Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

References to this case

Share

Highlight in text

Go

Wichtiger rechtlicher Hinweis

|

61998C0400

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 16. Dezember 1999. - Finanzamt Goslar gegen Brigitte Breitsohl. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesfinanzhof - Deutschland. - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Artikel 4, 17 und 28 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG - Steuerpflichtigeneigenschaft und Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug im Fall des Scheiterns der beabsichtigten Tätigkeit vor der erstmaligen Festsetzung der Mehrwertsteuer - Lieferung von Gebäuden und dem dazugehörigen Grund und Boden - Möglichkeit, die Option für die Besteuerung auf die Gebäude zu beschränken und den Grund und Boden von der Besteuerung auszunehmen. - Rechtssache C-400/98.

Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-04321


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof zwei Fragen nach der Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(1) (im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Mit der ersten der beiden Fragen möchte das nationale Gericht wissen, ob ein Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer besteht, die bei den sogenannten Gründungsinvestitionen entrichtet wurde, wenn bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung bekannt ist, daß die zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit nicht aufgenommen wurde. Falls diese Frage zu bejahen ist, möchte das Gericht noch wissen, ob bei der Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden die Option zur Besteuerung auf die Gebäude oder Gebäudeteile begrenzt werden kann.

I. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

3 Frau Breitsohl (im folgenden: Klägerin) bemühte sich 1989 bei einem Automobilhersteller um einen Händlervertrag. Dieser wurde ihr mit Schreiben vom 14. April 1989 von dem Hersteller unter bestimmten Voraussetzungen in Aussicht gestellt. Im Februar 1990 meldete die Klägerin einen Gewerbebetrieb "Verkauf und Reparatur von Kraftfahrzeugen" an und erwarb für 62 670 DM umsatzsteuerfrei ein unbebautes Grundstück, das als Betriebsstätte für die Tätigkeit dienen sollte. Im April 1990 beauftragte sie einen Bauunternehmer mit der Errichtung einer Kraftfahrzeugwerkstatt auf dem Grundstück. Mitte Mai 1990 waren die Erdarbeiten beendet, die Fundamente erstellt und die Sohle zum Teil fertiggestellt. Wegen dieser Arbeiten wurden Zahlungen in Höhe von 173 655,50 DM fällig.

4 Die Gesamtkosten der Arbeiten wurden in der Planungsphase mit 1 400 000 DM veranschlagt. Als sich eine voraussichtliche Steigerung um 230 000 DM ergab, war die Bank, die den Bau finanzierte, nicht bereit, diese Mehrkosten zu decken. Ende Mai 1990 stellte das Bauunternehmen wegen der unklaren Finanzierungssituation die Arbeiten ein.

5 Die Klägerin sah sich nicht mehr in der Lage, das Grundstück vollständig zu bebauen und den Geschäftsbetrieb aufzunehmen; sie verpflichtete sich daher durch Vergleich vom 22. Mai 1990, an das Bauunternehmen für seine Leistungen insgesamt 100 000 DM zu zahlen und die bereits errichteten Baulichkeiten einem Dritten zu einem Kaufpreis von 50 000 DM (43 859,65 DM zuzüglich 6 140,35 DM Mehrwertsteuer) zu übertragen. Im Dezember 1990 übertrug sie diesem Käufer das Grundstück für 61 905 DM ohne Mehrwertsteuerausweis.

6 In ihrer Jahresmehrwertsteuererklärung für 1990 machte die Klägerin als steuerbare Umsätze den Verkauf von Gebäudeteilen geltend (Besteuerungsgrundlage: 43 859 DM). Als abziehbare Vorsteuer machte sie 13 900,11 DM (Notar-, Steuerberatungs- und Bauabrechnungen) gelten. Daraus ergab sich ein Überschuß zu ihren Gunsten von 7 759,90 DM.(2) In den Voranmeldungen hatte die Klägerin die Vorsteuerbeträge nicht geltend gemacht.

7 Im Steuerbescheid für das Jahr 1990 berücksichtigte das Finanzamt Goslar abziehbare Vorsteuerbeträge nur in Höhe von 95,20 DM. Es begründete dies mit der Verwendung der zugrundeliegenden Leistungen zur Ausführung der steuerfreien Grundstücksveräußerung. Die Steuer wurde in Höhe von 6 045 DM festgesetzt(3).

8 Das Finanzamt begründete seine Entscheidung über den Einspruch gegen diesen Bescheid damit, daß die Klägerin mangels nachhaltiger Umsätze nicht Unternehmerin und damit auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei. Dagegen schulde sie die in der dem Käufer der Bauwerke erteilten Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer.

9 Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin eine Klage beim Finanzgericht, der im wesentlichen stattgegeben wurde. Das Finanzgericht vertrat unter Berufung auf das Urteil des Gerichshofes in der Rechtssache Inzo(4) die Auffassung, daß die von der Klägerin vorgenommenen Vorbereitungshandlungen bereits unternehmerische Tätigkeiten darstellten, weshalb sie zum Abzug der Vorsteuer bei den Bauabrechnungen berechtigt gewesen sei. Ferner habe die Klägerin auf die Steuerfreiheit in bezug auf die Lieferung des Betriebsgrundstücks - begrenzt auf den abgrenzbaren Teil der errichteten Baulichkeiten (Erdarbeiten, Fundamente und Sohlenplatte) - verzichten können. Der Vorsteuerabzug sei nur aus der Notarrechnung zu versagen, die das Grundstücksgeschäft betreffe.

10 Im Verfahren über die Revision dieser Entscheidung des Finanzgerichts beim Bundesfinanzhof, in dessen Rahmen die vorliegenden Vorabentscheidungsfragen aufgeworfen worden sind, rügt das Finanzamt eine Verletzung des Umsatzsteuergesetzes 1980 (im folgenden: UStG). Das UStG lasse einen auf die Gebäude begrenzten Verzicht auf Befreiungen von der Mehrwertsteuer nicht zu. Die gleiche Beurteilung ergebe sich aus Artikel 13 Teil C Satz 1 in Verbindung mit Artikel 13 Teil B Buchstabe g der Sechsten Richtlinie.

II. Die Vorlagefragen

11 Da der Bundesfinanzhof Zweifel hat, wie die auf den vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen der Sechsten Richtlinie richtig auszulegen sind, hat er die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-110/94, INZO, Slg. 1996, I-857) können selbst die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens getätigt werden, als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 77/388/EWG angesehen werden. Die Steuerbehörde hat die in diesem Zusammenhang erklärte Absicht des Unternehmens zu berücksichtigen. Die danach zuerkannte Eigenschaft als Steuerpflichtiger kann grundsätzlich nicht wegen Eintritts oder Nichteintritts bestimmter Ereignisse nachträglich aberkannt werden (Grundsatz der Rechtssicherheit). Das gilt auch für den Vorsteuerabzug aus den Investitionsmaßnahmen.

Ist nach diesen Grundsätzen das Recht auf Vorsteuerabzug (Artikel 17 der Richtlinie 77/388/EWG) aus sogenannten Gründungsinvestitionen auch dann aufgrund der Absicht, zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufzunehmen, zuzusprechen, wenn der Finanzbehörde bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung bekannt ist, daß die beabsichtigte, zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit tatsächlich nicht aufgenommen wurde?

Falls Frage 1 zu bejahen ist:

2. Kann bei Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden die Option zur Besteuerung auf die Gebäude/Gebäudeteile begrenzt werden?

III. Die im Vorlageverfahren eingereichten Erklärungen

12 Gemäß Artikel 20 der EG-Satzung des Gerichtshofes haben die deutsche Regierung, die griechische Regierung und die Kommission schriftliche Erklärungen eingereicht.

IV. Die erste Vorlagefrage

A. Das anwendbare Gemeinschaftsrecht

13 Artikel 2 der Sechsten Richtlinie lautet:

"Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

2. die Einfuhr von Gegenständen."

14 Artikel 14 regelt, wer Steuerpflichtig ist:

"(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe ..."

15 Artikel 17 regelt Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug:

"(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,

..."(5)

B. Das nationale Recht

16 § 2 Absatz 1 UStG bestimmt:

"Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird."

17 § 15 Absatz 1 UStG sieht vor:

"Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1. die in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für ein Unternehmen ausgeführt worden sind. ..."

C. Kurze Darstellung der Rechtsprechung

18 Die Rechtsprechung des Gerichtshofes zum Recht auf Vorsteuerabzug hat mehrfach das Recht auf Abzug der Vorsteuer bestätigt, die bei vorbereitenden Tätigkeiten mit dem Ziel, eine steuerpflichtige Tätigkeit zu entfalten, entrichtet wurde.

19 Im Urteil Rompelman(6) ist der Gerichtshof gefragt worden, ob eine Person, die einen Anspruch auf künftige Übereignung im Bau befindlicher Geschäftsräume mit der erklärten Absicht erworben hat, diese Räume zu vermieten und steuerpflichtige Lieferungen zu tätigen und Dienstleistungen zu erbringen, in der Vorbereitungsphase als Steuerpflichtiger mit dem Recht auf Vorsteuerabzug handelt.

