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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61998C0055

Schlussanträge des Generalanwalts Saggio vom 10. Juni 1999. - Skatteministeriet gegen Bent Vestergaard. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Højesteret - Dänemark. - Dienstleistungsfreiheit - Einkommensteuer - Steuerpflichtiges Einkommen - Abzug von Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen - Unterscheidung nach dem Land, in dem die Veranstaltungen staattfinden. - Rechtssache C-55/98.

Sammlung der Rechtsprechung 1999 Seite I-07641


Schlußanträge des Generalanwalts


Einleitung

1 Das Höjesteret (Dänemark) hat dem Gerichtshof mit Beschluß vom 18. Februar 1998 zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 6 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 49 EG) im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit zur Vorabentscheidung vorgelegt. Mit diesen Fragen soll geklärt werden, ob die genannten Artikel einer dänischen Verwaltungspraxis und Rechtsprechung entgegenstehen, wonach vermutet wird, daß die Aufwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen an Urlaubsorten im Ausland nicht von den zu versteuernden Einkünften abgesetzt werden können, während diese Vermutung für in Dänemark abgehaltene Veranstaltungen nicht gilt.

Die nationale Regelung

2 Die dänischen Rechtsvorschriften über abzugsfähige Aufwendungen ergeben sich aus dem Gesetz über die staatlichen Steuern (Gesetz Nr. 149 vom 10. April 1922 mit späteren Änderungen). Nach Artikel 4 dieses Gesetzes sind alle Geldeinnahmen und Einnahmen geldwerter Güter als steuerpflichtige Einkünfte anzusehen. Nach Artikel 6 können berufliche Aufwendungen, d. h. steuerjährliche Ausgaben für die Erzielung oder Erhaltung von Einkünften, vom Einkommen abgezogen werden.

3 Die Abzugsmöglichkeiten ergeben sich im einzelnen aus der Verwaltungspraxis und den Richtlinien der Steuerbehörden. Bezueglich der Aufwendungen für Fortbildungsveranstaltungen für Arbeitnehmer sehen die Richtlinien für 1996 folgendes vor: "Findet eine berufliche Zusammenkunft oder ein Seminar im Ausland (insbesondere an üblichen Urlaubsorten) statt, so sind diese Ausgaben nicht abzugsfähig, es sei denn, die Wahl des Reiseziels und Veranstaltungsorts ist aus beruflichen Gründen gerechtfertigt. ... Es wird somit vermutet, daß eine Fortbildungsveranstaltung an einem ausländischen Urlaubsort in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dient, daß die Teilnahmekosten nicht als abzugsfähige berufliche Aufwendungen gelten können."

4 Trägt der Arbeitgeber diese Kosten, so werden sie im Falle der Nichtabzugsfähigkeit als Ersatz für private Ausgaben betrachtet und somit als Teil des Arbeitnehmerentgelts besteuert.

5 Die dänische Rechtsprechung hat die genannte Vermutung mehrfach bestätigt, allerdings mit der Maßgabe, daß diese widerlegt werden kann, wenn der Steuerpflichtige durch weitere Aufschlüsse über den Inhalt der Veranstaltung und deren Dauer im Verhältnis zum Aufenthalt nachweist, daß der Veranstaltungsort fachlich gerechtfertigt war.

6 Dagegen besteht keine derartige Vermutung, wenn die Fortbildungsveranstaltung an einem Urlaubsort in Dänemark stattgefunden hat. Weder in der Rechtsprechung noch in den Entscheidungen der Verwaltungsbehörden finden sich Fälle, in denen für Veranstaltungen an dänischen Urlaubsorten der Abzug verweigert wurde.

Sachverhalt und Vorlagefragen

7 Herr Vestergaard ist dänischer Staatsangehöriger und zugelassener Wirtschaftsprüfer. Er besitzt das gesamte Gesellschaftskapital der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bent Vestergaard A/S. Vom 3. bis 10. Oktober 1988 nahm Herr Vestergaard an einer steuerrechtlichen Fortbildungsveranstaltung auf Kreta teil, die von einer dänischen Prüfergruppe in Zusammenarbeit mit einem Reisebüro organisiert wurde. Auf die eigentliche Veranstaltung entfielen drei ganze und zwei halbe Tage des insgesamt siebentägigen Aufenthalts in Griechenland. Herr Vestergaard nahm an allen Seminaren des Programms teil. Die Aufenthaltskosten in Höhe von insgesamt 5 516 DKR wurden von der Bent Vestergaard A/S übernommen, die sodann die Kosten für den Besuch der Veranstaltung durch einen ihrer Angestellten von ihrem zu versteuernden Einkommen absetzte.

8 Mit Bescheid vom 29. Juni 1993 erklärte das Landeßkatteret (oberste Steuerbehörde Dänemarks), daß die Aufwendungen der Bent Vestergaard A/S für die Veranstaltung auf Kreta von dieser nicht als Fortbildungskosten, sondern als Teil der Vergütung von Herrn Vestergaard in dessen Eigenschaft als Hauptaktionär der Gesellschaft abgesetzt werden könnten. Somit wurde der Betrag in Höhe von 5 516 DKR in das zu versteuernde Einkommen von Herrn Vestergaard einbezogen.

