahren vor der Cour d'appel Lüttich zugrunde liegen, sind in einem Dokument mit dem Titel "Grundsätze einer Zusammenarbeit zwischen den UEFA-Mitgliedsverbänden und ihren Vereinen" (im folgenden "UEFA-Transferreglement 1990" genannt) enthalten, das vom Exekutivkomitee der UEFA am 24. Mai 1990 verabschiedet wurde und seiner Schlußbestimmung zufolge am 1. Juli 1990 in Kraft treten sollte.

13 Dieser Regelung zufolge ist der Spieler bei Ablauf seines Vertrages frei, mit dem Verein seiner Wahl einen neuen Vertrag zu schließen(26). Der neue Verein muß sogleich den bisherigen Verein von der Unterzeichnung des Vertrages unterrichten. Der bisherige Verein muß sofort seinen Landesverband informieren. Dieser hat dann unverzüglich die internationale Freigabebescheinigung auszustellen(27).

14 Der bisherige Verein hat jedoch gegenüber dem neuen Anspruch auf eine Förderungs- oder Ausbildungsentschädigung ("indemnité de promotion ou de formation"). Eine Ausbildungsentschädigung ist im Falle des ersten Vereinswechsels zu zahlen. Bei jedem weiteren Wechsel ist eine Förderungsentschädigung zu entrichten, welche die Fortschritte kompensieren soll, die der Verein dem Spieler ermöglicht hat(28). Im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinen setzt eine von der UEFA gebildete Expertenkommission die Höhe dieser Ablösesumme verbindlich fest(29). Dies geschieht, indem das Bruttoeinkommen des Spielers in der abgelaufenen Saison einschließlich sonstiger Leistungen mit einem bestimmten, vom Alter des Spielers abhängigen Faktor zwischen 12 und 1 multipliziert wird. Für einen Spieler zwischen 25 und 26 Jahren zum Beispiel ist das Achtfache dieses Betrages als Ablösesumme zu entrichten. Diese Ablösesumme kann allerdings den Betrag von 5 000 000 SFR nicht übersteigen(30).

15 In Artikel 16 dieser Vorschriften findet sich folgende Regelung:

"Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Vereinen mit Bezug auf die Ausbildungs- und/oder Förderungsentschädigung werden auf die sportliche Tätigkeit des Spielers keinen Einfluß ausüben. Der Spieler wird frei für den Verein spielen können, mit dem er den neuen Vertrag abgeschlossen hat."

16 Am Ende des Textes des UEFA-Transferreglements 1990 wird ausgeführt, es sei wünschenswert, daß die Grundsätze der nationalen Transferregelungen für den Spitzenfußball so bald wie möglich an die in dem vorliegenden Dokument niedergelegte Regelung angeglichen würden.

17 Die im UEFA-Transferreglement 1990 für alle Mitglieder der UEFA festgelegten Grundsätze finden sich, was das Gebiet der Gemeinschaft anlangt, weitgehend bereits in einem am 2. Mai 1988 vom Exekutivkomitee der UEFA verabschiedeten Dokument mit dem Titel "Principes de collaboration entre les clubs de différentes Associations nationales des Etats-membres de la C.E.E.".

18 Am 5. Dezember 1991 verabschiedete die UEFA eine neue Fassung der "Grundsätze einer Zusammenarbeit zwischen den UEFA-Mitgliedsverbänden und ihren Vereinen", die am 1. Juli 1992 in Kraft treten sollte (im folgenden "UEFA-Transferreglement 1992" genannt). Die Bestimmungen dieser Regelung über Transfers entsprechen weitgehend jenen des UEFA-Transferreglements 1990. Unterschiede ergeben sich allerdings hinsichtlich der Frage nach der Berechnung der Ablösesumme. Insbesondere scheint diese Regelung keinen Hoechstbetrag für den Fall des Wechsels eines Berufsspielers mehr zu enthalten(31).

19 Diese Regelung wurde ersetzt durch das von der UEFA am 16. Juni 1993 erlassene "Reglement der UEFA zur Festsetzung einer Transferentschädigung" (im folgenden "UEFA-Transferreglement 1993" genannt), das am 1. August 1993 in Kraft treten sollte. Diese Regelung stützt sich auf Artikel 16 Absatz 2 des noch zu besprechenden FIFA-Reglements betreffend Status und Transfer von Fußballspielern und bestimmt, daß der "internationale Vereinswechsel von Fußballspielern" durch dieses FIFA-Reglement geregelt wird. Die Bestimmungen des UEFA-Transferreglements 1993 regeln "ausschließlich das Verfahren und die Art der Berechnung" der "Ausbildungs- und/oder Förderungsentschädigung gemäß Art. 14 des FIFA-Reglements", und zwar nur für den Fall, daß sich die Vereine über die Höhe dieser Ablösesumme nicht einigen können(32).

Das UEFA-Transferreglement 1993 bekräftigt, daß ein Spieler nach Ablauf seines Vertrages frei ist, einen neuen Vertrag mit einem Verein seiner Wahl abzuschließen und daß die Frage nach der zu zahlenden Ablösesumme auf die sportliche Tätigkeit des Spielers keinen Einfluß ausüben soll. Der Spieler "wird frei für den Verein spielen können, mit dem er den neuen Vertrag abgeschlossen hat"(33).

Wie bereits die früheren Regelungen sieht auch das UEFA-Transferreglement 1993 vor, daß im Streitfall die Höhe der Ablösesumme durch eine Kommission festzusetzen ist, die zu diesem Zwecke das Bruttoeinkommen des Spielers mit einem vom Alter des Spielers abhängigen Faktor zwischen 12 und 0 multipliziert(34). Es scheint, daß die Bemessungsgrundlage enger gefaßt ist als in den früheren Regelungen(35).

3. FIFA-Regeln

20 Die Transferregeln der FIFA, die im Jahre 1990 galten, finden sich in einem Reglement, das am 14. und 15. November 1953 verabschiedet und zuletzt am 29. Mai 1986 geändert wurde (im folgenden "FIFA-Reglement 1986" genannt).

21 Dieses Reglement sieht vor, daß der jeweilige Landesverband über Status und Spielberechtigung seiner Spieler entscheiden soll und diese Entscheidungen von den übrigen Verbänden und der FIFA selbst anzuerkennen sind(36).

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 dieses Reglements kann ein Berufsspieler seinen Landesverband nicht verlassen, solange er durch seinen Vertrag und die Reglements seines Klubs, seiner Liga oder seines Landesverbandes - so streng diese auch sein mögen - gebunden ist. Ein Transfer setzt daher voraus, daß der bisherige Landesverband eine Freigabebescheinigung erteilt. Darin bestätigt der bisherige Landesverband, daß alle Verpflichtungen finanzieller Natur einschließlich einer eventuellen Transfersumme geregelt sind(37). Kein Landesverband kann einem Spieler die Spielberechtigung erteilen, bevor er im Besitz einer solchen Bescheinigung ist(38).

22 Auch die FIFA hat unterdessen ihre Transferregeln geändert. Das neue Reglement wurde von der FIFA im April 1991 angenommen und im Dezember 1991 sowie im Dezember 1993 revidiert. Im Vorliegenden soll lediglich die neue, am 1. Januar 1994 in Kraft getretene Fassung (im folgenden "FIFA-Reglement 1994" genannt) betrachtet werden.

23 Das FIFA-Reglement 1994 regelt den Status und die Spielberechtigung von Fußballspielern, die "aufgrund eines Transfers von einem Nationalverband zu einem anderen wechseln"(39). Solchen Spielern kann die Spielberechtigung für einen Verein eines anderen Verbandes nur erteilt werden, wenn dieser Verband im Besitz "eines internationalen Freigabescheins ist, der durch den abtretenden Verband ausgestellt wurde"(40). Nur der neue Verband ist berechtigt, die Ausstellung der Freigabebescheinigung zu beantragen(41). Die Ausstellung dieser Freigabebescheinigung kann nur verweigert werden, wenn der betreffende Spieler "seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinem früheren Verein nicht vollständig erfuellt hat" oder wenn zwischen dem bisherigen und dem neuen Verein "im Zusammenhang mit dem Transfer eine Streitigkeit besteht, die nicht finanzieller Natur ist"(42). Die FIFA kann die Ausstellung einer solchen Freigabebescheinigung durch einen Verband anordnen oder einen Entscheid fällen, der diese Bescheinigung ersetzt. Wenn der bisherige Verband innerhalb einer Frist von 60 Tagen seit der Stellung des Antrags des neuen Verbandes die Freigabebescheinigung nicht erteilt, kann der neue Verband selbst eine provisorische Freigabebescheinigung ausstellen(43).

24 Gemäß Artikel 14 Absatz 1 des FIFA-Reglements 1994 hat im Falle des Wechsels eines Spielers, der kein Amateurspieler ist, der bisherige Verein Anspruch auf eine "Ausbildungs- und/oder Förderungsentschädigung". Schließt ein Amateurspieler einen Vertrag mit einem neuen Verein, aufgrund dessen er seinen Status als Amateurspieler verliert, hat sein bisheriger Verein Anspruch auf eine "Ausbildungsentschädigung"(44). Können sich die beiden Vereine nicht über die Höhe der Ablösesumme einigen, ist der Streitfall der FIFA zur Entscheidung zu unterbreiten(45). Das Reglement erlaubt es jedoch Konföderationen innerhalb der FIFA(46), eigene Reglemente zur Beilegung solcher Streitigkeiten zu erlassen. In einem solchen Fall ist allein die Konföderation zuständig, über entsprechende Streitigkeiten von Vereinen zu entscheiden, die ihren Sitz im Gebiet der Konföderation haben(47). Wie bereits erwähnt, hat die UEFA von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht(48).

25 Artikel 20 Absatz 1 des FIFA-Reglements 1994 bestimmt, daß Streitigkeiten über die Höhe der Ablösesumme keinen Einfluß auf die sportliche oder berufliche Tätigkeit des Spielers haben dürfen. Weiter heißt es dort:

"Ebensowenig darf die Ausstellung des internationalen Freigabescheins aus solchen Gründen verweigert werden. Ein Spieler ist daher befugt, vom Zeitpunkt, da der Freigabeschein eingetroffen ist, für seinen neuen Verein, mit dem er einen Vertrag abgeschlossen hat, zu spielen."

26 Nach Absatz 2 der Präambel des FIFA-Reglements 1994 ist die Einhaltung der "in den Kapiteln I, II, III, VII, VIII und X festgehaltenen Prinzipien" auch auf nationaler Ebene zwingend vorgeschrieben. Nicht erwähnt wird Kapitel V, das die Überschrift "Transfers von Spielern zwischen zwei Verbänden" trägt und die Artikel 12 bis 20 umfaßt. Gemäß Absatz 3 der Präambel ist jeder Landesverband verpflichtet, sein verbandsinternes Transferwesen durch Erlaß eines Reglements zu organisieren. Dieses Reglement muß "die in Absatz 2 erwähnten zwingenden Vorschriften, die in den folgenden Artikeln aufgeführten Gundsätze sowie Bestimmungen zur Beilegung von Streitigkeiten aus Transfers innerhalb der Verbandsstrukturen" enthalten.

4. Regeln in anderen Mitgliedstaaten

27 Zur Vervollständigung des Bildes empfiehlt es sich, einen Blick auf die Transferregelungen der übrigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu werfen. Die UEFA hat auf eine schriftliche Anfrage des Gerichtshofes hin die ihren Angaben zufolge in den verschiedenen Mitgliedstaaten derzeit geltenden Regelungen vorgelegt und freundlicherweise zugleich eine Zusammenfassung angefertigt. Eine Erörterung aller dieser Regelungen ist im vorliegenden Zusammenhang weder möglich noch sinnvoll. Ich werde mich daher auf einige Mitgliedstaaten und dabei auf diejenigen Punkte beschränken, die mir bemerkenswert erscheinen. Es ist darauf hinzuweisen, daß sich die folgende Darstellung ausschließlich auf die von der UEFA vorgelegten Regelwerke stützt, die vorwiegend in der jeweiligen Landessprache abgefaßt sind. Es kann daher sein, daß sich die eine oder andere kleine Unrichtigkeit in die Darstellung eingeschlichen hat.

28 In sterreich sind die entsprechenden Regeln in dem "Regulativ für die dem ÖFB [dem Österreichischen Fußball-Bund] angehörigen Vereine und Spieler" enthalten, das seit dem 1. Juli 1994 gilt. Gemäß § 25 Absatz 3 dieses Regulativs ist der bisherige Verein im Falle eines Wechsels berechtigt, eine Transferentschädigung zu verlangen. Nach § 30 Absatz 1 des Regulativs stellt diese Transferentschädigung "ein finanzielles Äquivalent für die Verschlechterung der Wettbewerbslage des Vereines durch die Abwanderung des Spielers dar. Des weiteren beinhaltet die Transferentschädigung auch anteilige Ausbildungskosten."

Nach § 30 Absatz 4 des Regulativs haben Streitigkeiten der Vereine hinsichtlich dieser Ablösesumme "auf die Spielberechtigung des Spielers keinen Einfluß. Der Spieler ist mit der Anmeldung für den aufnehmenden Verein, entsprechend den diesbezüglichen Bestimmungen, spielberechtigt."

Für Transfers ins Ausland oder aus dem Ausland gelten nach § 32 Absatz 5 des Regulativs "die entsprechenden Reglements der FIFA bzw. der UEFA".

29 In Deutschland sind die Transferregeln hauptsächlich im Lizenzspielerstatut des Deutschen Fußballbundes (im folgenden "DFB" genannt) enthalten. Daneben ist auch die Spielordnung des DFB zu beachten. Nach § 29 Nummer 1 des Lizenzspielerstatuts muß ein Verein, der einen Spieler eines anderen Vereins unter Vertrag nimmt, eine Transferentschädigung an den bisherigen Verein zahlen. Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages darf dabei "nicht von einer bestimmten Höhe und/oder Einigung über eine Transferentschädigung abhängig gemacht werden". Interessant sind die Bestimmungen über den Wechsel von Amateuren zu Profiklubs. In der Saison 1994/95 mußte ein Klub der Bundesliga, der einen Amateurspieler eines anderen Vereins als Lizenzspieler unter Vertrag nahm, eine Ablösesumme von 100 000 DM zahlen. Ein Verein der 2. Bundesliga mußte im gleichen Zeitraum 45 000 DM für denselben Spieler zahlen. Diese Ablösesumme ist unter den Vereinen aufzuteilen, bei denen der betreffende Spieler innerhalb der letzten sieben Jahre vor dem Wechsel spielberechtigt war(49).

Bei einem Wechsel ins Ausland hat der bisherige Verein Anspruch auf eine "Ausbildungs- und Förderungsentschädigung"(50). Für den Wechsel zu anderen Verbänden innerhalb der Gemeinschaft "gilt die Regelung der UEFA für die Zahlung einer Ausbildungs- und Förderungsentschädigung" in ihrer jeweils gültigen Fassung(51).

30 Für Dänemark hat die UEFA einen Mustervertrag des dänischen Fußballverbandes für Verträge mit Fußballspielern vorgelegt. Abschnitt 3 dieses Vertrages enthält die Regeln für den Transfer von Vertragsspielern. Es scheint, daß eine Ablösesumme nur zu entrichten ist, wenn der Vertragsspieler zu einem Klub der ersten dänischen Liga oder ins Ausland wechselt(52). Im Falle eines Wechsels zu einem dänischen Erstligaklub berechnet sich die Ablösesumme auf der Grundlage des Bruttoeinkommens des Spielers, das mit bestimmten Faktoren zwischen 0 und 3 multipliziert wird, die vom Alter des Spielers und seinem Einkommen abhängen. Für Spieler zwischen 25 und 27 Jahren zum Beispiel beträgt der Faktor 0,80 für die ersten 100 000 DKR des Bruttoeinkommens, 1,60 für das Bruttoeinkommen, das 100 000 DKR übersteigt, aber 200 000 DKR nicht erreicht, und 2,40 für das übrige Einkommen(53). Im Falle eines Wechsels ins Ausland berechnet sich die Ablösesumme hingegen, indem das Bruttoeinkommen des Spielers mit einem einheitlichen Faktor zwischen 12 und 1 multipliziert wird. Für einen Spieler zwischen 25 und 27 Jahren beträgt dieser Faktor 8(54).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat der Vertreter Dänemarks allerdings ausgeführt, daß ein Gesetz zur Abschaffung der Ablösesummen in Vorbereitung sei.

31 In Spanien bestimmt das Real Decreto (Königliches Dekret) Nr. 1006/1985 vom 26. Juni 1985, daß bei einem Transfer nach Maßgabe eines Tarifvertrages eine Ablösesumme ("una compensación por preparación o formación") verlangt werden kann(55). Die UEFA hat einen entsprechenden Tarifvertrag vorgelegt, der nach seinem Artikel 4 für die Zeit vom 1. Juni 1992 bis zum 30. Mai 1995 gelten sollte. Nach Artikel 18 dieses Tarifvertrages wird im Falle eines Transfers eine Ablösesumme fällig, wenn der betreffende Spieler und der festgesetzte Preis in eine Transferliste aufgenommen wurden. Berufsspieler, die 25 Jahre oder älter sind, können nicht in diese Liste aufgenommen werden. Diese Spieler können daher in Spanien(56) wechseln, ohne daß eine Ablösesumme zu zahlen wäre.

Nach Artikel 21 dieses Tarifvertrags hat der Spieler im Falle eines Transfers Anspruch auf 15 % der Ablösesumme.

32 In Frankreich finden sich die relevanten Regeln in der sogenannten "Charte du Football Professionnel". Kapitel 4 von Titel III dieses Regelwerks befaßt sich mit dem Statut des Berufsfußballspielers.

Artikel 15 Absätze 1 und 2 dieses Kapitels bestimmen:

"1. Jeder Wechsel eines Spielers von dem Klub, bei dem er seinen ersten Profivertrag unterschrieben hat, zu einem anderen Klub berechtigt den erstgenannten Verein (Ausbildungsverein), eine Ausbildungsentschädigung zu erhalten.

2. Die Ausbildungsentschädigung steht dem bisherigen Verein zu, wenn

- dieser Klub dem Spieler eine Ausbildung als $stagiaire` mit einer Dauer von wenigstens einer Saison gewährt hat,

- diese Ausbildung in einem anerkannten Fußballausbildungszentrum durchgeführt wurde."(57)

Die Höhe dieser Ausbildungsentschädigung entspricht der Grundentschädigung oder einem Teil derselben, je nach der Dauer der Ausbildung. Die Grundentschädigung entspricht grundsätzlich dem Bruttogehalt des Spielers in den beiden vergangenen Jahren. Hat die Ausbildung mehr als drei Spielzeiten gedauert, ist die volle Grundentschädigung zu zahlen; umfaßte die Ausbildung nur eine Saison, beläuft sich die Ablösesumme auf lediglich 10 % dieses Betrags(58).

Eine Ablösesumme wird daher lediglich beim ersten Transfer fällig, und auch dies nur, wenn die genannten Bedingungen erfuellt sind. Von diesen Fällen abgesehen, ist daher bei einem Wechsel innerhalb Frankreichs keine Ablösesumme zu entrichten.

33 Im Falle eines Wechsels ins Ausland wird nach Artikel 18 dieses Kapitels die gemäß Artikel 15 fällige Ablösesumme verdoppelt.

34 In Griechenland ist den Angaben der UEFA zufolge der Fußballspieler gemäß Artikel 29 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 1958 vom 5. August 1991 bei Ablauf seines bisherigen Vertrages frei, sich einem neuen Verein anzuschließen, ohne daß dabei eine Ablösesumme fällig würde. Artikel 29 Absatz 3 dieses Gesetzes erlaubt es jedoch, in dem Vertrag zwischen dem Verein und dem Fußballspieler festzulegen, daß dieser den Verein nur dann verlassen kann, wenn er eine bestimmte Summe an ihn gezahlt hat. Diese Summe muß im Vertrag genannt sein. In der Praxis ist es nach den Angaben der UEFA aber meist der neue Verein, der für diesen Betrag aufkommt.

35 In Italien gilt für den Fußballsport (und den Sport im allgemeinen) das Gesetz Nr. 91 vom 23. März 1981. Nach Artikel 6 dieses Gesetzes kann bei einem Transfer eine Ablösesumme ("indemnità di preparazione e di promozione") verlangt werden, die der Empfänger zu sportlichen Zwecken zu investieren hat. Die Einzelheiten der Berechnung werden in dem zur Ausführung dieses Gesetzes erlassenen Reglement des italienischen Fußballverbandes geregelt.

36 Schließlich sind noch die Niederlande zu erwähnen. Aus Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe a des von der UEFA vorgelegten Verbandsreglements ergibt sich, daß der niederländische Fußballverband im Falle eines Wechsels eines Spielers ins Ausland die "in Artikel 12 des FIFA-Reglements" vorgesehene Transferbescheinigung erst erteilt, wenn die Ablösesumme an den bisherigen Klub gezahlt worden ist(59).

IV - Ausländerklauseln

37 Von den sechziger Jahren an führten zahlreiche - aber nicht alle - Fußballverbände Regeln ein, welche die Möglichkeit der Verpflichtung von Spielern mit fremder Staatsangehörigkeit beschränken. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die betreffenden Regeln mitunter einen sportrechtlichen Begriff der Staatsangehörigkeit zugrunde legen, der nicht nur auf die Staatsangehörigkeit als solche abstellt, sondern auch dem Umstand, daß ein Spieler bereits eine bestimmte Zeit für einen Verband gespielt hat, Bedeutung beimißt(60).

38 Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1976 im Falle Donà(61) kam es zu Verhandlungen zwischen den europäischen Fußballverbänden und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Im Jahre 1978 verpflichtete sich die UEFA gegenüber der Kommission zur Abschaffung der Beschränkungen hinsichtlich der Zahl der ausländischen Fußballspieler, die ein Verein unter Vertrag nehmen kann, soweit es sich dabei um Staatsangehörige aus Mitgliedstaaten handelt. Zum anderen sagte die UEFA zu, die Zahl dieser Spieler, die an einem Spiel teilnehmen dürfen, auf zwei festzusetzen, wobei diese Beschränkung nicht für Spieler gilt, die seit fünf Jahren im Gebiet des betreffenden Verbands ansässig sind.

39 Nach weiteren Gesprächen mit der Kommission erließ die UEFA im Jahre 1991 die sogenannte "3 + 2"-Regel, wonach vom 1. Juli 1992 an die Zahl der ausländischen Spieler, deren Namen im Spielbericht eingetragen werden können, je Mannschaft auf nicht weniger als drei beschränkt werden kann, zuzüglich zweier Spieler, die fünf Jahre ununterbrochen, davon drei Jahre in Juniorenmannschaften, in dem betreffenden Land gespielt haben(62). Diese Regelung sollte zunächst für die Klubs der ersten Liga des jeweiligen Mitgliedstaats der Gemeinschaft gelten und bis zum Ende der Spielzeit 1996/97 auf alle Nichtamateurligen ausgedehnt werden.

40 Da es sich bei dieser Vorgabe der UEFA lediglich um eine Mindestregelung handelt, steht es den einzelnen Verbänden frei, mehr Ausländer zuzulassen. Der englische Verband zum Beispiel zählt Spieler aus Wales, Schottland, Nordirland und Irland nicht zu den Ausländern. Keine Beschränkung der Zahl der ausländischen Spieler gibt es in Schottland.

41 Die "3 + 2"-Regel gilt auch für die von der UEFA selbst veranstalteten Spiele für Klubmannschaften(63).

V - Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Verfahren vor den nationalen Gerichten

42 Herr Bosman wurde 1964 geboren und ist belgischer Staatsangehöriger. Schon in jungen Jahren schloß er sich dem belgischen Fußballverband an und begann - zunächst in den Jugendmannschaften - bei Standard Lüttich, einem belgischen Erstligaverein, zu spielen. Im Jahre 1986 unterschrieb er seinen ersten Arbeitsvertrag bei diesem Verein und wurde damit Berufsspieler. Im Mai 1988 wechselte er für eine Ablösesumme von 3 000 000 BFR von Standard Lüttich zum SA Royal Club Liégeois (im folgenden "RC Lüttich" genannt), einem Ortsrivalen, der bis zum Ablauf der vergangenen Saison ebenfalls in der ersten belgischen Liga spielte. Der am 30. Juni 1990 ablaufende Vertrag mit dem RC Lüttich sicherte Herrn Bosman ein Grundgehalt von brutto 75 000 BFR. Mit Prämien und sonstigen Zulagen belief sich Herrn Bosmans durchschnittliches Monatsgehalt auf etwa 120 000 BFR.

43 Im April 1990 schlug der RC Lüttich Herrn Bosman einen neuen Vertrag für eine Spielzeit vor, in dem das Grundgehalt auf 30 000 BFR, das heißt den in der Verbandssatzung der URBSFA vorgesehenen Mindestbetrag, herabgesetzt war. Herr Bosman weigerte sich, diesen Vertrag zu unterschreiben und wurde auf die Transferliste gesetzt. Die Höhe der Ablösesumme für einen Zwangstransfer wurde nach den einschlägigen Regeln des Verbandes auf 11 743 000 BFR festgesetzt.

44 Da kein Verein Interesse an einem Zwangstransfer bekundet hatte, trat Herr Bosman schließlich mit einem französischen Verein, der SA d'économie mixte sportive de l'union sportive du littoral de Dunkerque (im folgenden "US Dünkirchen" genannt), in Kontakt, der in der zweiten französischen Liga spielte. Dieser Verein verpflichtete Herrn Bosman durch einen am 30. Juli 1990 abgeschlossenen Vertrag, der ein Grundgehalt von umgerechnet gut 90 000 BFR im Monat vorsah. Bereits am 27. Juli 1990 hatte sich die US Dünkirchen mit dem RC Lüttich über die Modalitäten des (zeitweiligen) Transfers des Spielers geeinigt. Danach sollte der RC Lüttich den Spieler der US Dünkirchen gegen Zahlung einer mit dem Eingang der Freigabebescheinigung der URBSFA fällig werdenden Entschädigung von 1 200 000 BFR für eine Spielzeit überlassen. Zugleich wurde der US Dünkirchen eine unwiderrufliche Option auf den endgültigen Transfer des Spielers für eine Summe von (weiteren) 4 800 000 BFR eingeräumt. Beide Verträge - der zwischen Herrn Bosman und der US Dünkirchen und der zwischen dem RC Lüttich und der US Dünkirchen - standen jedoch unter der auflösenden Bedingung, daß sie wirkungslos werden sollten, falls die Freigabebescheinigung des belgischen Verbandes nicht bis zum 2. August beim französischen Fußballverband eintreffen sollte. Dem scheint die Absicht der US Dünkirchen zugrunde gelegen zu haben, Herrn Bosman bereits am 3. August 1990 bei einem wichtigen Spiel einzusetzen.

Der RC Lüttich unterließ es wegen Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit der US Dünkirchen, die Ausstellung der Freigabebescheinigung bei der URBSFA zu beantragen, so daß die beiden Verträge hinfällig wurden. Bereits am 31. Juli ließ der RC Lüttich Herrn Bosman außerdem sperren und hinderte ihn dadurch vorerst daran, in der neuen Saison zu spielen.

45 Herr Bosman wandte sich daraufhin am 8. August 1990 an das Tribunal de première instance Lüttich. Neben der Hauptsacheklage reichte er einen Antrag auf einstweilige Verfügung ein, der erstens darauf gerichtet war, den RC Lüttich und die URBSFA zu verpflichten, ihm monatlich 100 000 BFR zu zahlen, bis er einen neuen Arbeitgeber gefunden hatte, zweitens darauf, den Antragsgegnern zu untersagen, seine Anstellungsmöglichkeiten durch Forderung oder Erhebung irgendeines Betrages bei diesem Anlaß zu beeinträchtigen, und drittens darauf, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen. Das Gericht ordnete daraufhin am 9. November 1990 an, daß der RC Lüttich Herrn Bosman vorläufig einen Betrag von monatlich 30 000 BFR zu zahlen habe, erließ die beantragte Unterlassungsverfügung und legte dem Gerichtshof eine Frage nach der Vereinbarkeit des Transfersystems mit Artikel 3c und 48 EWG-Vertrag vor. Der Gerichtshof gab dieser Rechtssache die Nummer C-340/90.

46 Im Berufungsverfahren hob die Cour d'appel Lüttich diesen Beschluß des Tribunal de première instance Lüttich am 28. Mai 1991 auf, soweit darin dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde. Sie bestätigte jedoch die Verpflichtung des RC Lüttich zur Zahlung des monatlichen Betrages an Herrn Bosman und gab der URBSFA und dem RC Lüttich auf, Herrn Bosman jedem Verein zur Verfügung zu stellen, der seine Dienste in Anspruch nehmen wolle, ohne von diesem Verein eine Entschädigung zu verlangen. Der Gerichtshof strich daraufhin mit Beschluß vom 19. Juni 1991 die Rechtssache C-340/90 aus seinem Register.

47 Die einstweilige Verfügung ermöglichte es Herrn Bosman, im Oktober 1990 von dem französischen Zweitligaverein Saint-Quentin verpflichtet zu werden. Dieser Vertrag wurde jedoch nach dem Ende der ersten Spielzeit aufgelöst. Im Februar 1992 unterschrieb Herr Bosman einen neuen Vertrag mit dem Verein Saint-Denis de la Réunion, der später ebenfalls aufgelöst wurde. Nach einer längeren Suche schloß Herr Bosman am 14. Mai 1993 einen Vertrag mit dem in der dritten belgischen Liga spielenden Royal Olympic Club de Charleroi. Dem vorlegenden Gericht zufolge bestehen deutliche Hinweise, die den Verdacht begründen, daß Herr Bosman trotz des ihm durch die einstweilige Verfügung gewährten Freiraums einem Boykott von seiten aller europäischen Vereine, die ihn hätten anstellen können, ausgesetzt war.

48 In dem ebenfalls am 8. August 1990 vor dem Tribunal de première instance Lüttich anhängig gemachten Hauptsacheverfahren klagte Herr Bosman zunächst gegen den RC Lüttich auf Schadensersatz in Höhe von vorläufig 30 000 000 BFR. Diese Klage war zum einen auf die Verletzung ihrer vertraglichen Verpflichtungen durch die Beklagte und zum anderen auf die Rechtswidrigkeit des Transfersystems gestützt. Am 3. Juni 1991 trat die URBSFA dem Rechtsstreit zu dem Zwecke bei, feststellen zu lassen, daß ihre Regeln und die entsprechenden Regeln der UEFA rechtmäßig seien. Am 20. August 1991 verkündete Herr Bosman der UEFA den Streit. Zugleich erhob er eine Klage gegen die UEFA, mit der er eine Feststellung begehrte, wonach das Reglement der UEFA insoweit, als es ein Transfersystem vorsehe, das die Forderung einer Ablösesumme im Falle eines Vereinswechsels eines Spielers, dessen Vertrag abgelaufen sei, vorsehe, sowie insoweit, als es die Spieler aus anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft hinsichtlich des Zugangs zu den nationalen Wettbewerben nicht den einheimischen Spielern gleichstelle, wegen Verstoßes gegen Artikel 48, 85 und 86 EWG-Vertrag null und nichtig sei. Zugleich beantragte Herr Bosman, der UEFA aufzugeben, diese Praktiken zu beenden und die nichtigen Regelungen innerhalb von 48 Stunden zurückzuziehen. Am 5. Dezember verkündete der RC Lüttich der US Dünkirchen den Streit.

49 Am 9. April 1992 reichte Herr Bosman neue Anträge beim Tribunal de première instance Lüttich ein, in denen er neben einer Änderung der ursprünglichen Klage gegen den RC Lüttich eine separate Klage gegen die URBSFA erhob und die gegen die UEFA gerichteten Anträge entwickelte. Danach richtete sich die Klage nunmehr darauf, dem RC Lüttich, der URBSFA und der UEFA verbieten zu lassen, ihn in seiner Freiheit, einen Vertrag mit einem neuen Arbeitgeber zu schließen, zu behindern und diese Parteien einzeln oder gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 11 368 350 BFR für den Ersatz des seit dem 1. August 1990 eingetretenen Schadens, 11 743 000 BFR für den Ersatz des ihm vom Anfang seiner Karriere bis zum 9. November 1990 infolge der Anwendung des Transfersystems entstandenen Schadens und vorläufig 1 BFR für die Kosten des Verfahrens zu zahlen. Außerdem beantragte Herr Bosman, die Transferregelungen und die Ausländerklauseln der URBSFA und der UEFA für auf ihn nicht anwendbar zu erklären. Außerdem schlug Herr Bosman vor, den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zu ersuchen.

50 Zwei Verbände von Berufsspielern - die französische Union nationale des footballeurs professionnels (im folgenden "UNFP" genannt) und die niederländische Vereniging van contractspelers (im folgenden "VVCS" genannt) sind dem Rechtsstreit auf seiten von Herrn Bosman beigetreten.

51 In seinem Urteil vom 11. Juni 1992 wies das Tribunal de première instance Lüttich die Einrede der UEFA zurück, eine Klage gegen sie müsse vor den Gerichten der Schweiz erhoben werden, und erklärte sich für zuständig zur Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits. Der Beitritt der UNFP und der VVCS als Streithelfer wurde für zulässig befunden. Außerdem erklärte das Tribunal, daß alle erhobenen Klagen zulässig seien. Es stellte zugleich fest, daß der RC Lüttich rechtswidrig gehandelt hatte, als er den Wechsel von Herrn Bosman zur US Dünkirchen scheitern ließ, und daß er den entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Die Streitverkündung des RC Lüttich gegen die US Dünkirchen wies das Tribunal jedoch zurück, da kein Verschulden seitens des französischen Klubs nachgewiesen worden sei. Schließlich richtete das Tribunal ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof, in dem nach der Auslegung der Artikel 48, 85 und 86 EG-Vertrag im Hinblick auf das Transfersystem gefragt wurde. Diese Rechtssache erhielt beim Gerichtshof die Nummer C-269/92.

52 Im Berufungsverfahren bestätigte die Cour d'appel Lüttich mit Urteil vom 1. Oktober 1993 das angefochtene Urteil, soweit darin die freiwilligen Streitbeitritte für zulässig angesehen, das Tribunal für zuständig erklärt und die Klagen für zulässig befunden wurden. Das Berufungsgericht teilte auch die Auffassung des Tribunal, wonach die Prüfung der gegen den RC Lüttich, die URBSFA und die UEFA erhobenen Klagen die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Transfersystems einschließe. Es richtete daher selbst ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den Gerichtshof. Der Gerichtshof hat daraufhin die durch dieses Ersuchen gegenstandslos gewordene Rechtssache C-269/92 aus seinem Register gestrichen. Einer Anregung von Herrn Bosman folgend, gelangte das Berufungsgericht außerdem zu der Ansicht, daß auch die Rechtmäßigkeit der Ausländerklauseln geprüft werden müsse, da die Klage von Herrn Bosman insoweit auf Artikel 18 des belgischen Code judiciaire (des Gesetzes über das Gerichtswesen) gestützt sei, der Klagen zulasse, die "zur Verhinderung einer drohenden schweren Rechtsverletzung" erhoben werden.

Hingegen wies das Berufungsgericht den Antrag der UEFA zurück, den Gerichtshof zu fragen, ob die Antwort auf die gestellten Fragen anders ausfiele, wenn ein Transfersystem es dem Spieler gestattete, frei für seinen neuen Verein zu spielen, auch wenn dieser die Ablösesumme noch nicht an den bisherigen Verein gezahlt hat.

VI - Vorlagefragen

53 Die Cour d'appel Lüttich hat dem Gerichtshof daher folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Artikel 48, 85 und 86 des Römischen Vertrages vom 25. März 1957 dahin auszulegen, daß sie es verbieten,

- daß ein Fußballverein bei der Verpflichtung eines seiner Spieler, dessen Vertrag endet, durch einen anderen Verein die Zahlung eines Geldbetrags verlangen und entgegennehmen kann;

- daß die nationalen und internationalen Sportvereinigungen oder Sportverbände in ihren Regelungen Bestimmungen vorsehen, die den Zugang ausländischer Spieler, die der Europäischen Gemeinschaft angehören, zu den von ihnen veranstalteten Wettbewerben beschränken?

VII - Weiteres Verfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

54 Die URBSFA legte gegen das Urteil der Cour d'appel Lüttich Kassationsbeschwerde ein und beantragte, die Entscheidung auf den RC Lüttich, die UEFA und die US Dünkirchen zu erstrecken. Die Cour de cassation wies diese Beschwerde am 30. März 1995 zurück und entschied zugleich, daß durch diese Zurückweisung die Anträge auf Urteilserstreckung gegenstandslos würden(64).

55 In dem Verfahren vor dem Gerichtshof haben Herr Bosman, die URBSFA, die UEFA, die französische Regierung, die italienische Regierung sowie die Kommission schriftliche Stellungnahmen eingereicht. Diese Parteien haben auch an der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof am 20. Juni 1995 teilgenommen. Anläßlich dieser mündlichen Verhandlung haben auch die dänische Regierung und die deutsche Regierung zu dem Ersuchen um Vorabentscheidung Stellung genommen.

B - Stellungnahme

I - Vorbemerkung

56 Die Bedeutung der vorliegenden Rechtssache ist offensichtlich. Die Antwort auf die Frage nach der Vereinbarkeit des Transfersystems und der Ausländerklauseln mit dem Gemeinschaftsrecht wird die Zukunft des Berufsfußballs in der Gemeinschaft entscheidend beeinflussen.

57 Einige Zahlenbeispiele mögen genügen, um die Bedeutung des Transfersystems im heutigen bezahlten Fußball zu belegen. Einer Studie einer englischen Wirtschaftsprüfergesellschaft zufolge gaben die Klubs der ersten Liga in England - der Premier League - in der Saison 1992/93 fast 51 Millionen UKL (nach dem derzeitigen Wechselkurs knapp 62 Millionen ECU) für Ablösesummen aus(65). Presseberichten zufolge gaben die 18 Vereine der ersten italienischen Liga im Hinblick auf die Saison 1995/96 über 96 Millionen DM (gut 51 Millionen ECU) allein für ausländische Spieler aus(66). Der bislang teuerste Transfer der Fußballgeschichte fand in Italien statt und kostete den neuen Verein eine Ablösesumme von umgerechnet rund 19 Millionen ECU(67).

Was die Ausländerklauseln anlangt, ist darauf hinzuweisen, daß bereits heute die Profivereine in der Gemeinschaft eine beträchtliche Zahl von Spielern aus anderen Mitgliedstaaten und aus Drittstaaten beschäftigen. Nach den von der URBSFA vorgelegten Zahlen umfaßte zum Beispiel zu Anfang der Saison 1993/94 der Kader der 18 Vereine der ersten belgischen Liga 398 Spieler mit belgischer Staatsangehörigkeit und 175 ausländische Spieler, von denen allerdings für die Zwecke der Anwendung der Ausländerklausel nur 61 als Ausländer angesehen wurden(68). Für den Fall, daß der Gerichtshof die Ausländerklauseln für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt, darf erwartet werden, daß die Zahl der Fußballspieler aus der Gemeinschaft, die ihr Geld bei einem Verein in einem anderen Mitgliedstaat verdienen, noch weiter ansteigen wird.

58 Transferregelungen und Ausländerklauseln gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen auch in anderen in der Gemeinschaft betriebenen Sportarten. Die Entscheidung des Gerichtshofes wird daher auch für diese Bereiche wegweisend sein.

59 Die Ereignisse, die dem Ausgangsverfahren vor der Cour d'appel Lüttich zugrunde liegen, haben sich vor nunmehr über fünf Jahren zugetragen. Seitdem haben sich mehrere Gerichte mit diesem Fall befaßt. Der Gerichtshof wurde in diesem Zusammenhang bereits dreimal um eine Vorabentscheidung gebeten, wobei die ersten beiden Ersuchen - wie bereits geschildert - nicht zu einem Urteil führten. Kommt es im vorliegenden Verfahren zu einer Sachentscheidung des Gerichtshofes, so ist damit das Verfahren vor den nationalen Gerichten noch längst nicht beendet. Der Zeitraum, der einem Berufsfußballspieler zur Verfügung steht, um seinem Beruf nachzugehen, ist jedoch aller Erfahrung nach beschränkt. Nicht nur die Bedeutung der Rechtssache für den Fußballsport, sondern auch die Interessen Herrn Bosmans gebieten es daher meines Erachtens, die vorliegende Rechtssache so rasch wie möglich einer Entscheidung zuzuführen. Ich habe mich bei der Vorbereitung dieser Schlußanträge von diesem Gedanken leiten lassen.

60 Es ist darauf hinzuweisen, daß die Reichweite der vorgelegten Fragen beschränkt ist, da sie nicht den gesamten Bereich des Fußballsports betreffen. Die erste Vorlagefrage, die das Transfersystem zum Gegenstand hat, bezieht sich auf den Wechsel eines Spielers, der bei einem Verein unter Vertrag steht. Diese Frage betrifft daher lediglich Spieler, die gegen Entgelt Fußball spielen, das heißt, den Bereich des bezahlten Fußballs. Nicht erfaßt ist somit der Bereich des Amateurfußballs. Der Gerichtshof wird daher auch nicht zu entscheiden haben, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, eine Ablösesumme zu verlangen, wenn ein Spieler seinen Verein wechselt, der bislang Amateurspieler war und nunmehr einen Vertrag als Berufsspieler unterzeichnet. Die zweite Vorlagefrage ist auf den ersten Blick weiter gefaßt und könnte bei wörtlicher Auslegung sogar so verstanden werden, daß damit die Vereinbarkeit aller Ausländerklauseln mit dem Gemeinschaftsrecht zur Prüfung gestellt würde - ungeachtet der Frage, ob es sich um den Bereich des professionellen Sports oder den Amateurbereich handelt und möglicherweise sogar auf alle Sportarten bezogen. Aus dem Vorlagebeschluß erhellt jedoch, daß sich diese Frage nur auf die Ausländerklauseln im bezahlten Fußball beziehen sollte. Auch alle Parteien, die sich am vorliegenden Verfahren beteiligt haben, sind zu Recht davon ausgegangen, daß die Vorlagefrage in diesem Sinn zu verstehen ist.

61 Zur Rechtfertigung der im vorliegenden Verfahren zu erörternden Regeln haben die interessierten Verbände nicht nur sportliche, sondern auch wirtschaftliche Erwägungen vorgetragen. Alle diese Argumente sind insbesondere von Herrn Bosman selbst, aber auch von der Kommission und anderen Verfahrensbeteiligten ausführlich diskutiert worden. Es versteht sich meines Erachtens angesichts der Bedeutung des vorliegenden Falles von selbst, daß diese Argumente eingehend zu prüfen sind.

62 Der Ausgang dieses Verfahrens interessiert eine große Zahl von Bürgern in der Gemeinschaft, die sich für den Fußballsport begeistern. Viele betreiben den Sport selbst oder engagieren sich - oft ehrenamtlich - in sonstiger Weise in ihren Vereinen. Vielleicht noch größer ist die Zahl derer, die dem Sport als Zuschauer nahestehen und insbesondere die Spiele der Profiligen mit Interesse verfolgen. Gerade dies verpflichtet den Gerichtshof und zuvörderst mich selbst, die vorliegenden Fragen vorurteilslos und nüchtern zu prüfen.

II - Zulässigkeit der Vorlagefragen

1. Standpunkt der Parteien

63 Nach Auffasssung der UEFA sind die Vorabentscheidungsfragen unzulässig und daher vom Gerichtshof nicht zu beantworten. Ihres Erachtens ist der Transfer von Herrn Bosman zur US Dünkirchen gerade daran gescheitert, daß die Transferregeln der UEFA, die in diesem Fall Anwendung hätten finden müssen, nicht beachtet worden seien. Wären ihre Regeln angewendet worden, hätte der Transfer stattfinden können und der Rechtsstreit wäre nicht entstanden. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, die ich im folgenden noch näher erläutern werde, vertritt die UEFA die Auffassung, daß die Beantwortung der vorgelegten Fragen für die Entscheidung des bei der Cour d'appel Lüttich anhängigen Verfahrens nicht notwendig sei. Sie hege daher sehr große Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit der ersten Vorlagefrage. Die zweite Vorlagefrage sei hingegen rein hypothetischer Natur, da die Laufbahn von Herrn Bosman zu keiner Zeit durch die Ausländerklauseln behindert worden sei. Es handele sich im vorliegenden Fall um ein konstruiertes Verfahren, mit dem politische Zwecke verfolgt würden. Die Betreffenden unternähmen nämlich den Versuch, den Gerichtshof zu einer Stellungnahme zur Vereinbarkeit von Praktiken mit dem Gemeinschaftsrecht zu bewegen, die mit dem wirklichen Rechtsstreit nichts zu tun hätten. Das vorlegende Gericht habe denn auch überhaupt nicht begründet, warum eine Antwort auf die zweite Vorlagefrage für die Zwecke des Ausgangsverfahrens notwendig sei.

