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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61996C0043

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 13. November 1997. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung - Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates - Artikel 17 Absätze 2 und 6 - Vorsteuerabzug - Ausnahmen aufgrund von nationalen Rechtsvorschriften, die vor der Sechsten Richtlinie bestanden. - Rechtssache C-43/96.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 Seite I-03903


Schlußanträge des Generalanwalts


1 In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission gemäß Artikel 169 des Vertrages gegen die Französische Republik Klage erhoben auf Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie(1), insbesondere Artikel 17 Absatz 2, verstossen hat, daß sie Steuerpflichtigen nicht den Vorsteuerabzug für beruflich genutzte Beförderungsmittel unter bestimmten Umständen erlaubt.

Die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften

2 Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden ..."

3 Artikel 17 Absatz 6 der Richtlinie bestimmt jedoch:

"Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.

Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in den in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind."

4 Der Rat hat die in Artikel 17 Absatz 6 Satz 1 vorgesehene Entscheidung noch nicht erlassen.

Die beanstandeten französischen Rechtsvorschriften

5 Artikel 237 von Anhang II des französischen Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch; im folgenden: CGI) lautet:

"Für die Personenbeförderung oder gemischten Gebrauch ausgelegte Fahrzeuge oder Geräte gleich welcher Art, die eine Sachanlage darstellen oder die, wenn sie keine Sachanlage darstellen, nicht dazu bestimmt sind, im Neuzustand verkauft zu werden, berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug."

6 Diese Vorschrift findet, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, Anwendung auf Fahrräder, Motorräder, Personenkraftwagen, Wasserfahrzeuge, Flugzeuge und Hubschrauber. Sie ist nicht anwendbar auf gewerbliche Fahrzeuge wie Lieferwagen, Lastkraftwagen und Traktoren. Hubschrauber berechtigen selbst dann nicht zum Vorsteuerabzug, wenn sie für Luftaufnahmen, Werbung, die Pilotenausbildung oder topographische oder geodäsische Erhebungen verwendet werden(2).

7 Nach Ansicht der Kommission verstösst Artikel 237 von Anhang II des CGI, wie er von den französischen Steuerbehörden ausgelegt und angewandt wird, gegen Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie, soweit er Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug für Gegenstände abspreche, die "das Arbeitsgerät oder den Gegenstand selbst" ihrer beruflichen Tätigkeit darstellten. Mit diesem Begriff beschränkt die Kommission ihre Klage auf die Fälle, in denen die betreffenden Gegenstände "derart notwendig sind, daß sie die Ausübung der beruflichen Tätigkeit selbst bedingen", die von den Fällen zu unterscheiden seien, in denen die Gegenstände "weitgehend zur Erleichterung der Ausübung der Tätigkeit beitragen".

8 Als Beispiel für einen Gegenstand, der als echtes Arbeitsgerät im Rahmen der beruflichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen verwendet werde, bezieht sich die Kommission in ihrer Klageschrift auf den Fall eines Unternehmens, das Hubschrauber für andere Tätigkeiten in der Luft als die Personenbeförderung einsetze. In ihrem Aufforderungsschreiben vom 6. September 1991 wies die Kommission ausserdem auf den Fall einer Fahrschule hin, deren Tätigkeit vom Einsatz von Kraftfahrzeugen zur Erteilung des Fahrunterrichts abhänge. Nachdem jedoch die französischen Rechtsvorschriften dahin gehend geändert wurden(3), daß der Vorsteuerabzug für Kraftfahrzeuge, die ausschließlich für den Fahrunterricht verwendet werden, nunmehr möglich ist, erhält die Kommission ihre Rüge insoweit nicht mehr aufrecht.

9 Dagegen bezieht sich die Klage z. B. nicht auf von Handelsvertretern oder Tierärzten genutzte Kraftfahrzeuge. Obwohl diese Gegenstände die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erheblich erleichterten, seien sie nicht als Arbeitsgerät für eine Tätigkeit anzusehen.