20 Der Gerichtshof hat festgestellt, daß der Unternehmer durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher, daß alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, sofern sie der Mehrwertsteuer unterliegen, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis in völlig neutraler Weise steuerlich belastet werden. Ferner hat er entschieden, daß die wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 mehrere aufeinanderfolgende Handlungen umfassen können und daß die vorbereitenden Tätigkeiten, wie der Erwerb der für die Nutzung erforderlichen Mittel und damit der Kauf eines Grundstücks, bereits der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Bei jeder anderen Auslegung des Artikels 4 der Richtlinie würde der Wirtschaftsteilnehmer mit den Mehrwertsteuerkosten belastet, ohne daß er sie gemäß Artikel 17 abziehen könnte, und es würde willkürlich zwischen Investitionsausgaben vor und während der tatsächlichen Nutzung eines Grundstücks unterschieden.(7)

21 Einige Jahre später hat der Gerichtshof in einem Vertragsverletzungsverfahren(8) von neuem die Bedeutung des Rechts auf Vorsteuerabzug mit den Ausführungen bestätigt, "daß es den Steuerpflichtigen möglich sein muß, das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort auszuüben, sofern es keine Vorschrift gibt, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Rechts gestattet. Derartige Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug wirken sich auf die Höhe der steuerlichen Belastung aus und müssen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten. Ausnahmen sind daher nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig."(9)

22 Bereits 1991 hat der Gerichtshof festgestellt(10): "Nach Artikel 17 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie, der mit $Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug` überschrieben ist, entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Folglich hängt das Bestehen eines Rechts auf Vorsteuerabzug allein davon ab, in welcher Eigenschaft eine Person zu diesem Zeitpunkt handelt. Wie sich aus Artikel 17 Absatz 2 ergibt, ist der Steuerpflichtige, soweit er als solcher die Gegenstände für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für diese Gegenstände abzuziehen." Weiter hat der Gerichtshof ausgeführt: "Folglich hängt die Anwendung des Systems der Mehrwertsteuer und damit des Berichtigungsmechanismus vom Kauf der Gegenstände durch einen als solchen handelnden Steuerpflichtigen ab. Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Waren bestimmt nur den Umfang des Vorsteuererstabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Artikel 17 befugt ist, und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauffolgenden Zeiträume."(11)

23 Im Urteil Inzo(12), dessen Bedeutung in der vorliegenden Rechtssache zu erläutern ist, ist der Gerichtshof gefragt worden, ob die in seinem Urteil Rompelman gewählte Lösung auch in den Fällen gilt, in denen die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit, für die Investitionskosten getätigt wurden, nicht tatsächlich durchgeführt worden ist.

24 Der Gerichtshof hat die Ansicht vertreten, daß diese Investitionskosten als "wirtschaftliche Tätigkeiten" für die Zwecke der Sechsten Richtlinie zu betrachten sind, und hat festgestellt, daß die Durchführung einer Studie über die Rentabilität der beabsichtigten Tätigkeit als eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie angesehen werden kann, wenn die Steuerbehörde die Eigenschaft einer Gesellschaft, die ihre Absicht erklärt hat, eine zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, als Mehrwertsteuerpflichtiger anerkannt hat, und daß daher die für eine solche Rentabilitätsstudie entrichtete Mehrwertsteuer unter den gleichen Voraussetzungen grundsätzlich nach Artikel 17 der Richtlinie abgezogen werden kann, und zwar selbst dann, wenn später aufgrund dieser Studie beschlossen worden ist, nicht in die werbende Phase einzutreten und die Gesellschaft zu liquidieren, so daß die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit nicht zu steuerbaren Umsätzen geführt hat(13).

25 Das Urteil stützt dieses Ergebnis auf zwei Grundsätze(14):

a) den Grundsatz der Rechtssicherheit, der verbietet, daß die von der Steuerbehörde festgestellten Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen von Tatsachen, Umständen oder Ereignissen abhängen können, die nachträglich eingetreten sind. Hat die Behörde also aufgrund der ihr von einem Unternehmen übermittelten Angaben festgestellt, daß diesem die Eigenschaft als Steuerpflichtiger zuzuerkennen sei, so kann ihm diese Stellung ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich nicht wegen des Eintritts oder des Nichteintritts bestimmter Ereignisse nachträglich aberkannt werden;

b) den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer hinsichtlich der Abgabenbelastung des Unternehmens. Eine andere Auslegung der Richtlinie, so der Gerichtshof, könnte bei der steuerlichen Behandlung von gleichen Investitionstätigkeiten zu nicht gerechtfertigten Unterscheidungen zwischen Unternehmen, die schon steuerbare Umsätze tätigen, und solchen Unternehmen führen, die durch Investitionen versuchen, Tätigkeiten aufzunehmen, die zu steuerbaren Umsätzen führen werden. Es würden auch willkürliche Unterscheidungen zwischen diesen letzteren Unternehmen getroffen, da die endgültige Zulassung der Abzüge von der Frage abhinge, ob solche Investitionen zu steuerbaren Umsätzen führen oder nicht.

26 Der Gerichtshof hat hinzugefügt, daß derjenige, der einen Vorsteuerabzug vornimmt, nachzuweisen hat, daß die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Artikel 4 hindert die Abgabenverwaltung nicht, objektive Nachweise für die erklärte Absicht zu verlangen, zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufzunehmen.(15)

27 Der Gerichtshof ist im Urteil Ghent Coal(16) zum gleichen Ergebnis gelangt. Er hat in diesem Urteil festgestellt, daß Artikel 17 der Richtlinie so auszulegen ist, daß er es einem Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, erlaubt, die Mehrwertsteuer, die er für Gegenstände oder Dienstleistungen schuldet, die ihm für Investitionsarbeiten geliefert oder erbracht wurden, die im Rahmen steuerpflichtiger Umsätze verwendet werden sollen, in Abzug zu bringen. Das Recht auf Vorsteuerabzug bleibt erhalten, wenn der Steuerpflichtige aufgrund von Umständen, die von seinem Willen unabhängig waren, diese Gegenstände oder Dienstleistungen nie verwendet hat, um steuerpflichtige Umsätze zu bewirken. Gegebenenfalls kann die Lieferung eines Investitionsgutes innerhalb des Berichtigungszeitraums zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs unter den in Artikel 20 Absatz 3 der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen führen(17).

D. Die Erklärungen der Beteiligten

28 Für die deutsche und die griechische Regierung ist die Rechtsprechung des Gerichtshofes im Urteil Inzo auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Dieses Urteil beruhe auf der grundlegenden Erwägung, daß der Grundsatz der Rechtssicherheit es verbiete, daß die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen von nach der Anerkennung als Steuerpflichtiger durch die Besteuerbehörde eingetretenen Umständen abhängen könnten. Im vorliegenden Fall sei im Unterschied zur Rechtssache Inzo diese Anerkennung durch die Steuerbehörde zu dem Zeitpunkt noch nicht erfolgt gewesen, zu dem die Klägerin ihre Erklärung eingereicht habe. Daher könne sie sich nicht auf ein zu schützendes berechtigtes Vertrauen berufen, um den Anspruch auf Vorsteuerabzug zu erhalten.

29 Auch sei im vorliegenden Fall der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht verletzt worden, da wegen der mangelnden Anerkennung der Klägerin als Steuerpflichtige keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit durchgeführt worden sei, denn der erwähnte Grundsatz gelte nur für solche Tätigkeiten. Die deutsche Regierung verweist zudem auf die Gefahr von Mißbräuchen, zu denen eine andere als die von ihr vertretene Auslegung führen könne.

30 Die Kommission gelangt genau zum entgegengesetzten Ergebnis. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt sei zunächst davon auszugehen, daß ein Fall von Mißbrauch oder Betrug hier nicht vorliege; ferner werde nach Artikel 4 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie die Eigenschaft als Steuerpflichtiger nicht dadurch endgültig erlangt, daß diese Eigenschaft von der Steuerbehörde anerkannt werde.

31 Die Eigenschaft als Steuerpflichtiger entstehe kraft Gesetzes dadurch, daß eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werde. Wenn die wirtschaftliche Tätigkeit die werbende Phase nicht erreiche, sondern in der Phase der Vorbereitung steckenbleibe, komme es entscheidend darauf an, ob in der Phase der Vorbereitung die erklärte Absicht bestanden habe, in die werbende Phase einzutreten und damit steuerbare Umsätze zu erzielen. Diese Absicht müsse nicht sofort ausdrücklich gegenüber der Steuerbehörde geklärt werden, sie könne - wie im vorliegenden Fall - stillschweigend schon dadurch zum Ausdruck gebracht werden, daß bestimmte, nicht unerhebliche Investitionsausgaben getätigt würden.