Für den Fall, daß der Gerichtshof gleichwohl beschließen sollte, die gestellten Fragen ganz oder teilweise zu beantworten, müßte er jedenfalls die allergrößte Sorgfalt walten lassen, da diese Fragen die Organisation des Fußballs als solche in Frage stellten.

64 Die URBSFA hat sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme nicht zur Zulässigkeit der Vorlagefragen geäußert. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat sie ausgeführt, daß im vorliegenden Fall zwei Verfahren zu unterscheiden seien. Zum einen handele es sich um einen Rechtsstreit zwischen Herrn Bosman und dem RC Lüttich. Dieser könne gelöst werden, ohne daß es einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes bedürfe. Zum anderen läge ein künstlicher Rechtsstreit vor, den einige Interessenverbände von Berufsspielern gegen die UEFA und die URBSFA führten. Die URBSFA wies bei dieser Gelegenheit auch auf die Entscheidung der Cour de cassation im Ausgangsverfahren hin. Sie brachte dabei zum Ausdruck, es sei wünschenswert, daß der Gerichtshof diese Entscheidung bei seiner Prüfung berücksichtige.

65 Auch die französische, die italienische und die dänische Regierung haben den Standpunkt vertreten, daß den Ausländerklauseln für das Ausgangsverfahren keinerlei Bedeutung zukomme. Der Rechtsstreit betreffe allein die Zulässigkeit des Transfersystems. Bei der zweiten Vorlagefrage handele es sich daher um eine Frage rein hypothetischer Natur. Die französische Regierung wies dabei unter anderem darauf hin, daß die Ausländerklauseln in der von Herrn Bosman ursprünglich erhobenen Klage gar nicht erwähnt worden seien.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof von mehreren Beteiligten der Inhalt der schon erwähnten Entscheidung der Cour de cassation angesprochen wurde, äußerte die Vertreterin der französischen Regierung die Ansicht, es scheine, daß der Gerichtshof aufgrund dieser Entscheidung nicht mehr auf die zweite Vorlagefrage antworten müsse, da diese Vorlagefrage möglicherweise nicht - oder nicht mehr - existiere.

66 Die Kommission hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme zunächst die Auffassung vertreten, die zweite Vorlagefrage sei unzulässig, da sie hypothetischer Natur sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof haben die Vertreter der Kommission zum Ausdruck gebracht, daß sich die Ansicht der Kommission geändert habe. Ich habe diesen Ausführungen entnommen, daß die Kommission nunmehr dazu neigt, auch die zweite Vorlagefrage als zulässig anzusehen. Ausdrücklich gesagt wurde dies jedoch nicht.

67 Herr Bosman stellt nachdrücklich in Abrede, daß es sich im vorliegenden Fall um einen künstlichen Rechtsstreit handele. Er weist darauf hin, daß das vorlegende Gericht die verschiedenen Rechtsbehelfe, die er eingelegt habe, für zulässig erklärt habe, und zwar unter anderem auf der Grundlage von Artikel 18 des belgischen Code judiciaire, der eine vorbeugende Klage zur Abwendung eines drohenden schweren Schadens zulasse. Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts erfordere der Rechtsstreit nach den einschlägigen Vorschriften des belgischen Rechts daher die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Transfersystems und der Ausländerklauseln. Der Gerichtshof könne diese Auslegung der Vorschriften des nationalen Rechts durch die Cour d'appel Lüttich schwerlich in Frage stellen. Wollte man dies gleichwohl unternehmen, würde das Verfahren der Zusammenarbeit zwischen nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, das Artikel 177 EG-Vertrag zugrunde liege, beeinträchtigt werden. Das vorlegende Gericht habe die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit von Vorabentscheidungsersuchen gekannt und die sich aus dieser ergebenden Pflichten, insbesondere soweit die Verpflichtung zur Begründung des Vorabentscheidungsersuchens betroffen sei, mehr als erfuellt.

Es handele sich hier auch nicht um einen Fall eines Mißbrauchs des Verfahrens nach Artikel 177 EG-Vertrag. Insbesondere was die nach der Regelung der UEFA zugelassenen Ausländerklauseln anlange, habe er nämlich ein Interesse daran, ihre Ungültigkeit oder Unanwendbarkeit feststellen zu lassen, weil sie die Grundlage der Regelungen der verschiedenen europäischen Fußballverbände bildeten, die seine Aussichten auf Anstellung in anderen Mitgliedstaaten minderten.

Die Fragen entsprächen daher den Zulässigkeitsvoraussetzungen, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergäben.

2. Artikel 177 und die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Zulässigkeit von Vorabentscheidungsersuchen

68 Nach Artikel 177 Absatz 1 EG-Vertrag entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung des EG-Vertrags und über die Gültigkeit und Auslegung der auf der Grundlage dieses Vertrages erlassenen Vorschriften und sonstigen Rechtsakte.

Artikel 177 Absatz 2 EG-Vertrag(69) hat folgenden Wortlaut:

"Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlaß seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen."

Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich, daß es die nationalen Gerichte sind, die darüber befinden, ob die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes erforderlich ist. Eine Befugnis des Gerichtshofes, die Beantwortung solcher Vorabentscheidungsersuchen zu verweigern, ist in Artikel 177 nicht vorgesehen.

69 Der Gerichtshof hat denn auch in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, daß es "allein Sache der nationalen Gerichte ist, bei denen der Rechtsstreit anhängig ist und die die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung tragen, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der von ihnen dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen"(70). Dafür spricht auch der Umstand, daß das nationale Gericht, das allein über eine unmittelbare und genaue Kenntnis des Sachverhalts verfügt, am besten in der Lage ist, diese Fragen zu beurteilen(71). Wenn die von einem nationalen Gericht gestellten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen, "ist der Gerichtshof daher grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden"(72). Gleichwohl zeigt sich, daß der Gerichtshof in verschiedenen Fällen Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen und es abgelehnt hat, auf einige der oder alle vorgelegten Fragen zu antworten(73).

70 Unternimmt man den Versuch einer Systematisierung, kommt man zu dem Ergebnis, daß sich dabei verschiedene Gruppen von Fällen unterscheiden lassen. Ich neige zu der Auffassung, daß man dabei im wesentlichen drei Fallgruppen unterscheiden kann. Dabei handelt es sich erstens um diejenigen Fälle, in denen das vorlegende Gericht dem Gerichtshof nicht alle Informationen zur Verfügung gestellt hat, die dieser benötigt, um eine sachdienliche Entscheidung erlassen zu können. Der Gerichtshof hat zweitens in einer Reihe von Fällen die Beantwortung der vorgelegten Fragen abgelehnt, in denen diese offensichtlich keinen Zusammenhang mit dem Ausgangsrechtsstreit aufwiesen. Schließlich sind drittens die Fälle zu nennen, in denen der Gerichtshof das Vorabentscheidungsersuchen zurückwies, da er der Auffassung war, daß der nationale Richter das Verfahren des Artikels 177 mißbrauchte. Ich rechne dabei zu dieser letzten Gruppe auch diejenigen Fälle, in denen der Gerichtshof die Ansicht vertrat, daß es sich bei den Vorlagefragen um allgemeine oder hypothetische Fragen handelte. Über die Einteilung läßt sich freilich streiten, insbesondere da die Grenzen zwischen den beiden letzten der von mir unterschiedenen Gruppen fließend sind. So könnte man durchaus der Ansicht sein, die zuletzt genannten Fälle sollten der zweiten Fallgruppe zugeordnet werden. Mir erscheint die hier gewählte Einteilung jedoch aus Gründen, die ich später noch darlegen werde, sinnvoller.

71 Die Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit der von der Cour d'appel Lüttich im vorliegenden Verfahren gestellten Fragen macht es meines Erachtens erforderlich, zunächst die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes auf diesem Gebiet zu durchleuchten. Ich werde dabei die eben vorgestellte Einteilung zugrunde legen.

72 Die erste der genannten Gruppen hat erst in der jüngsten Vergangenheit größere Bedeutung erlangt. Der Gerichtshof hat zwar schon früher darauf hingewiesen, daß die "Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen", es erforderlich macht, daß dem Gerichtshof der rechtliche und tatsächliche Rahmen dargelegt wird, in den sich die erbetene Auslegung einfügen soll(74). Um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, die ihm gestellte Aufgabe zu erfuellen, sei es "unerläßlich, daß die nationalen Gerichte die Gründe darlegen, aus denen sie eine Beantwortung ihrer Fragen für entscheidungserheblich halten, falls sich diese Gründe nicht eindeutig aus den Akten ergeben"(75). In Fällen, in denen die danach erforderlichen Angaben nicht gemacht worden waren, hat der Gerichtshof erklärt, daß er sich zu einer sachgerechten Beantwortung der vorgelegten Fragen außerstande sehe(76).

73 Dieser Gesichtspunkt hat aber erst seit dem Urteil des Gerichtshofes vom 26. Januar 1993 in der Sache Telemarsicabruzzo(77) größere Bedeutung erlangt. Der Gerichtshof knüpfte dort an die frühere Rechtsprechung an, indem er ausführte, "daß die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, es erforderlich macht, daß dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen"(78). Der Gerichtshof betonte, daß dies in besonderem Maße für den Bereich des Wettbewerbsrechts gelte, das "durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet" sei. Da die Vorlagebeschlüsse insoweit keine Angaben enthielten, lehnte der Gerichtshof die Beantwortung der Vorlagefragen ab(79).

Es ist kaum zu verkennen, daß der Gerichtshof damit dem Ratschlag seines Generalanwalts folgte, der eine "etwas restriktivere Haltung seitens des Gerichtshofes" hinsichtlich der Frage nach den an Vorabentscheidungsersuchen zu stellenden Anforderungen empfohlen hatte(80).

74 Der Gerichtshof hat diese Auffassung seither in mehreren Entscheidungen bekräftigt(81). Er hat dabei zugleich daran erinnert, daß dieses Erfordernis nicht nur dem Gerichtshof sachdienliche Antworten erlauben, sondern auch den Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die Möglichkeit geben soll, von ihrem in Artikel 20 der EWG-Satzung des Gerichtshofes festgeschriebenen Recht, Erklärungen abzugeben, in sinnvoller Weise Gebrauch zu machen(82).

75 Der allen diesen Fällen zugrunde liegende Gedanke leuchtet ein. Der Gerichtshof kann die von einem nationalen Gericht vorgelegten Fragen in aller Regel nur dann sinnvoll beantworten, wenn er die Umstände des Ausgangsrechtsstreits kennt. Allerdings bin ich der Auffassung, daß dabei eine wohlwollende Betrachtungsweise geboten ist. Eine Zurückweisung eines Vorabentscheidungsersuchens wegen mangelhafter Darlegung des tatsächlichen und rechtlichen Hintergrundes sollte daher auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. In manchen der hier zitierten Fälle scheint mir der Gerichtshof einen unangemessen strengen Maßstab angelegt zu haben.

76 Der erste der Fälle, die der zweiten Fallgruppe zuzurechnen sind, ist das Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1981 im Fall Salonia(83). Der Gerichtshof wies in dieser Entscheidung darauf hin, daß Artikel 177 von einer "klaren Zuständigkeitsverteilung zwischen den staatlichen Gerichten und dem Gerichtshof" ausgehe und es letzterem nicht gestatte, die Gründe eines Vorabentscheidungsersuchens zu beanstanden. Der Gerichtshof fuhr dann wie folgt fort:

"Daher kann der Gerichtshof die Entscheidung über ein von einem nationalen Gericht vorgelegtes Ersuchen nur dann ablehnen, wenn offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der von diesem Gericht erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und der Wirklichkeit und dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits besteht"(84).

77 Im Fall Salonia waren diese Voraussetzungen nicht erfuellt, so daß der Gerichtshof die vorgelegten Fragen beantwortete. Anders verhielt es sich in der im Jahre 1990 entschiedenen Sache Falciola(85), die hier stellvertretend für diese Fallgruppe kurz betrachtet werden soll. Der Ausgangsrechtsstreit betraf ein Straßenbauprojekt, das nach den Angaben des vorlegenden Gerichts in den Anwendungsbereich bestimmter EG-Richtlinien über öffentliche Bauaufträge fiel. Die Vorlagefragen wiesen keinen erkennbaren Bezug zum Ausgangsrechtsstreit auf. Aus den Gründen des Vorlagebeschlusses ging hervor, daß dieser letztlich auf eine Entscheidung des Gerichtshofes darüber abzielte, ob die italienischen Gerichte nach dem Erlaß des italienischen Gesetzes Nr. 117/88 vom 13. April 1988 über den Ersatz der von Richtern in Ausübung ihres Amtes verursachten Schäden und über die zivilrechtliche Haftung von Richtern noch die vom Gemeinschaftsrecht möglicherweise geforderten Garantien dafür boten, daß sie ihre gemeinschaftsrechtlichen Aufgaben ordnungsgemäß erfuellen konnten(86). Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, daß es dem italienischen Gericht lediglich um die "psychologischen Reaktionen" ging, die der Erlaß des genannten Gesetzes bei bestimmten Richtern möglicherweise auslösen konnte. Da offensichtlich kein Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsrecht bestand, erklärte sich der Gerichtshof als für die Beantwortung der gestellten Fragen nicht zuständig(87).

78 Der Gerichtshof hat die oben zitierten Erwägungen des Urteils Salonia nicht nur in der Sache Falciola, sondern auch in einer Vielzahl weiterer Fälle wiederholt und bekräftigt(88).

79 Allerdings ist festzustellen, daß der Gerichtshof in einer Reihe weiterer Entscheidungen lediglich darauf abgestellt hat, ob "kein Zusammenhang" zwischen der erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und dem Ausgangsverfahren besteht(89). Die Zahl dieser Entscheidungen legt den Schluß nahe, daß der Gerichtshof dort jeweils bewußt auf das zusätzliche Merkmal verzichtet hat, wonach das Fehlen des Zusammenhangs offensichtlich sein muß. Ob dies tatsächlich der Fall war, erscheint allerdings aus mehreren Gründen zweifelhaft. Zum einen berufen sich alle diese Urteile auf die Entscheidung im Falle Salonia, in der die Möglichkeit, eine Vorlagefrage nicht zu beantworten, gerade vom Vorliegen dieses zusätzlichen Merkmals abhängig gemacht wurde. Zum anderen hat der Gerichtshof in einem Beschluß vom 16. Mai 1994 unter ausdrücklichem Hinweis auf das Urteil Salonia und den Beschluß Falciola von einer "gefestigten Rechtsprechung" gesprochen(90). Schließlich läßt sich keine zeitliche Reihenfolge erkennen. Entscheidungen, in denen dieses Kriterium genannt wird, wechseln mit Entscheidungen ab, in denen sich kein solcher Hinweis findet.

80 In jedem Fall ist darauf hinzuweisen, daß allein die Auffassung, wonach der Gerichtshof nur dann berechtigt ist, ein Vorlageersuchen zurückzuweisen, wenn es ganz offensichtlich keinen Bezug zum Ausgangsverfahren hat, akzeptabel erscheint. Es ist daran zu erinnern, daß sich die Praxis des Gerichtshofes nicht auf den Wortlaut des Artikels 177 stützen läßt. Wie das Urteil Salonia zu Recht feststellt, ist diese Bestimmung von einer "klaren Zuständigkeitsverteilung" zwischen Gerichtshof und nationalen Gerichten gekennzeichnet. Eine Überprüfung der Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof kann daher - wenn überhaupt - nur ausnahmsweise stattfinden. Dazu ist es erforderlich, daß diese Befugnis des Gerichtshofes auf Fälle beschränkt wird, in denen es offensichtlich an einem Zusammenhang zwischen dem Ausgangsverfahren und den Vorlagefragen fehlt. Würde man allein auf das objektive Fehlen eines solchen Zusammenhangs abstellen, würde die in Artikel 177 vorgesehene Verteilung der Zuständigkeiten in ihr Gegenteil verkehrt. Dies halte ich nicht für akzeptabel.

81 Am Anfang der dritten Fallgruppe schließlich stehen die Entscheidungen des Gerichtshofes im Fall Foglia/Novello. Das Ausgangsverfahren vor dem italienischen Gericht betraf einen Rechtsstreit zwischen einem italienischen Weinhändler und einer Kundin, die ebenfalls Italienerin war. Frau Novello hatte mit dem Weinhändler vereinbart, daß die gekauften Kartons italienischen Likörweins nach Frankreich gesandt werden und daß von den italienischen oder französischen Behörden erhobene Abgaben, die mit den Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr unvereinbar wären, nicht von ihr getragen werden sollten. Eine ähnliche Klausel wurde in den Vertrag zwischen dem Weinhändler und der mit dem Transport beauftragten Firma aufgenommen. Die französischen Behörden erhoben auf die importierte Ware bestimmte Abgaben, die der Transporteur entrichtete und dem Weinhändler in Rechnung stellte. Dieser klagte dann gegen Frau Novello auf Zahlung dieses Betrags. Das angerufene Gericht legte dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vereinbarkeit der französischen Abgabenvorschriften mit dem EG-Vertrag vor. In seinem Urteil vom 11. März 1980 lehnte der Gerichtshof die Beantwortung dieser Fragen ab, wobei er insbesondere darauf hinwies, daß der "künstliche Charakter dieser Konstruktion" unübersehbar sei(91).

82 Das nationale Gericht wandte sich daraufhin erneut mit einem Ersuchen um Vorabentscheidung an den Gerichtshof. In seinem daraufhin ergangenen Urteil(92) bekräftigte der Gerichtshof seine Weigerung, die Vorlagefragen zu beantworten, und legte zugleich die Gründe für seine Haltung näher dar.

Er ging dabei davon aus, daß grundsätzlich die nationalen Gerichte über die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung entscheiden und daß diese dabei über ein "Beurteilungsermessen" verfügen(93). Dabei gebe es jedoch bestimmte Grenzen:

"Es muß nämlich hervorgehoben werden, daß Artikel 177 dem Gerichtshof nicht die Aufgabe zuweist, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, sondern daß er nach dieser Vorschrift einen Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten zu leisten hat. Daher wäre der Gerichtshof nicht für die Beantwortung von Auslegungsfragen zuständig, die ihm im Rahmen konstruierter Verfahren vorgelegt würden, mit deren Hilfe die Parteien den Gerichtshof zur Stellungnahme zu gemeinschaftsrechtlichen Fragen veranlassen wollen, deren Beantwortung für die Entscheidung eines Rechtsstreits nicht objektiv erforderlich ist. Erklärt sich der Gerichtshof in einem solchen Fall für unzuständig, so wird damit in keiner Weise in die Befugnisse des nationalen Gerichts eingegriffen, sondern verhindert, daß das Verfahren nach Artikel 177 zu anderen als den diesem Verfahren eigenen Zwecken benutzt wird."(94)

Der Gerichtshof führte zudem aus, daß der Gerichtshof bei der Wahrnehmung der ihm in Artikel 177 übertragenen Aufgaben "nicht nur den Interessen der Parteien des Rechtsstreits, sondern auch den Belangen der Gemeinschaft und denen der Mitgliedstaaten" Rechnung zu tragen habe. Er würde dem nicht gerecht werden, wenn er die Beurteilung der Notwendigkeit einer Vorabentscheidung, die das nationale Gericht vorgenommen habe, "in den Ausnahmefällen, in denen sie die ordnungsgemäße Wirkungsweise des in Artikel 177 vorgesehenen Verfahrens beeinflussen könnte", unbesehen hinnehmen würde(95). Der "Geist der Zusammenarbeit", von dem Artikel 177 geprägt sei, verlange nämlich, "daß das innerstaatliche Gericht bei der Inanspruchnahme der durch Artikel 177 eröffneten Möglichkeiten auf die besondere Aufgabe Rücksicht nimmt, die der Gerichtshof in diesem Bereich erfuellt"(96).

83 Die in dieser Entscheidung getroffene Feststellung, der Gerichtshof habe nach Artikel 177 nicht die Aufgabe, zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen Stellung zu nehmen, ist seither vom Gerichtshof in mehreren Urteilen wiederholt worden(97). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß dieser Aspekt nur einen Teil der Erwägungen darstellt, die der Gerichtshof in seinen Entscheidungen im Falle Foglia/Novello angestellt hat. Diesen Urteilen lag meines Erachtens letztlich die Erwägung zugrunde, daß das Verfahren des Artikels 177 nicht mißbraucht werden dürfe. Im konkreten Fall dürfte der Mißbrauch darin bestanden haben, daß die beteiligten Parteien allem Anschein nach einvernehmlich versuchten, durch einen von ihnen konstruierten Rechtsstreit in einem in Italien geführten Verfahren die Vereinbarkeit französischer Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht in Frage zu stellen.

84 Daß dieser Rechtsprechung tatsächlich der Gedanke des Rechtsmißbrauchs zugrunde liegt, ergibt sich besonders deutlich aus zwei bereits zitierten Urteilen aus dem Jahre 1990, in denen zugleich die Rechtfertigung für die Fälle der zweiten Fallgruppe erwähnt wird. Im Urteil Gmurzynska-Bscher etwa schränkte der Gerichtshof die grundsätzliche Feststellung, daß die nationalen Gerichte über die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung zu befinden hätten, mit folgenen Worten ein:

"Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn feststuende, daß das Verfahren des Artikels 177 EWG-Vertrag zweckwidrig angewandt wurde und in Wirklichkeit der Gerichtshof mittels eines konstruierten Rechtsstreits zu einer Entscheidung veranlaßt werden soll, oder wenn offensichtlich wäre, daß die Bestimmung des Gemeinschaftsrechts, die dem Gerichtshof zur Auslegung vorgelegt worden ist, nicht anwendbar ist."(98)

Eine identische Aussage findet sich in dem Urteil Dzodzi(99).

85 Es braucht nicht näher dargelegt zu werden, daß diese Rechtsprechung im Prinzip keinen Bedenken begegnet. Wird das Verfahren des Artikels 177 mißbraucht, kann der Gerichtshof eine Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen ablehnen. Es ist jedoch jeweils sehr genau zu prüfen, ob tatsächlich ein solcher Mißbrauch vorliegt.

3. Prüfung der Zulässigkeit der Vorlagefragen der Cour d'appel Lüttich

86 Betrachtet man die von der Cour d'appel Lüttich vorgelegten Fragen im Lichte der vorstehenden Überlegungen, so kann es wohl keinen vernünftigen Zweifel daran geben, daß die Fälle der ersten Fallgruppe hier nicht einschlägig sind, da dem nationalen Gericht keineswegs der Vorwurf gemacht werden kann, den Gerichtshof nicht über den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen informiert zu haben, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen.

87 Der Vorlagebeschluß umfaßt gut achtzig eng beschriebene Seiten. Darin werden nicht nur die tatsächlichen Umstände des Verfahrens ausführlich beschrieben, sondern auch die rechtlichen Erwägungen dargelegt, die das nationale Gericht dazu bewogen haben, die Klagen für zulässig anzusehen und Vorlagefragen an den Gerichtshof zu richten. Wenige Vorlagebeschlüsse nationaler Gerichte sind so gründlich und ausführlich ausgearbeitet wie dieser.

88 Es ist allerdings richtig, daß sich dieser Vorlagebeschluß vorwiegend mit Fragen beschäftigt, die das Transfersystem betreffen. Die Problematik der Ausländerklauseln wird hingegen relativ kurz behandelt. Trotz dieser Kürze sind die wesentlichen Punkte der Argumentation des vorlegenden Gerichts jedoch deutlich erkennbar. Diese lassen sich wie folgt wiedergeben: Der entsprechende Teil der Klage von Herrn Bosman zielt darauf ab, feststellen zu lassen, daß diese Ausländerklauseln ungültig beziehungsweise auf ihn nicht anwendbar sind. Dieser Antrag stützt sich auf die Behauptung, daß sich aus der Existenz dieser Klauseln für Herrn Bosman eine schwerwiegende Bedrohung für seine zukünftige Karriere ergebe. Die Zulässigkeit dieses Antrags ist nach Ansicht der Cour d'appel Lüttich nach der Lage zu beurteilen, die existierte, als der Antrag eingereicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt erfuellte Herr Bosman nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts die Bedingungen, die für die Zulässigkeit einer Klage nach Artikel 18 des belgischen Code judiciaire erforderlich sind, da nicht ausgeschlossen werden konnte, daß er nach Ablauf seines Vertrages mit dem Klub in Réunion einen neuen Verein in der Gemeinschaft außerhalb Belgiens finden würde. Daher hielt das nationale Gericht die Klage insoweit für zulässig.

Nach Ansicht des Gerichts war es folglich möglich, daß Herr Bosman sich einen ausländischen Klub innerhalb der Gemeinschaft suchen würde. Die Ausländerklauseln würden sich bei dieser Suche als Hindernis erweisen. Herr Bosman hatte daher dieser Ansicht zufolge ein Interesse daran, bereits vorab feststellen zu lassen, daß diese Klauseln auf ihn nicht angewendet werden durften. Zu diesem Zwecke war eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes einzuholen, da die Vereinbarkeit der Ausländerklauseln mit dem Gemeinschaftsrecht noch nicht vollständig geklärt war.

89 Diese Erwägungen sind knapp gehalten, erlauben es aber ohne weiteres, den Gedankengang des nationalen Gerichts nachzuvollziehen. Allein darauf kommt es hier an. Ob die Ansicht des nationalen Gerichts richtig oder auch nur plausibel ist, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Der Gerichtshof muß lediglich in die Lage versetzt werden, in Kenntnis der Umstände des Ausgangsverfahrens eine sachdienliche Vorabentscheidung zu erlassen. Dies erlaubt ihm der Vorlagebeschluß meines Erachtens.

90 Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob die Zulässigkeit des Ersuchens um Vorabentscheidung möglicherweise vor dem Hintergrund der Fälle der zweiten Fallgruppe Bedenken begegnet. Es geht also mit anderen Worten um die Frage, ob die Vorlagefragen offensichtlich keinen Zusammenhang mit "der Wirklichkeit und dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits" haben. Diese Schwierigkeit stellt sich allerdings nur für die zweite Frage. Die Versuche der UEFA und der URBSFA, die Zulässigkeit der ersten Vorlagefrage in Zweifel zu ziehen, überzeugen nicht. Ob der Transfer von Herrn Bosman zur US Dünkirchen zustande gekommen wäre, wenn die angeblich anwendbaren Vorschriften der UEFA zutreffend angewandt worden wären, spielt für den vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Rolle. Diese Frage betrifft allenfalls die Entscheidung der Frage, wer unmittelbar für das Scheitern dieses Wechsels verantwortlich zu machen ist. Herr Bosman hat jedoch die weitergehende Frage aufgeworfen, ob diese Transferregelung als solche rechtmäßig ist. Für die Entscheidung dieser Frage ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes zweifellos notwendig. Sollte es sich erweisen, daß die Transferregeln rechtswidrig sind, wird dies die Entscheidung des nationalen Gerichts beeinflussen. Ein Zusammenhang zwischen der mit der ersten Vorlagefrage erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und dem Ausgangsrechtsstreit liegt daher sicherlich vor.

91 Auch die zweite Vorlagefrage steht im Zusammenhang mit dem "Gegenstand" des Ausgangsrechtsstreits. Dieser wird von den Anträgen des Klägers bestimmt. Im Verfahren vor den nationalen Gerichten hat der Kläger die Feststellung beantragt, daß die Ausländerklauseln auf ihn nicht anwendbar sind. Dieser Antrag stützt sich auf die Behauptung, diese Ausländerklauseln verstießen gegen das Gemeinschaftsrecht. Es ist mir nicht ersichtlich, wie man angesichts dieser Umstände daran zweifeln könnte, daß zwischen der erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und dem Ausgangsrechtsstreit ein Zusammenhang besteht.

92 Ein Blick auf die bisherigen Entscheidungen, in denen der Gerichtshof in solchen Fällen die Beantwortung ihm vorgelegter Fragen ablehnte, bestätigt dies meines Erachtens. Der dem Beschluß in der Sache Falciola zugrunde liegende Sachverhalt wurde bereits geschildert(100). Dort war ohne weiteres erkennbar, daß die Vorlagefragen mit dem Ausgangsverfahren nichts zu tun hatten. Dies ist hier nicht der Fall, wie ich schon ausgeführt habe. Im Falle Lourenço Dias(101) ging es in dem Verfahren vor dem vorlegenden portugiesischen Gericht um ein 1989 gebautes, aus Frankreich importiertes Neufahrzeug. Der Gerichtshof lehnte es ab, sechs der acht vorgelegten Fragen zu beantworten, da sie "offensichtlich keinerlei Bezug zu dem Sachverhalt aufweisen, der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegt"(102). Zwei Beispiele mögen genügen, um dies zu verdeutlichen. Die erste Vorlagefrage bezog sich auf den Import von Gebrauchtwagen, während es in der siebten Vorlagefrage um Kraftfahrzeuge ging, die vor dem Jahre 1951 gebaut worden waren(103). Im vorliegenden Fall ist hingegen nicht zu verkennen, daß die vorgelegten Fragen sich auf den Sachverhalt beziehen, der von dem vorlegenden Gericht zu würdigen war. In seinem zweiten Beschluß in der Rechtssache Monin stellte der Gerichtshof fest, daß die vorgelegten Fragen nur für eine eventuelle Haftungsklage gegen die französische Verwaltung und für eine Klage vor der französischen Wettbewerbsbehörde Bedeutung haben konnten. Der vorlegende Richter hatte jedoch lediglich bestimmte Aufgaben im Rahmen des Konkursverfahrens wahrzunehmen. Keine der beiden erwähnten Klagen war vor ihm erhoben worden oder konnte vor ihm erhoben werden. Der vorlegende Richter hatte daher nicht die Aufgabe, die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, um die es ging, anzuwenden(104). Im vorliegenden Fall hat das nationale Gericht hingegen gerade festgestellt, daß es zur Entscheidung des ihm vorgelegten Rechtsstreits zuständig ist. Noch wichtiger erscheint in diesem Zusammenhang das Urteil in der Sache Corsica Ferries(105). Der Gerichtshof stellte dort fest, daß die Kommission zu Recht bemerkt habe, daß sich der Antrag, über den das vorlegende Gericht zu entscheiden habe, nur auf bestimmte Sachverhalte beziehe. Aus diesem Grunde wurden diejenigen Vorlagefragen, die sich auf andere Sachverhalte bezogen, zurückgewiesen(106). Wie ich schon mehrmals erwähnt habe, beantragt Herr Bosman jedoch im Verfahren vor den nationalen Gerichten gerade, die Ausländerklauseln für auf ihn nicht anwendbar zu erklären. Der Beschluß in der Sache La Pyramide ist sehr knapp formuliert, doch scheint die Begründung derjenigen zu entsprechen, die der Gerichtshof im Falle Corsica Ferries gebrauchte(107).

93 An einem Zusammenhang zwischen der zweiten Vorlagefrage und dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens fehlt es demnach meines Erachtens nicht. Selbst wenn man jedoch dem nicht folgen wollte, wäre zu beachten, daß eine Zurückweisung der Vorlagefrage nur in Frage käme, wenn es offensichtlich an einem solchen Zusammenhang fehlte. Davon jedenfalls kann nach dem oben Gesagten keine Rede sein.

94 In den Begründungen der dieser Fallgruppe zuzurechnenden Entscheidungen wird allerdings nicht nur auf das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen der erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits abgestellt, sondern zugleich erwähnt, daß ein solcher Zusammenhang auch hinsichtlich der Wirklichkeit des Ausgangsverfahrens bestehen müsse(108). Diese Erwägung, die für die oben erörterten Urteile dieser Fallgruppe keine Rolle gespielt hat, knüpft ersichtlich an die Begründung an, die der Gerichtshof in Urteilen der dritten Fallgruppe verwendet hat. Die Frage nach der "Wirklichkeit" eines Rechtsstreits kann nämlich nur bedeuten, daß zu prüfen ist, ob nicht im Grunde ein fiktiver oder konstruierter Rechtsstreit vorliegt. Darauf werde ich sogleich eingehen, wenn ich die Relevanz der Urteile der dritten Fallgruppe für das vorliegende Verfahren erörtere.

95 Zuvor sind jedoch noch die auf die Entscheidung der Cour de cassation vom 30. März 1995 gestützten Einwände zu behandeln, deren Erörterung mir an dieser Stelle am sinnvollsten scheint. Die von der französischen Regierung vorgetragene Erwägung, die zweite Vorlagefrage habe sich möglicherweise aufgrund dieser Entscheidung erledigt, hält der Nachprüfung nicht stand. Diese Vorlagefrage war nicht unmittelbar Gegenstand des Kassationsverfahrens und ist daher von der Cour de cassation nicht erörtert worden. In den Gründen dieser Entscheidung legt das Gericht seine Auffassung dar, wonach die Cour d'appel Lüttich in ihrem Urteil vom 1. Oktober 1993 nicht festgestellt habe, daß der Antrag von Herrn Bosman auf Feststellung der Nichtanwendbarkeit der Ausländerregel der URBSFA auf seine Person zulässig sei. Darin kann durchaus eine Korrektur des Urteils des vorlegenden Gerichts gesehen werden, da dieses - wie bereits erwähnt - sämtliche Klagen als zulässig angesehen hatte. Meines Erachtens beschränkt sich die Entscheidung jedoch insoweit auf die Berichtigung eines möglichen Versehens der Cour d'appel Lüttich. Die Ausländerklausel des belgischen Verbandes kann Herrn Bosman als belgischen Staatsangehörigen in der Tat in keiner Weise in seinen Rechten tangieren. Dies hat jedoch für die Beurteilung der den Ausländerklauseln geltenden zweiten Vorlagefrage keine Konsequenzen, da Herr Bosman einen entsprechenden Antrag auf Feststellung der Nichtanwendbarkeit auch gegen die UEFA gestellt hat und dieser Antrag die UEFA-Regeln oder die auf ihnen beruhenden Regeln der nationalen Verbände betraf.

96 Wenden wir uns nun den Fällen der dritten Fallgruppe zu, die für die Frage der Zulässigkeit der Vorlagefragen von entscheidender Bedeutung sind. Wie bereits erwähnt, ist eine Reihe von Verfahrensbeteiligten der Ansicht, mit der zweiten Vorlagefrage würde versucht, den Gerichtshof zu bewegen, zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen Stellung zu nehmen. Die UEFA und die URBSFA machen zudem geltend, es handele sich hier um einen fiktiven oder konstruierten Rechtsstreit.

97 Es ist nicht zu übersehen, daß sowohl der einen wie der anderen Ansicht eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen ist. Dies gilt allerdings nur für die zweite Vorlagefrage. Was die Frage nach der Vereinbarkeit des Transfersystems mit dem Gemeinschaftsrecht anlangt, kann kein Zweifel daran bestehen, daß Herr Bosman ein Anliegen verfolgt, das ebenso legitim wie verständlich ist. Herr Bosman hat durch die - zutreffende oder unrichtige - Anwendung der Transferregeln einen Schaden erlitten, dessen Wiedergutmachung er vor den nationalen Gerichten erstreiten möchte. Daß er dabei zugleich die Rechtmäßigkeit des Transfersystems als solche in Frage stellt, ist sein gutes Recht.

Weniger einleuchtend ist hingegen, warum er auch gegen die Ausländerklauseln zu Felde zieht. Es ist nicht ersichtlich, daß Herr Bosman bisher durch die Anwendung dieser Klauseln in einem konkreten Fall hinsichtlich der Ausübung seines Berufs als Fußballspieler behindert worden wäre. Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, daß er bereits bei Vereinen im Ausland gespielt hat. Seine Schwierigkeiten, nach den Vorkommnissen im Sommer 1990 einen neuen Verein zu finden, dürften - von anderen Umständen abgesehen - weniger auf seine Staatsangehörigkeit als vielmehr auf den Boykott zurückzuführen sein, der gegen ihn gerichtet gewesen zu sein scheint. Man könnte daher durchaus den Standpunkt vertreten, daß die Möglichkeit, Herr Bosman könnte durch die Anwendung dieser Ausländerklauseln in Zukunft einen Nachteil erleiden, durchaus fraglich und rein hypothetischer Natur sei.

Außerdem ist bemerkenswert, daß die Frage nach etwaigen aus der Anwendung der Ausländerklauseln resultierenden Nachteilen weder in der ursprünglich erhobenen Klage noch in dem Verfahren der einstweiligen Anordnung eine Rolle spielte. Es scheint, daß diese Frage erst mit der im August 1991 von Herrn Bosman erhobenen Klage bedeutsam wurde. Die Erwägungen, mit denen das vorlegende Gericht seine Auffassung zu begründen sucht, wonach diese Frage bereits von Anfang an in den Anträgen von Herrn Bosman angelegt gewesen sei, scheinen mir nicht über jeden Zweifel erhaben.

98 Der Gerichtshof könnte daher auf der Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung durchaus zu dem Ergebnis gelangen, daß die zweite Vorlagefrage als unzulässig abzuweisen ist. Ich möchte dem Gerichtshof jedoch nachdrücklich empfehlen, diesen Schritt nicht zu tun. Meines Erachtens genügt es nicht, darauf abzustellen, daß der Vorlagefrage ein - möglicherweise - hypothetischer Sachverhalt zugrunde liegt. Vielmehr ist auf Sinn und Zweck der Möglichkeit zur Zurückweisung von Vorlagefragen abzustellen. Diese Prüfung führt meines Erachtens zu dem Ergebnis, daß eine Zurückweisung der Vorlagefrage möglich, aber weder notwendig noch sachgemäß ist. Die Gründe hierfür sind im folgenden darzulegen.

99 Zuvor ist jedoch kurz auf die Frage nach dem hypothetischen Charakter der Vorlagefrage einzugehen. Das Verfahren vor den belgischen Gerichten betrifft eine Klage, durch die das Eintreten eines künftigen Schadens abgewehrt werden soll. Es dürfte keiner ausführlichen Erläuterungen bedürfen, um zu begründen, daß der Umstand, daß es sich um einen erst in der Zukunft zu erwartenden Schaden handelt, für den vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung ist. Eine Vorlagefrage ist nicht bereits aus dem Grunde hypothetischer Natur, daß der Tatbestand, den sie zugrunde legt, noch nicht eingetreten ist. Die vorbeugende Feststellungsklage ist ein wichtiges Mittel zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Ein Gericht, das mit einer solchen Klage befaßt wird, muß daher auch die Möglichkeit haben, den Gerichtshof nach der Auslegung des anwendbaren Gemeinschaftsrechts zu befragen.

Andererseits ist klar, daß diese Möglichkeit nicht grenzenlos sein kann. Da der Gerichtshof, wie er selbst zutreffend festgestellt hat, durch Artikel 177 EG-Vertrag dazu berufen wird, "einen Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten zu leisten"(109), braucht er nur tätig zu werden, wo es seiner Hilfe tatsächlich bedarf. Dies ist nicht der Fall, wenn es um rein hypothetische Fragen geht, deren Beantwortung nicht zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beiträgt. Dies muß auch für Klagen der hier vorliegenden Art gelten.

100 Nun ist es bekanntlich so, daß die Zulässigkeit solcher Klagen aus vergleichbaren Gründen auch nach nationalem Recht Beschränkungen unterworfen ist. Die nationalen Gerichte sollen nur tätig werden, wo dies wirklich erforderlich ist. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts knüpft der bereits genannte Artikel 18 des belgischen Code judiciaire daher die Zulässigkeit einer solchen Klage an mehrere Bedingungen. Danach ist die Klage unter anderem nur dann zulässig, wenn das fragliche Recht in schwerer und ernsthafter und nicht nur hypothetischer Weise bedroht ist. Da die Cour d'appel Lüttich die Klage im vorliegenden Fall für zulässig erklärt hat, ist sie offensichtlich der Auffassung gewesen, daß der Rechtsstreit keineswegs nur hypothetischer Natur war.

101 Diese Ansicht des nationalen Gerichts ist für den Gerichtshof nicht verbindlich. Die Cour d'appel Lüttich hatte über die Zulässigkeit der bei ihr anhängigen Klage zu entscheiden. Der Gerichtshof hat hingegen im Rahmen des Artikels 177 EG-Vertrag zu beurteilen, ob die Vorlagefrage ihn zur Abgabe eines Gutachtens zu einer hypothetischen Frage auffordern würde. Es ist allerdings klar, daß der Gerichtshof die Auffassung des nationalen Gerichts zu berücksichtigen hat. Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich, daß der nationale Richter am besten beurteilen kann, ob er einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes bedarf. Der Gerichtshof sollte von dieser Einschätzung nur in begründeten Ausnahmefällen abweichen. Schon dieser Umstand spricht dagegen, die betroffene Vorlagefrage im vorliegenden Fall als unzulässig zu betrachten.

102 Dazu kommt, daß das vorlegende Gericht die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Frage der möglichen Unzulässigkeit von Vorlagefragen gekannt und im Vorlagebeschluß kurz rekapituliert hat. Wenn die Cour d'appel Lüttich die zweite Vorlagefrage gleichwohl vorgelegt hat, bedeutet dies, daß sie ungeachtet dieser Rechtsprechung der Auffassung war, daß sie einer Antwort des Gerichtshofes auf diese Frage bedurfte, um über das vor ihr anhängige Verfahren entscheiden zu können. Auch dies wird der Gerichtshof in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen haben.

103 Wie ich jedoch bereits angedeutet habe, erscheint mir die Frage nach dem möglicherweise hypothetischen Charakter der Vorlagefrage nicht ausschlaggebend zu sein. Vielmehr ist zu fragen, ob im vorliegenden Fall ein Mißbrauch des Verfahrens nach Artikel 177 festzustellen ist, der den Gerichtshof zur Zurückweisung der Vorlagefrage berechtigen würde. Es ist daher zu fragen, ob das Verfahren des Artikels 177 im vorliegenden Fall "zu anderen als den diesem Verfahren eigenen Zwecken" benutzt wurde, wie es der Gerichtshof im Falle Foglia/Novello formuliert hat(110).

104 Der Gerichtshof hat in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, daß das Verfahren des Artikels 177 ihm die Aufgabe überträgt, "einen Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten" zu leisten(111). Dieser Beitrag besteht darin, daß der Gerichtshof den nationalen Gerichten eine für diese verbindliche Antwort über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts erteilt, deren sie bedürfen, um die vor ihnen anhängigen Verfahren entscheiden zu können. Diese Aufgabe ist ein Ausfluß der dem Gerichtshof allgemein gestellten Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des EG-Vertrags zu sichern, die in Artikel 164 EG-Vertrag niedergelegt ist. Der Gerichtshof braucht daher meines Erachtens nach Artikel 177 EG-Vertrag nur tätig zu werden, soweit dies erforderlich ist, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Das Verfahren des Artikels 177 würde daher mißbraucht, wenn dem Gerichtshof Fragen vorgelegt würden, durch deren Beantwortung er keinen Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten leisten würde.

105 Zur Entscheidung der Frage, ob im vorliegenden Fall von einem solchen Mißbrauch gesprochen werden kann, sind zunächst die beiden wichtigsten Urteile des Gerichtshofes auf diesem Gebiet - die Urteile Foglia/Novello und Meilicke - näher zu untersuchen. In dem Falle Meilicke(112) betraf das Ausgangsverfahren einen Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht, durch den ein Aktionär gegen den Vorstand der Gesellschaft auf Erteilung bestimmter Auskünfte klagte. Diese Auskünfte betrafen unmittelbar eine von der Gesellschaft vorgenommene Kapitalerhöhung und die Verwendung der dadurch erlangten Mittel. Im Grunde ging es ihm jedoch um die Frage, ob die vom Zweiten Senat des Bundesgerichtshofs entwickelte Lehre zur verdeckten Sacheinlage mit den relevanten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar war. Die Vorlagefragen betrafen die Auslegung dieser Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. Das vorlegende Gericht führte aus, daß die bei ihm anhängige Klage zurückzuweisen wäre, wenn die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sein sollte.

Der Gerichtshof wies darauf hin, daß nach den Angaben des vorlegenden Gerichts nicht geklärt sei, ob diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im konkreten Fall überhaupt einschlägig war und schloß daraus, daß es sich bei den Vorlagefragen um hypothetische Fragen handelte. Zudem stellte er sich auf den Standpunkt, daß das nationale Gericht ihm nicht alle Informationen zur Verfügung gestellt hatte, die er zur Beantwortung der Vorlagefragen benötigte. Aus diesen Gründen wies der Gerichtshof die Vorlagefragen als unzulässig ab(113).

Diese Begründung läßt manche Frage offen. Sie wird besser verständlich, wenn man sie mit den klaren Ausführungen von Generalanwalt Tesauro vergleicht. Der Generalanwalt machte darauf aufmerksam, daß Herr Meilicke im Verfahren vor dem nationalen Gericht (und auch schon zuvor) die These verfochten hatte, daß die betreffende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemeinschaftsrechtswidrig sei. Herr Meilicke vertrat daher eine Auffassung, die zur Abweisung seiner Klage führen mußte. Generalanwalt Tesauro konstatierte daher ebenso zutreffend wie knapp: "Die beim vorlegenden Gericht anhängige Streitigkeit ist ersichtlich vom Antragsteller $konstruiert` worden."(114)

106 Der vorliegende Fall ist damit nicht zu vergleichen. Die Vorlagefrage betrifft unmittelbar den Klageantrag von Herrn Bosman. Herr Bosman vertritt zudem die Ansicht, daß die Ausländerklauseln gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Die Richtigkeit dieser Ansicht ist eine der Voraussetzungen für den Erfolg seiner Klage vor den belgischen Gerichten.

