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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61999C0086

Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 11. Januar 2001. - Freemans plc gegen Commissioners of Customs & Excise. - Ersuchen um Vorabentscheidung: VAT and Duties Tribunal, London - Vereinigtes Königreich. - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Besteuerungsgrundlage - Im Zeitpunkt der Bewirkung des Umsatzes erhaltener Rabatt - Preisnachlass nach der Bewirkung des Umsatzes. - Rechtssache C-86/99.

Sammlung der Rechtsprechung 2001 Seite I-04167


Schlußanträge des Generalanwalts


1. Das VAT and Duties Tribunal, London (Vereinigtes Königreich) hat über einen Rechtsstreit zwischen der Steuerverwaltung des Vereinigten Königreichs, d. h. den Commissioners of Customs & Excise (im Folgenden: Commissioners), und dem Versandunternehmen Freemans plc (im Folgenden: Freemans) über die Frage zu entscheiden, wie für einen Teil der Verkäufe von Freemans die Besteuerungsgrundlage zu bestimmen ist, anhand deren die von ihr geschuldete Mehrwertsteuer berechnet wird.

2. Das Verkaufssystem von Freemans beruht auf der Einschaltung von - über 900 000 - Vertretern, denen sie ihren Katalog zusendet.

3. Diese Vertreter bestellen die im Katalog enthaltenen Waren für Dritte oder für sich selbst. Der Kaufpreis wird im Rahmen eines von Freemans eingeführten Systems eigenfinanzierter Kredite von den Vertretern mit Wechseln bezahlt, die über mehrere Wochen gestaffelt sind.

4. Um ihre Vertreter zu motivieren, schreibt Freemans jedem auf einem Konto, das sie für ihn führt, einen Betrag in Höhe von 10 % jeder Überweisung gut, die von ihm eingeht.

5. Dieser gutgeschriebene Betrag stellt im Fall des Kaufes für einen Dritten eine Provision dar und in dem Fall, dass der Vertreter einen Kauf für eigene Rechnung tätigt, einen Rabatt.

6. Der Vertreter kann über die auf seinem Konto verbuchten Beträge jederzeit verfügen. Er kann sie sich durch Scheck oder Postüberweisung oder aber durch Aushändigung von Losen der staatlichen Lotterie auszahlen lassen; er kann sie aber auch dazu verwenden, seinen Debetsaldo gegenüber Freemans zu verringern.

7. Verwendet der Vertreter einen ihm gutgeschriebenen Betrag, um den Kaufpreis für einen Artikel aus dem Katalog von Freemans zu bezahlen, so führt diese Zahlung wiederum zu einem Rabatt in Höhe von 10 % des Zahlungsbetrags, der seinem Konto gutgeschrieben wird.

8. Das Vereinigte Königreich machte von einer nach Artikel 27 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden: Sechste Richtlinie) bestehenden Möglichkeit Gebrauch und führte Sonderregelungen für Einzelhändler ein, nach denen diese die von ihnen geschuldete Mehrwertsteuer anhand des Gesamtwerts der Umsätze in einem Abrechnungszeitraum auf der Grundlage der täglichen Gesamteinnahmen" berechnen können anstatt anhand des Wertes jeder einzelnen Lieferung.

9. Bis zum 28. Februar 1997 gestatteten es die Finanzbehörden des Vereinigten Königreichs Einzelhändlern, ihre täglichen Gesamteinnahmen nach der Standardmethode für Gesamteinnahmen (standard method of gross takings", im Folgenden: SMGT) zu berechnen, die auf die in einem Abrechnungszeitraum erhaltenen Zahlungen abstellte.

10. Mit Wirkung vom 1. März 1997 schrieben die Finanzbehörden eine neue Methode vor, die fakultative Methode der Berechnung der Gesamteinnahmen (optional method of gross takings", im Folgenden: OMGT), die auf den insgesamt vom Einzelhändler in Rechnung gestellten Betrag abstellt.

