Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

References to this case

Share

Highlight in text

Go

Wichtiger rechtlicher Hinweis

|

62001C0364

Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 12. Dezember 2002. - Erben von H. Barbier gegen Inspecteur van de Belastingdienst Particulieren/Ondernemingen buitenland te Heerlen. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Gerechtshof 's-Hertogenbosch - Niederlande. - Auslegung der Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag (später Artikel 48 und 52 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG), des Artikels 67 EWG-Vertrag (später Artikel 67 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) und der Artikel 6 und 8a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 18 EG) - Richtlinien 88/361/EWG und 90/364/EWG - Erbschaftsteuer - Erfordernis einer grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeit - Verbot der Diskriminierung aufgrund des Wohnmitgliedstaats. - Rechtssache C-364/01.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite 00000


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Der Gerechtshof 's-Hertogenbosch (Niederlande) hat dem Gerichtshof fünf Fragen nach der Besteuerung des Nachlasses eines im Ausland ansässigen Erblassers zur Vorabentscheidung vorgelegt.

I - Rechtlicher Rahmen

A - Gemeinschaftsrecht

2 Der im vorliegenden Fall maßgebende Sachverhalt fällt in die Zeit vor dem Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht. Die anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sind daher die des EWG-Vertrags. Hinsichtlich der Freizügigkeit werden insbesondere die Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag (später Artikel 48 und 52 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG) und die Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht(1) geltend gemacht. Hinsichtlich des freien Kapitalverkehrs ist Artikel 67 EWG-Vertrag (später Artikel 67 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) einschlägig, so wie er mit der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages(2) durchgeführt wurde.

3 Außerdem werden die Artikel 6 und 8a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 18 EG) angeführt.

B - Nationales Recht

4 Aus den Akten ergibt sich Folgendes.

5 Nach niederländischem Recht wird jeder Nachlass besteuert. Artikel 1 Absatz 1 der Successiewet (Erbschaftsgesetz) 1956(3) unterscheidet danach, ob der Verstorbene in den Niederlanden oder im Ausland wohnhaft war:

1. War er in den Niederlanden wohnhaft, wird auf den Wert des gesamten Erwerbs von Todes wegen Erbschaftsteuer erhoben.

2. War er nicht in den Niederlanden wohnhaft, wird auf den Wert der "inländischen Besitztümer" (unter die, soweit hier von Bedeutung, die in den Niederlanden belegenen Grundstücke fallen), ggf. nach Abzug der Verbindlichkeiten, eine Übertragungssteuer erhoben.

6 Nach Artikel 13 der Wet op de vermogensbelasting (Vermögensteuergesetz) 1964(4), so wie er von den niederländischen Gerichten ausgelegt wird, können jedoch bei der Bewertung des Nachlasses eines Verstorbenen, der nicht gebietsansässig war, zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage nur solche Verbindlichkeiten abgezogen werden, die durch eine Hypothek auf ein in den Niederlanden belegenes Grundstück gesichert sind. Diese Vorschrift findet insbesondere Anwendung, wenn der Verstorbene vor seinem Tod die mit diesem Grundstück verbundene wirtschaftliche Verfügungsmacht durch einen Kaufvertrag auf eine juristische Person übertragen hat. Im Gegensatz zum Erben eines gebietsansässigen Verstorbenen muss der Erbe eines gebietsfremden Verstorbenen in seiner Steuererklärung den vollen Wert dieser Immobilie angeben, obwohl ein Dritter wirtschaftlicher Eigentümer ist.

II - Sachverhalt und Verfahren

7 Herr Barbier, ein 1941 geborener niederländischer Staatsbürger, starb am 24. August 1993 in Belgien, wo er zuletzt wohnhaft war. Erben sind seine Ehefrau und sein einziger Sohn (im Folgenden zusammen: Erben).

8 Herr Barbier hatte im Zeitraum von 1970 bis 1988, als er in Belgien wohnte, verschiedene Immobilien in den Niederlanden erworben, aus denen er Mieteinkünfte bezog. Die meisten dieser Immobilien wurden gewerblich als Geschäfte, Lager oder Cafés genutzt.

9 1988 führte Herr Barbier eine Reihe von Verkäufen durch, mit denen er die meisten seiner Grundstücke auf private niederländische Gesellschaften übertrug, die von ihm kontrolliert wurden.

10 Bei der Veräußerung der in den Niederlanden belegenen Grundstücke war die Eintragung in die dazu bestimmten Register vermieden worden, indem nur das so genannte "wirtschaftliche" Eigentum an den Grundstücken veräußert wurde, um den Eintragungsgebühren von 6 % zu entgehen. Herr Barbier verpflichtete sich, die verkauften Güter (d. h. das dingliche Recht) zu übertragen, und im Vorgriff auf diese Übertragung trat er alle Rechte an diesen Gütern ab. Für diese Verpflichtung wurde allerdings keine Hypothek bestellt.

11 Nach dem Tod von Herrn Barbier gab sein Notar für die Übertragungssteuer den Wert der drei anderen Grundstücke, die noch im vollen Eigentum von Herrn Barbier gestanden hatten, abzüglich der hypothekarisch gesicherten Verbindlichen an, die zu ihrem Erwerb eingegangen worden waren. Der Wert derjenigen Grundstücke, deren wirtschaftliches Eigentum auf die privaten Gesellschaften übertragen worden war, war in dieser Erklärung nicht enthalten.

