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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61999C0136

Schlussanträge des Generalanwalts Saggio vom 13. April 2000. - Ministre du Budget und Ministre de l'Economie et des Finances gegen Société Monte Dei Paschi Di Siena. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d'Etat - Frankreich. - Umsatzsteuer - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Erstattung der Steuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige - Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG sowie Artikel 2 und 5 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG. - Rechtssache C-136/99.

Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-06109


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft den in Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(1) vorgesehenen Anspruch eines Unternehmens auf Erstattung der Mehrwertsteuer, das nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem es die Mehrwertsteuer entrichtet und deren Erstattung beantragt hat, und das die Erstattung für Ausgaben im Zusammenhang mit in dem Mitgliedstaat der Niederlassung erzielten Umsätzen begehrt, die nur zum Teil einer weiteren Mehrwertsteuererhebung unterliegen.

Sachverhalt und Vorlagefragen

2 Die Firma Monte dei Paschi di Siena, Beklagte des Ausgangsverfahrens, ist ein italienisches Kredit- und Finanzinstitut ohne Sitz oder Zweigniederlassung in Frankreich, wo sie lediglich eine Vertretung unterhält. Am 6. Dezember 1988 und 27. März 1990 stellte sie beim französischen Ministre du Budget sowie beim Ministre de l'Economie, des Finances et de l'Industrie zwei Anträge auf Erstattung der Mehrwertsteuer für die Jahre 1988 und 1989. Diese beiden Anträge wurden mit der Begründung abgelehnt, daß die Antragstellerin diese Ausgaben für die Vornahme von Kredit- und Finanzgeschäften in Italien getätigt habe und diese Umsätze im Mitgliedstaat der Niederlassung nicht der Mehrwertsteuer unterlägen und daher kein Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer für vor Erzielung dieser Umsätze erhaltene Dienstleistungen und Gegenstände bestehe.

Die italienische Firma focht diese beiden Entscheidungen beim Tribunal administratif Paris an, das ihre Klagen mit Urteil vom 24. November 1992 abwies. Dagegen legte sie Berufung bei der Cour administrative d'appel Paris ein, die ihrem Rechtsmittel mit Urteil vom 30. Januar 1996 stattgab, indem sie ihr eine teilweise Erstattung hinsichtlich der Ausgaben im Zusammenhang mit den in Italien getätigten und besteuerten Umsätzen zusprach.

Der Haushaltsminister und der Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie legten beim Conseil d'Etat Kassationsbeschwerde gegen das Urteil der Cour d'appel ein.

3 Der Conseil d'Etat hat im Rahmen dieses Rechtsstreits folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Haben Steuerpflichtige, die in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft ansässig sind, in dem sie nur im Hinblick auf einen Teil ihres Umsatzes besteuert werden, aufgrund der Artikel 2 und 5 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige(2) einen Anspruch auf Erstattung eines Teils der Vorsteuer, mit der in einem anderen Mitgliedstaat Gegenstände oder Dienstleistungen belastet wurden, die sie verwendet haben, um in dem Staat, in dem sie ansässig sind, Umsätze zu erzielen, von denen einige nicht der Steuer unterliegen?

2. Falls die vorstehende Frage bejaht wird, welches Verfahren sehen diese Vorschriften zur Bestimmung des zu erstattenden Vorsteueranteils vor, vor allem, ist dieser Anteil nach den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, oder nach denen des erstattungspflichtigen Staates zu bestimmen?

Zur Sache

4 Die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften sind Artikel 17 Absätze 2 und 3 Buchstabe a der Richtlinie 77/388 und die Artikel 2 und 5 Absatz 1 der Richtlinie 79/1072/EWG.

5 Artikel 17 der Sechsten Richtlinie erkennt das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer auch Steuerpflichtigen zu, die im Ausland(3) ansässig sind, d. h. in einem anderen Staat als demjenigen, in dem sie der Steuer und somit deren Abzug unterliegen. Dieser Artikel bestimmt in Absatz 2: "Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen: a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden." Ferner sieht Absatz 3 vor, daß die Mitgliedstaaten dieses Recht auf Vorsteuerabzug oder das entsprechende Recht auf Erstattung (selbstverständlich nur, wenn die Steuer erhoben wurde) darüber hinaus dann gewähren, wenn die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden für "Umsätze, die sich aus den im Ausland ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten ergeben, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestuende, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären".