9 Herr Vestergaard erhob gegen diesen Bescheid Klage beim Vestre Landsret, das dieser Klage durch Urteil vom 3. Mai 1995 mit einer Richtermehrheit von zwei zu eins mit der Erklärung stattgab, der Kläger habe die Vermutung widerlegen können, daß die Veranstaltung in erster Linie Urlaubszwecken gedient habe. Demgemäß entschied das Vestre Landsret, daß die Fortbildungskosten in vollem Umfang von dem zu versteuernden Betrag des Klägers abzuziehen sind.

10 Das Skatteministeriet (dänisches Finanzministerium) legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel beim Höjesteret (oberstes dänisches Gericht) ein. Da Herr Vestergaard im Laufe des Verfahrens erstmals geltend machte, die Versteuerung der Veranstaltungskosten als Teil seiner Einkünfte verstosse gegen die Artikel 6 und 59 des Vertrages, hat das Höjesteret das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die dänische Rechtsprechung (vgl. Urteil des Höjesteret vom 19. Oktober 1994, Ugeskrift for Retsväsen 1994, 970), wonach vermutet wird, daß eine Fortbildungsveranstaltung an einem üblichen Urlaubsort im Ausland, sofern sich die Ortswahl nicht fachlich rechtfertigen lasse, in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken diene, daß die Teilnahmekosten nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig seien, mit den Artikeln 6 und 59 EG-Vertrag vereinbar?

2. Wenn nicht, lässt sich eine solche nationale Steuerregelung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere den Urteilen Bachmann (C-204/90) und Futura Participations SA (C-250/95), rechtfertigen?

Zur ersten Vorlagefrage

11 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine nationale Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis, nach der vermutet wird, daß Aufwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen an ausländischen Urlaubsorten steuerlich nicht abzugsfähig sind, als unvereinbar mit dem Diskriminierungsverbot auf dem Gebiet der Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 59 des Vertrages und allgemeiner als unvereinbar mit dem grundsätzlichen Verbot einer auf der Staatsangehörigkeit beruhenden Ungleichbehandlung nach Artikel 6 des Vertrages anzusehen ist.

12 Zunächst bedarf es einer Klarstellung. Zu der Bezugnahme des nationalen Gerichts auf Artikel 6 des Vertrages ist zu bemerken, daß dieser Artikel nach ständiger Rechtsprechung(1) autonom nur auf dem Gemeinschaftsrecht unterliegende Fälle angewendet werden kann, für die spezielle Regeln fehlen. Auf dem Gebiet der Dienstleistungsfreiheit ist das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit indessen in Artikel 59 des Vertrages enthalten, der somit eine Sonderregelung gegenüber Artikel 6 des Vertrages darstellt. Demgemäß beziehe ich mich nachstehend ausschließlich auf Artikel 59 des Vertrages.

13 Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist erneut das Gebiet der direkten Steuern. Hierzu hat der Gerichtshof wiederholt erklärt, daß "zwar der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, die Mitgliedstaaten die ihnen verbliebenen Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen"(2).

Wenn also, wie hier, das Steuerrecht eines Mitgliedstaats für die Steuerpflichtigen eine unterschiedliche Behandlung bei der Bemessung der zu versteuernden Einkünfte alleine deshalb vorsieht, weil die Betroffenen Dienste in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommen haben, so ist zu prüfen, ob dies gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 59 des Vertrages verstösst, weil es den freien Dienstleistungsverkehr behindert.

14 Nach Ansicht des Skatteministeriet ist mit der Praxis der betreffenden Steuerbehörde keine Diskriminierung verbunden, da im allgemeinen der Fortbildungstätigkeit in Dänemark oder in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich dieselben Steuervergünstigungen und Abzugsmöglichkeiten zugute kämen. Der einzige Unterschied liege darin, daß die konkrete Beurteilung bei einer Fortbildung im Ausland der Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit unterliege. Unter Bezugnahme auf den vom Gerichtshof bekräftigten Grundsatz, wonach "eine Diskriminierung [vorliegt], wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleichartige Situationen angewandt werden oder wenn dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird"(3), erklärt das Ministerium, daß die unterschiedliche Behandlung darauf beruhe, daß eine Fortbildungsveranstaltung an einem üblichen Urlaubsort im Ausland nicht auf die gleiche Stufe wie ein Fortbildungsaufenthalt in Dänemark gestellt werden könne. Im letzteren Fall gehe der Aufenthalt nämlich nicht über die Veranstaltungsdauer hinaus, und rein touristische Aktivitäten stuenden dabei nicht auf dem Programm.

15 Die niederländische Regierung, die sich an dem Verfahren beteiligt hat, teilt die Ansicht des Skatteministeriet dahingehend, daß die Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit lediglich bewirke, daß die Beweislast bei dem Betroffenen liege, der den Steuerabzug erhalten wolle. Eine derartige Vermutung erschwere nur in geringem Masse die Beweiserbringung, die ohnehin allgemein dem Steuerpflichtigen obliege, der sein Recht auf Abzug der Kosten von seinen zu versteuernden Einkünften dartun müsse. Diese begrenzte Erschwernis sei hier auch dadurch gerechtfertigt, daß sich die Vermutung nur auf Veranstaltungen beziehe, die an besonders bekannten und touristisch besonders reizvollen Urlaubsorten stattfänden.