11. Der Rechtsstreit zwischen Freemans und den Commissioners betrifft nur die Beträge, die Freemans ihren Vertretern gutschreibt, wenn diese für eigene Rechnung Waren kaufen.

12. Solange die SMGT galt, konnte Freemans diese Beträge, die ich im Folgenden der Einfachheit halber als Eigenerwerbsrabatt" bezeichne, von vornherein von ihren täglichen Gesamteinnahmen abziehen.

13. Nach Einführung der OMGT hätte Freemans nach Ansicht der Commissioners ihre Praxis ändern und ihre täglichen Gesamteinnahmen ohne Abzug der Eigenerwerbsrabatte berechnen müssen, solange diese Rabatte nicht von dem Vertreter in bar abgehoben oder bei Freemans zur Verringerung des Kaufpreises von Waren verwendet worden waren.

14. Freemans hat dies unstreitig nicht getan, weshalb die Commissioners ihr gegenüber einen Steuerberichtigungsbescheid erließen, der von Freemans vor dem vorlegenden Gericht angefochten wird.

15. Vor diesem Gericht stehen sich zwei Auffassungen gegenüber. Für Freemans ist die Besteuerungsgrundlage für die einem Vertreter für dessen Eigengebrauch gelieferten Waren ihr Katalogpreis abzüglich des Eigenerwerbsrabatts des Vertreters, da sich Freemans nie in der vertraglichen Lage befinde, dass sie gegen den Vertreter Anspruch auf Zahlung des vollen Katalogpreises habe.

16. Nach Ansicht der Commissioners ist die Gegenleistung im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie bei zutreffender Auslegung der zwischen Freemans und ihrem Vertreter geschlossenen Vereinbarung der volle Preis der Waren, wie er im Katalog genannt sei; diesen Preis habe der Vertreter vereinbarungsgemäß an Freemans zu zahlen.

17. Um über diese beiden Ansichten entscheiden zu können, hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof folgende Frage gestellt:

Was ist bei richtiger Auslegung von Artikel 11 Teil A und Teil C der Sechsten Richtlinie die Besteuerungsgrundlage bei Waren, die aus einem Versandhauskatalog von einem Kunden für seinen Eigengebrauch bestellt und ihm geliefert wurden, wenn der Lieferer dem Kunden im Rahmen eines Systems eigenfinanzierter Kredite einen Rabatt auf den Katalogpreis (Eigenerwerbsrabatt) gewährt, der dem Kunden bei Zahlung der Raten an den Lieferer (oder bei der Verwendung eines Eigenerwerbsrabatts für die Verringerung oder Tilgung einer Rate) gutgeschrieben wird, wobei sich der Kunde den aus Zahlungen erwachsenen Eigenerwerbsrabatt sofort auszahlen lassen oder darüber verfügen kann, selbst wenn dieser Kunde noch künftige Ratenzahlungen schuldet?

Ist die Besteuerungsgrundlage:

1. der volle Katalogpreis der dem Kunden verkauften Waren abzüglich des Eigenerwerbsrabatts auf diesen Preis, oder

2. der volle Katalogpreis der dem Kunden verkauften Waren, von dem der Eigenerwerbsrabatt abgezogen wird, sofern und sobald er dem Kunden gutgeschrieben wird, oder

3. der volle Katalogpreis der dem Kunden verkauften Waren, von dem der Eigenerwerbsrabatt abgezogen wird, sofern und sobald er vom Kunden abgehoben oder verwendet wird, oder

4. ein anderer - gegebenenfalls: welcher - Betrag?

18. Das vorlegende Gericht geht zu Recht davon aus, dass es für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits auf Artikel 11 der Sechsten Richtlinie ankommt, in dem geregelt ist, wie die Besteuerungsgrundlage zu bestimmen ist.