Artikel 2 der Achten Richtlinie, der die Bestimmungen über die Durchführung der im genannten Artikel 17 vorgesehenen Mehrwertsteuererstattung enthält, verpflichtet die Mitgliedstaaten, "einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, die Mehrwertsteuer [zu erstatten], mit der die ihm von anderen Steuerpflichtigen im Inland erbrachten Dienstleistungen oder gelieferten beweglichen Gegenstände belastet wurden oder mit der die Einfuhr von Gegenständen ins Inland belastet wurde, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke der in Artikel 17 Absatz 3 Buchstaben a) und b) der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten Umsätze oder der in Artikel 1 Buchstabe b) bezeichneten Dienstleistungen verwendet werden", d. h. für andere gewerbliche Umsätze. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 wird außerdem der Erstattungsanspruch "nach Artikel 17 ..., wie dieser im Lande der Erstattung angewendet wird, bestimmt".

6 Hinsichtlich des nationalen Rechts weisen das vorlegende Gericht und die französische Regierung darauf hin, daß der Code général des impôts den Anspruch auf Abzug der Mehrwertsteuer für von den Unternehmen getätigte Umsätze anerkenne, wenn die "Preisbestandteile eines steuerpflichtigen Umsatzes" mit der Mehrwertsteuer belastet wurden (Artikel 271). Der Code gewährt diesen Anspruch auch den im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen (Artikel 242-O M), insbesondere hinsichtlich der Dienstleistungen und Gegenstände, die sie in Frankreich erworben oder dort eingeführt und für im Ausland erzielte Umsätze verwendet haben, sofern diese Umsätze "zum Vorsteuerabzug berechtigen würden, wenn der Veranlagungsort [der Mehrwertsteuer] in Frankreich läge"(4).

7 Alle Verfahrensbeteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, vertreten einstimmig die Ansicht, daß Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a und die dazugehörenden Durchführungsbestimmungen der Achten Richtlinie (insbesondere die Artikel 2 und 5) zweifellos dahin gehend auszulegen seien, daß er den Unternehmen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Erstattung ansässig seien, einen Erstattungsanspruch auch in dem Fall zuerkenne, daß für die vom Steuerpflichtigen im Niederlassungsstaat erzielten Endumsätze nur zum Teil ein Anspruch auf Vorsteuerabzug bestehe, sie also nur zum Teil einer weiteren Steuer unterlägen, die folglich einen Anspruch auf teilweise Erstattung der zuvor erhobenen Steuer begründe.

8 Die Verfahrensbeteiligten verweisen auf das Urteil Debouche von 1996(5), in dem der Gerichtshof u. a. die oben genannten Vorschriften der Sechsten und der Achten Richtlinie ausgelegt und festgestellt hat, daß die ausländischen Steuerpflichtigen einen Erstattungsanspruch in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen haben, in dem sie ansässig sind, wenn sie keine Steuerbefreiung für die Umsätze erhalten, die sie im Mitgliedstaat der Niederlassung getätigt haben und die mit dem Erwerb der Gegenstände oder Dienstleistungen zusammenhängen, für die die Mehrwertsteuer entrichtet wurde, und diese Ausgaben im Mitgliedstaat der Erstattung befreit sind.

In dieser Hinsicht hat sich der Gerichtshof im wesentlichen auf zwei Erwägungen gestützt: Erstens folge aus Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie, daß ein Steuerpflichtiger, der eine Steuerbefreiung für einen Ausgangsumsatz erhalte, unabhängig davon, wo dieser erzielt werde, keinen Anspruch auf Abzug der gezahlten Vorsteuer habe(6); zweitens dürften die Durchführungsbestimmungen zum Erstattungsanspruch, die in der Achten Richtlinie enthalten seien, gemäß der fünften Begründungserwägung dieser Richtlinie nicht dazu führen, daß die Steuerpflichtigen "je nachdem, in welchem Mitgliedstaat sie ansässig sind", diskriminiert würden. Diese Vorschriften müssen daher unterschiedslos für alle Unternehmen gelten, unabhängig davon, ob sie im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, mit der Folge, daß ein nicht gebietsansässiger Steuerpflichtiger keine Erstattung hinsichtlich der Ausgaben beantragen kann, die nicht als mehrwertsteuerbefreit angesehen werden, selbst wenn sie von im Inland ansässigen Steuerpflichtigen getätigt werden.

Das Urteil gelangt in diesem Punkt zu einer klaren Schlußfolgerung: Das Bestehen eines Anspruchs auf Erstattung der Mehrwertsteuer setzt voraus, daß zwei Bedingungen erfuellt sind, nämlich daß der Endumsatz im Mitgliedstaat der Niederlassung besteuert wird und daß die Steuer, deren Erstattung beantragt wird, auch für die Steuerpflichtigen abzugsfähig ist, die in dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem der entsprechende Antrag gestellt wird.