16 Ich kann diese Ansicht nicht teilen. Zunächst ist zur Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit zu bemerken, daß die Auffassung des Skatteministeriet bezueglich des Vorliegens eines vermuteten Unterschieds zwischen Veranstaltungen in Dänemark und im Ausland nicht durch die Ausführungen des Vorlagebeschlusses bestätigt wird. Darin sind im Gegenteil Erklärungen enthalten, die zum entgegengesetzten Schluß führen können. Aus den Erklärungen der für die Berufsbildung verantwortlichen Person bei der dänischen Juristen- und Wirtschaftlervereinigung geht insbesondere hervor, daß bei der Organisation einer Veranstaltung unabhängig vom betreffenden Ort stets die technische Infrastruktur und die Verfügbarkeit von Einrichtungen wie Sauna und Schwimmbad berücksichtigt werden und die Wahl üblicherweise auf Hotelanlagen in bekannten Urlaubsorten fällt. Im besonderen Fall, der hier vorliegt, erklärte der Organisator der in Griechenland durchgeführten Fortbildung im übrigen, er habe sich anfänglich sowohl an dänische als auch an ausländische Reiseveranstalter gewandt, die Wahl sei aber letzten Endes ausschließlich aufgrund der Tatsache erfolgt, daß das Angebot aus Griechenland am preisgünstigsten gewesen sei.

Somit wurden keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Merkmalen einer Veranstaltung im Ausland und einer solchen in Dänemark nachgewiesen, so daß davon auszugehen ist, daß die beiden Fälle sich nur durch den Veranstaltungsort unterscheiden.

17 Hinsichtlich der Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit kann die Auffassung der niederländischen Regierung auch insoweit nicht geteilt werden, als diese auf die Geringfügigkeit des mit der betreffenden Praxis verbundenen Nachteils abstellt. Der Gerichtshof hat hierzu mehrfach erklärt, daß die "Artikel des EWG-Vertrags über den freien Warenverkehr, die Freizuegigkeit sowie den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr ... Grundsatzbestimmungen für die Gemeinschaft [darstellen] und jedes Hemmnis für diese Freiheit, sei es auch von geringer Bedeutung, ... verboten [ist]"(4).

18 Schließlich ist noch einem anderen Gesichtspunkt Rechnung zu tragen. Das Skatteministeriet erklärt, die Abzugsmöglichkeiten seien bei Veranstaltungen im Ausland wie im Inland grundsätzlich gleich. Auch diese Behauptung entspricht wohl nicht der Realität. Wie aus der vom Ministerium selbst zitierten nationalen Rechtsprechung hervorgeht, ist der einzige Fall, in dem einem Steuerpflichtigen die Widerlegung der vermuteten Nichtabzugsfähigkeit gelang, derjenige eines Professors der Altertumsgeschichte, der an einer Veranstaltung in Griechenland teilnahm. Hier entschied das dänische Gericht, daß der Abzug zu gestatten sei, da die Wahl der Veranstaltungsorts auf einer fachlichen Notwendigkeit beruht habe. Besonders aufschlußreich dürfte in dieser Hinsicht auch das Urteil des Höjesteret vom 19. Oktober 1994 betreffend einen Elektroinstallateur sein, der an einer Veranstaltung auf Mallorca teilgenommen hatte. Wie einer der Richter erklärte, war der Abzug zu verweigern, da die Veranstaltung an einem üblicherweise von Touristen besuchten Ort im Ausland stattgefunden habe, der nicht als solcher aus fachlichen Gründen gerechtfertigt sei.

19 Die vorstehenden Erwägungen zeigen deutlich, daß die Widerlegung der vermuteten Nichtabzugsfähigkeit in Wahrheit vom Nachweis eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem gewählten Ort der Fortbildungstätigkeit und dem Inhalt dieser Tätigkeit abhängt. Wie Herr Vestergaard bemerkt, ist es also für die Gewährung des Abzugs erforderlich, daß der Veranstaltungsgegenstand einen Bezug zu Örtlichkeiten oder Gegebenheiten in dem Mitgliedstaat aufweist, in dem die Veranstaltung stattfindet. Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Fortbildungsveranstaltungen im Ausland hängt somit fast ausschließlich von einer Voraussetzung ab, die nicht gilt, wenn die Veranstaltung in Dänemark abgehalten wird.

20 All dies zeigt, daß die dänischen Steuerpflichtigen, die sich für eine Fortbildungsveranstaltung im Ausland entscheiden, gegenüber denjenigen benachteiligt sind, die an einer solchen Veranstaltung im Inland teilnehmen, und zwar zumindest aus zwei Gründen. Der erste Grund liegt darin, daß sich die Betroffenen wegen der vermuteten steuerlichen Nichtabzugsfähigkeit einem wesentlich aufwendigeren Verfahren unterziehen müssen, um ihren Absetzungsanspruch durchzusetzen. Zweitens haben sie eine geringere Aussicht auf den Abzug, da hierbei restriktivere Kriterien gelten. Hinzu kommt, daß die Wahl des Veranstaltungsorts durch den Steuerpflichtigen in erheblichem Masse durch die Möglichkeit der Verweigerung des Abzugs beeinflusst wird. Durch die fehlende Abzugsmöglichkeit wird nämlich die Teilnahme an Auslandsveranstaltungen kostspieliger, und dies wirkt sich auch auf den Faktor aus, der wohl deren wichtigsten Vorteil darstellt, nämlich besonders wettbewerbsfähige Preise.