12 Der Leiter der Einheit Particulieren/Ondernemingen buitenland des Rijksbelastingdienst (im Folgenden: Inspecteur) rechnete zu dem angegebenen Nachlass jedoch den Wert sämtlicher Grundstücke hinzu, die im rechtlichen Eigentum von Herrn Barbier gestanden hatten. Dabei berücksichtigte er keinerlei Abzug für die Übertragungsverpflichtung.

13 Die Erben fochten vor dem Gerechtshof 's-Hertogenbosch die Entscheidung des Inspecteur an und beantragten, die Steuer auf Null festzusetzen, da der Inspecteur einen der Übertragungsverpflichtung entsprechenden Abzug abgelehnt habe. Der Gerechtshof 's-Hertogenbosch legte dem Gerichtshof die folgenden fünf Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1. Ist heute für den Zugang zum Gemeinschaftsrecht noch eine grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit erforderlich?

2. Verwehrt es das Gemeinschaftsrecht einem Mitgliedstaat (dem Belegenheitsstaat), im Fall des erbrechtlichen Erwerbs eines in diesem Staat belegenen Grundstücks eine Steuer auf den Wert dieses Grundstücks zu erheben, wenn er einen Abzug in Höhe des Wertes der Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks zwar für den Fall zulässt, dass der Erblasser bei seinem Tod im Belegenheitsstaat wohnte, nicht aber für den Fall, dass der Erblasser bei seinem Tod in einem anderen Mitgliedstaat (dem Wohnsitzstaat) wohnte?

3. Ist es für die Beantwortung der zweiten Frage von Bedeutung, ob der Erblasser zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks nicht mehr im Belegenheitsstaat wohnte?

4. Kommt es für die Beantwortung der zweiten Frage auf die Verteilung des Kapitals des Erblassers zwischen dem Belegenheitsstaat, seinem Wohnsitzstaat und etwaigen anderen Staaten an?

5. Wenn ja, in welchem Staat ist das Kapital im Fall einer Kontokorrentforderung gegen eine private Gesellschaft wie die unter 2.4 beschriebene angelegt?

III - Würdigung

A - Zur ersten Frage

14 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass sich ihm verschiedene gemeinschaftsrechtliche Fragen stellen. Wenn eine grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit angesichts des Erlasses der Richtlinie über das Aufenthaltsrecht(5) und der Bestimmungen des Vertrages von Maastricht über die Unionsbürgerschaft noch von Bedeutung sei, stelle sich die Frage, welche der Grundfreiheiten im vorliegenden Fall betroffen sei.

15 Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist die Freizügigkeit nicht betroffen, da weder der Erblasser noch die Erben in der persönlichen Wahl ihres Wohnorts oder ihrer Niederlassung eingeschränkt worden seien. Sie hätten nämlich bereits in Belgien gewohnt, als der Erblasser das erste der Grundstücke gekauft habe.

16 Dagegen nimmt der Gerechtshof an, dass seit 1970, als der Erblasser aus den Niederlanden nach Belgien umgezogen sei, ein grenzüberschreitender Kapitalverkehr vorliege. Seither habe der Erblasser nämlich von Belgien aus Grundstücke in den Niederlanden gekauft.

17 Die niederländische Regierung trägt dagegen vor, dass die erste Frage nicht erheblich sei. Artikel 18 EG sei aus zeitlichen Gründen nicht anwendbar, und die Richtlinie 90/364 bezwecke u. a. die Harmonisierung der einzelstaatlichen Vorschriften über den Aufenthalt der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in einem anderen Mitgliedstaat als dem, dem sie angehörten. Die im vorliegenden Fall streitigen Bestimmungen der SW 1956 stuenden jedoch in keiner Beziehung zu den Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats und hätten das Recht der Familie Barbier, sich außerhalb der Niederlande niederzulassen, in keiner Weise beschränkt oder behindert.

18 Auch die Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr seien nicht anwendbar. Im vorliegenden Fall gebe es nämlich keine grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit, die durch das niederländische Steuerrecht behindert würde. So sei der Kauf von Grundstücken in den Niederlanden durch den in Belgien wohnhaften Erblasser in keiner Weise behindert worden, und ebenso verhalte es sich mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums, bei der der Erblasser wie ein im Gebiet der Niederlande Ansässiger behandelt worden sei.

19 Der Erwerb von Grundstücken im Wege der Erbfolge stelle dagegen keine Wirtschaftstätigkeit dar. Dasselbe gelte für die Investition in das ausschließlich rechtliche Eigentum, ohne wirtschaftlich Eigentümer zu sein. Die niederländische Regierung hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass der Erblasser sich für die oben beschriebenen Transaktionen ausschließlich aus steuerlichen Gründen entschieden habe. Daher bedürfe es keines Schutzes durch den Vertrag.