107 Der Sachverhalt des Falles Foglia/Novello wurde bereits geschildert. Drei Punkte fallen dabei auf. Erstens liegt auf der Hand, daß in diesem Fall offensichtlich alle Parteien einvernehmlich zusammenwirkten, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes zu erlangen. Zweitens maß der Gerichtshof ersichtlich der Tatsache Bedeutung bei, daß in diesem Verfahren die Vorschriften eines Mitgliedstaates durch ein konstruiertes Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat in Frage gestellt wurden. Dies wird in dem Urteil nicht gesagt, doch der Hinweis auf die Belange der Mitgliedstaaten, denen der Gerichtshof Rechnung zu tragen habe(115), ist meines Erachtens deutlich genug. Drittens ist offensichtlich, daß die Zurückweisung der Vorlagefragen insoweit folgenlos blieb, als jedes Gericht, das mit einem tatsächlichen, diese französischen Vorschriften betreffenden Rechtsstreit konfrontiert würde, die Möglichkeit behielt, den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zu diesen Fragen zu ersuchen. So hätte etwa die mit dem Transport der Weinsendung beauftragte Firma oder einer der anderen Beteiligten die Festsetzung der fraglichen Abgaben durch die französischen Behörden vor den dafür zuständigen französischen Gerichten anfechten können. Diese Gerichte hätten den Gerichtshof dann um eine Vorabentscheidung ersuchen können.

108 Im vorliegenden Fall ist zunächst klar, daß der Rechtsstreit vor den belgischen Gerichten allenfalls insoweit "konstruiert" oder "fiktiv" sein kann, als es den Antrag des Klägers betrifft. Die beklagten Verbände sind mit der Vorgehensweise von Herrn Bosman gerade nicht einverstanden und machen die Unzulässigkeit der Vorlagefrage geltend. Nicht zuletzt die mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshof hat deutlich gemacht, daß es sich bei dem vorliegenden Verfahren um einen echten und keineswegs um einen "fiktiven" oder "konstruierten" (Rechts-)Streit handelt.

109 Was die Frage anlangt, ob der Ausgangsrechtsstreit möglicherweise vor einem Gericht eines Mitgliedstaats in einer Weise anhängig gemacht worden ist, welche die Rechte anderer Mitgliedstaaten oder anderer Beteiligter aus anderen Mitgliedstaaten gefährden könnte, könnte allenfalls die UEFA betroffen sein, die ihren Sitz nicht in Belgien, sondern in der Schweiz hat. Mit dieser Begründung hat die UEFA auch im Ausgangsverfahren die Zuständigkeit der belgischen Gerichte in Abrede gestellt. Es ist jedoch unzweifelhaft, daß die Regelungen der UEFA unter anderem in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gelten. Daher sind die Gerichte jedes dieser Mitgliedstaaten in der Lage, die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Regeln mit dem Gemeinschaftsrecht aufzuwerfen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß diese Frage von den Gerichten der Schweiz gar nicht erörtert oder dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vorgelegt werden könnte.

110 Ich komme also zu dem Ergebnis, daß die vorgelegten Fragen nach dem Wortlaut des Artikels 177 und auch nach der hierzu jüngst ergangenen Rechtsprechung zulässig sind.

111 Selbst wer diese Schlußfolgerung im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung bestreiten will, wird nicht umhinkönnen, zuzugeben, daß der Gerichtshof allenfalls das Recht, keineswegs aber die Pflicht hat, die hier vorgelegte(n) Frage(n) als unzulässig zurückzuweisen. Es stellt sich somit die Frage, ob der Gerichtshof von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollte.

112 Der Grund, der mich dazu bestimmt, diese Frage zu verneinen, besteht darin, daß ich nicht erkenne, wie die Frage nach der Vereinbarkeit der Ausländerklauseln mit Artikel 48 EG-Vertrag (für die Artikel 85 und 86 mag anderes gelten) den Gerichtshof auf anderem Wege erreichen könnte. Obwohl die Kommission diese Klauseln schon seit langem kritisiert, hat sie kein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 169 eingeleitet, da ihr dessen Erfolgsaussichten aus formalen Gründen ungewiß erschienen(116). Ein diese Klauseln betreffendes Ersuchen eines nationalen Gerichts um Vorabentscheidung hat den Gerichtshof seit dem (noch zu erörternden) Fall Donà im Jahre 1976 nicht mehr erreicht. Dies scheint mir kein Zufall zu sein. Die Betroffenen sind entweder nicht willens oder nicht in der Lage, eine gerichtliche Klärung der Frage herbeizuführen.

113 Die Erfahrung der letzten Jahre bestätigt dies. In wenigstens zwei Fällen haben die Ausländerklauseln bereits eine ausschlaggebende Rolle gespielt, ohne daß die Betroffenen dagegen gerichtliche Schritte eingeleitet hätten(117). In einem Fall, der sich in den Niederlanden zutrug, wurde das Spiel wiederholt(118). Der zweite Fall trug sich unlängst in Deutschland zu. Im Frühjahr 1995 empfing der abstiegsgefährdete 1. FC Nürnberg in einem Spiel der zweiten deutschen Bundesliga den SV Meppen. Wenige Minuten vor dem Ende wechselten die Nürnberger beim Stand von 2:0 versehentlich einen vierten Ausländer ein, der die österreichische Staatsangehörigkeit besaß. Der DFB wertete das Spiel, das mit 2:0 für Nürnberg geendet hatte, wegen dieses Regelverstoßes mit 2:0 Punkten und 2:0 Toren für den SV Meppen. Die Nürnberger nahmen diesen Punkteabzug hin. Dies bestätigt die bekannte Einsicht, daß sich die Beteiligten im Sportbereich in aller Regel freiwillig an die vereinbarten Regeln halten und nicht gewillt sind, ihre Streitigkeiten vor die nationalen Gerichte zu tragen(119).

114 Unabhängig davon ist schwer vorstellbar, wie eine solche Streitigkeit den Gerichtshof anders erreichen könnte als auf dem Weg, der im vorliegenden Fall beschritten wurde. Hätte der 1. FC Nürnberg sich zum Beispiel in dem genannten Fall an die nationalen Gerichte gewandt und hätten diese eine Vorlagefrage an den Gerichtshof gerichtet, hätte es - wie das vorliegende Verfahren belegt - bis zu einer Antwort geraume Zeit gedauert. Dies hätte bedeuten können, daß die Frage des Abstiegs aus der zweiten Bundesliga (mit allen damit verbundenen Folgen für die anderen Mannschaften) erst nach zwei Jahren oder gar später geklärt worden wäre. Daß dies untragbar gewesen wäre, liegt auf der Hand.

115 Denkbar wäre allenfalls, daß ein Spieler vor den nationalen Gerichten klagt, wenn der Verein, für den er spielen wollte, seine Bewerbung um einen Arbeitsvertrag mit der Begründung abgelehnt hätte, er sei Ausländer und könne nicht engagiert werden, weil der betreffende Verein ihn wegen der Ausländerklausel nicht einsetzen könne. Alles spricht jedoch dafür, daß es sich hierbei um einen hypothetischen Fall handelt, der kaum je Wirklichkeit werden dürfte. Es läßt sich außerdem kaum vorstellen, daß ein Spieler es vermag, einen solchen Rechtsstreit zu initiieren und zu Ende zu führen. Das Beispiel von Herrn Bosman belegt die Schwierigkeiten, mit denen ein solcher Spieler fertig werden müßte, mit aller Deutlichkeit.

116 Kommt es hingegen tatsächlich zu einem Verfahren vor nationalen Gerichten, so zeigt die Erfahrung aus anderen Sportbereichen, daß der Gerichtshof nicht zwangsläufig konsultiert wird(120). Die Gerichte von Lüttich, die mit dem Ausgangsverfahren befaßt waren, stellen insoweit die Ausnahme von der Regel dar.

117 Aus dem Vorstehenden läßt sich die Schlußfolgerung ziehen, daß es äußerst unwahrscheinlich ist, daß den Gerichtshof jemals wieder eine Vorlagefrage erreicht, welche die Vereinbarkeit der Ausländerklauseln mit dem Gemeinschaftsrecht aufwirft. Ebenso klar ist, daß die Fußballverbände der Ansicht sind, daß die Ausländerklauseln mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und daß sie nicht gewillt sind, von ihnen Abstand zu nehmen. Die Beantwortung der Vorlagefrage würde es dem Gerichtshof erlauben, die Frage zu klären und die Unklarheiten zu beseitigen, welche die bisherige Rechtsprechung übrig gelassen hat. Damit würde der Gerichtshof meines Erachtens sehr wohl einen "Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten" leisten. Jedenfalls kann unter diesen Umständen der Cour d'appel Lüttich schwerlich ein Mißbrauch des Verfahrens nach Artikel 177 EG-Vertrag vorgeworfen werden. Lehnt der Gerichtshof die Beantwortung der Frage hingegen ab, bleibt die Regelung dieses Bereichs weiterhin dem Belieben der Sportverbände überlassen. Dies halte ich für schwer erträglich.

Ich vermag auch nicht zu erkennen, welches schutzwürdige Interesse die betroffenen Verbände daran haben könnten, daß die Vorlagefrage nicht beantwortet wird. Der Nachdruck, mit dem diese Beteiligten ihre These von der Unzulässigkeit der zweiten Vorlagefrage verfochten, könnte bei einem unbeteiligten Betrachter leicht den Eindruck erwecken, als sei eine Prüfung der Ausländerklauseln am Maßstab des Gemeinschaftsrechts ganz einfach unerwünscht. Daß eine solche Absicht - wenn sie tatsächlich gegeben sein sollte - nicht zu berücksichtigen wäre, versteht sich von selbst.

118 Wie ich schon ausgeführt habe, besitzt der Gerichtshof die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorlagefrage zurückzuweisen. Dies bedeutet nicht, daß er von dieser Möglichkeit in jedem Fall Gebrauch machen muß. Im vorliegenden Fall sprechen die besseren Argumente meines Erachtens dafür, die Vorlagefrage zu beantworten. Ich darf im übrigen daran erinnern, daß zum Beispiel auch Generalanwalt Tesauro im Fall Meilicke trotz der geschilderten Umstände der Ansicht war, der Gerichtshof solle die vorgelegten Fragen beantworten(121).

119 Schließlich spricht für eine Beantwortung der Vorlagefrage auch das Urteil im Fall Donà. Dazu ist es erforderlich, sich den Sachverhalt zu vergegenwärtigen, der diesem Urteil zugrunde lag. Zur fraglichen Zeit (1976) war im italienischen Berufsfußball der Einsatz von Ausländern grundsätzlich völlig verboten. Der Präsident eines Fußballklubs hatte jedoch Herrn Donà beauftragt, in ausländischen Fußballerkreisen zu sondieren, ob sich Spieler finden ließen, die bereit wären, für diesen italienischen Verein zu spielen. Herr Donà ließ daher in einer belgischen Sportzeitung eine entsprechende Anzeige veröffentlichen. Der Auftraggeber lehnte den Ersatz der dabei entstandenen Kosten jedoch ab, da Herr Donà voreilig gehandelt habe. Er berief sich auf die Regeln des italienischen Verbandes, die einem Einsatz von ausländischen Spielern im Wege standen. Herr Donà klagte daher den entsprechenden Betrag vor dem Giudice Conciliatore Rovigo ein. Dieser befragte den Gerichtshof nach der Vereinbarkeit der Ausländerklausel mit dem Gemeinschaftsrecht(122).

Mehrere Kommentatoren haben den Verdacht geäußert, daß es sich bei dem Ausgangsrechtsstreit um ein konstruiertes Verfahren handelte, das nur den Zweck hatte, den Gerichtshof zu einer Stellungnahme zu den Ausländerklauseln zu bewegen(123). Dieser Verdacht ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Der Gerichtshof hat die vorgelegten Fragen gleichwohl beantwortet - und dies zu Recht. Er sollte dies daher auch im vorliegenden Fall tun und sich nicht weigern, den erbetenen Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten zu leisten, um den er wiederholt ersucht worden ist.

III - Bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes im Sportbereich

120 Der Gerichtshof hat in den siebziger Jahren in zwei grundlegenden Entscheidungen zur Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts im Sportbereich Stellung genommen. Es handelt sich dabei um das Urteil Walrave(124) einerseits und das bereits mehrfach erwähnte Urteil Donà andererseits. Diese Entscheidungen sind im vorliegenden Verfahren ausführlich erörtert worden. Es ist daher für die Prüfung der beiden Vorlagefragen von Vorteil, diese beiden Urteile vorab kurz vorzustellen.

121 Die zuerst genannte Rechtssache betraf zwei niederländische Staatsangehörige, Herrn Walrave und Herrn Koch, die sich berufsmäßig als Schrittmacher an Bahnradrennen - den sogenannten "Steher-Rennen" - beteiligten. Bei dieser Sportart hat jeder beteiligte Radrennfahrer einen Schrittmacher auf einem Motorrad, in dessen Windschatten er fährt. Zu den Rennen, an denen die Betroffenen teilnahmen, gehörten die Weltmeisterschaften. Die Union Cycliste Internationale (der internationale Radsportverband) hatte für diese Weltmeisterschaften ein Reglement aufgestellt, dem zufolge von 1973 an Schrittmacher und Radrennfahrer dieselbe Nationalität besitzen mußten. Herr Walrave und Herr Koch waren der Ansicht, daß diese Regel gegen das Gemeinschaftsrecht verstieß. Die von ihnen angerufene Arrondissementsrechtbank Utrecht legte dem Gerichtshof mehrere Fragen vor, die unter anderem die Artikel 7, 48 und 59 EWG-Vertrag betrafen.

122 Der Gerichtshof prüfte zunächst die Frage, ob das Gemeinschaftsrecht im Bereich des Sports Anwendung finden kann:

"Angesichts der Ziele der Gemeinschaft unterfallen sportliche Betätigungen nur insoweit dem Gemeinschaftsrecht, als sie einen Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Artikel 2 des Vertrages ausmachen. Läßt sich eine solche Betätigung als entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung kennzeichnen, so gelten für sie, je nach Lage des Einzelfalls, die besonderen Bestimmungen der Artikel 48 bis 51 oder 59 bis 66 des Vertrages. Diese Bestimmungen konkretisieren den in Artikel 7 des Vertrages enthaltenen allgemeinen Grundsatz und verbieten bei der Ausübung der in ihnen aufgeführten Tätigkeiten jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung. In dieser Hinsicht kommt es nicht entscheidend auf die Art der Rechtsbeziehungen an, die diesen Leistungen zugrunde liegen, da Arbeits- wie auch Dienstleistungen in gleicher Weise dem Diskriminierungsverbot unterliegen. Dieses Verbot spielt jedoch keine Rolle bei der Aufstellung von Wettkampfmannschaften, etwa in der Form von Nationalmannschaften, da es bei der Bildung dieser Mannschaften um Fragen geht, die ausschließlich von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben. Diese Beschränkung des Geltungsbereichs darf indessen nicht weiter gehen, als die Zweckbestimmung der besagten Vorschriften dies erfordert."(125)

Die Entscheidung der Frage, ob es sich im vorliegenden Fall um eine demnach dem Gemeinschaftsrecht unterfallende Tätigkeit handelte und ob dabei Schrittmacher und Steher eine Mannschaft bildeten, überließ der Gerichtshof dem nationalen Gericht(126). Er fügte hinzu, daß bei der Beantwortung der Vorlagefragen "dem vorstehend umrissenen beschränkten Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts Rechnung getragen" werde(127).

123 Der Gerichtshof wandte sich dann dem Problem zu, ob das Gemeinschaftsrecht auch auf Satzungen privater Sportverbände Anwendung finden könne. Der Gerichtshof bejahte diese Frage:

"Das Verbot der unterschiedlichen Behandlung gilt nicht nur für Akte der staatlichen Behörden, sondern erstreckt sich auch auf sonstige Maßnahmen, die eine kollektive Regelung im Arbeits- oder Dienstleistungsbereich enthalten. Denn die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr - eines der in Artikel 3 Buchstabe c des Vertrages aufgeführten wesentlichen Ziele der Gemeinschaft - wäre gefährdet, wenn die Beseitigung der staatlichen Schranken dadurch in ihren Wirkungen wieder aufgehoben würde, daß privatrechtliche Vereinigungen oder Einrichtungen kraft ihrer rechtlichen Autonomie derartige Hindernisse aufrichteten ..."(128)

Der Gerichtshof entschied, daß dieses zunächst für Artikel 48 begründete Ergebnis gleichermaßen für Artikel 59 galt:

"Die in Artikel 59 aufgeführten Leistungen unterscheiden sich ihrer Natur nach nicht von den in Artikel 48 erwähnten, sondern nur dadurch, daß sie außerhalb eines Arbeitsvertrages erbracht werden. Allein dieser Unterschied kann es nicht rechtfertigen, den Freiheitsraum, den es zu wahren gilt, enger zu fassen"(129).

124 Noch bedeutsamer für den vorliegenden Fall ist das Urteil Donà, dessen Sachverhalt bereits geschildert wurde(130). Der Gerichtshof bestätigte in dieser Entscheidung unter Hinweis auf das Urteil Walrave, daß das Gemeinschaftsrecht auf die Satzungen von Sportverbänden Anwendung findet(131).

In der Sache selbst führte der Gerichtshof folgendes aus:

"Angesichts der Ziele der Gemeinschaft unterfallen sportliche Betätigungen insoweit dem Gemeinschaftsrecht, als sie einen Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Artikel 2 des Vertrages ausmachen. Dies gilt für die Tätigkeit von Fußballprofis oder -halbprofis, da diese Tätigkeit eine entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung darstellt. Haben solche Spieler die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats, so gelten für sie also in allen Mitgliedstaaten die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr.

Diese Vorschriften stehen jedoch einer Regelung oder Praxis nicht entgegen, welche die ausländischen Spieler von der Mitwirkung bei bestimmten Begegnungen aus nichtwirtschaftlichen Gründen ausschließt, die mit dem besonderen Charakter und Rahmen dieser Begegnungen zusammenhängen und deshalb ausschließlich den Sport als solchen betreffen, wie dies zum Beispiel bei Begegnungen zwischen Nationalmannschaften verschiedener Länder der Fall ist. Diese Beschränkung des Geltungsbereichs der fraglichen Vertragsartikel darf indessen nicht weiter gehen, als ihr Zweck dies erfordert. Es ist Sache des innerstaatlichen Gerichts, unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen die zur Prüfung gestellte Tätigkeit zu werten."(132)

125 Aus diesen beiden Urteilen lassen sich folgende Schlüsse ziehen, die für den vorliegenden Fall relevant sind:

1. Auch die Satzungen von privaten Sportverbänden unterliegen dem Gemeinschaftsrecht.

2. Der Bereich des Sports unterfällt dem Gemeinschaftsrecht, soweit er einen Teil des Wirtschaftslebens ausmacht.

3. Die Tätigkeit von Berufsfußballspielern stellt eine entgeltliche Tätigkeit dar und unterfällt daher dem Gemeinschaftsrecht.

4. Auf diese Tätigkeit sind entweder Artikel 48 oder Artikel 59 anwendbar, ohne daß sich daraus Unterschiede ergäben.

5. Der Gerichtshof läßt bestimmte Ausnahmen von den in diesen Vorschriften enthaltenen Verboten zu. Während im Urteil Walrave die Frage der Aufstellung von Wettkampfmannschaften noch von dem Verbot ausgenommen wird, beschränkt der Gerichtshof die Ausnahme im Urteil Donà auf den Ausschluß ausländischer Spieler von bestimmten Begegnungen. In beiden Urteilen werden die Ausnahmen mit nichtwirtschaftlichen Gründen, die ausschließlich den Sport betreffen, in Verbindung gebracht.

IV - Auslegung von Artikel 48

1. Anwendbarkeit des Artikels 48

126 Obwohl der Gerichtshof im Fall Donà entschieden hat, daß die Tätigkeit von Fußballprofis oder -halbprofis einen Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Artikel 2 EG-Vertrag darstellt und damit dem Gemeinschaftsrecht unterfällt, haben die URBSFA und die UEFA verschiedene Argumente vorgetragen, aus denen sich ihres Erachtens ergibt, daß im vorliegenden Fall weder Artikel 48 noch die Vorschriften des EG-Kartellrechts anwendbar seien. Keines dieser Argumente vermag zu überzeugen.

127 Die URBSFA hat geltend gemacht, daß nur die großen europäischen Fußballvereine eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübten. Dies gelte jedoch nicht für die im vorliegenden Fall betroffenen Vereine, nämlich den RC Lüttich und die US Dünkirchen. Wenn es sich bei der Tätigkeit dieser Vereine gleichwohl um eine wirtschaftliche Tätigkeit handeln sollte, so sei diese geringfügiger Natur. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Wie der Gerichtshof zu Recht festgestellt hat, ist der Berufsfußball eine Wirtschaftstätigkeit. Welchen Umfang diese Tätigkeit hat, ist ebenso unerheblich wie die Frage, inwieweit sie zu einem Gewinn führt.

128 Die UEFA macht im Hinblick auf die Transferklauseln geltend, die Anwendung des Artikels 48 auf diese Regeln und ihre Auswirkungen ließen sich schwerlich auf den Bereich des Berufsfußballs beschränken. Da diese Regeln unter anderem den Zweck verfolgten, die kleineren Vereine zu subventionieren, hätte eine auf den Bereich des Berufsfußballs beschränkte Entscheidung des Gerichtshofes notgedrungen Konsequenzen für die gesamte Organisation des Fußballsports. Dieses Argument betrifft die Folgen der Entscheidung des Gerichtshofes, nicht aber die Frage der Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts und kann dieser daher nicht im Wege stehen. Die möglichen Folgen der Entscheidung des Gerichtshofes werden aber bei der Beantwortung der Vorlagefragen zu berücksichtigen sein.

129 Unter anderem unter Hinweis auf die Tatsache, daß die meisten der ihr angehörenden Fußballvereine das Statut einer "Association sans but lucratif" hätten, hat die URBSFA nachzuweisen versucht, daß die Transferklauseln keinen Bezug zu dem Verhältnis zwischen dem Verein und seinem Spieler aufwiesen und Artikel 48 daher nicht anwendbar sei. Wenn ich dieses Vorbringen richtig verstehe, macht die URBSFA geltend, die Transferklauseln beträfen lediglich das Verhältnis der Klubs zueinander, während Artikel 48 nur für das Arbeitsverhältnis zwischen Klub und Spieler Bedeutung habe. Dem ist nicht zu folgen. Die von der URBSFA vorgeschlagene Unterscheidung ist künstlicher Natur und wird der Realität nicht gerecht. Die Transferklauseln haben - wie noch zu zeigen sein wird - eine unmittelbare und zentrale Bedeutung für einen Spieler, der seinen Verein wechseln will. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall: Hätte es die Transferregeln nicht gegeben, hätte dem Wechsel von Herrn Bosman zur US Dünkirchen nichts im Wege gestanden. Es kann daher nicht ernsthaft behauptet werden, diese Klauseln beträfen lediglich die Rechtsbeziehungen zwischen den Vereinen. Dies bedeutet noch nicht, daß diese Klauseln gegen Artikel 48 verstießen. Dies wird vielmehr im Nachfolgenden zu prüfen sein. Dabei wird auch zu untersuchen sein, ob diese Klauseln - wie insbesondere die UEFA geltend macht - rein sportlicher Natur sind.

130 Die UEFA trägt außerdem einige Argumente politischer Natur vor. Unter anderem stellt sie die Frage, ob Artikel 48, der keine Ausnahmen zulasse, zur Lösung der Probleme des Sportbereichs geeignet sei. Diese Frage stellt sich jedoch meines Erachtens nicht. Der Berufsfußball ist eine wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt daher dem Gemeinschaftsrecht. Den Besonderheiten dieses Sektors kann bei der Auslegung der entsprechenden Vorschriften Rechnung getragen werden. Entsprechendes gilt für den Hinweis der UEFA auf das nunmehr in Artikel 3b EG-Vertrag niedergelegte Subsidiaritätsprinzip. Das Subsidiaritätsprinzip gilt jedoch nach dem Wortlaut von Artikel 3b nicht im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeiten der Gemeinschaft, etwa im Bereich der Grundfreiheiten. Aus diesem Prinzip kann auch nicht abgeleitet werden, daß das Gemeinschaftsrecht keine Anwendung auf den Bereich des Berufsfußballs finden könnte.

131 Schließlich macht die UEFA geltend, es handele sich hier um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt, auf den Artikel 48 bekanntlich nicht angewandt werden könne. Sie stellt dabei darauf ab, daß es um einen Streit zwischen einem Fußballspieler belgischer Staatsangehörigkeit gegen den belgischen Verband gehe, der die Erteilung der Freigabebescheinigung betroffen habe, die es ihm erlaubt hätte, seinen Verein zu verlassen. Diese Argumentation überzeugt nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung sind die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit zwar "nicht auf Betätigungen anwendbar, deren Elemente sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen"(133). Dem Ausgangsrechtsstreit liegt jedoch der gescheiterte Wechsel von einem belgischen zu einem französischen Verein zugrunde. Dieses Scheitern hinderte Herrn Bosman, zu dem französischen Verein zu wechseln und dadurch von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Es liegt also ersichtlich ein Sachverhalt vor, der über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist. Für die Ausländerklauseln versteht sich dies ohnehin von selbst.

132 Im folgenden werde ich untersuchen, ob die Transferregeln einerseits und die Ausländerklauseln andererseits mit Artikel 48 vereinbar sind. Es erscheint mir sachgerecht, dabei mit der Prüfung der Ausländerklauseln zu beginnen.

2. Artikel 48 und die Ausländerklauseln

a) Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 48

133 Die ersten beiden Absätze von Artikel 48 EG-Vertrag haben folgenden Wortlaut:

"(1) Spätestens bis zum Ende der Übergangszeit wird innerhalb der Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hergestellt.

(2) Sie umfaßt die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen."

Nach Artikel 48 Absatz 3 gibt die Freizügigkeit den Arbeitnehmern "vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen" das Recht, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben, sich zu diesem Zweck im Gebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, sich zum Zweck der Ausübung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufzuhalten und gegebenenfalls dort nach dem Ende der Beschäftigung zu bleiben. Artikel 48 Absatz 4, der eine Ausnahme für die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung vorsieht, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle.

134 Der Gerichtshof hat in seinem Urteil im Falle Donà offen gelassen, ob für die Tätigkeit der Berufsfußballspieler die für Arbeitnehmer geltenden Vorschriften des Artikels 48 oder die Bestimmungen über Dienstleistungen (Artikel 59 ff.) gelten. Die Vorlagefragen beziehen sich allein auf Artikel 48. In der Tat erscheint es richtig, die bei einem Fußballverein tätigen Berufsfußballspieler als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf diese Vorschrift. Am Ergebnis würde sich jedoch nichts ändern, wenn die Prüfung am Maßstabe der Artikel 59 ff. zu erfolgen hätte.

135 Es bedarf keiner tiefschürfenden Erwägungen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, daß die Ausländerklauseln diskriminierenden Charakter haben. Es handelt sich um einen geradezu klassischen Fall der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Diese Klauseln beschränken die Zahl der Spieler aus anderen Mitgliedstaaten, die ein Verein in einem bestimmten Mitgliedstaat in einem Spiel einsetzen darf. Damit werden diese Spieler gegenüber den Spielern, die die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzen, hinsichtlich des Zugangs zu den Arbeitsplätzen benachteiligt. Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft(134), wonach die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, durch welche die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern "zahlen- oder anteilmäßig" beschränkt wird, auf Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten keine Anwendung finden. Die Ausländerklauseln sind daher mit dem Diskriminierungsverbot des Artikels 48 Absatz 2 nicht zu vereinbaren, soweit sie Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten betreffen(135).

136 Die UEFA macht geltend, diese Klauseln verstießen gleichwohl nicht gegen Artikel 48, da sie lediglich die Frage beträfen, wie viele ausländische Spieler ein Verein in einem Spiel einsetzen dürfe. Jedem Klub sei es jedoch unbenommen, so viele ausländische Spieler unter Vertrag zu nehmen, wie er wolle. Herr Bosman und die Kommission vertreten zu Recht die Auffassung, daß dies nichts daran ändert, daß die fraglichen Klauseln das Recht auf Freizügigkeit beeinträchtigen. Jeder vernünftig planende und agierende Klub wird die Ausländerklauseln bei seiner Personalpolitik berücksichtigen. Kein solcher Klub wird daher mehr - oder bedeutend mehr - ausländische Spieler anstellen, als er in einem Spiel einsetzen darf(136). Lediglich einige wenige Großvereine werden in der Lage sein, sich den Luxus zu leisten, mehr ausländische Spieler zu verpflichten, als sie einsetzen können(137). Zu Recht ist auch auf die Vorschrift des Artikels 48 Absatz 3 Buchstabe c hingewiesen worden, wonach sich Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten im Gebiet eines Mitgliedstaats aufhalten dürfen, um dort "nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben"(138). Die gegenwärtige Regel, wonach nur die Zahl der jeweils einsetzbaren ausländischen Spieler beschränkt wird, nicht mehr die Zahl dieser Spieler, die ein Klub verpflichten kann, stellt zwar insoweit sicherlich einen Fortschritt gegenüber früher dar, ändert aber nichts daran, daß diese Regel nach wie vor gegen Artikel 48 verstößt(139). Gleiches gilt für den Umstand, daß nach den von der UEFA im Jahre 1991 eingeleiteten Änderungen jetzt mehr ausländische Spieler eingesetzt werden dürfen als früher.

b) Mögliche Ausnahme oder Rechtfertigung

137 Es ist jedoch zu überlegen, ob die Ausländerklauseln im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofes gleichwohl als rechtmäßig betrachtet werden können. Wie bereits erwähnt, hat der Gerichtshof im Urteil Walrave die Auffassung vertreten, daß das Diskriminierungsverbot des Artikels 48 "bei der Aufstellung von Wettkampfmannschaften, etwa in der Form von Nationalmannschaften", keine Rolle spiele. Im Fall Donà hat er hingegen entschieden, daß dieses Verbot nicht verletzt sei, wenn ausländische Spieler "von der Mitwirkung bei bestimmten Begegnungen aus nichtwirtschaftlichen Gründen" ausgeschlossen werden, "die mit dem besonderen Charakter und Rahmen dieser Spiele zusammenhängen und deshalb ausschließlich den Sport als solchen betreffen, wie dies zum Beispiel bei Begegnungen zwischen Nationalmannschaften verschiedener Länder der Fall ist"(140).

138 Meines Erachtens ist zunächst darauf hinzuweisen, daß für den vorliegenden Zusammenhang die im Urteil Donà gewählte Formulierung zu betrachten ist. Dafür spricht nicht nur der Umstand, daß dieses Urteil nach dem Urteil Walrave erlassen wurde und anders als dieses den Fußballsport betraf, um den es hier geht. Die Formulierung im Urteil Donà stellt darüber hinaus eine Einschränkung des im Urteil Walrave gewählten Ansatzes dar. Dies ist schon daraus ersichtlich, daß es im Fall Donà eben um die Zusammensetzung von Mannschaften ging. Wäre die Frage nach der Zusammensetzung von Mannschaften tatsächlich "ausschließlich von sportlichem Interesse", wie der Gerichtshof im Urteil Walrave anzunehmen schien, hätte der Gerichtshof sich in der Rechtssache Donà mit einem einfachen Verweis auf dieses Urteil begnügen können. Er hat dies zu Recht nicht getan, da ihm wohl nicht entgangen war, daß die Frage nach der Zusammensetzung von Wettkampfmannschaften sehr wohl von anderen als sportlichen Motiven beherrscht sein kann.

139 Dem Gerichtshof ist jedoch zu Recht vorgeworfen worden, daß er weder in seinem Urteil Walrave noch in seinem Urteil Donà eine klare Antwort auf die gestellten Fragen gab(141). Weder die Grundlage dieser "Ausnahme" noch deren Umfang sind aus den Urteilen mit Sicherheit abzuleiten. Dem Wortlaut der beiden Urteile zufolge - wo von einer "Beschränkung des Geltungsbereichs" des Gemeinschaftsrechts die Rede ist - scheint es sich um eine Art von begrenzter Bereichsausnahme zu handeln(142). Offensichtlich ist jedenfalls, daß der Gerichtshof in diesen Urteilen die Auffassung vertrat, daß Regeln, durch die vorgeschrieben wird, daß in der Nationalmannschaft eines Landes nur Spieler eingesetzt werden dürfen, welche die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzen, gemeinschaftsrechtskonform sind. Das Ergebnis erscheint naheliegend und überzeugend, ist aber nicht einfach zu begründen. Insbesondere angesichts des Umstandes, daß Spiele zwischen Nationalmannschaften - man denke nur an die Fußball-Weltmeisterschaft - in der heutigen Zeit durchaus erhebliche finanzielle Bedeutung haben, wird man kaum noch davon ausgehen können, es handele sich hierbei nicht (auch) um eine wirtschaftliche Betätigung(143). Auf Artikel 48 Absatz 3 läßt sich die vom Gerichtshof zugelassene Ausnahmeregelung nicht stützen(144). Da die Frage hier nicht entscheidungsrelevant ist, brauche ich in diesem Zusammenhang nicht näher auf sie einzugehen(145).

140 Wie auch immer diese Ausnahme begründet werden mag - im vorliegenden Fall ist sie jedenfalls meines Erachtens nicht anwendbar. Der Gerichtshof hat im Urteil Donà den Ausschluß von Ausländern ausdrücklich auf bestimmte Begegnungen beschränkt, die sich durch einen besonderen Charakter und Rahmen auszeichnen, und noch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Beschränkung nicht weiter gehen dürfe, als es ihr Zweck erfordere. Wollte man es zulassen, daß Spieler aus anderen Mitgliedstaaten auch von Begegnungen der nationalen Ligen ausgeschlossen werden könnten, würde das Recht auf Freizügigkeit für diese Personen entwertet oder im Extremfall völlig beseitigt(146). Dies kann nicht richtig sein. Es trifft zwar zu, daß der Gerichtshof in beiden Urteilen die Nationalmannschaften lediglich als Beispiel anführte. Daraus kann man jedoch nicht ableiten, daß der Gerichtshof der Ansicht war, Ausländerklauseln seien zulässig, was die nationalen Ligen anlange. Generalanwalt Trabucchi hatte dies zwar in seinen Schlußanträgen in der Sache Donà für möglich gehalten(147). Meines Erachtens läßt sich dies jedoch weder mit der äußerst restriktiven Umschreibung dieser Ausnahme durch den Gerichtshof im Urteil Donà noch mit dem effet utile von Artikel 48 vereinbaren. Zu Recht ist angemerkt worden, daß der Gerichtshof, als er Begegnungen von Nationalmannschaften als Beispiel nannte, im übrigen an Spiele anderer Landes-, Bezirks- oder ähnlicher Repräsentationsmannschaften gedacht haben mag(148).

141 Zur Rechtfertigung der Ausländerklauseln sind eine Reihe weiterer Erwägungen angeführt worden, die nunmehr noch zu prüfen sind. Dabei sind im wesentlichen drei Gruppen von Argumenten zu unterscheiden. Erstens wird betont, der nationale Aspekt spiele im Fußball eine gewichtige Rolle. Die Identifikation der Zuschauer mit den jeweiligen Mannschaften sei nur gewährleistet, wenn diese wenigstens mehrheitlich aus Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats bestehen. Außerdem verträten die in den nationalen Ligen erfolgreichen Teams ihren Staat in den internationalen Wettbewerben. Zweitens wird geltend gemacht, daß die Regeln erforderlich seien, um sicherzustellen, daß genügend Spieler für die jeweilige Nationalmannschaft vorhanden seien. Ohne die Ausländerklauseln würde auch die Ausbildung der Nachwuchsspieler beeinträchtigt. Drittens schließlich wird behauptet, die Ausländerklauseln dienten dem Zweck, ein gewisses Gleichgewicht unter den Klubs zu sichern, da andernfalls die großen Klubs die besten Spieler an sich ziehen könnten.

142 Die zuerst genannten Argumente knüpfen allem Anschein nach an die Bemerkung des Gerichtshofes im Fall Donà an, wonach die Begegnungen, von denen ausländische Spieler ausgeschlossen werden dürfen, einen besonderen Charakter und Rahmen aufweisen. In besonders prononcierter Weise hat sich in diesem Zusammenhang der Vertreter der deutschen Regierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof geäußert. Er hat behauptet, daß der "nationale Charakter der Leistung" den Profifußball in der ersten Liga präge. Ein Blick auf die Wirklichkeit des heutigen Fußballs zeigt, daß dies nicht den Tatsachen entspricht. Die überwiegende Mehrzahl der Vereine in den ersten Ligen der Mitgliedstaaten setzt ausländische Spieler ein. In der deutschen Bundesliga zum Beispiel ist mir kein Verein bekannt, der völlig auf ausländische Spieler verzichten würde. Betrachtet man die erfolgreichsten europäischen Klubs der letzten Jahre, so wird deutlich, daß fast alle mehrere Ausländer in ihren Reihen haben. In vielen Fällen sind es gerade diese ausländischen Spieler gewesen, die die betreffende Mannschaft geprägt haben - man denke nur an das Team des AC Mailand zu Anfang der neunziger Jahre, zu dessen Stützen die holländischen Spieler Gullit, Rijkaard und van Basten zählten. Es mögen zwar von Land zu Land bestimmte Unterschiede existieren, was etwa die Spielweise oder die Mentalität der Spieler anlangt. Dies hat den Einsatz ausländischer Spieler in den nationalen Ligen keineswegs verhindert.

Selbst wenn der "nationale Aspekt" jedoch die Bedeutung haben sollte, die ihm von manchen zugeschrieben wird, könnte er die Ausländerklauseln nicht rechtfertigen. Das Recht auf Freizügigkeit und das Verbot der Diskriminierung der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gehören zu den Fundamenten der Gemeinschaftsordnung. Die Ausländerklauseln verletzen diese Prinzipien in so offensichtlicher und gravierender Weise, daß jede Berufung auf Nationalinteressen, die sich nicht auf Artikel 48 Absatz 3 stützen läßt, ihnen gegenüber als unzulässig angesehen werden muß.

143 Auch was die Identifikation der Zuschauer mit den Mannschaften anlangt, bedarf es keiner ausführlichen Erörterungen, um die Schwäche dieses Argumentes aufzuzeigen. Wie die Kommission und Herr Bosman zu Recht ausgeführt haben, ist die große Mehrheit der Anhänger eines Vereins viel mehr am Erfolg ihres Vereins als an der Zusammensetzung der Mannschaft interessiert(149). Die Teilnahme ausländischer Fußballspieler hindert die Anhänger eines Teams auch nicht daran, sich mit diesem zu identifizieren. Ganz im Gegenteil erweist es sich nicht selten, daß diese Spieler die Bewunderung und Zuneigung der Fußballfreunde in besonderem Maße auf sich ziehen. Zu den populärsten Spielern, die der TSV 1860 München jemals hatte, zählt ohne Zweifel der aus dem damaligen Jugoslawien stammende Petar Radenkovic. Der englische Nationalspieler Kevin Keegan war jahrelang Publikumsliebling beim Hamburger SV. Die Beliebtheit von Eric Cantona bei Manchester United sowie von Jürgen Klinsmann bei seinem früheren Verein Tottenham Hotspurs ist weithin bekannt.

Die Inkonsequenz der Vertreter dieser Auffassung zeigt sich im übrigen, wenn man eine von der URBSFA in diesem Zusammenhang vorgetragene Erwägung betrachtet. Demnach sollten, da die Klubs oft die Namen eines Ortes trügen, die Zuschauer in der betreffenden Mannschaft Spieler derselben Nationalität sehen dürfen. Wählt ein Klub einen Namen, der den Namen eines Orts enthält, so könnte man jedoch allenfalls erwarten oder verlangen, daß die Spieler dieses Klubs aus dem betreffenden Ort stammen. Jedem ist jedoch bewußt, daß zum Beispiel von den Spielern des FC Bayern München nur einige aus Bayern (oder gar aus München) stammen. Wenn insoweit die Staatsangehörigen aus anderen Teilen des betreffenden Staates ohne weiteres akzeptiert werden, ist nicht einzusehen, warum dies nicht auch für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gelten soll.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß der Erfolg und die Spielweise einer Mannschaft in bedeutendem Maße von ihrem Trainer bestimmt werden. Der Gerichtshof hat jedoch bereits festgestellt, daß die Fußballtrainer an dem Recht auf Freizügigkeit nach Artikel 48 teilhaben(150). Er hat dabei überhaupt nicht erwogen, daß diese Personen dabei etwa anderen als den von Artikel 48 ausdrücklich zugelassenen Beschränkungen unterworfen sein könnten. In der Praxis wird von diesem Recht denn auch rege Gebrauch gemacht. Das bekannteste Beispiel ist wohl der FC Barcelona, der seit langem einen holländischen Trainer hat. Der Hamburger SV hat seine größten Erfolge mit einem österreichischen Trainer errungen, und der FC Bayern München hatte in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe ausländischer Trainer. Auch die Nationalmannschaft eines Landes wird nicht immer von einem Staatsangehörigen dieses Landes betreut. So ist zum Beispiel der Trainer der irischen Nationalmannschaft ein Engländer. Dies unterstreicht, daß von einer "nationalen" Prägung des Fußballsports in dem Sinne, daß Spieler und Trainer die Staatsangehörigkeit des Landes haben müßten, in dem der betreffende Klub seinen Sitz hat, kaum die Rede sein kann.

144 Weiterhin wird vorgetragen, die in den nationalen Ligen erfolgreichen Klubs verträten den jeweiligen Mitgliedstaat in den europäischen Wettbewerben und müßten daher wenigstens überwiegend aus Staatsangehörigen dieses Staates bestehen. Der "Deutsche Meister" zum Beispiel könne daher nur in einem Wettstreit von Vereinsmannschaften ermittelt werden, in denen "noch eine Mindestzahl deutscher Spieler mitwirkt"(151). Auch dieses Argument vermag nicht zu überzeugen. Zum einen können die Befürworter dieser These nicht erklären, warum gerade die derzeitig praktizierte Regelung erforderlich sein soll, um dies sicherzustellen. Wenn es nämlich darauf ankäme, daß eine Mannschaft überwiegend aus Staatsangehörigen des betreffenden Staates besteht, würde es angesichts einer Zahl von 11 Spielern je Mannschaft genügen, generell bis zu fünf ausländische Spieler zuzulassen. Wenn gar nur eine "Mindestzahl" der Spieler die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates haben müßten, wären sogar noch mehr ausländische Spieler zuzulassen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff des "Deutschen Meisters" ohne weiteres auch anders ausgelegt werden kann, als es die Vertreter dieser Auffassung fordern. Nichts steht dem Verständnis im Wege, wonach damit der Verein bezeichnet wird, der aus den in Deutschland durchgeführten Spielen als Erster hervorgegangen ist(152).

Das Argument vermag jedoch auch aus einem anderen Grunde nicht zu überzeugen. Die Ausländerklauseln gelten zum Beispiel in Deutschland nicht für Amateurteams. Einige dieser Teams nehmen in Deutschland an dem vom DFB organisierten Pokalwettbewerb teil. Es ist daher theoretisch denkbar, daß eine aus 11 ausländischen Fußballspielern bestehende Amateurmannschaft den DFB-Pokal gewinnt und damit die Berechtigung erwirbt, am Europapokal der Pokalsieger teilzunehmen. Daß es sich nicht um einen lediglich hypothetischen Fall handelt, zeigt das Beispiel der Amateure von Hertha BSC Berlin, die im Jahre 1993 das deutsche Pokalfinale erreichten. Noch wesentlich deutlicher zeigt sich die Schwäche des genannten Arguments, wenn man bedenkt, daß ein Verband wie Schottland keine Ausländerklausel kennt und die übrigen britischen Verbände für das Verhältnis zueinander besondere Regeln vorsehen(153). Es kann daher durchaus geschehen, daß die Vereine dieser Verbände in den von ihren Verbänden organisierten Ligen und Wettbewerben eine Vielzahl von Spielern aus anderen Mitgliedstaaten einsetzen, jedoch gezwungen werden, die Zahl dieser Spieler zu beschränken, wenn sie an den Wettbewerben der UEFA teilnehmen. Ich vermag nicht zu erkennen, wie man in einem solchen Fall mit dem genannten Argument begründen könnte, daß Berufsfußballspielern aus der Europäischen Gemeinschaft die Teilnahme an den Europapokalwettbewerben versagt wird.