E. Die Antwort auf die erste Vorlagefrage

32 Für die Beantwortung der ersten Vorlagefrage erscheint es mir notwendig, mich auf den harmonisierten Begriff(18) des "Steuerpflichtigen" der Mehrwertsteuer zu beziehen.

33 Wie ich bereits ausgeführt habe, gilt gemäß Artikel 4 der Sechsten Richtlinie als Steuerpflichtiger der Mehrwertsteuer, wer wirtschaftliche Tätigkeiten, die die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen zum Gegenstand haben, selbständig ausübt. Dagegen sehen weder dieser Artikel noch eine andere Bestimmung der Sechsten Richtlinie vor, daß die Eigenschaft als Steuerpflichtiger von zusätzlichen Formerfordernissen, wie einer formalen entsprechenden Anerkennung durch die Steuerverwaltung, abhinge.

34 Die Richtlinie stellt auf diese Weise einen unmittelbaren Bezug zwischen den Begriffen steuerbarer Umsatz und Steuerpflichtiger her. Der Zeitpunkt der Tätigung des steuerbaren Umsatzes ist genau der Zeitpunkt, zu dem der steuerbare Umsatz und der Steuerpflichtige im Bereich des Steuerrechts auftreten, und zu dem daneben der gesamte Mehrwertsteuermechanis ausgelöst wird.(19)

35 Was konkret die in der Absicht, eine der Mehrwertsteuer unterliegende wirtschaftliche Tätigkeit zu beginnen, getätigten Kosten angeht, so ist im Einklang mit den Urteilen Rompelman, Inzo und Ghent Coal anzunehmen, daß der Unternehmer die Eigenschaft als Steuerpflichtiger und daher das Recht zum Vorsteuerabzug zu dem Zeitpunkt erwirbt, zu dem seine Lieferanten die Gegenstände liefern oder die Dienstleistungen erbringen, und zwar auch dann, wenn die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit niemals zur Ausführung gelangt. In solchen Fällen kann vom Betroffenen nur verlangt werden, daß er tatsächlich die Absicht gehabt hat, die erwähnte der Mehrwertsteuer unterliegende wirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten.

36 Es obliegt nicht dem Gerichtshof, sondern den nationalen Steuerbehörden und gegebenenfalls Gerichten, festzustellen, ob der Betroffene den tatsächlichen Willen hatte, eine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit aufzunehmen.

37 Ungeachtet dessen läßt sich im vorliegenden Fall aus dem im Vorlagebeschluß dargestellten Sachverhalt ableiten, daß die Klägerin tatsächlich die Absicht hatte, die Tätigkeit der Reparatur und des Verkaufs von Automobilen durchzuführen, die ohne jeden Zweifel der Mehrwertsteuer unterliegt. Später mußte sie wegen verschiedener Ereignisse finanzieller Art, die von ihrem Willen unabhängig waren, von dieser Tätigkeit Abstand nehmen und die bereits erstellten Bauwerke, für die die Mehrwertsteuer entrichtet wurde, einem Dritten übertragen. Aus den bisherigen Darlegungen ist zu schließen, daß die Klägerin, zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Übertragung erfolgte, bereits mehrwertsteuerpflichtig geworden war, obwohl die Steuerbehörde diese Voraussetzung nicht formal anerkannt hatte.

38 Ist die Klägerin berechtigt, die von ihr entrichtete Vorsteuer abzuziehen?(20)

39 Wie ich bereits ausgeführt habe, entsteht das Recht auf Abzug - ein wesentlicher Bestandteil des Mehrwertsteuersystems - unmittelbar(21) aus Artikel 17 der Sechsten Richtlinie, sobald die abziehbare Vorsteuer fällig ist, d. h. nach Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie bei der Bewirkung der Lieferung des Gegenstands oder der Dienstleistung.

40 Vor allem läßt sich dem Vorlagebeschluß nicht entnehmen, daß die Klägerin eine der wesentlichen Formvorschriften nicht erfuellt hätte, deren Nichtbefolgung zum Verlust des Abzugsrechts führt.

41 Wie die Kommission zu Recht ausführt, ermöglicht es § 18 UStG(22) der Klägerin, unmittelbar in einer ihrer monatlichen Voranmeldungen dieses Recht auf Abzug geltend zu machen. Hätte sie dies getan, so hätte die Steuerverwaltung ihre Eigenschaft als Steuerpflichtige anerkennen und den entsprechenden Abzug akzeptieren müssen.

42 Die Klägerin wartete jedoch mit der Ausübung ihres Rechts auf Abzug bis zur jährlichen Erklärung; zu diesem Zeitpunkt war der Steuerverwaltung bereits bekannt, daß die Absicht der wirtschaftlichen Tätigkeit fehlgeschlagen war. Dieser Umstand ändert jedoch an dem bisherigen Ergebnis nichts. Die Klägerin war mehrwertsteuerpflichtig und konnte nach der geltenden nationalen Regelung dafür optieren, von ihrem Recht auf Vorsteuerabzug am Ende des Jahres Gebrauch zu machen, wie sie dies auch tat.

43 Nach allem bin ich der Ansicht, daß die Klägerin ein Recht auf Abzug der Vorsteuer hatte, die sie für die Gegenstände und Dienstleistungen, die ihr geliefert wurden, entrichtet hatte, und daß sie dieses Recht behielt, als sie ihre jährliche Steuererklärung einreichte, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, daß die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit nicht durchgeführt werden würde.

44 Dieses Ergebnis entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofes in der Rechtssache Inzo.

45 Die deutsche Regierung konzentriert ihre Erklärungen darauf, daß der vom Gerichtshof im Urteil Inzo angeführte Grundsatz der Rechtssicherheit für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich sei, da die Steuerverwaltung im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt die Eigenschaft der Klägerin als Steuerpflichtige anerkannt habe.

46 Hingegen führt die deutsche Regierung nichts zu dem anderen Grundsatz aus, auf den sich der Gerichtshof in seinem Urteil Inzo gestützt hat, nämlich dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer(23). Im Urteil Inzo hat der Gerichtshof ausgeführt, daß dieser Grundsatz verhindere, daß es zu nicht gerechtfertigten Unterscheidungen zwischen Unternehmen, die schon steuerbare Umsätze tätigen, und solchen Unternehmen komme, die durch Investitionen versuchten, Tätigkeiten aufzunehmen, die zu steuerbaren Umsätzen führen würden, und daß willkürliche Unterscheidungen zwischen diesen letzteren Unternehmen getroffen würden, da die endgültige Zulassung der Abzüge von der Frage abhänge, ob solche Investitionen zu steuerbaren Umsätzen führten oder nicht.

47 Meines Erachtens verbietet dieser Grundsatz erst recht, daß die letztgenannten Unternehmen je nach dem Zeitpunkt diskriminiert werden, zu dem sie den Vorsteuerabzug beantragt haben - bevor oder nachdem feststeht, daß die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit nicht zur Ausführung kommt -, oder je nachdem, ob die zuständige Steuerverwaltung ihnen die Eigenschaft als Steuerpflichtige förmlich zuerkannt hat.

48 Da der Grundsatz der Neutralität einer der wesentlichen Stützpfeiler des Mehrwertsteuersystems ist, ist eine Lösung nicht hinnehmbar, die deren Erfordernissen widerspricht und die in den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts keine ausdrückliche Grundlage findet.

49 Zur Vervollständigung dieser Analyse ist das Vorbringen der deutschen Regierung zu untersuchen, daß eine Antwort auf die erste Vorlagefrage, die ihrer Ansicht widerspräche, einen unmittelbaren Anreiz zum Mißbrauch darstelle, da sich jeder Endverbraucher, der Investitionsgüter erwerbe (z. B. ein Grundstück oder ein Kraftfahrzeug) auf die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen mit Berechtigung zum Vorsteuerabzug berufen könne, da er nur seine Absicht zu äußern brauche, eine wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen. Die Steuerverwaltung müsse in diesem Fall aufgrund einer rein subjektiven Absichtserklärung entscheiden, und nicht anhand objektiv nachprüfbarer tatsächlicher Angaben.

50 Ich teile natürlich die Besorgnis der deutschen Regierung in bezug auf die Gefahren der Steuerhinterziehung. Allerdings fehlt es den Mitgliedstaaten nicht an Instrumenten zur Verhinderung und Bekämpfung dieser Hinterziehung. In dieser Hinsicht halte ich es für angebracht, erstens daran zu erinnern, daß die Sechste Richtlinie in ihren Artikeln 18 und 22 eine Reihe formaler Anforderungen - Erklärungen, Rechnungen, Aufzeichnungen - aufstellt, die die Steuerpflichtigen erfuellen müssen und die die Mitgliedstaaten als erforderlich erachten, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden(24). Zweitens verfügen die Mitgliedstaaten über ein weites Ermessen bei der Feststellung im jeweiligen Fall, welches der wirkliche Wille des Betroffenen ist. Schließlich kann die Steuerverwaltung in Fällen der Steuerhinterziehung oder des Mißbrauchs die Eigenschaft als Steuerpflichtiger aberkennen und die abgegebene vorläufige Anmeldung ändern(25).