10 Die Französische Republik und das Vereinigte Königreich, das dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Französischen Republik beigetreten ist, tragen vor, Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Richtlinie lasse die Aufrechterhaltung aller französischen Bestimmungen zu, die - wie die Kommission einräumt - vor dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie bestanden hätten. Ich teile diese Auffassung.

11 Nach Ansicht der Kommission berücksichtigt die Französische Republik bei der Auslegung von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 nicht den Kontext. Der Begriff "Ausschlüsse" in dieser Bestimmung stelle eine Zusammenziehung der Formulierung in Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 1 Satz 2 dar, wonach vom Abzugsrecht die Ausgaben ausgeschlossen seien, die "keinen streng geschäftlichen Charakter haben". Ausgaben für Gegenstände, die das Arbeitsgerät für die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen darstellten, könnten nicht als Ausgaben angesehen werden, die keinen streng geschäftlichen Charakter hätten; sie könnten daher nicht Gegenstand von Ausnahmen nach Unterabsatz 2 sein.

12 Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend. Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 1 Satz 1 sieht den Erlaß von Vorschriften durch den Rat vor, die die Ausgaben bestimmen, bei denen "die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist". Satz 2 dieses Unterabsatzes fügt hinzu, daß "auf jeden Fall ... diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen [sind], die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen"(4). Wortlaut und Aufbau dieses Unterabsatzes machen deutlich, daß der Erlaß umfassender Vorschriften durch den Rat gewollt war, die sich auf alle Kategorien von Ausgaben, die für einen Abzug nicht in Betracht kommen, einschließlich - jedoch nicht nur - der Ausgaben erstrecken, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben.

13 Nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 können die Mitgliedstaaten "bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen alle Ausschlüsse beibehalten", die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind. Damit knüpft Unterabsatz 2 nicht an Satz 2, sondern an Satz 1 des Unterabsatzes 1 an: Die Mitgliedstaaten sind nach Unterabsatz 2 befugt, alle Ausschlüsse in den Bereichen beizubehalten, die unter die vom Rat nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 1 Satz 1 zu erlassenden gemeinsamen Vorschriften fallen.

14 Diese Auffassung steht in Einklang mit der Entstehungsgeschichte des Artikels 17 Absatz 6. In der Begründung ihres Vorschlags für die Sechste Richtlinie des Rates(5) führte die Kommission aus:

"Bestimmte Ausgaben dienen, selbst wenn sie im Rahmen der normalen Unternehmenstätigkeit anfallen, auch privaten Zwecken, und ihre Aufteilung in $berufliche` und $private` Ausgaben lässt sich nicht einwandfrei nachprüfen."(6)

15 Dementsprechend lautete Artikel 17 Absatz 6 des Vorschlags:

"Nicht abziehbar ist die Mehrwertsteuerbelastung auf

a) Ausgaben für die Unterbringung und Beherbergung, für Bewirtung mit Speisen und Getränken, für Vergnügungen und für Beförderung von Personen, soweit es nicht Ausgaben eines Unternehmens sind, dessen Haupt- oder Nebentätigkeit in der Ausübung derartiger Tätigkeiten besteht;

b) Luxusausgaben;

c) Repräsentationsaufwendungen;

..."

16 Damit ist zum einen klar, daß sich die Kommission bei der Abfassung des Vorschlags nicht nur damit auseinandergesetzt hat, daß einige der von Steuerpflichtigen getätigten Ausgaben keinen streng geschäftlichen Charakter haben, sondern auch damit, daß sich bestimmte Ausgaben, auch wenn sie im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs anfallen, nur schwer nach beruflicher und privater Nutzung aufteilen lassen(7). Zum anderen zeigt ein Vergleich zwischen dem vorgeschlagenen und dem erlassenen Wortlaut des Artikels 17 Absatz 6, daß zwar zum Zeitpunkt des Erlasses der Sechsten Richtlinie unter den Mitgliedstaaten im wesentlichen Einigkeit hinsichtlich bestimmter Ausgabenkategorien, insbesondere Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen, bestand, daß jedoch hinsichtlich der Behandlung der Personenbeförderung kein Einvernehmen erzielt werden konnte.