9 Angesichts des Ursprungs des Erstattungsanspruchs, den die Sechste Richtlinie den nicht gebietsansässigen Steuerpflichtigen ausdrücklich zuerkennt, und des Umfangs dieses Anspruchs, der nach Artikel 17 alle Zwischenumsätze umfaßt, für die es nicht möglich ist, die Mehrwertsteuer auf einer späteren Produktions- oder Handelsstufe und damit auf den Endpreis des Produkts abzuwälzen - und zwar unabhängig von dem Mitgliedstaat, in dem diese Umsätze erzielt werden -, ist es offensichtlich, daß der Erstattungsanspruch nicht ausgeschlossen werden kann, wenn wie im vorliegenden Fall die von einem Steuerpflichtigen im Mitgliedstaat der Niederlassung getätigten Umsätze nur teilweise zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigen, die er für die zuvor in einem anderen Mitgliedstaat getätigten Anschaffungen oder empfangenen Dienstleistungen gezahlt hat.

10 In der Rechtssache, mit der wir heute befaßt sind, geht es also vielmehr darum, nach welchen Vorschriften der zu erstattende Prozentsatz der erhobenen Mehrwertsteuer zu bestimmen ist; dieses Problem ist Gegenstand der zweiten Vorlagefrage.

11 Nach Ansicht der französischen Regierung folgt aus Artikel 5 der Achten Richtlinie, wonach der Anspruch auf Steuererstattung derjenige ist, der "im Lande der Erstattung angewendet wird", daß in einem Fall wie dem vorliegenden die Rechtsvorschriften dieses Staates für die Bestimmung des zu erstattenden Mehrwertsteueranteils anwendbar seien.

Einer solchen Auslegung kann nicht gefolgt werden. Danach könnten keine Steuern erstattet werden, die insoweit abzugsfähig sind, als sie auf Ausgaben im Zusammenhang mit nachfolgenden Umsätzen erhoben wurden, für die nach dem Recht des Niederlassungsstaats ein Anspruch auf Abzug besteht. Die von der französischen Regierung vorgeschlagene Auslegung der Vorschriften der Achten Richtlinie würde somit den Umfang des Anspruchs beschränken, den Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie den Unternehmen ausdrücklich gewährt. Wie der Gerichtshof im vorgenannten Urteil Debouche festgestellt hat, enthält die Achte Richtlinie - und somit auch ihr Artikel 5 - Bestimmungen zur Durchführung der Sechsten Richtlinie und kann nicht als ein sie abändernder Rechtsakt verstanden werden. Sie kann daher keine Auswirkung auf die Ausübung von Rechten haben, die durch die frühere Richtlinie anerkannt wurden. Außerdem stellt Artikel 5 selbst ausdrücklich fest, daß für die Anwendung der Achten Richtlinie "der Anspruch auf Vorsteuererstattung nach Artikel 17 der Richtlinie 77/388/EWG" bestimmt wird. Es steht daher außer Zweifel, daß die Steuerabzugsfähigkeit nach den Vorschriften des Staates zu beurteilen ist, in dem der nachfolgende Umsatz erzielt wird, der mit den Ausgaben im Mitgliedstaat der Erstattung zusammenhängt.

12 Welchen Anwendungsbereich hat also im vorliegenden Fall das französische Recht, d. h. das Recht des Mitgliedstaats der Erstattung? Ich teile insoweit den Standpunkt der Kommission, daß der Mitgliedstaat, in dem die Erstattung beantragt wird, dann, wenn der Prozentsatz der Umsätze, für die ein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht, einmal nach den maßgeblichen Vorschriften des Mitgliedstaats der Niederlassung bestimmt wurde, entsprechend diesem zu erstattenden Anteil die Ausgaben ausschließen kann, die nach seinem nationalen Recht nicht erstattungsfähig sind. Diese Auslegung entspricht nicht nur der oben erwähnten Auslegung des Gerichtshofes im Urteil Debouche, sondern auch dem Inhalt der Sechsten Richtlinie, die in Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a vorsieht, daß die Mehrwertsteuer zu erstatten ist, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen, für die der Vorsteuerabzug beantragt wird, für Umsätze verwendet werden, "für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestuende, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären", also mit Ausnahme derjenigen, für die ein solcher Anspruch ausgeschlossen ist.

