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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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62000C0016

Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 6. März 2001. - Cibo Participations SA gegen Directeur régional des impôts du Nord-Pas-de-Calais. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal administratif de Lille - Frankreich. - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Wirtschaftliche Tätigkeit - Eingriff einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften - Vorsteuerabzug für Leistungen, die eine Holding bei Erwerb einer Beteiligung an einer Tochtergesellschaft erworben hat - Bezug von Dividenden durch die Holding. - Rechtssache C-16/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2001 Seite I-06663


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Einleitung

1. Im gegenständlichen Fall befasst das Tribunal administratif de Lille den Gerichtshof mit der Frage, inwiefern eine Holding-Gesellschaft unter der Sechsten Richtlinie-77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden: Sechste Richtlinie) für Kosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, die ihr im Rahmen des Erwerbes von Unternehmensbeteiligungen entstanden sind.

II - Sachverhalt und Ausgangsverfahren

2. Die Klägerin im Ausgangsverfahren, die Aktiengesellschaft Cibo Participations (im Folgenden: Cibo), ist eine Holding-Gesellschaft, deren Gründung auf ihren Mehrheitsaktionär, die Compagnie d`Importation des laines (nachfolgend: CIL) zurückgeht, deren Ziel es gewesen sei, über den Erwerb von entsprechenden Unternehmensbeteiligungen eine im Bereich des Wollhandels in sich stimmige und sich ergänzende Unternehmensgruppe zu schaffen.

3. Dem Ausgangsverfahren beim vorlegenden Gericht liegt eine an die Cibo gerichtete Nachforderung von Mehrwertsteuer zugrunde, die darauf beruht, dass die Steuerbehörde einen Vorsteuerabzug nicht anerkennt, den die Klägerin für die Zeit vom 2. November 1993 bis 31. Dezember 1994 für verschiedene, ihr von Dritten in Rechnung gestellte Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Unternehmensbeteiligungen vornahm, wie für Betriebsrevisionen, für Preisverhandlungen, für die Ausgestaltung der Kontrollübernahme über Unternehmen sowie für juristische und steuerliche Leistungen und die Übernahme von Kapitalbeteiligungen. Cibo erhalte für seine Leistungen einen Pauschalsatz von 0,5 % des Umsatzes der Tochterunternehmen.

4. Die französische Finanzverwaltung machte geltend, dass Cibo ihren Umsatz zu einem überwiegenden Teil aus Einnahmen von Dividenden beziehe (im Jahre 1993 99,32 %, 1994 92,07 % der Gesamteinnahmen), während die Vergütung ihrer Dienstleistungen an ihre Tochterunternehmen den Rest ausmache. Die Holding erziele keine Umsätze aus wirtschaftlichen Tätigkeiten im eigenen Namen.

5. Mit Urteil vom 6. Januar 2000 hat das Tribunal administratif de Lille beschlossen, dem Gerichtshof die folgenden drei Fragen im Hinblick auf die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach der Sechsten Richtlinie zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Nach welchem Kriterium ist das Eingreifen zu definieren? Ist dafür das Bestehen entgeltlicher Leistungen, die Belebung einer Unternehmensgruppe durch eine Holding-Gesellschaft, die faktische, jede Unabhängigkeit der Tochtergesellschaft ausschließende Verwaltung oder ein anderer Umstand maßgebend?

2. Falls ein Eingreifen vorliegt, verbleibt dann die Einnahme von Dividenden unabhängig von der wirtschaftlichen Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer, weil sie keine Gegenleistung für Umsätze von Warenlieferungen oder Dienstleistungen ist, oder liegt die Einnahme von Dividenden mit Rücksicht darauf, dass die Kosten für den Erwerb von Aktien mit dem unmittelbaren Zweck der Beteiligung an wirtschaftlichen Tätigkeiten entstehen, innerhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer, und ist sie dann nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 1 der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreit?

3. Wenn die Einnahme von Dividenden außerhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer liegt, wie wirkt sich das auf den Vorsteuerabzug aus:

- Ist jeder Vorsteuerabzug für Kosten, die für den Erwerb von Aktien entstehen, ausgeschlossen, weil sie nicht zu steuerbaren Umsätzen beitragen,

- oder ist der Vorsteuerabzug im Rahmen der Gemeinkosten zuzulassen?

