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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
L. A. GEELHOED
vom 27. November 2003(1)


Rechtssache C-381/01



Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Italienische Republik
Rechtssache C-495/01
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Republik Finnland
Rechtssache C-144/02
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Bundesrepublik Deutschland
Rechtssache C-463/02
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Königreich Schweden


„Nichtdurchführung des Artikels 11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG – Nichterhebung der Mehrwertsteuer auf Subventionen, die gemäß der Verordnung Nr. 603/95 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter gewährt werden – Begriff unmittelbar mit dem Preis ... zusammenhängende Subventionen“






I – Einleitung

1.        In den vorliegenden vier Rechtssachen, die ich zusammen behandeln werde, ersucht die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den Gerichtshof, festzustellen, dass die Italienische Republik (Rechtssache C-381/01), die Republik Finnland (Rechtssache C-495/01), die Bundesrepublik Deutschland (Rechtssache C-144/02) und das Königreich Schweden (Rechtssache C-463/02) ihren Verpflichtungen aus Artikel 11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden: Sechste Richtlinie) (2) nicht nachgekommen sind. Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 603/95 des Rates vom 21. Februar 1995 über die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter (3) wird Verarbeitungsunternehmen eine Pauschalbeihilfe für künstlich getrocknetes Futter und sonnengetrocknetes Futter gewährt. Alle vier Rechtssachen betreffen die Frage, ob auf die Pauschalbeihilfe für künstlich getrocknetes Futter und sonnengetrocknetes Futter Mehrwertsteuer erhoben werden muss.

II – Sachverhalt und rechtlicher Rahmen

2.        Im November 1998 richtete die Kommission ein Mahnschreiben an die Italienische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Finnland und das Königreich Schweden, da sie der Meinung war, dass die Nichterhebung der Mehrwertsteuer auf die nach der Verordnung Nr. 603/95 gewährten Beihilfen gegen Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie verstoße. In diesem Schreiben forderte die Kommission die Mitgliedstaaten zur Äußerung binnen zwei Monaten auf. Die Mitgliedstaaten machten auf die Ausführungen der Kommission Gegenargumente geltend. Die Kommission übersandte ihnen im Juli, August und September 1999 mit Gründen versehene Stellungnahmen, in denen sie sie ersuchte, binnen zwei Monaten nach Zustellung die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

3.        Am 4. Oktober 2001, 21. Dezember 2001, 17. April 2002 und 23. Dezember 2002 hat die Kommission gemäß Artikel 226 Absatz 2 EG Klagen beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gegen die Italienische Republik, die Republik Finnland, die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Schweden erhoben. Sie hat den Gerichtshof ersucht, festzustellen, dass die Italienische Republik, die Republik Finnland, die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Schweden dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 der Sechsten Richtlinie verstoßen haben, dass sie auf den Betrag der aufgrund der Verordnung Nr. 603/95 gewährten Beihilfen keine Mehrwertsteuer erhoben haben, und ihnen die Kosten der Verfahren aufzuerlegen. Die betroffenen Mitgliedstaaten beantragen, die Klagen der Kommission abzuweisen und der Kommission die Verfahrenskosten aufzuerlegen (4) .

III – Rechtlicher Rahmen

A – Die Vorschriften über die Gewährung von Beihilfen für Trockenfutter und ihre Anwendung in der Vergangenheit

4.        Am 22. Mai 1978 erließ der Rat der Europäischen Gemeinschaften die Verordnung (EWG) Nr. 1117/78 (5) . Diese Verordnung sah zusammen mit den auf sie gestützten Verordnungen (EWG) Nrn. 1417/78 (6) vom 19. Juni 1978 und 1528/78 vom 30. Juni 1978 (7) eine Beihilfe für in der Gemeinschaft erzeugtes Trockenfutter vor.

5.        Aus den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 1117/78 ergibt sich, dass die Erzeugung von Trockenfutter in der Gemeinschaft damals weit hinter den Absatzmöglichkeiten, insbesondere für Tierfutter, zurückblieb. Zur Förderung der Produktion wurde die Gewährung einer Pauschalbeihilfe an die Erzeuger vorgesehen, die durch eine ergänzende Beihilfe vervollständigt wurde, die sicherstellen sollte, dass die Erzeuger ihre Produktion auf jeden Fall zu einem vorab festgesetzten Zielpreis absetzen konnten. Diese ergänzende Beihilfe entsprach einem bestimmten Prozentsatz der Differenz zwischen dem Weltmarktpreis und dem Zielpreis. Diese beiden Preise werden in den Artikeln 3, 4 und 5 der Verordnung Nr. 1117/78 näher bestimmt.

6.        Die vorhersehbare Folge der unbegrenzten Erzeugungsbeihilfen war eine Überproduktion von getrocknetem (Grün-)Futter in der Gemeinschaft. Deshalb wurde die Marktorganisation für Trockenfutter 1995 durch die Verordnung Nr. 603/95 und die Verordnung (EG) Nr. 785/95 (8) angepasst. Diese Verordnungen bezweckten, die Gewährung der Pauschalbeihilfe für die Erzeugung von Trockenfutter in Zukunft auf eine in der Verordnung Nr. 603/95 festgesetzte Höchstmenge zu begrenzen. Die ergänzende Beihilfe wurde abgeschafft (9) . In der genannten Verordnung wird außerdem unterschieden zwischen sonnengetrocknetem und künstlich getrocknetem Futter. Da die Verarbeitungskosten bei sonnengetrocknetem Futter niedriger sind als bei künstlich getrocknetem Futter, ist die Pauschalbeihilfe für die erste Produktgruppe wesentlich niedriger als für die zweite.

7.        Zur Begrenzung der subventionierten Erzeugung von Trockenfutter sehen die Artikel 4 und 5 der Verordnung Nr. 603/95 einen Mechanismus vor, der folgende Hauptmerkmale hat:

–Je Wirtschaftsjahr werden garantierte Höchstmengen (GHM) für sonnengetrocknetes und für künstlich getrocknetes Futter festgesetzt;

–die GHM werden sodann auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt, die jeder eine garantierte einzelstaatliche Menge (GEM) zugewiesen bekommen;

–wenn die GMH in einem gegebenen Wirtschaftsjahr überschritten wird, wird die zu zahlende Pauschalbeihilfe folgendermaßen berechnet:

–Bei einer Überschreitung der GHM um bis zu 5 % wird die Beihilfe in allen Mitgliedstaaten um einen Prozentsatz gekürzt, der dem Prozentsatz der Überschreitung entspricht;

–bei einer Überschreitung um mehr als 5 % wird die Beihilfe in den Mitgliedstaaten, in denen die um 5 % erhöhte GEM überschritten wurde, entsprechend der Überschreitung zusätzlich gekürzt.

8.        Diese Korrekturen müssen so erfolgen, dass die Gesamtausgaben nicht über denjenigen Ausgaben liegen, die getätigt worden wären, wenn die betreffende GHM nicht überschritten worden wäre.

9.        Nach Artikel 9 der Verordnung Nr. 603/95 wird die Pauschalbeihilfe denjenigen Verarbeitungsunternehmen gewährt, die eine der im Folgenden beschriebenen Tätigkeiten verrichten:

a)Unternehmen, die mit den Erzeugern des zur Trocknung bestimmten Futters Verträge abgeschlossen haben;

b)Unternehmen, die ihre eigene Produktion oder, im Fall von Zusammenschlüssen, die Produktion ihrer Mitglieder verarbeitet haben;

c)Unternehmen, die das Futter von juristischen oder natürlichen Personen bezogen haben, die bestimmte noch festzulegende Garantien bieten und mit den Erzeugern des zur Trocknung bestimmten Futters Verträge abgeschlossen haben.

