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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61997C0414

Schlussanträge des Generalanwalts Saggio vom 18. März 1999. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Spanien. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Einfuhr und Erwerb von Waffen - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Nicht konforme nationale Rechtsvorschriften. - Rechtssache C-414/97.

Sammlung der Rechtsprechung 1999 Seite I-05585


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Mit der vorliegenden Klage wird die Feststellung begehrt, daß das Königreich Spanien gegen die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(1) (im folgenden: Sechste Richtlinie) und somit gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstossen hat, indem es die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Waffen, Munition und ausschließlich für den militärischen Gebrauch bestimmtem Gerät von der Mehrwertsteuer befreit hat.

Rechtsvorschriften, Sachverhalt und Verfahren

2 Die genannte Richtlinie - in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen(2) - bestimmt in Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 28a, daß die Einfuhr von Gegenständen in das Gebiet der Gemeinschaft und der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen der Mehrwertsteuer unterliegen. Artikel 14 dieser Richtlinie führt die zulässigen Befreiungen bei der Einfuhr bestimmter Gegenstände in das Gebiet der Gemeinschaft auf, und Artikel 28c Teil B nennt die zulässigen Befreiungen beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen. Ferner können die Mitgliedstaaten nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b während der Übergangszeit ab Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie, also ab 1. Januar 1978, "die in Anhang F aufgeführten Umsätze unter den in den Mitgliedstaaten bestehenden Bestimmungen weiterhin befreien". Die Nummern 23 und 25 dieses Anhangs beziehen sich insbesondere auf die Umsätze von Luftfahrzeugen, die von staatlichen Einrichtungen verwendet werden, und von Kriegsschiffen. Artikel 28 Absatz 4 bestimmt: "Die Übergangszeit wird zunächst auf fünf Jahre, beginnend mit dem 1. Januar 1978, festgelegt."(3) Ausserdem wird das Königreich Spanien durch Artikel 28 Absatz 3a - eingefügt durch die Richtlinie 91/680 - ermächtigt, die in Anhang F Nummern 23 und 25 genannten Umsätze von der Mehrwertsteuer zu befreien(4).

3 Um den Bedingungen des Beitritts zur Gemeinschaft und insbesondere denjenigen des Artikels 395 des Beitrittsvertrags nachzukommen(5), führte das Königreich Spanien am 1. Januar 1986 durch das Gesetz Nr. 30 vom 2. August 1985(6) die Mehrwertsteuer ein, ohne indessen eine besondere Befreiung für die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Waffen vorzusehen. Derartige Befreiungen sind auch in der Beitrittsakte nicht zugunsten des Königreichs Spanien vorgesehen. Sie wurden dagegen vom Königreich Spanien einseitig durch das Gesetz Nr. 6 vom 14. Mai 1987(7) eingeführt. Dieses Gesetz über die Finanzierung der Investitionen und laufenden Kosten der Streitkräfte befreit von der Mehrwertsteuer die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von "Waffen, Munition und ausschließlich für den militärischen Gebrauch bestimmtem Gerät, die erforderlich sind", um das Programm zur Modernisierung des Geräts, der Ausrüstung und der Bewaffnung der Streitkräfte im Zeitraum 1986-1994(8) durchzuführen. Es trat am 14. Mai 1987 rückwirkend zum 1. Januar 1986 in Kraft.

4 Mit Schreiben vom 7. Februar 1990 leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Königreich Spanien ein, da es durch das vorgenannte Gesetz von 1987 bestimmte innergemeinschaftliche Erwerbungen und Einfuhren von militärischem Gerät unter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit habe. Die spanischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 7. Mai 1990. Am 6. August 1996 warf die Kommission dem Königreich Spanien mit einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vor, durch die Einführung der genannten Befreiungen gegen seine Verpflichtungen aus der Sechsten Richtlinie verstossen zu haben. Da das Königreich Spanien der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht rechtzeitig nachgekommen ist, hat die Kommission am 5. Dezember 1997 die vorliegende Klage erhoben.