III - Rechtlicher Rahmen

6. Nach Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen sowie Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt".

Nach Artikel 4 Absatz 1 gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis". Gemäß Absatz 2 gelten als wirtschaftliche Tätigkeiten" alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden und auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst".

Artikel 13 Teil B der Sechsten Richtlinie normiert, dass bestimmte Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer zu befreien sind, darunter nach Buchstabe d Nummer 5 die Umsätze - einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung - die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von Warenpapieren, Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Artikel 5 Absatz 3".

In Artikel 17 sind Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug geregelt. Nach Artikel 17 Absatz 2 ist der Steuerpflichtige nur bezüglich der Ausgaben für die Gegenstände und Dienstleistungen, die für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden" befugt, einen Vorsteuerabzug vorzunehmen, und zwar in der Höhe der geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer für die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen gelieferten oder erbrachten Gegenstände und Dienstleistungen.

Artikel 17 Absatz 5 legt fest, wie beim Vorsteuerabzug für Gegenstände und Dienstleistungen zu verfahren ist, die sowohl für Umsätze verwendet werden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die dieses Recht nicht eröffnen. Dazu bestimmt Unterabsatz 1: Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt." Gemäß Unterabsatz 2 wird dieser Pro-rata-Satz nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt".

Artikel 19 enthält die Regelungen zur Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs. Der Pro-rata-Satz ergibt sich nach Artikel 19 Absatz 1 aus einem Bruch, in dessen Zähler der Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze steht. Im Nenner steht die Summe aus dem Betrag des Zählers und den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen. Die Mehrwertsteuer ist dabei jeweils abzuziehen.

Artikel 19 Absatz 2 sieht in Abweichung von Absatz 1 vor, dass bestimmte Umsätze außer Ansatz bleiben, wie etwa die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d genannten Umsätze, wenn es sich um Hilfsumsätze handelt.

IV - Zur ersten Vorlagefrage

7. Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, unter welchen Voraussetzungen ein Eingreifen" einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochterunternehmen gegeben ist.

Vorbringen der Beteiligten

8. Cibo weist unter Bezugnahme auf die Artikel 4 und 13 der Sechsten Richtlinie darauf hin, dass diese Bestimmungen klar zwischen Tätigkeiten im Sinne wirtschaftliche[r] Tätigkeiten" und solchen, die nicht in diesen Bereich fallen, unterscheide und dass dies für die Frage des Rechts auf Vorsteuerabzug entscheidend sei.

Des Weiteren macht Cibo auf eine Reihe von Urteilen des Gerichtshofes aufmerksam, in denen sich der Gerichtshof zur Frage der Qualifikation von Holdings geäußert hat. Aus dieser Rechtsprechung gehe klar hervor, dass eine Holding prinzipiell keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe und somit nicht steuerpflichtig sei, es sei denn, sie greife in die Verwaltung ihrer Tochterunternehmen ein. Bisher habe der Gerichtshof jedoch den Begriff des Eingreifens" nicht definiert. Nach Auffassung von Cibo sei diesbezüglich der Begriff der faktischen Verwaltung" als Kriterium auszuschließen. Dieser finde im französischen Recht auf denjenigen Anwendung, der tatsächlich die Leitung eines Unternehmens innehabe und nicht auf denjenigen, dem diese Funktion nur rein rechtlich zukomme.

Selbst wenn die faktische Verwaltung praktisch alle Merkmale eines Eingreifens" aufweise, so stelle sie nur die letzte Phase dieses Eingreifens" dar, zumal sie zum Verlust der eigenständigen Rechtspersönlichkeit des Tochterunternehmens führen könne. Nach Auffassung von Cibo könne sich ein Anleger nach Ziel und Umfang des Beteiligungserwerbs in verschiedenen Situationen befinden.

Dabei deckten sich folgende zwei mit einem Eingreifen" einhergehende Formen der Beteiligung mit dem in der Vorlagefrage genannten Begriff der Belebung einer Unternehmensgruppe", der im französischen Steuerrecht im Bereich der Solidaritätssteuer auf das Vermögen (ISF) als Kriterium Anwendung finde:

- Die erste Form betreffe den Fall, dass die Beteiligung praktisch das gesamte Kapital ausmache und sich der Teilhaber aktiv an der Unternehmensführung beteilige, womit in die Verwaltung eingegriffen werde. Hierbei sei der Aktionär meistens veranlasst, den Tochterunternehmen verschiedene entgeltliche Leistungen zu erbringen.