10.      Nach der elften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 603/95 wird die Beihilfe in bestimmten Fällen vom Abschluss von Verträgen zwischen den Erzeugern und den Verarbeitungsunternehmen abhängig gemacht (10) . Dies bezweckt, die regelmäßige Versorgung der Verarbeitungsunternehmen mit Grünfutter zu fördern und die Beihilferegelung auch den Erzeugern zugute kommen zu lassen.

11.      Wenn das Verarbeitungsunternehmen eine unter a genannte Tätigkeit ausübt, ist es verpflichtet, dem Erzeuger die Beihilfe zu zahlen, die es für die im Rahmen der Verträge verarbeiteten Mengen erhält (11) . Die Verordnung Nr. 603/95 regelt nicht näher, auf welche Weise die Beihilfe an den Erzeuger abgeführt werden muss. Bei den unter b genannten Tätigkeiten ist das Verarbeitungsunternehmen mit dem Erzeuger identisch; sie können nicht voneinander unterschieden werden. Übt das Verarbeitungsunternehmen eine unter c genannte Tätigkeit aus, wird die gewährte Beihilfe an das Verarbeitungsunternehmen selbst ausgezahlt.

12.      Die Beihilfe wird nur für Trockenfutter gewährt, das das Unternehmen verlassen hat (Artikel 8 der Verordnung Nr. 603/95). In Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 785/95 ist genauer geregelt, wann davon ausgegangen werden kann, dass das Futter das Unternehmen verlassen hat (12) . Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 785/95 bestimmt weiter, dass Trockenfuttermittel, die ein Verarbeitungsunternehmen verlassen haben, nicht erneut auf das Gelände oder in das Zwischenlager dieses oder eines anderen Unternehmens verbracht werden dürfen.

B – Inhalt und Entstehungsgeschichte der Sechsten Richtlinie, insbesondere des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a

13.      Der Grundsatz, auf dem die Mehrwertsteuer beruht, wird in Artikel 2 der Ersten Richtlinie (13) wie folgt formuliert:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.“

14.      Die Abzugsregelung bezweckt, die Steuerneutralität – das zentrale Element der Mehrwertsteuer – zu gewährleisten, indem sie dazu führt, dass die vom Endverbraucher zu zahlende Steuer immer dieselbe ist, ungeachtet der Anzahl der Glieder der Produktionskette für das betreffende Erzeugnis.

15.      Nach Artikel 2 der Sechsten Richtlinie (14) unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher gegen Entgelt ausführt. Als Steuerpflichtiger gilt nach Artikel 4 Absatz 1, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit, gleichgültig, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis, ausübt.

16.      Nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer im Inland

„bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen“.

17.      Die Anwendung der Sechsten Richtlinie in der Vergangenheit zeigt, dass die Konkretisierung des Begriffes „einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen“ dem Gemeinschaftsgesetzgeber Kopfzerbrechen verursacht hat.

18.      Die Kommission führte in ihrem am 14. September 1983 erstatteten Ersten Bericht über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (15) aus:

„In Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie heißt es, dass die einem Steuerpflichtigen gewährten Subventionen, die ‚unmittelbar mit dem Preis‘ der von ihm bewirkten Umsätze ‚zusammenhängen‘, in die Besteuerungsgrundlage als Elemente des von Dritten gezahlten Preises einzubeziehen sind. Wenn es verhältnismäßig leicht fällt, in einer ersten Untersuchung als ‚unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende‘ Subvention anzusehen, deren Betrag entweder im Verhältnis zum Verkaufspreis der gelieferten Gegenstände oder Dienstleistungen oder entsprechend den verkauften Mengen oder auch entsprechend den Kosten von unentgeltlich angebotenen Gegenständen und Dienstleistungen bestimmt wird, so bestehen doch größte Zweifel bezüglich anderer Arten von Subventionen, beispielsweise der so genannten Ausgleichs- oder Betriebssubventionen, mit denen die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens saniert werden soll und die ohne ausdrückliche Bezugnahme auf irgendeinen Preis gewährt werden. Da es zwischen diesen beiden Subventionsarten keinen wesentlichen Unterschied gibt (die ‚unmittelbar mit dem Preis zusammenhängenden‘ Subventionen dienen in den meisten Fällen auch zur Sanierung) und da es den Mitgliedstaaten möglich ist, eine Subvention der erstgenannten Art in eine Subvention der zweitgenannten Art umzuwandeln, handelt es sich hier um eine prekäre Unterscheidung aufgrund rein formaler Elemente (d. h. nach der Art der Subventionsgewährung), und die Richtlinie ist somit in dieser Hinsicht unzureichend formuliert.“

19.      Im Zweiten Bericht der Kommission über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (16) führte die Kommission aus, dass der Ausdruck „unmittelbar mit dem Preis ... zusammenhängende“ Subventionen eng und buchstabengetreu auszulegen ist und dass die Subvention nur dann in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden darf, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind:

a)Sie muss die Gegenleistung oder einen Bestandteil der Gegenleistung darstellen;

b)sie muss an den Lieferanten oder den Leistungserbringer gezahlt werden;

c)sie muss von einem Dritten gezahlt werden.

20.      Schließlich ist, wie sich auch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt, bei der Auslegung der Sechsten Richtlinie auf folgende Punkte zu achten: Erstens müssen die Begriffe, die den Umfang der Erhebung der Mehrwertsteuer bezeichnen, weit ausgelegt werden, im Gegensatz zu den Steuerbefreiungen, die eng auszulegen sind. Zweitens müssen die Bestimmungen genau ausgelegt werden, um die steuerliche Gleichbehandlung zu fördern. Hierdurch wird der Wettbewerbsverfälschung entgegengewirkt. Drittens muss der Grundsatz der Steuerneutralität beachtet werden. Durch diesen Grundsatz will der Gemeinschaftsgesetzgeber eine völlig neutrale Besteuerung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten sicherstellen, gleichgültig, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis sie ausgeübt werden, sofern diese Tätigkeiten als solche der Mehrwertsteuer unterliegen. Übrigens handelt es sich bei den beiden Grundsätzen der steuerlichen Gleichbehandlung und der Steuerneutralität um vergleichbare Begriffe, die nur in verschiedenen Zusammenhängen gebraucht werden. Der erste wird im zwischenstaatlichen Zusammenhang verwendet, der zweite betrifft einen innerstaatlichen Sachverhalt.

IV – Erklärungen der Verfahrensbeteiligten

A – Die Beanstandungen der Kommission

21.      Nach Auffassung der Kommission besteht eines der wesentlichen Merkmale der Beihilfe für die Verarbeitungsunternehmen darin, dass sie entsprechend der erzeugten Trockenfuttermenge festgesetzt werde.

22.      Die Kommission weist sodann darauf hin, dass die Verarbeitungsunternehmen ihre Tätigkeit auf unterschiedliche Weise ausüben könnten (siehe Nr. 9).

23.      Unternehmen, die ohne Gegenleistung ihr eigenes Futter oder im Fall von Zusammenschlüssen das von ihren Mitgliedern erzeugte Futter verarbeiteten, verrichteten keine steuerpflichtigen Tätigkeiten im Sinne von Artikel 2 der Sechsten Richtlinie. Diese Tätigkeiten fielen somit nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer und müssten nicht besteuert werden.

24.      Dagegen sei der Ankauf von Futter von Erzeugern und der Weiterverkauf an Dritte nach Verarbeitung als Lieferung von Gegenständen im Sinne der Sechsten Richtlinie anzusehen. Die Verarbeitung des Erzeugnisses für den Erzeuger, das in Form des verarbeiteten Produktes an diesen zurückgeliefert werde, ohne dass eine Übereignung von Gegenständen stattgefunden habe, müsse als Erbringung einer Dienstleistung angesehen werden. Da die Verarbeitungsunternehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübten, seien sie steuerpflichtig, und die unter a und c genannten Umsätze müssten als solche der Mehrwertsteuer unterworfen werden.