20 Die Erben machen dagegen geltend, dass im vorliegenden Fall sowohl die Freizügigkeit als auch der freie Kapitalverkehr beeinträchtigt seien. Dazu verweisen sie insbesondere auf die Urteile Baars(6) und Verkooijen(7). Der Gerichtshof habe in der Rechtssache Baars implizit ausgeführt, dass es keine Bedingung einer grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeit gebe oder dass eine solche Tätigkeit dann vorliege, wenn wie im vorliegenden Fall vermittels einer Gesellschaft grenzüberschreitend in Grundstücke investiert werde und diese Anlagen grenzüberschreitende Zinseinkünfte erzeugten (die in der Sache mit den grenzüberschreitenden Dividenden vergleichbar seien, um die es in der Rechtssache Verkooijen gegangen sei).

21 Was ist von diesen verschiedenen Argumenten zu halten?

22 Hinsichtlich der zeitlichen Nichtanwendbarkeit des Artikels 8a EG-Vertrag stimme ich der Ansicht der niederländischen Regierung zu. Wie diese dargelegt hat, ist die Lage nämlich anhand des zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltenden Gemeinschaftsrechts zu beurteilen. Der Vertrag von Maastricht war jedoch noch nicht in Kraft getreten, als Herr Barbier starb.

23 Die Richtlinie 90/364 halte ich ebenfalls für nicht erheblich, allerdings aus anderen Gründen als den von der niederländischen Regierung vorgetragenen. Nach dieser auf Artikel 235 EG-Vertrag (jetzt Artikel 308 EG) gestützten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten nämlich verpflichtet, Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten, "denen das Aufenthaltsrecht nicht aufgrund anderer Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zuerkannt ist", unter bestimmten Bedingungen dieses Recht zu gewähren. Solche anderen Bestimmungen sind im Wesentlichen die über die Freizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit.

24 Es lässt sich nicht ausschließen, dass das Aufenthaltsrecht von Herrn Barbier tatsächlich auf diese Richtlinie gestützt wurde und dass dies auch für seine Erben gilt, doch wurde ein solches Aufenthaltsrecht, soweit uns bekannt ist, nie in Frage gestellt.

25 In dieser Rechtssache stellt sich ein anderes Problem. Es geht darum, ob die Erben von Herrn Barbier aus den Bestimmungen des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr das Recht ableiten und den niederländischen Behörden entgegensetzen können, nicht mit einer Übertragungssteuer belegt zu werden, die von der Erbschaftsteuer abweicht, zu der sie herangezogen würden, wenn der Erblasser noch in den Niederlanden gewohnt hätte.

26 Es ist nämlich unstreitig, dass die niederländische Steuerverwaltung Grundstücke in den Niederlanden hinsichtlich der Erbschaftsteuer oder damit vergleichbarer Steuern ungleich behandelt, je nachdem, ob der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes in den Niederlanden wohnhaft war oder nicht.

27 Daraus folgt, dass der Nachlass von Herrn Barbier durch die Tatsache beeinträchtigt worden ist, dass dieser in Belgien wohnte. Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich zudem, dass Herr Barbier, nachdem er aus den Niederlanden nach Belgien verzogen war, seine Tätigkeiten als Direktor einer in den Niederlanden niedergelassenen Gesellschaft fortsetzte. In dem Beschluss gibt es dagegen keinen Hinweis, dass er diese später beendet hätte.

28 Daher ist im vorliegenden Fall die Rechtsprechung des Gerichtshofes anzuwenden, wonach "Artikel 52 des Vertrages nicht dahin ausgelegt werden [kann], dass die eigenen Staatsangehörigen eines bestimmten Mitgliedstaats von der Anwendung des Gemeinschaftsrechts ausgeschlossen wären, wenn sie sich aufgrund ihres Verhaltens gegenüber ihrem Herkunftsmitgliedstaat in einer Lage befinden, die mit derjenigen anderer Personen, die in den Genuss der durch den Vertrag garantierten Rechte und Freiheiten kommen, vergleichbar ist"(8).

29 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die streitigen niederländischen Bestimmungen die Freiheit eines Wirtschaftsteilnehmers, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, auch dann beeinträchtigen, wenn sie, wie das vorlegende Gericht und die niederländische Regierung betonen, das Recht, in einen anderen Mitgliedstaat einzureisen oder sich dort aufzuhalten, nicht direkt beeinträchtigen. Ein Wirtschaftsteilnehmer, der in den Niederlanden Grundstücke besitzt oder erwerben möchte, kann nämlich davon abgehalten werden, sein Recht auf Freizügigkeit auszuüben, wenn er sich damit einer nachteiligen steuerlichen Behandlung seines Nachlasses aussetzt.

30 Zwar können sich die Folgen der Ausübung einer Verkehrsfreiheit auf die Besteuerung des Nachlasses nicht mehr auf den Betroffenen selbst auswirken. Trotzdem können sie, wie die Kommission zu Recht ausführt, die Ausübung der genannten Freiheiten behindern. Solche Folgen gehören zu den Überlegungen, die jeder Betroffene zwangsläufig anstellen muss, wenn er die Entscheidung trifft, ob er von dieser Verkehrsfreiheit Gebrauch macht.

31 Dies gilt übrigens ebenso für die Freizügigkeit wie für den freien Kapitalverkehr, von dem ich ebenso wie die Kommission annehme, dass er im vorliegenden Fall betroffen ist.