Rechtliche Würdigung

Vorbringen der Parteien

5 Die Kommission macht geltend, daß nach der Sechsten Richtlinie die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der Mehrwertsteuer unterlägen, allerdings ausschließlich der in den Artikeln 14 und 28c aufgeführten Umsätze und der Befreiungen nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b dieser Richtlinie. Nach der letztgenannten Bestimmung könnten die Mitgliedstaaten in der Übergangszeit bestimmte im Anhang F dieser Richtlinie genannte Umsätze weiterhin befreien. Die einzigen sonstigen Befreiungen seien diejenigen, die gegebenenfalls in der Akte über den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Gemeinschaft vorgesehen seien. Der vorliegende Fall lasse sich nicht auf eine der vorgenannten Befreiungen zurückführen. Zum einen beziehe sich nämlich weder Artikel 14 noch Artikel 28c auf Umsätze, die den im spanischen Gesetz Nr. 6/87 vorgesehenen Vorgängen entsprächen; zum anderen könne ebensowenig Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b, der, wie bereits erwähnt, die Möglichkeit betreffe, bestimmte im betroffenen Mitgliedstaat bei Inkrafttreten der Richtlinie bestehende Befreiungen beizubehalten, die in Rede stehenden Befreiungen legitimieren, da das genannte Gesetz, das diese Befreiungen eingeführt habe, im Mai 1987, also nach Inkrafttreten der Beitrittsakte, erlassen worden sei. Die Lage wäre nach Ansicht der Kommission anders, wenn in die Beitrittsakte eine ausdrückliche Vorschrift aufgenommen worden wäre, die dem Königreich Spanien eine derartige Möglichkeit einräume.

Zudem habe die dem Königreich Spanien durch die Richtlinie 91/680 eröffnete Möglichkeit, die in den Nummern 23 und 25 des Anhangs F der Sechsten Richtlinie genannten Umsätze zu befreien (Umsätze betreffend Luftfahrzeuge und Kriegsschiffe), nicht gänzlich den Verstoß des Königreichs Spanien gegen seine Gemeinschaftsverpflichtungen infolge des Gesetzes Nr. 6/87 ausräumen können. Eine derartige Möglichkeit habe nämlich auch in keiner Weise etwas an dem Verstoß des Königreichs Spanien zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 6/87 und dem Zeitpunkt geändert, zu dem die spanische Regierung zu der vorgenannten begrenzten Befreiung ermächtigt worden sei.

6 Die spanische Regierung trägt in erster Linie vor, daß die Mehrwertsteuerbefreiungen des Gesetzes Nr. 6/87 für die Umsätze von militärischem Gerät mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien, da diese Befreiungen Schutzmaßnahmen nach Artikel 223 Absatz 1 Buchstabe b EG-Vertrag darstellten, die "für die Wahrung [der] wesentlichen Sicherheitsinteressen [der Mitgliedstaaten] erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen". Die Befreiungen durch das spanische Gesetz von 1987 sollten nämlich die Verwirklichung der wesentlichen Ziele des Strategischen Gesamtplans (Plan Estratégico Conjunto) sicherstellen und damit die Leistungsfähigkeit der spanischen Streitkräfte bei der nationalen Verteidigung und der Erfuellung der Verpflichtungen Spaniens im Rahmen der NATO gewährleisten. Hierbei verweist die spanische Regierung auf die Präambel des Gesetzes Nr. 6/87, wonach dieses Gesetz in erster Linie dazu diene, "die finanziellen Mittel zu bestimmen und zuzuweisen, die erforderlich sind, um den Prozeß der Stärkung und Modernisierung der ... Streitkräfte zu verwirklichen und dabei die wirtschaftliche und finanzielle Grundlage des Strategischen Gesamtplans zu schaffen". Die spanische Regierung erklärt ferner, daß die Abschaffung der Befreiung von Waffen von der Mehrwertsteuer entgegen der Behauptung der Kommission finanzielle Folgen hätte, deren Tragweite nicht abzusehen sei, und weist darauf hin, daß die mit einer Abschaffung verbundene Mehrbelastung für 1998 annähernd 3 Millionen PTA betragen würde.

Die Kommission bestreitet dies und macht geltend, daß dieses Argument unzulässig sei, da es im Vorverfahren nicht vorgebracht worden sei. Sie erklärt in sachlicher Hinsicht, daß die spanischen Interessen nicht beeinträchtigt würden, wenn die Einfuhr von Waffen der Mehrwertsteuer unterliege, da die damit für den Staat verbundene Belastung minimal sei und die spanischen Behörden entgegen ihrer Verpflichtung jedenfalls keinen Nachweis für die Beeinträchtigung der wesentlichen Interessen der nationalen Sicherheit erbracht hätten, die eine Unterwerfung der in Rede stehenden Umsätze unter die Mehrwertsteuer angeblich nach sich ziehe.