- Die zweite Form entspreche dem Fall der weitestgehenden Beteiligung, nämlich dass der Teilhaber das Tochterunternehmen vollkommen beherrsche und als faktischer Verwalter in die Unternehmensführung eingreife".

In diesen beiden Fällen sei der Erwerb von Beteiligungen eine wirtschaftliche Tätigkeit im Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie, weil es der Holding faktisch oder rechtlich möglich sei, über die gewöhnlichen Aktionärsrechte hinaus in die Verwaltung der Tochterunternehmen einzugreifen.

9. Die französische Regierung stellt zunächst fest, dass aus ihrer Sicht aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes e contrario abzuleiten sei, dass der Erwerb, das Innehaben und die Abtretung von Beteiligungen sowie der Erhalt von Dividenden dann unter Artikel 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie fielen, wenn diese Tätigkeiten mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaften, an der die Beteiligung bestehe, einhergehe. Unter Eingreifen" sei ein bestimmender Einfluss auf die Verwaltung des Unternehmens, auf das es sich bezieht, zu verstehen. Ein für ein Eingreifen" ausreichender Einfluss auf die Unternehmensführung könne vermutet werden, wenn die Holding faktisch oder rechtlich die Stimmenmehrheit im betreffenden Unternehmen halte. Ein solcher Einfluss könne ferner anhand verschiedener Merkmale aus den juristischen, finanziellen, administrativen und sozialen Beziehungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen abgeleitet werden, wie etwa der Entscheidungskontrolle, der Ähnlichkeit der Geschäftsziele, der Bestellung des Führungspersonals und dem Erbringen entgeltlicher Dienstleistungen.

10. Die Kommission verweist auf die zum Zeitpunkt ihrer schriftlichen Erklärung noch anhängige Rechtssache Floridienne SA und auf die dazu am 4. April 2000 verkündeten Schlussanträge von Generalanwalt Fennelly, der nicht das Konzept des Eingreifens" als solches definierte, sondern prüfte, ob die Holding selbst wirtschaftliche Tätigkeiten entfalte oder nicht.

Nach Meinung der Kommission sei die vorliegende Frage nicht mit Hilfe eines besonderen, der Sechsten Richtlinie fremden Konzepts des Eingreifens" zu beantworten - weshalb sie nur hilfsweise dazu Stellung nehme -, sondern anhand der Beurteilung der fraglichen Tätigkeiten im Licht des Artikels 4 in Verbindung mit Artikel 2 der Sechsten Richtlinie.

In Bezug auf eine Definition des Eingreifens" bemerkt die Kommission im Hinblick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zunächst, dass es sich in der Rechtssache Polysar um eine reine Holding handelte, wohingegen es im gegenständlichen Fall um eine gemischte Holding ginge, die neben der Verwaltung ihrer Anteile noch weitere Leistungen an ihre Tochterunternehmen gegen Entgelt erbringe. Folglich sei es zur Beantwortung der gegenständlichen Frage notwendig, genau abzugrenzen, ab wann die Holding nicht mehr als bloße Inhaberin von Beteiligungen agiere, sondern eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Hinsichtlich der Tätigkeiten, die mit der bloßen Ausübung der Aktionärsrechte zusammenhängen und kein Eingreifen" in die Verwaltung darstellen können, verweist die Kommission auf die von Generalanwalt Van Gerven in Nummer 6 seiner Schlussanträge zu Polysar vorgenommene Aufzählung von Tätigkeiten.

Zur Problematik, was unter den Begriff des Eingreifens" fallen könnte, bringt die Kommission vor, dass im Urteil Wellcome Trust das Halten einer Mehrheitsbeteiligung ein entscheidendes Merkmal für ein Eingreifen" gewesen sein dürfte. Gegen dieses Verständnis spreche jedoch das Urteil Polysar, wo es um ein hundertprozentiges Tochterunternehmen ging.