32 Die Kommission führt nämlich zu Recht die Richtlinie 88/361 an, die zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt anwendbar war und mit der Artikel 67 des Vertrages über den freien Kapitalverkehr durchgeführt wurde. Infolgedessen war diese Richtlinie auf Investitionen in Grundstücke anwendbar, die im Inland von Gebietsfremden vorgenommen wurden. Der Kauf von Grundstücken in den Niederlanden, den Herr Barbier - wie im Vorlagebeschluss dargelegt - von seinem Wohnsitz in Belgien aus durchführte, fällt unzweifelhaft in diese Kategorie.

33 Diese Bewertung ist rein objektiv und in keiner Weise von den Beweggründen desjenigen abhängig, der die fraglichen Kapitalbewegungen vornimmt. Der von der niederländischen Regierung behauptete mögliche steuerliche Beweggrund kann demnach der Transaktion nicht den Charakter als Kapitalbewegung im Sinne des Gemeinschaftsrechts nehmen.

34 Im Übrigen kann man sich die Frage stellen, ob die Argumentation der niederländischen Regierung nicht einen gewissen Widerspruch enthält, wenn diese zum einen ausführt, dass Transaktionen, bei denen es nur um das rechtliche Eigentum gehe, keiner wirtschaftlichen Realität entsprächen, zum anderen aber im vorliegenden Fall den rechtlichen Eigentümer so besteuern möchte, als sei er auch wirtschaftlicher Eigentümer.

35 Aus den oben aufgeführten Gründen schlage ich vor, die erste Frage wie folgt zu beantworten:

- Artikel 1 der Richtlinie 88/361 ist dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem es um den Nachlass eine Person geht, die in einem anderen Mitgliedstaat als den Niederlanden wohnte und ein Grundstück in den Niederlanden erwarb, die in diesem Artikel niedergelegte Freiheit betroffen ist;

- die Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag sind dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem es um den Nachlass eines Niederländers geht, der gebietsansässig war und seinen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegte, aber seine Geschäftstätigkeiten in den Niederlanden fortsetzte und später ein Grundstück in den Niederlanden erwarb, die in diesen Artikeln niedergelegte Freiheit betroffen ist.

B - Zur zweiten Frage

36 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Gemeinschaftsrecht es verbietet, dass der Nachlass eines gebietsfremden Erblassers anders besteuert wird als der eines gebietsansässigen Erblassers.

37 Die niederländische Regierung bestreitet nicht, dass eine unterschiedliche Behandlung allein aufgrund des Kriteriums des Wohnsitzes vorliegt. Sie räumt ein, dass ein Abzug der Übertragungsverpflichtung möglich ist, wenn der Erblasser seinen Wohnsitz in den Niederlanden hatte, nicht jedoch, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft war.

38 Sie beruft sich jedoch darauf, dass im vorliegenden Fall keine unterschiedliche Behandlung identischer Situationen vorliege. Die Situation eines Erblassers, der in den Niederlanden wohnhaft gewesen sei, sei nämlich mit der eines Erblassers, der in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft gewesen sei, nicht vergleichbar.

39 In solchen Fällen sei der allgemeine Grundsatz des internationalen Steuerrechts über die Abgrenzung der Steuerhoheit der Staaten heranzuziehen, wonach eine dingliche Schuld in die Zuständigkeit des Staates falle, in dem die Sache belegen sei, und eine persönliche Schuld wie die streitige Übertragungsverpflichtung in die des Wohnsitzstaats.

40 Nach diesem Grundsatz sei der Fall eines Erblassers, der in den Niederlanden wohnhaft gewesen sei, anders zu beurteilen als der eines in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaften Erblassers. Im ersten Fall seien die Niederlande als Staat der belegenen Sache und des Wohnsitzes des Betroffenen für die gesamte Vermögenslage einschließlich der persönlichen Verbindlichkeiten zuständig.

41 Dagegen sei im zweiten Fall von den Niederlanden als Staat der belegenen Sache nur die dingliche Schuld zu berücksichtigen, während die persönliche Schuld in die Zuständigkeit des Wohnsitzstaats falle.

42 Das vorlegende Gericht bestreitet die Existenz dieses Grundsatzes der Abgrenzung der Steuerhoheit.

43 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass weder die Kategorien des nationalen Rechts wie die Trennung zwischen dinglicher und persönlicher Schuld noch die angeführten Grundsätze des internationalen Steuerrechts einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht rechtfertigen können.

44 Zwar könnte theoretisch der Erbe eines aufgrund des niederländischen Rechts benachteiligten Erblassers einen "ausgleichenden Vorteil" aufgrund des Rechts seines Wohnsitzstaats erlangen, wenn dieser dieselben Kriterien für die steuerliche Zuständigkeit anwendet wie die Niederlande.