17 Weitere Hinweise darauf, was die Kommission selbst als den Bereich von Sachfragen ansah, in bezug auf die eine Entscheidung zum Zeitpunkt des Erlasses der Sechsten Richtlinie zurückzustellen sei, enthalten die von ihr nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 1 Satz 1 vorgelegten Vorschläge. Der Vorschlag der Kommission vom 25. Januar 1983 für eine Zwölfte Richtlinie des Rates(8) legte nicht nur Bestimmungen fest, nach denen der Vorsteuerabzug bei Ausgaben für Beförderung(9), Unterkunft, Lebensmittel und Getränke(10), bei Aufwendungen für Repräsentation(11) und Vergnügungen sowie bei Luxusausgaben(12) ausgeschlossen sein sollte, sondern er enthielt auch detaillierte Bestimmungen über Beförderungsmittel. Artikel 1 Absatz 1 des Vorschlags sah vor, daß vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen sein sollte die Mehrwertsteuerbelastung auf die Ausgaben für "die Anschaffung, die Herstellung, die Einfuhr, das Leasing oder die Miete, die Verwendung, den Umbau, die Instandsetzung und Instandhaltung von Personenkraftwagen, von Sportbooten, von Sportflugzeugen und Motorrädern". Ein "Personenkraftwagen" war definiert als "jedes Strassenkraftfahrzeug einschließlich seines Anhängers, ausser denen, die nach Bauart und Einrichtung allein für die Güterbeförderung oder eine Verwendung gewerblicher oder landwirtschaftlicher Art bestimmt sind, sowie ausser denen, die mehr als neun Sitzplätze einschließlich des Fahrersitzes haben". Artikel 1 Absatz 2 sah Ausnahmen für folgende Fahrzeuge vor:

"a) Fahrzeuge für die entgeltliche Personenbeförderung;

b) Fahrzeuge für den Fahrunterricht;

c) Fahrzeuge zum Vermieten;

d) Fahrzeuge, die Wirtschaftsgüter des Vorratvermögens eines Unternehmens sind".

18 Am 20. Februar 1984 legte die Kommission einen geänderten Vorschlag(13) mit einer geänderten Behandlung von Personenkraftwagen und Motorrädern vor. Nach einem in Artikel 1 eingefügten neuen Absatz 1a sollten die Mitgliedstaaten das Abzugsrecht auf einen Teil der auf diese Gegenstände entfallenden Mehrwertsteuer beschränken. Ausserdem schlug die Kommission die Einfügung eines neuen Artikels 3a vor, der folgendes bestimmt:

"Der Steuerpflichtige kann jedoch für die in den Artikeln 1, 2 und 3 genannten Ausgaben, sofern er nachweist, daß sie ausschließlich beruflichen Charakter haben, die Anwendung von Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG beantragen.

Die Mitgliedstaaten bewahren bzw. schaffen ein System nachträglicher Kontrolle, mit dem gewährleistet werden soll, daß diese Ausgaben ausschließlich beruflichen Charakter haben."

19 Demgemäß waren die von der Kommission nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 1 Satz 1 vorgelegten Vorschläge (die infolge anhaltender Uneinigkeit im Rat nunmehr zurückgezogen sind) auf den Erlaß gemeinsamer Vorschriften über die Beschränkungen gerichtet, die für den Vorsteuerabzug bei Beförderungsmitteln im allgemeinen und für den Umfang der Ausnahmen bei bestimmten Arten von Tätigkeiten gelten sollten, wie denjenigen von Fahrschulen oder Autovermietungsunternehmen oder, allgemeiner, von Steuerpflichtigen, die eine ausschließlich geschäftliche Nutzung nachweisen können. Diese Vorschläge betrafen mit anderen Worten genau die Punkte, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache sind.