Die Kommission schließt damit, dass es sehr schwierig sei, das Konzept des Eingreifens" mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der Sechsten Richtlinie in Einklang zu bringen. Das eigentlich zu lösende Problem sei bei gemischten Holdings, festzustellen, auf welche Art von Tätigkeit sich eine Ausgabe beziehen müsse. Seien einmal die Tätigkeiten außerhalb des Geltungsbereiches der Sechsten Richtlinie identifiziert, müsse man nur mehr bei den in den Geltungsbereich fallenden Tätigkeiten zwischen befreiten und besteuerten Umsätzen im Rahmen des Pro-rata-Satzes unterscheiden.

Würdigung

11. Aus Randnummer 19 des Urteils Floridienne geht hervor, dass Eingriffe in die Verwaltung der Tochterunternehmen als eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie" zu qualifizieren sind, soweit sie die Vornahme von Tätigkeiten einschließen, die gemäß Artikel 2 dieser Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen, wie die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verwaltung, Buchführung und Informatik" durch die Holding für ihre Tochterunternehmen.

Demnach kann für die Frage der Steuerpflicht einer Holding allein maßgeblich sein, ob sie Tätigkeiten nach Artikel 2 bzw. wirtschaftliche Tätigkeiten nach Artikel 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie ausübt.

12. Folglich kann eine reine Holding, deren Tätigkeit sich auf den Erwerb und die Innehabung von Gesellschaftsanteilen sowie auf die Ausübung der ihr daraus erwachsenden Teilhaberrechte beschränkt, nicht durch einen wie immer gearteten Einfluss auf die Tochterunternehmen zum Mehrwertsteuerpflichtigen nach der Sechsten Richtlinie werden. Demgemäß kann es also in Bezug auf die Steuerpflicht einer Holding weder darauf ankommen, ob die Holding die Unternehmensgruppe belebt oder deren Führung beeinflusst, noch ob ein bestimmender Einfluss auf die Unternehmensführung vorliegt.

13. Es ist daher Cibo und der Kommission insofern zuzustimmen, als für die Frage des Rechts auf Vorsteuerabzug die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie und solchen, die keine wirtschaftlichen Tätigkeiten in dessen Sinn sind, entscheidend ist. Das Recht auf Vorsteuerabzug steht nämlich nur einem Steuerpflichtigen zu, und diese Eigenschaft hängt wiederum gemäß Artikel 4 Absatz 1 von der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten nach Artikel 4 Absatz 2 ab.

14. Es ist also zunächst zu prüfen, ob Cibo wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, die sie zur Steuerpflichtigen machen und sie in weiterer Folge unter Umständen zum Vorsteuerabzug berechtigen.

15. Wie die Kommission zutreffend bemerkt, hat sich der Gerichtshof in der Rechtssache Floridienne mit dieser Frage befasst.

In Randnummer 17 dieses Urteils wird zunächst daran erinnert, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes eine Holding, deren einziger Zweck im Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, ohne dass sie - unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin - unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift", nicht mehrwertsteuerpflichtig wird und nicht zum Vorsteuerabzug gemäß Artikel 17 der Sechsten Richtlinie berechtigt ist. Das ergibt sich namentlich daraus, dass das bloße Innehaben finanzieller Beteiligungen an anderen Unternehmen keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Sechsten Richtlinie darstellt.

Wie in Randnummer 18 dieses Urteils unter Bezugnahme auf das Urteil Polysar festgestellt wird, gilt etwas anderes, wenn die Beteiligung unbeschadet der Rechte, die der Beteiligungsgesellschaft in ihrer Eigenschaft als Aktionärin oder Gesellschafterin zustehen, mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaften einhergeht, an denen die Beteiligung besteht".

Die in Randnummer 19 des Urteils Floridienne angeführten Formen des Eingreifens" in die Verwaltung von Tochterunternehmen enthalten Beispiele für Tätigkeiten im Sinne des Artikels 2 der Sechsten Richtlinie. Theoretisch sind als Eingriffe" nämlich jede wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie in Betracht zu ziehen, soweit sie die Vornahme einer Tätigkeit einschließen, die gemäß Artikel 2 der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegt.