145 Auch die zweite Gruppe von Einwendungen vermag nicht zu überzeugen. Es ist durch nichts erwiesen, daß die Nachwuchsförderung in einem Mitgliedstaat beeinträchtigt würde, wenn die Ausländerklauseln wegfielen. Nur wenige Spitzenvereine setzten so gezielt auf die Förderung des eigenen Nachwuchses wie zum Beispiel Ajax Amsterdam. Die meisten Talente bahnen sich ihren Weg nach oben hingegen über kleine Vereine, für welche diese Klauseln nicht gelten(154). Außerdem spricht viel für die Annahme, daß die Beteiligung ausländischer Spitzenspieler die Entwicklung des Fußballs fördert(155). Ein früher Kontakt mit ausländischen Stars "kann für einen Nachwuchsspieler nur vorteilhaft sein"(156).

Richtig ist allerdings, daß die Zahl der für einheimische Spieler zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze um so kleiner wird, je mehr ausländische Spieler von den Klubs angestellt und eingesetzt werden. Dabei handelt es sich jedoch um eine Folge, die das Recht auf Freizügigkeit notwendigerweise mit sich bringt. Im übrigen spricht wenig dafür, daß die Beseitigung der Ausländerklauseln dazu führen könnte, daß in einer Liga die Spieler mit der Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates zu einer kleinen Minderheit werden. Der Wegfall der Ausländerklauseln würde die Klubs nicht dazu verpflichten, (mehr) Ausländer einzustellen, sondern ihnen die Möglichkeit geben, dies zu tun, wenn sie sich davon Erfolg versprechen.

146 Auch das Argument, die Ausländerklauseln seien notwendig, um sicherzustellen, daß genügend Spieler für die Nationalmannschaft herangebildet werden, überzeugt nicht. Sogar wenn man diese Erwägung im Lichte der Urteile des Gerichtshofes in den Fällen Walrave und Donà als legitim erachten wollte, könnte sie die Ausländerklauseln nicht rechtfertigen. Wie ich schon erwähnte, ist es unwahrscheinlich, daß der Zuzug ausländischer Spieler so groß werden sollte, daß die einheimischen Spieler nicht mehr zum Zuge kämen. Dabei ist auch von Bedeutung, daß der Erfolg oder Mißerfolg der eigenen Nationalmannschaft sich auch auf das Interesse an den Spielen der Klubs des betreffenden Landes auswirkt. Der Gewinn der Fußballweltmeisterschaft etwa löst in aller Regel ein verstärktes Interesse der Zuschauer auch an den Spielen der nationalen Liga aus. Es liegt daher im eigensten Interesse der Klubs eines Landes, zum Erfolg der Nationalmannschaft beizutragen, indem sie geeignete Spieler heranbilden und zur Verfügung stellen. Das Prestige, das diese Spieler in der Nationalmannschaft erwerben, kommt auch den Klubs als solchen zugute. Im übrigen ist auf das Beispiel Schottlands hinzuweisen, wo das Fehlen von Ausländerklauseln offensichtlich nicht dazu geführt hat, daß es an Spielern für die Auswahlmannschaft fehlt (157).

Außerdem finden sich in den Nationalmannschaften der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft heutzutage sehr oft Spieler, die ihren Beruf im Ausland ausüben, ohne daß davon besondere Nachteile ausgingen. Es genügt, daß die Spieler zu den jeweiligen Spielen der Nationalmannschaft abgestellt werden müssen, so wie dies die derzeit geltenden Regeln der Verbände auch vorsehen. Das beste Beispiel stellt vielleicht die dänische Nationalmannschaft dar, die 1992 die Europameisterschaft gewann. In der deutschen Nationalmannschaft, die 1990 Weltmeister wurde, standen mehrere Spieler, die in einer ausländischen Liga spielten. Es ist daher nicht ersichtlich, daß die Ausländerklauseln notwendig wären, um die Spielstärke der eigenen Nationalmannschaft zu sichern.

147 Schließlich wird drittens vorgetragen, die Ausländerklauseln dienten dazu, das Gleichgewicht zwischen den Klubs zu wahren. Nach Ansicht der URBSFA könnten sich andernfalls die großen Klubs die Dienste der besten Spieler aus der ganzen Gemeinschaft sichern und dadurch den wirtschaftlichen und sportlichen Abstand zu den anderen Vereinen noch vergrößern. Das darin zum Ausdruck kommende Anliegen ist - wie ich später noch näher erläutern werde - legitim. Jedoch bin ich wie Herr Bosman der Ansicht, daß es andere Mittel gibt, um dieses Ziel zu erreichen, ohne das Recht auf Freizügigkeit zu beeinträchtigen. Im übrigen sind diese Klauseln ohnehin nur sehr bedingt geeignet, für ein Gleichgewicht zwischen den Klubs zu sorgen. Die reichsten Klubs sind nach wie vor in der Lage, sich die besten - und damit zugleich in der Regel teuersten - ausländischen Stars zu leisten. Zugleich hat ein solcher Klub die Möglichkeit, die besten einheimischen Spieler zu verpflichten, ohne daß ihm irgendeine vergleichbare Klausel dabei Grenzen ziehen würde.

148 Nur der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß der Umstand, daß die derzeit geltenden Ausländerklauseln möglicherweise gemeinsam mit der Kommission erarbeitet und von dieser vielleicht sogar gebilligt wurden, ohne rechtliche Bedeutung ist. Die Kommission ist weder befugt noch in der Lage, durch ihr Handeln den Geltungsbereich oder die Bedeutung der Vorschriften des EG-Vertrags zu verändern. Die verbindliche Auslegung dieser Vorschriften kommt allein dem Gerichtshof zu.

3. Artikel 48 und die Transferregeln

a) Anwendbare Regeln

149 Wenden wir uns nun der Erörterung der Frage zu, ob die Transferregeln mit Artikel 48 vereinbar sind. Dabei stellt sich zunächst die Vorfrage, welches Reglement den Gegenstand der Prüfung bilden soll. Gehören der bisherige Verein eines Spielers und sein neuer Verein demselben Verband an, so finden auf den Wechsel die Transferregeln dieses Verbandes Anwendung. Für einen Wechsel innerhalb Belgiens zum Beispiel gilt daher das Reglement der URBSFA. Nicht völlig klar ist hingegen, welche Regeln im Bereich der Gemeinschaft anzuwenden waren, wenn der bisherige und der neue Verein verschiedenen Verbänden angehörten. Die Frage scheint seit dem UEFA-Transferreglement 1993 geklärt zu sein, das wie bereits erwähnt vorsieht, daß für internationale Vereinswechsel im Bereich der UEFA das FIFA-Reglement gilt. Lediglich für die Berechnung der Ablösesummen ist auf das UEFA-Transferreglement 1993 zurückzugreifen, falls die betroffenen Vereine keine Einigung über deren Höhe erzielen können (158). Das Scheitern des Wechsels von Herrn Bosman zur US Dünkirchen ereignete sich jedoch im Jahre 1990, also bevor das UEFA-Transferreglement 1993 in Kraft trat. Es ist strittig, welche Regeln damals in der Gemeinschaft auf internationale Transfers anzuwenden waren. Die UEFA behauptet, daß ihr damals geltendes Reglement einschlägig gewesen wäre. Das vorlegende Gericht ist jedoch der Auffassung, daß tatsächlich die damals geltenden Vorschriften der FIFA angewandt worden seien.

150 Ich bin jedoch wie das vorlegende Gericht der Auffassung, daß diese Frage für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung ist. Richtig ist zwar, daß das UEFA-Transferreglement 1990 vorschrieb, daß die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den betroffenen Vereinen die sportliche Tätigkeit des Spielers nicht beeinflussen sollten, soweit es um die Frage nach der Ablösesumme ging(159). Dies ist gewiß ein Fortschritt gegenüber dem damals geltenden FIFA-Reglement 1986, dem zufolge durch die für die Spielberechtigung erforderliche Freigabebescheinigung des bisherigen Verbandes bestätigt wurde, daß die Frage der Ablösesumme geregelt worden war(160). Im Gegensatz zu diesen FIFA-Regeln war es nach den UEFA-Regeln daher möglich, daß ein Spieler bereits eingesetzt werden konnte, bevor die betroffenen Vereine sich über die Höhe der Ablösesumme geeinigt hatten. Dieser Fortschritt ist jedoch nur scheinbar. Auch nach den UEFA-Regeln war eine Ablösesumme zu zahlen. Für den Fall, daß sich die Vereine über deren Höhe nicht einigen konnten, wurde diese - wie nach der heute geltenden Regelung - durch die UEFA festgelegt. Für den Fall, daß der neue Verein diese Ablösesumme nicht zahlen sollte, drohten ihm erhebliche Sanktionen. Es ist daher offensichtlich, daß kein vernünftig und vorsichtig kalkulierender Verein bereit sein dürfte, einen Spieler zu engagieren, bevor die Höhe der Ablösesumme geklärt ist oder bevor er sich zumindest vergewissert hat, welchen Betrag er im Hoechstfall zu zahlen hätte. Ein Verein wird den Spieler nur anstellen, wenn er bereit und in der Lage ist, diesen Betrag zu zahlen(161). Die Höhe der Transfersumme spielt daher auch dann, wenn man die neueren Regeln der UEFA zugrunde legt, eine ausschlaggebende Rolle für die Frage, ob ein Spieler seinen Verein wechseln kann. Das vorlegende Gericht hat es daher zu Recht abgelehnt, auf die von der UEFA vorgeschlagene Änderung des Wortlauts seiner Vorlagefragen einzugehen(162).

b) Artikel 48 als Diskriminierungsverbot

151 Nach Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag umfaßt die Freizügigkeit der Arbeitnehmer die "Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen". Der Gerichtshof hat dieses Diskriminierungsverbot in einer Vielzahl von Entscheidungen angewandt und dabei darauf hingewiesen, daß durch diese Vorschrift das allgemeine Verbot der Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, das Artikel 6 EG-Vertrag (früher Artikel 7 EWG-Vertrag) aufstellt, in dem besonderen Bereich, den sie regelt, umgesetzt worden ist(163). Dieses Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit ist weit auszulegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes verbietet Artikel 48 "nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen"(164).

152 Es ist daher zu prüfen, ob die hier zu untersuchenden Transferregeln dazu führen, daß Angehörige anderer Mitgliedstaaten in irgendeiner Weise diskriminiert werden.

153 Die URBSFA verneint dies mit der Begründung, daß die Transferregeln ihres Reglements auf alle Spieler gleichermaßen angewandt würden, ohne daß dabei nach deren Staatsangehörigkeit unterschieden würde. Auch die UEFA stellt in Abrede, daß ihre Transferregeln zu einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führten. Diese Regeln fänden unterschiedslos auf alle Spieler Anwendung, die von ihnen erfaßt würden. Auch die Regierungen Italiens, Frankreichs und Deutschlands haben den Standpunkt vertreten, daß die Transferregeln nicht zu einer Diskriminierung im Sinne von Artikel 48 Absatz 2 führten. Die Kommission hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, die Transferregeln führten nicht zu einer Diskriminierung. In der mündlichen Verhandlung hat sie hingegen die Meinung vertreten, daß Diskriminierungen möglich seien. Herr Bosman hat die Auffassung vertreten, daß das System der Transferregeln grundsätzlich keinen diskriminierenden Charakter aufweise. Er hat jedoch auf einige Aspekte der Anwendung dieser Transferregeln hingewiesen, aus denen sich seines Erachtens ergibt, daß Diskriminierungen möglich sind. Der Vertreter der dänischen Regierung hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung geäußert, daß nicht geklärt sei, ob die Transferregeln zu solchen Diskriminierungen führten oder ob dies nicht der Fall sei.

154 Meines Erachtens kann nicht bezweifelt werden, daß die Anwendung der Transferregeln in der Gemeinschaft grundsätzlich zu Diskriminierungen führen kann. Es sind dabei drei verschiedene Sachverhalte zu unterscheiden.

155 Der erste Sachverhalt ist dabei der auf den ersten Blick einleuchtendste. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in denen das Reglement eines Verbandes entweder für sich genommen oder in Verbindung mit den Regeln der UEFA und der FIFA notwendigerweise dazu führt, daß ein Wechsel ins Ausland ungünstiger behandelt wird als ein Wechsel innerhalb des eigenen Verbandes. Dies scheint auf der Grundlage des vorgelegten Materials zum Beispiel in Dänemark der Fall zu sein. Betrachtet man die Modalitäten für die Berechnung der Ablösesumme bei einem Wechsel innerhalb Dänemarks einerseits und bei einem Wechsel ins Ausland andererseits, so zeigt sich, daß die Ablösesumme im letztgenannten Fall wesentlich höher sein dürfte(165). Noch deutlicher läßt sich dies anhand der bereits erwähnten Regel des französischen Verbandes zeigen, wonach die fällige Ablösesumme bei einem Wechsel ins Ausland verdoppelt wird(166).

In diesen Fällen ist es also das Reglement eines Verbandes, das für sich genommen dazu führt, daß Spieler, die ins Ausland wechseln wollen, ungünstiger behandelt werden als Spieler, die zu einem Verein desselben Verbandes wechseln wollen. Es handelt sich dabei allerdings um eine Diskriminierung, die nicht (oder wenigstens nicht unmittelbar) an die Staatsangehörigkeit des Spielers anknüpft. Es kann jedoch offen bleiben, ob es sich in einem solchen Fall um eine versteckte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit handeln könnte. Es ist nämlich klar, daß durch eine solche Ungleichbehandlung ein Spieler davon abgehalten werden kann, von seinem Recht auf Freizügigkeit nach Artikel 48 Gebrauch zu machen. Solche Diskriminierungen verstoßen daher gegen Artikel 48, dessen Zweck gerade darin besteht, den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne deshalb Nachteile gewärtigen zu müssen. Der Gerichtshof hat diese Erwägung etwa im Bereich der sozialen Sicherheit der Wanderarbeitnehmer bereits des öfteren seinen Entscheidungen zugrunde gelegt(167). In einem neueren Urteil hat er unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung ganz allgemein ausgeführt, "daß die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Gemeinschaftsbürgern die Ausübung jeder Art von Erwerbstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern solle und Maßnahmen entgegenstehe, die diese dann benachteiligen könnten, wenn sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollten"(168).

156 Vergleichbar gelagert sind die Fälle, in denen das Reglement eines Verbandes im Verbund mit den Regeln der UEFA oder der FIFA zu einer Ungleichbehandlung führt. Auch hier kann die französische Regelung als Beispiel herangezogen werden. Wie wir bereits gesehen haben, kann bei einem Wechsel eines Spielers nach dieser Regelung nur dann eine Ablösesumme fällig sein, wenn es sich um den ersten Vereinswechsel eines Berufsspielers handelt(169). Weitere Wechsel innerhalb Frankreichs sind daher möglich, ohne daß eine Ablösesumme fällig würde. Für Wechsel ins Ausland gelten jedoch die Regeln der UEFA und der FIFA, die von dem Grundsatz ausgehen, daß eine Ablösesumme zu entrichten ist. Für denselben Spieler, der frei zu einem anderen französischen Verein wechseln kann, ist demnach eine Ablösesumme zu zahlen, wenn er ins Ausland wechselt. Die Kommission und Herr Bosman haben zu Recht auf diesen Umstand hingewiesen. In der Tat hätte ein Spieler, der sich in der Lage von Herrn Bosman befunden hätte, aber in der französischen Liga tätig gewesen wäre, frei zu einem anderen französischen Verein wechseln können. Hätte er hingegen die Absicht gehabt, zu einem belgischen Verein zu wechseln, hätte dieser für ihn eine Ablösesumme zahlen müssen. Das Zusammenspiel der Regeln des nationalen Verbandes mit den Regeln der internationalen Fußballverbände hat demnach zur Konsequenz, daß ein in Frankreich tätiger Spieler leichter zu einem anderen französischen Verein wechseln kann als ins Ausland. Auch darin ist ein Verstoß gegen Artikel 48 zu sehen.

Ähnliche Wirkungen dürften die in Spanien geltenden Transferregelungen erzeugen. Berufsspieler, die mindestens 25 Jahre alt sind, können nämlich innerhalb Spaniens frei wechseln, ohne daß dabei Ablösesummen fällig würden(170). Bei einem Wechsel ins Ausland kann der bisherige Verein dagegen nach den Regeln der UEFA und der FIFA eine Ablösesumme verlangen.

157 Diese Fälle von Diskriminierungen spielen jedoch für das vorliegende Verfahren keine Rolle, da die Regeln der URBSFA, um die es hier geht, weder für sich genommen noch im Verbund mit den Regeln der UEFA oder der FIFA entsprechende Wirkungen entfalten, die dazu führen würden, daß ein Wechsel ins Ausland ungünstiger behandelt würde als ein Wechsel innerhalb des belgischen Verbandes.

158 Dies könnte anders sein, was den zweiten Sachverhalt anlangt. Eine Benachteiligung der Spieler, die ins Ausland wechseln wollen, könnte nämlich auch dann gegeben sein, wenn die in solchen Fällen zu entrichtenden Ablösesummen jeweils höher wären als diejenigen Ablösesummen, die bei einem Wechsel zu einem Verein desselben Verbandes anfielen. Da die Ablösesummen in der Regel frei ausgehandelt werden, kann man dabei allerdings nur die Ablösesummen miteinander vergleichen, die aufgrund der jeweiligen Reglements zu zahlen sind, wenn sich die Vereine nicht über die Höhe des Betrages einigen. Im vorliegenden Fall führte die Anwendung der Verbandssatzung der URBSFA bekanntlich zur Festsetzung einer Tranfersumme in Höhe von 11 743 000 BFR für den Fall eines Zwangstransfers(171). Herr Bosman hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß die Festlegung der Transfersumme anhand der von der UEFA verwendeten Kriterien praktisch notwendigerweise dazu führe, daß ein Betrag festgesetzt werde, der weit über dem tatsächlichen Marktwert des Spielers liege. In seiner schriftlichen Stellungnahme hat er geltend gemacht, daß die nach den UEFA-Regeln berechnete Ablösesumme in seinem Falle 14 Millionen BFR betragen hätte. In der mündlichen Verhandlung hat er gar von einem Betrag von gut 20 Millionen BFR gesprochen.

159 Sollte es tatsächlich so sein, daß die Festlegung der Ablösesummen anhand der Kriterien der UEFA und der FIFA stets oder meistens zu höheren Beträgen führe, als sie für einen Wechsel desselben Spielers zu einem Verein desselben Verbandes zu entrichten wären, läge hierin eine Diskriminierung gegenüber denjenigen Spielern, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen wollen. Diese Diskriminierung wäre entsprechend dem oben Gesagten gemäß Artikel 48 verboten. Einen gewissen Anhaltspunkt dafür, daß die UEFA-Regeln das Ziel verfolgt haben könnten, den Wechsel von Spielern zu einem anderen Verband schwieriger zu gestalten als den Wechsel innerhalb eines Verbandes, bieten die Überlegungen, die an einem Treffen eines Ausschusses der UEFA am 24. November 1976 angestellt worden zu sein scheinen(172). Entscheidend ist jedoch, ob sich ein solches Ergebnis aus den entsprechenden Regeln der UEFA oder der FIFA ableiten läßt. Diese Frage wird - falls es auf sie ankommen sollte - vom vorlegenden Gericht zu klären sein.

160 Der dritte und letzte Sachverhalt, der einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot begründen könnte, ist erst in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gekommen. Die Untersuchung der fraglichen Regeln der UEFA und der FIFA führt zu dem Ergebnis, daß in allen Fällen, in denen ein Spieler zu einem Verein eines anderen Verbandes wechselt, eine Freigabebescheinigung des bisherigen Verbandes erforderlich ist. Ein ähnliches Erfordernis scheint es hingegen für einen Wechsel innerhalb eines Verbandes nicht zu geben. Ich habe daher in der mündlichen Verhandlung an die Kommission die Frage gerichtet, ob diese Umstände dazu führen, daß Wechsel ins Ausland größeren Schwierigkeiten begegnen oder zumindest einen größeren Aufwand erfordern als Wechsel innerhalb ein und desselben Verbandes. Die Vertreterin der Kommission hat diese Frage bejaht, wobei sie sich auf Angaben von Herrn Bosman stützte. Die UEFA hat sich hierzu in der mündlichen Verhandlung nicht geäußert.

161 Es ist somit unschwer zu erkennen, daß Wechsel ins Ausland anders behandelt werden als Wechsel innerhalb eines Verbandes und daß in den erstgenannten Fällen der abgebende Verband dem Wechsel zustimmen muß. Diese Ungleichbehandlung hätte - wenn überhaupt - nur dann keinen Einfluß auf die im vorliegenden Fall anzustellende Prüfung, wenn es sich um eine reine Formalität handeln würde, die allein dem Umstand entspränge, daß bei einem Wechsel ins Ausland zugleich ein Wechsel der Verbandszugehörigkeit erfolgt. Die UEFA behauptet, daß dies der Fall ist. Es läßt sich jedoch durchaus bezweifeln, ob es sich wirklich nur um eine solche Formalität handelt.

Das UEFA-Transferreglement 1990 bestimmt zwar in seinem Artikel 16 Satz 1, daß die Frage nach der Ablösesumme auf die sportliche Tätigkeit des Spielers keinen Einfluß ausübt. Es fällt jedoch auf, daß der nachfolgende Satz die Zukunftsform verwendet ("wird ... spielen können")(173). Dies könnte durchaus so verstanden werden, daß der betreffende Spieler von seinem neuen Verein eingesetzt werden kann, sobald die Freigabebescheinigung des bisherigen Verbandes vorliegt. Das UEFA-Transferreglement 1990 bestimmt zwar, daß diese Freigabebescheinigung unverzüglich auszustellen ist. Es regelt aber allem Anschein nach nicht die Frage, was geschehen soll, wenn dies aus irgendeinem Grunde nicht erfolgt.

Das UEFA-Transferreglement 1993 enthält in seinem Artikel 2 eine Bestimmung, die mit Artikel 16 des UEFA-Transferreglements 1990 übereinstimmt. Auch dieser Vorschrift zufolge "wird" der Spieler für seinen neuen Verein "spielen können". Wie ich bereits erwähnt habe, verweist das UEFA-Transferreglement 1993 weitgehend auf die entsprechenden Regeln der FIFA. Nach den Bestimmungen des FIFA-Reglements 1994 kann einem Spieler, der zu einem Verein eines anderen Verbandes wechselt, die Spielberechtigung erst erteilt werden, wenn dieser Verband die Freigabebescheinigung des bisherigen Verbandes erhalten hat. Die Ausstellung dieser Bescheinigung kann verweigert werden, wenn der betreffende Spieler seine Vertragspflichten gegenüber dem alten Verein "nicht vollständig erfuellt hat" oder wenn zwischen den beteiligten Vereinen wegen des Transfers eine Streitigkeit besteht, die "nicht finanzieller Natur ist"(174). Nun ist es sicherlich einleuchtend, daß ein Spieler, dessen Vertrag bei seinem bisherigen Arbeitgeber noch nicht abgelaufen ist und der somit seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber diesem Verein noch nicht vollständig erfuellt hat, daran gehindert werden kann, für einen neuen Verein zu spielen. Die zitierte Formulierung des FIFA-Reglements 1994 ist jedoch so weit gefaßt, daß sie auch eine Vielzahl anderer Fälle abzudecken vermag.

Wie sich dies mit der vermeintlichen Möglichkeit des Spielers verträgt, "frei" für seinen neuen Verein zu spielen, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls zeigt dieses Reglement meines Erachtens deutlich, daß die Freigabebescheinigung keine reine Formalität ist. In Artikel 7 des FIFA-Reglements 1994 wird nämlich geregelt, was geschieht, wenn der bisherige Verband sich - aus welchem Grund auch immer - weigert, die Freigabebescheinigung zu erteilen. In diesem Fall "können" die zuständigen Gremien der FIFA die Ausstellung dieser Bescheinigung durch den bisherigen Verband anordnen oder diese Bescheinigung durch einen eigenen Entscheid ersetzen. Erteilt der bisherige Verband die Freigabebescheinigung nicht binnen 60 Tagen,"kann" der neue Verband selbst eine provisorische Bescheinigung erstellen(175). Eine Freigabebescheinigung oder eine entsprechende Entscheidung durch die FIFA ist daher in jedem Falle erforderlich. Außerdem ist der Spieler darauf angewiesen, daß sein bisheriger Verband, die FIFA oder sein neuer Verband die erforderlichen Schritte unternehmen, um die Ausstellung dieser Freigabebescheinigung zu erreichen. Der bisherige Verband ist zur Ausstellung dieser Bescheinigung verpflichtet, kann sich jedoch gegebenenfalls auf eine weit und relativ unklar gefaßte Ausnahmebestimmung berufen. Die FIFA und der neue Verband können selbst tätig werden. Daß sie dies auch tun müßten, um dem Spieler die Möglichkeit zu geben, für seinen neuen Verein zu spielen, wird nicht bestimmt.

Wenn es ungeachtet des bereits Gesagten noch einer Bestätigung dafür bedürfen sollte, daß die Freigabebescheinigung keine bloße Formalität darstellt, würde ein Blick auf eine Vorschrift des FIFA-Reglements 1994 genügen. Diese Vorschrift bezieht sich auf den Fall, daß der bisherige Verband die Freigabebescheinigung nicht ausstellt und der neue Verband nach Ablauf der genannten Frist von 60 während der vorerwähnten Frist von 60 Tagen selbst eine provisorische Bescheinigung erstellt. Es heißt dort: "Auf keinen Fall ist es einem Spieler gestattet, während der vorerwähnten Frist von 60 Tagen für seinen neuen Verein offizielle Spiele zu bestreiten" (176).

162 Da die Freigabebescheinigung nur für den Fall eines Wechsels zu einem anderen Verband und damit - abgesehen von dem Sonderfall der Verbände des Vereinigten Königreichs - ins Ausland erforderlich ist, unterliegen somit Transfers ins Ausland ungünstigeren Regeln als Wechsel innerhalb ein und desselben Verbandes. Diese Ungleichbehandlung kann dazu führen, daß Spieler davon abgehalten werden, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Auch hierin kann entsprechend der oben angestellten Überlegungen ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 48 gesehen werden. Für diese Feststellung ist es ohne Bedeutung, daß die Anwendung der Transferregeln in der Praxis nur in Ausnahmefällen zu solchen Schwierigkeiten führt. Es genügt, daß die Möglichkeit besteht, daß durch diese Ungleichbehandlung die Freizügigkeit eingeschränkt wird.

163 Nur der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß ich in der Tatsache, daß die Transfersumme je nach Spieler variiert, entgegen der von Herrn Bosman vertretenen Auffassung keinen für Artikel 48 relevanten Fall der Diskriminierung zu erblicken vermag. Richtig ist zwar, daß eine unterschiedliche Behandlung gegeben ist. Da die Regeln der einzelnen Reglements über die Berechnung der Ablösesummen an das Gehalt der Spieler anknüpfen, ist beim Wechsel eines gutbezahlten (und damit wohl in der Regel talentierten) Spielers eine höhere Ablösesumme zu zahlen als beim Wechsel eines weniger gut bezahlten Spielers. Es handelt sich aber hierbei nicht um eine Unterscheidung, die direkt oder mittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpft oder Spieler, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen wollen, in besonderer Weise betrifft.

164 Nach dem bisher Gesagten könnte also durchaus die Auffassung vertreten werden, daß die Transferregeln in der einen oder anderen Hinsicht gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 48 Absatz 2 verstoßen. Der Gerichtshof brauchte auf diese Fragen jedoch nur dann einzugehen, wenn sich der Inhalt des Artikels 48 darin erschöpfen sollte, ein Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit aufzustellen. Ich bin der Ansicht, daß dies nicht der Fall ist. Meines Erachtens werden durch Artikel 48 grundsätzlich alle Beschränkungen der Freizügigkeit verboten. Dies ist im folgenden zu begründen, wobei mit der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes zu beginnen ist.

c) Artikel 48 als Verbot der Beschränkungen der Freizügigkeit

aa) Bisherige Rechtsprechung zu Artikel 48 und Artikel 52

165 Bei der Prüfung der zu Artikel 48 ergangenen Rechtsprechung auf die Frage hin, ob diese Vorschrift nicht nur Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet, sondern auch unterschiedslos anwendbaren Regeln entgegenstehen kann, welche die Freizügigkeit behindern, sind auch die zu Artikel 52 erlassenen Urteile einzubeziehen. Dies rechtfertigt sich zum einen aufgrund der Erwägung, daß beide Vorschriften auf derselben Grundlage beruhen, nämlich dem Artikel 3 Buchstabe c des EG-Vertrags. Dieser Bestimmung zufolge umfaßt die Tätigkeit der Gemeinschaft einen "Binnenmarkt, der durch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten gekennzeichnet ist". Der hier angesprochene freie Personenverkehr wird in eben diesen Artikeln 48 und 52 geregelt, wobei die erstgenannte Vorschrift für Arbeitnehmer gilt, während Artikel 52 auf Selbständige Anwendung findet(177). Zwischen diesen beiden Vorschriften bestehen daher deutliche Parallelen, die erwarten lassen, daß sie für bestimmte Sachverhalte übereinstimmende Lösungen bereithalten. Zum anderen hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung in der Tat bereits des öfteren Ausführungen gemacht, die sowohl auf Artikel 48 wie auch auf Artikel 52 gemünzt waren. Auch aus diesem Grunde ist es sachgerecht, die zu beiden Artikeln ergangenen Entscheidungen heranzuziehen.

In einigen Fällen hat der Gerichtshof Lösungen entwickelt, die nicht nur für Artikel 48 oder Artikel 52, sondern zugleich auch für Artikel 59 gelten sollten. Hier können etwa die bereits mehrfach erwähnten Urteile Walrave und Donà als Beispiel genannt werden. Gleichwohl werde ich auf die zu Artikel 59 ergangene Rechtsprechung erst später eingehen. Dies erscheint angemessen, da die hier zu erörternde Frage für diese Vorschrift bereits geklärt ist.

166 Wie ich bereits erwähnt habe, gibt es eine Vielzahl von Urteilen, in denen Artikel 48 als Vorschrift verstanden wird, welche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet. Im folgenden werden hingegen vorwiegend diejenigen Fälle betrachtet werden, in denen sich Ansätze zu einem weiterreichenden Verständnis dieser Vorschrift finden.

167 Das erste Urteil, das hier zu erwähnen ist, betrifft den im Jahre 1975 entschiedenen Fall Rutili(178). In dieser Entscheidung ging es um ein von den französischen Behörden einem italienischen Staatsangehörigen auferlegtes Verbot, sich in bestimmten Teilen Frankreichs aufzuhalten. Der Gerichtshof entschied, daß solche eingeschränkten Aufenthaltsverbote gegenüber Angehörigen anderer Mitgliedstaaten nur in den Fällen zulässig waren, in denen diese Verbote auch den eigenen Staatsangehörigen gegenüber ausgesprochen werden konnten. Dieses Ergebnis läßt sich unschwer aus Artikel 48 Absatz 2 ableiten. Interessanterweise sprach der Gerichtshof jedoch in dieser Entscheidung davon, die Vorlagefragen beträfen die "Grundsätze der Freizügigkeit und der Gleichbehandlung"(179). Es ist allerdings fraglich, ob der Gerichtshof damit zum Ausdruck bringen wollte, daß sich die Freizügigkeit nicht in einem bloßen Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit erschöpft.

168 Das im Jahre 1977 erlassene Urteil Thieffry(180) betraf die Niederlassungsfreiheit der Rechtsanwälte. In diesem Fall ging es um einen belgischen Rechtsanwalt, der die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei der Cour d'appel Paris beantragt hatte. Herr Thieffry war im Besitz eines belgischen Diploms, dessen Gleichwertigkeit mit der französischen licence en droit von einer französischen Universität anerkannt worden war. Er hatte außerdem gemäß den französischen Vorschriften eine Prüfung abgelegt, durch die ihm die Befähigung zum Rechtsanwaltsberuf zugesprochen worden war. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in Paris wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller verfüge nicht über ein französisches Diplom. Der Gerichtshof entschied, daß die Niederlassungsfreiheit unzulässig beschränkt würde, wenn einer Person in der Lage von Herrn Thieffry die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft eines Mitgliedstaats allein aus dem Grunde versagt würde, daß sie nicht im Besitz eines Diploms dieses Mitgliedstaats ist. Der Gerichtshof erörterte dabei nicht die Frage, ob die französischen Regeln diskriminierender Natur waren, sondern stützte sich auf die Artikel 5 und 52 des EG-Vertrags(181). Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß Generalanwalt Mayras die Auffassung vertreten hatte, daß es sich hier um einen Fall einer versteckten Diskriminierung gehandelt hatte(182).

169 In dem im vorliegenden Verfahren angesprochenen Urteil Kenny(183) aus dem Jahre 1978 finden sich Aussagen, aus denen deutlich hervorzugehen scheint, daß Artikel 48 nach Ansicht des Gerichtshofes lediglich ein Diskriminierungsverbot aufstellt. Diesem Urteil zufolge sind nämlich Unterschiede in der Behandlung, die sich aus Unterschieden der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ergeben, hinzunehmen, "sofern diese Rechtsordnungen auf alle ihrer Herrschaft unterworfenen Personen nach objektiven Merkmalen und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Betroffenen anwendbar sind"(184). Es erscheint mir jedoch fraglich, ob ein solches Verständnis dieses Urteils tatsächlich zwingend ist. Wenn sich Artikel 48 nämlich auf den "Grundsatz der Nichtdiskriminierung" beschränken sollte, wäre zu fragen, warum der Gerichtshof zudem auf die Notwendigkeit hinwies, daß die betreffenden Regeln "nach objektiven Kriterien" anwendbar sein müssen.

170 Wichtig erscheint mir das im Jahre 1978 erlassene Urteil im Fall Choquet(185). In diesem Verfahren ging es um einen französischen Staatsangehörigen, der in Deutschland wohnte und dort als Arbeitnehmer tätig war. Herr Choquet war im Besitz eines französischen Führerscheins. Gleichwohl eröffneten die deutschen Behörden gegen ihn ein Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, da nach den deutschen Vorschriften jeder Ausländer, der seit mehr als einem Jahr in Deutschland wohnte, verpflichtet war, eine deutsche Fahrerlaubnis zu erwerben. Zum fraglichen Zeitpunkt hatte die Gemeinschaft auf diesem Gebiet noch keine Vorschriften erlassen.

Der Gerichtshof entschied, daß es angesichts des Fehlens von Vorschriften zur Harmonisierung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht gegen die Vorschriften über die Freizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit verstieß, wenn ein Mitgliedstaat darauf bestand, daß die in seinem Gebiet ansässigen Inhaber einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis den Anforderungen genügten, die an seine eigenen Staatsangehörigen gestellt wurden. Entsprechende Vorschriften könnten nur dann als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen werden, wenn ihre Anwendung auf die betroffenen Personen "zu einer solchen Behinderung führen würde, daß sie diese Personen in der uneingeschränkten Ausübung der ihnen durch die Artikel 48, 52 und 59 des Vertrages in bezug auf die Freizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr gewährleisteten Rechte tatsächlich beeinträchtigen würde"(186). Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Prüfung verlangt würde, mit der bereits abgelegte Prüfungen "unnötig" wiederholt würden oder wenn den Betroffenen "übermäßige finanzielle Belastungen" auferlegt würden(187).

Der Gerichtshof ging dabei also nicht auf die Frage ein, ob die deutschen Vorschriften Angehörige anderer Mitgliedstaaten benachteiligten. Vielmehr maß er diese Vorschriften am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bemerkenswert ist auch, daß der Gerichtshof sich dabei zugleich auf Artikel 48, Artikel 52 und Artikel 59 bezog, obwohl es sich bei Herrn Choquet um einen Arbeitnehmer handelte.

171 Von besonderer Bedeutung ist das im Jahre 1984 erlassene Urteil Klopp(188). In diesem Fall ging es um einen deutschen Rechtsanwalt, der in Paris eine Kanzlei eröffnen wollte. Zu diesem Zweck hatte er beantragt, in die Liste der auszubildenden Rechtsanwälte bei der Rechtsanwaltskammer Paris eingetragen zu werden. Er hatte dabei erklärt, daß er seine Kanzlei in Deutschland beibehalten wolle. Der Antrag von Herrn Klopp wurde unter Hinweis auf die französischen Vorschriften, nach denen jeder Rechtsanwalt nur eine einzige Kanzlei haben konnte, abgelehnt.

Der Gerichtshof wies darauf hin, daß nicht geklärt sei, ob die betreffenden französischen Regeln diskriminierender Natur waren, und daß deshalb bei der Beantwortung der Vorlagefrage davon auszugehen war, daß dies nicht der Fall war(189). Er führte sodann aus, daß eine Regelung, wie sie in Frankreich galt, zur Folge hatte, daß ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Rechtsanwalt das Recht auf Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat nur in Anspruch nehmen könnte, wenn er zugleich die bisherige Niederlassung aufgab. Der Gerichtshof entschied, daß dies mit Artikel 52 nicht zu vereinbaren war, der ausdrücklich erwähnt, daß die Niederlassungsfreiheit auch für die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften in einem anderen Mitgliedstaat gilt(190). Er erkannte an, daß die Mitgliedstaaten "im Interesse einer geordneten Rechtspflege" die Tätigkeit der Rechtsanwälte bestimmten Regeln unterwerfen durften. Dies dürfe aber nicht dazu führen, daß die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten "an der tatsächlichen Ausübung ihres durch den Vertrag gewährleisteten Niederlassungsrechts gehindert werden"(191). Im konkreten Fall konnten die von den französischen Regeln angestrebten legitimen Ziele - die Gewährleistung eines ausreichenden Kontakts zu Mandanten und Gerichten sowie der Beachtung der Standesregeln - auf andere Weise sichergestellt werden(192).

172 Das im Jahre 1986 entschiedene Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen Frankreich(193) betraf einen ähnlichen Sachverhalt. Es ging dabei um französische Vorschriften, durch die von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten verlangt wurde, ihre Zulassung in diesem Staat rückgängig zu machen, wenn sie in Frankreich ihre Tätigkeit im Angestelltenverhältnis ausüben, Vertretungen wahrnehmen oder eine Praxis eröffnen wollten. Der Gerichtshof stützte sich jedoch in seinem Urteil auf eine Begründung, die von der im Falle Klopp benutzten abwich. Er führte nämlich ganz allgemein aus, daß alle Beschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nur dann mit dem EG-Vertrag vereinbar sind, wenn sie "wirklich in Anbetracht allgemeiner Verpflichtungen gerechtfertigt sind, von denen die ordnungsgemäße Ausübung der fraglichen Berufe abhängt, und wenn sie unterschiedslos für die eigenen Staatsangehörigen gelten"(194). Die nachfolgenden Ausführungen des Gerichtshofes zeigen, daß es sich dabei in der Tat um zwei verschiedene Kriterien handelt. Der Gerichtshof stellte dort nämlich zunächst fest, daß die betreffenden Regeln auf Ärzte aus anderen Mitgliedstaaten strenger angewandt wurden als auf französische Ärzte(195). Im Anschluß hieran befand er, daß das allgemeine Verbot für in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Ärzte und Zahnärzte, in Frankreich tätig zu werden, "unverhältnismäßig" war(196).

Dieselbe Argumentation findet sich auch in einem im Jahre 1992 in einem Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen Luxemburg ergangenen Urteil, das dieselbe Problematik betraf(197).

173 Ganz anders entschied der Gerichtshof dagegen 1987 in einem von der Kommission gegen Belgien anhängig gemachten Vertragsverletzungsverfahren(198). Dieses Verfahren betraf eine Regelung, durch die bestimmte von Laboratorien erbrachte Leistungen von der Erstattung durch die Sozialversicherung ausgeschlossen wurden, wenn diese Laboratorien von juristischen Personen betrieben wurden, deren Mitglieder, Gesellschafter und Geschäftsführer nicht alle zur Vornahme von medizinischen Analysen befugte natürliche Personen waren. Die Kommission machte geltend, daß dies gegen Artikel 52 verstoße. Sie vertrat dabei ausdrücklich die Auffassung, daß zu den von Artikel 52 verbotenen Beschränkungen des Niederlassungsrechts nicht nur diskriminierende Maßnahmen gehörten, sondern auch unterschiedslos angewandte Maßnahmen, die eine "ungerechtfertigte Behinderung" für Angehörige anderer Mitgliedstaaten darstellten(199).

Der Gerichtshof stellte sich jedoch auf den Standpunkt, daß Artikel 52 den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten die "Vergünstigung der Inländerbehandlung" garantieren wolle. Da nach Ansicht des Gerichtshofes im vorliegenden Fall keine Anzeichen für eine Diskriminierung der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten festzustellen waren, wies er die Klage der Kommission ab(200). Auf das oben erwähnte Urteil in der Sache Kommission/Frankreich ging der Gerichtshof in dieser Entscheidung nicht ein.

174 Das 1987 ergangene Urteil im Fall Heylens(201) ist für den vorliegenden Fall nicht zuletzt deshalb von Interesse, weil es den Bereich des Fußballsports betrifft. Herr Heylens, ein belgischer Staatsangehöriger und Inhaber eines belgischen Fußballtrainerdiploms, wurde von einer französischen Mannschaft als Trainer engagiert. Nach den französischen Vorschriften war für die Ausübung dieses Berufes ein inländisches Fußballtrainerdiplom oder ein von den zuständigen Behörden als gleichwertig anerkanntes ausländisches Diplom erforderlich. Im Falle von Herrn Heylens wurde diese Anerkennung verweigert, ohne daß hierfür sachliche Gründe genannt worden wären.

Der Gerichtshof führte aus, daß die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu den "grundlegenden Zielen" des EG-Vertrags gehöre(202). Unter Berufung auf das Urteil Thieffry entschied er, daß die Mitgliedstaaten verpflichtet waren, in dem Verfahren zur Anerkennung der Gleichwertigkeit des betreffenden Diploms objektiv zu prüfen, ob das ausländische Diplom seinem Inhaber die gleichen oder zumindest gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigte wie das nationale Diplom. Außerdem mußte die Möglichkeit gewährleistet werden, die in diesem Verfahren erlassene Entscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen(203). Der Gerichtshof merkte in diesem Zusammenhang an, daß der freie Zugang zur Beschäftigung ein "Grundrecht" sei, "das jedem Arbeitnehmer der Gemeinschaft individuell vom Vertrag verliehen ist"(204).

175 In dem 1988 erlassenen Urteil Gullung(205) ging es um einen Juristen mit französischer und deutscher Staatsangehörigkeit, der in Deutschland Rechtsanwalt war und sich auf die vom EG-Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten berief, um seinen Beruf in Frankreich ausüben zu können, nachdem ihm dort früher der Zugang zur Rechtsanwaltschaft wegen mangelnder Zuverlässigkeit verwehrt worden war.

Der Gerichtshof führte aus, daß die Niederlassungsfreiheit nach Artikel 52 Absatz 2 die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten "nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Staatsangehörigen" umfaßt. Das Erfordernis der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft war daher gemeinschaftsrechtlich zulässig, sofern diese Zulassung den Angehörigen aller Mitgliedstaaten "ohne Diskriminierung" offenstand. Zugleich wies der Gerichtshof aber darauf hin, daß dieses Erfordernis "einem schutzwürdigen Zweck" diene(206). Hier scheint also neben das Diskriminierungsverbot eine weitere Anforderung zu treten.

176 In dem ebenfalls im Jahre 1988 ergangenen Urteil Stanton(207) ging es um eine belgische Vorschrift, durch die Selbständige unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zum belgischen Sozialversicherungssystem für Selbständige befreit werden konnten. Zu diesen Voraussetzungen gehörte, daß sie hauptberuflich einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgingen. Die belgischen Behörden vertraten die Ansicht, daß es sich dabei um eine Tätigkeit handeln mußte, die dem belgischen Sozialversicherungssystem unterlag. Herr Stanton ging im Vereinigten Königreich einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach und entrichtete dort entsprechende Beiträge.

Der Gerichtshof stellte sich auf den Standpunkt, daß die belgische Regelung keinen diskriminierenden Charakter hatte(208). Er verwies aber unter Berufung auf das Urteil Klopp darauf, daß die Niederlassungsfreiheit die Möglichkeit umfasse, im Gebiet der Gemeinschaft mehr als eine Stätte für die Ausübung seiner Tätigkeit zu unterhalten. Er übertrug diese Erwägung auf den Fall eines Arbeitnehmers, der in einem Mitgliedstaat ansässig ist und daneben einer Tätigkeit als Selbständiger in einem anderen Mitgliedstaat nachgehen möchte. Nach Ansicht des Gerichtshofes soll die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Gemeinschaftsbürgern "die Ausübung jeder Art von Erwerbstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern". Sie steht daher "einer nationalen Regelung entgegen, die sie dann benachteiligen könnte, wenn sie ihre Tätigkeit über das Hoheitsgebiet eines einzigen Mitgliedstaats hinaus ausdehnen wollen". Da die belgische Regelung diejenigen benachteiligte, die Erwerbstätigkeiten außerhalb Belgiens ausübten, war sie mit den Artikeln 48 und 52 unvereinbar(209). Bemerkenswert ist neben der Tatsache, daß der Gerichtshof nicht auf eine eventuelle Diskriminierung abstellte, auch der Umstand, daß Artikel 48 und Artikel 52 gleichbehandelt werden.