21 Somit hindert die dänische Praxis die Betroffenen zwar nicht daran, sich für eine Fortbildungsveranstaltung im Ausland zu entscheiden, sie hat aber eine abschreckende Wirkung, indem sie die Interessenten veranlasst, eher an Veranstaltungen im Inland teilzunehmen. Dies wirkt sich auch zwangsläufig auf die Anbieter solcher Dienstleistungen aus, da die in Dänemark ansässigen Anbieter bevorzugt werden, während die Anbieter in anderen Mitgliedstaaten im Nachteil sind. Der genannte Sachverhalt stellt daher eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

22 Wie der Gerichtshof im übrigen bereits festgestellt hat, "schließt diese Freiheit auch die Anwendung einer nationalen Regelung aus, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert"(5). Der Gerichtshof hat auch mehrfach erklärt, daß ein Mitgliedstaat, der Steuerpflichtige, die Dienstleistungen im Ausland in Anspruch nehmen, steuerlich weniger günstig behandelt und dadurch einen abschreckenden Effekt bewirkt, der die Betroffenen davon abhält, sich an Dienstleister in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden, gegenüber letzteren eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs herbeiführt, die zumindest im allgemeinen nicht mit Artikel 59 des Vertrages vereinbar ist. Er ist zu diesem Schluß erstmals in den Rechtssachen Bachmann und Kommission/Belgien(6) gelangt. In beiden Fällen hat der Gerichtshof festgestellt, daß belgische Vorschriften gegen Artikel 59 des Vertrages verstießen, die den steuerlichen Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Invaliditätsversicherung sowie zur Alters- und Lebensversicherung unmöglich machten, wenn diese Beiträge an Gesellschaften abgeführt wurden, die nicht in Belgien niedergelassen waren. Er hat im Urteil Bachmann ausgeführt: "Bestimmungen, nach denen der Versicherer in einem Mitgliedstaat niedergelassen sein muß, damit den Versicherten in diesem Staat bestimmte Steuerabzugsmöglichkeiten zugute kommen können, halten die Versicherten nämlich davon ab, sich an die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer zu wenden, und stellen somit für letztere eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar."(7)

23 Der Gerichtshof hat unlängst im Urteil Safir entschieden, daß selbst einfache Belastungen im Rahmen der Verwaltungsverfahren als Umstände anzusehen sind, die sich auf die Dienstleistungsempfänger abträglich auswirken können. In diesem Fall ging es um die Frage, ob eine schwedische Steuervorschrift mit dem Vertrag vereinbar ist, nach der in Schweden wohnhafte oder ansässige natürliche oder juristische Personen, die eine Lebensversicherung bei einer nicht in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft abgeschlossen hatten, eine Steuer auf die gezahlten Prämien entrichten und sich bei einer zentralen Stelle registrieren lassen und die Prämienzahlung angeben mussten. Diese Stelle konnte unter besonderen Umständen auf Antrag des Versicherungsnehmers eine Steuerbefreiung oder hälftige Ermässigung der Steuer gewähren. Soweit hier von Bedeutung, hat der Gerichtshof folgendes erklärt: "Erstens müssen sich die Versicherungsnehmer von Kapitallebensversicherungen, die bei nicht in Schweden niedergelassenen Gesellschaften abgeschlossen werden, im Unterschied zu Inhabern solcher Versicherungen, die bei dort niedergelassenen Gesellschaften abgeschlossen werden, ... registrieren lassen und die Prämienzahlung angeben. ... Zwar können solche Verpflichtungen für sich genommen nicht als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht betrachtet werden. Jedoch können solche Verpflichtungen in Verbindung mit der Notwendigkeit, ein zentralisiertes Verfahren einzuhalten, die Betroffenen davon abhalten, Kapitallebensversicherungen bei nicht in Schweden niedergelassenen Gesellschaften abzuschließen, da sie keinerlei besondere Schritte unternehmen müssten, wenn sie solche Versicherungen bei in Schweden niedergelassenen Gesellschaften abschließen würden, weil die Steuer in diesem Fall bei der Gesellschaft erhoben würde. ... Drittens verlangt das Finanzamt, wenn der Versicherungsnehmer einer Versicherung, die bei einer nicht in Schweden niedergelassenen Gesellschaft abgeschlossen worden ist, eine Befreiung von der Prämienbesteuerung oder deren Ermässigung beantragt und es noch nicht über die nötigen Informationen verfügt, genaue Angaben über die Einkommensteuer, der diese Gesellschaft unterliegt. ... [E]in solches Verlangen [ist] für den Versicherungsnehmer jedoch besonders belastend."(8)

24 Ferner dürfte das Ergebnis, zu dem der Gerichtshof im Urteil Kohll(9) gelangt ist, von besonderer Bedeutung sein, obgleich es dort nicht um Steuervorschriften ging, sondern um eine luxemburgische Regelung, die die Erstattung bestimmter Kosten für Leistungen von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Fachärzten von einer Genehmigung des nationalen Versicherungsträgers abhängig machte. Der Gerichtshof hat wie folgt entschieden: "Zwar hindert die streitige Regelung die Versicherten nicht daran, sich an einen Dienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden. Sie macht aber die Erstattung von Kosten, die in diesem Mitgliedstaat angefallen sind, von einer vorherigen Genehmigung abhängig und versagt sie den Versicherten, die keine Genehmigung haben. Kosten, die im Versicherungsstaat anfallen, unterliegen hingegen keiner solchen Genehmigung. Daher hält eine solche Regelung die Sozialversicherten davon ab, sich an ärztliche Dienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden, und stellt sowohl für diese wie für ihre Patienten eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar."(10)