25.      Die wesentliche Frage, die sich stelle, sei die, ob auch auf die nach der Verordnung Nr. 603/95 gewährte Beihilfe Mehrwertsteuer erhoben werden müsse.

26.      Nach Ansicht der Kommission sind Subventionen unter drei Voraussetzungen steuerpflichtig:

a)Die Beihilfe müsse an den Wirtschaftsteilnehmer gezahlt werden, der den Gegenstand liefere oder die Dienstleistung erbringe;

b)sie müsse von einem Dritten gezahlt werden, nämlich von einem anderen als dem, der die Gegenstände oder Dienstleistungen liefere;

c)sie müsse unmittelbar mit dem Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung zusammenhängen.

Diese drei Voraussetzungen seien hier erfüllt.

27.      Was zunächst die Voraussetzung angehe, dass die Subvention an den gezahlt werden müsse, der den Gegenstand liefere oder die Dienstleistung erbringe, so sei Lieferer der Gegenstände oder Dienstleistungen und Begünstigter der Subvention das Verarbeitungsunternehmen. Dies ergebe sich aus Artikel 9 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 603/95, wo es heiße: „Die Beihilfe nach Artikel 3 wird ... nur den Verarbeitungsunternehmen gewährt ...“

28.      Auf das Vorbringen der Mitgliedstaaten, dass die Beihilfe auch dem Erzeuger zugute komme, verweist die Kommission auf den ihrer Meinung nach grundlegenden Unterschied zwischen dem rechtlich Begünstigten und der möglichen wirtschaftlichen Bedeutung der Beihilfe. Die gewährte Subvention könne innerhalb des Produktionszyklus zusätzliche wirtschaftliche Wirkungen entfalten, sei es beim Erzeuger von Frischfutter, sei es bei den Abnehmern von Trockenfutter. Für den Fall, dass Verarbeitungsunternehmen Werkverträge über die Verarbeitung des vom Erzeuger gelieferten Futters geschlossen hätten, verlange der Gemeinschaftsgesetzgeber, dass das Verarbeitungsunternehmen die erhaltene Beihilfe dem Erzeuger zahle. Die Möglichkeit, dass eine Subvention auch anderen Unternehmen zugute kommen könne, oder die Verpflichtung des Verarbeitungsunternehmens, die erhaltene Beihilfe an andere Wirtschaftsteilnehmer abzuführen, ändere nichts daran, dass das Verarbeitungsunternehmen der von der Beihilfe Begünstigte sei. Wirtschaftlich gesehen sei der Kreis der Beihilfeempfänger zwar weiter, doch in rechtlicher Hinsicht seien nur die Verarbeitungsunternehmen als Lieferer von Gegenständen (und Erbringer von Dienstleistungen) von der Subvention begünstigt.

29.      Die Subvention könne nur gewährt werden, wenn die Erzeugnisse das Verarbeitungsunternehmen verlassen hätten (Artikel 8 der Verordnung Nr. 603/95). Auf das entsprechende Vorbringen der Mitgliedstaaten räumt die Kommission ein, dass der Begriff „Verlassen des Verarbeitungsunternehmens“ nicht gleichzusetzen sei mit der Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 2 der Sechsten Richtlinie. In der Praxis besagten beide Begriffe jedoch sehr wohl das Gleiche. Die Beihilfe könne also als Gegenleistung für die Lieferung eines Gegenstands oder einer Dienstleistung angesehen werden und sei somit mehrwertsteuerpflichtig.

30.      Auf das Vorbringen der deutschen Regierung, nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 785/95 könne die Lagerung des Trockenfutters außerhalb des Geländes des Verarbeitungsunternehmens erfolgen, so dass „das Verlassen des Unternehmens“ und die Lieferung eines Gegenstands nicht zusammenfielen, entgegnet die Kommission, für die Steuerpflichtigkeit der Beihilfe für Trockenfutter sei wesentlich, dass dieses letzten Endes verkauft werde. Die Lagerung stelle also nur eine Zwischenstation zur Veräußerung dar.

31.      Die zweite Voraussetzung sei die, dass die Beihilfe von einem Dritten gezahlt werden müsse, d. h. von einem anderen als dem, der die Gegenstände oder Dienstleistungen liefere. Auch diese Voraussetzung ist nach Auffassung der Kommission erfüllt. Die zuständige Stelle, die die Beihilfe gewähre, sei ein anderer als der, der die Gegenstände oder Dienstleistungen liefere.

32.      Die dritte Voraussetzung besage, dass die Beihilfe gemäß Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werde, wenn zwischen der Beihilfe und dem Preis eines Gegenstands oder einer Dienstleistung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Dieser Zusammenhang müsse genau beziffert oder bezifferbar sein, da die Beihilfe gewährt werde, wenn und soweit der Gegenstand oder die Dienstleistung auf dem Markt abgesetzt werde. Somit liege hier eine unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subvention vor.

33.      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission vorgetragen, dass es den Verarbeitungsunternehmen im vorliegenden Fall durch die Subvention ermöglicht werde, das Trockenfutter zum Weltmarktpreis auf dem Markt abzusetzen. Ohne die Beihilfe würde der Preis angesichts der hohen Produktionskosten der Verarbeitungsunternehmen höher liegen. Der Beihilfebetrag sei also ein wesentlicher Bestandteil des Preises. Dies stehe im Einklang mit dem Ziel von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, wonach die Beihilfe als Teil der für den Verkauf des Gegenstands oder die Erbringung der Dienstleistung erhaltenen Gegenleistung steuerbar sei.

34.      Auch wenn es unmöglich sei, für jeden einzelnen Verkauf den exakten Anteil der Beihilfe an der Gegenleistung zu bestimmen, ergebe sich die Besteuerungsgrundlage aus den für die Lieferung des Trockenfutters oder die Trocknung des Grünfutters erhaltenen Gegenleistungen zuzüglich der insgesamt erhaltenen Beihilfe.

35.      Der Umstand, dass die Beihilfe für die Lieferung von Trockenfutter und das Trocknen von Grünfutter gleich hoch sei, sei unerheblich. In beiden Fällen werde nämlich das gleiche wirtschaftliche Ziel verfolgt: die Erzeugung einer ausreichenden Menge Trockenfutter in der Gemeinschaft zu einem für die Abnehmer des Trockenfutters akzeptablen Preis. Daher sei es sachgerecht, dass die Beihilfe in beiden Fällen in gleicher Höhe gewährt und mit Mehrwertsteuer belastet werde.

36.      Die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur der Höhe der Beihilfe bei Überschreiten der garantierten Höchstmenge erlaube nicht, das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Beihilfe und dem Preis zu verneinen (17) . Durch die Beihilfe solle die Produktion von Trockenfutter subventioniert werden. Der Umstand, dass dies im Hinblick auf die angestrebte Produktionsmenge nur in einem bestimmten Umfang geschehe, schließe nicht aus, dass sich die Beihilfe unmittelbar auf den Preis auswirke.

37.      Ebenso wenig spiele es eine Rolle, dass die Zahlung der Beihilfe nicht Teil des zwischen einem Verarbeitungsunternehmen und einem Käufer geschlossenen Kaufvertrags über das Trockenfutter sei. Staatliche Beihilfen würden einem Begünstigten in einem öffentlich-rechtlichen Rahmen von einer zuständigen Stelle gewährt. Sie seien aufgrund ihres besonderen Charakters kein Teil der Bedingungen des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags, die dem Privatrecht unterlägen.