19. Ich beginne daher damit, auf die Bestimmungen dieses Artikels hinzuweisen, über die zwischen Freemans und den Commissioners Uneinigkeit besteht.

Artikel 11 bestimmt:

A. Im Inland

(1) Die Besteuerungsgrundlage ist:

a) bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen;

...

(3) In die Besteuerungsgrundlage sind nicht einzubeziehen:

...

b) die Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird;

...

C. Verschiedene Bestimmungen

(1) Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

..."

20. Die erste und die dritte der drei Antworten, die vom vorlegenden Gericht in Erwägung gezogen werden, entsprechen der Ansicht von Freemans und der der Commissioners, während das vorlegende Gericht offenbar der zweiten Antwort zuneigt, die von keiner der Parteien vertreten, von Freemans aber für den Fall gewünscht wird, dass die erste Antwort für den Gerichtshof ausscheidet.

21. Das vorlegende Gericht zieht auch in Erwägung, dass keine der drei Antworten in Bezug auf Artikel 11 der Sechsten Richtlinie korrekt ist und dass wir, anstatt aus den vorgeschlagenen konkreten Lösungen eine auszuwählen, eine andere zu finden haben.

22. Dies werden wir aber nur zu tun haben, wenn wir nach Prüfung der drei verschiedenen Modalitäten für die Bestimmung der Berechnungsgrundlage, die das vorlegende Gericht in Betracht zieht, zu dem Ergebnis gekommen sind, dass sich von ihnen keine auf Artikel 11 stützen läßt.

23. Meine Prüfung wird sich daher vorrangig auf die drei vom vorlegenden Gericht vorgeschlagenen Lösungen beziehen. Bevor ich aber mit dieser Prüfung beginne, halte ich es für angebracht, daran zu erinnern, dass sich der Gerichtshof bereits mit der Frage der Bestimmung der Besteuerungsgrundlage im Fall der Lieferung von Gegenständen auseinanderzusetzen hatte. Er hat sowohl aus der Logik, die dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt, als auch aus Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie die Grundsätze abgeleitet, nach denen die Besteuerungsgrundlage unter allen Umständen zu bestimmen ist.

24. Aus dem Urteil vom 24. Oktober 1996 (Elida Gibbs) ergibt sich, dass der Betrag, der als Besteuerungsgrundlage für die von den Steuerbehörden zu erhebende Mehrwertsteuer dient, nicht höher sein [kann] als die Gegenleistung, die der Endverbraucher tatsächlich erbracht hat und auf deren Grundlage die von ihm letztlich getragene Mehrwertsteuer berechnet worden ist", und dass [n]ach ständiger Rechtsprechung ... diese Gegenleistung den ,subjektiven, nämlich im konkreten Fall tatsächlich erhaltenen Wert und nicht einen nach objektiven Maßstäben geschätzten Wert [darstellt] (Urteile vom 23. November 1988 in der Rechtssache 230/87, Naturally Yours Cosmetics, Slg. 1988, 6365, Randnr. 16, und vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-126/88, Boots Company, Slg. 1990, I-1235, Randnr. 19)".

25. Diese Grundsätze sind in den beim Gerichtshof abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen zu keiner Zeit beanstandet worden; unterschiedlichen Auffassungen bestehen nur in Bezug darauf, wie sie im vorliegenden Fall anzuwenden sind.

26. Freemans vertritt die Ansicht, die Frage des vorlegenden Gerichts könne aus Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a selbst beantwortet werden, da die Gegenleistung, die Freemans erhalte, wenn sie einem Vertreter eine Ware für dessen Eigengebrauch liefere, im Katalogpreis abzüglich des Eigenerwerbsrabatts bestehe, den sie dem Vertreter gutschreibe.

27. Die Gegenleistung dürfe nicht mit dem vom Käufer gezahlten Betrag verwechselt werden, wie sich aus dem Urteil vom 5. Mai 1994 (Glawe) ergebe, in dem der Gerichtshof anerkannt habe, dass bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit der gesetzlich zwingend festgelegte Teil der Gesamtheit der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, nicht zur Besteuerungsgrundlage gehört".