51 Aus den dargelegten Gründen bin ich der Ansicht, daß auf die erste Vorlagefrage zu antworten ist, daß die Artikel 4 und 17 der Sechsten Richtlinie so auszulegen sind, daß das Recht auf Abzug der Vorsteuer, die bei im Hinblick auf eine beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit getätigten Umsätzen entrichtet worden ist, auch dann besteht, wenn der Steuerbehörde bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Steuerfestsetzung bekannt ist, daß die zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit nicht entfaltet werden wird.

V. Die zweite Vorlagefrage

A. Das anwendbare Gemeinschaftsrecht

52 Artikel 28 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"Während der in Absatz 4 genannten Übergangszeit(26) können die Mitgliedstaaten

...

b) die in Anhang F aufgeführten Umsätze unter den in den Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen weiterhin befreien;

c) den Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumen, für die Besteuerung der nach Anhang G befreiten Umsätze zu optieren;

..."

53 In Anhang F Nummer 16 sind "Lieferungen der in Artikel 4 Absatz 3 bezeichneten Gebäude und Grundstücke" aufgeführt.

54 Artikel 4 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie lautet:

"(3) Die Mitgliedstaaten können auch solche Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich eine der in Absatz 2 genannten Tätigkeiten ausüben und insbesondere eine der folgenden Leistungen erbringen:

a) die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten der Anwendung dieses Kriteriums auf Umbauten von Gebäuden und den Begriff dazugehöriger Grund und Boden festlegen.

Die Mitgliedstaaten können andere Kriterien als das des Erstbezugs bestimmen, z. B. den Zeitraum zwischen der Fertigstellung des Gebäudes und dem Zeitpunkt seiner ersten Lieferung, oder den Zeitpunkt zwischen dem Erstbezug und der späteren Lieferung, sofern diese Zeiträume fünf bzw. zwei Jahre nicht überschreiten.

Als Gebäude gilt jedes mit dem Boden fest verbundene Bauwerk;

b) die Lieferung von Baugrundstücken.

Als Baugrundstücke gelten erschlossene oder unerschlossene Grundstücke entsprechend den Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten."

55 In Anhang G Nummer 1 ist bestimmt:

"1. Das Optionsrecht im Sinne von Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe c) kann in folgenden Fällen eingeräumt werden:

...

b) bei den unter Anhang F fallenden Umsätzen:

diejenigen Mitgliedstaaten, in denen solche Umsätze vorübergehend weiterhin von der Steuer befreit sind, können den Steuerpflichtigen das Recht einräumen, für die Besteuerung zu optieren."

56 Schließlich bestimmt Artikel 20, der die Berichtigung der Vorsteuerabzüge regelt, in Absatz 3:

"(3) Bei Lieferung eines Investitionsgutes innerhalb des Berichtigungszeitraums ist dieses so zu behandeln, als ob es bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums weiterhin für eine wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen verwendet worden wäre. Diese wirtschaftliche Tätigkeit gilt als steuerpflichtig, wenn die Lieferung des genannten Investitionsgutes steuerpflichtig ist; sie gilt als steuerfrei, wenn die Lieferung steuerfrei ist. Die Berichtigung wird in diesen Fällen für den gesamten noch verbleibenden Berichtigungszeitraum auf einmal vorgenommen.

Die Mitgliedstaaten können jedoch von der vorgeschriebenen Berichtigung absehen, wenn es sich bei dem Abnehmer um einen Steuerpflichtigen handelt, der die betreffenden Investitionsgüter ausschließlich zu Umsätzen verwendet, bei denen die Mehrwertsteuer abgezogen werden kann."

B. Das nationale Recht

57 § 4 UStG bestimmt:

"Von den unter § 1 Absatz 1 Nr. 1 bis 3 fallenden Umsätze sind steuerfrei:

...

9.a) die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen ...".

58 § 9 UStG stellt jedoch klar:

"1. Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach § 4 ... Nr. 9 ... steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird."

C. Die Erklärungen der Beteiligten

59 Die deutsche Regierung führt zunächst aus, daß die Bundesrepublik Deutschland von der ihr durch Artikel 13 Teil C der Sechsten Richtlinie erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht habe, ihren Steuerpflichtigen das Recht einzuräumen, für eine Besteuerung bei der Lieferung von Gebäuden und dem dazugehörigen Grund und Boden zu optieren.

60 Da Artikel 13 Teil C der Sechsten Richtlinie den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Möglichkeit überlasse, den Umfang des Optionsrechts einzuschränken und die Modalitäten seiner Ausübung zu bestimmen, bleibe es letztlich eine Frage des nationalen Rechts, ob der Steuerpflichtige von seinem Optionsrecht Gebrauch machen und dabei die Lieferung des Gebäudes von derjenigen des Grundstücks trennen könne. Daher stehe Artikel 13 Teil C der Sechsten Richtlinie einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es erlaube, daß die Option nur für das Gebäude oder nur das Grundstück in Anspruch genommen werde, ebensowenig einer Regelung, nach der die Option nur für das gesamte Grundstück ausgeübt werden könne.

61 Die Kommission führt aus, die Steuerbefreiung nach deutschem Recht finde ihre Grundlage nicht in Artikel 13 Teil B Buchstabe g der Sechsten Richtlinie, sondern in Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b in Verbindung mit Anhang F Nummer 16 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie, und das Optionsrecht finde seine Grundlage nicht in Artikel 13 Teil C, sondern in Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe c in Verbindung mit Anhang G Nummer 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie. Die Kommission leitet aus den erwähnten Bestimmungen ab, daß die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und des dazugehörigen Grund und Bodens nur insgesamt von der Steuer befreit werden könne. Das gleiche gelte für das Recht auf Option für die Besteuerung.

D. Die Antwort auf die zweite Vorlagefrage

62 Ich bin mit der Kommission darin einig, daß die im deutschen Recht gewährte Ausnahme ihre Grundlage nicht in Artikel 13 Teil B Buchstabe g der Sechsten Richtlinie findet. Denn diese Bestimmung lautet: "Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Mißbräuchen festsetzen, von der Steuer: ... g) die Lieferungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, mit Ausnahme der in Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a) bezeichneten Gegenstände; ..."

63 Nun bezieht sich, wie ich bereits ausgeführt habe, Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a auf "die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt".(27)

64 Im vorliegenden Fall wurden die Gebäudeteile vor dem Erstbezug geliefert, weshalb die Befreiung und das Optionsrecht entgegen dem Vorbringen der deutschen Regierung in ihren Erklärungen nur auf Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b in Verbindung mit Anhang F Nr. 16 und mit Artikel 4 Absatz 3 beruhen kann, wie das vorlegende Gericht richtig ausführt.

65 Nachdem dieser Punkt klargestellt ist, komme ich im folgenden zur Vorlagefrage.

66 Der Bundesfinanzhof führt in seinem Vorlagebeschluß aus, das deutsche Recht sei so auszulegen, daß die Befreiung oder gegebenenfalls das Recht auf Option für die Besteuerung für das gesamte Grundstück einschließlich der Gebäude oder Gebäudeteile und des dazugehörigen Grund und Bodens gelten müsse. Er fügt hinzu, daß der bisher in seiner eigenen Rechtsprechung diese Auslegung stets bestätigt habe. Dennoch möchte er wissen, ob die deutsche Regelung so ausgelegt mit der Sechsten Richtlinie vereinbar sei.

67 Die Prüfung muß mit einer Auslegung dessen beginnen, was unter "Erstbezug" "von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden" im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a zu verstehen ist.

68 Vor allem muß das erwähnte Tatbestandsmerkmal unbeschadet dessen, daß die Mitgliedstaaten den Begriff "dazugehöriger Grund und Boden" im Einklang mit der Möglichkeit definieren, die ihnen Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a Satz 2 der Sechsten Richtlinie bietet(28), in allen Mitgliedstaaten einheitlich ausgelegt werden. Anderenfalls würde das Ziel der Richtlinie, eine "einheitliche und nach Gemeinschaftsvorschriften erfolgende Bestimmung einer steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage"(29), nicht erreicht.

69 Der Gerichtshof hat bei zwei Gelegenheiten die Teilung eines Grundstücks im Rahmen der Erhebung der Mehrwertsteuer hingenommen. Meines Erachtens liefert keines dieser beiden Urteile eine Antwort auf die erste Vorlagefrage.

70 Als erstes haben die deutsche Regierung, die Kommission und das vorlegende Gericht das Urteil Armbrecht(30) angeführt.

71 In dieser Rechtssache hat sich der Gerichtshof mit der Frage befaßt, ob ein Steuerpflichtiger, wenn er ein Grundstück verkauft, das er zu unternehmerischen und privaten Zwecken genutzt hat, und dabei auf die Steuerbefreiung verzichtet, die für den Verkauf sonst gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe g der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie gelten würde, Mehrwertsteuer für den Teil des Verkaufserlöses entrichten muß, der dem privat genutzten Teil des Grundstücks entspricht.