Ebenso entschied der Gerichtshof in dem am selben Tag erlassenen Urteil Wolf (210).

177 Das Urteil Daily Mail aus dem Jahre 1988(211) betraf die Frage, ob eine Gesellschaft, die ihren Sitz in einem bestimmten Mitgliedstaat hat, diesen in einen anderen verlegen kann, ohne daß sich dabei ihre Identität ändern würde. Der Gerichtshof führte aus, daß die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit "ihrer Fassung nach insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sicherstellen" sollen, aber zugleich dem Herkunftsstaat verböten, die Niederlassung seiner Staatsangehörigen "in einem anderen Mitgliedstaat zu behindern". Die in den Artikeln 52 ff. gewährten Rechte wären "sinnentleert, wenn der Herkunftsstaat Unternehmen verbieten könnte, auszuwandern, um sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen"(212). Im konkreten Fall war dagegen jedoch nach Ansicht des Gerichtshofes nicht verstoßen worden.

178 Das im Jahre 1989 ergangene Urteil Groener(213) betraf eine Vorschrift, nach der für Dozentenstellen an öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen in Irland hinreichende Irischkenntnisse erforderlich waren. Der Gerichtshof befand, daß der Vertrag einer Politik eines Mitgliedstaats zum Schutz und zur Förderung seiner Sprache nicht entgegenstehe. Dabei dürfe jedoch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt werden. Die entsprechenden Maßnahmen "dürfen somit in keinem Fall außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen. Ihre Anwendung darf nicht zur Diskriminierung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten führen"(214). Auch hier prüfte der Gerichtshof daher anscheinend nicht nur, ob die betreffende Regelung Angehörige anderer Mitgliedstaaten diskriminierte, sondern auch, ob diese Regelung dem Gundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprach.

179 Das ebenfalls im Jahre 1989 erlassene Urteil im Fall Corsica Ferries France(215) betrifft die Dienstleistungsfreiheit und ist daher hier nicht näher zu betrachten. Bemerkenswert ist jedoch für den vorliegenden Zusammenhang die folgende Erwägung in diesem Urteil:

"Die Artikel des EWG-Vertrags über den freien Warenverkehr, die Freizügigkeit sowie den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr stellen nämlich, wie der Gerichtshof schon mehrfach entschieden hat, Grundsatzbestimmungen für die Gemeinschaft dar, und jedes Hindernis für diese Freiheit, sei es auch von geringer Bedeutung, ist verboten"(216).

180 Das im Jahre 1990 erlassene Urteil Biehl(217) betraf die luxemburgischen Vorschriften über die Erstattung der zuviel einbehaltenen Einkommensteuern. Eine solche Erstattung erfolgte nur, wenn der Steuerpflichtige während des gesamten Steuerjahres in Luxemburg ansässig war. Herr Biehl, ein deutscher Staatsangehöriger, war von 1973 an in Luxemburg als Arbeitnehmer tätig gewesen. Am 1. November 1983 kehrte er nach Deutschland zurück. Der luxemburgische Fiskus lehnte es ab, ihm den Betrag der während der ersten zehn Monate des Jahres 1983 einbehaltenen Steuern zu erstatten, der den Gesamtbetrag der geschuldeten Steuern überstieg. Der Gerichtshof stellte sich auf den Standpunkt, daß das Kriterium der ständigen Ansässigkeit im Inland zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit angewandt werde, aber die Gefahr berge, daß es sich besonders zum Nachteil von Angehörigen aus anderen Mitgliedstaaten auswirke. Oft seien es nämlich diese, die das Land im Laufe eines Jahres verließen oder sich dort niederließen(218).

Diesem Urteil ist zu Recht entgegengehalten worden, daß die vom Gerichtshof gewählte, auf eine verschleierte Diskriminierung gestützte Begründung nicht mehr ausgereicht hätte, wenn es sich im fraglichen Fall nicht um einen Deutschen, sondern um einen Luxemburger gehandelt hätte. In beiden Fällen wäre jedoch in gleicher Weise das Gebrauchmachen vom Recht auf Freizügigkeit mit Nachteilen belegt worden(219).

181 Das im Jahre 1991 ergangene Urteil Vlassopoulou(220) betraf erneut die Niederlassungsfreiheit der Rechtsanwälte. Eine in Athen zugelassene Rechtsanwältin griechischer Staatsangehörigkeit hatte an der Universität Tübingen den Titel eines Doktors der Rechte erworben und war seit 1983 in einer deutschen Anwaltskanzlei tätig gewesen. Im Jahre 1988 beantragte sie ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in Deutschland. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, Frau Vlassopoulou erfuelle nicht die nach den deutschen Vorschriften erforderlichen Voraussetzungen.

Der Gerichtshof führte aus, daß "nationale Qualifikationsvoraussetzungen, selbst wenn sie ohne Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit angewandt werden, sich dahin auswirken können, daß sie die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten in der Ausübung des ihnen durch Artikel 52 EWG-Vertrag gewährleisteten Niederlassungsrechts beeinträchtigen". Dies könne der Fall sein, wenn die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht berücksichtigt würden(221). Diese Kenntnisse und Fähigkeiten sind daher von dem betreffenden Mitgliedstaat zu würdigen. Ergibt sich dabei, daß sie den von dem betreffenden Mitgliedstaat gestellten Anforderungen nur teilweise entsprechen, "so kann der Aufnahmemitgliedstaat von dem Betroffenen den Nachweis, daß er die fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, verlangen"(222).

182 In dem 1992 erlassenen Urteil Ramrath(223) ging es um die Regelung des Berufs des Wirtschaftsprüfers in Luxemburg. Nach den geltenden Vorschriften mußte ein Wirtschaftsprüfer unter anderem in Luxemburg eine Niederlassung haben und durfte daneben keine Tätigkeit ausüben, welche seine berufliche Unabhängigkeit beeinträchtigen konnte. Herr Ramrath war 1985 zur Ausübung der Wirtschaftsprüfertätigkeit in Luxemburg zugelassen worden. Er arbeitete zu dieser Zeit für eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, die ebenfalls eine solche Zulassung besaß. Im Jahre 1988 teilte er den Behörden mit, daß er nunmehr Angestellter einer in Deutschland zugelassenen Wirtschaftsprüfergesellschaft sei und seine berufliche Niederlassung in Deutschland habe. Dieser Arbeitgeber werde sich jedoch jeder Einflußnahme enthalten, wenn er Prüfungen in Luxemburg vornehme. Die luxemburgische Gesellschaft erklärte, daß Herr Ramrath bei der Ausübung von Tätigkeiten in Luxemburg auch weiterhin als ihr Angestellter zu betrachten sei. Gleichwohl entzogen die Behörden Luxemburgs Herrn Ramrath die Zulassung.

Der Gerichtshof führte zunächst aus, daß Voraussetzungen, wie sie die luxemburgische Gesetzgebung aufstellte, an der "Gesamtheit der Freizügigkeitsvorschriften des Vertrages" zu messen seien, ohne daß zu prüfen wäre, ob der Wirtschaftsprüfer als Angestellter, selbständig Erwerbstätiger oder als Dienstleistender anzusehen wäre(224). Er rief sodann seine bisherige Rechtsprechung auf diesen Gebieten in Erinnerung und gelangte auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, daß "die Artikel 48 und 59 EWG-Vertrag den Gemeinschaftsbürgern die Ausübung jeder Art von Erwerbstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern sollen" und einer nationalen Regelung im Wege stehen, die sie benachteiligen würde, wenn sie ihre Tätigkeit auf einen anderen Mitgliedstaat ausdehnen wollen(225). Die Besonderheiten bestimmter Tätigkeiten könnten es jedoch erfordern, sie bestimmten Anforderungen zu unterwerfen. "Jedoch darf die Freizügigkeit als tragender Grundsatz des Vertrages nur durch Regelungen beschränkt werden, die durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind und die für alle Personen und Unternehmen gelten, die diese Tätigkeiten im Hoheitsgebiet des fraglichen Staates ausüben", und zwar nur insoweit, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch Vorschriften des Herkunftsstaats Rechnung getragen wird(226). Diese Erfordernisse "müssen außerdem sachlich geboten sein"(227). Es muß daher nachgewiesen werden, daß "zwingende Gründe des Allgemeininteresses bestehen, die Beschränkungen der Freizügigkeit rechtfertigen" und daß das angestrebte Ergebnis "nicht durch weniger einschneidende Rechtsvorschriften erreicht werden kann"(228).

Herr Ramrath hatte sich vor den Gerichten Luxemburgs darauf berufen, er werde durch die fraglichen Vorschriften diskriminiert. Es ist kaum ein Zufall, daß die eben geschilderte Argumentation des Gerichtshofes auf diese Frage nicht näher eingeht. Bemerkenswert ist auch, daß der Gerichtshof nicht auf die Frage eingeht, welche Staatsangehörigkeit Herr Ramrath hatte(229).

183 Herr Bosman hat sich auf das ebenfalls 1992 erlassene Urteil Singh(230) berufen. In dieser Entscheidung ging es um die Nachteile, die dem Ehegatten einer Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats infolge des Umstandes, daß diese von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, erwuchsen. In diesem Urteil bekräftigte der Gerichtshof die bereits im Urteil Stanton getroffene Feststellung, daß die Freizügigkeit nationalen Vorschriften entgegensteht, durch die Bürger, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausdehnen wollen, benachteiligt werden könnten. Im übrigen ist dieser Fall meines Erachtens für die hier anzustellende Prüfung ohne große Bedeutung.

184 Von großer Bedeutung ist hingegen das im Jahre 1993 erlassene Urteil Kraus(231). In diesem Fall ging es um einen deutschen Staatsangehörigen, der in Großbritannien nach Abschluß eines Postgraduiertenstudiums einen akademischen Grad erworben hatte. Nach den einschlägigen deutschen Vorschriften durfte er diesen Grad in Deutschland jedoch nur führen, wenn ihm eine Genehmigung hierzu erteilt worden war. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften konnte zur Verhängung von Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr führen.

Der Gerichtshof wies darauf hin, daß die Artikel 48 und 52 einen in Artikel 3 Buchstabe c EG-Vertrag verankerten "fundamentalen Grundsatz" ausführten, nämlich die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten(232). Außerdem wies er auf die sich für die Mitgliedstaaten insoweit aus Artikel 5 ergebenden Pflichten hin(233). Der Gerichtshof folgerte daraus:

"Daher stehen die Artikel 48 und 52 jeder nationalen Regelung über die Voraussetzungen für die Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen ergänzenden akademischen Grades entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, die aber geeignet ist, die Ausübung der durch den EWG-Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten durch die Gemeinschaftsangehörigen einschließlich der Staatsangehörigen des Mitgliedstaats, der die Regelung erlassen hat, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Anders verhielte es sich nur, wenn mit einer solchen Regelung ein berechtigter Zweck verfolgt würde, der mit dem EWG-Vertrag vereinbar und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre (in diesem Sinn Urteil vom 28. April 1977 in der Rechtssache 71/76, Thieffry, Slg. 1977, 765, Randnrn.12 und 15). In einem solchen Fall müßte jedoch darüber hinaus die Anwendung der fraglichen nationalen Regelung geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zwecks zu gewährleisten, und sie dürfte nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist (vgl. Urteil vom 20. Mai 1992 in der Rechtssache C-106/91, Ramrath, Slg. 1992, I-3351, Randnrn. 29 f.)." (234)

bb) Schlußfolgerungen aus der bisherigen Rechtsprechung

185 Es stellt sich die Frage, welche Schlußfolgerungen aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes gezogen werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den soeben erörterten Fällen - wie ich bereits am Anfang erwähnt habe - um eine Auswahl handelt, die für die Rechtsprechung in diesem Bereich keineswegs repräsentativ ist. Es ist jedoch deutlich, daß ein Großteil der geschilderten Urteile über das herkömmliche Verständnis, wonach sich Artikel 48 in einem Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit erschöpft, hinausweist.

186 Schon das Urteil Thieffry weist in diese Richtung, stellt der Gerichtshof doch dort nicht auf die Frage einer eventuellen Diskriminierung ab(235). Allerdings ließe sich die Auffassung vertreten, es habe sich im Grunde doch um eine (indirekte) Diskriminierung gehandelt, da französische Staatsangehörige weit eher in der Lage sein dürften, ein französisches Diplom vorzulegen als Angehörige anderer Mitgliedstaaten. Schon das Urteil Choquet jedoch ließe sich kaum mehr auf diese Weise erklären(236). Wenn der Gerichtshof dort ausführt, daß ein Verstoß gegen die Artikel 48, 52 und 59 vorliegen könnte, wenn ein Mitgliedstaat bei der Prüfung, ob die im Ausland erworbene Fahrerlaubnis den im Inland geltenden Anforderungen entspricht, den Betroffenen "übermäßige finanzielle Belastungen" auferlegt, könnte dies zwar noch als ein Fall einer versteckten Diskriminierung gewertet werden(237). Der Gerichtshof hat jedoch nicht auf diesen Gesichtspunkt abgestellt, sondern - wie schon die eben zitierte Formulierung zeigt - diese Regelung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips gemessen(238). Das Urteil Vlassopoulou betraf ebenfalls Voraussetzungen, die weit eher von Inländern erfuellt werden konnten als von Bürgern aus anderen Mitgliedstaaten. Auch hier spielte dieser Gesichtspunkt jedoch für das Urteil keine Rolle. Der Gerichtshof ging vielmehr ausdrücklich davon aus, daß keine Diskriminierung vorlag.

187 Noch wesentlich deutlicher ist das Urteil Klopp. Auch hier ging der Gerichtshof von der Hypothese aus, daß keine Diskriminierung vorlag. Die vom Gerichtshof durchgeführte Prüfung lief im Grunde auf die Frage hinaus, ob eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gegeben war und ob diese durch bestimmte übergeordnete Erwägungen gerechtfertigt werden konnte(239). Einen entsprechenden Ansatz verfolgte der Gerichtshof in den Urteilen Stanton und Wolf. Dabei fiel die Antwort auf die Frage, ob die Beschränkung der Freizügigkeit gerechtfertigt war, sehr knapp aus. Der Gerichtshof wies lediglich darauf hin, daß die Betroffenen bereits in anderen Mitgliedstaaten versichert waren und ihnen die belgische Versicherung daher keinen zusätzlichen sozialen Schutz bot(240).

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Urteile auch auf der Grundlage eines - weit verstandenen - Diskriminierungsverbots hätten gelöst werden können(241). Entscheidend ist, daß der Gerichtshof diesen Weg in den genannten Fällen eben nicht gewählt hat. Die Berechtigung des vom Gerichtshof gewählten Ansatzes zeigt sich im übrigen bereits, wenn man den dem Urteil Stanton zugrunde liegenden Sachverhalt abändert. Hätte ein belgischer Staatsangehöriger, der in Belgien als Selbständiger tätig war, zusätzlich eine unselbständige Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat begonnen, wäre er den fraglichen Vorschriften nach in die gleiche Lage gekommen wie Herr Stanton. Er wäre benachteiligt worden, weil er sein Recht auf Freizügigkeit genutzt hätte. Dieser Fall kann jedoch nur dann mit Hilfe des Diskriminierungsverbots gelöst werden, wenn man die Benachteiligung von Bürgern, die von diesem Recht Gebrauch machen, gegenüber Bürgern, die dies nicht tun, ausreichen läßt. Eine solche Auslegung entspricht meines Erachtens dem Sinn von Artikel 48 Absatz 2(242). Allerdings ist unverkennbar, daß dabei eben nicht mehr auf die Ungleichbehandlung nach der Staatsangehörigkeit abgestellt würde.

188 Die im Fall Klopp angelegte Linie wird in den Urteilen Kommission/Frankreich und Kommission/Luxemburg(243) fortgeführt und verdeutlicht. Dort prüft der Gerichtshof, ob eine Beschränkung der Freizügigkeit (und der Dienstleistungsfreiheit) gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Das Urteil Gullung ist insoweit weniger klar, doch wird auch dort darauf hingeweisen, daß die betroffene Beschränkung einem "schutzwürdigen Zweck" dient. Im Urteil Groener wird nicht nur das Vorliegen eines schutzwürdigen Zwecks, sondern auch die Frage der Verhältnismäßigkeit geprüft.

189 Daß das Recht auf Freizügigkeit nicht auf den Grundsatz der Inländerbehandlung begrenzt sein kann, zeigt auch das Urteil Daily Mail, aus dem hervorgeht, daß der Artikel 52 auch vom Herkunftsstaat verletzt werden kann und von diesem Mitgliedstaat verursachte Beschränkungen der Freiheit zur Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat daher an dieser Vorschrift zu messen sind.

190 Alle Zweifel hinsichtlich der Frage, ob Artikel 48 über den Grundsatz der Inländerbehandlung hinausgehende Anforderungen stellt, die nach diesen Urteilen noch bestanden haben mögen, sind meines Erachtens durch die Urteile Ramrath und Kraus beseitigt worden. Der Gerichtshof hat dort klar zum Ausdruck gebracht, daß Beschränkungen der Freizügigkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nur zu vereinbaren sind, wenn sie durch "zwingende Gründe des Allgemeininteresses" gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Angesichts dieser unzweideutigen Ausführungen des Gerichtshofes ist es belanglos, ob es sich bei den vom Gerichtshof betrachteten Regelungen möglicherweise um (versteckte) Diskriminierungen handelte(244). Wenn sich nämlich Artikel 48 tatsächlich darauf beschränken würde, den Mitgliedstaaten die Pflicht aufzuerlegen, Inländer und Angehörige anderer Mitgliedstaaten gleich zu behandeln, so wäre eine Prüfung der Frage, ob die betreffenden nationalen Vorschriften rechtmäßig sind, weder erforderlich noch zulässig. Gerade diese Frage ist es jedoch, die der Gerichtshof hier prüft. Dies zeigt, daß nach der Auffassung des Gerichtshofes Artikel 48 auch auf Vorschriften eines Mitgliedstaats angewandt werden kann, die unterschiedslos für seine eigenen Staatsangehörigen wie für die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten gelten.

191 Wie bereits erwähnt, findet sich in der Rechtsprechung des Gerichtshofes jedoch bis heute eine große Zahl von Urteilen, die bei der Prüfung von Artikel 48 auf das Vorliegen einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit abstellen. Diese Urteile beschäftigen sich in aller Regel nicht mit der Frage, ob der Inhalt des Artikels 48 über das Verbot von solchen Diskriminierungen hinausgehen könnte. Wenn ich mich nicht täusche, gibt es unter diesen Entscheidungen nur zwei, in denen der Gerichtshof sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen hatte. Es handelt sich dabei zum einen um das Urteil Kenny und zum anderen um das Urteil in dem Vertragsverletzungsverfahren Kommission/Belgien aus dem Jahre 1987. Ich habe bereits erläutert, warum das erstgenannte Urteil meines Erachtens keine allzu weitreichenden Schlußfolgerungen erlaubt(245). Das zuletzt genannte, zu Artikel 52 ergangene Urteil könnte hingegen durchaus als Absage an die hier vertretene Auffassung verstanden werden. Immerhin hatte dort die Kommission ausdrücklich die Auffassung vertreten, daß Artikel 52 auch nichtdiskriminierende Maßnahmen erfassen kann, während der Gerichtshof entschied, daß diese Vorschrift die Inländerbehandlung sicherstellen wolle. Es fällt jedoch auf, daß der Gerichtshof die Ansicht der Kommission nicht ausdrücklich verwarf und daß er auf das kurz zuvor ergangene Urteil Kommission/Frankreich(246), das die Auffassung der Kommission stützte, überhaupt nicht einging. Im übrigen ist jedenfalls darauf hinzuweisen, daß die Urteile Ramrath und Kraus mehrere Jahre nach diesem Urteil erlassen wurden.

192 Aus dem Nebeneinander dieser beiden Strömungen in der Rechtsprechung kann daher meines Erachtens nur der Schluß gezogen werden, daß der Gerichtshof nicht der Ansicht ist, daß zwischen ihnen notwendigerweise ein Widerspruch besteht. Dieses Nebeneinander läßt sich auch auf einfache Weise erklären. Ernst Steindorff hat im Hinblick auf die Rechtsprechung zu Artikel 52 davon gesprochen, daß die überwiegende Deutung dieser Vorschrift als Diskriminierungsverbot "durch die zur Entscheidung anstehenden Probleme bedingt" war. "Diese Probleme konnten mit einem Diskriminierungsverbot bewältigt werden." Neue und anders gelagerte Sachverhalte könnten jedoch einen anderen Ansatz erfordern(247). Ich halte diese Betrachtungsweise für ebenso sachgerecht wie überzeugend.

193 Es ist daher zu prüfen, welche Gründe dafür sprechen, in Artikel 48 nicht nur ein Verbot von Diskriminierungen, sondern ein allgemeines Verbot von Beschränkungen der Freizügigkeit zu sehen.

cc) Gründe für das Verständnis des Artikels 48 als eines allgemeinen Verbots der Beschränkungen der Freizügigkeit

(1) Wortlaut

194 Bereits der Wortlaut der Vorschrift deutet darauf hin, daß der Inhalt des Artikels 48 über ein bloßes Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit hinausgeht. Nach Artikel 48 Absatz 1 wird bis zum Ablauf der Übergangszeit die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hergestellt. Nach Artikel 48 Absatz 2 "umfaßt" diese das Verbot jeglicher Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Es steht daher nichts im Wege, die Vorschrift des Artikels 48 Absatz 2 als Teil einer umfassenderen Regelung der Freizügigkeit aufzufassen(248). Die besondere Erwähnung der Diskriminierungen in Absatz 2 ließe sich dadurch erklären, daß es sich dabei um die "evidenteste und gravierendste" Beschränkung der Freizügigkeit handelte(249).

In diesem Zusammenhang ist zu Recht darauf hingewiesen worden, daß Artikel 67 Absatz 1, der die Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs zum Gegenstand hat, zwischen "Beschränkungen" und "Diskriminierungen" unterscheidet(250).

195 Auch der Wortlaut von Artikel 48 Absatz 3 könnte einen Anhaltspunkt dafür bieten, daß der Inhalt des Artikels 48 über ein bloßes Diskriminierungsverbot hinausgeht. Dort werden nämlich den Arbeitnehmern ausdrücklich bestimmte Rechte zugesprochen, ohne daß dies davon abhängig gemacht würde, daß der betreffende Mitgliedstaat seinen eigenen Staatsangehörigen dieselben Rechte gewährt(251).

(2) Systematischer Zusammenhang

196 In systematischer Hinsicht drängt sich ein über die herkömmliche Auffassung hinausgehendes Verständnis des Artikels 48 bereits aus dem Grunde auf, daß diese Bestimmung auf Artikel 3 Buchstabe c beruht, der ganz allgemein die "Beseitigung der Hindernisse" für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr gebietet. Wäre Artikel 48 tatsächlich nichts weiter als ein Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, hätte es dieser Vorschrift - oder zumindest des Artikels 48 Absatz 2 - angesichts der Bestimmung des Artikels 6 EG-Vertrag, durch die solche Diskriminierungen ganz allgemein verboten werden, nicht mehr bedurft.

197 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß nicht nur Artikel 48, sondern auch die Vorschriften über den freien Warenverkehr (Artikel 30 ff.) sowie die Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 59 ff.) auf Artikel 3 Buchstabe c beruhen. Für den Bereich des Warenverkehrs ist seit dem Urteil Cassis de Dijon(252) anerkannt, daß grundsätzlich auch nationale Vorschriften, die unterschiedslos für inländische wie für importierte Waren gelten, nach Artikel 30 verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung darstellen können, wenn sich ihre Anwendung nicht durch zwingende, im Allgemeininteresse liegende Erfordernisse rechtfertigen läßt. Dieser Grundsatz ist durch die mit dem Urteil Keck und Mithouard(253) eingeleitete Rechtsprechung eingeschränkt, aber nicht aufgehoben worden. Entsprechendes gilt für den Bereich der Dienstleistungsfreiheit. Seit den Urteilen Gouda(254) und Säger(255) steht fest, daß "Artikel 59 EWG-Vertrag nicht nur die Beseitigung sämtlicher Diskriminierungen des Dienstleistungserbringers aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für einheimische Dienstleistende wie für Dienstleistende anderer Mitgliedstaaten gelten - verlangt, wenn sie geeignet sind, die Tätigkeit des Dienstleistenden ... zu unterbinden oder zu behindern." Solche Beschränkungen sind nur rechtmäßig, wenn sie "durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt" sind. Sie dürfen dabei nicht "über das hinausgehen, was zum Erreichen dieser Ziele erforderlich ist"(256).

198 Es würde einen meines Erachtens schwer erträglichen Wertungswiderspruch bedeuten, wenn man diese Betrachtungsweise nicht auch bei der Auslegung von Artikel 48 (und von Artikel 52) zugrunde legen würde.

199 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Struktur der Vorschriften über den Dienstleistungsverkehr derjenigen von Artikel 48 vergleichbar ist. Artikel 59 Absatz 1 bestimmt, daß die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs bis zum Ende der Übergangszeit aufzuheben sind. Nach Artikel 60 Absatz 3 kann der Dienstleistende seine Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, unter den Voraussetzungen ausüben, "welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt". Dem Wortlaut nach ist hier also der Grundsatz der Inländerbehandlung niedergelegt. Dies läßt sich mit dem Verhältnis zwischen Artikel 48 Absatz 1 und Artikel 48 Absatz 2 vergleichen. Es verwundert daher nicht, daß auch die Artikel 59 ff. zunächst als Diskriminierungsverbot interpretiert wurden(257). Schon aus diesem Grunde liegt es nahe, die Entwicklung, die sich hinsichtlich der Auslegung des Artikels 59 aus der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofes ergeben hat, auch auf Artikel 48 zu übertragen.

200 Die durch eine solche Auslegung geförderte "Konvergenz der wirtschaftlichen Freiheiten im europäischen Gemeinschaftsrecht"(258) ist aber auch sachlich geboten. Die Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes ruhen nicht nur auf einer gemeinsamen Grundlage. Sie bilden meines Erachtens auch eine Einheit, bei deren Behandlung so weit wie möglich dieselben Maßstäbe angelegt werden sollten(259). Es ist zum Beispiel kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum die Freiheit des Warenverkehrs besser geschützt werden müßte als die Freizügigkeit der Personen, sind doch beide für den Binnenmarkt von grundlegender Bedeutung(260). Der Vertrag stellt zwischen den Grundfreiheiten nur insoweit eine Art Rangfolge auf, als er in Artikel 60 Absatz 1 bestimmt, daß die Artikel 59 ff. nur eingreifen, soweit der fragliche Sachverhalt nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegt. Es wäre daher merkwürdig, wenn hinsichtlich der Auslegung dieser Vorschriften unterschiedliche Maßstäbe gelten sollten, während der ihnen allen gemeinsame Auffangtatbestand der Dienstleistungsfreiheit einheitlich auszulegen wäre.

Ich bin im übrigen ohnehin der Auffassung, daß es bei der Prüfung der Vereinbarkeit von nationalen Vorschriften mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Grundfreiheiten nicht so sehr darauf ankommt, an welcher konkreten Grundfreiheit ein bestimmter Sachverhalt zu messen ist. Entscheidend sollte vielmehr sein, ob die fraglichen Vorschriften die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit behindern und - falls dies der Fall ist - ob diese Beschränkungen gerechtfertigt sind. Dies schließt nicht aus, daß bei der Frage der Rechtfertigung Unterschiede zu machen sind, je nachdem, ob es sich um ein diskriminierendes oder ein nichtdiskriminierendes Hindernis handelt. Auch der Umstand, daß es sich um eine dauernde oder nur um eine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat handelt, kann insoweit Unterschiede rechtfertigen, so wie dies die Rechtsprechung bereits jetzt zuläßt.

201 Es handelt sich dabei keineswegs um ein rein akademisches Anliegen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes zeigt, daß die Unterscheidung zwischen Sachverhalten, die der einen, und Sachverhalten, die einer anderen Grundfreiheit zuzurechnen sind, des öfteren größere Schwierigkeiten bereitet. Der vorliegende Fall ist hierfür ein gutes Beispiel. In der Regel dürfte es - wie ich bereits ausgeführt habe - sachgerecht sein, Berufsfußballspieler als Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 48 einzustufen. Nach Artikel 60 Absatz 3 besteht das für die Unterscheidung zwischen Artikel 48 und Artikel 59 wesentliche Kriterium darin, daß letzterer nur Tätigkeiten erfaßt, die "vorübergehend" in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt werden. Was bedeutet dies zum Beispiel für einen Vertrag, durch den ein Verein einen Spieler für einige Spiele verpflichtet?(261) Es läßt sich darüber streiten, ob in einem solchen Fall nicht besser von einer Dienstleistung gesprochen werden sollte. Die derzeit geltenden Transferregeln sorgen zwar durch bestimmte Fristbestimmungen wohl meist dafür, daß Verträge mit Spielern eine Laufzeit von wenigstens einer ganzen oder doch einer halben Saison haben. Notwendig ist dies jedoch nicht, wie das Beispiel anderer Sportarten zeigt(262).

Der Gerichtshof hat daher ganz zu Recht in einer Reihe von Fällen offen gelassen, ob im konkreten Fall zum Beispiel Artikel 48 oder aber Artikel 59 anwendbar war. Er hat dies etwa in den Fällen Walrave und Donà getan, die hier von besonderem Interesse sind(263). Der Gerichtshof hat dadurch deutlich zum Ausdruck gebracht, daß diese beiden Vorschriften vergleichbare Maßstäbe anlegen und daß deren Anwendung im konkreten Fall zu denselben Ergebnissen führte. Dies bestätigt meine oben dargelegte Auffassung.

202 Die Auslegung von Artikel 48 in dem hier vorgeschlagenen Sinne würde es zugleich erlauben, eine Inkonsistenz der bisherigen Rechtsprechung zu beheben. Stellt man sich nämlich auf den Standpunkt, der Inhalt der in Artikel 48 geschützten Freizügigkeit erschöpfe sich in dem in dieser Vorschrift genannten Verbot von Diskriminierungen, so könnten zur Rechtfertigung dieser Diskriminierungen konsequenterweise auch nur die in Artikel 48 Absatz 3 genannten Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit herangezogen werden. Der Gerichtshof hat jedoch schon mehrfach entschieden, daß bei indirekten Diskriminierungen auch andere "sachliche Gründe" eine Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigen können(264). Daß es sich dabei um dieselbe Prüfung handelt, wie sie im Rahmen von Artikel 59 hinsichtlich nichtdiskriminierender Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit angestellt wird, ergibt sich ausdrücklich aus den 1992 ergangenen Urteilen Bachmann(265) und Kommission/Belgien(266). Die hier vertretene Auffassung würde es erlauben, diesen Widerspruch zu beseitigen.

(3) Artikel 48 als Grundrecht

203 Schließlich scheint mir auch nur die von mir vertretene Auslegung in der Lage zu sein, dem Charakter des Rechtes auf Freizügigkeit als einem "Grundrecht", das "jedem Arbeitnehmer der Gemeinschaft individuell vom Vertrag verliehen ist"(267), gerecht zu werden. Jede Beschränkung des Rechtes auf Freizügigkeit verletzt den Betroffenen in diesem Grundrecht und bedarf daher der Rechtfertigung. Da es sich um eine Verletzung eines Grundrechts handelt, vermag ich ebensowenig wie Generalanwalt Jacobs in seinen Schlußanträgen in der Rechtssache Konstantinidis zu erkennen, inwiefern die nichtdiskriminierende Natur der Maßnahme bewirken könnte, daß diese nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 48 fällt(268). Auch aus diesem Grunde bin ich daher der Auffassung, daß Artikel 48 auch auf nichtdiskriminierende Beschränkungen der Freizügigkeit Anwendung zu finden hat. Dies muß zumindest dann gelten, wenn die Beschränkung den Zugang zum Arbeitsmarkt in anderen Mitgliedstaaten betrifft.

dd) Mögliche Einwände gegen diese Auffassung

204 Gegen die hier vertretene Auffassung lassen sich einige Einwände vorbringen, die noch der Erörterung bedürfen. Das bedeutsamste der Gegenargumente ist sicherlich jenes, das sich auf die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Artikel 30 stützt. Der Gerichtshof hat bekanntlich in seinem bereits erwähnten Urteil im Fall Keck und Mithouard seine frühere Rechtsprechung zu Artikel 30 revidiert. Dieser Entscheidung zufolge soll Artikel 30 "entgegen der bisherigen Rechtsprechung" der Anwendung nationaler Vorschriften, "die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten", nicht im Wege stehen, "sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren"(269). Diese Rechtsprechung ist inzwischen mehrfach bekräftigt worden(270). Diesen Urteilen ist zu entnehmen, daß sie nur für Regeln über Verkaufsmodalitäten gilt. Nationale Vorschriften, welche die Ausstattung der Ware und ähnliches betreffen, sind nach wie vor an Artikel 30 zu messen, auch wenn sie unterschiedslos auf inländische wie auf importierte Waren angewandt werden(271). Gleichwohl ist damit der Anwendungsbereich des Artikels 30 durch den Gerichtshof eingeschränkt worden. Es stellt sich daher die Frage, ob angesichts dessen eine Erweiterung des Anwendungsbereiches von Artikel 48 angebracht erscheint. Mehrere Beteiligte am vorliegenden Verfahren haben auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen.

205 Meines Erachtens steht die neuere Rechtsprechung zu Artikel 30 der von mir hinsichtlich der Auslegung von Artikel 48 vertretenen Auffassung nicht entgegen. Ich teile die Auffassung, daß der Anwendungsbereich des Artikels 30 in der Vergangenheit bisweilen überdehnt worden ist(272). Die neuere Rechtsprechung hat hier Abhilfe geschaffen, wenngleich man sich durchaus fragen kann, ob der vom Gerichtshof gewählte Ansatz die beste Lösung darstellte. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß die Ausgangslage im Bereich des Artikels 48 eine ganz andere ist, da es hier bisher keine gefestigte Rechtsprechung gibt, nach der auch unterschiedslos geltende Maßnahmen von dieser Bestimmung erfaßt würden. Die von mir vorgeschlagene erweiternde Auslegung dieser Vorschrift bedeutet auch keineswegs, daß alle nichtdiskriminierenden Maßnahmen, die tatsächlich oder potentiell die Freizügigkeit beschränken, notwendigerweise denselben strengen Bedingungen hinsichtlich ihrer Rechtfertigung unterworfen werden müssen. Wenn man insoweit die Rechtsprechung zu Artikel 30 entsprechend heranziehen möchte, könnte man daran denken, zwischen Maßnahmen, die den Zugang zur Beschäftigung regeln, und Maßnahmen, die sich mehr auf die Ausübung dieser Tätigkeit richten, zu unterscheiden(273).

206 Ich glaube mich jedoch insoweit auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes selbst berufen zu können. Meine Auffassung hinsichtlich der Auslegung des Artikels 48 stützt sich - wie gesehen - zu einem Gutteil auf die Parallele zu Artikel 59 und die zu dieser Vorschrift ergangene Rechtsprechung. Da diese Rechtsprechung in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Artikel 30 entwickelt worden ist, hätte man annehmen dürfen, daß das Urteil Keck und Mithouard auf sie nicht ohne Auswirkungen hätte sein können. Dies war bislang jedoch noch nicht der Fall.

In seinem im Jahre 1994 erlassenen Urteil Schindler hat der Gerichtshof noch einmal bekräftigt, daß nichtdiskriminierende Maßnahmen unter Artikel 59 fallen können(274). Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der neuen Rechtsprechung zu Artikel 30 findet sich in dem vor kurzem ergangenen Urteil Alpine Investments(275). Dort ging es um eine niederländische Maßnahme, durch die einer auf Warenterminverträge spezialisierten Gesellschaft verboten worden war, mit möglichen Kunden im In- und Ausland ohne deren vorherige schriftliche Zustimmung telephonischen Kontakt aufzunehmen. Es stellte sich die Frage, ob dieses Verbot des "cold calling" gegen Artikel 59 verstieß. Die Niederlande und das Vereinigte Königreich hatten unter Berufung auf das Urteil Keck und Mithouard geltend gemacht, dieses Verbot sei dem Anwendungsbereich des Artikels 59 entzogen, da es allgemein anwendbar und nicht diskriminierend sei und da es nicht bezwecke oder bewirke, dem inländischen Markt einen Vorteil zu verschaffen.

Der Gerichtshof wies diese Argumente zurück. Seiner Ansicht nach ist der Grund für die im Urteil Keck und Mithouard getroffene Entscheidung darin zu sehen, daß die dort zu prüfende Regelung nicht geeignet war, den Marktzugang ausländischer Erzeugnisse "zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut". Das im Fall Alpine Investments zu betrachtende Verbot "beeinflußt" hingegen "unmittelbar den Zugang zum Dienstleistungsmarkt in anderen Mitgliedstaaten. Es ist daher geeignet, den innergemeinschaftlichen Dienstleistungsverkehr zu behindern."(276)

Diese Überlegungen lassen sich auf den Bereich des Artikels 48 übertragen. Dabei ist insbesondere zu beachten, daß die im vorliegenden Fall zu prüfenden Transferregeln unmittelbar den Zugang zum Arbeitsmarkt in anderen Mitgliedstaaten beeinflussen(277).

207 Ein weiteres Argument gegen eine erweiternde Auslegung des Artikels 48 und des Artikels 52 stützt sich auf die Rechtsprechung zu Artikel 34, der mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung verbietet. Der Gerichtshof hat bekanntlich entschieden, daß sich Artikel 34 auf Maßnahmen bezieht, die "spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken" und dadurch der nationalen Produktion einen "besonderen Vorteil" verschaffen(278). Würde man annehmen, daß unterschiedslos geltende Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die es seinen eigenen Staatsangehörigen oder Dritten erschwerten, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, unter Artikel 48 fallen, befände man sich nach Ansicht mancher Autoren jedoch im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung(279). Selbst wenn dem so sein sollte, wäre daraus meines Erachtens nicht der Schluß zu ziehen, daß Artikel 48 einschränkend zu interpretieren wäre. Vielmehr sollte eher die Rechtsprechung zu Artikel 34 überdacht werden. Eine Behinderung der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit ist daher stets an Artikel 48 zu messen(280).

208 Zur Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips für den vorliegenden Fall habe ich bereits Stellung genommen(281).

ee) Anwendung auf die Transferregeln

209 Auch wenn man annehmen wollte, daß die Transferregeln in der ganzen Gemeinschaft unterschiedslos auf Wechsel innerhalb eines Mitgliedstaats wie auf Wechsel in einen anderen Mitgliedstaat angewendet würden, bliebe die Tatsache bestehen, daß sie die Freizügigkeit einschränken. Anders als Artikel 48 dies fordert, kann sich ein Berufsfußballspieler aufgrund dieser Regeln nach dem Auslaufen seines bisherigen Vertrages nämlich nicht frei in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort für einen anderen Verein tätig zu werden. Erforderlich ist vielmehr in jedem Fall, daß an den bisherigen Verein die fällige Ablösesumme gezahlt wird. Wie ich bereits erläutert habe, ändert der Umstand, daß nach den heute geltenden Regeln der UEFA und der FIFA die Spielberechtigung für den neuen Verein nicht mehr von der Regelung der Ablösesumme abhängen soll, an diesem Umstand nichts(282). Es handelt sich hier also um eine eindeutige Beschränkung des Rechtes auf Freizügigkeit, die von Artikel 48 erfaßt wird. Daß diese Regeln zugleich die Möglichkeit eines freien Vereinswechsels innerhalb ein und desselben Mitgliedstaates beschränken, kann daran nach der hier vertretenen Auffassung nichts ändern.

210 Die Transferregeln beschränken dabei unmittelbar den Zugang zum Arbeitsmarkt in anderen Mitgliedstaaten. Damit unterscheiden sie sich ganz wesentlich von anderen unterschiedslos geltenden Regeln, welche die Ausübung des Berufes betreffen. Ein Beispiel mag genügen, um den Unterschied zu verdeutlichen. Soeben ist wieder die Frage aufgeworfen worden, ob eine Profiliga zum Beispiel 16, 18 oder mehr Vereine haben soll. Es ist völlig einleuchtend, daß die Zahl der vorhandenen Vereine die Aussichten eines Spielers, eine Beschäftigung bei einem Verein zu finden, beeinflußt. Je geringer die Zahl der Vereine ist, desto schwieriger dürfte es in der Regel sein, eine Anstellung zu erlangen. Gleichwohl scheinen mir Vorschriften dieser Natur nicht geeignet, Bedenken hinsichtlich Artikel 48 zu erwecken. Sie betreffen nicht die Möglichkeit des Zugangs ausländischer Spieler als solchen, sondern die Ausübung der Beschäftigung. Ganz anders ist die Lage im Hinblick auf die Transferregeln. Nach den geltenden Regeln kann ein Spieler nämlich nur dann ins Ausland wechseln, wenn der neue Klub (oder der Spieler selbst) in der Lage ist, die verlangte Ablösesumme zu zahlen. Ist dies nicht der Fall, kann der Spieler nicht ins Ausland wechseln. Es handelt sich um eine unmittelbare Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Da die Ablösesumme von dem bisherigen Verein verlangt wird und das Hindernis für den Wechsel somit - auch wenn es zugleich durch die Regeln internationaler Verbände bedingt ist - aus der Sphäre des Ausgangsstaats stammt, kann man die Lage durchaus mit der im Fall Alpine Investments gegebenen vergleichen.

211 Die URBSFA hat sich zur Begründung ihres Standpunktes, wonach Artikel 48 hier nicht anwendbar sein könne, unter anderem auf eine Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte ("EKMR") aus dem Jahre 1983 berufen(283). Dieser Fall betraf einen niederländischen Berufsfußballspieler, der sich darauf berief, daß die Transferregeln insbesondere gegen Artikel 4 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 verstießen. Dieser Vorschrift zufolge darf niemand gezwungen werden, "Zwangs- oder Pflichtarbeit" zu verrichten. Die EKMR verwarf die Beschwerde(284). Sie stützte sich dabei auf zwei Erwägungen. Zum einen habe sich der Beschwerdeführer aus freiem Antrieb entschlossen, Berufsfußballspieler zu werden, wobei ihm bewußt war, daß er von den fraglichen Regeln betroffen sein würde. Zum anderen beträfen diese Regeln nicht unmittelbar die Vertragsfreiheit des Spielers.

Für den vorliegenden Fall sind diese Ausführungen ohne Bedeutung. In der Tat zwingen die Transferregeln den Spieler nicht "unmittelbar" dazu, "Zwangs- oder Pflichtarbeit" zu verrichten. Die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts haben jedoch eine ganz andere Zielrichtung. Artikel 48 EG-Vertrag schützt ganz allgemein das Recht auf grenzüberschreitende Freizügigkeit in der Gemeinschaft. Im übrigen scheint mir auch die Erwägung der EKMR, eine Rechtsverletzung scheide aus, weil der Betroffene mit der Wahl dieses Berufes sich mit eventuell mit diesem verbundenen Beschränkungen einverstanden erklärt habe, durchaus fragwürdig zu sein. Wesentlich überzeugender ist die Entscheidung, die das Landesarbeitsgericht Berlin im Jahre 1979 in einem vergleichbaren Fall auf der Grundlage des deutschen Rechts gefällt hat. Das LAG stellte sich auf den Standpunkt, daß die Transferregeln die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes beschränkten und daher gegen Artikel 12 des Grundgesetzes verstießen. Nach Ansicht des LAG durften sich auch private Absprachen nicht mit dieser Bestimmung in Widerspruch setzen, so daß ein etwaiges Einverständnis des Spielers mit diesen Regeln unerheblich war(285).

212 Ich bin daher wie Herr Bosman der Auffassung, daß die Transferregeln gegen Artikel 48 verstoßen und nur rechtmäßig wären, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Der Vertreter Dänemarks hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof dieselbe Auffassung vertreten. Die Kommission hat zwar zunächst in ihrer schriftlichen Stellungnahme diese Frage offen gelassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat sie jedoch unter Bezugnahme auf ihre Stellungnahme in der Rechtssache C-340/90, in der sie diese Ansicht bereits vertreten hatte, zum Ausdruck gebracht, daß sie die hier vertretene Auffassung teilt.