16. Wenn also eine Holding nicht nur Beteiligungen hält, sondern zusätzlich entgeltliche Dienstleistungen für die Tochterunternehmen erbringt - womit es sich per definitionem um eine gemischte Holding handelt - wird sie im Rahmen dieser wirtschaftlichen Umsätze mehrwertsteuerpflichtig, weil solche Tätigkeiten im Gegensatz zum bloßen Erwerb und bloßen Halten von Beteiligungen als wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne der Sechsten Richtlinie zu qualifizieren sind.

17. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Gerichtshofes sein kann, sämtliche denkbaren (wirtschaftlichen) Tätigkeiten erschöpfend anzuführen, die grundsätzlich unter Artikel 2 bzw. 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie fallen können. Es ist vielmehr Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die vom Gerichtshof vorgegebenen Kriterien auf den konkreten Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits Anwendung finden.

18. Auf die erste Vorlagefrage ist daher nach meiner Meinung zu antworten, dass im Verhältnis zwischen einer Holding und einem Tochterunternehmen dann ein Eingreifen" vorliegt, wenn die Holding zusätzlich zur Ausübung ihrer Teilhaberrechte für ihr Tochterunternehmen auch wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie ausübt, was die Vornahme von Tätigkeiten einschließt, die gemäß Artikel 2 der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen.

V - Zur zweiten Vorlagefrage

19. Mit seiner zweiten Vorlagefrage begehrt das vorlegende Gericht Auskunft darüber, ob die Einnahme von Dividenden innerhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer liegt und ob eine solche Einnahme diesfalls nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 1 der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreit ist.

Vorbringen der Beteiligten

20. Cibo vertritt in dieser Frage die Auffassung, dass die Einnahme von Dividenden niemals in den Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie fallen könne, da sie unabhängig von einem Eingreifen" nicht als Gegenleistung für eine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern lediglich als Ausfluss der bloßen Innehabung von Beteiligungen anzusehen sei.

21. Die französische Regierung macht dagegen im Wesentlichen geltend, dass die Dividenden bei Bestehen eines Eingreifens" in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fielen, weil sie das Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit des Erwerbs und Haltens von Beteiligungen darstellten. Die grundsätzlich unter die Mehrwertsteuer fallenden Dividenden seien allerdings nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 des Sechsten Richtlinie befreit.

22. Die Kommission führt im Wesentlichen aus, dass es mangels eines ausreichenden direkten Zusammenhangs zwischen den Tätigkeiten der Holding und dem Erhalt von Dividenden nicht möglich sei, die Dividenden als Gegenleistung für wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen. Daher handle es sich nicht um die Bezahlung von Dienstleistungen, die die Holding für ihre Tochterunternehmen erbringt und die nach Artikel 2 der Sechsten Richtlinie der Steuerpflicht unterliegen.

Würdigung

23. Wie Cibo und die Kommission zutreffend feststellen, könnte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Bezug von Dividenden durch eine Holding, die in die Verwaltung der Tochterunternehmen eingreift", nur dann in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie fallen, wenn die Dividenden als Gegenleistung für wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden können, wozu es eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der ausgeübten Tätigkeit und dem erhaltenen Gegenwert bedarf.

24. Der Gerichtshof hat bereits in der Rechtssache Sofitam für Recht erkannt, dass Dividenden kein Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit sind, dass sie daher nicht in den Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie fallen und dass Dividenden aus Beteiligungen somit außerhalb des Systems der Vorsteuerabzugsberechtigung liegen.

25. Zur Auffassung der französischen Regierung, wonach es dann, wenn der Erwerb von Beteiligungen eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie wäre, auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dieser Tätigkeit und dem Bezug der Dividende ankäme, genügt es, auf das Urteil Floridienne hinzuweisen.

26. In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass im Hinblick darauf, dass die Höhe der Dividenden auf Grund bestimmter Merkmale teilweise vom Zufall abhängt und der Anspruch auf Dividenden lediglich Folge einer Beteiligung ist, zwischen der Dividende und einer Dienstleistung - selbst wenn sie von einem Aktionär erbracht wird, der diese Dividende bezieht - nicht der unmittelbare Zusammenhang" besteht, der diese als Gegenleistung für die Dienstleistung auswiese".