7 Die spanische Regierung erklärt, daß die Mehrwertsteuerbefreiung durch das Gesetz Nr. 6/87 jedenfalls nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie als rechtmässig anzusehen sei, da die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die in Anhang F aufgeführten Umsätze unter den in ihrer nationalen Rechtsordnung bei Inkrafttreten der Richtlinie, nämlich am 1. Januar 1978, vorgesehenen Bedingungen weiterhin von der Mehrwertsteuer befreien könnten. Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b müsse nämlich auch für die Mitgliedstaaten gelten, die wie das Königreich Spanien der Gemeinschaft erst nach dem genannten Zeitpunkt beigetreten seien; andernfalls entstuende eine Ungleichbehandlung zwischen "alten" und "neuen" Mitgliedstaaten bei den Wettbewerbsbedingungen, auf denen die Gemeinschaftsregeln für die Steuerharmonisierung beruhten, und man würde dann den "alten" Mitgliedstaaten ohne jegliche Rechtfertigung erhebliche Wettbewerbsvorteile zubilligen. Somit müssten auch die neuen Mitgliedstaaten die in Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie vorgesehene Möglichkeit in Anspruch nehmen können, ohne daß dieses Recht ausdrücklich in der Beitrittsakte vorgesehen sei.

8 Schließlich macht die spanische Regierung geltend, daß die in Rede stehende Befreiung in das spanische Recht durch das Gesetz Nr. 44 vom 7. Juli 1982(9) eingeführt worden sei, das die Einfuhr von Gerät für die Streitkräfte von der Ausgleichsteuer für inländische Abgaben befreit habe, und daß die nationale Rechtsvorschrift (das genannte Gesetz Nr. 30/85), die die Mehrwertsteuer aufgrund des Beitritts des Königreichs Spanien zur Gemeinschaft eingeführt habe, mit ihrem Inkrafttreten, also ab 1. Januar 1986, diese Vorzugsregelung ersetzt habe. Die Mehrwertsteuerbefreiung für Umsätze von militärischem Gerät habe somit bereits zum Zeitpunkt des Beitritts des Königreichs Spanien zur Gemeinschaft existiert, so daß sie nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b ab 1. Januar 1986 als richtlinienkonform anzusehen sei.

Zum Vorliegen der Vertragsverletzung

9 Nach Artikel 2 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen alle Einfuhren von Gegenständen in das Gebiet der Gemeinschaft der Mehrwertsteuer(10) mit Ausnahme derjenigen, die aufgrund von Artikel 14 dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sind. Gemäß Artikel 28a unterliegt der Mehrwertsteuer auch der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der gegen Entgelt im Inland durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, bewirkt wird; davon sind natürlich die Umsätze ausgenommen, die gemäß dem vorgenannten Artikel 28c Teil B von der Mehrwertsteuer befreit sind. Es besteht jedoch kein Zweifel, daß die Einfuhr und der Erwerb von Gerät für die Streitkräfte, für die das spanische Gesetz Nr. 6/87 gilt, in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie fallen.

10 Somit ist erstens festzustellen, ob die streitigen Vorgänge, wie die spanische Regierung in erster Linie geltend macht, aufgrund der Schutzklausel des Artikels 223 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages als gerechtfertigt angesehen werden können, und zweitens, ob sich diese Vorgänge, wie die spanische Regierung hilfsweise vorbringt, auf einen oder mehrere der Fälle zurückführen lassen, in denen die Richtlinie die Mitgliedstaaten ermächtigt, Befreiungen vorzusehen, so daß die streitige Befreiung in diesen Grenzen als rechtmässig anzusehen wäre.

11 Bezueglich der angeblichen Anwendbarkeit der Schutzklausel des Artikels 223 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages auf die Einfuhr und den Erwerb von Waffen nach dem spanischen Gesetz Nr. 6/87 ist zu bemerken, daß nach dieser Vorschrift "jeder Mitgliedstaat die Maßnahmen ergreifen [kann], die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen".