38.      Somit bestärkt diese Analyse die Kommission in ihrer Meinung, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Subvention und dem Preis bestehe. Deshalb müsse die Subvention in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden. Diese Auffassung werde durch das Urteil in der Rechtssache Office des produits wallons (18) bestätigt.

B – Erklärungen der Mitgliedstaaten

39.      Die Mitgliedstaaten wenden sich gegen das Vorbringen der Kommission, dass das Verarbeitungsunternehmen als alleiniger Begünstigter der Beihilfe anzusehen sei. Aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 603/95 ergebe sich, dass bei Werkverträgen, die die Verarbeitung des von den Erzeugern gelieferten Futters beträfen, das Verarbeitungsunternehmen verpflichtet sei, den Erzeugern die Beihilfe zu zahlen, die es für die im Rahmen der Verträge verarbeiteten Mengen erhalte. Somit würden in dieser Bestimmung auch die Erzeuger als Begünstigte der gewährten Beihilfe angesehen. Im Gegensatz zu der Auffassung der Kommission sei das Verarbeitungsunternehmen nicht der einzige rechtliche Begünstigte.

40.      Zwar schreibe Artikel 9 der Verordnung Nr. 603/95 vor, dass die fragliche Beihilfe nur den Unternehmen gewährt werde, die Futter verarbeiteten. Diese Vorschrift bezwecke jedoch nur eine administrative Vereinfachung. Das Verarbeitungsunternehmen fungiere als „durchleitende“ Stelle; es sei im Fall der Verarbeitung des Futters für den Erzeuger nicht berechtigt, die Subvention zu behalten.

41.      Nach Auffassung der Mitgliedstaaten ist es wichtig, zu wissen, wer Begünstigter der Beihilfe ist, da dies für die Beantwortung der Frage, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Beihilfe und dem Preis des Gegenstands besteht, wesentlich sei (19) .

42.      Die Verordnung Nr. 603/95 gehe überhaupt nicht auf den Umstand ein, dass die Gewährung der Beihilfe dank einem niedrigeren Preis dem Abnehmer des Trockenfutters zugute kommen müsse (20) . Somit habe die Beihilfe keine Auswirkung auf den Preis für Trockenfutter, sondern entfalte ihre Wirkung vorher, nämlich für die Erzeuger von Frischfutter, die für ihr Futter einen höheren Preis verlangen könnten. Bei Werkverträgen, die die Verarbeitung des von den Erzeugern gelieferten Futters beträfen, kämen die Erzeuger selbst unmittelbar in den Genuss der Beihilfe. In diesem Fall könnten die Verarbeitungsunternehmen die erhaltene (und abgeführte) Beihilfe nicht in den Preis für die Trocknung des Grünfutters einbeziehen. Die Beihilfe bezwecke somit, die Produktionskosten zu verringern.

43.      Die Mitgliedstaaten führen noch weitere Gründe an, weshalb es ihrer Meinung nach an einem Zusammenhang zwischen der Beihilfe und dem Verkaufspreis für Trockenfutter fehlt.

–Der Anspruch auf die Beihilfe entstehe, wenn das Futter das Verarbeitungsunternehmen verlassen habe und eine Reihe von Bedingungen hinsichtlich seiner Qualität erfülle. Die Gewährung der Beihilfe hänge nicht davon ab, ob ein steuerbarer Umsatz (die Lieferung des Trockenfutters an einen Abnehmer) bewirkt werde.

–Die Gemeinschaft bezwecke mit der Subvention die Versorgungssicherheit der Verarbeitungsunternehmen und die Einkommenssicherung der Erzeuger, nicht dagegen die Förderung von Trockenfutterlieferungen an die Käufer zu einem angemessenen Preis.

–Die Beihilfe werde entsprechend der Trockenfuttermenge berechnet, die das Unternehmen verlassen habe. Der vom Verarbeitungsunternehmen für das Trockenfutter erzielte Preis fluktuiere mit dem Marktpreis mit, während die Beihilfe unverändert bleibe.

–Der Betrag der Beihilfe für die Lieferung von Trockenfutter sei ebenso hoch wie der für die Verarbeitung von Grünfutter, obwohl sich die Kosten für diese beiden Tätigkeiten unterschieden.

–Die Verordnung Nr. 603/95 sehe eine Höchstgrenze für die zu gewährende Subvention vor. Daraus ergebe sich, dass zwischen der Subvention und dem Preis kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe, da die endgültige Höhe der zu gewährenden Beihilfe zu dem Zeitpunkt, in dem der steuerpflichtige Umsatz bewirkt werde, nicht bestimmbar sei (21) .

44.      Die finnische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, warum ihrer Meinung nach kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Subvention und dem Preis besteht. Sie weist ebenso wie die Kommission darauf hin, dass es den Verarbeitungsunternehmen durch die Beihilfe ermöglicht werde, das Trockenfutter zum Weltmarktpreis auf dem Markt abzusetzen. Würden die finnischen Verarbeitungsunternehmen mangels Beihilfe einen höheren Preis verlangen, weil die Produktionskosten höher lägen, so würden die Abnehmer des Trockenfutters bei den Konkurrenten kaufen, die den Weltmarktpreis anwendeten. Die Verarbeitungsunternehmen könnten somit keine höheren Preise verlangen. Da sie ihr Futter unabhängig von der Beihilfe zu ein und demselben Preis absetzten, könne nur von einem mittelbaren Zusammenhang zwischen dem Preis des Gegenstands und der Beihilfe die Rede sein. Die Beihilfe übe keinen tatsächlichen Einfluss auf den Marktpreis aus, sondern gleiche nur die hohen Produktionskosten aus.

V – Beurteilung

A – Allgemein

45.      Ausgangspunkt für mich ist der, dass die Besteuerung von Subventionen, wenn man die Entstehungsgeschichte der Rechtsvorschriften berücksichtigt, eine Ausnahme darstellt.

46.      Die Subvention wird nur dann in die Besteuerungsgrundlage des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie einbezogen, wenn sie „unmittelbar mit dem Preis [dieser] Umsätze zusammenhäng[t]“. Alle anderen Subventionen werden nicht von der Besteuerungsgrundlage erfasst und unterliegen als solche nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a nicht der Mehrwertsteuer. Andernfalls würden andere Arten von Subventionen wie Investitions- oder Betriebsinvestitionen systemwidrig mit der Mehrwertsteuer belastet.

47.      Wie ich im Folgenden begründen werde, zwingt Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in diesem Fall nicht zur Erhebung von Mehrwertsteuer auf die im Futtersektor gewährte Subvention. Aus zwei Gründen unterliegt diese nicht der Steuer: erstens, weil bei einer Besteuerung dieser Subvention die Neutralität des Mehrwertsteuersystems nicht gewährleistet wäre, und zweitens, weil es an dem notwendigen Zusammenhang zwischen der Subvention und dem Verkaufspreis fehlt.

48.      Im Übrigen ist die von der Funktion der Subvention ausgehende Rechtfertigung der Besteuerung in sich nicht überzeugend. Der Staat hält nämlich dadurch mit der einen Hand einen Prozentsatz von dem zurück, was er mit der anderen Hand gewährt hat (22) . Dies lässt sich nur dann rechtfertigen, wenn die Nichtbelastung mit der Mehrwertsteuer zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen würde, z. B., wenn eine nicht besteuerte Subvention, die sich unmittelbar und vollständig in einem niedrigeren Preis für den Umsatz niederschlägt, eine geringere Steuereinnahme zur Folge hat. Führt eine Subvention, die den Preis des Umsatzes spürbar beeinflusst, dazu, dass der Preis eines Gegenstands sinkt, so kann die geringere Steuereinnahme dadurch ausgeglichen werden, dass die Subvention besteuert wird. Aufgrund der Belastung der gewährten Subvention mit der Mehrwertsteuer bleiben die Steuereinnahmen auf derselben Höhe, als wenn keine Subvention gewährt worden wäre.