28. Genauso, wie die Besteuerungsgrundlage des Betreibers von Geldspielautomaten nicht die gesamten Beträge umfasse, die der Spieler in die Maschine eingeworfen habe, dürfe die Besteuerungsgrundlage für die Verkäufe von Freemans nicht den Betrag der von ihren Vertretern geleisteten Zahlungen einschließen, den Freemans ihnen nach Maßgabe ihrer Überweisungen gutschreibe.

29. Die Gegenleistung für die Lieferung einer Ware an einen Vertreter könne nur der Betrag sein, den Freemans rechtlich behalten dürfe, unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtung, einen Eigenerwerbsrabatt in Höhe von 10 % des Katalogpreises zu gewähren.

30. So interessant diese Überlegung auch ist, glaube ich nicht, dass ihr im vorliegenden Fall zu folgen ist.

31. Der Gerichtshof hat nämlich im Urteil Boots Company entschieden, dass immer dann, wenn sich die Frage der Einstufung einer konkreten Position stellt, zuerst zu prüfen [ist], ob diese in eine der in den Absätzen 2 und 3 aufgeführten Gruppen gehört; nur dann, wenn die Frage verneint wird, darf auf die allgemeine Definition in Absatz 1 Buchstabe a zurückgegriffen werden" (Randnr. 16).

32. Mit anderen Worten ist zuerst zu prüfen, ob die Lex specialis Anwendung finden kann, bevor die Lex generalis herangezogen wird.

33. Die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Beträge werden vom vorlegenden Gericht als Eigenerwerbsrabatt qualifiziert. Daher ist - entgegen der von Freemans vertretenen Ansicht, aber mit der Kommission - zunächst zu prüfen, ob diese Rabatte als Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis anzusehen sind, die nach Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b ausdrücklich nicht in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen sind, oder gegebenenfalls als Preisnachlässe nach der Bewirkung des Umsatzes im Sinne von Artikel 11 Teil C Absatz 1, der nur eine entsprechende Verminderung der Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen gestattet, also gemäß den vom Vereinigten Königreich erlassenen Vorschriften nachträglich in dem Zeitpunkt, in dem sich der Vertreter den Eigenerwerbsrabatt auszahlen lässt oder über ihn verfügt.

34. Fällt der von Freemans praktizierte Mechanismus des Eigenerwerbsrabatts somit unter Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b oder Artikel 11 Teil C Absatz 1? Die zweitgenannte Bestimmung ist in Anbetracht des Urteils Elida Gibbs von vornherein auszuschließen.

35. In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass diese Bestimmung nur Anwendung findet, wenn sich der Preis nach der Bewirkung des Umsatzes" ändert (Randnr. 30).

36. Nach dem Verkaufssystem von Freemans ist der Eigenerwerbsrabatt aber, auch wenn er dem Vertreter nur nach Maßgabe seiner Zahlungen gutgeschrieben wird, bereits im Zeitpunkt der Lieferung vereinbart. Er ist Teil der von Freemans angebotenen und vom Vertreter im Zeitpunkt des Zustandekommens der Vertragsbeziehung angenommenen Verkaufsbedingungen.

37. Handelt es sich also um einen Rabatt, der zu dem Zeitpunkt erhalten wird, zu dem der Umsatz bewirkt wird, so dass Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b anwendbar ist?

38. Für die Regierung des Vereinigten Königreichs und die griechische Regierung ist dies nicht der Fall, da der Eigenerwerbsrabatt dem Vertreter nur in dem Maße gutgeschrieben werde, in dem er die Zahlungen leiste, zu denen er sich verpflichtet habe, und der Kaufpreis im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Katalogpreis sei.