Hierzu macht die Kommission zunächst geltend, die spanische Regierung könne sich im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens nicht auf die genannte Bestimmung berufen, da sie dies nicht schon im Vorverfahren getan habe. Der Einwand des Königreichs Spanien sei also verspätet und könne somit nun nicht mehr berücksichtigt werden. Dieses Vorbringen geht fehl, da es zum einen keine einschlägige Verfahrensvorschrift gibt, die verlangt, daß die im Vorverfahren vorgebrachten Argumente dem späteren Vorbringen im gerichtlichen Verfahren entsprechen müssen, und es zum anderen nicht möglich erscheint, im Wege der Rechtsprechung ein solches Kriterium aufzustellen, das gegen den allgemeinen Grundsatz der freien und vollen Ausübung des Verteidigungsrechts vor Gericht verstossen würde. Zudem ist die von der Kommission zur Stützung ihrer Auffassung herangezogene Rechtsprechung nicht stichhaltig. Sie verweist nämlich auf die andersgeartete Situation eines Staates, gegen den eine Klage nach Artikel 169 EG-Vertrag erhoben wurde und dessen Verteidigungsrechte zu gewährleisten sind, so daß der Gerichtshof unter diesem speziellen Blickpunkt erklärt hat, daß die Klage "nicht auf andere als die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme angeführten Rügen gestützt werden [kann]"(11); im hier vorliegenden Fall würde dieser Grundsatz sinnwidrig angewandt, um die Verteidigungsrechte des Staates, der dem Organ gegenübersteht, zu beschränken, anstatt zu stärken.

12 Es soll nun die Anwendbarkeit der Schutzklausel des Artikels 223 Absatz 1 Buchstabe b auf den vorliegenden Fall in sachlicher Hinsicht geprüft werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Schutzklauseln des Vertrages in Anbetracht ihrer Ausnahmefunktion im Verhältnis zur allgemeinen Regelung restriktiv auszulegen sind(12) und daß ferner nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast die Mitgliedstaaten, die die Anwendung einer Schutzklausel verlangen, nachzuweisen haben, daß die getroffenen Maßnahmen für den Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind. Somit ist zu prüfen, ob das Königreich Spanien nachgewiesen hat, daß die betreffenden, im Gesetz Nr. 6/87 vorgesehenen Befreiungen zu dem genannten Zweck erforderlich sind. Dieser Nachweis ist hier jedoch nicht erbracht worden. Zwar geht nämlich im Gegensatz zur Behauptung der Kommission aus der Präambel des genannten Gesetzes klar der Wille des spanischen Gesetzgebers hervor, die nationalen Sicherheitsinteressen zu schützen, indem der Prozeß der Stärkung und Modernisierung der Streitkräfte gesichert wird, es ist jedoch unverständlich, warum die Mehrwertsteuerbefreiung erforderlich sein soll, um dieses Ziel zu erreichen. Es ist mit anderen Worten unerfindlich, wieso die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Einfuhr und den Erwerb von Waffen für die Staatsfinanzen eine so grosse Belastung darstellt, daß dieses Ergebnis dadurch gefährdet wird. Die Mehrwertsteuereinnahmen aus den genannten Umsätzen würden nämlich in den Staatshaushalt zurückfließen, abgesehen von einem geringen Prozentsatz, der der Gemeinschaft als Eigenmittel zugeführt würde(13). Die Berechnung des Königreichs Spanien in der Klagebeantwortung berücksichtigt wohl nicht, daß der Mehrwertsteuerbetrag, der auf das Gerät für die Streitkräfte erhoben würde, zwar eine Ausgabe des Staates durch das Verteidigungsministerium darstellt, andererseits aber letztlich grösstenteils dem Staat zugute kommt und somit bei der Beurteilung des vorliegenden Falles nicht ins Gewicht fällt.

13 Die spanische Regierung hat somit nicht nachgewiesen, daß die Abschaffung der im Gesetz Nr. 6/87 vorgesehenen Befreiung der Einfuhr und des Erwerbs von Waffen, Munition und anderem für die Streitkräfte bestimmtem Gerät von der Mehrwertsteuer eine Maßnahme darstellt, die den Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Königreichs Spanien beeinträchtigen kann, so daß die Befreiungen des Gesetzes Nr. 6/87 nicht als im Sinne von Artikel 223 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages gerechtfertigt angesehen werden können. Wenn also die Schutzklausel des Artikels 223 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrages auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet, ist es - entgegen der Behauptung der Kommission - natürlich nicht erforderlich, anhand des Artikels 225 des Vertrages zu beurteilen, ob das Königreich Spanien von den in dieser Bestimmung vorgesehenen Befugnissen einen mißbräuchlichen Gebrauch gemacht hat.