25 Das Urteil Kohll bringt meines Erachtens ein wichtiges neues Gedankengut mit sich. Bei der Bewertung der negativen Folgen, die sich aus der abschreckenden Wirkung ergeben, beschränkt sich der Gerichtshof nämlich nicht auf die Feststellung eines Nachteils für die Leistungserbringer in anderen Mitgliedstaaten; er erkennt vielmehr an, daß eine Regelung, die die Betroffenen davon abhält, sich an Ärzte in anderen Mitgliedstaaten zu wenden, auch aus der Sicht der Leistungsempfänger als eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs anzusehen ist.

26 Die Grundsätze der genannten Rechtsprechung ermöglichen eine eindeutige Beantwortung der ersten Vorlagefrage dahin, daß eine Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis, nach der vermutet wird, daß die Aufwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen an Urlaubsorten im Ausland steuerlich nicht abzugsfähig sind, die Dienstleistungsfreiheit sowohl der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Leistungserbringer als auch der Leistungsempfänger behindern kann. Es ist also davon auszugehen, daß diese Praxis zumindest grundsätzlich unvereinbar mit Artikel 59 des Vertrages ist.

Zur zweiten Vorlagefrage

27 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich die dänische Praxis, sofern sie geeignet ist, eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs darzustellen, zumindest anhand der Rechtsprechung der Gemeinschaft und insbesondere der Urteile Bachmann sowie Futura Participations und Singer(11) rechtfertigen lässt.

28 In den beiden vom vorlegenden Gericht genannten Verfahren wurde die Vereinbarkeit der nationalen Vorschriften mit dem Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit unter Berücksichtigung zweier zwingender Gründe des Allgemeininteresses beurteilt, nämlich der Wirksamkeit der Steuerkontrollen und der zu wahrenden Kohärenz des Steuerrechts. Der Fall Bachmann betraf eine belgische Regelung, wonach die Möglichkeit des Abzugs von Beiträgen zur Kranken- und Invaliditätsversicherung von der Einkommensteuer davon abhängig gemacht wurde, daß diese Beiträge an Gesellschaften mit Sitz im Inland entrichtet werden; der Gerichtshof hat geprüft, ob sich die genannte Regelung durch die Notwendigkeit rechtfertigen lässt, eine wirksame Steuerkontrolle oder die Kohärenz des belgischen Steuersystems zu gewährleisten. Das Urteil Futura Participations und Singer dagegen bezog sich auf eine luxemburgische Regelung, die die Möglichkeit eines Verlustvortrags der Zweigniederlassung eines nichtansässigen Steuerpflichtigen aus früheren Jahren davon abhängig machte, daß die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen und die Zweigniederlassung Bücher entsprechend dem einschlägigen nationalen Recht führte. In diesem Fall wurden die streitigen Bestimmungen nur im Lichte des Erfordernisses einer wirksamen Steuerkontrolle geprüft.

29 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Vertrag wie bei allen grundlegenden Freiheiten Abweichungen von der Dienstleistungsfreiheit nur ausnahmsweise und in besonderen Fällen zulässt. Nach Artikel 56 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 46 EG), auf den Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) verweist, sind nationale Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Wie der Gerichtshof wiederholt festgestellt hat, ist diese Bestimmung eng auszulegen, wobei insbesondere auch wirtschaftliche Ziele keine Berücksichtigung finden können(12). Nach dieser Rechtsprechung ist sicherlich davon auszugehen, daß die in Artikel 56 angeführten Gründe im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden können.

30 Zudem hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung zum Schutz zwingender Erfordernisse seit langem auf die Dienstleistungen ausgedehnt. Er hat entschieden, daß nationale Regelungen, die unterschiedslos für die Staatsangehörigen aller Mitgliedstaaten gelten und eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs mit sich bringen, in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften als mit Artikel 59 des Vertrages vereinbar anzusehen sind, wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind(13). Wenn diese Gründe herangezogen werden sollen, ist es somit erforderlich, daß sich die nationalen Regelungen, zumindest förmlich, an alle Gemeinschaftsbürger richten und die Diskriminierung, die sich wie hier auf den Ursprung der Leistung bezieht, nur eine mittelbare Folge der Anwendung dieser Regelungen ist. Letztere müssen auch objektiv erforderlich sein, um das verfolgte Ziel zu erreichen, sie müssen ferner verhältnismässig sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist(14).