27. Nach all dem ist auf die zweite Vorlagefrage nach meiner Meinung zu antworten, dass die Einnahme von Dividenden, die ein Tochterunternehmen an eine Holding ausschüttet, außerhalb des Geltungsbereichs der Sechsten Richtlinie liegt, weil die Dividenden keine Gegenleistung für Umsätze von Warenleistungen oder Dienstleistungen darstellen. Somit können sie auch nicht nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 1 der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreit werden.

VI - Zur dritten Vorlagefrage

28. Die dritte Vorlagefrage bezieht sich für den Fall, dass die Einnahme von Dividenden außerhalb des Geltungsbereiches der Sechsten Richtlinie bleibt, auf die Konsequenzen für den Vorsteuerabzug. Dabei legt das nationale Gericht zwei Alternativen vor: erstens den Ausschluss des Vorsteuerabzugs für die Steuer, die auf die Kosten für den Erwerb der Aktien entfällt, zweitens die Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs aus dem Titel der Gemeinkosten".

Vorbringen der Beteiligten

29. Cibo weist zunächst auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes hin, aus der sich ergebe, dass die Einnahme von Dividenden weder ein Recht auf Vorsteuerabzug begründe, noch zum Verlust desselben führe. Eine Holding, die in die Verwaltung/Führung ihrer Tochterunternehmen eingreife", übe eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und habe daher das Recht auf Vorsteuerabzug, und zwar pro-rata für steuerbare und nichtsteuerbare Tätigkeiten. Unter Hinweis auf das Urteil in der Rechtssache BLP Group vertritt Cibo die Auffassung, dass ein Vorsteuerabzug außer für den Fall steuerbefreiter Vorgänge möglich sei und dass, für den Fall des Erwerbs von Gütern im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeiten, die Kosten für deren Erwerb zu den Gemeinkosten" gehörten. Diese fänden Eingang in den Verkaufspreis. Der Erwerb der Tochterunternehmen stelle für Unternehmen, die in die Verwaltung/Führung der Tochterunternehmen eingreifen", den ersten Schritt einer in Zukunft möglichen Fusion der Unternehmen einer Gruppe dar und sei somit eine wirtschaftliche Tätigkeit. Die Steuer auf diese Kosten für den Erwerb sei daher abzugsfähig.

30. Nach Auffassung der französischen Regierung sei angesichts der ihrer Meinung nach auf die zweite Vorlagefrage zu gebenden Antworten die dritte Vorlagefrage nicht zu beantworten. Die Kosten, die einem Unternehmen, das in die Verwaltung/Führung eines Tochterunternehmens eingreift", durch den Erwerb von Anteilen an diesem Tochterunternehmen entstehen, stuenden in Bezug zur allgemeinen Tätigkeit des Unternehmens. Aus Artikel 17 Absatz 5 und aus Artikel 19 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie ergebe sich, dass nicht abzugsfähige Dividenden nur im Nenner des Pro-rata-Satzes aufscheinen dürften. Da die Dividenden in unmittelbarer, dauerhafter und notwendiger Verbindung zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens stuenden, handle es sich auch nicht um Hilfsumsätze im Sinne von Artikel 19 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie, die außer Ansatz bleiben könnten.

31. Die Kommission wiederum geht davon aus, dass der Vorsteuerabzug in Bezug auf Kosten für den Erwerb von Aktien, also auf Kosten, die sich auf keinen besteuerten Vorgang beziehen, ausgeschlossen sei. Da Artikel 17 der Sechsten Richtlinie keine Regelung über Umsätze aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereiches der Richtlinie treffe, falle es in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die Methode festzulegen, nach der der Abzug ausgeschlossen sei. Schließlich meint die Kommission, dass der Sechsten Richtlinie der Begriff der Gemeinkosten" fremd sei. Entscheidend sei vielmehr, ob sich die Kosten auf besteuerte, befreite oder nicht steuerbare Tätigkeiten des Unternehmens beziehen. Im Fall von Cibo sei es aber nicht offensichtlich, dass sich die Kosten für den Erwerb der Unternehmensbeteiligung in den Leistungen wiederfinden, die Cibo seinen Tochterunternehmen erbringe.