14 Zur Möglichkeit, für die Umsätze mit militärischem Gerät nach dem spanischen Gesetz Nr. 6/87 teilweise oder gänzlich eine der Befreiungen heranzuziehen, die den Mitgliedstaaten nach den Gemeinschaftsvorschriften zustehen, ist zunächst zu bemerken, daß die Artikel 14 und 28c Teil B der Sechsten Richtlinie, die die befreiten Einfuhren und innergemeinschaftlichen Erwerbsvorgänge aufzählen, sich in keiner Weise auf die Umsätze von militärischem Gerät beziehen können, auf die sich die genannten spanischen Rechtsvorschriften beziehen. Die Bestimmung der Richtlinie, die die Befreiungen betrifft und auf die sich die spanische Regierung hauptsächlich beruft, um die gemeinschaftliche Rechtmässigkeit ihrer Vorschriften über das militärische Gerät zu belegen, ist Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b, der die Mitgliedstaaten berechtigt, während der Übergangszeit die im Anhang F aufgeführten Umsätze weiterhin zu befreien, wozu unter den Nummern 23 und 25 dieses Anhangs die Umsätze mit Luftfahrzeugen, die durch staatliche Einrichtungen verwendet werden, und Kriegsschiffen gehören. Diese Umsätze betreffen a) die "Lieferungen, Umbauten,Instandsetzung, Wartung, Vercharterung und Vermietung von Luftfahrzeugen ..., die durch staatliche Einrichtungen verwendet werden", bzw. b) die "Lieferungen, Umbauten, Instandsetzung, Wartung, Vercharterung und Vermietung von Kriegsschiffen".

Diese Bestimmung ist nach Ansicht der spanischen Regierung extensiv auszulegen, so daß sie unter der Mehrwertsteuerbefreiung für die Umsätze der Nummern 23 und 25 alle Umsätze einschließe, die im spanischen Gesetz Nr. 6/87 vorgesehen seien. Diese Auffassung kann nicht geteilt werden, da die Bestimmungen unter den Nummern 23 und 25 genau umrissene Umsätze mit militärischem Gerät betreffen, die sich inhaltlich nur auf bestimmte durch das spanische Gesetz befreite Umsätze zurückführen lassen, und zwar im einzelnen nur auf diejenigen, die sich auf durch staatliche Einrichtungen verwendete Luftfahrzeuge und Kriegsschiffe beziehen. Eine extensive Auslegung dieser Befreiungen würde gegen die allgemeine Rechtsregel verstossen, wonach Ausnahmevorschriften (hierzu gehören die Bestimmungen über die Befreiung von der Mehrwertsteuer) eng auszulegen sind. Der Gerichtshof hat wiederholt erklärt, daß "die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen ... der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von [einem] allgemeinen Grundsatz darstellen"(14). Es ist noch zu erwähnen, daß die spanische Regierung in keiner Weise dargetan hat, daß die Vorschriften des Gesetzes Nr. 6/87 in die Ausnahmen der Nummern 23 und 25 eingeordnet werden können.

Unter dem Gesichtspunkt des zeitlichen Geltungsbereichs der Ausnahme nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b - diese Ausnahme würde nach dem Buchstaben der Bestimmung nur für die Befreiungen gelten, die in dem betroffenen Mitgliedstaat bei Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie bereits bestanden haben - vertritt die spanische Regierung die Auffassung, die genannte Bestimmung sei extensiv auszulegen, so daß die unter den Nummern 23 und 25 des Anhangs F aufgeführten Umsätze auch dann von der Mehrwertsteuer befreit werden könnten, wenn es zum Zeitpunkt des Beitritts des Königreichs Spanien zur Gemeinschaft keine entsprechenden Befreiungen in der spanischen Rechtsordnung gegeben habe. Eine derartige Auslegung gewährleiste die Gleichbehandlung zwischen "alten" und "neuen" Mitgliedstaaten. Diese Darlegung überzeugt nicht. Der "neue" Mitgliedstaat kann die betreffenden Befreiungen nämlich auch dann einführen, wenn er der Gemeinschaft nach Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie beigetreten ist und diese Möglichkeit nicht in der Beitrittsakte vorgesehen ist, allerdings unter der Voraussetzung, daß die Rechtsordnung des "neuen" Mitgliedstaats vom Zeitpunkt des Beitritts an Befreiungen vorsieht, die denjenigen des Anhangs F der Sechsten Richtlinie entsprechen(15). Eine derartige Auslegung führt nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen "alten" und "neuen" Mitgliedstaaten, da für alle Staaten ab dem Zeitpunkt, zu dem sie Mitglieder der Gemeinschaft werden, dieselbe Regelung gilt.