45 Die niederländischen Rechtsvorschriften berücksichtigen die Behandlung durch den Wohnsitzmitgliedstaat jedoch überhaupt nicht. Wenn aber dieser Staat den vollen Wert der betreffenden persönlichen Schuld nicht berücksicht und somit kein "ausgleichender Vorteil" dieser Art besteht, findet sich der Erbe eines Erblassers, der in diesem Staat wohnhaft war, in derselben Lage wie der Erbe eines in den Niederlanden wohnhaften Erblassers, dessen persönliche Schuld von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats gleichfalls nicht berücksichtigt wird. In diesem Fall besteht also kein Grund, den Erben eines Erblassers, der in den Niederlanden wohnhaft war, anders zu behandeln.

46 Entgegen dem Vorbringen der niederländischen Regierung ist es daher möglich, dass identische Situationen ungleich behandelt werden. Das niederländische Recht setzt voraus, dass der Steuerpflichtige über eine Abzugsmöglichkeit in einem anderen Mitgliedstaat verfügt, ohne dass aber hierüber Gewissheit besteht und ohne dass dem Steuerpflichtigen das Recht zugestanden wird, nachzuweisen, dass eine solche Möglichkeit nicht besteht. Dies ist umso schwerwiegender, als - wie oben ausgeführt - Zweifel an der Allgemeingültigkeit des von den niederländischen Behörden herangezogenen Grundsatzes der Abgrenzung der Steuerhoheit bestehen, wie sie auch das vorlegende Gericht geäußert hat.

47 Gegen die fraglichen nationalen Rechtsvorschriften lässt sich daher jedenfalls genau der gleiche Vorwurf erheben, den der Gerichtshof gegenüber den in seinem Urteil Schumacker(9) streitigen deutschen Rechtsvorschriften formuliert hat, dass diese nämlich anders als die deutschen Rechtsvorschriften in dem von der niederländischen Regierung gleichfalls angeführten Urteil Gschwind(10) die Möglichkeit ausgeschlossen haben, dass eine Steuerbehörde für die fragliche Steuer die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen insgesamt berücksichtigt.

48 Ein zweites Argument scheint mir noch deutlicher gegen die Auffassung der niederländischen Regierung zu sprechen.

49 Das von den Niederlanden angewandte Unterscheidungskriterium hat nämlich keinerlei Bezug zur wirklichen Vermögenslage und läuft darauf hinaus, dass vergleichbare wirtschaftliche Situationen völlig unterschiedlich behandelt werden.

50 In einem Fall wie dem vorliegenden erlaubt es das niederländische Recht den Erben eines gebietsansässigen Erblassers, so besteuert zu werden, wie es der tatsächlichen Vermögenslage entspricht, d. h., die mit einer Übertragungsverpflichtung belastete Sache geht nicht in die Steuerbemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer ein. Die Erben eines gebietsfremden Erblassers, die sich hinsichtlich der fraglichen Sache in genau der gleichen Vermögenssituation befinden, werden dagegen so besteuert, als sei diese Sache vollständig im Eigentum des Erblassers verblieben.

51 Angesichts dieser übereinstimmenden Vermögenssituation kann der dingliche oder obligatorische Charakter der Schuld, um deren Abzug es geht, nicht entscheidend sein. Maßgebend ist, dass identische Vermögenssituationen, nämlich dass Sachen, die mit einer Übertragungsverpflichtung belastet sind, gleichbehandelt werden, anstatt dass ihre jeweilige Behandlung allein vom Wohnsitz des Erblassers abhängt.

52 Dies gilt umso mehr, als im vorliegenden Fall die fragliche persönliche Schuld, d. h. die Übertragung des rechtlichen Eigentums der besteuerten Sache, äußerst eng mit der in Rede stehenden Sache selbst verknüpft ist und von entscheidender Bedeutung für den Wert ist, den diese für die Erben hat. Diese Verknüpfung ist ebenso eng wie bei einer dinglichen Schuld, mit der die Sache belastet ist, und es lässt sich kaum ein zwingender Grund dafür erkennen, dass der Abzug einer persönlichen Schuld ausgeschlossen ist, während eine dingliche Schuld abgezogen werden kann.

53 Zudem ist jedenfalls festzustellen, dass die Auffassung der niederländischen Regierung entgegen deren Vorbringen kaum eine Stütze in der Rechtsprechung findet.

54 Die niederländische Regierung verweist insoweit mit Nachdruck darauf, dass nach dem Urteil Gilly(11) ein Mitgliedstaat die Kriterien für die von ihm angewandte Besteuerung festlegen und in diesem Zusammenhang dem von der OECD erarbeiteten Muster folgen könne. Auch könne er berücksichtigen, wo sich ein Grundstück befinde.

55 Der Gerichtshof hat jedoch immer betont, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Steuerhoheit nicht über ihre gemeinschaftsrechtlichen Verbindlichkeiten hinwegsetzen können(12).

56 Die niederländische Regierung beruft sich auch auf die Rechtsprechung, wonach die Situation von gebietsansässigen Steuerpflichtigen im Allgemeinen nicht mit der von gebietsfremden Steuerpflichtigen vergleichbar sei(13). Diese Erwägung hat den Gerichtshof aber in einer Vielzahl von Fällen nicht an der Feststellung gehindert, dass sich die Gebietsansässigen und die Gebietsfremden im Hinblick auf die in Rede stehenden nationalen Vorschriften in einer vergleichbaren Situation befanden.