Würdigung

32. Zum Vorsteuerabzug für Kosten, die für den Erwerb von Aktien entstehen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Frage des vorlegenden Gerichts nur auf den Fall bezieht, dass die Einnahmen der Dividenden außerhalb des Geltungsbereiches der Sechsten Richtlinie liegen. Es geht also um nicht steuerbare Umsätze im Sinne der Sechsten Richtlinie.

33. Gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie kann ein Steuerpflichtiger insoweit einen Vorsteuerabzug vornehmen, als die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden". Artikel 17 Absatz 2 legt also die Voraussetzungen fest, unter denen Vorsteuer abgezogen werden darf. Der Ausschluss des Vorsteuerabzuges ergibt sich dabei aus einem Umkehrschluss. Aus Artikel 17 Absatz 2 folgt also e contrario, dass für andere als die in der Vorschrift genannte Umsätze, also befreite und nicht steuerbare, kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht.

34. Das brächte auch die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers zum Ausdruck, in der Sechsten Richtlinie den in Artikel 11 Absatz 2 der Zweiten Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems vorgesehenen Ausschluss nicht steuerbarer Umsätze vom Vorsteuerabzug beizubehalten.

35. Der Ausschluss nicht steuerbarer Umsätze vom Vorsteuerabzug entspricht schließlich den Grundsätzen des gemeinschaftsrechtlichen Mehrwertsteuersystems. Danach soll der Anwendungsbereich des Vorsteuerabzugs so weit wie möglich dem Bereich der Geschäftstätigkeit des Unternehmens entsprechen. Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs für nicht steuerbare Umsätze erscheint daher nur systemgerecht.

36. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes nämlich nur, wenn eine direkte und unmittelbare Verbindung mit den besteuerten Umsätzen besteht.

In der Rechtssache Midland, die ebenso Aufwendungen für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Unternehmensbeteiligung betraf, hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass das Recht auf Abzug der Vorsteuer voraussetzt, dass die für den Bezug dieser Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören".

37. Die Cibo entstandenen Kosten für den Erwerb der Aktien sind jedoch mangels einer direkten und unmittelbaren Verbindung mit besteuerten Umsätzen vielmehr Teil der Gemeinkosten des Steuerpflichtigen" und gehören damit zu Preiselementen aller Produkte eines Unternehmens".

38. Die Rechtslage gestaltet sich allerdings anders, wenn Cibo anhand objektiver Umstände nachweisen kann, dass ihre Aufwendungen zu den Kostenelementen eines zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsatzes gehören.

39. Auf die dritte Vorlagefrage ist daher nach meiner Meinung zu antworten, dass die Einnahme von Dividenden außerhalb des Geltungsbereiches der Sechsten Richtlinie liegt und der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Kosten für den Erwerb von Aktien mangels direkter und unmittelbarer Verbindung zu besteuerten Umsätzen ausgeschlossen ist, es sei denn, der Steuerpflichtige weist anhand objektiver Umstände nach, dass diese Aufwendungen zu Kostenelementen eines zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsatzes gehören.

VII - Ergebnis

40. Aufgrund dieser Überlegungen wird dem Gerichtshof vorgeschlagen, die Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

1. Im Verhältnis zwischen einer Holding und einem Tochterunternehmen liegt dann ein Eingreifen" vor, wenn die Holding zusätzlich zur Ausübung ihrer Teilhaberrechte für ihr Tochterunternehmen auch wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - ausübt, was die Vornahme von Tätigkeiten einschließt, die gemäß Artikel 2 der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen.

2. Die Einnahme von Dividenden, die ein Tochterunternehmen an eine Holding ausschüttet, liegt außerhalb des Geltungsbereichs der Sechsten Richtlinie, weil die Dividenden keine Gegenleistung für Umsätze von Warenleistungen oder Dienstleistungen darstellen. Somit können sie auch nicht nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 1 der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreit werden.

3. Liegt die Einnahme von Dividenden außerhalb des Geltungsbereiches der Sechsten Richtlinie, ist der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Kosten für den Erwerb von Aktien mangels direkter und unmittelbarer Verbindung zu besteuerten Umsätzen ausgeschlossen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist anhand objektiver Umstände nach, dass diese Aufwendungen zu Kostenelementen eines zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsatzes gehören.