20 Im Laufe des Verfahrens hat die Kommission darauf hingewiesen, daß die den Vorsteuerabzug bei Personenkraftwagen ausschließenden Vorschriften zu einem schwerwiegenden Bruch mit dem Mehrwertsteuersystem geführt hätten. Frankreich habe nicht dargetan, warum gerade Kraftwagen und andere Fahrzeuge besonders behandelt werden müssten; überdies stuenden die französischen Vorschriften in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck, Steuerhinterziehungen zu verhüten. Die private Nutzung dieser Gegenstände könne nach der allgemeinen Regelung behandelt werden, d. h. entweder durch eine Anpassung des Vorsteuerabzugs eines Steuerpflichtigen nach den Artikeln 17 und 19 oder durch eine Steuerbelastung nach den Artikeln 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2.

21 Ich halte es nicht für notwendig, daß die Französische Republik im vorliegenden Verfahren die Begründung ihrer Rechtsvorschriften darlegt. Wie ich ausgeführt habe, ergibt sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Artikels 17 Absatz 6 sowie aus den von der Kommission nach Unterabsatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung vorgelegten Vorschlägen eindeutig, daß bis heute keine gemeinsamen Bestimmungen über den Vorsteuerabzug für Personenkraftwagen vorliegen und daß bis zum Erlaß solcher Bestimmungen die Mitgliedstaaten befugt sind, alle von ihnen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie angewandten Ausschlüsse beizubehalten. Artikel 17 Absatz 6 verleiht den Mitgliedstaaten nicht nur, wie die Kommission offenbar annimmt, das Recht, Maßnahmen zur Verhütung von Steuerhinterziehungen beizubehalten, deren Rechtmässigkeit von den Gerichten am Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu messen ist.

22 Jedenfalls halte ich es insgesamt nicht für wirklich überraschend, daß nach Ansicht einiger Mitgliedstaaten Personenkraftwagen einer besonderen Behandlung bedürfen. Wie die Kommission in der Begründung ihres Vorschlags für eine Sechste Richtlinie selbst ausgeführt hat, ist bei diesen Gegenständen die Überprüfung der privaten Nutzung besonders schwierig; bei Luxusfahrzeugen lassen sich überdies möglicherweise Endverbrauch und berufliche Elemente nicht voneinander trennen. Darüber hinaus wird durch den besonders hohen Wert dieser Gegenstände ein erheblicher Anreiz zu einer nicht angegebenen privaten Nutzung geschaffen. Aus ähnlichen Gründen beschränken einige Mitgliedstaaten die Abzugsmöglichkeit für Ausgaben für Kraftfahrzeuge auch im Rahmen der Einkommen- und der Körperschaftsteuer(14).

23 Das soll nicht heissen, daß der Umstand, daß der Rat nicht zu einem Einvernehmen gelangt ist, nicht bedauernswert wäre. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung mit lobenswerter Klarheit ausgeführt hat, stellen Vorschriften, nach denen Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug bei so bedeutenden Ausgabenkategorien verwehrt wird, einen ernsthaften Bruch mit der Funktionsweise und der Neutralität des Mehrwertsteuersystems dar. Ich habe auch Zweifel, ob die Gefahr von Steuerhinterziehungen den völligen Ausschluß dieser Gegenstände vom Mechanismus des Vorsteuerabzugs rechtfertigen kann.