72 Die deutsche Regierung führte in ihren Erklärungen in der Rechtssache Armbrecht aus, das Grundstück stelle nach deutschem Zivilrecht einen einzigen Gegenstand dar und sei als solcher im Grundbuch eingetragen. Daher sei es auch im Hinblick auf die Richtlinie als ein Gegenstand anzusehen.

73 Auf diese Ausführungen hin hat der Gerichtshof folgendes festgestellt: "Zwar grenzt Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie nicht den Umfang der übertragenen Eigentumsrechte ab; dieser bestimmt sich nach nationalem Recht. ... Jedoch wäre das mit der Richtlinie verfolgte Ziel, das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf eine einheitliche Definition der steuerbaren Umsätze zu gründen, gefährdet, wenn die Feststellung, daß eine Lieferung von Gegenständen vorliegt, die einen der drei steuerbaren Umsätze darstellt, von der Erfuellung von Voraussetzungen abhinge, die von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich wären ... Daher kann die Antwort auf die gestellte Frage, die nicht die zivilrechtliche Seite der Lieferung, sondern die Besteuerung betrifft, nicht in dem im Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Recht gefunden werden."(31)

74 In diesem Punkt ist das Urteil Armbrecht ein eindeutiger Präzedenzfall für die vorliegende Rechtssache. Der Umstand, daß wie der Bundesfinanzhof ausführt, nach dem deutschen Zivilrecht (§§ 93 und 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ein Gebäude und der dazugehörende Grund und Boden untrennbare Bestandteile darstellen und nicht Bestandteil besonderer Rechte sein können, bedeutet nicht, daß Gebäude und Grund und Boden nicht im Rahmen der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden könnten, sofern natürlich die korrekte Anwendung der Sechsten Richtlinie verlangt, daß diese Bestandteile getrennt werden.

75 Um auf das Urteil Armbrecht zurückzukommen: Der Gerichtshof hat es für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar befunden, daß der Steuerpflichtige nur für den zu beruflichen Zwecken benutzten Teil des Grundstücks Steuer entrichtet, da der Verkauf des für private Zwecke benutzten Teiles nicht in den Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie fällt.

76 Der Gerichtshof hat festgestellt, daß "die Aufteilung zwischen dem vom Steuerpflichtigen unternehmerisch und dem von ihm privat genutzten Teil auf der Grundlage des unternehmerischen und des privaten Nutzungsanteils im Erwerbsjahr und nicht auf der Grundlage der räumlichen Aufteilung vorzunehmen ist. Weiterhin muß der Steuerpflichtige in der ganzen Zeit, in der er den fraglichen Gegenstand besitzt, seinen Willen, einen Teil davon in seinem Privatvermögen zu behalten, nach außen erkennbar werden lassen."(32)

77 Es besteht wenig Zweifel, daß die Lage im vorliegenden Fall anders ist.

78 Denn das von der Klägerin veräußerte Grundstück, das aus Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden besteht, wurde stets für unternehmerische Zwecke genutzt. Daher fand keine private Nutzung statt, die eine anteilsmäßige Aufteilung im Sinne des Urteils Armbrecht rechtfertigen würde. Sowohl die Übertragung des Grund und Bodens als auch der Gebäudeteile erfolgten durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher tätig wurde.

79 Die zweite Gelegenheit, zu der der Gerichtshof die Ansicht vertrat, es sei notwendig, die Mehrwertsteuer bei Teilen, aus denen sich ein Grundstück zusammensetzte, in unterschiedlicher Weise zu erheben, war das Urteil De Jong(33).

80 In dieser Rechtssache hat sich der Gerichtshof mit der Frage befaßt, ob ein Steuerpflichtiger - konkret: ein Bauunternehmer -, der ein Grundstück allein für die private Verwendung erwirbt, darauf aber im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ein Wohnhaus errichtet, um es selbst zu bewohnen, das Grundstück den Gegenständen seines Unternehmens für seinen privaten Bedarf im Sinne von Artikel 5 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie entnimmt.

81 Die niederländische Regierung hat ausgeführt, durch den Bau eines Wohnhauses auf einem dem Unternehmen für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Grundstück sei im Hinblick auf die Umsatzsteuer eine neue unbewegliche Sache entstanden, die aus dem Gebäude und dem dazugehörigen Grundstück bestehe. Folglich habe der Steuerpflichtige diese Einheit, die sich aus der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit ergebe, für seinen privaten Bedarf entnommen.

82 Der Gerichtshof ist dieser Ansicht nicht gefolgt. Er hat ausgeführt, unabhängig davon, ob Grundstück und Gebäude nach innerstaatlichem Recht untrennbar miteinander verbunden seien, sei zwischen der Besteuerung eines Grundstücks, das einem Steuerpflichtigen als Privatperson gehöre, und der Besteuerung eines Gebäudes, das der Steuerpflichtige auf diesem Grundstück im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit errichte, zu unterscheiden; weiter hat er festgestellt:

"Was die Besteuerung eines Grundstücks angeht, das einem Bauunternehmer privat gehört und auf dem er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für sich selbst ein Wohnhaus errichtet, so ... [hat] das Grundstück nie zum Vermögen des Unternehmens gehört und [kann] ... deshalb nicht im Sinne von Artikel 5 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie entnommen worden sein ... Besteuerungsgrundlage ist also gemäß Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie nur der Wert des errichteten Gebäudes, nicht aber der Wert des Grundstücks."(34)

83 Meines Erachtens weist die Rechtssache De Jong ebenfalls große Unterschiede zum vorliegenden Fall auf.

84 Zum einen hatte in der Rechtssache De Jong der Betroffene das Grundstück für private Zwecke erworben, während die Klägerin, wie ich bereits ausgeführt habe, dies getan hat, um ihre berufliche Tätigkeit zu entfalten. Zum anderen war in jenem Fall das Wohnhaus von dem Bauunternehmen errichtet worden, das dem Betroffenen selbst gehörte, und es sollte von diesem bezogen werden, während die Klägerin einen Dritten mit der Errichtung des Gebäudes beauftragte, das für der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeiten benutzt werden sollte.

85 Daher meine ich, daß die Antwort, die auf die vom Bundesfinanzhof gestellte Frage zu erteilen ist, nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes abgeleitet werden kann, sondern unmittelbar in den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie zu suchen ist.

86 Die Kommission vertritt, gestützt auf eine wörtliche Auslegung von Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a, die Ansicht, daß sich diese Bestimmung auf die Lieferung des Grundstücks beziehe, das in untrennbarer Weise das Gebäude und den Grund und Boden umfasse.

87 Der Wortlaut des erwähnten Artikels, insbesondere die Verwendung des Bindewortes "und", scheint die Ansicht der Kommission zu bestätigen. Zum anderen stimmen die verschiedenen Sprachfassungen in diesem Punkt überein.(35)

88 Meines Erachtens bestätigt eine Untersuchung der erwähnten Bestimmungen der Sechsten Richtlinie in bezug auf die Besteuerung der Lieferung von Grundstücken diese Auslegung.

89 Denn die Sechste Richtlinie unterscheidet zwischen unbebauten unerschlossenen Grundstücken, unbebauten erschlossenen Grundstücken und bebauten Grundstücken:

- die Lieferungen unbebauter unerschlossener Grundstücke sind von der Mehrwertsteuer befreit, auch wenn die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen können, für eine Besteuerung zu optieren(36);

- die Lieferungen unbebauter erschlossener Grundstücke unterliegen der Mehrwertsteuer, auch wenn die Mitgliedstaaten sie während der Übergangszeit weiterhin befreien, aber auch das Recht auf Option für eine Besteuerung einräumen können(37);

- in bezug auf bebaute Grundstücke unterscheidet die Richtlinie zwischen der ersten Lieferung und späteren Lieferungen:

a) die Lieferung vor dem Erstbezug von Gebäuden und Gebäudeteilen und dem dazugehörenden Grund und Boden unterliegt der Mehrwertsteuer. Als Gebäude gilt jedes mit dem Boden fest verbundene Bauwerk. Unbeschadet dessen können die Mitgliedstaaten während der Übergangszeit diese Lieferungen von der Steuer befreien wie auch das Recht auf Option für eine Besteuerung einräumen(38);

b) die späteren Lieferungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden sind von der Steuer befreit, obwohl auch in diesem Fall die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht auf Option für eine Besteuerung einräumen können(39).

90 Wie sich also zeigt, regelt die Sechste Richtlinie die Steuerbarkeit der Lieferung von Grundstücken gesondert nur, soweit diese nicht bebaut sind. Sind sie hingegen bebaut, so ist in Ermangelung besonderer Bestimmungen über die getrennte Besteuerung von Grund und Boden und Gebäude(40) davon auszugehen, daß für die Zwecke der Mehrwertsteuer der Wert des Grund und Bodens in die Bebauung einbezogen ist, so daß das "Grundstück" untrennbar den Grund und Boden und das darauf errichtete Gebäude umfaßt(41).