213 Auch die meisten der anderen Verfahrensbeteiligten, die der Ansicht sind, daß Artikel 48 auf nichtdiskriminierende Hindernisse für die Freizügigkeit keine Anwendung finden kann, haben die Auffassung vertreten, daß die Transferregeln jedenfalls aufgrund bestimmter Erwägungen als gerechtfertigt angesehen werden müßten(286). Diese möglichen Rechtfertigungsgründe sind nunmehr zu prüfen.

ff) Mögliche Rechtfertigungsgründe

(1) Allgemeines

214 Zunächst ist jedoch auf die bereits im Zusammenhang mit den Ausländerklauseln angesprochene Frage zurückzukommen, unter welchem Gesichtspunkt diese möglichen Rechtfertigungsgründe zu erörtern sind. Wie bereits erwähnt, hat der Gerichtshof in den Urteilen Walrave und Donà in diesem Zusammenhang von nichtwirtschaftlichen Gründen, die ausschließlich den Sport betreffen, gesprochen(287). Aus der Rechtsprechung zu Artikel 30 einerseits und Artikel 59 andererseits ergibt sich jedoch, daß Beschränkungen, die von diesen Vorschriften erfaßt werden, nicht nur durch Gründe nichtwirtschaftlicher Natur gerechtfertigt werden können. Auch Erwägungen wirtschaftlicher Natur können insoweit relevant sein, sofern es sich dabei um zwingende Gründe des Allgemeininteresses handelt. Dies ergibt sich insbesondere aus den bereits erwähnten Urteilen Bachmann und Kommission/Belgien, in denen der Gerichtshof entschied, daß Beschränkungen der Freizügigkeit rechtmäßig sein können, wenn sie erforderlich sind, um die "Kohärenz der Steuerregelung" zu wahren(288).

215 Mit der in den Urteilen Walrave und Donà gewählten Formulierung dürfte daher etwas anderes gemeint sein. Meines Erachtens bezieht sich der Gerichtshof in diesen Urteilen auf solche Regeln, die ausschließlich sportlicher Natur sind und daher vom Gemeinschaftsrecht nicht erfaßt werden. Für das in Artikel 48 verankerte Recht auf Freizügigkeit ist es in der Tat belanglos, ob zum Beispiel ein Spiel 90 oder aber 80 Minuten dauert und ob ein Sieg mit zwei oder aber drei Punkten gewertet wird. Anderes gilt für die Transferregeln. Diese beschränken unmittelbar das Recht auf Freizügigkeit und sind daher nur dann rechtmäßig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden.

216 In diesem Zusammenhang erscheint es angebracht, auf ein grundsätzliches Argument einzugehen, das zur Rechtfertigung dieser und anderer Regeln gebraucht wird. Es wird nämlich geltend gemacht, daß sich die Sportverbände auf das Recht auf Vereinigungsfreiheit berufen könnten. Dieses Recht könne mit dem Recht des einzelnen Sportlers auf Freizügigkeit kollidieren und sei daher mit diesem in Einklang zu bringen(289). Nun ist es sicherlich unbestreitbar, daß die Sportverbände das Recht und die Aufgabe haben, Regeln für die Ausübung und Organisation des Sports auszuarbeiten und daß diese Tätigkeit zu ihrer grundrechtlich geschützten Verbandsautonomie gehört(290). Dies bedeutet jedoch nicht, daß zur Lösung des Konflikts zwischen dem Recht auf Freizügigkeit und der Vereinigungsfreiheit eine einfache "Güterabwägung" ausreichen würde(291). Damit würde der grundlegenden Bedeutung des Artikels 48 für den Binnenmarkt, die der Gerichtshof mehrfach ausdrücklich hervorgehoben hat(292), nicht ausreichend Rechnung getragen. Zuzustimmen ist daher der Auffassung, daß nur ein "überragend wichtiges Verbandsinteresse" eine Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigen könnte(293). Solche Interessen können meines Erachtens gegebenenfalls durchaus dem Begriff der zwingenden Gründe des Allgemeininteresses subsumiert werden.

217 Schließlich ist zu erwähnen, daß die Frage nach der möglichen Rechtfertigung der Transferregeln auch im Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften eine wichtige Rolle spielt und von den Parteien in diesem Zusammenhang erörtert worden ist. So weit dies für die Prüfung der vorliegenden Frage erforderlich ist, werde ich daher hier auch die zu den Artikeln 85 und 86 vorgetragenen Erwägungen heranziehen.

(2) Aufrechterhaltung des finanziellen und sportlichen Gleichgewichts

218 Zur Rechtfertigung der Transferregeln ist eine Reihe von Erwägungen vorgetragen worden. Am bedeutsamsten von diesen ist meines Erachtens die Behauptung, daß die Transferregeln notwendig seien, um ein gewisses Maß an finanziellem und sportlichem Gleichgewicht unter den Klubs aufrechtzuerhalten. Durch diese Regeln werde bezweckt, das Überleben kleinerer Vereine zu sichern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat die URBSFA in diesem Zusammenhang ausdrücklich geltend gemacht, daß die gezahlten Ablösesummen das Überleben der Amateurvereine sicherstellten.

Diese Argumentation läuft auf die Behauptung hinaus, daß das System der Transferregeln erforderlich sei, um die Organisation des Fußballs als solche zu sichern. Wären beim Wechsel von Spielern keine Ablösesummen zu zahlen, so würden sich die wohlhabenden Vereine mühelos die besten Spieler sichern, während die kleineren Vereine und die Amateurklubs in wirtschaftliche Nöte gerieten und möglicherweise sogar ihre Tätigkeit einstellen müßten. Somit würde die Gefahr drohen, daß die reichen Vereine stets noch reicher und die weniger wohlhabenden noch ärmer würden.

219 Würde diese Behauptung zutreffen, so wäre meines Erachtens in der Tat davon auszugehen, daß die Transferregeln mit Artikel 48 vereinbar wären. Der Fußballsport ist in der Gemeinschaft von großer Bedeutung, und dies sowohl in wirtschaftlicher wie in ideeller Hinsicht. Wie ich bereits erwähnt habe, interessieren sich viele Menschen in der Gemeinschaft für den Fußballsport. Die Zahl der Zuschauer in den Stadien und vor den Bildschirmen belegt dies nachdrücklich. In manchen Städten zählt die lokale Fußballmannschaft zu den großen Attraktionen, die entscheidend zur Bekanntheit dieser Orte beitragen. So dürfte es wohl in Deutschland nur wenige interessierte Zeitgenossen geben, die die Stadt Mönchengladbach nicht auch mit dem Fußball in Verbindung brächten. Die großen Vereine sind darüber hinaus längst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden. Daher könnte man nach meinem Dafürhalten bereits in der Aufrechterhaltung einer lebensfähigen Profiliga einen im Allgemeininteresse liegenden Grund sehen, der Einschränkungen der Freizügigkeit rechtfertigen könnte. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß ich - wie es im übrigen auch die anderen Verfahrensbeteiligten tun - die Ansicht teile, daß eine Profiliga nur dann gedeihen kann, wenn zwischen den beteiligten Vereinen kein zu krasses Ungleichgewicht besteht. Wird die Liga von einer Mannschaft klar dominiert, so fehlt es an der notwendigen Spannung. Das Interesse der Zuschauer dürfte daher in absehbarer Zeit erlahmen.

Noch wichtiger ist der Bereich des Amateursports. Derzeit gibt es eine Vielzahl von Amateurvereinen, in denen Jugendlichen und Erwachsenen die Möglichkeit sportlicher Betätigung gegeben wird. Welche Bedeutung dieses Angebot einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung für die Gesellschaft als solche hat, brauche ich nicht näher auszuführen. Sollten die Transferregeln erforderlich sein, um das Überleben dieser Amateurvereine zu gewährleisten, wäre dies ohne Zweifel ein im Rahmen des Artikels 48 relevanter zwingender Grund des Allgemeininteresses.

220 Es ist daher zu prüfen, ob die Transferklauseln tatsächlich die Bedeutung haben, die ihnen von der URBSFA sowie der UEFA und anderen beigemessen wird. Hier ist zwischen den Auswirkungen auf Amateurvereine einerseits und Profiklubs andererseits zu unterscheiden.

221 Was die Amateurvereine anlangt, sind keine konkreten Argumente oder gar Zahlen vorgelegt worden, um die Behauptung zu untermauern, die Abschaffung der Transferregeln hätte für diese Vereine oder wenigstens einige von ihnen existenzgefährdende Folgen. Die Frage ist jedoch ohnehin nicht näher zu prüfen. Die entsprechende Vorlagefrage der Cour d'appel Lüttich bezieht sich auf die Lage, wie sie sich nach den Transferregeln für einen Spieler ergibt, dessen Vertrag endet. Es geht also um den Wechsel eines Berufsfußballspielers zu einem anderen Verein. Wie ich bereits erwähnt habe(294), ist somit im vorliegenden Verfahren nicht zu klären, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, daß beim Wechsel eines Amateurspielers zu einem Profiklub eine Ablösesumme zu zahlen ist. Die vorliegende Fragestellung ist daher auf den Berufsfußball beschränkt. Es ist nicht zu erkennen, welchen Einfluß die Antwort auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Transferklauseln in diesem Bereich auf die Amateurvereine haben könnte.

222 Auch hinsichtlich der Profivereine haben die interessierten Verbände nur wenig aussagekräftiges, konkretes Material vorgelegt, um ihre These zu stützen. Nach meinem Dafürhalten kommt dabei der von der UEFA vorgelegten und von mir bereits erwähnten Studie von Touche Ross zum englischen Fußball die größte Bedeutung für die hier anzustellende Prüfung zu. In England gibt es bekanntlich eine vierstufige Profiliga, die - von oben nach unten - in die Premier League sowie die Erste, Zweite und Dritte Division gegliedert ist. Aus den in der genannten Studie aufgeführten Zahlen ergibt sich, daß die Vereine der Premier League in dem zugrundegelegten Zeitraum(295) insgesamt netto (also nach Abzug der Einnahmen aus den von ihnen selbst erhaltenen Ablösesummen) rund 18,5 Millionen UKL für neue Spieler ausgegeben hatten. Nach Abzug dieser Summe von den Gesamteinnahmen verblieb diesen Vereinen noch ein Gesamtgewinn von 11,5 Millionen UKL. Die Vereine der Ersten Division erzielten hingegen im Transfergeschäft einen Überschuß von gut 9,3 Millionen UKL, jene der Zweiten Division einen Überschuß von knapp 2,4 Millionen UKL und jene der Dritten Division einen Überschuß von etwa 1,6 Millionen UKL. Darüber hinaus ist bemerkenswert, daß sich für die drei letztgenannten Divisionen aus dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb jeweils ein Verlust ergab, der durch diese Transfereinnahmen mehr als abgedeckt wurde(296).

Diese Zahlen belegen sehr eindrucksvoll, welch bedeutende Rolle die unteren Divisionen als Talentreservoir für die oberste Liga spielen. Sie zeigen zugleich, daß die Transfereinnahmen für die Vereine dieser unteren Klassen einen wichtigen Posten in der Bilanz darstellen. Sollten die Transferregeln als rechtswidrig zu betrachten sein und diese Zahlungen daher entfallen, stuende zu erwarten, daß diese Vereine in große Schwierigkeiten gerieten.

223 Ich teile daher vollkommen die von der URBSFA und der UEFA in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof noch einmal klar zum Ausdruck gebrachte Ansicht, daß es von fundamentaler Bedeutung ist, die Einnahmen in angemessener Weise unter den Vereinen zu verteilen. Ich bin jedoch gleichwohl der Auffassung, daß die Transferregeln in ihrer derzeitigen Form nicht durch diese Erwägung gerechtfertigt werden können. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Transferregeln den von den Verbänden genannten Zweck zu erfuellen vermögen. In jedem Fall jedoch gibt es andere, die Freizügigkeit weniger oder überhaupt nicht beeinträchtigende Mittel, um diesen Zweck zu erreichen.

224 Was die Frage nach der Eignung dieser Regeln zur Erfuellung des gesetzten Zwecks anlangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die derzeit geltenden Regeln die kleineren Profivereine sehr oft dazu zwingen dürften, sich von Spielern zu trennen, um durch die auf diese Weise erzielten Transfereinnahmen ihr Überleben zu sichern. Da es sich bei den an die größeren Vereine transferierten Spielern in der Regel um die besten Spieler der kleineren Profivereine handelt, werden diese dadurch sportlich geschwächt. Es ist zwar richtig, daß diese Vereine durch die Transfereinnahmen in die Lage versetzt werden, selbst neue Spieler zu verpflichten, sofern ihre allgemeine finanzielle Lage dies gestattet. Wie wir gesehen haben, werden die Transfersummen jedoch in der Regel auf der Grundlage der Spielergehälter berechnet. Da die größeren Klubs meist höhere Gehälter zahlen, dürften die kleineren Vereine kaum je in der Lage sein, selbst gute Spieler von diesen Klubs zu erwerben. In dieser Hinsicht verstärken die Transferregeln also sogar noch das ohnehin bestehende Ungleichgewicht zwischen wohlhabenden und weniger wohlhabenden Vereinen. Die Kommission und Herr Bosman haben zu Recht auf diese Konsequenz hingewiesen.

225 Herr Bosman hat auch mit einiger Berechtigung geltend gemacht, daß die Transferregeln die reichen Klubs nicht daran hindern, die besten Spieler zu verpflichten, so daß sie nur bedingt geeignet sind, zur Wahrung des sportlichen Gleichgewichts beizutragen. In der Tat ist die Verpflichtung, für einen neuen Spieler eine mitunter beträchtliche Summe Geldes auszugeben, für einen wohlhabenden Verein oder für eine Mannschaft mit einem wohlhabenden Förderer kein bedeutsames Hindernis. Die Beispiele des AC Mailand und der Blackburn Rovers belegen dies nachdrücklich(297).

Auch das finanzielle Gleichgewicht zwischen den Klubs wird übrigens durch die Transferregeln nicht notwendigerweise gestärkt. Verpflichtet ein Verein Spieler von Klubs aus anderen Mitgliedstaaten oder aus Drittstaaten, so fließen die hierfür erforderlichen Gelder ins Ausland ab, ohne daß die anderen Klubs, die mit dem betroffenen Verein in einer Liga spielen, davon profitieren würden.

226 Vor allem aber ist eindeutig, daß es Alternativen zu den Transferregeln gibt, durch die der mit diesen verfolgte Zweck erreicht werden kann. Es handelt sich dabei im Grunde um zwei verschiedene Möglichkeiten, die beide auch von Herrn Bosman genannt worden sind. Zum einen bestuende die Möglichkeit, für die von den Vereinen an die Spieler zu zahlenden Gehälter tarifvertraglich bestimmte Grenzen festzusetzen. Diese Möglichkeit ist von Herrn Bosman in seiner Stellungnahme näher dargelegt worden. Er hat jedoch dabei darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit nicht so effektiv ist wie die sogleich zu besprechende Alternative. Angesichts der folgenden Ausführungen brauche ich mich daher hier zu dieser Möglichkeit nicht näher zu äußern. Zum anderen wäre es denkbar, die Einnahmen der Vereine untereinander zu verteilen. Dies bedeutet konkret, daß ein Teil der von einem Verein aus dem Verkauf von Eintrittskarten für seine Heimspiele erzielten Einnahmen an die anderen Vereine verteilt wird. In entsprechender Weise könnten etwa die Einnahmen, welche bei der Vergabe der Rechte für die Übertragung von Spielen im Fernsehen anfallen, zwischen allen Vereinen aufgeteilt werden.

Um allen Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich in diesem Zusammenhang klar zum Ausdruck bringen, daß ich eine finanzielle Unterstützung durch staatliche Beihilfen nicht zu den hier angesprochenen Alternativen zähle. Der Grund dafür besteht darin, daß solche Beihilfen den Rahmen dessen sprengen würden, was den Fußballverbänden aufgrund ihrer Verbandsautonomie aus eigener Kraft möglich ist. Der Berufsfußballsport würde damit auf eine andere Grundlage gestellt als die, welche im vorliegenden Rechtsstreit zur Erörterung steht.

227 Es kann kaum einen Zweifel daran geben, daß eine solche Umverteilung der Einnahmen in wirtschaftlicher Hinsicht als sinnvoll und legitim erscheint. Die UEFA selbst hat zu Recht darauf hingewiesen, daß der Fußball durch die gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit der Vereine geprägt ist. Diese Sportart wird ausgeübt, indem zwei Mannschaften gegeneinander antreten und ihre Kräfte messen. Jeder Verein braucht daher den anderen, um Erfolg zu haben. Aus diesem Grunde hat jeder Verein ein Interesse am Wohlergehen der anderen Vereine. Die in einer Profiliga tätigen Vereine haben daher nicht das Ziel, ihre Konkurrenten aus dem Markt auszuschalten. Darin liegt - wie sowohl die UEFA als auch Herr Bosman ganz zu Recht ausgeführt haben - ein bedeutsamer Unterschied zu dem Wettbewerbsverhältnis, wie es zwischen Unternehmen auf anderen Märkten vorherrscht. Ebenso richtig ist, daß der wirtschaftliche Erfolg einer Liga nicht zuletzt davon abhängt, daß zwischen ihren Klubs ein gewisses Gleichgewicht herrscht. Wird die Liga von einem übermächtigen Klub dominiert, macht sich erfahrungsgemäß Desinteresse breit.

Wäre jeder Klub darauf angewiesen, seinen Spielbetrieb ausschließlich durch die Einnahmen zu finanzieren, die er durch den Verkauf von Eintrittskarten, Verträge mit Rundfunk und Fernsehen und aus sonstigen Quellen (wie etwa Werbung, Mitgliedsbeiträge oder Zuwendungen von privaten Sponsoren) bezieht, würde das Gleichgewicht zwischen den Vereinen sehr bald in Gefahr geraten. Großvereine wie der FC Bayern München oder der FC Barcelona entfalten eine besondere Anziehungskraft, die sich in hohen Zuschauerzahlen niederschlägt. Dadurch werden diese Vereine auch für Fernsehsender und die Werbewirtschaft sehr interessant. Die daraus resultierenden hohen Einnahmen erlauben es diesen Vereinen, die besten Spieler zu verpflichten und damit ihren - sportlichen wie wirtschaftlichen - Erfolg noch zu verstärken. Für die kleineren Vereine verliefe die Entwicklung dagegen gerade umgekehrt. Die mangelnde Attraktivität einer Mannschaft führt zu entsprechend niedrigen Einnahmen, wodurch wiederum die Möglichkeiten, die Mannschaft zu verstärken, verringert würden.

Herr Bosman hat zwar darauf hingewiesen, daß es Stimmen gibt, die der Ansicht sind, daß sich das erforderliche Gleichgewicht gleichsam automatisch ergäbe, da aufgrund der bereits erörterten Gegebenheiten kein Verein daran interessiert sein könne, in seiner Liga eine drückende Überlegenheit zu erlangen. Die Erfahrung zeigt jedoch, daß die Vereinsführungen nicht immer so kalkulieren, sondern sich mitunter von anderen als rein sportlichen oder wirtschaftlichen Erwägungen leiten lassen können. Es ist daher meines Erachtens durchaus notwendig, durch bestimmte Maßnahmen dafür zu sorgen, daß ein gewisses Gleichgewicht unter den Mannschaften gewahrt wird. Eine dieser Möglichkeiten stellt das derzeit geltende System der Zahlungen bei Transfers dar. Eine andere Möglichkeit besteht in der Umverteilung eines Teils der Einnahmen.

228 Herr Bosman hat eine Reihe von wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß die Verteilung der Einnahmen ein geeignetes Mittel darstellt, um das gewünschte Gleichgewicht zu fördern(298). Die konkrete Ausgestaltung eines solchen Systems wird natürlich von den Gegebenheiten der betroffenen Liga und anderen Erwägungen abhängig sein. Insbesondere dürfte klar sein, daß eine solche Umverteilung nur dann sinnvoll und angemessen sein kann, wenn sie auf einen kleineren Teil der Einnahmen beschränkt bleibt. Wird nämlich zum Beispiel die Hälfte der Einnahmen oder gar noch mehr an andere Vereine verteilt, würde wohl der Anreiz für den jeweiligen Verein, gute Leistungen zu erbringen, zu stark reduziert(299).

229 Weder die URBSFA noch die UEFA haben bestritten, daß es sich bei dieser Lösung um eine realistische Möglichkeit handelt, die es erlaubt, das sportliche und finanzielle Gleichgewicht zwischen den Klubs zu fördern. Wenn ich mich nicht sehr täusche, haben sie nicht einmal den Versuch unternommen, die von Herrn Bosman in diesem Zusammenhang vorgetragenen Argumente zu entkräften.

230 Dies scheint mir kein Zufall zu sein. Auch die Verbände können nämlich schwerlich bestreiten, daß es sich bei dieser Möglichkeit um eine zweckmäßige und zumutbare Alternative handelt. Der beste Beweis hierfür ist in dem Umstand zu sehen, daß bereits heute entsprechende Modelle im Berufsfußball Anwendung finden. Im deutschen Pokalwettbewerb zum Beispiel erhalten meines Wissens die beiden beteiligten Vereine von den nach der Abführung des dem DFB zustehenden Anteils verbleibenden Einnahmen je die Hälfte. Die Einnahmen aus der Vergabe der Rechte für Fernseh- und Rundfunkübertragungen von Spielen werden vom DFB nach einem bestimmten Schlüssel unter die Vereine verteilt(300). In den Verbänden der anderen Mitgliedstaaten dürften die Dinge ähnlich liegen.

Eine Umverteilung der Einnahmen findet auch auf der Ebene der UEFA statt. Nach Artikel 18 des UEFA-Statuts (Ausgabe 1990) hat die UEFA Anspruch auf einen Teil der Einnahmen aus den von ihr veranstalteten Wettbewerben sowie aus bestimmten Länderspielen. Ein gutes Beispiel bietet das von der URBSFA vorgelegte UEFA-Cup-Reglement für die Saison 1992/93. Danach erhielt die UEFA für jedes Ausscheidungsspiel einen Anteil von jeweils 4 % der Bruttoeinnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten sowie von 10 % der Einnahmen aus dem Verkauf der Rundfunk- und Fernsehrechte. Für die beiden Endspiele erhöhten sich die Anteile der UEFA sogar auf 10 beziehungsweise 25 %(301).

231 Während diese Regelung der Deckung der Ausgaben der UEFA dient und daher nur mittelbar - durch entsprechende Zuwendungen der UEFA an bestimmte Verbände oder Vereine(302) - zu einer Umverteilung von Einnahmen führt, verhält es sich bei der "UEFA Champions League" anders. Dieser Wettbewerb, der an die Stelle des früheren Europapokalwettbewerbs der Landesmeister trat, wurde von der UEFA im Jahre 1992 eingeführt. Ein von Herrn Bosman vorgelegtes Dokument der UEFA gibt Aufschluß über den Zweck und die Organisation dieses Wettbewerbs. Das Ziel dieser Einrichtung besteht demnach in der Förderung der Interessen des Fußballs. Es wird dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Erlös nicht nur den teilnehmenden Vereinen zugute kommt, sondern daß alle Verbände einen Anteil daran erhalten.

Eine Bilanz der Saison 1992/93 verdeutlicht dies. Danach behielten die acht Vereine, die an dem Wettbewerb teilnahmen, jeweils die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten für ihre Heimspiele. Darüber hinaus erbrachte der Wettbewerb Einnahmen aus der Vermarktung von Fernseh- und Werberechten in Höhe von 70 Millionen SFR. Dieser Betrag wurde wie folgt aufgeteilt: Die teilnehmenden Klubs erhielten 38 Millionen SFR (54 %). Weitere 12 Millionen SFR (18 %) wurden an alle Klubs ausgeschüttet, die in den ersten beiden Runden der drei UEFA-Wettbewerbe für Vereinsmannschaften eliminiert worden waren. 5,8 Millionen SFR (8 %) wurden unter den 42 Mitgliedsverbänden der UEFA verteilt. Die verbleibenden 14 Millionen SFR (20 %) gingen an die UEFA, die sie zum Wohle des Fußballs, vor allem für die Förderung des Jugend- und des Damenfußballs, investieren sollte.

232 Insbesondere das Beispiel der Champions League belegt meines Erachtens eindeutig, daß die betroffenen Vereine und Verbände die Möglichkeit, durch eine Umverteilung eines Teils der Einnahmen ihre eigenen wie auch die Interessen des Fußballs insgesamt zu fördern, anerkannt und grundsätzlich akzeptiert haben. Ich sehe daher keine unüberwindlichen Hindernisse, die einer Einführung dieser Methode auch auf nationaler Ebene beziehungsweise auf der Ebene des jeweiligen Verbandes im Wege stuenden. Durch eine angemessene Ausgestaltung dieses Systems ließe sich vermeiden, daß der Anreiz, gute Leistungen zu erbringen, ungebührlich verringert wird und die kleineren Klubs zu Kostgängern der reichen Klubs werden. Etwaige negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der einzelnen Klubs vermag ich nicht zu erkennen. Sogar wenn es sie gäbe, wären sie rein psychologischer Natur und daher nicht geeignet, eine Fortdauer der Beschränkung der Freizügigkeit durch das Transfersystem zu rechtfertigen.

233 Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß eine Umverteilung eines Teils der Einnahmen wesentlich besser geeignet erscheint, den angestrebten Zweck zu erreichen als das derzeitige System der Ablösesummen. Sie erlaubt es den betroffenen Klubs nämlich, auf einer erheblich verläßlicheren Grundlage zu wirtschaften. Kann ein Verein mit einem gewissen Grundbetrag kalkulieren, den er in jedem Fall erhält, ist der Solidität der Vereine wesentlich besser gedient als mit der Möglichkeit, für einen eigenen Spieler eine große Summe Geldes zu erlösen. Wie Herr Bosman zu Recht geltend gemacht hat, wird die Entdeckung eines begnadeten Spielers in den eigenen Reihen, der für teures Geld an einen großen Verein transferiert werden kann, sehr oft weitgehend eine Sache des Zufalls sein. Das Gedeihen des Fußballs hängt aber nicht nur vom Wohlergehen eines solchen Vereins ab, sondern auch davon, daß auch all die anderen kleinen Vereine überleben können. Letzteres wird aber durch die geltenden Transferregeln nicht gewährleistet.

234 Soweit die Transferregeln den Zweck verfolgen, das wirtschaftliche und sportliche Gleichgewicht der Klubs zu sichern, gibt es daher wenigstens eine Alternative, mittels deren dieses Ziel mindestens ebensogut verfolgt werden kann und welche die Freizügigkeit der Spieler nicht beeinträchtigt. Die Transferregeln sind somit zur Erreichung dieses Ziels nicht unentbehrlich und entsprechen daher nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(3) Ersatz für Ausbildungskosten

235 Das zweite wichtige Argument, auf das die betroffenen Verbände ihre Ansicht stützen, das Transfersystem sei rechtmäßig, besteht in der Behauptung, durch die Ablösesummen würden lediglich die für die Ausbildung und Fortbildung eines Spielers entstandenen Kosten erstattet. Auch die italienische und die französische Regierung haben sich dieses Argument zu eigen gemacht. Dieses Argument hängt natürlich mit dem soeben diskutierten ersten Argument eng zusammen.

236 So oft diese Auffassung auch im Laufe dieses Verfahrens wiederholt worden sein mag, so wenig kann sie doch überzeugen.

237 Die Ablösesummen können schon aus dem einfachen Grunde nicht als Ersatz für eventuelle Ausbildungskosten angesehen werden, da sich ihre Höhe nicht an diesen Kosten, sondern am Gehalt des Spielers orientiert. Es kann denn auch nicht ernstlich argumentiert werden, daß zum Beispiel ein Spieler, der für eine Ablösesumme von 1 Million ECU seinen Verein wechselt, dem bisherigen Verein Ausbildungskosten in dieser enormen Höhe verursacht haben sollte. Ein guter Beleg für die Unhaltbarkeit der von den Verbänden vorgetragenen These findet sich in der bereits geschilderten Ablöseregelung des DFB für den Fall eines Wechsels eines Amateurspielers zu einem Profiklub. Wie wir gesehen haben, hatte danach ein Klub der ersten Liga eine Ablösesumme von 100 000 DM zu zahlen, während ein Klub der zweiten Liga für denselben Spieler lediglich 45 000 DM zu entrichten hatte(303). Dies zeigt, daß sich die Höhe der Ablösesumme ganz offensichtlich nicht an den Kosten der Ausbildung orientiert.

Zweitens spricht gegen das Verständnis der Ablösesummen als Erstattung angefallener Ausbildungskosten der Umstand, daß solche Summen - und in vielen Fällen außerordentlich hohe Beträge - auch dann verlangt werden, wenn gestandene Berufsspieler den Verein wechseln. Hier kann von einer "Ausbildung" und von einer Erstattung der Kosten einer solchen Ausbildung nicht mehr die Rede sein. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß in solchen Fällen oft von einer "Förderungsentschädigung" (und nicht von einer Ausbildungsentschädigung) gesprochen wird. Sicherlich wird jeder vernünftige Verein seinen Spielern alle erforderliche Förderung angedeihen lassen. Es handelt sich dabei jedoch um Ausgaben, die in seinem eigenen Interesse liegen und die der Spieler mit seiner Leistung entgilt. Es ist nicht zu erkennen, warum ein solcher Verein berechtigt sein soll, auf dieser Grundlage einen Anspruch auf eine Ablösesumme zu erheben. Die Regelungen des französischen wie des spanischen Verbandes haben daraus meines Erachtens ganz zu Recht die Konsequenz gezogen, daß - zumindest von einem bestimmten Zeitpunkt an - keine Ablösesummen mehr verlangt werden dürfen(304).

238 Schließlich ist es offenkundig, daß die Ausbildung eines jeden Spielers Kosten verursacht. Eine Erstattung dieser Kosten würde daher davon abhängen, ob dieser Spieler zu einem anderen Verein wechselt oder nicht. Auch dies zeigt, daß die von den interessierten Beteiligten vorgetragene Begründung in sich nicht stimmig ist.

239 Dies bedeutet allerdings nicht, daß die Forderung nach einer Ablösesumme für einen Spieler nach der von mir vertretenen Auffassung in jedem Fall als rechtswidrig angesehen werden müßte. Die Erwägung, daß ein Klub für die von ihm geleistete Ausbildungsarbeit kompensiert und es den großen und reichen Vereinen nicht ermöglicht werden sollte, sich die Früchte dieser Mühen ohne eigenen Beitrag zunutze zu machen, hat meines Erachtens durchaus einiges Gewicht. Aus diesem Grunde ließe sich überlegen, ob nicht eine sachgerechte Transferregelung für Berufsfußballspieler akzeptiert werden könnte. Herr Bosman selbst hat eingeräumt, daß eine solche Transferregelung möglicherweise sinnvoll sein könnte, was den Wechsel von Amateurspielern zu Profiklubs betrifft. Diese Frage ist im vorliegenden Verfahren, das lediglich den Vereinswechsel von Berufsfußballspielern betrifft, nicht näher zu erörtern. Die Kommission hingegen hat ganz allgemein in Erwägung gezogen, daß eine angemessene Ablösesumme gerechtfertigt sein kann.

Eine solche Regelung müßte meines Erachtens zwei Erfordernissen entsprechen. Erstens müßte die Ablösesumme tatsächlich auf den Betrag beschränkt sein, der von dem bisherigen Klub (oder den bisherigen Klubs) für die Ausbildung des Spielers aufgewendet worden ist. Zweitens käme eine Ablösesumme nur in Betracht, soweit es sich um den ersten Vereinswechsel handelt und der bisherige Klub den Spieler ausgebildet hat. Entsprechend der in Frankreich geltenden Transferregelung müßte dieses Ablösesumme überdies für jedes Jahr, das der Spieler nach der Ausbildung bei diesem Verein verbracht hat, anteilig reduziert werden, da der ausbildende Verein während dieses Zeitraums Gelegenheit hatte, aus seinen Investitionen in den Spieler Nutzen zu ziehen.

Die hier zu betrachtenden Transferregeln entsprechen diesen Anforderungen nicht oder allenfalls teilweise. Im übrigen ist nicht von der Hand zu weisen, daß auch einer solchen Transferregelung das Argument von Herrn Bosman entgegengehalten werden kann, daß die mit ihr verfolgten Zwecke sich ebenfalls durch ein System der Umverteilung eines Teils der Einnahmen erreichen ließen, ohne daß zu diesem Zweck das Recht der Spieler auf Freizügigkeit eingeschränkt werden müßte. Die Verbände haben nichts vorgetragen, was diesen Einwand widerlegen könnte. Im übrigen ist festzustellen, daß etwa die bereits zitierte Regelung des DFB für den Wechsel von Amateurspielern zu Profiklubs mit ihren unterschiedlichen Pauschalsummen im Grunde ähnlichen Erwägungen zu folgen scheint.

(4) Sonstige Argumente

240 Neben den soeben erörterten Argumenten ist außerdem eine Reihe weiterer Erwägungen zum Zwecke der Rechtfertigung der Transferregeln vorgetragen worden, die nun noch zu betrachten sind.

241 Die UEFA hat geltend gemacht, daß die Zahlung von Ablösesummen es den Klubs ermöglicht und sie sogar dazu anspornt, nach Talenten zu suchen. Es handele sich dabei um eine für den Fußball lebenswichtige Tätigkeit. Auch wenn dem so sein mag, vermag ich nicht zu erkennen, warum es zu diesem Zweck erforderlich sein sollte, die Transfers von Spielern an die Zahlung einer Ablösesumme zu knüpfen. Auch die bereits mehrfach angesprochene Möglichkeit der Umverteilung eines Teils der Einnahmen würde den Vereinen die finanziellen Mittel verschaffen, um junge Talente zu entdecken und heranzubilden. Ein solches System der Umverteilung kann auch durchaus auf eine Weise ausgestaltet werden, die es erlauben würde, Anreize für die Talentsuche und eine gute Ausbildungsarbeit beizubehalten(305).

242 Das ebenfalls von der UEFA gebrauchte Argument, die Ablösesummen ermöglichten es den Klubs, Personal einzustellen - womit vielleicht nicht nur die Spieler gemeint waren -, halte ich nicht für überzeugend. Wie ich schon gezeigt habe, gibt es für die Klubs andere Möglichkeiten der Finanzierung, welche die Freizügigkeit der Spieler nicht beeinträchtigen.

243 Keiner näheren Erörterung bedarf das Argument, wonach die Zahlung von Ablösesummen zugelassen werden müsse, um die Vereine für die Kosten zu entschädigen, die sie selbst bei der Verpflichtung von Spielern für Ablösesummen aufwenden mußten. Diese Erwägung enthält ebenso eine petitio principii wie das Argument, die Ablösesumme hätte den Zweck, den Verlust zu ersetzen, der dem Verein durch den Weggang des betreffenden Spielers entsteht. Dies setzt nämlich gerade voraus, daß ein Spieler als eine Art Ware angesehen werden kann, für deren Ersatz ein Preis zu entrichten ist. Eine solche Betrachtungsweise mag der heutigen Realität entsprechen, so wie sie durch die Transferregeln geprägt worden ist und in der durchweg vom "Kauf" und "Verkauf" von Spielern die Rede ist. Diese Tatsache darf jedoch nicht den Blick dafür trüben, daß es sich dabei um eine Betrachtungsweise handelt, die keine rechtliche Grundlage hat und mit dem Recht auf Freizügigkeit nicht zu vereinbaren ist.

244 Herr Bosman hat die Vermutung geäußert, daß die Transferregeln dem Zweck dienen sollen, die betreffenden Summen den Klubs vorzubehalten. Nach der von ihm vertretenen Auffassung würde nämlich der Wegfall der Transferregeln zu einem generellen Ansteigen der Spielergehälter führen. Diese Ansicht hat einiges für sich. Wenn den Transferregeln tatsächlich - auch - dieser (wirtschaftliche) Zweck zugrunde liegen sollte, wäre er jedenfalls nicht geeignet, die von ihnen ausgehende Beschränkung der Freizügigkeit zu rechtfertigen, da kein rechtlich schutzwürdiges Interesse der Vereine daran ersichtlich ist, geringere Gehälter zu zahlen, als sie unter gewöhnlichen Umständen und in Abwesenheit der Transferregeln zu zahlen wären, und dadurch auf Kosten der Spieler gefördert zu werden.

245 Die URBSFA hat geltend gemacht, die derzeitige Transferregelung verfolge den Zweck, die Qualität des Fußballsports zu gewährleisten und die sportliche Betätigung und den Sportsgeist zu fördern. Diese Argumentation scheint mir sehr wesentlich auf den Amateurbereich zu zielen, der - um es noch einmal zu wiederholen - von der vorliegenden Rechtssache nicht betroffen ist. Außerdem ist ohnehin nicht ersichtlich, wie die Transferregeln diese sehr allgemein formulierten Ziele zu erreichen helfen sollen. Im übrigen hege ich beträchtliche Zweifel, ob ein System, das letzten Endes darauf hinausläuft, den Spieler als eine Ware zu behandeln, geeignet ist, den Sportsgeist zu fördern.

246 Gewichtiger ist der Einwand, das Fortbestehen dieser Regeln sei erforderlich, um die Aufrechterhaltung der weltweiten Organisation des Fußballs zu gewährleisten. Die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Regeln mit dem Gemeinschaftsrecht ist für den Weltfußball nur insoweit von Bedeutung, als die Verbände in der Gemeinschaft betroffen sind. Es ist daher klar, daß das in der vorliegenden Rechtssache zu fällende Urteil nur für diese gilt. Folgt der Gerichtshof der von mir vertretenen Auffassung, kann daher in der Gemeinschaft der Wechsel eines Berufsfußballspielers, dessen Vertrag abgelaufen ist und der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, zu einem Verein in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr von der Zahlung einer Ablösesumme abhängig gemacht werden. Den Verbänden aus Drittstaaten steht es hingegen frei, diese Regeln beizubehalten. Dies würde dazu führen, daß ein Verein in der Gemeinschaft, der einen Spieler verpflichten möchte, der bisher bei einem Verein eines Drittstaats tätig war, auch weiterhin eine Ablösesumme zahlen müßte - und zwar sogar dann, wenn dieser Spieler die Staatsangehörigkeit eines der Mitgliedsländer der Gemeinschaft hätte. Dies könnte durchaus Schwierigkeiten heraufbeschwören.

Diese Schwierigkeiten dürfen jedoch nicht übertrieben werden. Das Beispiel Frankreichs (und, bis zu einem gewissen Grade, Spaniens) zeigt, daß bereits jetzt innerhalb eines Mitgliedstaats auf das System der Ablösesummen weitgehend verzichtet werden kann, während es in den Beziehungen zum Ausland weiterhin Anwendung findet. Es steht daher nichts im Wege, die Gemeinschaft als Einheit zu behandeln, innerhalb deren auf die Ablösesummen zu verzichten ist, während diese bei einem Wechsel nach oder aus Drittstaaten beibehalten werden. Dies entspricht im übrigen meines Erachtens vollkommen der Logik des Binnenmarktes.

247 Schließlich ist noch auf die Befürchtung einzugehen, die Abschaffung der bestehenden Transferregeln würde zu dramatischen Umwälzungen im Fußball oder gar zu einer Enteignung führen(306). Die von mir vertretene Auffassung würde sicherlich bedeuten, daß die Organisation des Berufsfußballs in der Gemeinschaft gravierenden Änderungen unterzogen werden müßte. Auf mittlere und längere Sicht dürften sich dabei jedoch keine unüberwindlichen Schwierigkeiten ergeben. Wie etwa die Einführung der Champions League durch die UEFA zeigt, sind die Verbände durchaus in der Lage, die zum Wohle des Fußballs erforderlichen Schritte zu ergreifen. Kurzfristig wird der Wegfall der Ablösesummen sicherlich einige Härten mit sich bringen, und dies vor allem für diejenigen Vereine, die erst vor kurzem Geld für solche Ablösesummen investiert haben. Von einer Enteignung kann jedoch nicht die Rede sein. Wer Spieler als geldwerte Ware betrachtet, deren Wert gegebenenfalls sogar in der Bilanz verbucht wird, tut dies auf eigene Gefahr. Darüber hinaus ist zu beachten, daß der Wegfall der Ablösesummen für einen Verein zugleich Vorteile bringt, indem er ihm die Möglichkeit eröffnet, neue Spieler zu verpflichten, ohne eine Ablösesumme zahlen zu müssen. Hinsichtlich der Vereine, die soeben erst neue Spieler "erworben" haben, ist darauf hinzuweisen, daß die mit dem Spieler geschlossenen Verträge eine bestimmte Laufzeit haben, während der diese Spieler den Verein nur mit dessen Einverständnis verlassen können. Der Wegfall der Ablösesummen wird für diese Vereine daher erst spürbar werden, wenn diese Frist abgelaufen ist.

(5) Zusammenfassung

248 Aus all dem ergibt sich somit meines Erachtens, daß die bisher geltenden Transferregeln nicht durch einen im Allgemeininteresse liegenden Grund gerechtfertigt werden. Die mit ihnen verfolgten legitimen Zwecke können auch mittels anderer Alternativen erreicht werden, welche das Recht der Spieler auf Freizügigkeit weniger oder gar nicht beeinträchtigen. Die Transferregeln sind daher zur Erreichung dieser Ziele nicht unentbehrlich. Die wichtigste dieser Alternativen besteht in der Umverteilung eines Teils der von den Vereinen erzielten Einnahmen. Diese Methode wird bereits heute von den betroffenen Verbänden und Vereinen in bestimmten Bereichen angewandt. Es handelt sich also keineswegs um eine hypothetische oder weltfremde Alternative, die dem Fußballsport von außen her aufgezwungen würde. Welches System die Verbände und Vereine an die Stelle der bisherigen Transferregeln mit ihrem System der Ablösesummen setzen, bleibt ohnehin ihnen selbst überlassen. Die einzige Vorgabe, die das Gemeinschaftsrecht insoweit stellt, besteht darin, daß dabei das durch Artikel 48 EG-Vertrag geschützte Recht der Spieler auf Freizügigkeit gewährleistet bleiben muß.

249 Die auf die Transferregeln zielende Frage der Cour d'appel Lüttich ist daher - was Artikel 48 betrifft - so zu beantworten, daß es mit dieser Vorschrift nicht vereinbar ist, wenn beim Wechsel eines Berufsfußballspielers, dessen Vertrag abgelaufen ist, der neue Verein an den bisherigen Verein eine Ablösesumme bezahlen muß.

250 Dies entspricht nicht nur der von Herrn Bosman vertretenen Auffassung. Auch die Kommission hat sich in der mündlichen Verhandlung in diesem Sinne ausgesprochen.

251 Besonders bedeutsam erscheint es mir jedoch, daß auch ein Mitgliedstaat - nämlich das Königreich Dänemark - diese Auffassung vertreten hat. Dies zeigt, daß es kein den Mitgliedstaaten inhärentes Interesse an der Aufrechterhaltung dieses Transfersystems gibt.

252 Die hier vertretene Auffassung befindet sich auch im Einklang mit der Ansicht, die das Europäische Parlament seit langem verficht. Ich kann mich insoweit mit einem Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte zur Freizügigkeit von professionellen Fußballspielern in der Gemeinschaft vom 1. März 1989(307) und den Bericht des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien über "Die Europäische Gemeinschaft und der Sport" vom 27. April 1994(308) sowie die auf dieser Grundlage ergangenen Entschließungen des Europäischen Parlaments vom 11. April 1989(309) und vom 21. November 1991(310) begnügen.

V - Auslegung der Artikel 85 und 86

1. Verhältnis zu Artikel 48

253 Die Kommission hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme die Auffassung vertreten, daß hinsichtlich der Transferregeln nur die Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags, nicht aber Artikel 48 Anwendung finden sollte. Sie ist jedoch in der mündlichen Verhandlung zu Recht von diesem Standpunkt wieder abgerückt. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die hier zu prüfenden Regeln nicht zugleich dem Artikel 48 und dem EG-Kartellrecht unterliegen könnten(311). Der EG-Vertrag hat an verschiedenen Stellen das Verhältnis der jeweiligen Anwendungsbereiche seiner Vorschriften zueinander geregelt(312). Für die Artikel 48 einerseits und die Artikel 85 f. andererseits fehlt es an einer solchen Vorschrift, so daß grundsätzlich beide Normbereiche auf ein und denselben Sachverhalt Anwendung finden können.

2. Anwendbarkeit des Artikels 85

a) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen

254 Artikel 85 Absatz 1 erfaßt Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Fußballvereine - und gegebenenfalls ihre Verbände - als Unternehmen und die Fußballverbände als Unternehmensvereinigungen im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können.