57 Insbesondere muss ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung, wenn er Gebietsansässige und Gebietsfremde für eine bestimmte Besteuerung gleichbehandelt, im Hinblick auf die bei dieser Besteuerung vorzunehmenden Abzüge ebenso verfahren(14).

58 Wenn nämlich der Gesetzgeber dieses Mitgliedstaats Gebietsansässige und Gebietsfremde für die Besteuerung gleichbehandelt, erkennt er an, dass hinsichtlich der Modalitäten und Bedingungen der Besteuerung zwischen ihnen kein objektiver Unterschied besteht, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte.

59 Dazu führt die niederländische Regierung aus, nach dem Territorialitätsgrundsatz werde als Nachlass einer Person mit Wohnsitz in den Niederlanden deren weltweit vorhandenes Vermögen besteuert, während die Erben einer Person, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft gewesen sei, nur hinsichtlich der in den Niederlanden vorhandenen Vermögensbestandteile erbschaftsteuerpflichtig seien.

60 Ungeachtet dessen sehen die niederländischen Behörden die Gebietsansässigen und die Gebietsfremden bei der Erhebung der Erbschaftsteuer auf in den Niederlanden belegene Grundstücke als in gleicher Weise steuerpflichtig an. Daher können sie im Rahmen dieser Besteuerung den Letztgenannten nicht die Abzüge verweigern, die sie den Erstgenannten zugestehen.

61 In dieser Hinsicht weist die Situation eine auffallende Parallele zur Rechtssache Saint-Gobain ZN auf, in der sich die deutsche Regierung darauf berief, dass die in Deutschland niedergelassenen Gesellschaften hinsichtlich ihres Weltvermögens besteuert würden, während die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaften nur einer beschränkten Steuerpflicht hinsichtlich ihres Vermögens in Deutschland unterlägen. Diese Erwägung hat den Gerichtshof nicht an der Feststellung gehindert, dass sich diese beiden Gruppen in Bezug auf die streitige Besteuerung in einer vergleichbaren Situation befinden.

62 Daher handelt es sich in unserem Fall um eine unterschiedliche Behandlung, die vom Wohnsitz abhängig ist, einem Kriterium, das Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten benachteiligt. Die niederländische Regierung trägt keinerlei überzeugende Rechtfertigung für diese Diskriminierung vor.

63 Die niederländische Regierung weist zwar auf gesetzliche Reformen hin, die im Jahr 2000, d. h. sieben Jahre nach dem Tod von Herrn Barbier, durchgeführt worden seien und nach denen es zu einem Rechtsstreit wie dem des Ausgangsverfahrens heute nicht mehr kommen könne. Da diese Bestimmungen aber auf das Ausgangsverfahren nicht anwendbar sind und der Gerichtshof mit ihnen in keiner Weise befasst ist, ist dazu nicht Stellung zu nehmen.

64 Die niederländische Regierung führt auch an, dass der Zusammenhang zwischen der unterschiedlichen Behandlung des Nachlasses und den finanziellen Transaktionen des Erblassers so entfernt sei, dass sich keine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs feststellen lasse. Das ändert jedoch nichts daran, dass eine nachteilige Behandlung mit erheblichen Auswirkungen vorliegt, die allein auf das Kriterium des Wohnsitzes gestützt wird.

65 Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich weiter, dass die Steuerverwaltung, die Beklagte des Ausgangsverfahrens, in diesem Zusammenhang noch andere Argumente vorgebracht hat, mit denen sich die Kommission auseinander gesetzt hat.

66 So hat die Steuerverwaltung geltend gemacht, dass, wenn der Wert der Übertragungsverpflichtung abgezogen würde, keinerlei Steuer erhoben würde, weder für die ursprüngliche Übertragung noch beim Tod. Ich teile jedoch die Auffassung der Kommission, dass zwischen der Steuer für die Eigentumsübertragung und den Erbschaftsteuern keine Verbindung besteht.

67 Zudem stellte sich dasselbe Problem, dass keine Steuern gezahlt würden, wenn ein Erblasser mit Wohnsitz in den Niederlanden wirtschaftliches Eigentum ohne Eintragung einer Hypothek in gleicher Weise übertragen hätte wie Herr Barbier.

68 Schließlich kann dieses Argument umso weniger durchdringen, als die Erben in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vortragen konnten, dass Steuern für den Eigentumsübergang zu dem Zeitpunkt anfielen, zu dem das rechtliche Eigentum schließlich übertragen werde.

69 Dem vorlegenden Gericht zufolge hat die im Ausgangsverfahren beklagte Steuerverwaltung auch geltend gemacht, dass es unter dem Gesichtspunkt der Steueraufsicht legitim sei, nur auf die Übertragung des rechtlichen Eigentums abzustellen und nicht auf schuldrechtliche Verträge über die Verpflichtung zur Übertragung dieses Eigentums.

70 Auch hier teile ich den Standpunkt der Kommission, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern sich dieses Problem der Aufsicht je nachdem, wo der Erblasser wohnte, unterschiedlich darstellt. Bei einem Wohnsitz in den Niederlanden begnügen sich die zuständigen Behörden aber mit schuldrechtlichen Verträgen.