91 Vielleicht ist es sachdienlich, an dieser Stelle auf das Urteil Kerrutt(42) zu verweisen. In diesem Urteil hat sich der Gerichtshof mit der Frage befaßt, ob Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die im Rahmen einer auf die Errichtung eines Gebäudes gerichteten "Bündelung" von Werk- und Dienstleistungsverträgen erbracht werden, aufgrund von Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie abgesehen von der Lieferung des Baugrundstücks der Mehrwertsteuer unterliegen, oder ob sie unter die in den Artikeln 13 Teil B Buchstabe g und 28 Absatz 3 Buchstabe b in Verbindung mit Anhang F Nummer 16 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen für "Lieferungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden" fallen.

92 Der Gerichtshof hat festgestellt, daß die Anwendbarkeit der erwähnten Bestimmungen bei einem derartigen Immobiliengeschäft davon abhänge, ob die der Errichtung eines Gebäudes dienenden fraglichen Lieferungen und Dienstleistungen zusammen mit dem Grundstücksumsatz als ein einheitliches Immobiliengeschäft anzusehen seien, das wegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs sämtlicher in Rede stehender Teilumsätze und wegen ihres gemeinsamen Zwecks der Errichtung des Gebäudes auf dem erworbenen Grundstück "als Lieferung eines Gebäudes und des dazugehörigen Grund und Bodens" zu betrachten sei.

93 Hierzu hat der Gerichtshof für Recht erkannt:

"Schon die Wendung $Lieferung von Gebäuden ... und dem dazugehörigen Grund und Boden` zeigt, daß von einem solchen einheitlichen Geschäft nur gesprochen werden kann, wenn die beiden Arten von Lieferungsgegenständen, nämlich das Gebäude und der Grund und Boden, kaufrechtlich Gegenstand ein und derselben Lieferung im Sinne der Lieferung eines bebauten Grundstücks sind."(43)

94 Der Gerichtshof ist in dieser Rechtssache zu dem Ergebnis gelangt, daß "die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der Bauunternehmer und der Bauhandwerker, die im Rahmen einer Gesamtvereinbarung von der Art des Bauherrenmodells durchgeführt werden und bei denen es sich um rechtlich von dem mit einem anderen Unternehmer abgewickelten Grundstücksgeschäft getrennte Vorgänge handelt, nicht zusammen mit letzterem als eine Einheit im Sinne einer einheitlichen $Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden` anzusehen sind"(44).

95 Das zentrale Problem, das im Urteil Kerrutt aufzuklären war - die Frage, ob die auf die Errichtung eines Gebäudes gerichteten Werk- und Dienstleistungsverträge zusammen mit dem Grund und Boden als erste Lieferung eines Gebäudes und des dazugehörigen Grund und Bodens angesehen werden können -, hat keinen Bezug zur vorliegenden Rechtssache. Dennoch bestätigen die vom Gerichtshof bei der Erwähnung des Rechtsbegriffs, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, verwendeten Ausdrücke "einheitlicher Vorgang" und "ein und dieselbe Lieferung" meines Erachtens die von mir vorgeschlagene Auslegung.

96 So ist dann zu berücksichtigen, daß sich die Wendung "Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt", auf einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang bezieht, der im Rahmen der Anwendung der Sechsten Richtlinie einheitlich zu behandeln ist. Daher müssen sich die Befreiung und das Optionsrecht, die die Mitgliedstaaten gegebenenfalls gemäß Artikel 28 Absatz 3 anwenden, auf das Grundstück insgesamt beziehen, ohne daß die Übertragung der Gebäude oder Gebäudeteile einerseits und des Grund und Bodens andererseits getrennt werden können.

97 Die deutsche Regierung vertritt jedoch unter Berufung auf Artikel 13 Teil C letzter Satz, wonach die "Mitgliedstaaten ... den Umfang des Optionsrechts einschränken [können]" und "die Modalitäten seiner Ausübung [bestimmen]", die Ansicht, daß es die Richtlinie nicht untersage, daß sich eine nationale Regelung auf das Optionsrecht in bezug auf das Gebäude oder in bezug auf den Grund und Boden beschränke.

98 Ich möchte vor allem darauf hinweisen, daß diese Ansicht für die Entscheidung der vorliegenden Rechtssache unerheblich ist. Denn Deutschland hat nicht von einer unterstellten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Optionsrecht im angegebenen Sinn zu beschränken.

99 Zum anderen muß abermals darauf hingewiesen werden, daß sich Artikel 13 Teil C auf die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden bezieht, wenn sie nicht die erste Lieferung des Grundstücks darstellt. Dagegen enthält Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe c in Verbindung mit Anhang G Nummer 1 Buchstabe b, der sich auf das Optionsrecht bei der ersten Lieferung von Grundstücken bezieht und auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, keine Bestimmung, die derjenigen gleicht, auf die sich die deutsche Regierung beruft.

100 Schließlich meine ich, daß es dem Ziel der Harmonisierung der Mehrwertsteuer zuwiderlaufen würde, wenn die Mitgliedstaaten das Optionsrecht so regeln könnten, daß die einheitlichen steuerlichen Behandlung, die die Sechste Richtlinie bei den Lieferungen verlangt, auf die sich die vorliegende Rechtssache bezieht, durchbrochen würde.

101 Zurück zum vorliegenden Fall läßt sich aus den vorstehenden Ausführungen ableiten, daß die Klägerin die Wahl hatte, erstens sich mit der vollständigen Befreiung des Umsatzes zufriedenzugeben und zweitens von dem Optionsrecht für die Besteuerung der Lieferung des Grundstücks einschließlich der Gebäudeteile und des Grund und Bodens Gebrauch zu machen.

102 Falls sie für die vollständige Befreiung optiert, wären ihre Abzüge unter den in Artikel 20 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie festgelegten Voraussetzungen unter Anwendung des vereinfachten Berichtigungsverfahrens gemäß § 15a Absatz 5 UStG(45) vorzunehmen.

103 Entscheidet sich die Klägerin dagegen für die Besteuerung der Lieferung des Grundstücks, hat sie das Recht auf Abzug der ihren Lieferanten gezahlten Mehrwertsteuer - einschließlich der Mehrwertsteuer für die Abrechnung des Notars über die Übertragung des Grundstücks. Allerdings besteht dann die Besteuerungsgrundlage aus dem Gesamtbetrag der Gegenleistung, die somit auch den Wert des Grundstücks umfaßt(46).

104 In diesem zweiten Fall kann eine Doppelbesteuerung erfolgen, wie der Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluß ausführt.

105 Bei der Beantwortung einer Frage des Gerichtshofes hat die Kommission diese Gefahr eingeräumt, die sie wie folgt erläutert:

- A verkauft an B umsatzsteuerbefreit ein unbebautes Grundstück, in dessen Preis noch ein Restbetrag einer früher abgeführten Mehrwertsteuer für bestimmte Erschließungsarbeiten enthalten ist.

- B läßt auf dem Grundstück bauliche Maßnahmen durchführen und entrichtet die entsprechende Mehrwertsteuer.

- B verkauft an C das gesamte Grundstück (Grund und Boden einschließlich der baulichen Maßnahmen) und macht von seinem Recht auf Option für die Besteuerung Gebrauch.

- Wenn diese Option nur für das Grundstück insgesamt (Grund und Boden einschließlich der baulichen Maßnahmen) ausgeübt werden kann, ergibt sich eine Doppelbesteuerung, da der Grund und Boden zweimal mit Mehrwertsteuer belegt wurde.

106 Nach Ansicht der Kommission besteht die Gefahr der Doppelbesteuerung allgemein dann, wenn Befreiungen von der Mehrwertsteuer in der Mitte der Umsatzkette vorgenommen werden. Als Beispiel führt sie die in der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen für Versicherungsdienstleistungen und für Finanzdienstleistungen an(47). In beiden Fällen sei es den Unternehmern, die diese Tätigkeiten durchführten, nicht möglich, ihre Vorsteuern abzuziehen, so daß sie diese durch entsprechend höhere Preise auf ihre Abnehmer zu überwälzen versuchten. Gelinge ihnen dies, so komme es in der nächsten Phase der Umsatzkette zu einer Doppelbesteuerung im Umfang der Steuer, die die Unternehmen getragen hätten.

Die Art und Weise, diese hypothetische Doppelbesteuerung im vorliegenden Fall zu vermeiden, bestehe darin, die Besteuerungsgrundlage nur nach dem Wert der Baulichkeiten unter Ausschluß des Grund und Bodens zu berechnen. Allerdings sei diese Lösung auszuscheiden, da sie dem Grundsatz der Nichtteilbarkeit von Gebäude und Grund und Boden im Rahmen der Erhebung der Mehrwertsteuer zuwiderliefe, wie er sich in den nationalen Rechtsordnungen und auch in der Sechsten Richtlinie finde.