Andererseits ist jedoch festzustellen, daß der Gerichtshof die vorgenannte Rechtsprechung auf dem Gebiet der Dienstleistungen nur zögernd angewandt hat, wobei er sich auf Kriterien stützte, die nicht immer eindeutig waren, um zu bestimmen, ob die untersuchten nationalen Vorschriften unterschiedslos anwendbar und somit mittelbar oder unmittelbar diskriminierend waren. So hat er zum einen nationale Regelungen, die unterschiedliche Systeme je nach dem Ursprung der Dienstleistung vorsahen, als förmlich diskriminierend betrachtet(15), so auch im Urteil Svensson und Gustavsson(16) eine luxemburgische Regelung, die die Gewährung einer sozialen Beihilfe für den Wohnungsbau in Form einer Zinsvergütung davon abhängig machte, daß die Betroffenen die Darlehen zur Finanzierung des Wohnungsbaus-, -erwerbs oder -umbaus bei einem in Luxemburg niedergelassenen Kreditinstitut aufnahmen(17). Der Gerichtshof hat jedoch zugleich auch die Möglichkeit erwogen, die luxemburgische Regelung mit zwingenden Erfordernissen und insbesondere der notwendigen Wahrung der Kohärenz des Steuersystems zu rechtfertigen.

Selbst wenn man jedenfalls im hier vorliegenden Fall der weniger strengen Auslegung den Vorzug geben würde und davon ausginge, daß die dänische Praxis nur eine mittelbare Diskriminierung mit sich bringt, da sie förmlich an alle in Dänemark niedergelassenen oder ansässigen Steuerpflichtigen gerichtet ist, indem sie die etwaige Vermutung der Abzugs- oder Nichtabzugsfähigkeit vom Leistungsort abhängig macht, käme man im wesentlichen zu dem gleichen Schluß. Diese Praxis wäre nämlich auf jeden Fall unvereinbar mit Artikel 59 des Vertrages, da sie sich, wie ich meine, nicht mit den vom vorlegenden Gericht angegebenen zwingenden Erfordernissen rechtfertigen lässt.

31 Was zunächst das zwingende Erfordernis einer wirksamen Steuerkontrolle betrifft, so ist hier - darüber sind sich alle Parteien des Rechtsstreits einig - die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern(18) von Bedeutung. Nach dieser Richtlinie sind die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zum Austausch aller Informationen verpflichtet, die ihnen eine genaue Festsetzung der Einkommen- und Vermögensteuer ihrer Steuerpflichtigen ermöglichen.

32 Nach Ansicht des Skatteministeriet ist die Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit bei Aufwendungen für Fortbildungsveranstaltungen im Ausland erforderlich, um zu verhindern, daß Ferien unter dem Deckmantel der Fortbildung durch Steuerabzug ungerechtfertigt vom Staat finanziert werden. Durch die Vermutung solle der Steuerpflichtige also verpflichtet werden, alle Auskünfte zu erteilen, die zeigten, daß nicht etwa Urlaubszwecke mit der Fortbildung im Ausland verbunden seien. Das Ministerium betont auch, daß hierfür der in der Richtlinie 77/799 vorgesehene Informationsaustausch zwischen den nationalen Steuerbehörden nicht genüge, da die dänische Steuerverwaltung in der Lage sein müsse, die Art der Fortbildung im Ausland und deren Dauer im Verhältnis zur Aufenthaltsdauer anhand der nationalen Regelung und Rechtsprechung zu beurteilen. Dies könne demnach nur durch die dänische Steuerverwaltung geschehen.

33 Herr Vestergaard und die Kommission führen dagegen aus, daß hier die Voraussetzungen für das zwingende Erfordernis einer wirksamen Steuerkontrolle nicht gegeben seien. Die Kommission erklärt insbesondere, der Vorlagebeschluß enthalte keine Anhaltspunkte dafür, daß eine Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit für bestimmte Kostenarten erforderlich sei, um einen Steuermißbrauch zu vermeiden. Herr Vestergaard trägt ferner vor, daß es das dänische Gesetz über die Steuerkontrolle erlaube, vom Steuerpflichtigen, der an Fortbildungstätigkeiten in Dänemark oder im Ausland teilgenommen habe, Nachweise zu verlangen, und daß dieses Gesetz die Steuerverwaltung ermächtige, auch bei den für die Fortbildung verantwortlichen Stellen Auskünfte einzuholen. Zu den Fortbildungstätigkeiten im Ausland sei noch zu sagen, daß alle einschlägigen Auskünfte bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten anhand der Richtlinie 77/799 eingeholt werden könnten.

34 Dieser letztgenannte Standpunkt erscheint mir am überzeugendsten. Ich teile die Auffassung, daß sich eine Vermutung der Nichtabzugsfähigkeit, wie sie im vorliegenden Fall in Rede steht, nicht durch die Art des Erfordernisses rechtfertigen lässt, dem hier nach der Erklärung des Skatteministeriet Rechnung getragen werden soll.

35 Zunächst ist zu bemerken, daß, wie aus einer nunmehr ständigen Rechtsprechung hervorgeht(19), alle Auskünfte über Tätigkeiten in anderen Mitgliedstaaten, die ein Mitgliedstaat zur Festsetzung der zu versteuernden Einkünfte seiner Steuerpflichtigen benötigt, aufgrund des durch die genannte Richtlinie geschaffenen Systems der Zusammenarbeit bei den Steuerbehörden der anderen Mitgliedstaaten eingeholt werden können. Selbst wenn diese Verpflichtung zur Zusammenarbeit nicht genügen sollte, könnte eine nationale Regelung wie die hier in Rede stehende zudem, wie der Gerichtshof festgestellt hat, als diskriminierend angesehen werden, da die Steuerverwaltung stets die Möglichkeit hätte, von den Steuerpflichtigen alle erforderlichen Nachweise zu verlangen, um zu beurteilen, ob bestimmte Steuervergünstigungen zu gewähren sind(20). Schließlich kann ich mich nicht den Einwänden anschließen, die das Skatteministeriet bezueglich der Anwendbarkeit der betreffenden Richtlinie erhoben hat. Die Informationen etwa über den Zweck der Veranstaltung und mögliche Urlaubsgesichtspunkte, die das Ministerium vermeintlich benötigt, um die Art der Fortbildungstätigkeit des Steuerpflichtigen im Ausland ausreichend beurteilen zu können, tragen meines Erachtens keine Merkmale, die ausserhalb der Erwägungen der vorgenannten Rechtsprechung liegen.