15 Die spanische Regierung möchte ferner mit verschiedenen Begründungen dartun, daß die Befreiungen des Gesetzes Nr. 6/87, die sich auf die Nummern 23 und 25 des Anhangs F beziehen könnten, bereits beim Beitritt des Königreichs Spanien zur Gemeinschaft bestanden hätten und daß sie folglich aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts rechtmässig seien.

16 Insoweit weist die spanische Regierung auf das vorgenannte Gesetz Nr. 44/82 hin, das die Einfuhr von Gerät für die Streitkräfte von der Ausgleichsteuer für inländische Abgaben befreit habe, und macht hierbei geltend, daß das Gesetz Nr. 30/85, mit dem die Mehrwertsteuer eingeführt worden sei, diese Vorzugsregelung implizit mit seinem Inkrafttreten, also ab 1. Januar 1986, ersetzt habe, so daß Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b in Anbetracht des (behaupteten) Bestehens der Befreiungen bei Inkrafttreten des neuen Steuersystems hier anwendbar sei. Diese Auffassung kann nicht geteilt werden, da zum einen die Befreiung aufgrund des Gesetzes Nr. 44/82 eine Abgabe betrifft, die sich nicht mit der Mehrwertsteuer deckt, und zum anderen Artikel 28 als Ausnahme gegenüber der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung nur eng ausgelegt werden kann.

17 Die spanische Regierung macht indessen unter demselben Blickwinkel wohl auch geltend, daß das Gesetz Nr. 6/87 auf den Zeitpunkt des Beitritts des Königreichs Spanien zur Gemeinschaft zurückwirke und daher die in diesem Gesetz enthaltenen Befreiungen als seit dem 1. Januar 1986 bestehend anzusehen seien, so daß Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b anwendbar sei. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Sie beruht auf einer Auslegung der genannten Bestimmung, die offensichtlich im Gegensatz zu deren Zweck steht, begrenzte Befreiungen in einer Übergangszeit zuzulassen, um eine schrittweise Anpassung der nationalen Rechtsvorschriften an die Richtlinie zu ermöglichen, und sie läuft im Grunde darauf hinaus, den neuen Mitgliedstaaten in unangemessener Weise die Möglichkeit zu einer Umgehung der Bestimmungen der Richtlinie einzuräumen.

18 Schließlich beruft sich die spanische Regierung auf die Richtlinie 91/680, die die Sechste Richtlinie weitgehend geändert und ergänzt habe, indem u. a. in Artikel 28 ein neuer Absatz 3a aufgenommen worden sei, der speziell das Königreich Spanien ermächtige, die in Anhang F Nummern 23 und 25 genannten Umsätze, also die Umsätze von Luftfahrzeugen und Kriegsschiffen, von der Mehrwertsteuer zu befreien. Nach Ansicht der spanischen Regierung wurden die Befreiungen des spanischen Gesetzes Nr. 6/87 damit für rechtmässig erklärt, allerdings beschränkt auf die befreiten Vorgänge, die den Umsätzen der genannten Nummern des Anhangs F entsprechen.