255 Der im EG-Vertrag nicht definierte Begriff des Unternehmens hat für Artikel 85 und Artikel 86 denselben Inhalt(313). Nach der Rechtsprechung umfaßt er "jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung"(314). Es kann angesichts des bereits zu dieser Frage Gesagten(315) nicht ernsthaft bestritten werden, daß die Profiklubs eine solche wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Das Argument der URBSFA, dies gelte nur für die großen Klubs, nicht aber für die Vereine, um die es im vorliegenden Verfahren gehe, da diese nur eine geringfügige wirtschaftliche Tätigkeit entfalteten, ist nicht stichhaltig. Auf die Größe des Unternehmens kommt es nämlich nicht an(316). Die Aktivitäten der US Dünkirchen und des RC Lüttich unterscheiden sich ihrer Natur nach nicht von denen größerer Klubs. Verschieden ist allein der wirtschaftliche Erfolg, den die betreffenden Vereine aus ihrer jeweiligen Tätigkeit ziehen. Dieser Umstand spielt jedoch für die Frage nach dem Vorliegen eines Unternehmens keine Rolle. Daher geht auch der Einwand der italienischen Regierung, wonach die Fußballvereine keine Gewinnerzielungsabsicht hätten, ins Leere. Auch wenn - was mir sehr zweifelhaft erscheint - diese Behauptung zutreffen sollte, wäre sie ohne Bedeutung, da der dem EG-Kartellrecht zugrunde liegende Begriff des Unternehmens keine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt(317).

256 Ebenso unzweifelhaft ist, daß die einzelnen Fußballverbände als Unternehmensvereinigungen im Sinne von Artikel 85 zu betrachten sind. Der Umstand, daß diesen Verbänden neben den Profiklubs auch eine Vielzahl von Amateurvereinen angehört, ändert daran nichts.

Überdies können auch Vereinigungen von Unternehmen als "Unternehmen" im genannten Sinne angesehen werden, soweit sie selbst wirtschaftlich tätig werden(318).

257 Dem entspricht auch die bisherige Rechtsprechung sowie die Entscheidungspraxis der Kommission. In einer Entscheidung vom 27. Oktober 1992(319) erörterte die Kommission die Vereinbarkeit bestimmter Praktiken mit Artikel 85, die den Vertrieb von Eintrittskarten für die Fußballweltmeisterschaft 1990 in Italien betrafen. In diesem Zusammenhang stellte sie fest, daß unter anderem die FIFA und der italienische Fußballverband wirtschaftliche Tätigkeiten ausübten und daher insoweit als Unternehmen anzusehen waren(320). Diese Entscheidung ist inzwischen bestandskräftig geworden. Das Gericht erster Instanz hatte vor kurzem über eine Klage des schottischen Fußballverbands zu entscheiden(321). Diese Klage richtete sich gegen eine Entscheidung der Kommission gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Febuar 1962 zur Durchführung der Artikel 85 und 86(322). Diese Vorschrift erlaubt es der Kommission, Auskünfte von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu erlangen. Der schottische Fußballverband erhob bestimmte Einwände gegen die Entscheidung der Kommission. Er bestritt jedoch nicht, daß sich die Kommission ihm gegenüber auf diese Vorschrift berufen konnte. Das Gericht ging auf diese Frage daher auch nicht ein. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.

b) Vereinbarungen von Unternehmen oder Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen

258 Die Ausländerklauseln und die Transferregeln sind in den Reglements der betreffenden Verbände niedergelegt. Auf den ersten Blick spräche daher vieles für die Annahme, daß es im vorliegenden Fall um Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen geht. Die URBSFA wendet allerdings dagegen ein, daß diese Reglements lediglich den Willen der Mitglieder der Verbände getreulich widerspiegelten. Sie scheint daher der Auffassung zu sein, daß es sich dabei eher um zwischen den Klubs getroffene Vereinbarungen handelt. Da Artikel 85 jedoch gleichermaßen für die eine wie für die andere Form der Zusammenarbeit gilt, spielt die Unterscheidung hier keine Rolle(323).

259 Von einer Ausnahme abgesehen hat keiner der Beteiligten ernsthaft den Versuch unternommen, die Auffassung zu bestreiten, daß es sich im vorliegenden Fall um Vereinbarungen oder Beschlüsse handelt, die an Artikel 85 zu messen sind. Lediglich die französische Regierung hat sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme auf den Standpunkt gestellt, daß die Transferregeln nicht auf eine Vereinbarung oder einen Beschluß zurückgeführt werden könnten. Das Hindernis für die Freizügigkeit, gegen das sich Herr Bosman wende, resultiere nicht aus dem Umstand, daß eine Ablösesumme gezahlt werden müsse, sondern daraus, daß überhöhte Ablösesummen gefordert würden. Darin könne jedoch auch keine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise gesehen werden. Vielmehr handele es sich lediglich um die Folge einer tatsächlichen Gegebenheit ("la conséquence d'une situation de fait").

Ich muß gestehen, daß ich dieser Logik nicht zu folgen imstande bin. Es ist meines Erachtens offensichtlich, daß die Transferregeln keine Naturerscheinung darstellen, sondern von den Vereinen und ihren Verbänden geschaffen worden sind.

c) Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

260 Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Beschlüsse fallen nur unter Artikel 85, wenn sie geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Erfaßt werden daher nur solche Abreden, "die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die der Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann"(324). Diese Beeinträchtigung muß überdies spürbar sein(325). Sowohl die eine wie die andere Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfuellt. Für die Ausländerklauseln versteht sich dies ohnehin von selbst. Auch die Transferregeln wirken sich aber auf den Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten in erheblicher Weise aus. Die zum Beispiel für Italien bereits genannten Zahlen sprechen insoweit eine deutliche Sprache(326). Im übrigen würde es ausreichen, wenn der Handel zwischen Mitgliedstaaten potentiell in spürbarer Weise beeinträchtigt würde(327). Dies ist sicherlich der Fall.

261 Die insbesondere von der UEFA gegen diese Einschätzung vorgetragenen Einwände vermögen nicht zu überzeugen. Wenn die UEFA geltend macht, daß Spielertransfers nicht den "Handel" beträfen, so übersieht sie, daß dieser Ausdruck in den Artikeln 85 und 86 nicht auf den Warenverkehr beschränkt ist, sondern den gesamten Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten umfaßt(328). Auch die Behauptung, daß nur wenige Spieler ins Ausland wechseln würden, könnte der hier vertretenen Auffassung nicht entgegengehalten werden. Wie bereits erwähnt, genügt für die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nämlich schon eine potentiell erhebliche Wirkung. Im übrigen ist angesichts der genannten Zahlen jedenfalls klar, daß bereits heute diese Klauseln eine erhebliche Wirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten ausüben. Auch der Hinweis der URBSFA, daß schon jetzt eine erhebliche Zahl ausländischer Spieler in der belgischen Liga tätig sei, spricht nicht gegen die Annahme, daß die fraglichen Regeln den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Sie scheinen mir vielmehr zu belegen, daß unter den Spielern ein erhebliches Interesse besteht, ins Ausland zu wechseln. Wie ich bereits erwähnt habe, wurden diese Ausländerklauseln in den sechziger Jahren - das heißt, nach dem Inkrafttreten des Vertrags - eingeführt. Die Einführung dieser Regeln und ihre vehemente Verteidigung durch die Verbände im vorliegenden Verfahren wären unverständlich, wenn sie tatsächlich keine nennenswerte Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben sollten. Die Ausländerklauseln wie die Transferregeln sind geeignet, der Verwirklichung entsprechender Absichten im Wege zu stehen.

d) Wettbewerbsbeschränkung

262 Meines Erachtens ist auch ohne weiteres ersichtlich, daß die hier zu betrachtenden Regeln eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 bewirken. Die Ausländerklauseln beschränken die Möglichkeiten der einzelnen Vereine, sich durch die Einstellung von Spielern Konkurrenz zu machen. Darin liegt eine Beschränkung des Wettbewerbs zwischen diesen Vereinen(329). Die Kommission hat zu Recht darauf hingewiesen, daß diese Klauseln zu einer "Aufteilung der ... Versorgungsquellen" im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 Buchstabe c führen. Für die Transferregeln gilt Entsprechendes. Wie die Kommission ausgeführt hat, setzen diese Regeln an die Stelle des üblichen Systems von Angebot und Nachfrage einen einheitlichen Mechanismus, der dazu führt, daß die bestehende Wettbewerbslage konserviert und den Vereinen die Möglichkeit genommen wird, diejenigen Chancen hinsichtlich der Verpflichtung von Spielern zu nutzen, die ihnen unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu Gebote stuenden. Gäbe es die Pflicht zur Zahlung von Ablösesummen nicht, könnte ein Spieler nach dem Ablauf seines Vertrages frei wechseln und sich den Verein aussuchen, der ihm die besten Bedingungen offeriert. Eine Ablösesumme könnte unter diesen Umständen nur dann verlangt werden, wenn sich Spieler und Verein darauf vorab vertraglich geeinigt haben. Das gegenwärtige Transfersystem führt dagegen dazu, daß auch nach Ablauf des jeweiligen Vertrages der Spieler zunächst seinem bisherigen Verein zugeordnet bleibt. Da ein Wechsel nur gegen Zahlung einer Ablösesumme zustande kommt, wohnt diesem System die Tendenz inne, die bestehende Wettbewerbslage zu erhalten. Die Pflicht zur Zahlung von Ablösesummen spielt daher im Hinblick auf den Wettbewerb keineswegs jene "rôle neutre", die ihr die UEFA zuspricht. Somit beschränken auch die Transferregeln den Wettbewerb(330). Auch der Vertreter der dänischen Regierung hat in der mündlichen Verhandlung diese Ansicht vertreten.

Der Tatbestand des Artikels 85 Absatz 1 ist erfuellt, wenn die Wettbewerbsbeschränkung den Zweck oder die Wirkung der entsprechenden Abrede darstellt. Es liegt im vorliegenden Fall auf der Hand, daß diese Wettbewerbsbeschränkung nicht nur die Wirkung der betreffenden Regeln ist, sondern von den Vereinen und Verbänden auch bezweckt war.

263 Bei dem Wettbewerb, der durch diese Regeln beschränkt wird, handelt es sich um jenen zwischen den Vereinen. Herr Bosman weist zwar auch darauf hin, daß die fraglichen Regeln zugleich die Freiheit der Spieler beschränken und seines Erachtens die Spielergehälter auf einem niedrigeren Niveau halten, als es ohne sie vorherrschen würde. Dem ist jedoch entgegengehalten worden, daß die Spieler selbst nicht als Unternehmen im Sinne des EG-Kartellrechts angesehen werden könnten. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, auch einzelne Personen als Unternehmen anzusehen, wenn sich ihre Tätigkeit als entgeltliche Dienstleistung darstellt(331). Wie ich bereits ausgeführt habe, dürften derzeit jedoch die besseren Gründe dafür sprechen, Berufsfußballspieler als Arbeitnehmer und nicht als Dienstleistungserbringer anzusehen(332). Ich hege daher starke Zweifel, ob die von Herrn Bosman vorgetragenen Erwägungen im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 1 überhaupt relevant sein können.

Gleiches gilt für die These von Herrn Bosman, durch die Transferregeln werde eine Marktzutrittsschranke errichtet, so daß auch aus diesem Grunde eine Beschränkung des Wettbewerbs vorliege. Die Hürde, welche diese Regeln aufrichten, ist rein finanzieller Natur. Wer über genügend Geld verfügt, kann daher durchaus aus einem schwächeren oder gar unbedeutenden Team eine Spitzenmannschaft formen. Dafür gibt es einige Beispiele. Es ist daher sehr fraglich, ob dieser Aspekt für die Frage nach dem Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung erheblich sein kann.

264 Gegen die hier vertretene Auffassung sind im vorliegenden Verfahren im wesentlichen in dreierlei Hinsicht Bedenken erhoben worden. Diese Bedenken betrafen erstens die Frage, ob die Transferregeln überhaupt den Wettbewerb beschränken könnten, da sie doch für alle Vereine gälten und daher einen für den Wettbewerb neutralen Faktor darstellten. Dazu habe ich soeben bereits Stellung genommen. Wesentlich gewichtiger sind die beiden anderen Argumente. Es wurde vorgetragen, die fraglichen Beschränkungen dienten im Grunde der Förderung des Wettbewerbs und seien daher mit Artikel 85 Absatz 1 vereinbar. Weiterhin wurde geltend gemacht, daß es sich hier um den Bereich des Arbeitsrechts handele, in dem Artikel 85 ganz generell keine Anwendung finden könne.

265 Was das erste dieser beiden Argumente anlangt, kann schwerlich geleugnet werden, daß das dahinter stehende Anliegen grundsätzlich berechtigt ist. Wenn eine Regel, die auf den ersten Blick eine Wettbewerbsbeschränkung zu enthalten scheint, notwendig ist, um eben diesen Wettbewerb erst zu ermöglichen, muß in der Tat davon ausgegangen werden, daß eine solche Regel nicht gegen Artikel 85 Absatz 1 verstößt. Es wäre wenig überzeugend, dies mit der Begründung abzulehnen, daß Artikel 85 Absatz 3 ohnehin die Möglichkeit einer Freistellung vom Kartellverbot des Absatzes 1 bereithält.

266 Die UEFA und die italienische Regierung haben in diesem Zusammenhang den Begriff der "rule of reason" erwähnt. Es handelt sich dabei um eine Lehre, die im amerikanischen Kartellrecht entwickelt wurde. Im Mittelpunkt des Kartellrechts der Vereinigten Staaten steht das in Section 1 des Sherman Act niedergelegte allgemeine Verbot von Abreden, welche den Wettbewerb beschränken(333). Anders als Artikel 85 kennt das amerikanische Recht nicht die Möglichkeit einer Freistellung vom Kartellverbot durch behördliche Entscheidung. Da im Grunde jeder Vertrag bei rein formaler Betrachtung eine Wettbewerbsbeschränkung enthält, war daher die Praxis vor die Schwierigkeit gestellt, zu entscheiden, welche Verträge von dieser Bestimmung erfaßt werden und welche nicht. Die Rechtsprechung entwickelte dabei eine Unterscheidung zwischen Absprachen, die ohne weiteres ("per se") unter diese Vorschrift fielen und jenen, bei denen dies nicht der Fall war. Für die zuletzt genannten Fälle haben die Gerichte eine "rule of reason" zu beachten, die sie insbesondere dazu verpflichtet, die den Wettbewerb beschränkenden Elemente einer Absprache gegen die dem Wettbewerb förderlichen Aspekte dieser Absprache abzuwägen(334).

267 Es ist vielfach argumentiert worden, eine solche "rule of reason" sollte auch im EG-Kartellrecht Anwendung finden(335). Dem ist jedoch zu Recht entgegengehalten worden, daß die Unterschiede der beiden Rechtssysteme einer Übertragung dieser Lehre des amerikanischen Rechts ins Gemeinschaftsrecht im Wege stuenden(336). Die Rechtsprechung hat sich denn auch einer Übernahme dieser Lehre bislang verschlossen. In einem im vergangenen Jahr erlassenen Urteil hat sich das Gericht erster Instanz ausdrücklich auf den Standpunkt gestellt, es gebe im Gemeinschaftsrecht keine "Per-se"-Verstöße gegen das Kartellverbot des Artikels 85 Absatz 1, die nicht nach Artikel 85 Absatz 3 freigestellt werden könnten(337). In einigen der im April dieses Jahres erlassenen Urteile des Gerichts im Betonstahlmattenfall wird offen gelassen, ob eine "rule of reason" im Gemeinschaftsrecht Anwendung finden könne, da die fraglichen Wettbewerbsbeschränkungen dann ohnehin als "Per-se"-Verstöße aufgefaßt werden müßten(338).

268 Ein Blick auf die Rechtsprechung zeigt aber zugleich, daß der Gerichtshof bei der Auslegung von Artikel 85 Absatz 1 keineswegs von einem formalen Begriff der Wettbewerbsbeschränkung ausgeht, sondern eine wertende Betrachtung vornimmt. So hält er Klauseln, die zur Durchführung eines bestimmten, als solchen unbedenklichen Vertrages objektiv erforderlich sind, nicht für Beschränkungen des Wettbewerbs im Sinne dieser Vorschrift. Dies gilt zum Beispiel für (angemessene) Wettbewerbsverbote für den Fall der Veräußerung eines Unternehmens(339). Darüber hinaus hält der Gerichtshof Wettbewerbsbeschränkungen auch dann für mit Artikel 85 Absatz 1 vereinbar, wenn sich bei einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles ergibt, daß ohne diese Beschränkungen der zu schützende Wettbewerb gar nicht möglich wäre(340). Ein gutes Beispiel für diese Rechtsprechung stellt das von der UEFA in der mündlichen Verhandlung erwähnte Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1994 dar(341). In diesem Fall ging es um Beschränkungen in der Satzung einer Genossenschaft, durch die deren Mitgliedern verboten wurde, an anderen Formen organisierter Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft teilzunehmen. Der Gerichtshof befand, daß die Frage nach der Vereinbarkeit der betreffenden Klauseln mit dem EG-Kartellrecht "nicht abstrakt" beurteilt werden könne, sondern von dem Inhalt der einzelnen Bestimmungen und "den wirtschaftlichen Bedingungen auf den relevanten Märkten" abhänge. Er gelangte zu dem Ergebnis, daß die Mitgliedschaft in einer konkurrierenden Genossenschaft das ordnungsgemäße Funktionieren der Genossenschaft und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern beeinträchtige. Das Verbot einer doppelten Mitgliedschaft stellte "also nicht notwendigerweise eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne des Artikels 85 Absatz 1" dar und konnte sich "sogar positiv auf den Wettbewerb auswirken"(342).

269 Fälle wie der soeben geschilderte zeigen, daß der Gerichtshof den Anliegen, die der Lehre von der "rule of reason" zugrunde liegen, durchaus Gewicht beimißt. Ob man deshalb davon sprechen kann, daß die Rechtsprechung eine gewisse Tendenz erkennen lasse, einem dieser Lehre folgenden Ansatz auch im Gemeinschaftsrecht zu folgen, mag dahingestellt bleiben(343). Auf jeden Fall zeigt das zuletzt genannte Urteil zugleich auch ganz deutlich die Grenzen dieser Rechtsprechung. Der Gerichtshof führte dort nämlich aus, daß nur solche Beschränkungen nicht unter Artikel 85 Absatz 1 fielen, die "notwendig" waren, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Genossenschaft zu sichern und ihre Vertragsgestaltungsmacht zu erhalten. Darüber hinaus sei zu prüfen, ob die für einen Verstoß gegen die entsprechende Bestimmung in der Satzung vorgesehenen Sanktionen "nicht unverhältnismäßig" waren und ob die in der Satzung vorgesehene Mindestdauer der Mitgliedschaft "nicht unangemessen" war(344).

Dies zeigt, daß nur diejenigen Wettbewerbsbeschränkungen nicht unter Artikel 85 Absatz 1 fallen, die unentbehrlich sind, um die mit ihnen verfolgten legitimen Ziele zu erreichen.

270 Wie ich bereits ausgeführt habe, unterscheidet sich der Bereich des Berufsfußballs durch den Umstand, daß die Vereine gegenseitig aufeinander angewiesen sind, beträchtlich von anderen Märkten(345). Aufgrund dieser Besonderheiten ist daher nicht von der Hand zu weisen, daß bestimmte Beschränkungen erforderlich sein können, um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Sektors sicherzustellen. Es ist jedoch im vorliegenden Verfahren nicht nachgewiesen worden, daß gerade die Ausländerklauseln und die Transferregeln, um die es hier geht, zu diesem Zwecke erforderlich und unverzichtbar wären. Die Prüfung der möglichen positiven Wirkungen dieser Bestimmungen kann daher nur im Rahmen des Artikels 85 Absatz 3 erfolgen.

Was die Transferregeln anlangt, habe ich bereits im Rahmen der Prüfung von Artikel 48 dargelegt, warum diese nicht unentbehrlich sind, um die mit ihnen verfolgten Zwecke - soweit diese legitimer Natur sind - zu erreichen. Es existieren Alternativen wie zum Beispiel die Umverteilung eines Teils der Einnahmen, die es erlauben, diese Ziele mindestens ebenso gut zu verwirklichen. Ich kann mich daher hier damit begnügen, auf diese Ausführungen zu verweisen(346).

Entsprechendes gilt für die Ausländerklauseln. Im Hinblick auf diese ist es sogar noch weitaus einfacher, zu dem Schluß zu gelangen, daß sie nicht notwendig oder gar unentbehrlich sind, um die Ziele zu erreichen, die ihnen zugeschrieben werden(347). Auch auf diese Erörterungen kann hier verwiesen werden.

271 Der letzte hier zu prüfende Einwand stützt sich auf die Erwägung, daß es hier um den Bereich des Arbeitsrechts gehe. Nach Ansicht der UEFA handelt es sich im vorliegenden Fall um einen "verschleierten Tarifkonflikt". Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterliege jedoch nicht den Bestimmungen des Kartellrechts. Die UEFA beruft sich auch insoweit auf das Vorbild des amerikanischen Rechts.

272 In der Tat betreffen die Transferregeln unmittelbar das Verhältnis zwischen dem Spieler und seinem (bisherigen oder künftigen) Arbeitgeber. Wenn daher der Bereich des Arbeitsrechts dem Kartellrecht nicht unterläge, könnte argumentiert werden, daß dies auch für die Transferregeln gelten müsse.

Ob dies auch für die Ausländerklauseln gilt, erscheint zweifelhaft. Angesichts der folgenden Ausführungen brauche ich jedoch auf diese Frage nicht einzugehen.

273 Es gibt nämlich meines Erachtens keine Regel des Inhalts, daß Absprachen, die Arbeitsverhältnisse betreffen, generell und vollständig dem Anwendungsbereich der Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags entzogen wären. Eine solche Regel gibt es übrigens auch nicht im Recht der Vereinigten Staaten, auf das die UEFA sich beruft. Es ist hier nicht nötig, die Grundlagen und die verschiedenen Spielarten der sogenannten "labor exemption" im Detail zu erörtern(348). Aus den von der UEFA selbst vorgelegten Urteilen amerikanischer Gerichte ergibt sich, daß diese Ausnahme für Tarifverträge zwischen Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie die auf der Seite der jeweiligen Beteiligten dafür erforderlichen vorherigen Absprachen gilt(349). Die gesetzliche Freistellung des Baseball-Sports vom Kartellrecht ist offensichtlich ein Sonderfall, der für das vorliegende Verfahren schon aus dem Grunde ohne Bedeutung ist, da das Gemeinschaftsrecht keine entsprechende Vorschrift für den Fußball (oder eine andere Sportart) enthält.

Herr Bosman hat sich besonders auf das Urteil des United States Court of Appeals, Eighth Circuit, im Fall Mackey v National Football League(350) berufen. Dieses Urteil betraf Bestimmungen eines Sportverbandes, die starke Ähnlichkeit mit den hier zu prüfenden Transferregeln aufwiesen. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, daß die betreffenden Regeln nicht in den Genuß der "labor exemption" kommen konnten und entwickelte eine Auffassung, die der von mir vertretenen mitunter sehr nahe kommt. Es braucht jedoch nicht näher erörtert zu werden, inwieweit diese Entscheidung die amerikanische Rechtslage zutreffend widerspiegelt.

274 Aus dem amerikanischen Recht kann nämlich meines Erachtens für das Gemeinschaftsrecht nur der Schluß gezogen werden, daß es die Gewährleistung der Tarifautonomie von Arbeitgebern und Gewerkschaften erforderlich machen kann, Tarifverträge vom Kartellrecht auszunehmen, soweit dies für diesen Zweck erforderlich ist. Eine entsprechende Einschränkung des Anwendungsbereichs des Artikels 85 könnte - ähnlich wie sie im Recht einzelner Mitgliedstaaten existiert(351) - tatsächlich zu bejahen sein(352). Sie wäre allerdings beschränkter Natur(353).

275 Im vorliegenden Fall ist diese Frage jedoch ohnehin ohne Bedeutung. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zu Recht ausgeführt hat, geht es hier nicht um Tarifverträge, sondern um einfache horizontale Absprachen zwischen den Vereinen. Schon aus diesem Grunde kann das Vorbringen der UEFA keinen Erfolg haben. Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, warum solche Vereinbarungen oder Beschlüsse nicht dem Anwendungsbereich des Artikels 85 unterfallen sollten(354).

276 Wie ich bereits erwähnt habe, sind in Spanien die Transferregeln in einem Tarifvertrag festgelegt. Einen ähnlichen Charakter scheint auch die in Frankreich geltende "Charte de Football Professionnel" zu haben(355). Diese Dokumente regeln jedoch lediglich den Vereinswechsel innerhalb des entsprechenden Verbandes. Für die hier zu betrachtenden Wechsel zu Klubs in anderen Mitgliedstaaten gelten die Reglements der UEFA beziehungsweise der FIFA, die ganz sicher keine Tarifverträge darstellen.

Entsprechendes gilt im übrigen für den Umstand, daß die Gesetze einiger Mitgliedstaaten die Aufstellung von Regeln erlauben, durch welche die Zahlung von Ablösesummen zur Pflicht gemacht wird. In diesem Zusammenhang wäre andernfalls ohnehin darauf hinzuweisen, daß die fraglichen Gesetze die Aufstellung solcher Regeln lediglich erlauben, die Vereine und Verbände jedoch nicht dazu verpflichten.

e) Artikel 85 Absatz 3

277 Nicht zu prüfen ist hier, ob die Transferregeln und die Ausländerklauseln nach Artikel 85 Absatz 3 freigestellt werden könnten. Eine solche Freistellung könnte nur von der Kommission erteilt werden. Sie würde einen entsprechenden Antrag voraussetzen(356).

278 Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß es für den Fall, daß ein solcher Antrag gestellt werden würde, zwar theoretisch denkbar erschiene, daß die Kommission für diese gegen Artikel 48 verstoßenden Regeln eine Freistellung vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 erteilte. Da eine solche Freistellung aber am Verstoß gegen Artikel 48 nichts ändern würde, wäre es sinnvoll, wenn die Kommission diesen Umstand bereits im Freistellungsverfahren berücksichtigen würde. Ein einheitliches Ergebnis wäre in jedem Falle anzustreben(357). Dies würde bedeuten, daß auch eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 ausscheiden müßte(358).

3. Auslegung von Artikel 86

279 Schließlich ist noch zu klären, ob die Ausländerklauseln und die Transferregeln, um die es hier geht, mit Artikel 86 EG-Vertrag vereinbar sind. Nach dieser Vorschrift ist "die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen" mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, "soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen".

280 Ich habe bereits im Rahmen der Prüfung von Artikel 85 festgestellt, daß die Profivereine als Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können. Gleiches gilt für ihre Verbände, soweit sie selbst wirtschaftlich tätig werden. Dort wurde auch bereits geklärt, daß die hier zu betrachtenden Regeln den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen(359).

281 Die wichtigste der hier noch zu prüfenden Fragen besteht somit darin, festzustellen, ob im vorliegenden Fall von einer beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 gesprochen werden kann. Mit diesem Begriff ist nach der Rechtsprechung "die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten"(360). Wie die Formulierung des Artikels 86 zeigt, können auch mehrere Unternehmen gemeinsam eine beherrschende Stellung einnehmen.

282 Es ist daher zunächst zu klären, ob im vorliegenden Zusammenhang auf die Vereine oder aber auf ihre Verbände abzustellen ist. Da die fraglichen Regeln in den Reglements der jeweiligen Verbände enthalten sind, läge es an sich nahe, nach deren Stellung auf dem Markt zu fragen. Ginge es im vorliegenden Fall zum Beispiel um die Frage der Vermarktung der Fernsehrechte für die UEFA Champions League, wäre es klar, daß nach der Marktmacht der UEFA zu fragen wäre, die diesen Wettbewerb veranstaltet und vermarktet. Hier geht es jedoch um Regeln, welche die Anstellung von Spielern betreffen. Die Kommission hat zu Recht darauf aufmerksam gemacht, daß die Anstellung von Spielern Sache der Vereine, nicht aber der Verbände ist. Ihres Erachtens sind diese Regeln daher als Vereinbarungen zwischen den Vereinen aufzufassen. Im vorliegenden Zusammenhang käme daher allenfalls eine marktbeherrschende Stellung der Vereine, nicht aber der Verbände in Betracht. Ich halte dies für überzeugend. Diese Betrachtungsweise wird auch der sowohl von der Kommission wie von der URBSFA geäußerten Ansicht gerecht, wonach die fraglichen Regeln nicht einem Diktat der Verbände entsprängen, sondern lediglich den Willen der Vereine getreulich widerspiegelten.

Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu erörtern, ob etwa die UEFA ihren Mitgliedsverbänden gegenüber eine beherrschende Stellung einnimmt oder ob notwendigerweise in jedem Mitgliedstaat grundsätzlich nur ein einziger Verband existieren kann.

283 Die Ausländerklauseln sind in den jeweiligen Reglements der einzelnen Verbände enthalten, während die Transferregeln für Wechsel in andere Mitgliedstaaten in den Reglements der UEFA und der FIFA niedergelegt sind. Es fragt sich daher, ob im ersten Fall die Profivereine des betreffenden Verbandes und im zweiten Fall die Profivereine der gesamten Gemeinschaft insgesamt eine beherrschende Stellung einnehmen. Die Antwort auf diese Frage hängt von den Voraussetzungen ab, unter denen von einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung gesprochen werden kann.

284 Die Kommission ist in ihrer Entscheidungspraxis bereits mehrmals vom Vorliegen einer solchen kollektiven marktbeherrschenden Stellung ausgegangen(361). Der Gerichtshof und das Gericht erster Instanz haben sich mit dieser Frage erst wenige Male beschäftigen müssen. In dem 1994 ergangenen Urteil La Crespelle(362) ging es um eine französische Regelung, durch die gut 50 Rinderbesamungsstationen das ausschließliche Recht verliehen wurde, die entsprechende Tätigkeit in dem ihnen zugewiesenen Gebiet auszuüben. Der Gerichtshof befand, daß durch die Schaffung dieser Monopole, die territorial begrenzt waren, aber insgesamt das ganze Hoheitsgebiet Frankreichs abdeckten, eine beherrschende Stellung im Sinne des Artikels 86 begründet wurde(363). Wesentlich wichtiger für den vorliegenden Zusammenhang ist das mittlerweile rechtskräftige Urteil des Gerichts erster Instanz im Falle SIV(364). Das Gericht bemerkte dort unter anderem:

"Grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, daß zwei oder mehr unabhängige wirtschaftliche Einheiten auf einem spezifischen Markt durch wirtschaftliche Bande so miteinander verknüpft sind, daß sie infolgedessen eine beherrschende Stellung im Verhältnis zu den anderen Marktteilnehmern einnehmen ... Es ist allerdings hervorzuheben, daß es bei der Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 86 ... nicht genügt, die einen Verstoß gegen Artikel 85 begründenden Tatsachen in der Weise $wiederzuverwenden`, daß daraus die Feststellung abgeleitet wird, daß die an einer Vereinbarung oder rechtswidrigen Verhaltensweise Beteiligten zusammen einen bedeutenden Marktanteil halten, allein aufgrund dieser Tatsache eine kollektiv beherrschende Stellung haben und ihr rechtswidriges Verhalten deren Mißbrauch darstellt."(365)

285 Meines Erachtens könnte durchaus angenommen werden, daß die Vereine einer Profiliga "durch wirtschaftliche Bande so miteinander verknüpft sind", daß sie zusammen als marktbeherrschend anzusehen sind. Dafür ließe sich insbesondere die bereits mehrmals erwähnte Tatsache anführen, daß diese Vereine aufeinander angewiesen sind, wenn sie Erfolg haben wollen(366). Eine solche natürliche Gemeinschaft der Interessen dürfte in kaum einer anderen Branche zu finden sein.

286 Die Frage braucht hier jedoch nicht vertieft zu werden. Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um die Marktmacht, welche die Vereine in ihrer Gesamtheit gegenüber Wettbewerbern, Abnehmern oder Verbrauchern(367) einnehmen. Die Spieler gehören meines Erachtens zu keiner dieser Kategorien. Um eine Frage in dem genannten Sinne würde es sich hingegen handeln, wenn - um ein bereits genanntes Beispiel aufzugreifen - die Vereine selbst als Gruppe auftreten, um die Fernsehrechte für ihre Spiele zu vermarkten. Der vorliegende Fall betrifft jedoch Regeln, welche die Möglichkeit zur Anstellung von Spielern beschränken. Diese Regeln führen zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Vereinen. Ein Mißbrauch im Sinne des Artikels 86 ist darin hingegen nicht zu erblicken, da insoweit allein das Verhältnis zwischen den Vereinen und ihren Spielern betroffen ist.

Im Ergebnis bin ich also wie die UEFA, die URBSFA, die Kommission sowie die Regierungen Italiens und Frankreichs der Ansicht, daß ein Verstoß gegen Artikel 86 nicht gegeben ist.

287 Meines Erachtens ist daher auf die Fragen der Cour d'appel Lüttich wie folgt zu antworten:

1) Artikel 48 EG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß er es verbietet,

a) daß ein Fußballverein bei der Verpflichtung eines seiner Spieler, dessen Vertrag endet, durch einen anderen Verein die Zahlung eines Geldbetrages verlangen und entgegennehmen kann;

b) daß der Zugang von Spielern, welche die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzen, zu den von den nationalen und internationalen Verbänden organisierten Wettbewerben für Vereine beschränkt wird.

2) Artikel 85 EG-Vertrag ist so auszulegen, daß er Vereinbarungen zwischen Vereinen und Beschlüssen von Sportverbänden entgegensteht, die einen Inhalt haben, wie er oben unter 1a oder 1b beschrieben worden ist.

(1) - Artikel 1 Absatz 6 des FIFA-Statuts von 1992.

(2) - Artikel 2 Buchstabe e in Verbindung mit Artikel 13 des UEFA-Statuts (Ausgabe 1990).

(3) - Artikel 1 Absatz 4 des UEFA-Statuts.

(4) - Artikel 42 Buchstabe a Absatz 1 der URBSFA-Verbandssatzung 1982. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß mir die Verbandssatzung der URBSFA lediglich in ihrer französischen Fassung vorlag. Auch von den im folgenden zu erörternden Regelwerken der FIFA und der UEFA lagen nur zum Teil von den Verbänden autorisierte Übersetzungen vor. Wo solche Übersetzungen fehlten, habe ich jeweils den Wortlaut der betreffenden Vorschrift im Original zitiert und meist eine freie Übersetzung beigefügt.

(5) - Artikel 42 Buchstabe a Absatz 1 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(6) - Artikel 44 Absatz 1 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(7) - Artikel 44 Absatz 2 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(8) - Es handelt sich dabei offensichtlich um eine Eingriffsmöglichkeit, die dem Verband unter besonderen Umständen ("circonstances spéciales") eingeräumt wird, vgl. Artikel 46a Absatz 1 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(9) - Zur Unterscheidung zwischen Berufs- und Nichtamateurspieler vgl. Artikel 39 und 40 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(10) - Vgl. Artikel 48b Absätze 2 und 3 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(11) - Artikel 40 Absatz 3 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(12) - Artikel 39 Absatz 4 und Artikel 40 Absatz 4 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(13) - Artikel 36b Absatz 4 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(14) - Artikel 46 Absatz 1 Unterabsatz 2 der URBSFA-Verbandssatzung.

(15) - Artikel 46 Absatz 2 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(16) - Artikel 46 Absatz 3 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(17) - Für die Klubs der ersten Liga wird dieser Zeitraum bis zum 31. Dezember des betreffenden Jahres verlängert, vgl. Artikel 46 Absatz 4 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(18) - Vgl. Artikel 45 Absatz 2 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(19) - Vgl. etwa Artikel 45 Absatz 6 in Verbindung mit Artikel 128 Absatz 3 der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(20) - Artikel 46 Absatz 5 Buchstabe a der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(21) - Artikel 46 Absatz 5 Buchstabe b der URBSFA-Verbandssatzung 1982.

(22) - Artikel IV/85.321 der URBSFA-Verbandssatzung 1993.

(23) - Artikel IV/85.322 der URBSFA-Verbandssatzung 1993.

(24) - Artikel IV/70.121 der URBSFA-Verbandsssatzung 1993.

(25) - Vgl. Artikel IV/70.122 und 123 der URBSFA-Verbandssatzung 1993.

(26) - Artikel 12 des UEFA-Transferreglements 1990.

(27) - Artikel 13 des UEFA-Transferreglements 1990.

(28) - Artikel 1 Buchstabe e des Anhangs zum UEFA-Transferreglement 1990.

(29) - Artikel 14 des UEFA-Transferreglements 1990.

(30) - Artikel 3 des Anhangs zum UEFA-Transferreglement 1990.

(31) - Vgl. Artikel 3 des Anhangs zum UEFA-Transferreglement 1992. Die Vorschriften enthalten jedoch (in Artikel 5 des Anhangs) einen Hoechstbetrag von 600 000 SFR für die Ausbildungsentschädigung, der jedoch nur für Amateurspieler gilt.

(32) - Artikel 1 Absätze 1 und 2 des UEFA-Transferreglements 1993.

(33) - Artikel 2 des UEFA-Transferreglements 1993.

(34) - Der Faktor 0 gilt für Spieler, die mindestens 39 Jahre alt sind. Diese Spieler können daher wechseln, ohne daß eine Ablösesumme fällig würde.

(35) - Vgl. Artikel 8 Absatz 2 des UEFA-Transferreglements 1993 zur Berechnung des maßgebenden Bruttoeinkommens.

(36) - Artikel 1 des FIFA-Reglements 1986.

(37) - Artikel 12 Absatz 5 des FIFA-Reglements 1986: "Durch die Erteilung des Freigabescheins wird seitens des abgebenden Nationalverbands anerkannt, daß alle Verpflichtungen finanzieller Natur, einschließlich einer allfälligen Ablösesumme, geregelt sind."

(38) - Artikel 12 Absatz 1 Satz 3 des FIFA-Reglements 1986.

(39) - Absatz 1 der Präambel des FIFA-Reglements 1994.

(40) - Artikel 7 Absatz 1 des FIFA-Reglements 1994.

(41) - Artikel 8 Absatz 1 des FIFA-Reglements 1994.

(42) - Artikel 7 Absatz 2 des FIFA-Reglements 1994.

(43) - Artikel 7 Absätze 2, 3 und 4 des FIFA-Reglements 1994.

(44) - Artikel 14 Absatz 2 des FIFA-Reglements 1994.

(45) - Artikel 16 Absatz 1 des FIFA-Reglements 1994.

(46) - Es handelt sich dabei um die bereits erwähnten Vereinigungen innerhalb der FIFA (siehe oben, Nr. 5).

(47) - Artikel 16 Absätze 2 bis 4 des FIFA-Reglements 1994.

(48) - Siehe oben, Nr. 19.

(49) - Vgl. § 32 Nummer 1 des Lizenzspielerstatuts.

(50) - Siehe § 9 Nummer 1 der Spielordnung.

(51) - Vgl. § 28 Nummer 3 des Lizenzspielerstatuts.

(52) - Siehe Artikel 2 und 7 des Abschnitts 3 des Mustervertrags.

(53) - Artikel 4 des Abschnitts 3 des Mustervertrags.

(54) - Artikel 7 des Abschnitts 3 des Mustervertrags.

(55) - Artikel 14 Absatz 1 des Dekrets.

(56) - Für Wechsel ins Ausland ist Artikel 14 Absatz 2 des oben erwähnten Dekrets zu beachten. Danach sind in solchen Fällen, wenn die Regeln des anderen Staates von den spanischen Vorschriften abweichen, "Kriterien der Gegenseitigkeit" anzuwenden.

(57) - Zum besseren Verständnis ist anzumerken, daß nach Artikel 3 Absatz 1 dieses Kapitels der erste Profivertrag eine Laufzeit von vier Jahren hat.

(58) - Vgl. hierzu (und zu weiteren Einzelheiten) Artikel 15 Absätze 3 ff. dieses Kapitels.

(59) - Es handelt sich dabei allem Anschein nach um Artikel 12 des FIFA-Reglements 1986, also die frühere Regelung. Der niederländische Verband hat sein Reglement daher möglicherweise noch nicht an das neue FIFA-Reglement 1994 angeglichen.

(60) - Vgl. etwa § 22 Nummer 2 Buchstabe b der am 30. August 1994 in Kraft getretenen Spielordnung des Deutschen Fußballbundes (DFB), wonach ein Spieler, der, "ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen, die letzten 5 Jahre, davon mindestens 3 Jahre als Juniorenspieler, ununterbrochen für deutsche Vereine spielberechtigt war", einem deutschen Spieler gleichgestellt wird.

(61) - Urteil vom 14. Juli 1976 in der Rechtssache 13/76 (Donà/Mantero, Slg. 1976, 1333).

(62) - Die Bezugnahme auf den Spielbericht bedeutet, daß alle fünf Ausländer zugleich spielen dürfen. Wird einer dieser Spieler ausgewechselt, kann er jedoch nicht durch einen weiteren (sechsten) Ausländer ersetzt werden.

(63) - Siehe dazu oben, Nr. 5.

(64) - Der Text dieser Entscheidung ist dem Gerichtshof von der Cour de cassation freundlicherweise mitgeteilt worden.

(65) - Touche Ross & Co., Survey of Football Club Accounts, Manchester 1994 (verfaßt von Gerry Boon, Dale Thorpe und Anuh Shah).

(66) - Süddeutsche Zeitung, Nr. 183 vom 10. August 1995, S. 31.

(67) - Es handelte sich um den Wechsel von Gianluigi Lentini von Torino zum AC Mailand im Juli 1992 (vgl. The Economist, Ausgabe vom 17. Juni 1995, S. 96).

(68) - Dies wird verständlich, wenn man sich daran erinnert, daß die Ausländerklauseln meist einen sportrechtlichen Ausländerbegriff zugrunde legen (siehe hierzu die Ausführungen in Nr. 37).

(69) - Artikel 177 Absatz 3 EG-Vertrag, der die Verpflichtung letztinstanzlicher Gerichte zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes zum Gegenstand hat, ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung.

(70) - So zum Beispiel das Urteil vom 3. März 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-332/92, C-333/92 und C-335/92 (Eurico Italia u. a., Slg. 1994, I-711, Randnr. 17).

(71) - Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa das Urteil vom 29. November 1978 in der Rechtssache 83/78 (Pigs Marketing Board, Slg. 1978, 2347, Randnr. 25).

(72) - Siehe etwa das Urteil vom 8. November 1990 in der Rechtssache C-231/89 (Gmurzynska-Bscher, Slg. 1990, I-4003, Randnr. 20).

(73) - Ein Beispiel für den erstgenannten Fall ist das Urteil vom 17. Mai 1994 in der Rechtssache C-18/93 (Corsica Ferries, Slg. 1994, I-1783), wo der Gerichtshof nur einen Teil der vorgelegten Fragen beantwortete (a. a. O., Randnr. 16).

(74) - Vgl. etwa das Urteil vom 12. Juli 1979 in der Rechtssache 244/78 (Union Laitière Normande, Slg. 1979, 2663, Randnr. 5) und das Urteil vom 10. März 1981 in den verbundenen Rechtssachen 36/80 und 71/80 (Irish Creamery Milk Suppliers Association, Slg. 1981, 735, Randnr. 6).

(75) - Urteil vom 16. Dezember 1981 in der Rechtssache 244/80 (Foglia/Novello, Slg. 1981, 3045, Randnr. 17). Das hier aufgestellte Erfordernis wird verständlich, wenn man sich die Fälle der zweiten der von mir gebildeten Fallgruppen vor Augen führt.

(76) - Urteil vom 3. Februar 1977 in der Rechtssache 52/76 (Benedetti/Munari, Slg. 1977, 163, Randnr. 22), hinsichtlich eines Teils der Vorlagefragen.

(77) - Urteil vom 26. Januar 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-320/90, C-321/90 und C-322/90 (Telemarsicabruzzo u. a., Slg. 1993, I-393).

(78) - A. a. O. (Fußnote 77), Randnr. 6.

(79) - A. a. O. (Fußnote 77), Randnrn. 7 bis 10.

(80) - Schlußanträge von Generalanwalt Gulmann vom 6. Oktober 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-320/90, C-321/90 und C-322/90, a. a. O. (Slg. 1993, I-409, 417).

(81) - Beschluß vom 19. März 1993 in der Rechtssache C-157/92 (Banchero, Slg. 1993, I-1085, Randnrn. 4 ff.); Beschluß vom 26. April 1993 in der Rechtssache C-386/92 (Monin Automobiles, Slg. 1993, I-2049, Randnrn. 6 ff.); Beschluß vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-378/93 (La Pyramide, Slg. 1994, I-3999, Randnrn. 14 ff.); Beschluß vom 23. März 1995 in der Rechtssache C-458/93 (Saddik, Slg. 1995, I-511, Randnr. 12); Beschluß vom 7. April 1995 in der Rechtssache C-167/94 (Grau Gomis, Slg. 1995, I-1023, Randnr. 8). Siehe aber auch das Urteil vom 3. März 1994 in der Rechtssache C-316/93 (Vaneetveld, Slg. 1994, I-763), wo die Schärfe dieses Grundsatzes für einen beschränkten Bereich abgemildert wurde (a. a. O., Randnrn. 13 und 14).

(82) - Siehe den Beschluß in der Sache Saddik, a. a. O. (Fußnote 81), Randnr. 10, und den Beschluß in der Sache Grau Gomis, a. a. O. (Fußnote 81), Randnr. 10, jeweils mit Hinweis auf ältere Rechtsprechung.