36 Eine Regelung mit einer vermuteten steuerlichen Nichtabzugsfähigkeit der Aufwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Ausland lässt sich demnach nicht mit dem Erfordernis einer wirksamen Steuerkontrolle rechtfertigen, da sie für die Erreichung des verfolgten Zieles nicht erforderlich ist.

37 Das zweite zwingende Erfordernis betrifft die Wahrung der Kohärenz des Steuersystems. Das Skatteministeriet bezieht sich hierauf nur kurz im letzten Teil seiner Erklärungen. Da dieses Erfordernis jedoch in einem der Urteile behandelt wird, auf das sich das vorlegende Gericht bezieht, und da sich sowohl die Kommission als auch Herr Vestergaard auf diese Rechtsprechung berufen, bedarf es der Vollständigkeit halber einiger Erwägungen hierzu.

Der Begriff der Kohärenz des Steuersystems als zwingendes Erfordernis wurde erstmals im Urteil Bachmann definiert. Hierbei hat der Gerichtshof festgestellt, daß "innerhalb der belgischen Regelung ein Zusammenhang zwischen der Abzugsfähigkeit der Beiträge und der Besteuerung der von den Versicherern in Erfuellung der Versicherungsverträge für den Fall des Alters und des Todes zu zahlenden Beträge besteht. ... Folglich wird innerhalb einer solchen Steuerregelung der Einnahmeverlust, der sich aus dem Abzug der Beiträge zu Lebensversicherungen, worunter auch Alters- und Todesfallversicherungen fallen, vom Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte ergibt, durch die Besteuerung der von den Versicherern zu zahlenden Pensionen, Renten oder Kapitalabfindungen ausgeglichen. Ist der Abzug solcher Beiträge nicht erfolgt, so sind diese Beträge von der Steuer befreit. Die Kohärenz einer solchen Steuerregelung ... setzt also voraus, daß dieser Staat, wäre er verpflichtet, den Abzug der in einem anderen Mitgliedstaat gezahlten Lebensversicherungsbeiträge zuzulassen, die von den Versicherern zu zahlenden Beträge besteuern könnte."(21)

38 Seit dem Urteil Bachmann hat der Gerichtshof klargestellt, unter welchen Voraussetzungen das zwingende Erfordernis der zu wahrenden Kohärenz des Steuersystems herangezogen werden kann. Er hat insbesondere in den Urteilen Svensson und Gustavsson(22) und Asscher(23) erklärt, daß zwischen der Besteuerung und dem Steuerabzug ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen muß, der sich in einem Kompensationsverhältnis zwischen den vom Staat durch die Besteuerung eingenommenen Beträgen und den Beträgen konkretisiert, die an den Steuerpflichtigen in Form eines Steuerabzugs zurückfließen.

39 Im vorliegenden Fall genügt der Hinweis, daß diese in der Rechtsprechung vorgesehenen Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Es liegt nämlich keine Besteuerung vor, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Steuerabzug stuende, den die dänische Regelung bei Aufwendungen für Fortbildungsveranstaltungen vorsieht.

40 Aufgrund all dieser Erwägungen schlage ich vor, die beiden dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1. Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) steht einer Regelung wie der dänischen entgegen, wonach vermutet wird, daß eine Fortbildungsveranstaltung an einem Urlaubsort im Ausland, sofern sich die Ortswahl nicht fachlich rechtfertigen lässt, so weitgehend Urlaubszwecken dient, daß die Teilnahmekosten nicht als berufliche Aufwendungen vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden können.

2. Eine derartige nationale Steuerregelung lässt sich nicht mit den zwingenden Erfordernissen rechtfertigen, auf die sich die Rechtsprechung des Gerichtshofes insbesondere in den Urteilen Bachmann (C-204/90) sowie Futura Participations und Singer (C-250/95) bezieht.

(1) - Siehe Urteile vom 30. Mai 1989 in der Rechtssache 305/87 (Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 1461, Randnrn. 12 und 13), vom 23. Februar 1994 in der Rechtssache C-419/92 (Scholz, Slg. 1994, I-505, Randnr. 6), vom 17. Mai 1994 in der Rechtssache C-18/93 (Corsica Ferries, Slg. 1994, I-1783); vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache C-379/92 (Peralta, Slg. 1994, I-3453, Randnr. 18), vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-193/94 (Skanavi und Chryssanthakopoulos, Slg. 1996, I-929, Randnr. 20), vom 25. Juni 1997 in der Rechtssache C-131/96 (Mora Romero, Slg. 1997, I-3659, Randnr. 10) und vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-336/96 (Gilly, Slg. 1998, I-2793, Randnr. 37).