Dieser Auffassung kann gefolgt werden, allerdings mit einer Klarstellung zu der Frage, ab wann diese Befreiungen rechtmässig waren. Wenn dem Königreich Spanien aufgrund der Richtlinie 91/680 die in den Nummern 23 und 25 des Anhangs F enthaltenen Befreiungen zugestanden wurden, so wird dadurch nämlich nicht gänzlich der Verstoß dieses Mitgliedstaats gegen die Verpflichtungen aus der Sechsten Richtlinie ausgeräumt, da die in den spanischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Befreiungen nur teilweise durch diejenigen der genannten Nummern gedeckt sind und die spanischen Behörden jedenfalls für die gesamte Zeit zwischen dem Beitritt des Königreichs Spanien zur Gemeinschaft und dem Inkrafttreten der Richtlinie 91/680 in ihre Rechtsordnung keine Befreiung für die Umsätze von militärischem Gerät, einschließlich der unter die Nummern 23 und 25 fallenden Gegenstände, aufnehmen konnten.

19 Somit ist festzustellen, daß die durch das spanische Gesetz Nr. 6/87 von der Mehrwertsteuer befreiten Umsätze aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts nur insoweit rechtmässig sind, als sie sich auf zum militärischen Gebrauch bestimmte Luftfahrzeuge und Schiffe beziehen, und in diesem Rahmen nur, soweit es sich um eine Befreiung nach Inkrafttreten der Richtlinie 91/680 handelt. Ausserhalb dieses begrenzten Rahmens besteht der dem Königreich Spanien angelastete Verstoß sowohl materiell als auch zeitlich und muß somit festgestellt werden.

20 Aus all diesen Gründen ist der Klage der Kommission gegen das Königreich Spanien stattzugeben.

Kosten

21 Das Königreich Spanien ist mit seinem Vorbringen unterlegen. Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission dies beantragt hat, sind dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.

Ergebnis

22 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

- zu erklären, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage und aus dem EG-Vertrag verstossen hat, daß es die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Waffen, Munition und ausschließlich für den militärischen Gebrauch bestimmtem Gerät, abgesehen von Luftfahrzeugen und Kriegsschiffen im Sinne der Nummern 23 und 25 des Anhangs F dieser Richtlinie, entgegen den Bestimmungen des Artikels 2 Absatz 2 sowie der Artikel 2 sowie der Artikel 28a, 14 und 28c Teil B der genannten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit hat;

- dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.

(1) - ABl. L 145, S. 1.

(2) - ABl. L 376, S. 1.

(3) - Die Übergangszeit wurde verlängert, so daß die Mitgliedstaaten, die Befreiungen für die Umsätze in Anhang F vorgesehen hatten, diese Befreiungen weiterhin gewähren konnten.

(4) - Diese Befreiungsbefugnis wurde dem Königreich Spanien "bis zu einer Entscheidung des Rates gemäß Artikel 3 der Richtlinie 89/465/EWG [Achtzehnte Richtlinie des Rates vom 18. Juli 1989 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer - Aufhebung bestimmter in Artikel 28 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie vorgesehener Ausnahmeregelungen; ABl. L 226, S. 21] über die Abschaffung der Übergangsregelungen gemäß Absatz 3" des Artikels 28 erteilt.

(5) - Der Vertrag über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu den Europäischen Gemeinschaften wurde am 1. Juni 1985 unterzeichnet (ABl. L 302) und trat am 1. Januar 1986 in Kraft. Gemäß Artikel 395 dieses Vertrages müssen die neuen Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen in Kraft setzen, "um den Richtlinien [also auch der Mehrwertsteuerrichtlinie] vom Beitritt an nachzukommen".

(6) - BÖ vom 9. August 1985. Gemäß Artikel 20 dieses Gesetzes wird die MWSt auf alle Einfuhren von Gegenständen erhoben. Nach diesem Artikel "besteht die Einfuhr im Hinblick auf die Steuer in der Einführung von Gegenständen in das Gebiet der spanischen Halbinsel oder der Balearen, ungeachtet des Gebrauchs, dem diese Gegenstände zugeführt werden sollen, und der Stellung des Importeurs".

(7) - BÖ vom 19. Mai 1987.

(8) - Dieser Zeitraum wurde später durch das Gesetz Nr. 9 vom 15. Oktober 1990 bis 1998 verlängert.

(9) - BÖ vom 21. Juli 1982.

(10) - Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteil vom 5. Mai 1982 in der Rechtssache 15/81, Schul, Slg. 1982, 1409, Randnr. 14) besteht bei Einfuhrumsätzen der Steuertatbestand allein darin, "daß ein Gegenstand in das Innere eines Mitgliedstaats gelangt, unabhängig davon, ob ein Rechtsgeschäft zugrunde liegt, ob die Leistung gegen Entgelt oder unentgeltlich, durch einen Steuerpflichtigen oder eine Privatperson ausgeführt wird". Diese Entscheidung wurde durch das Urteil vom 23. Januar 1986 in der Rechtssache 39/85 (Bergeres-Becque, Slg. 1986, 259, Randnr. 7) bestätigt.