B – Vorbemerkung

49.      Allgemein gesprochen ist die Erhebung der Mehrwertsteuer auf eine Subvention nicht logisch, wenn der Endverbraucher und der Beihilfeempfänger nicht identisch sind. Da durch das gemeinsame Mehrwertsteuersystem eine Verbrauchsteuer ins Leben gerufen wurde, muss ein Steuerpflichtiger die Steuer auf den Wert des von ihm gelieferten Gegenstands oder die von ihm erbrachte Dienstleistung kassieren und abführen. Bei diesem Wert handelt es sich um einen subjektiven Wert, da Besteuerungsgrundlage bei Gegenständen und Dienstleistungen nicht ein nach objektiven Maßstäben geschaffener Wert ist, sondern die tatsächlich erhaltene Gegenleistung. Dies hat der Gerichtshof im Urteil Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats (23) entschieden.

50.      Wenn der Steuerpflichtige eine Subvention erhält, die unmittelbar mit dem Preis des Umsatzes in Zusammenhang steht, muss er nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie dafür Steuern abführen. Ich habe in Nummer 14 dargelegt, dass das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf dem Grundsatz beruht, dass die Steuerlast erst am Ende der Kette tatsächlich auf dem Endverbraucher ruht. Deshalb muss der Steuerpflichtige, der für die erhaltene Subvention Steuern gezahlt hat, diese Steuer auf den Endverbraucher abwälzen können.

51.      Der Gerichtshof hat in einer Reihe von Entscheidungen, beginnend mit dem Urteil Rompelman (24) , festgestellt, dass die Abzugsregelung bezweckt, die Unternehmer völlig von der im Rahmen aller ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder bezahlten Mehrwertsteuer zu entlasten. Da die Subvention im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten empfangen und die Mehrwertsteuer dafür in diesem Rahmen geschuldet und bezahlt wird, muss sie auf den Endverbraucher abgewälzt werden können. Nur so bleibt der Grundsatz der absoluten Neutralität der Mehrwertsteuer gewahrt.

52.      Wird jedoch auf eine erhaltene Subvention Mehrwertsteuer entrichtet, so hat die Anwendung dieses Grundsatzes für den Endverbraucher zur Folge, dass er die Steuer auf den konkreten subjektiven Wert der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung zahlt, d. h. auf den konkreten, unter Berücksichtigung der preismindernden Wirkung der Subvention festgesetzten Wert zuzüglich der auf die Subvention entrichteten Steuer. Auf diese Weise wird die Steuer, die der Steuerbehörde dadurch entgeht, dass der konkrete subjektive Wert der erhaltenen Gegenleistung durch die Subvention negativ beeinflusst wird, durch eine Besteuerung des Wertes der Subvention ausgeglichen. Dem steht außerdem gegenüber, dass von dem im Urteil Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats (25) aufgestellten Grundsatz abgewichen wird, wonach die Besteuerungsgrundlage bei der Mehrwertsteuer die im Einzelfall tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist.

53.      In diesem Licht ist die in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie enthaltene Bestimmung als Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu verstehen. Diese Ausnahme muss eng und strikt ausgelegt und angewandt werden.

54.      Bei enger Auslegung kann sie nur auf Subventionen Anwendung finden, die unmittelbar im Preis des Umsatzes zum Ausdruck kommen. Der Gerichtshof hat dazu im Urteil Office des produits wallons (26) einige Hinweise gegeben, die unten in den Nummern 71 bis 76 näher erörtert werden.

55.      Eine genaue Auslegung führt dazu, dass die Subventionen, um die es hier geht, nur insoweit besteuert werden können, als sie im Preis des Umsatzes zum Ausdruck kommen. Würde nämlich eine preismindernde Subvention vollständig besteuert, während sie sich nur teilweise in dem vom Endverbraucher gezahlten Preis des Umsatzes niederschlägt, so würde die betreffende Steuerbehörde mehr Mehrwertsteuer einnehmen, als ihr durch die Subvention entgangen ist. Ein solcher Überausgleich verstößt gegen die Ausnahmeregelung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, die nicht mehr bezweckt als einen Ausgleich für die tatsächlich aufgrund der Subvention entgangene Steuer.

56.      Außerdem wird der Steuerpflichtige in dieser Situation überbelastet, da er Mehrwertsteuer auf die – bei nur teilweiser Auswirkung der Subvention auf den Endpreis – höhere Gegenleistung und die vollständig besteuerte Subvention zahlen muss. In diesem Fall schuldet er eine höhere Mehrwertsteuer, als wäre überhaupt keine Subvention gewährt worden.

57.      Die Beachtung der Systemkonformität der Mehrwertsteuer einschließlich der in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a vorgesehenen begrenzten Ausnahme davon macht es deshalb erforderlich, dass bei der Anwendung der Mehrwertsteuer auf Subventionen genau geprüft wird, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich diese im Stadium des Endverbrauchs im Preis niederschlagen. Anders ausgedrückt: Die zuständigen Steuerbehörden müssen nachweisen können, dass ihnen durch die Gewährung von Subventionen Steuern entgehen, und, wenn dies der Fall ist, die entgangenen Steuern glaubhaft beziffern können.

C – Neutralität des Mehrwertsteuersystems

58.      Für die Erzeugung von Futter werden Pauschalsubventionen gewährt, die gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 603/95 an die Verarbeitung von Grünfutter zu Trockenfutter anknüpfen. Wie oben in Nummer 9 kurz dargelegt wurde, können diese Subventionen in drei Fällen gewährt werden:

–im Fall einer integrierten Produktion, bei der der Verarbeiter seine eigene Produktion oder die seiner Mitglieder verarbeitet;

–in dem Fall, dass der Verarbeiter im Rahmen eines Werkvertrags tätig wird und für Rechnung des Erzeugers dessen Grünfutter verarbeitet (trocknet) und sodann an diesen zurückliefert;

–in dem Fall, dass der Verarbeiter Grünfutter beim Erzeuger kauft, dieses für eigene Rechnung verarbeitet und sodann weiterverkauft.

59.      Die Kommission geht davon aus, dass im ersten dieser drei Fälle keine Mehrwertsteuer erhoben werden kann, da hier die Verarbeitung von Grünfutter keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit sei. Innerhalb einer integrierten Produktionseinheit fänden keine für die Anwendung der Mehrwertsteuer fassbaren Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen statt. Daher könne in diesem Fall für die Erhebung von Mehrwertsteuer nicht an die Verarbeitung von Grünfutter zu Trockenfutter angeknüpft werden. Diese Auffassung wird von den Beklagten geteilt. Auch ich stimme ihr zu. Da hier keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden, durfte keine Mehrwertsteuer erhoben werden.

60.      Hinsichtlich des zweiten Falles gehen die Meinungen auseinander. Nach Auffassung der Kommission wird die Beihilfe dem Verarbeitungsunternehmen für die dem Erzeuger erbrachte Dienstleistung gewährt. Der rechtlich durch die Subvention Begünstigte sei das Verarbeitungsunternehmen, und der Umstand, dass sie nach der Verordnung Nr. 603/95 an den Erzeuger abgeführt werden müsse, spiegele nur die wirtschaftlichen Wirkungen wider, die eine Subvention in einer Produktionskette entfalten könne. Somit handele es sich um eine Dienstleistung zugunsten des Erzeugers, und die dafür gewährte Subvention müsse besteuert werden.

61.      Die Kommission stellt hier allerdings die rechtliche Fiktion auf, dass die Subvention dem Verarbeitungsunternehmen zur Förderung der Dienstleistung, nämlich der Verarbeitung, gewährt wird. Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall.