(83) - Urteil vom 16. Juni 1981 in der Rechtssache 126/80 (Salonia/Poidomani und Giglio, Slg. 1981, 1563).

(84) - A. a. O. (Fußnote 83), Randnr. 6 (Hervorhebung von mir).

(85) - Beschluß vom 26. Januar 1990 in der Rechtssache C-286/88 (Falciola, Slg. 1990, I-191).

(86) - Vgl. die Schilderung in dem Beschluß, a. a. O. (Fußnote 85), Randnr. 5.

(87) - A. a. O. (Fußnote 85), Randnrn. 8 ff.

(88) - Vgl. das Urteil vom 26. September 1985 in der Rechtssache 166/84 (Thomasdünger/Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, Slg. 1985, 3001, Randnr. 11); Urteil vom 18. Oktober 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-297/88 und C-197/89 (Dzodzi, Slg. 1990, I-3763, Randnr. 40); Urteil Gmurzynska-Bscher, a. a. O. (Fußnote 72), Randnr. 23; Urteil vom 11. Juli 1991 in der Rechtssache C-368/89 (Crispoltoni, Slg. 1991, I-3695, Randnr. 11); Urteil vom 28. November 1991 in der Rechtssache C-186/90 (Durighello, Slg. 1991, I-5773, Randnr. 9); Urteil vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C-67/91 (Asociación Española de Banca Privada u. a., Slg. 1992, I-4785, Randnr. 26); Urteil Eurico Italia, a. a. O. (Fußnote 70), Randnr. 17. In diesen Zusammenhang gehört auch der Beschluß vom 16. Mai 1994 in der Rechtssache C-428/93 (Monin Automobliles [II], Slg. 1994, I-1707), wo der Gerichtshof unter Hinweis auf das Urteil Salonia und den Beschluß Falciola ausführte, daß er für die Beantwortung der vorgelegten Fragen "offensichtlich" unzuständig sei (a. a. O., Randnr. 16). Ebenfalls hierher gehört das Urteil vom 16. September 1982 in der Rechtssache 132/81 (Vlaeminck, Slg. 1982, 2953), wo das vorlegende Gericht irrtümlich angenommen hatte, gemeinschaftsrechtliche Vorschriften seien anwendbar.

(89) - Urteil vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C-343/90 (Dias, Slg. 1992, I-4673, Randnr. 18); Urteil Corsica Ferries, a. a. O. (Fußnote 73), Randnr. 14, und Beschluß La Pyramide, a. a. O. (Fußnote 81), Randnr. 12.

(90) - Beschluß Monin (II), a. a. O. (Fußnote 88), Randnr. 16.

(91) - Urteil vom 11. März 1980 in der Rechtssache 104/79 (Foglia/Novello, Slg. 1980, 745, Randnr. 10).

(92) - Urteil Foglia/Novello (II), a. a. O. (Fußnote 75).

(93) - A. a. O. (Fußnote 75), Randnrn. 15 bis 16.

(94) - A. a. O. (Fußnote 75), Randnr. 18.

(95) - A. a. O. (Fußnote 75), Randnr. 19.

(96) - A. a. O. (Fußnote 75), Randnr. 20.

(97) - Vgl. Urteil vom 3. Februar 1983 in der Rechtssache 149/82 (Robards/Insurance Officer, Slg. 1983, 171, Randnr. 19); Urteil Lourenço Dias, a. a. O. (Fußnote 89), Randnr. 17; Urteil vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C-83/91 (Meilicke, Slg. 1992, I-4871, Randnr. 25); Beschluß La Pyramide, a. a. O. (Fußnote 81), Randnr. 11; Beschluß Saddik, a. a. O. (Fußnote 81), Randnr. 17.

(98) - A. a. O. (Fußnote 72), Randnr. 23.

(99) - A. a. O. (Fußnote 88), Randnr. 40. In der deutschen Fassung ist dort freilich anstelle eines "konstruierten" von einem "fiktiven" Rechtsstreit die Rede.

(100) - Vgl. oben, Nr. 77.

(101) - A. a. O. (Fußnote 89).

(102) - A. a. O. (Fußnote 89), Randnr. 42.

(103) - A. a. O. (Fußnote 89), Randnrn. 24 bis 25 und Randnrn. 40 bis 41.

(104) - A. a. O. (Fußnote 88), Randnrn. 12 bis 15.

(105) - A. a. O. (Fußnote 73).

(106) - A. a. O. (Fußnote 73), Randnrn. 15 bis 16.

(107) - A. a. O. (Fußnote 81), Randnr. 17.

(108) - Siehe oben, Nr. 76.

(109) - Siehe die oben in Nr. 82 zitierte Passage des Urteils Foglia/Novello.

(110) - Siehe oben, Nr. 82.

(111) - A. a. O. (Fußnote 75), Randnr. 18.

(112) - A. a. O. (Fußnote 97).

(113) - A. a. O. (Fußnote 97), Randnrn. 29 bis 34.

(114) - Schlußanträge vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-83/91, a. a. O. (Slg. 1992, I-4897, I-4900).

(115) - A. a. O. (Fußnote 75), Randnr. 19.

(116) - In ihrer Antwort auf eine schriftliche Anfrage eines Abgeordneten des Europäischen Parlaments hat die Kommission am 18. Dezember 1991 zum Beispiel erklärt, daß eine Vertragsverletzungsklage gegen einen Mitgliedstaat hier "problematisch" erscheine, da die eventuelle Beschränkung der Freizügigkeit "eher von privaten als von öffentlichen Stellen" ausgehe (ABl. 1992, C 102, S. 41).

(117) - Nicht hierher gehören die Fälle, in denen ein Verstoß gegen die Ausländerregeln aus dem einen oder anderen Grund keine Konsequenzen nach sich zog. Dies gilt zunächst für das von Ajax Amsterdam mit 2:1 gegen den FC Utrecht gewonnene Spiel vom 21. August 1977, bei dem die Amsterdamer einen Ausländer mehr einsetzten, als die Regeln zuließen. Die gegen die Wertung des Spiels eingelegte Beschwerde des FC Utrecht wurde vom Verband abgewiesen (vgl. N. J. P. Giltay Veth, Uitsluiting van buitenlandse voetballers: mogelijk binnen de EEG?, NJB 1978, 504, 505). Der Verstoß des 1. FC Köln gegen die Ausländerklausel im Spiel bei Eintracht Frankfurt am 29. Januar 1977 blieb ohne Folgen, da die Kölner das Spiel ohnehin mit 4:0 Toren verloren hatten (vgl. Michael Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, in: Dieter Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, Heidelberg 1987, S. 71). Der bislang wohl spektakulärste Fall betraf den VfB Stuttgart, der das Hinspiel der ersten Runde des Europapokals der Landesmeister gegen Leeds United im Herbst 1992 mit 3:0 gewonnen hatte. Im Rückspiel siegten die Engländer mit 4:1 Toren, was dem deutschen Team jedoch nach den Regeln für das Weiterkommen gereicht hätte. Da Stuttgart dabei jedoch einen vierten ausländischen Spieler eingewechselt hatte, wurde das Rückspiel von der UEFA mit 3:0 für Leeds gewertet, das dann auch das fällig gewordene Entscheidungsspiel gewann. Der Fall ist jedoch für die hier zu betrachtende Rechtssache ohne Bedeutung, da die eingesetzten ausländischen Spieler aus Drittstaaten stammten.

(118) - Giltay Veth, a. a. O. (Fußnote 117), S. 510.

(119) - Auf den Punkt gebracht wird dies von Alessandra Giardini, die davon spricht, die Vereine zögen eine Art von "quiete sportiva" vor (Diritto comunitario e libera circolazione dei calciatori, in: Diritto comunitario e degli scambi internazionali 1988, S. 437, 444).

(120) - In einem von der UEFA vorgelegten Urteil des Hof van Beroep Brüssel vom 16. März 1994 (Te Velde), das den Basketballsport betraf, scheint die Frage gar nicht erörtert worden zu sein. Ein Urteil des Landgerichts Frankfurt, das die Ausländerklausel des Deutschen Tischtennisbundes betraf, bejaht die Vereinbarkeit der Ausländerklauseln mit dem Gemeinschaftsrecht und lehnt eine Vorlage an den Gerichtshof mit der fragwürdigen Begründung ab, diese Frage sei vom Gerichtshof bereits "hinreichend klar" entschieden worden (Urteil vom 18. Januar 1994, EWS 1994, 405).

(121) - A. a. O. (Fußnote 114), S. 4901.

(122) - Siehe den Tatbestand des Urteils in der Rechtssache 13/76, a. a. O. (Fußnote 61), S. 1334 f.

(123) - In diesem Sinne etwa Meinhard Hilf, Die Freizügigkeit des Berufsfußballspielers innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, NJW 1984, S. 517, 520; Hans-Ulrich Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, in: Michael R. Will (Hrsg.), Sport und Recht in Europa, Saarbrücken 1988, S. 53, 54.

(124) - Urteil vom 12. Dezember 1974 in der Rechtssache 36/74 (Walrave, Slg. 1974, 1405).

(125) - A. a. O. (Fußnote 124), Randnrn. 4 bis 9.

(126) - A. a. O. (Fußnote 124), Randnr. 10.

(127) - A. a. O. (Fußnote 124), Randnr. 11.

(128) - A. a. O. (Fußnote 124), Randnrn. 17 bis 19.

(129) - A.a.O. (Fußnote 124), Randnr. 23 bis 24.

(130) - Siehe oben, Nr. 119.

(131) - A. a. O. (Fußnote 61), Randnrn. 17 bis 18.

(132) - A. a. O. (Fußnote 61), Randnrn. 12 bis 16; vgl. auch Randnr. 19.

(133) - Vgl. etwa das Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-332/90 (Steen, Slg. 1992, I-341, Randnr. 9).

(134) - ABl. L 257, S. 2 (berichtigt in ABl. L 295, S. 12).

(135) - So auch Hans Arno Petzold und Athanase Safaris, Europäische Freizügigkeit von Berufsfußballspielern aus deutscher und griechischer Sicht, EuR 1982, S. 76, 80; José Luis Ruiz-Navarro Pinar, La libre circulación de deportistas en la Comunidad Europea, Boletín de Derecho de las Comunidades Europeas 1989, S. 169, 180, 181; Stephen Weatherill, Discrimination on Grounds of Nationality in Sport, Yearbook of European Law 9 (1989), Oxford 1990, S. 55, 66 ("plainly in breach of Article 48").

(136) - So auch Hilf, a. a. O. (Fußnote 123), S. 521; Marticke, a. a. O. (Fußnote 123), S. 65; Maria Castellaneta, Libera circolazione dei calciatori e disposizioni della FIGC, Diritto comunitario e degli scambi internazionali 1994, S. 635, 643.

(137) - Auch diesen sind allerdings Grenzen gesetzt. So haben die finanziell stärksten Vereine der deutschen Bundesliga, der FC Bayern München und Borussia Dortmund, in der Saison 1995/96 nach heutigem Stand (und unter Einbeziehung von Vertragsamateuren) sechs beziehungsweise fünf ausländische Spieler unter Vertrag. Zum Vergleich: Der Kader der Dortmunder für diese Saison umfaßt 25, derjenige der Münchener 21 Spieler (vgl. Sonderheft Bundesliga 1995/96 des Kicker Sportmagazin, S. 67 und 71).

(138) - Hilf, a. a. O. (Fußnote 123), S. 521 (Hervorhebung von mir).

(139) - Ebenso zum Beispiel Castellaneta, a. a. O. (Fußnote 135), S. 644 ("solo un mutamento della violazione del Trattato").

(140) - Siehe oben, Nr. 124.

(141) - Sehr kritisch etwa Laura Forlati Picchio, Discriminazioni nel settore sportivo e Comunità Europee, in: Rivista di Diritto Internazionale 59 (1976), S. 745, die von einer "escamotage" spricht (a. a. O., S. 757); Hilf a. a. O. (Fußnote 123), S. 520, konstatiert die Existenz zweier "eher sibyllinischer Entscheidungen"; Christoph Palme, Hermann Hepp-Schwab und Stephan Wilske, Freizügigkeit im Profisport - EG-rechtliche Gewährleistungen und prozessuale Durchsetzbarkeit, JZ 1994, S. 343, 344, sprechen von "äußerst vagen und unklaren Feststellungen".

(142) - So etwa Schweitzer, a. a. O. (Fußnote 117), S. 83.

(143) - So schon Marticke, a. a. O. (Fußnote 123), S. 58.

(144) - So zu Recht Castellaneta, a. a. O. (Fußnote 135), S. 653. Ähnlich Manfred Zuleeg, Der Sport im europäischen Gemeinschaftsrecht, in: Michael R. Will (Hrsg.), Sportrecht in Europa, Heidelberg 1993, S. 1, 6.

(145) - Siehe jedoch unten, Nr. 214 f. Hingewiesen sei zum Beispiel auf die Begründungsversuche von Generalanwalt Warner im Fall Walrave (Schlußanträge vom 24. Oktober 1974, Slg. 1974, 1423, 1427 ("Test des $interessierten Dritten`") und von Hilf, a. a. O. (Fußnote 123), S. 521 (es überwögen "noch die sportlichen Gesichtspunkte").

(146) - So zu Recht Hans Georg Fischer, EG-Freizügigkeit und Sport. Zur EG-rechtlichen Zulässigkeit von Ausländerklauseln im bezahlten Sport, in: SpuRT 1994, S. 174, 176.

(147) - Schlußanträge vom 6. Juli 1976 in der Rechtssache Donà, a. a. O. (Slg. 1976, 1343, 1344).

(148) - So schon Ernst Steindorff, Berufssport im Gemeinsamen Markt, RIW 1975, S. 253, 254.

(149) - So auch Forlati Picchio, a. a. O. (Fußnote 141), S. 759.

(150) - Urteil vom 15. Oktober 1987 in der Rechtssache 222/86 (Heylens, Slg. 1987, 4112).

(151) - So zum Beispiel Harald Kahlenberg, Zur EG-rechtlichen Zulässigkeit von Ausländerklauseln im Sport, in: EWS 1994, S. 423, 429.

(152) - So auch Roger Zäch, Wettbewerbsrecht und Freizügigkeit für Arbeitnehmer im Bereich des Sports nach dem Recht der EG, in: Walter R. Schluep u. a. (Hrsg.), Festschrift für Arnold Koller, Bern, Stuttgart, Wien 1993, S. 837, 847 f.

(153) - Siehe oben, Nr. 40.

(154) - Um nur zwei bekannte Beispiele von Spielern zu nennen, deren Karriere bei kleinen Amateurvereinen begann: Franz Beckenbauer begann beim SC München 1906 Fußball zu spielen; Gerd Müller schoß seine ersten Tore für den TSV 1861 Nördlingen.

(155) - So etwa Giardini, a. a. O. (Fußnote 119), S. 454.

(156) - Palme, Hepp-Schwab und Wilske, a. a. O. (Fußnote 141), S. 345.

(157) - Man wird dagegen nicht einwenden können, daß die Auswahlmannschaft Schottlands seit geraumer Zeit relativ wenig Erfolg zu verzeichnen hat. Auch die schottischen Klubmannschaften haben nämlich in den vergangenen Jahren in den Europapokalwettbewerben keine großen Erfolge errungen. Man darf erwarten, daß sich dies eines Tages wieder ändern wird.

(158) - Siehe oben, Nr. 19.

(159) - Siehe oben, Nr. 15.

(160) - Vgl. oben, Nr. 21, und den in Fußnote 37 zitierten Wortlaut der einschlägigen Bestimmung des FIFA-Reglements 1986.

(161) - Der Fall des Wechsels von Heiko Herrlich von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund im Sommer 1995 widerspricht dieser Auffassung nicht. Dieser Spieler hatte zwar allem Anschein nach einen Vertrag bei seinem neuen Klub unterschrieben, bevor die Verhandlungen zwischen den Klubs über einen eventuellen Wechsel überhaupt begonnen hatten. Die Besonderheit lag jedoch darin, daß der Spieler den Behauptungen seines bisherigen Klubs zufolge bei diesem noch vertraglich gebunden gewesen war und daher mit der Unterschrift unter den neuen Vertrag einen Vertragsbruch begangen hatte.

(162) - Siehe oben, Nr. 52.

(163) - Vgl. etwa das Urteil vom 30. Mai 1989 in der Rechtssache 305/87 (Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 1461, Randnr. 12).

(164) - Urteil vom 23. Februar 1994 in der Rechtssache C-419/92 (Scholz, Slg. 1994. I-505, Randnr. 7).

(165) - Siehe oben, Nr. 30.

(166) - Siehe Nr. 33.

(167) - Siehe etwa das Urteil vom 9. Dezember 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-45/92 und C-46/92 (Lepore und Scamuffa, Slg. 1993, I-6497, Randnr. 21).

(168) - Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C-370/90 (Singh, Slg. 1992, I-4265, Randnr. 16).

(169) - Siehe oben, Nr. 32.

(170) - Siehe oben, Nr. 31.

(171) - Siehe oben, Nr. 43.

(172) - Herr Bosman hat dem Gerichtshof ein Protokoll der Sitzung einer "Commission des Professionnels et Non Amateurs" vorgelegt, dessen Authentizität von der UEFA nicht bestritten wurde. Dem Protokoll zufolge vertrat einer der Anwesenden die Auffassung, daß durch die Urteile des Gerichtshofes die Rechtslage hinsichtlich der Ausländerklauseln geklärt worden sei. Aus dem Kontext ergibt sich, daß der Betreffende davon ausging, daß Spieler gemäß Artikel 48 ohne weiteres in andere Mitgliedstaaten wechseln durften. Daraus zog er den Schluß, daß es nunmehr darum gehe, diese Vorschrift zu umgehen ("tourner la loi").

(173) - Vgl. den Wortlaut in Nr. 15.

(174) - Siehe oben, Nr. 23.

(175) - Siehe oben, Nr. 23.

(176) - Artikel 7 Absatz 4 Unterabsatz 3 des FIFA-Reglements 1994 (Hervorhebung von mir).

(177) - Dabei werden durch Artikel 58 bestimmte Gesellschaften den natürlichen Personen, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind, gleichgestellt.

(178) - Urteil vom 28. Oktober 1975 in der Rechtssache 36/75 (Rutili, Slg. 1975, 1219).

(179) - A. a. O. (Fußnote 178), Randnr. 7.

(180) - Urteil vom 28. April 1977 in der Rechtssache 71/76 (Thieffry, Slg. 1977, 765).

(181) - A. a. O. (Fußnote 180), Randnrn. 15 bis 19.

(182) - Schlußanträge vom 29. März 1977 in der Rechtssache 71/76, a. a. O. (Slg. 1977, 780, 791).

(183) - Urteil vom 28. Juni 1978 in der Rechtssache 1/78 (Kenny/Insurance Officer, Slg. 1978, 1489).

(184) - A. a. O. (Fußnote 183), Randnr. 18.

(185) - Urteil vom 28. November 1978 in der Rechtssache 16/78 (Choquet, Slg. 1978, 2293).

(186) - A. a. O. (Fußnote 185), Randnrn. 7 bis 8.

(187) - A. a. O. (Fußnote 185), Randnr. 8.

(188) - Urteil vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 107/83 (Klopp, Slg. 1984, 2971).

(189) - A. a. O. (Fußnote 188), Randnr. 14.

(190) - A. a. O. (Fußnote 188), Randnrn. 18 bis 19.

(191) - A. a. O. (Fußnote 188), Randnr. 20.

(192) - A. a. O. (Fußnote 188), Randnr. 21.

(193) - Urteil vom 30. April 1986 in der Rechtssache 96/85 (Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 1475).

(194) - A. a. O. (Fußnote 193), Randnr. 11.

(195) - A. a. O. (Fußnote 193), Randnr. 12.

(196) - A. a. O. (Fußnote 193), Randnr. 13.

(197) - Urteil vom 16. Juni 1992 in der Rechtssache C-351/90 (Kommission/Luxemburg, Slg. 1992, I-3945, Randnr. 14). Im Unterschied zu dem Verfahren Kommission/Frankreich betraf dieser Rechtsstreit auch die Tätigkeit von Tierärzten. Die Prüfung beschränkte sich hier allerdings auf die Artikel 48 und 52.

(198) - Urteil vom 12. Februar 1987 in der Rechtssache 221/85 (Kommission/Belgien, Slg. 1987, 719).

(199) - A. a. O. (Fußnote 198), Randnr. 5.

(200) - A. a. O. (Fußnote 198), Randnrn. 10 bis 12.

(201) - Urteil vom 15. Oktober 1987 in der Rechtssache 222/86, a. a. O. (Fußnote 150).

(202) - A. a. O. (Fußnote 201), Randnr. 12.

(203) - A. a. O. (Fußnote 201), Randnrn. 13 bis 14.

(204) - A. a. O. (Fußnote 201), Randnr. 14.

(205) - Urteil vom 19. Januar 1988 in der Rechtssache 292/86 (Gullung, Slg. 1988, 111).

(206) - A. a. O. (Fußnote 205), Randnrn. 28 bis 29.

(207) - Urteil vom 7. Juli 1988 in der Rechtssache 143/87 (Stanton, Slg. 1988, 3877).

(208) - A. a. O. (Fußnote 207), Randnr. 9.

(209) - A. a. O. (Fußnote 207), Randnrn. 11 bis 14.

(210) - Urteil vom 7. Juli 1988 in den verbundenen Rechtssachen 154/87 und 155/87 (Wolf, Slg. 1988, 3897).

(211) - Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 81/87 (The Queen/Treasury and Commissioners of Inland Revenue, Slg. 1988, 5483).

(212) - A. a. O. (Fußnote 211), Randnr. 16.

(213) - Urteil vom 28. November 1989 in der Rechtssache C-379/87 (Groener, Slg. 1989, 3967).

(214) - A. a. O. (Fußnote 213), Randnr. 19.

(215) - Urteil vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache C-49/89 (Corsica Ferries France, Slg. 1989, 4441).

(216) - A. a. O. (Fußnote 215), Randnr. 8.

(217) - Urteil vom 8. Mai 1990 in der Rechtssache C-175/88 (Biehl, Slg. 1990, I-1779).

(218) - A. a. O. (Fußnote 217), Randnr. 14.

(219) - Brigitte Knobbe-Keuk, Niederlassungsfreiheit: Diskriminierungs- oder Beschränkungsverbot?, in: DB 1990, S. 2573, 2576.

(220) - Urteil vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-340/89 (Vlassopoulou, Slg. 1991, I-2357).

(221) - A. a. O. (Fußnote 220), Randnr. 15.

(222) - A. a. O. (Fußnote 220), Randnr. 19.

(223) - Urteil vom 20. Mai 1992 in der Rechtssache C-106/91 (Ramrath, Slg. 1992, I-3375).

(224) - A. a. O. (Fußnote 223), Randnr. 24.

(225) - A. a. O. (Fußnote 223), Randnr. 28.

(226) - A. a. O. (Fußnote 223), Randnr. 29.

(227) - A. a. O. (Fußnote 223), Randnr. 30.

(228) - A. a. O. (Fußnote 223), Randnr. 31.

(229) - Allem Anschein nach war Herr Ramrath Deutscher.

(230) - A. a. O. (Fußnote 168).

(231) - Urteil vom 3. März 1993 in der Rechtssache C-19/92 (Kraus, Slg. 1993, I-1663).

(232) - A. a. O. (Fußnote 231), Randnr. 29.

(233) - A. a. O. (Fußnote 231), Randnr. 31.

(234) - A. a. O. (Fußnote 231), Randnr. 32.

(235) - So etwa Ernst Steindorff, Reichweite der Niederlassungsfreiheit, in: EuR 1988, S. 19, 24.

(236) - So auch Albert Bleckmann, Die Personenverkehrsfreiheit im Recht der EG, in: DVBl 1986, S. 69, 71.

(237) - Anderer Ansicht jedoch José Carlos de Carvalho Moitinho de Almeida, La libre circulation des travailleurs dans la jurisprudence de la Cour de justice (art. 48 CEE/art. 28 EEE), in: Olivier Jacot-Guillarmod (Hrsg.), Accord EEE, Zürich 1992, S. 179, 188, dem zufolge solche Regeln weder unmittelbar noch mittelbar diskriminierten.

(238) - So zu Recht José Carlos Moitinho de Almeida, Les entraves non discriminatoires à la libre circulation des personnes; leur compatibilité avec les articles 48 et 52 du traité CE, in: Festskrift til Ole Due, Kopenhagen 1994, S. 241, 247.

(239) - So auch Wulf-Henning Roth, Grundlagen des gemeinsamen europäischen Versicherungsmarktes, in: RabelsZ 54 (1990), S. 63, 81.

(240) - Urteil Stanton, a. a. O. (Fußnote 207), Randnr. 15; Urteil Wolf, a. a. O. (Fußnote 210), Randnr. 15.

(241) - So etwa Ulrich Everling, Das Niederlassungsrecht in der Europäischen Gemeinschaft, in: DB 1990, S. 1853, 1855 (zum Urteil Klopp); Andreas Nachbaur, Art. 52 EWGV - Mehr als nur ein Diskriminierungsverbot?, in: EuZW 1991, S. 470, 471.

(242) - Siehe etwa die oben in Nr. 155 ff. erörterten Diskriminierungen.

(243) - Siehe oben, Nr. 172.

(244) - Im Fall Kraus hatte zum Beispiel Generalanwalt Van Gerven in seinen Schlußanträgen vom 13. Januar 1993 die Auffassung vertreten, es handele sich in diesem Fall um eine durch Artikel 48 Absatz 2 verbotene Diskriminierung (Slg. 1993, I-1674, 1677).

(245) - Siehe oben, Nr. 169.

(246) - Siehe oben, Nr. 172.

(247) - A. a. O. (Fußnote 235), S. 20 f.

(248) - Ernst Steindorff, a. a. O. (Fußnote 235), S. 21 (zu Artikel 52 Absatz 2).

(249) - So Brigitte Knobbe-Keuk, a. a. O. (Fußnote 219), S. 2574 (ebenfalls im Hinblick auf Artikel 52 Absatz 2).

(250) - Albert Bleckmann, a. a. O. (Fußnote 236), S. 72.

(251) - Eine Ausnahme hiervon stellt allerdings Artikel 48 Absatz 3 Buchstabe c dar, der auf die "für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften" verweist.

(252) - Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe, Slg. 1979, 649).

(253) - Urteil vom 24. November 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097).

(254) - Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (Collectieve Antennevoorziening Gouda, Slg. 1991, I-4007).

(255) - Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-76/90 (Säger, Slg. 1991, I-4221).

(256) - A. a. O. (Fußnote 255), Randnrn. 12 und 15.

(257) - Vgl. nur den oben in Nr. 122 zitierten Auszug aus dem Urteil Walrave.

(258) - So der programmatische Titel des Beitrags von Peter Behrens in EuR 1992, S. 145.

(259) - In diesem Sinne auch Alfonso Mattera, La libre circulation des travailleurs à l'intérieur de la Communauté européenne, in: Revue du Marché Unique Européen 4/1993, S. 47, 68.

(260) - Nur am Rande sei vermerkt, daß diese Erwägung im Zusammenhang mit der Prüfung der Transferregeln besonders angebracht erscheint.

(261) - So hat zum Beispiel der FC Bayern München zu Beginn dieses Jahres wegen des Ausfalls mehrerer Spieler einen Spieler einer spanischen Mannschaft für die Rückrunde der Bundesligasaison 1994/95 ausgeliehen.

(262) - Als im vergangenen Herbst die nordamerikanische Eishockeyliga durch einen Streik lahmgelegt war, verpflichteten findige Manager deutscher Klubs einige Stars aus dieser Liga für einen Einsatz oder ein paar Spiele in der deutschen Eishockeyliga.

(263) - Vgl. oben, Nr. 122, sowie Urteil Donà, a. a. O. (Fußnote 61), Randnr. 19.

(264) - Siehe nur das Urteil vom 20. Oktober 1993 in der Rechtssache C-272/92 (Spotti, Slg. 1993, I-5185, Randnr. 18). Vgl. zu dieser Frage Denis Martin, Réflexions sur le champ d'application matériel de l'article 48 du traité CE (à la lumière de la jurisprudence récente de la Cour de justice), in: CDE 1993, S. 555, 577 ff.

(265) - Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I-249, Randnr. 27 zusammen mit Randnrn. 32 bis 33).

(266) - Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-300/90 (Slg. 1992, I-305, Randnr. 20 zusammen mit Randnr. 23).

(267) - So die bereits zitierte Passage des Urteils Heylens (siehe oben, Nr. 174).

(268) - Schlußanträge vom 9. Dezember 1992 in der Rechtssache C-168/91 (Konstantinidis, Slg. 1993, I-1198, I-1212).

(269) - A. a. O. (Fußnote 253), Randnr. 16.

(270) - Siehe zuletzt das Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-63/94 (Belgapom, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 12).

(271) - Siehe etwa das Urteil vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-470/93 (Mars, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 12 bis 14).

(272) - Es genügt, an die Schwierigkeiten zu erinnern, welche die Frage der Behandlung des Verbots des Verkaufs an Sonntagen der Rechtsprechung bereitet hat.

(273) - Dabei könnte vielleicht an die in Artikel 48 Absatz 3 Buchstaben a und c angelegte Unterscheidung angeknüpft werden.

(274) - Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92 (Schindler, Slg. 1994, I-1039, Randnr. 43).

(275) - Urteil vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93 (Alpine Investments, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).

(276) - A. a. O. (Fußnote 275), Randnrn. 37 und 38.

(277) - Siehe unten, Nr. 210.

(278) - Urteil vom 8. November 1979 in der Rechtssache 15/79 (Groenveld, Slg. 1979, 3409, Randnr. 7), Hervorhebungen von mir.

(279) - So etwa Moitinho de Almeida, a. a. O. (Fußnote 238), S. 251 f.

(280) - Zu einem entsprechenden Ergebnis gelangte Generalanwalt Jacobs hinsichtlich der Frage nach der Anwendbarkeit von Artikel 59 in seinen vorzüglichen Schlußanträgen in der Rechtssache Alpine Investments vom 26. Januar 1995 (noch nicht in Slg., Nrn. 52 ff.).

(281) - Oben, Nr. 130.

(282) - Siehe oben, Nr. 150.

(283) - Entscheidung vom 3. Mai 1983 in dem Verfahren Nr. 9322/81 (X/Niederlande), European Commission of Human Rights, Decisions and Reports 32, S. 180.

(284) - Die Beschwerde wurde wegen offensichtlicher Unbegründetheit als unzulässig verworfen (vgl. Nederlandse Jurisprudentie 1984, S. 977, 978 - insoweit in der amtlichen Sammlung nicht abgedruckt).

(285) - NJW 1979, S. 2582, 2583.

(286) - So die URBSFA, die UEFA und Italien. Deutschland hat sich zu dieser Frage nicht geäußert, aber die Ansicht vertreten, daß solche Rechtfertigungsgründe für die Auländerklauseln herangezogen werden könnten. Nur Frankreich hat zu dieser Frage nicht Stellung genommen.

(287) - Siehe oben, Nrn. 122 und 124.

(288) - Urteil Bachmann, a. a. O. (Fußnote 265), Randnrn. 21 ff.; Urteil Kommission/Belgien, a. a. O. (Fußnote 266), Randnrn. 14 ff.

(289) - So etwa Werner Schroeder, Sport und Europäische Integration, München 1989, S. 191 ff.

(290) - Vgl. etwa für das deutsche Recht das Urteil des BGH vom 28. November 1994 (NJW 1995, S. 583, 584).

(291) - So aber Schroeder, a. a. O. (Fußnote 289), S. 199.

(292) - Siehe nur die oben zitierte Stelle des Urteils Heylens (oben, Nr. 174).

(293) - Hilf, a. a. O. (Fußnote 123), S. 522.

(294) - Siehe oben, Nr. 60.

(295) - Es handelt sich dabei (von einigen Ausnahmen abgesehen) um die Spielzeit 1992/93.

(296) - A. a. O. (Fußnote 65), Anhänge 1 bis 4.

(297) - Nach der Studie von Touche Ross schlossen die Blackburn Rovers die für sie sportlich sehr erfolgreiche Saison 1992/93 (die Rovers stiegen in die Premier League auf) mit einem Verlust vor Steuern von knapp 6,4 Millionen UKL ab (a. a. O., Fußnote 65, Anhang 1). Der AC Mailand hat nach den mir vorliegenden Angaben die Saison 1992/93 mit einem Verlust von 1,7 Milliarden LIT abgeschlossen; in der vorangegangenen Rechnungsperiode hatte der Verlust gar 8,3 Milliarden LIT betragen (Neue Zürcher Zeitung (Internationale Ausgabe) Nr. 196 vom 25. August 1995, S. 46).

(298) - Vgl. etwa Stefan Késenne, De economie van de sport. Een overzichtsbijdrage, in: Economisch en Sociaal Tijdschrift 1993, S. 359, 376.

(299) - J. Cairns, N. Jennett und P. J. Sloane, The Economics of Professional Team Sports: A Survey of Theory and Evidence, in: [1986] Journal of Economic Studies, S. 3, vertreten (unter Berufung auf Professor Noll) die Auffassung, daß folgende Lösung sinnvoll wäre: Der Heimverein erhält 50 % und der gastierende Verein 25 % der Einnahmen. Die übrigen 25 % gehen an den Verband, der sie unter allen Vereinen der Liga verteilt. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen von Professor R. Noll, die dieser im Juli 1992 in der Rechtssache McNeil v. NFL vor dem District Court of Minnesota, 4th Division, vorgetragen hat und von denen Herr Bosman eine Niederschrift vorgelegt hat. Diesen Aussagen zufolge wurden zur fraglichen Zeit in den USA 60 % (und damit mehr als in allen anderen Sportarten) der im amerikanischen Football-Sport erzielten Einnahmen verteilt. Nach Ansicht von Professor Noll war dieser Anteil zu hoch, da er den Leistungsanreiz dämpfte (a. a. O., Spalten 2654 ff.).

(300) - Vgl. hierzu § 3 Nr. 5 des Lizenzspielerstatuts des DFB.

(301) - Vgl. Artikel 18 und 21 des Reglements.

(302) - Hier ist etwa die Unterstützung zu erwähnen, welche die UEFA bestimmten Verbänden Osteuropas und in der ehemaligen Sowjetunion gewährt, die es den betreffenden Ländern ermöglicht, an den Qualifikationsspielen für die Fußballeuropameisterschaft teilzunehmen.

(303) - Siehe oben, Nr. 29.

(304) - Siehe oben, Nrn. 31 f.

(305) - Es ließe sich zum Beispiel ein System vorstellen, das bei der Verteilung des entsprechenden Betrages an die Vereine berücksichtigt, wie viele Spieler dieses Vereins von Großvereinen oder von Klubs höherer Spielklassen verpflichtet worden sind.

(306) - Vgl. etwa Jean-Paul Lacomble, De quelques problèmes de cohabitation entre le monde sportif et le monde civil, in: Journal des tribunaux de travail 1992, S. 461, 463 ("une véritable expropriation").

(307) - Dokument PE 127.478/endg. des Europäischen Parlaments.

(308) - Dokument PE 206.671/A/endg. des Europäischen Parlaments.

(309) - ABl. C 120, S. 33.

(310) - ABl. C 326, S. 208.

(311) - Zur Frage der Anwendbarkeit der Artikel 85 f. siehe jedoch Nr. 271.

(312) - Vgl. etwa Artikel 42 und Artikel 60 Absatz 1.

(313) - Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. März 1992 in den verbundenen Rechtssachen T-68/89, T-77/89 und T-78/89 (SIV u. a./Kommission, Slg. 1992, II-1403, Randnr. 358).

(314) - Urteil vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90 (Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 21); ebenso Urteil vom 17. Februar 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-159/91 und C-160/91 (Poucet, Slg. 1993, I-637, Randnr. 17).

(315) - Siehe oben, Nr. 125 sowie Nrn. 126 ff.

(316) - Gleiss/Hirsch (Martin Hirsch und Thomas O. J. Burkert), Kommentar zum EG-Kartellrecht, Band 1, 4. Auflage, Heidelberg 1993, Randnr. 26 zu Art. 85 (1).

(317) - Vgl. Urteil vom 29. Oktober 1980 in den verbundenen Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78 (Van Landewyck, Slg. 1980, 3125, Randnr. 88).

(318) - Helmuth Schröter, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Auflage, Baden-Baden 1991, Vorbemerkung zu den Artikeln 85 bis 89, Randnr. 17.

(319) - ABl. L 326, S. 31.

(320) - A. a. O. (Fußnote 319), Randnrn. 47 und 53.

(321) - Urteil vom 9. November 1994 in der Rechtssache T-46/92 (Scottish Football Association/Kommission, Slg. 1994, II-1039).

(322) - ABl. 1962, S. 204.

(323) - Siehe aber unten, Nrn. 278 ff.

(324) - Urteil vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 22/78 (Hugin, Slg. 1979, 1869, Randnr. 17).

(325) - Vgl. etwa Urteil vom 20. Juni 1978 in der Rechtssache 28/77 (Tepea, Slg. 1978, 1391, Randnrn. 46 bis 47).

(326) - Siehe Nr. 57.

(327) - Urteil vom 1. Februar 1978 in der Rechtssache 19/77 (Miller, Slg. 1978, 131, Randnrn. 14 bis 15).

(328) - Siehe etwa das Urteil vom 14. Juli 1981 in der Rechtssache 172/80 (Züchner/Bayerische Vereinsbank, Slg. 1981, 2021, Randnr. 18). Weitere Nachweise bei Richard Whish, Competition Law, 3. Auflage, London, Edinburgh 1993, S. 220 f.

(329) - So etwa auch Alessandra Giardini, a. a. O. (Fußnote 119), S. 452; Guido Vidiri, La circolazione dei calciatori professionisti negli stati comunitari ed il trattato istitutivo della CEE, in: Il rapporto di lavoro sportivo, Rimini 1989, S. 41, 52; Ruiz-Navarro Pinar, a. a. O. (Fußnote 135), S. 181.

(330) - Gleicher Ansicht Zäch, a. a. O. (Fußnote 152), S. 852, der die Transferregeln als "typische Kartellabsprachen" im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 Buchstabe c wertet.

(331) - Siehe etwa Lennart Ritter, Francis Rawlinson und W. David Braun, EEC Competition Law, Deventer, Boston 1991, S. 32; Gleiss/Hirsch, a. a. O. (Fußnote 316), Randnr. 23 zu Art. 85 (1).

(332) - Siehe oben, Nr. 134 und Nr. 201.

(333) - 15 U.S.C.A. § 1. Die entsprechende Passage lautet: "Every contract, combination in the form of trust or otherwise, or conspiracy in restraint of trade or commerce ... is hereby declared to be illegal".

(334) - Vgl. etwa Whish, a. a. O. (Fußnote 328), S. 19 f., mit weiteren Nachweisen.

(335) - Stellvertretend sei nur auf das bekannte Werk von René Joliet (The Rule of Reason in Antitrust Law; American, German and Common Market Laws in Comparative Perspective, Lüttich 1967) verwiesen.

(336) - Vgl. etwa Schröter, a. a. O. (Fußnote 318), Art. 85, Rn. 75; Whish, a. a. O. (Fußnote 328), S. 209.

(337) - Urteil vom 15. Juli 1994 in der Rechtssache T-17/93 (Matra Hachette/Kommission, Slg. 1994, II-595, Randnr. 85).

(338) - Urteile vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-147/89 (Société métallurgique de Normandie/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 90) und in der Rechtssache T-151/89 (Société des treillis et panneaux soudés/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 90).

(339) - Vgl. das Urteil vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84 (Remia/Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 20).

(340) - Siehe insbesondere das Urteil vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 56/65 (LTM/Maschinenbau Ulm, Slg. 1966, 281, 304).

(341) - Urteil vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache C-250/92 (DLG, Slg. 1994, I-5641).

(342) - A. a. O. (Fußnote 341), Randnrn. 31 bis 34.

(343) - So etwa Bellamy & Child, Common Market Law of Competition, hrsgg. von Vivien Rose, 4. Auflage, London 1993, Randnr. 2-063.

(344) - A. a. O. (Fußnote 341), Randnrn. 35 bis 36.

(345) - Siehe oben, Nr. 227.

(346) - Siehe oben, Nr. 218 ff.

(347) - Siehe oben, Nr. 137 ff.

(348) - Nähere Hinweise enthält zum Beispiel der Beitrag von Gary R. Roberts, Antitrust Issues in Professional Sports, in: Gary A. Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Teil 2, Deerfield, New York, Rochester 1994, S. 19-1 (insbesondere S. 19-45 ff.).

(349) - Siehe das Urteil des United States Court of Appeals, Second Circuit, vom 24. Januar 1995 in National Basketball Association v Williams (45 F. [Federal Reporter] 3d 684), wo die Auffassung des Vorgerichts, das Kartellrecht fände auf Tarifvertragsverhandlungen ("collective bargaining negotiations") keine Anwendung, bestätigt wurde; auch das Urteil des United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit in Brown v Pro Football, Inc. vom 21. März 1995 (50 F. 3d 1041) weist darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Supreme Court die "labor exemption" (soweit sie "nonstatutory", das heißt, nicht gesetzlich niedergelegt ist) für einige Tarifverträge ("some union-employer agreements") eine beschränkte ("limited") Ausnahme vom Kartellrecht gewährt.

(350) - Urteil vom 18. Oktober 1976 (543 F. 2d 606).

(351) - Für das deutsche Recht vgl. etwa Hermann-Josef Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 7. Auflage, Neuwied 1994, Randnrn. 155 f. zu § 1.

(352) - Anderer Ansicht Weatherill, a. a. O. (Fußnote 135), S. 69, der auf das Fehlen einer entsprechenden Ausnahmeregelung im Gesetz abstellt.

(353) - Vgl. Gleiss/Hirsch, a. a. O. (Fußnote 316), Randnr. 20 zu Art. 85 (1).

(354) - Anderer Ansicht freilich Zäch, a. a. O. (Fußnote 152), der sich ohne jede Erörterung der Sachfrage auf den Standpunkt stellt, die Transferregeln beträfen den Arbeitsmarkt und würden daher von Artikel 85 nicht erfaßt.

(355) - Siehe oben Nrn. 31 f. Es dürfte kein Zufall sein, daß die Transferregeln dieser beiden Länder für die Spieler günstiger sind als die der übrigen Verbände in der Gemeinschaft.

(356) - Castellaneta, a. a. O. (Fußnote 136), S. 659, weist zu Recht darauf hin, daß in dem "gentlemen's agreement" zwischen der Kommission und der UEFA von 1991, das den neuen UEFA-Regeln galt, keine Freistellung im Sinne von Artikel 85 Absatz 3 gesehen werden kann. Eine solche Freistellung würde eine förmliche Entscheidung voraussetzen. An einer solchen Entscheidung fehlte es jedoch, wie der Gerichtshof auf eine Klage von Herrn Bosman hin festgestellt hat (siehe Beschluß vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-117/91, Bosman/Kommission, Slg. 1991, I-4837, Randnrn. 13 bis 15).

(357) - In diesem Sinn auch Marticke, a. a. O. (Fußnote 123), S. 74. Vgl. auch die interessanten Erwägungen von Weatherill, a. a. O. (Fußnote 135), S. 88 ff.

(358) - So hinsichtlich der Ausländerklauseln auch Giardini, a. a. O. (Fußnote 119), S. 455; ebenso Peter Karpenstein, Der Zugang von Ausländern zum Berufsfußball innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, in: Michael R. Will (Hrsg.), Sportrecht in Europa, Heidelberg 1993, S. 171 (188).

(359) - Siehe oben, Nrn. 255 ff. einerseits und Nrn. 260 f. andererseits.

(360) - Urteil vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76 (Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnr. 38); ständige Rechtsprechung.

(361) - Vgl. etwa die Entscheidung 89/93/EWG vom 7. Dezember 1988 (Flachglas), ABl. 1989 L 33, S. 44, Randnrn. 78 ff; Entscheidung 92/262/EWG vom 1. April 1992 (Französisch-westafrikanische Reederkomitees), ABl. L 134, S. 1, Randnrn. 55 ff. und Entscheidung 93/82/EWG vom 23. Dezember 1992 (CEWAL u. a.), ABl. 1993, L 34, S. 20, Randnr. 57. Vgl. auch die auf dem Gebiet der Fusionskontrolle erlassenen Entscheidungen, z. B. die Entscheidung 92/553/EWG vom 22. Juli 1992 (Nestlé/Perrier), ABl. L 356, S. 1, Randnrn. 108 ff.

(362) - Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-323/93 (Centre d'insémination de la Crespelle, Slg. 1994, I-5077).

(363) - A. a. O. (Fußnote 362), Randnr. 17.

(364) - A. a. O. (Fußnote 313). Dieses Urteil erging auf eine Klage gegen die in Fußnote 361 genannte Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 1988.

(365) - A. a. O. (Fußnote 313), Randnrn. 358 und 360.

(366) - Siehe etwa oben, Nr. 227.

(367) - Siehe das in Nr. 281 zitierte Urteil des Gerichtshofes.