107 Bekanntlich unterbrechen im Mehrwertsteuersystem die Befreiungen den Abzugsmechanismus, und sie können dazu führen, daß die Steuerpflichtigen die Vorsteuer, die sie nicht abziehen können, auf die Preise abwälzen. Erfolgt zudem noch die Befreiung auf einer Zwischenstufe, erhöht dies die Gefahr, daß eine Doppelbesteuerung erfolgt.

108 Jedoch besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den von der Kommission angeführten wirtschaftlichen Tätigkeiten und der ersten Lieferung von Grundstücken. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat entschieden, daß aus den Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen politischen Erwägungen(48), Versicherungsdienstleistungen und Finanzdienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit bleiben sollten. Dagegen unterliegen nach dem mit der Sechsten Richtlinie eingeführten System sowohl die Lieferung von Baugrundstücken wie auch die Lieferung von bebauten Grundstücken vor ihrem Erstbezug der Mehrwertsteuer. Nur in der Übergangszeit ist den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt worden, diese Umsätze weiterhin zu befreien und das Recht zur Option für die Besteuerung zu gewähren. Nach Ablauf der Übergangszeit können daher keine Fälle der Doppelbesteuerung bei der ersten Lieferung von Grundstücken mehr auftreten, da der Erwerb von Baugrundstücken stets der Mehrwertsteuer unterliegen wird(49).

109 Zwar stellt sich in der vorliegenden Rechtssache ein Problem der Doppelbesteuerung, doch bieten die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie keine Lösung. Die Klägerin kann sich nicht auf Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie berufen, da feststeht, daß sie das Baugrundstück nicht zum Zweck des Wiederverkaufs erworben hat(50). Auch läßt sich, wie ich bereits ausgeführt habe, der Wert des Grund und Bodens bei der Berechnung der Besteuerungsgrundlage nicht vom Wert des Gebäudes trennen. Daher wird wahrscheinlich ein Fall der Doppelbesteuerung eintreten, der gegen den Grundsatz der Mehrwertsteuerneutralität verstößt.

110 Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß sich nicht zum ersten Mal in einer dem Gerichtshof vorgelegten Rechtssache das mögliche Vorliegen einer Doppelbesteuerung erweist, ohne daß die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie eine Lösung böten. Ich verweise auf die Rechtsprechung zur Besteuerung von Gebrauchsgegenständen und insbesondere auf das Urteil Oro Amsterdam Beheer(51).

111 Artikel 32 der Sechsten Richtlinie lautet wie folgt: "Der Rat erläßt vor dem 31. Dezember 1977 auf Vorschlag der Kommission einstimmig die gemeinschaftliche Regelung für die Besteuerung von Gebrauchsgegenständen, Kunstgegenständen, Antiquitäten und Sammlungsstücken. Bis zur Anwendung dieser Gemeinschaftsregelung können die Mitgliedstaaten, die auf diesem Gebiet bei Inkrafttreten dieser Richtlinie eine Sonderregelung anwenden, diese beibehalten."

Zwölf Jahre nach der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist war die gemeinschaftliche Regelung für die Besteuerung von Gebrauchsgegenständen noch nicht erlassen worden.

112 Der Gerechtshof Amsterdam hat den Gerichtshof gefragt, ob unter diesen Umständen das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Sechste Richtlinie einer nationalen Steuerregelung entgegenstehen, die es nicht erlaubt, bei der Festsetzung der Mehrwertsteuer für Umsätze mit dem Verkauf von Gebrauchsgegenständen die Steuer zu berücksichtigen, die im Ankaufspreis der nichtsteuerpflichtigen Privatpersonen zum Zweck des Weiterverkaufs abgekauften Gegenstände noch enthalten ist, zu berücksichtigen.

113 Der Gerichtshof hat bei der Beantwortung ausgeführt: "Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem insgesamt ist das Ergebnis einer schrittweisen Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften im Rahmen der Artikel 99 und 100 EWG-Vertrag. ... [D]iese Harmonisierung [ist], so, wie sie durch aufeinanderfolgende Richtlinien und insbesondere durch die Sechste Richtlinie verwirklicht worden ist, erst eine teilweise Harmonisierung. Diese Harmonisierung bezweckt zwar unter anderem, eine doppelte Besteuerung auszuschließen, denn es ist dem Mehrwertsteuersystem inhärent, daß auf jeder Besteuerungsstufe die Steuer abgezogen wird, die einen Umsatz als Vorsteuer belastet. Dieses Ziel ist jedoch, wie der Wortlaut von Artikel 32 der Sechsten Richtlinie zeigt, noch nicht erreicht, und es ist unmöglich, in dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem bei seinem gegenwärtigen Stand die Grundlagen zu finden, die für die Definition und die Festlegung von Anwendungsmodalitäten eines gemeinsamen Steuersystems notwendig sind, mit dem auf dem Gebiet des Handels mit Gebrauchsgegenständen eine doppelte Besteuerung verhindert werden könnte."(52)

114 Daher kann der Umstand, daß es den Mitgliedstaaten während der Übergangszeit freisteht, Steuerregelungen aufrechtzuerhalten, die vom gemeinsamen Mehrwertsteuersystem abweichen, unerwünschte Wirkungen zeitigen, die erst dann beseitigt werden, wenn diese Übergangszeit beendet ist. Allerdings rechtfertigen es Fälle der Doppelbesteuerung, die, wie im vorliegenden Fall, auftreten können, nicht, die Gemeinschaftsbestimmungen entgegen ihrem Wortlaut und ihrem Sinn und Zweck auszulegen.

Antrag

115 Nach allem schlage ich vor, auf die Vorlagefragen des Bundesfinanzhofs wie folgt zu antworten:

1. Die Artikel 4 und 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - sind so auszulegen, daß das Recht auf Abzug der Vorsteuer, die für Umsätze entrichtet wurde, die im Hinblick auf eine beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit getätigt wurden, auch dann besteht, wenn der Steuerbehörde bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung bekannt ist, daß die zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit nicht aufgenommen wird.

2. Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist so auszulegen, daß die Option für die Besteuerung bei der Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden in untrennbarer Weise für das gesamte Grundstück einschließlich der Gebäude oder Gebäudeteile und dem dazugehörigen Grund und Boden auszuüben ist.

(1) - ABl. L 145, S. 1. Der vielfach geänderte Text dieser Regelung gibt F. Pérez Royo mit seiner Behauptung Recht, daß das "Studium der Mehrwertsteuer eine beinahe undankbarere Aufgabe ist als ihre Bezahlung" (Einleitung zu Ramírez Gómez, S.: El Impuesto Sobre el Valor Añadido, Civitas, Madrid, 1994).

(2) - Unterschiedsbetrag (mit einer Ungenauigkeit von einigen Pfennigen) zwischen der Vorsteuer und der Mehrwertsteuer auf den Verkaufspreis der Gebäudeteile.

(3) - Unterschiedsbetrag (mit einer Ungenauigkeit von einigen Pfennigen) zwischen der anerkannten Vorsteuer und der Mehrwertsteuer auf den Verkaufspreis der Gebäudeteile.

(4) - Urteil vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-110/94 (Inzo, Slg. 1996, I-857).

(5) - Fassung von Artikel 17 der Sechsten Richtlinie, die im Zeitpunkt des Sachverhalts des vorliegenden Verfahrens galt. Absatz 2 wurde später geändert durch Artikel 1 Nr. 22 der Richtlinie 91/680/EWG vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1) und durch Artikel 1 Nr. 10 der Richtlinie 95/7/EWG des Rates vom 10. April 1995 zur Änderung der Richtlinie 77/388 und zur Einführung weiterer Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer - Geltungsbereich bestimmter Steuerbefreiungen und praktische Einzelheiten ihrer Durchführung (ABl. L 102, S. 18).

(6) - Urteil vom 14. Februar 1985 in der Rechtssache 268/83 (Rompelman, Slg. 1985, 655).

(7) - Randnrn. 19, 22 und 23.

(8) - Urteil vom 21. September 1988 in der Rechtssache 50/87 (Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 4797).

(9) - Randnrn. 16 und 17.

(10) - Urteil vom 11. Juli 1991 in der Rechtssache C-97/90 (Lennartz, Slg. 1991, I-3795).

(11) - Absätze 8 und 15.

(12) - Urteil Inzo, zitiert in Fußnote 4.

(13) - Randnrn. 18 bis 20.

(14) - Randnrn. 21 und 22.

(15) - Randnr. 23.

(16) - Urteil vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C-37/95 (Ghent Coal, Slg. 1998, I-1).

(17) - Randnr. 24.

(18) - Die Begriffe steuerbarer Umsatz, Steuerpflichtiger, Steuertatbestand und Steueranspruch sowie Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer, die, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. Mai 1982 in der Rechtssache 15/81 (Schul, Slg. 1982, 1409, Randnrn. 11 und 12) ausgeführt hat, durch die Sechste Richtlinie harmonisiert worden sind, sind in den Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen.