62.      Die Beihilfe wird für Trockenfutter gewährt, das das Verarbeitungsunternehmen verlassen hat und bestimmten Bedingungen hinsichtlich seiner Qualität entspricht (27) . Zugleich schreibt der Gemeinschaftsgesetzgeber in Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung vor, dass das Verarbeitungsunternehmen verpflichtet ist, dem Erzeuger die Beihilfe zu zahlen, die es für die im Rahmen der Verträge verarbeiteten Mengen erhält. Aus dem Umstand, dass die Verordnung selbst ausdrücklich vorschreibt, dass der Erzeuger der durch die Beihilfe Begünstigte ist, ergibt sich, dass das Verarbeitungsunternehmen nicht selbst der Begünstigte sein kann. Das Verarbeitungsunternehmen spielt nur die Rolle einer Zwischenstelle, die die Subvention an den Erzeuger weiterleitet. Die Bestimmung, wonach die Beihilfe nur für Futter gewährt wird, das das Verarbeitungsunternehmen verlassen hat, bestätigt diese Feststellung. Auch sagt die Verordnung nirgends, dass die Subvention für die Dienstleistung der Verarbeitung des Grünfutters gewährt wird. Denn wie sich aus dem oben Ausgeführten ergibt, wird die Subvention zugunsten des Erzeugers zur Verringerung seiner Produktionskosten gewährt. Für die von der Kommission aufgestellte rechtliche Fiktion kann somit in der Verordnung Nr. 603/95 kein einziger Anknüpfungspunkt gefunden werden. Sie ist deshalb unannehmbar.

63.      Dem sei noch hinzugefügt, dass die Kommission selbst in ihrem Zweiten Bericht über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (28) bekräftigt hat, dass die Subvention nur dann in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden dürfe, wenn u. a. die Voraussetzung erfüllt sei, dass sie an den Lieferanten oder den Leistungserbringer gezahlt werde. Im vorliegenden Fall schlägt sich die Subvention, wie in der Verordnung Nr. 603/95 vorgeschrieben, beim ursprünglichen Erzeuger und nicht beim Verarbeitungsunternehmen nieder. Im Übrigen wird sie diesem nicht für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gezahlt, sondern sie wird gewährt, nachdem eine Dienstleistung für den begünstigten Erzeuger erbracht worden ist, um dessen Produktionskosten zu senken.

64.      Der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte beschließen können, die Subvention dem Verarbeitungsunternehmen zum Zweck der Verarbeitung von Futter zu gewähren. In diesem Fall hätte die Subvention vollständig dem Verarbeitungsunternehmen zugute kommen müssen. Aus der Präambel der ursprünglichen Verordnung Nr. 1117/78 geht jedoch hervor, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber ausdrücklich beschlossen hat, die Subvention dem Erzeuger zur Förderung der Produktion von Grünfutter zu gewähren.

65.      Die Kommission kann also nicht behaupten, dass die Subvention dem Verarbeitungsunternehmen zur Förderung der Verarbeitung von Futter gewährt wird. Ihre Auffassung, dass sie beim Verarbeitungsunternehmen besteuert werden könne, ist auch aus diesem Grund unhaltbar.

66.      Im dritten Fall schließlich soll die Subvention gemäß Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie der Steuer unterliegen. Hier verarbeite das Verarbeitungsunternehmen das Grünfutter, das es vom ursprünglichen Erzeuger gekauft habe, und verkaufe es sodann als Trockenfutter weiter an Dritte, die dafür einen Preis bezahlten. Außerdem erhalte das Verarbeitungsunternehmen eine Subvention, die sich möglicherweise in einem niedrigeren Verkaufspreis niederschlage.

67.      Hier ist sogleich zu bemerken, dass sich die Subvention wohl kaum in einem niedrigeren Verkaufspreis für das getrocknete Grünfutter niederschlagen wird. In der Praxis wird sie vor allem zu einem höheren Einkaufspreis für das Grünfutter beim ursprünglichen Erzeuger führen. Denn wenn die Verarbeiter die Subvention, die sie erhalten haben, nicht weitgehend über einen höheren Preis an die ursprünglichen Erzeuger weitergeben, werden diese dazu übergehen, ihre Erzeugnisse im Rahmen eines Werkvertrags trocknen zu lassen, um so selbst in den Genuss der Subvention zu kommen. Dies folgt auch aus Zweck und System der Verordnung Nr. 603/95, denn diese beabsichtigt die Förderung der Produktion von Trockenfutter unabhängig von der Ausgestaltung der Produktionskette.

68.      Misst man somit das Vorbringen der Kommission an Zweck und System der Verordnung Nr. 603/95, so führt es zu dem inakzeptablen Ergebnis, dass je nach Ausgestaltung der Produktionskette die Subventionen in einem Fall nicht und in den beiden anderen Fällen wohl besteuert würden, obwohl sie in allen Fällen denselben Zweck verfolgen, nämlich die Förderung der Futtererzeugung durch eine finanzielle Unterstützung des Produktionsprozesses. Zudem kann, wie ich bereits ausgeführt habe, im zweiten Fall aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Situation des Verarbeiters keine Mehrwertsteuer erhoben werden. Nur im dritten Fall ist eine Besteuerung der Subvention denkbar. Allerdings muss sich diese auch im Verkaufspreis niederschlagen. Ich habe bereits dargelegt, dass eine solche Folge sehr unwahrscheinlich ist und dabei völlig außer Acht gelassen wird, dass die dem Verarbeiter gewährte Subvention nicht bezweckt, den Absatz des Verarbeitungserzeugnisses durch einen niedrigeren Kaufpreis zu erleichtern, sondern im Gegenteil darauf abzielt, es dem Verarbeiter zu ermöglichen, dem ursprünglichen Erzeuger einen höheren Kaufpreis zu zahlen.

69.      Am gemeinsamen Mehrwertsteuersystem gemessen führt die Auffassung der Kommission zu einem ebenso unannehmbaren Ergebnis. Dadurch, dass nach ihrem Vorbringen die Beihilfe für die Erzeugung von Trockenfutter je nach dem Platz, den die Verarbeitung in der Ausgestaltung der Produktionskette einnimmt, unterschiedlich besteuert wird, stellt sie einen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz dar, der ein Kernprinzip dieses Systems ist und besagt, dass der Gesamtbetrag der im Stadium des Endverbrauchs zu entrichtenden Mehrwertsteuer unabhängig von der Anzahl der Glieder der Produktionskette gleich hoch sein muss. Allein schon aus diesem Grund muss die Klage der Kommission abgewiesen werden.

D – Notwendiger Zusammenhang zwischen einer Subvention und dem Verkaufspreis eines Gegenstands

70.      Aus dem Zweiten Bericht der Kommission über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (29) geht hervor, dass die Subvention die Gegenleistung oder ein Element der Gegenleistung bilden muss. Der Gerichtshof hat den Begriff „unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängende Subventionen“ im Urteil Office des produits wallons (30) jedoch weiter ausgelegt.

71.      Dieses Urteil betraf die Frage, ob der von der Wallonischen Region dem Office des produits wallons ASBL für die Werbung für den Verkauf von wallonischen Erzeugnissen gewährte Zuschuss mehrwertsteuerpflichtig war. Insbesondere ging es um die Frage, ob betriebliche Zuschüsse, die nicht unmittelbar zugunsten der Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen gezahlt wurden, jedoch durchaus dazu führen konnten, dass die Gegenstände und die Dienstleistungen zu einem niedrigeren Preis geliefert werden konnten, steuerbar waren. Der Gerichtshof hat eine Reihe Hinweise für die Beantwortung dieser Frage gegeben.