24 Ebenso steht aber fest, daß das Problem einer gesetzgeberischen Lösung zugeführt werden muß. Dies wird durch die Schwächen des von der Kommission im vorliegenden Verfahren vorgeschlagenen Kriteriums deutlich belegt. Die Tatsache, daß ein Personenkraftwagen das "Arbeitsgerät für die berufliche Tätigkeit" darstellt, lässt die Möglichkeit einer Steuerhinterziehung oder einer Nichtbesteuerung des Endverbrauchs nicht schon entfallen. Umgekehrt kann ein Fahrzeug oder Gerät, das kein "Arbeitsgerät für die berufliche Tätigkeit" ist, für den Geschäftsbetrieb trotzdem wesentlich sein, wie die Beispiele zeigen, die die Kommission selbst als Fälle anführt, die von ihrer Klage nicht erfasst würden, nämlich Kraftfahrzeuge, die von Handelsvertretern oder Tierärzten in ländlichen Gebieten benutzt werden. Das - vielleicht notwendigerweise - stark vereinfachende Kriterium, das die Kommission dem Gerichtshof im vorliegenden Verfahren vorgeschlagen hat, mag den weitaus differenzierteren Regeln in ihrem Vorschlag für eine Zwölfte Richtlinie gegenübergestellt werden. Jedenfalls ist klar, daß das hier vorgeschlagene Kriterium, wie die Französische Republik und das Vereinigte Königreich betonen, keine Grundlage in der Sechsten Richtlinie hat.

25 Entgegen der Auffassung der Kommission glaube ich nicht, daß meine Ausführungen in den Nummern 78 und 79 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Lennartz(15) für den Standpunkt der Kommission angeführt werden können. Wie das Vereinigte Königreich hervorhebt, habe ich in diesen Schlussanträgen lediglich die Auffassung vertreten, daß Artikel 17 Absatz 6 keinen allgemeinen Ausschluß wie im Rahmen einer Vorschrift zulässt, nach der Gegenstände als in vollem Umfang privat genutzt gelten, wenn der berufliche Anteil an der Nutzung sehr klein ist. Unter Berufung auf den Vorschlag für eine Sechste Richtlinie und denjenigen für eine Zwölfte Richtlinie gelangte ich zu dem Ergebnis, daß die von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 erfassten Maßnahmen besondere Kategorien von Gegenständen, wie etwa Kraftwagen, beträfen, deren Nutzung für berufliche Zwecke schwer nachzuprüfen sei. Die französischen Rechtsvorschriften, um die es hier geht, fallen eindeutig unter diese Kategorie.

Ergebnis

26 Demgemäß sollte der Gerichtshof meines Erachtens

1. die Klage der Kommission abweisen;

2. der Kommission die Kosten auferlegen.

(1) - Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1).

(2) - Documentation administrative de base (DB) der französischen Steuerverwaltung, Série 3 C A, division D, feuillets 1532 bis 1533 (in der Fassung vom 1. Mai 1990), der Klagebeantwortung der Französischen Republik als Anlage beigefügt.

(3) - Artikel 237septies A des CGI, eingefügt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 26. Juli 1991.

(4) - Im Licht der übrigen sprachlichen Fassungen dürfte davon auszugehen sein, daß die Wendung "in no circumstances" in der englischen Fassung im Sinne von "not in any event" zu verstehen ist; siehe z. B. die deutsche ("auf jeden Fall"), die französische ("en tout état de cause"), die italienische ("comunque") und die niederländische ("in elk geval") Fassung.

(5) - Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 11/73.

(6) - Ibidem, S. 20.

(7) - Siehe in diesem Sinne auch die zweite Begründungserwägung des Vorschlags für eine Zwölfte Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwersteuersystem: Ausschluß des Vorsteuerabzugsrechts bei bestimmten Ausgaben (KOM [82] 87 endg.; ABl. 1983, C 37, S. 8).

(8) - Angeführt in Fußnote 7.

(9) - Artikel 2.

(10) - Artikel 3.

(11) - Artikel 4.

(12) - Artikel 5.

(13) - KOM (84) 84 endg. (ABl. 1984, C 56, S. 7).

(14) - Vgl. z. B. für Frankreich Francis Lefebvre, Fiscal 1996, S. 162 f. und S. 309, sowie für das Vereinigte Königreich UK Tax Guide, Butterworths, 1995/96, S. 479 f.

(15) - Rechtssache C-97/90 (Lennartz, Slg. 1991, I-3795).