(19) - Der Zusammenhang zwischen dem steuerbaren Umsatz und dem Steuerpflichtigen wird in der Literatur zu dieser Frage üblicherweise erwähnt. So heißt es bei Sainz de Bujanda: "Steuerpflichtiger ist die Person, die die Stellung des Schuldners im Rahmen der Steuerpflicht einnimmt, da sie den steuerbaren Umsatz getätigt hat" (Sainz de Bujanda, F., Notas de Derecho financiero, t. I., vol. 2o, Publicaciones de la Facultad de Derecho de Madrid, Madrid, 1967, S. 608, zitiert bei Menéndez Moreno, A., Comentarios a la Ley General Tributaria y líneas para su reforma - Homenaje a Fernando Sainz de Bujanda, Instituto de Estudios Fiscales, Madrid, 1991, S. 502).

(20) - Ich behandele an dieser Stelle nicht das Problem, das Gegenstand der zweiten Vorlagefrage ist, ob sie die Gebäudeteile und das Grundstück zum Zweck der Option für die Besteuerung abtrennen konnte.

(21) - Sofern der Betroffene bestimmte Anforderungen erfuellt, insbesondere 1) Steuerpflichtiger ist, 2) die Gegenstände oder Dienstleistungen ihm entgeltlich in seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger geliefert worden sind, und 3) er die Formbestimmungen des Artikels 18 der Sechsten Richtlinie und diejenigen, die in den nationalen Regelungen auf der Grundlage von Artikel 22 Absatz 8 der Richtlinie erlassen wurden, beachtet hat (vgl. hierzu Urteile vom 14. Juli 1988 in den verbundenen Rechtssachen 123/87 und 330/87, Jeunehomme, Slg. 1988, 4517, vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-217/94, Eismann, Slg. 1996, I-5287, und vom 5. Dezember 1996 in der Rechtssache C-85/95, Reisdorf, Slg. 1996, I-6257. Zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Festlegung dieser formalen Anforderungen zu beachten, siehe Urteil vom 18. Dezember 1997 in den verbundenen Rechtssachen C-286/94, C-340/95, C-401/95 und C-47/96, Molenheide, Slg. 1997, I-7281, sowie die Schlußanträge des Generalanwalts Saggio vom 7. Oktober 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-110/98 bis C-147/98, Gabalfrisa SL u. a., noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 32 und 33).

(22) - Diese Bestimmung regelt das Besteuerungsverfahren bei der Mehrwertsteuer.

(23) - Die deutsche Regierung führt nur aus, daß die Klägerin, da die Steuerverwaltung ihre Eigenschaft als Steuerpflichtige nicht anerkannt habe, diese Eigenschaft nicht erworben habe und daher keine der Mehrwertsteuer unterliegenden wirtschaftlichen Tätigkeiten habe durchführen können, so daß der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer keine Anwendung finden könne.

(24) - Nach Artikel 22 Absatz 8 in der Fassung des Artikels 28h der Richtlinie 91/680, zitiert in Fußnote 5, können die Mitgliedstaaten unter Beachtung der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen im Inland und zwischen Mitgliedstaaten bewirkten Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen.

(25) - So hat der Gerichtshof im Urteil Ghent Coal entschieden, daß "in Fällen von Betrug oder Mißbrauch, in denen der Betroffene die Absicht, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur vorgespielt, in Wirklichkeit jedoch versucht hat, abzugsfähige Gegenstände seinem Privatvermögen zuzuführen, die Steuerbehörde rückwirkend die Nachzahlung der abgezogenen Beträge verlangen kann, da diese Abzüge aufgrund falscher Erklärungen gewährt wurden" (in Fußnote 16 zitiertes Urteil, Randnr. 21). Diese Möglichkeit findet sich im deutschen Recht in § 164 der Abgabenordnung wieder, wonach die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen kann und dem Steuerpflichtigen mitgeteilt wird, daß die vorläufige Steuerfestsetzung später geändert werden kann.

(26) - Die Übergangszeit wurde zunächst auf fünf Jahre, beginnend mit dem 1. Januar 1978, festgelegt. Sie muß jedoch als für unbestimmte Zeit verlängert betrachtet werden, da der Rat noch keine Entscheidung über eine Beseitigung dieser Ausnahmen getroffen hat.

(27) - Hervorhebung von mir.

(28) - Nach den Angaben der Kommission hat Deutschland von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

(29) - Vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Mai 1985 in der Rechtssache 139/84 (Van Dijk's Boekhuis, Slg. 1985, 1405, Randnr. 19).

(30) - Urteil vom 4. Oktober 1995 in der Rechtssache C-291/92 (Slg. 1995, I-2775).

(31) - Randnrn. 13 und 14.

(32) - Randnr. 21.

(33) - Urteil vom 6. Mai 1992 in der Rechtssache C-20/91 (Slg. 1992, I-2847).

(34) - Randnrn. 19 und 20.

(35) - So heißt es beispielsweise in der französischen Fassung: "la livraison d'un bâtiment ou d'une fraction d'un bâtiment et du sol y attenant, effectuée avant sa première occupation", in der englischen Fassung: "the supply before first occupation of buildings or parts of buildings and the land on which they stand", in der spanischen Fassung "la entrega anterior a su primera ocupación de edificios o partes de edificios y de la porción del terreno sobre la que éstos se levantan" und in der italienischen Fassung: "la cessione, effettuata anteriormente alla prima occupazione, di un fabbricato o di una frazione di fabbricato e del suolo attiguo" (Hervorhebung von mir).

(36) - Artikel 13 Teil B Buchstabe h und Artikel 13 Teil C Buchstabe b.

(37) - Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe b und mit Anhang F Nr. 16, sowie Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe c in Verbindung mit Anhang G Nr. 1 Buchstabe b.

(38) - Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a und mit Anhang F Nr. 16 sowie Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe c in Verbindung mit Anhang G Nr. 1 Buchstabe b.

(39) - Artikel 13 Teil B Buchstabe g und Artikel 13 Teil C Buchstabe b.

(40) - Ich begrenze diese Untersuchung auf die Rechtsgeschäfte, die im vorliegenden Fall erheblich sind, d. h. die Übertragung des Eigentums an bebauten Grundstücken.

(41) - Wie ich bereits bei der Untersuchung der Urteile Armbrecht und De Jong hervorgehoben habe, stelle ich hier auf den Fall ab, bei dem sowohl das Gebäude als auch der Grund und Boden von einem Steuerpflichtigen geliefert werden, der als solcher tätig wird, wie dies in der vorliegenden Rechtssache der Fall ist.

(42) - Urteil vom 8. Juli 1986 in der Rechtssache 73/85 (Kerrutt, Slg. 1986, 2219).

(43) - Randnr. 13. Generalanwalt Darmon hat in seinen Schlußanträgen in dieser Rechtssache ausgeführt: "Der Aufbau von Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie bestätigt dieses Ergebnis: Sein Buchstabe a bezieht sich auf $die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt`; dies ist insofern wirtschaftlich und rechtlich ein einheitlicher Vorgang, als es dabei um die Übertragung des Eigentums an einem bebauten Grundstück geht." (Hervorhebung von mir).

(44) - Randnr. 15.

(45) - Nach dieser Bestimmung des UStG, die auf der Grundlage des Artikels 20 Absatz 4 der Sechsten Richtlinie erlassen wurde, kann die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch bei der Veräußerung des Wirtschaftsguts im ersten Kalenderjahr von dessen Verwendung vorgenommen werden.

(46) - Gemäß Artikel 11 Teil A Absatz 1: "Die Besteuerungsgrundlage ist: a) bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen ..."

(47) - Artikel 13 Teil B Buchstaben a und d.

(48) - Vgl. die Darstellung der Begründungserwägungen des Vorschlags der Sechsten Richtlinie, den die Kommission dem Rat am 29. Juni 1973 vorgelegt hat, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Supplement 11/73, S. 16.

(49) - Zumindest dann, wenn von den Problemen abgesehen wird, die sich daraus ergeben können, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber in Abweichung vom Vorschlag der Kommission anstatt selbst den Begriff "Baugrundstück" zu definieren, sich dafür entschieden hat, diese Definition den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu überlassen (vgl. Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie).

(50) - Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten während der Übergangszeit "vorsehen, daß bei der Lieferung von Gebäuden und Baugrundstücken, die ein Steuerpflichtiger, der anläßlich des Erwerbs kein Recht auf Vorsteuerabzug besessen hat, zum Zweck des Wiederverkaufs erworben hat, die Besteuerungsgrundlage in dem Unterschied zwischen dem Verkaufspreis und dem Ankaufspreis besteht".

(51) - Urteil vom 5. Dezember 1989 in der Rechtssache C-165/88 (Slg. 1989, 4081).

(52) - Randnrn. 21 bis 23.