72.      Erstens muss die Subvention an die subventionierte Einrichtung gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gezahlt werden. Nur in diesem Fall kann sie als Gegenleistung für die Lieferung eines Gegenstands oder die Erbringung einer Dienstleistung angesehen werden und ist damit steuerbar (31) .

73.      Zweitens muss der Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung in seinen Grundzügen spätestens zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestands festliegen.

74.      Drittens muss mit der Verpflichtung der Subventionsstelle zur Subventionszahlung das Recht des Begünstigten auf Auszahlung der Subvention einhergehen, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat. Dieser Zusammenhang zwischen Subvention und Preis muss nach einer Prüfung der Umstände des Einzelfalls, auf denen die Zahlung dieser Gegenleistung beruht, eindeutig zum Ausdruck kommen. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung – oder ein Teil des Preises – bestimmt ist. Es genügt, dass er bestimmbar ist.

75.      Der weiteren Auslegung des Gerichtshofes liegt die Auffassung zugrunde, dass die Subvention zu einer Ermäßigung des Preises führen muss. Er hat dazu ausgeführt: „Der vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger zu zahlende Preis muss nämlich so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Verkäufer des Gegenstands oder dem Dienstleistungserbringer gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises einfließt, die die Letztgenannten verlangen.“ (32)

76.      Wie sich aus meiner Vorbemerkung ergibt, muss die Bedeutung des Begriffes „unmittelbar mit dem Preis [der] Umsätze zusammenhängende Subvention“ meines Erachtens so ausgelegt werden, dass Mehrwertsteuer auf die hier vorliegenden Subventionen nur insoweit erhoben werden kann, als sie im Preis für den Umsatz zum Ausdruck kommen. Die in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a vorgesehene begrenzte Ausnahme verlangt, dass bei der Erhebung von Mehrwertsteuer auf Subventionen genau geprüft wird, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich diese im Stadium des Endverbrauchs im Preis niederschlagen.

77.      Den in den Nummern 4 bis 12 genannten Verordnungen lässt sich entnehmen, dass Pauschalbeihilfen zur Förderung der Erzeugung von Grünfutter gewährt werden. Diese im Futtersektor gewährte Subvention kann als Produktionssubvention angesehen werden. Anders als eine Preissubvention bezweckt die Produktionssubvention nicht die unmittelbare Beeinflussung des Absatzpreises (33) . Die Subvention wird gemäß der verarbeiteten Futtermenge und nicht als Zuschuss zum Preis der Dienstleistung gewährt. Sie ist zwar auf eine bestimmte Produktionsmenge beschränkt; dies ändert jedoch nichts an ihrem Zweck, die Futterproduktion in der Gemeinschaft durch eine Senkung der Produktionskosten für die Erzeuger nachhaltig zu fördern.

78.      Aus der in den Nummern 4 bis 12 dieser Schlussanträge wiedergegebenen rechtlichen Regelung der Gewährung von Beihilfen für die Trockenfutterproduktion ergibt sich, dass die Erzeugung dieses Futters in der Gemeinschaft hinter der Nachfrage zurückblieb, da die Produktionskosten in der Gemeinschaft zu hoch waren, als dass das Futter zu den geltenden Marktpreisen hätte angeboten werden können.

79.      Die Senkung der Produktionskosten durch die Pauschalbeihilfe ermöglichte den Gemeinschaftserzeugern eine angesichts der gegebenen (Welt-)Marktpreise rentable Produktion. Dies wird bestätigt durch einen schnell anwachsenden Marktanteil der gemeinschaftlichen Grünfutterproduktion auf dem Gemeinsamen Markt – eine Entwicklung, die den Gemeinschaftsgesetzgeber selbst dazu veranlasste, zur Vermeidung einer Überproduktion den Umfang der subventionierten Produktion zu begrenzen.

80.      Somit hat die Subvention sehr wohl einen Einfluss auf die in der Gemeinschaft produzierte Menge gehabt, sich jedoch nicht direkt in den Marktpreisen niedergeschlagen. Dies hängt auch mit der Eigenart des (Welt-)Marktes für Futter zusammen, der wie viele andere Märkte für Agrarprodukte durch eine Vielzahl von kleinen Anbietern gekennzeichnet ist. Diese verfügen nicht über die finanziellen Mittel, um durch ihr individuelles Marktverhalten die entsprechenden Produktmärkte zu beeinflussen. Individuelle Erzeuger, die eine Pauschalbeihilfe erhalten, können diese nicht an die Endabnehmer weitergeben. Der geltende Marktpreis ist für sie eine feststehende Gegebenheit. Zu diesem Preis müssten sie, wenn es keine Subvention gäbe, ihre Ware anbieten.

81.      Die Subvention hat höchstens eine indirekte Wirkung auf den Verkaufspreis. Würde nämlich die Gesamtmenge der subventionierten Futterproduktion so umfangreich, dass sie zu einer signifikanten Änderung der Angebot-und-Nachfrage-Verhältnisse auf dem Weltmarkt führen würde, so könnte der auf diesem Markt geltende Preis gedrückt werden. Der Eintritt einer derartigen Wirkung ist meines Erachtens höchst unwahrscheinlich und wäre außerdem für die Beurteilung der Klage der Kommission keinesfalls entscheidend. Die Subvention würde sich nämlich nicht vollständig im Verkaufspreis niederschlagen. Vielmehr würde das Verhältnis zwischen den Produktionskosten und den Verkaufspreisen für die Gemeinschaftserzeuger noch verschlechtert, was gerade durch eine Begrenzung der Beihilfen auf eine bestimmte Höchstmenge vermieden werden sollte.

82.      Beide Aspekte werden außerdem durch die Form des in der Verordnung Nr. 603/95 vorgesehenen Begrenzungsmechanismus bestätigt. Danach erhalten die Erzeuger während der Verkaufssaison einen Vorschuss, während die definitive Endabrechnung erst nach dem Ende der Verkaufssaison folgt. Die sich daraus ergebende Unsicherheit macht es von vornherein unwahrscheinlich, dass die Erzeuger, selbst wenn sie es könnten, die Produktionsbeihilfe unmittelbar in ihre Absatzpreise einfließen lassen.

83.      Die Kommission hat weiter ausgeführt, dass sich aus dem Verkaufspreis für Trockenfutter deutlich ergebe, dass er eine unmittelbare kausale Folge der gewährten Beihilfe darstelle, da es den Verarbeitungsunternehmen durch die Subvention ermöglicht worden sei, das Trockenfutter zum Weltmarktpreis auf dem Markt abzusetzen. Ohne die Beihilfe würde der Preis aufgrund der bedeutenden Produktionskosten der Verarbeitungsunternehmen höher liegen.

84.      Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass diese Auffassung der Kommission unzutreffend ist. Durch den in der Verordnung Nr. 603/95 vorgesehenen Mechanismus sollen nicht die Futterpreise, sondern die Produktionskosten der Erzeuger beeinflusst werden, so dass diese zum Marktpreis produzieren können. Die Folge der Subvention war die Erhöhung der in der Gemeinschaft erzeugten Menge, die zum geltenden Preis abgesetzt werden kann. Das Fehlen der Subvention hätte somit nicht zu höheren Marktpreisen, sondern zu einer Verringerung der in der Gemeinschaft erzeugten Futtermittelmenge geführt. Einem dadurch eventuell entstandenen Mangel könnten, wie schon vor 1978, die Erzeuger aus Drittländern abhelfen, die zu den geltenden Weltmarktpreisen produzieren können.

85.      Alles in allem ist es der Kommission nicht gelungen, auch nur ansatzweise einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der Produktionsbeihilfe und dem letztlich geltenden Absatzpreis für Trockenfutter darzutun. Ihr Vorbringen genügt in keiner Weise der oben in den Nummern 55 bis 57 dargelegten Voraussetzung, dass für die Anwendung von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie nachgewiesen werden muss, in welchem Umfang die Subvention den vom Endverbraucher verlangten Preis beeinflusst.