71 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die streitigen nationalen Rechtsvorschriften eine mittelbare Diskriminierung bewirken, die einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gleichkommt, und dass sich kein zwingender Grund ausmachen lässt, der sie rechtfertigen könnte.

72 Auch mit dem Verweis auf Artikel 73d EG-Vertrag (jetzt Artikel 58 EG) lässt sich die Auffassung der niederländischen Regierung in keiner Weise stützen. Diese Bestimmung war im entscheidungserheblichen Zeitraum nicht nur nicht anwendbar, wie die niederländische Regierung im Übrigen selbst ausführt, sondern aus ihr ergibt sich auch ausdrücklich, dass sie nicht als Grundlage für eine willkürliche Diskriminierung dienen kann(15).

73 Daher ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass der Vertrag der Anwendung der streitigen nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht.

C - Zur dritten Frage

74 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob es für die Beantwortung der zweiten Frage von Bedeutung ist, dass der Erblasser zum Zeitpunkt des Erwerbs des fraglichen Grundstücks nicht mehr im Belegenheitsstaat wohnte.

75 Nach Auffassung der niederländischen Regierung, die damit unter den Beteiligten, die speziell zu dieser Frage Stellung genommen haben, alleine steht, ist zwischen diesen beiden Situationen nicht zu unterscheiden. Die streitige Besteuerung treffe nämlich nicht den Erwerb der Sache als solchen, sondern den Nachlass. Nur wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes außerhalb der Niederlande gewohnt habe und das wirtschaftliche und das rechtliche Eigentum in diesem Moment auseinander fielen, könne es zu einer unterschiedlichen Behandlung kommen.

76 Aus der Antwort auf die zweite Frage ergibt sich meiner Meinung nach eindeutig, dass es für sie ohne Bedeutung ist, ob der Erblasser zum Zeitpunkt des Erwerbs des zu besteuernden Grundstücks im Belegenheitsstaat wohnte. Die unterschiedliche Behandlung hängt nämlich nicht von dieser Erwägung ab, sondern - und insoweit folge ich den Erklärungen der niederländischen Regierung - allein vom Wohnsitz des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes. Zudem und vor allem hängt auch das Fehlen einer Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung nicht mit dem Wohnsitz des Erblassers beim Erwerb der Sache zusammen.

77 Die oben zur zweiten Vorlagefrage angestellten Überlegungen, wonach wir es mit einer objektiv nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung zu tun haben, gelten nämlich unabhängig davon, wo der Erblasser beim Erwerb des fraglichen Grundstücks seinen Wohnsitz hatte.

78 Wenn die Bestimmung des Wohnsitzes des Erblassers zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs im Rahmen der zweiten Frage, auf die sich das vorlegende Gericht bezieht, auch ohne Bedeutung ist, so ist doch darauf hinzuweisen, dass es sich mit der ersten Frage etwas anders verhält.

79 Meiner Meinung nach ergibt sich nämlich aus meinen Ausführungen zu dieser Frage, dass es sich, wenn die streitige Besteuerung ein Grundstück beträfe, das der Erblasser erworben hätte, als er noch in den Niederlande wohnte - was nicht der Fall zu sein scheint, da sich der Vorlagebeschluss nur auf Sachen bezieht, die nach dem Umzug von Herrn Barbier erworben wurden -, nicht von vornherein um eine Maßnahme handelte, die den freien Kapitalverkehr beeinträchtigte, da in diesem Fall der Erwerb der Sache nicht mit einer Kapitalbewegung im Sinne der Richtlinie 88/361 einhergegangen wäre. Es wird auch nicht vorgetragen, dass die Einziehung der aus dieser Sache stammenden Einnahmen in irgendeiner Weise behindert würde.

80 Aus meinen Ausführungen zur ersten Frage folgt aber, dass die Bestimmungen über die Freizügigkeit in diesem Fall anwendbar blieben.

81 Aus den vorstehenden Gründen schlage ich vor, auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass es für die Beantwortung der zweiten Frage ohne Bedeutung ist, dass der Erblasser zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks nicht mehr im Belegenheitsstaat wohnte.

D - Zur vierten Frage

82 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es für die Beantwortung der zweiten Frage auf die Verteilung des Kapitals des Erblassers zwischen Wohnsitzstaat, Belegenheitsstaat und etwaigen anderen Mitgliedstaaten ankommt.

83 Nach Auffassung der niederländischen Regierung ist dies zu bejahen: Das maßgebende Kriterium sei, dass der Belegenheitsstaat bei der Besteuerung u. a. persönliche Verpflichtungen berücksichtigen müsse, wenn sich das Vermögen des Erblassers ausschließlich oder fast ausschließlich in einem anderem Staat als dem Wohnsitzstaat befinde. Interessant ist, dass sich aus den Akten nicht ergibt, dass die im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften ein solches Kriterium vorsähen.

84 In jedem Fall teile ich die Auffassung der niederländischen Regierung nicht. Das im vorliegenden Fall entscheidende Element ist nämlich die Parallelität, die zwischen der Heranziehung zur Besteuerung und der Gewährung der Abzugsmöglichkeiten bestehen muss. Wenn Grundstücke, die Gebietsfremden gehören, in gleicher Weise besteuert werden wie die, die Gebietsansässigen gehören, müssen die entsprechenden Abzüge wie aufgezeigt den Gebietsfremden ebenso wie den Gebietsansässigen zugute kommen.