Dieses Ergebnis wird durch die Zweite Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems(7) bestätigt, die in Artikel 11 Absatz 3 vorsieht, daß für "den Fall eines teilweisen Vorsteuerabzugs ... der Betrag der Abzüge vorläufig nach Kriterien festgesetzt [wird], die von jedem Mitgliedstaat aufgestellt werden, und nach Jahresende berichtigt [wird], wenn der Pro-rata-Satz für das Erwerbsjahr errechnet worden ist". Außerdem ist festzustellen, daß den Mitgliedstaaten in Nummer 21 des Anhangs A der Zweiten Richtlinie hinsichtlich der Anwendung des Artikels 11 Absatz 2, der ebenfalls den Anspruch auf Vorsteuerabzug betrifft, ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt wird, "das Recht auf Vorsteuerabzug auf die Umsätze [zu] beschränken, die sich auf Gegenstände beziehen, deren Lieferung im Inland steuerpflichtig ist".

Die späteren Richtlinien zur Harmonisierung der Mehrwertsteuer scheinen die Bedeutung dieser Vorschriften nicht verändert zu haben, und die Artikel 2 und 5 der Achten Richtlinie sind daher im Licht dieser Grundsätze auszulegen. In den Begründungserwägungen der Achten Richtlinie heißt es nämlich: "Es gilt zu vermeiden, daß ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Steuerpflichtiger die Steuer, die ihm in einem anderen Mitgliedstaat für die Lieferung von Gegenständen oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen in Rechnung gestellt ... worden ist, endgültig tragen muß" (zweite Begründungserwägung); ferner dürfen danach die Gemeinschaftsvorschriften über die Steuererstattung "nicht dazu führen, daß die Steuerpflichtigen, je nachdem, in welchem Mitgliedstaat sie ansässig sind, unterschiedlich behandelt werden" (fünfte Begründungserwägung).

Aufgrund dieser Erwägungen ist festzustellen, daß die Bestimmung des fraglichen Prozentsatzes auf der Grundlage des Anteils der Umsätze zu erfolgen hat, für die ein Anspruch auf Vorsteuerabzug im Mitgliedstaat der Niederlassung des Steuerpflichtigen besteht; in Höhe dieses Prozentsatzes sind in keinem Fall die Ausgaben zu erstatten, die nach den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Erstattung beantragt wird, steuerfrei sind, wobei diese Vorschriften auf jeden Fall unterschiedslos auf alle Steuerpflichtigen anzuwenden sind, die innerhalb der Gemeinschaft wohnen.

13 Die französische Regierung hat im Rahmen ihrer mündlichen Erklärungen ausgeführt, daß die Ablehnung der Erstattungsanträge der Firma Monte dei Paschi di Siena auf der praktischen Schwierigkeit beruhe, den Prozentsatz des Vorsteuerabzugs zu berechnen. Dieser Prozentsatz, der sich aus dem Verhältnis zwischen dem Jahresgesamtbetrag der abzugsfähigen Umsätze ohne Mehrwertsteuer und dem Jahresgesamtbetrag der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze ergebe, hätte auf der Grundlage von Informationen berechnet werden müssen, die zum maßgebenden Zeitpunkt nicht verfügbar gewesen seien, nämlich des Umsatzes des Steuerpflichtigen, der Höhe der Einzelumsätze und der Einordnung dieser Umsätze für die Zwecke der Prüfung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug oder für die Zwecke der Prüfung einer eventuellen Befreiung. Aufgrund der Schwierigkeit, über diese als Grundlage der Berechnung anzusehenden Faktoren zu verfügen, sei es unverzichtbar und somit gerechtfertigt, auf die nationalen Vorschriften zurückzugreifen.

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens bestreitet, daß die Informationen unzureichend gewesen seien, und macht geltend, sie habe zur Begründung ihrer Anträge sowie der Klage bei der Cour administrative d'appel alle Jahressteuererklärungen über die Einkünfte des Unternehmens mit den vom für die Mehrwertsteuer zuständigen Finanzamt von Siena beglaubigten Abschriften sowie die Buchbelege über die Umsätze, für die die Erstattung beantragt worden sei, und insbesondere die Bescheinigungen des Präsidenten des Rechnungsführerkollegiums der Bank vorgelegt. Auch die Kommission bestreitet die Erklärungen der französischen Regierung, indem sie darauf hinweist, daß es dem Steuerpflichtigen, der eine Erstattung beantrage, obliege, in bezug auf die erzielten Umsätze alle Angaben hinsichtlich ihrer Natur und des Mehrwertsteuerbetrags zu machen; der Steuerpflichtige müsse ferner den Prozentsatz der Umsätze angeben, für die die Mehrwertsteuer - selbstverständlich nach dem Recht des Niederlassungsstaats - abzugsfähig sei, und alle erforderlichen Beweise beibringen. Sofern bei der Berechnung des Prozentsatzes Schwierigkeiten aufträten, könnten sich die Behörden des Erstattungsstaats an die entsprechenden Behörden des Niederlassungsstaats wenden und um alle zweckdienlichen Informationen bitten.