39. Für diese Ansicht wird auf das Urteil Boots Company verwiesen, in dem der Gerichtshof ausgeführt hat:

,Rabatte und Rückvergütungen, die gemäß Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie nicht in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen sind, stellen eine Ermäßigung des Preises dar, zu dem ein Artikel dem Kunden üblicherweise angeboten wird, denn der Verkäufer verzichtet auf die Vereinnahmung des Betrags, den der Rabatt ausmacht, eben, um den Kunden zum Kauf des Artikels anzuregen" (Randnr. 18).

40. Nach dem Verkaufssystem von Freemans, so die genannten Regierungen, werde in keiner Weise auf die Vereinnahmung eines Teils des Kaufpreises verzichtet, da die Vereinnahmung ja gerade Voraussetzung für die Gewährung des Eigenerwerbsrabatts sei.

41. Verwende der Vertreter die Beträge, die Freemans nach Maßgabe seiner Zahlungen auf seinem Konto gutschreibe, nicht sofort dazu, seine weiteren Zahlungen zu verringern, so vereinnahme Freemans tatsächlich den gesamten Katalogpreis.

42. Der Vertreter verfüge zwar in den Büchern von Freemans über ein Guthaben in Höhe von 10 % seiner Zahlungen, aber er komme konkret erst dann tatsächlich in den Genuss des Rabatts, wenn Freemans ihm diesen nach einer der oben genannten Modalitäten auszahle oder wenn er ihn zur Bezahlung eines neuen Kaufes verwende. Diese Auszahlung oder Verwendung sei aber mit Unsicherheit behaftet, da nicht bestritten sei, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Vertretern darauf verzichte, den Rabatt zu verlangen, auf den sie aufgrund ihrer Zahlungen Anspruch hätten.

43. Solange der Rabatt dem Vertreter nicht gutgeschrieben worden sei und er ihn sich nicht tatsächlich habe auszahlen lassen oder über ihn verfügt habe, könne von einem erhaltenen Rabatt keine Rede sein. Selbst wenn sich der Vertreter aber beeile, liege der Zeitpunkt, zu dem er über den Rabatt verfügen könne, jedenfalls nach dem Zeitpunkt, in dem die Vertragsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer entstanden sei.

44. Nach Ansicht der Kommission ist der Eigenerwerbsrabatt nach den Angaben in der Vorlageentscheidung unzweifelhaft ein erhaltener Rabatt im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b.

45. Der Begriff erhält" sei nämlich im Sinne von rechtlich erhält" auszulegen. Ein Rabatt werde in dem Augenblick erhalten, in dem derjenige, dem er gewährt werde, darauf rechtlich Anspruch habe.

46. Der Vertreter habe aber ab dem Zeitpunkt, in dem er mit Freemans den Kaufvertrag über eine Ware schließe, Anspruch darauf, dass 10 % eines jeden von ihm gezahlten Betrages auf seinem Konto bei dem Lieferer gutgeschrieben würden. Der Eigenerwerbsrabatt werde gutgeschrieben, wenn die Zahlungen erfolgten, aber der Anspruch auf ihn bestehe bereits vor den Zahlungen. Die Zahlungen führten zur Verbuchung des Rabatts auf dem Konto des Vertreters, bewirkten aber nicht das Entstehen des Anspruchs auf den Rabatt. Die Teilzahlungen des Vertreters und die ratenweise Gutschrift des Rabatts auf seinem Konto erfolgten in Durchführung des Kaufvertrags, wie er bei der Lieferung geschlossen worden sei, ohne spätere Änderungen dieses Vertrages.

47. Dieser Gleichstellung eines Rabatts, der rechtlich beansprucht werden kann", mit dem erhaltenen Rabatt", die die französische Sprachfassung der Sechsten Richtlinie nahe lege, widersprächen die anderen Sprachfassungen einschließlich der englischen Sprachfassung, die den Begriff accounted for" verwende, keineswegs.