(11) - Urteil vom 4. Dezember 1997 in der Rechtssache C-207/96 (Kommission/Italien, Slg. 1997, I-6869, Randnrn. 17 und 18). Siehe entsprechend die Urteile vom 28. April 1993 in der Rechtssache C-306/91 (Kommission/Italien, Slg. 1993, I-2133, Randnr. 22), vom 28. März 1985 in der Rechtssache 274/83 (Kommission/Italien, Slg. 1985, 1077) und vom 11. Juli 1984 in der Rechtssache 51/83 (Kommission/Italien, Slg. 1984, 2793, Randnr. 5).

(12) - Siehe Urteil vom 19. Dezember 1968 in der Rechtssache 13/68 (Salgoil, Slg. 1968, 680), in dem der Gerichtshof unter Bezugnahme auf die Artikel 36, 224 und 226 EG-Vertrag erklärt hat: "Zwar messen diese Vorschriften dem Interesse des betroffenen Mitgliedstaates besondere Bedeutung zu. Es ist jedoch festzustellen, daß sie scharf abgegrenzte Sondertatbestände regeln, die sich für eine ausdehnende Auslegung nicht eignen."

(13) - Siehe den Beschluß 94/728/EG, Euratom des Rates vom 31. Oktober 1994 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 293, S. 9). In Artikel 2 dieses Beschlusses heisst es: "Der ... einheitliche Satz entspricht einem Betrag, der sich dadurch ergibt, daß ein Satz von ... 1,08 % im Jahr 1998 [und] 1,00 % im Jahr 1999 auf die MWSt - Eigenbemessungsgrundlage für die Mitgliedstaaten angewendet wird. Der für 1999 vorgesehene Satz von 1,00 % gilt solange, bis dieser Beschluß geändert wird."

(14) - Urteil vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-2/95 (SDC, Slg. 1997, I-3017, Randnr. 20). Siehe auch Urteil vom 15. Juni 1989 in der Rechtssache 348/87 (Stichting Uitvöring Financïele Acties, Slg. 1989, 1737, Randnr. 13). Dieser Grundsatz wurde gegenüber der Befreiung nach Artikel 13 der Sechsten Richtlinie für entgeltliche Dienstleistungen aufgestellt, er lässt sich jedoch offensichtlich auch auf die Befreiungen des Artikels 28 Absatz 3 Buchstabe b anwenden (siehe hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Vilaça zum Urteil vom 24. Mai 1988 in der Rechtssache 122/87, Kommission/Italien, Slg. 1988, 2685, Nr. 22),

(15) - In seinem Urteil vom 8. Juli 1986 in der Rechtssache 73/85 (Kerrutt, Slg. 1986, 2219, Randnr. 17) hat der Gerichtshof erklärt, daß die Vorschrift des Artikels 28 Absatz 3 Buchstabe b "schon ihrem Wortlaut nach der Einführung neuer Befreiungstatbestände oder der Ausweitung bereits bestehender Befreiungen nach dem Inkrafttreten der Richtlinie entgegen[steht]". Der Gerichtshof hat ferner in seinem Urteil vom 17. Oktober 1991 in der Rechtssache C-35/90 (Kommission/Spanien, Slg. 1991, I-5073, Randnr. 9) - allerdings ohne zwischen "alten" und "neuen" Mitgliedstaaten zu unterscheiden - erklärt, daß "es die Verlängerung der Übergangsregelung für Befreiungen von der Mehrwertsteuer über die ursprünglich vorgesehene Frist hinaus nicht rechtfertigen [kann], daß den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, Steuerbefreiungen zu gewähren, die zu gewähren sie nicht ermächtigt wurden". Der Gerichtshof hat hierbei zur Begründung hinzugefügt: "Eine solche Möglichkeit würde das Ziel des Artikels 28 Absatz 3 Buchstabe b gefährden, das darin besteht, eine schrittweise Anpassung der nationalen Rechtsvorschriften in den betreffenden Bereichen zu ermöglichen."