Auch in diesem Punkt teile ich die Ansicht der Kommission. Die von der französischen Regierung vertretene Lösung hinsichtlich der Schwierigkeit, alle erforderlichen Informationen für die Berechnung der zu erstattenden Mehrwertsteuer zu erhalten, hätte die Nichtanerkennung des Anspruchs auf Erstattung der auf Gegenstände und Dienstleistungen erhobenen Mehrwertsteuer in all den Fällen zur Folge, in denen diese für besteuerte Umsätze verwendet wurden. Hingegen ist es richtig, davon auszugehen, daß es dem Steuerpflichtigen obliegt, die erforderlichen Informationen zu erteilen. Nach Artikel 3 der Achten Richtlinie muß der Steuerpflichtige nämlich seinem Erstattungsantrag "die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente" beifügen und außerdem "durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Staates, in dem er ansässig ist, den Nachweis erbringen, daß er Mehrwertsteuerpflichtiger ... ist". Wie die Kommission ausführt, spricht schließlich nichts dagegen, daß sich die nationalen Behörden bei Schwierigkeiten bei der Einholung von rechtlichen und tatsächlichen Informationen an die entsprechenden Behörden des Niederlassungsstaats wenden können.

Ergebnis

14 Auf der Grundlage dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Conseil d'Etat wie folgt zu beantworten:

Die Artikel 2 und 5 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige - sind dahin auszulegen, daß

- der Steuerpflichtige, der im Mitgliedstaat der Niederlassung Umsätze erzielt, die zum Teil steuerfrei sind, Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer für die Ausgaben in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Niederlassung hat, allerdings nur hinsichtlich des Prozentsatzes der Ausgaben, die insoweit abzugsfähig sind, als sie nicht für die Erzielung von Umsätzen getätigt wurden, die nach dem Recht des Mitgliedstaats der Niederlassung steuerfrei sind;

- die Bestimmung dieses Prozentsatzes auf der Grundlage des Pro-rata-Satzes der Umsätze erfolgt, für die ein Anspruch auf Vorsteuerabzug im Mitgliedstaat der Niederlassung besteht; in Höhe dieses Prozentsatzes sind die Ausgaben, die nach den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Erstattung beantragt wird, steuerfrei sind, auf keinen Fall zu erstatten.

(1) - ABl. L 145, S. 1.

(2) - ABl. L 331, S. 11.

(3) - Nach Artikel 4 der Sechsten Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, "wer eine der ... wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis".

(4) - Artikel 271 des Code général des impôts bestimmt: "Die Mehrwertsteuer, mit der die Preisbestandteile eines steuerpflichtigen Umsatzes belastet werden, ist von der auf diesen Umsatz anwendbaren Mehrwertsteuer abziehbar. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer gegen den Steuerschuldner entsteht." Artikel 242-O M bestimmt außerdem: "Im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen kann die Mehrwertsteuer erstattet werden, die ihnen ordnungsgemäß in Rechnung gestellt wurde, sofern sie in dem Quartal oder Kalenderjahr, auf das sich der Erstattungsanspruch bezieht, in Frankreich weder ihren Geschäftssitz oder eine feste Niederlassung noch ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und dort in dem gleichen Zeitraum keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht haben, die in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer im Sinne der Artikel 256, 256 A bis 258 B, 259 bis 259 C des Code général des impôts fallen." Artikel 242-O N sieht schließlich vor: "Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ansässig sind, wird die Mehrwertsteuer auf die ihnen erbrachten Dienstleistungen und auf die beweglichen Gegenstände, die sie im Laufe des Jahres oder Quartals im Sinne des Artikels 242 OM in Frankreich gekauft oder eingeführt haben, erstattet, wenn diese Gegenstände oder Dienstleistungen zu folgenden Zwecken verwendet wurden: a) zur Erzielung von Umsätzen, deren Veranlagungsort im Ausland liegt, die jedoch zum Vorsteuerabzug berechtigen würden, wenn der Veranlagungsort in Frankreich läge."

(5) - Urteil vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-302/93 (Slg. 1996, I-4495).

(6) - Im Urteil Debouche verweist der Gerichtshof auf das Urteil vom 6. April 1995 in der Rechtssache C-4/94 (BLP Group, Slg. 1995, I-983, Randnr. 28).

(7) - ABl. 1967, Nr. 71, S. 1303.