(2) - Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-118/96 (Safir, Slg. 1998, I-1897, Randnr. 21). Siehe auch die Urteile vom 8. Mai 1990 in der Rechtssache C-175/88 (Biehl, Slg. 1990, I-1779, Randnr. 12) und vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93 (Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnr. 21).

(3) - Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-80/94 (Wielockx, Slg. 1995, I-2493, Randnr. 17).

(4) - Urteil vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache C-49/89 (Corsica Ferries France I, Slg. 1989, 4441, Randnr. 8).

(5) - Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-381/93 (Kommission/Frankreich, Slg. 1994, I-5145, Randnr. 17).

(6) - Urteile vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I-249, Randnr. 31) und in der Rechtssache C-300/90 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-305, Randnr. 22).

(7) - Urteil Bachmann, Randnr. 31.

(8) - Urteil Safir, Randnrn. 26 und 28.

(9) - Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96 (Slg. 1998, I-1931, Randnrn. 34 und 35).

(10) - Diese Auffassung, die Generalanwalt Tesauro in seinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Kohll (C-158/96) und Decker (Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-120/95, Slg. 1998, I-1831, I-1834, Nrn. 40 bis 43) zum Ausdruck gebracht hat, gründet sich wohl auf das Urteil Luisi und Carbone, in dem es heisst: "Zur Erbringung der Dienstleistung kann sich entweder der Leistende in den Mitgliedstaat, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist, oder dieser in den Mitgliedstaat begeben, in dem der Leistende ansässig ist ... Daraus folgt, daß der freie Dienstleistungsverkehr die Freiheit der Leistungsempfänger einschließt, sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne durch Beschränkungen ... daran gehindert zu werden, und daß Touristen sowie Personen, die eine medizinische Behandlung in Anspruch nehmen, und solche, die Studien- und Geschäftsreisen unternehmen, als Empfänger von Dienstleistungen anzusehen sind" (Urteil vom 31. Januar 1984 in den Rechtssachen 286/82 und 26/83, Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Randnrn. 10 bis 16). In der Rechtssache Kohll hat der Generalanwalt insbesondere festgestellt, daß die betreffende Regelung eine zweifache Diskriminierung mit sich bringt. Die erste und wichtigste betraf die unterschiedliche Behandlung der Patienten als Leistungsempfänger. Die zweite, sich aus der ersten ergebende Diskriminierung bestand in der unterschiedlichen Behandlung, der die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Leistungserbringer praktisch unterlagen.

(11) - Urteil Bachmann und Urteil vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-250/95 (Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471).

(12) - Siehe die Urteile vom 26. April 1988 in der Rechtssache 352/85 (Bond van Adverteeders u. a., Slg. 1988, 2085, Randnr. 34) und vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (Collectieve Antennevoorziening Gouda, Slg. 1991, I-4007, Randnr. 11).

(13) - Urteile vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-154/89 (Kommission/Frankreich, Slg. 1991, I-659, Randnrn. 14 und 15), Collectieve Antennevoorziening Gouda, Randnrn. 11 und 12, und vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-76/90 (Säger, Slg. 1991, I-4221, Randnr. 15).

(14) - Urteil vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94 (Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 37).

(15) - Siehe die Urteile Bond van Adverteerders u. a., Randnr. 32, vom 16. Dezember 1992 in der Rechtssache C-211/91 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-6757, Randnr. 11), Collectieve Antennevoorziening Gouda, Randnr. 11, und vom 4. Mai 1993 in der Rechtssache C-17/92 (Distribuidores Cinematográficos, Slg. 1993, I-2239, Randnr. 13).

(16) - Urteil vom 14. November 1995 in der Rechtssache C-484/93 (Slg. 1995, I-3955, Randnr. 15).

(17) - In diesem Fall hat der Gerichtshof nicht die Folgen der betreffenden Regelung anhand ihrer abschreckenden Wirkung gegenüber den Versicherungsnehmern und Leistungsempfängern geschildert (anders Generalanwalt Elmer in seinen Schlussanträgen, Slg. 1995, I-3955, Nrn. 14 bis 18, der die Auffassung vertreten hat, daß die luxemburgische Regelung nur eine mittelbare Diskriminierung mit sich bringe), sondern das Vorliegen einer Diskriminierung aufgrund der Niederlassung betrachtet und dies als ausreichenden Grund für die Feststellung angesehen, daß sich die in Rede stehende Regelung nur aufgrund der in Artikel 56 des Vertrages vorgesehenen Ausnahmen rechtfertigen lässt.

(18) - ABl. L 336, S. 15. Diese Richtlinie wurde später durch die Richtlinien 79/1070/EWG (ABl. L 331, S. 8) und 92/12/EWG (ABl. L 76, S. 1) geändert.

(19) - Urteil vom 28. Januar 1992, Kommission/Belgien, Randnr. 13. Urteile vom 12. April 1994 in der Rechtssache C-1/93 (Halliburton Services, Slg. 1994, I-1137, Randnr. 22), Schumacker, Randnr. 45, Wielockx, Randnr. 26, und Futura Participations und Singer, Randnr. 41.

(20) - Urteile Bachmann, Randnr. 20, und Kommission/Belgien, Randnr. 13.

(21) - Urteil Bachmann, Randnrn. 21 bis 23.

(22) - Randnrn. 16 bis 18.

(23) - Urteil vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-107/94 (Slg. 1996, I-3089, Randnrn. 56 bis 60). Siehe auch Urteil vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96 (ICI, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 29).