85 Es besteht daher kein Grund, je nach Verteilung des Vermögens von Gebietsfremden zu unterscheiden und einigen von ihnen die Abzugsmöglichkeit zu verweigern, obwohl sie allen Gebietsansässigen offen steht.

86 Der Umstand, dass bestimmte Gebietsfremde eventuell von Abzügen im Wohnsitzstaat profitieren können, ändert an dem Vorstehenden nichts. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass ein Staat sich zur Rechtfertigung einer diskriminierenden Behandlung der Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats nicht auf die Notwendigkeit berufen kann, einen Vorteil auszugleichen, der ihnen in diesem Staat zugute kommt(16).

87 Die vierte Frage ist daher zu verneinen.

E - Zur fünften Frage

88 Nach ständiger Rechtsprechung ist es allein Sache des vorlegenden Gerichts, die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung und die Rechtserheblichkeit der Fragen, die es dem Gerichtshof stellt, zu beurteilen(17). Das vorlegende Gericht hat diese fünfte Frage aber nur für den Fall gestellt, dass die vorhergehende Frage zu bejahen ist.

89 Aus meinen obigen Ausführungen ergibt sich, dass dies nicht der Fall ist. Daher erübrigt sich eine Beantwortung dieser Frage.

IV - Ergebnis

90 Aus den oben ausgeführten Gründen schlage ich vor, dem Gerechtshof 's-Hertogenbosch wie folgt zu antworten:

auf die erste Frage:

- Artikel 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages ist dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem es um den Nachlass einer Person geht, die in einem anderen Mitgliedstaat als den Niederlanden wohnte und ein Grundstück in den Niederlanden erwarb, die in diesem Artikel niedergelegte Freiheit betroffen ist;

- die Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag sind dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem es um den Nachlass eines Niederländers geht, der gebietsansässig war und seinen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegte, aber seine Geschäftstätigkeiten in den Niederlanden fortsetzte und später ein Grundstück in den Niederlanden erwarb, die in diesen Artikeln niedergelegte Freiheit betroffen ist;

auf die zweite Frage:

- Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es einem Mitgliedstaat (dem Belegenheitsstaat), im Fall des Erwerbs eines in diesem Staat belegenen Grundstücks im Wege der Erbfolge auf den Wert dieses Grundstücks eine Steuer zu erheben, bei der er einen Abzug in Höhe des Wertes der Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks zulässt, wenn der Erblasser bei seinem Tod im Belegenheitsstaat und nicht in einem anderen Mitgliedstaat (dem Wohnsitzstaat) wohnte;

auf die dritte Frage:

- Für die Beantwortung der zweiten Frage ist es ohne Bedeutung, dass der Erblasser zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks im Belegenheitsstaat wohnte;

auf die vierte Frage:

- Für die Beantwortung der zweiten Frage kommt es nicht auf die Verteilung des Kapitals des Erblassers zwischen Wohnsitzstaat, Belegenheitsstaat und etwaigen anderen Staaten an;

auf die fünfte Frage:

- Eine Beantwortung der fünften Frage erübrigt sich.

(1) - ABl. L 180, S. 26.

(2) - ABl. L 178, S. 5.

(3) - Stbl. 1956, S. 362, im Folgenden: SW 1956.

(4) - Stbl. 1964, S. 520, im Folgenden: WB 1964.

(5) - Das vorlegende Gericht meint vermutlich die Richtlinie 90/364.

(6) - Urteil vom 13. April 2000 in der Rechtssache C-251/98 (Slg. 2000, I-2787).

(7) - Urteil vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C-35/98 (Slg. 2000, I-4071).

(8) - Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78 (Knoors, Slg. 1979, 399, Randnr. 24), vom 3. Oktober 1990 in der Rechtssache C-61/89 (Bouchoucha, Slg. 1990, I-3551, Randnr. 13), vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92 (Kraus, Slg. 1993, I-1663, Randnr. 15), vom 23. Februar 1994 in der Rechtssache C-419/92 (Scholz, Slg. 1994, I-505) und vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-107/94 (Asscher, Slg. 1996, I-3089, Randnr. 32).

(9) - Urteil vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93 (Slg. 1995, I-225).

(10) - Urteil vom 14. September 1999 in der Rechtssache C-391/97 (Slg. 1999, I-5451).

(11) - Urteil vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-336/96 (Slg. 1998, I-2793).

(12) - Z. B. im Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-307/97 (Saint- Gobain ZN, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 58).

(13) - Vgl. das o. g. Urteil Schumacker.

(14) - Vgl. die Urteile vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83 (Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273) und Saint-Gobain ZN.

(15) - Vgl. in demselben Sinne Urteil Verkooijen.

(16) - Urteil vom 26. Oktober 1999 in der Rechtssache C-294/97 (Eurowings Luftverkehr, Slg. 1999, I-7447, Randnr. 44) und die dort angeführte Rechtsprechung.

(17) - Z. B. Urteil vom 26. November 1998 in der Rechtssache C-7/97 (Bronner, Slg. 1998, I-7791, Randnr. 16).