48. Diese Argumentation der Kommission hat mich überzeugt, und ich schließe mich ihr umso bereitwilliger an, als auch andere Gesichtspunkte für sie sprechen. Da ist erstens die Tatsache, dass es nach dem von Freemans praktizierten System von Verkäufen an ihre Vertreter sehr wohl sein kann, dass der Katalogpreis von Freemans nie voll vereinnahmt wird.

49. Wie uns dargelegt worden ist, kann der Vertreter nämlich, sobald ihm aufgrund seiner ersten Zahlung ein Betrag in Höhe von 10 % dieser Zahlung gutgeschrieben wurde, diese Gutschrift dazu verwenden, seine nachfolgende Zahlung zu verringern.

50. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Urteil Boots Company im Widerspruch zur Auffassung der Kommission stehe. Freemans verzichtet dadurch, dass sie sich verpflichtet, ihrem Vertreter den Eigenerwerbsrabatt zu gewähren, auf die Vereinnahmung des vollen Katalogpreises. Jedenfalls ist im Urteil Glawe klar unterschieden worden zwischen dem, was der Verkäufer vereinnahmt hat, und dem, was ihm tatsächlich zusteht und allein die Besteuerungsgrundlage darstellt.

51. Zweitens ist die tatsächliche Auszahlung des Rabatts an den Vertreter oder die Verfügung, die er darüber trifft, in Anbetracht der unbestrittenen Tatsache rechtlich unerheblich, dass der bei Freemans auf dem Konto des Vertreters verbuchte Rabatt tatsächlich zur Verfügung des Vertreters steht, wie dies bei einem auf seinem Bankkonto gutgeschriebenen Betrag der Fall wäre. Er kann über diesen Betrag nach Belieben verfügen.

52. Die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage kann aber nicht von der rein im Belieben des Vertreters stehenden Entscheidung darüber abhängen, wie er über den Rabatt, den er endgültig erhalten hat, zu verfügen gedenkt.

53. Drittens kann man schließlich nur feststellen, dass das Ergebnis, zu dem ich durch die Anwendung von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b auf den Eigenerwerbsrabatt gelangt bin, ganz in Einklang steht mit der Auslegung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a durch den Gerichtshof, wonach als Gegenleistung eines Verkaufs, also als Besteuerungsgrundlage, der subjektive Wert, den der Verkäufer erhalten hat, anzusetzen ist und kein objektiver Wert, im vorliegenden Fall der im Katalog von Freemans angegebene.

54. Da ich somit zu der Schlussfolgerung gelangt bin, dass die erste vom vorlegenden Gericht in Betracht gezogene Antwort der zutreffenden Auslegung des Artikels 11 des Sechsten Richtlinie entspricht, erübrigen sich weitere Überlegungen. Die Richtigkeit dieser Antwort schließt nämlich die jeder anderen Antwort aus.

Ergebnis

55. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des VAT and Duties Tribunal, London, wie folgt zu beantworten:

Artikel 11 Teil A und Artikel 11 Teil C der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass die Besteuerungsgrundlage für die Lieferung von Waren, die ein Kunde aus einem Versandhauskatalog für seinen Eigengebrauch bestellt, wenn der Lieferer dem Kunden im Rahmen eines Systems eigenfinanzierter Kredite einen Rabatt auf den Katalogpreis (Eigenerwerbsrabatt) gewährt, der dem Kunden bei Zahlung der Raten an den Lieferer (oder bei der Verwendung eines Eigenerwerbsrabatts für die Verringerung oder Tilgung einer Rate) gutgeschrieben wird, wobei sich der Kunde den aus Zahlungen erwachsenen Eigenerwerbsrabatt sofort auszahlen lassen oder darüber verfügen kann, selbst wenn er noch künftige Ratenzahlungen schuldet, der volle Katalogpreis der dem Kunden verkauften Waren abzüglich des Eigenerwerbsrabatts auf diesen Preis ist.