86.      Auch aus diesen Gründen ist die Klage der Kommission abzuweisen.

VI – Ergebnis

87.      Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

a)die Klagen der Kommission gegen die Italienische Republik (Rechtssache C-381/91), die Republik Finnland (Rechtssache C-495/01), die Bundesrepublik Deutschland (Rechtssache C-144/02) und das Königreich Schweden (Rechtssache C-463/02) abzuweisen;

b)die Kosten gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung der Kommission aufzuerlegen;

c)gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung zu entscheiden, dass die Republik Finnland, das Königreich Schweden und die Bundesrepublik Deutschland die durch ihnen als Streithelfer entstandenen Kosten tragen.


1 – Originalsprache: Niederländisch.


2 – ABl. L 145, S. 1.


3 – ABl. L 63, S. 1.


4 – Die Italienische Republik wird vom Königreich Schweden und der Republik Finnland, die Republik Finnland von der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland vom Königreich Schweden und der Republik Finnland und das Königreich Schweden von der Republik Finnland unterstützt.


5 – Verordnung (EWG) Nr. 1117/78 des Rates vom 22. Mai 1978 über die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter (ABl. L 142, S. 1), geändert durch die Verordnung Nr. 3496/93 (ABl. L 319, S. 17).


6 – Verordnung (EWG) Nr. 1417/78 des Rates vom 19. Juni 1978 über die Beihilferegelung für Trockenfutter (ABl. L 171, S. 1), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1110/89 (ABl. L 18, S. 1).


7 – Verordnung (EWG) Nr. 1528/78 der Kommission vom 30. Juni 1978 mit Durchführungsbestimmungen zur Beihilferegelung für Trockenfutter (ABl. L 179, S. 10).


8 – Verordnung (EG) Nr. 785/95 der Kommission vom 6. April 1995 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EG) Nr. 603/95 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter (ABl. L 79, S. 5).


9 – Artikel 4 der Verordnung Nr. 603/95 setzt die Höchstmengen Trockenfutter fest, für die die Beihilfe gewährt werden kann. Er wurde geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1347/95 des Rates vom 9. Juni 1995 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 603/95 über die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter (ABl. L 131, S. 1). Der Text lautet: „Je Wirtschaftsjahr wird eine garantierte Höchstmenge (GHM) von 4 412 400 Tonnen künstlich getrocknetes Futter festgesetzt, für die die Beihilfe ... gewährt werden darf [Absatz 1] ... Je Wirtschaftsjahr wird eine garantierte Höchstmenge (GHM) von 443 500 Tonnen sonnengetrocknetes Futter festgesetzt, für die die ... Beihilfe gewährt werden darf [Absatz 3].“


10 – Die Verarbeitungsunternehmen können nur dann eine Beihilfe erhalten, wenn sie das Futter von Erzeugern, Erzeugergruppen oder Käufern bezogen haben, die von den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten zugelassen worden sind.


11 – Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 603/95 lautet: „Handelt es sich bei den in Artikel 9 Buchstabe c) erster Gedankenstrich genannten Verträgen um Werkverträge, die die Verarbeitung des von den Erzeugern gelieferten Futters betreffen, so enthalten sie zumindest Angaben zu der Fläche, deren Ernte zu liefern ist, und eine Klausel betreffend die Verpflichtung des Verarbeitungsunternehmens, dem Erzeuger die Beihilfe nach Artikel 3 zu zahlen, die sie für die im Rahmen der Verträge verarbeiteten Mengen erhalten.“


12 – „

Im Sinne dieser Verordnung gelten als vom Verarbeitungsunternehmen ausgelieferte Futtermittel die in Artikel 2 Nummer 1 genannten Erzeugnisse, die im Hinblick auf den Erwerb des Beihilfeanspruchs gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 603/95 die nachstehend genannten Räumlichkeiten verlassen haben, sei es

a) unvermischt

─ das Gelände des Verarbeitungsunternehmens bzw.,

─ wenn das Trockenfutter nicht innerhalb dieses Geländes gelagert werden kann, einen beliebigen Ort der Zwischenlagerung außerhalb dieses Geländes, der genügend Sicherheiten für die Kontrolle der gelagerten Futtermittel bietet und von der zuständigen Behörde zuvor anerkannt worden ist bzw.,

─ im Fall eines beweglichen Trocknungsapparats, die Trocknungsgeräte, und wenn das Trockenfutter durch denjenigen, der die Trocknung durchgeführt hat, zwischengelagert wird, jeden Ort der Zwischenlagerung, der den unter dem zweiten Gedankenstrich genannten Anforderungen genügt, oder sei es,

b) nachdem sie zwecks Herstellung von Mischfuttermitteln im Verarbeitungsunternehmen mit anderen Rohstoffen als den in Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 603/95 genannten, ausgenommen derjenigen, die als Bindemittel benutzt werden, gemischt wurden, das unter Buchstabe a) genannte Gelände oder Zwischenlager;

und die außerdem bei der Auslieferung aus dem Verarbeitungsunternehmen von einwandfreier und handelsüblicher Qualität sind, den Anforderungen für die Vermarktung als Futtermittel genügen und folgende Merkmale aufweisen: ...“


13 – Erste Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 71, S. 1301, im Folgenden: Erste Richtlinie).


14 – Soweit nichts anderes angegeben, handelt es sich bei den im Folgenden zitierten Bestimmungen um solche der Sechsten Richtlinie.


15 – Erster Bericht der Kommission an den Rat über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ─ vorgelegt gemäß Artikel 34 der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) vom 17. Mai 1977, KOM(83) 426 endg., 14. September 1983, S. 37.


16 – Zweiter Bericht der Kommission an den Rat über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ─ vorgelegt gemäß Artikel 34 der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) vom 17. Mai 1977, KOM(88) 799 endg., 20. Dezember 1988, S. 26.


17 – Aus der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 603/95 ergibt sich, dass die Regelung bezweckt, die gemeinschaftliche Trockenfuttererzeugung einzudämmen.


18 – Urteil des Gerichtshofes vom 22. November 2001 in der Rechtssache C-184/00 (Slg. 2001, I-9115).


19 – Siehe auch das in Fußnote 18 zitierte Urteil Office des produits wallons, Randnr. 14: „Somit ist die Feststellung einer unmittelbaren Verbindung zwischen der Subvention und dem betreffenden Gegenstand oder der betreffenden Dienstleistung Aufgabe des vorlegenden Gerichts. Dazu muss es zunächst prüfen, ob dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger die Subvention des Subventionsempfängers zugute kommt. Der vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger zu zahlende Preis muss nämlich so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Verkäufer des Gegenstands oder dem Dienstleistungserbringer gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises einfließt, die die Letztgenannten verlangen ...“ 


20 – Siehe auch die elfte und die zwölfte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 603/95, wo es heißt: „Um die regelmäßige Versorgung der Grünfutterverarbeitungsunternehmen zu fördern und um die Beihilferegelung den Erzeugern zugute kommen zu lassen, muss die Gewährung der Beihilfe in bestimmten Fällen vom Abschluss von Verträgen zwischen den Erzeugern und den Verarbeitungsunternehmen abhängig gemacht werden. Diese Verträge müssen sowohl die regelmäßige Versorgung der Verarbeitungsunternehmen sicherstellen als auch gleichzeitig den Erzeugern die Beihilfe zugute kommen lassen. Hierzu ist vorzusehen, dass in den Verträgen bestimmte Angaben enthalten sind.“


21 – Diese Auffassung wird nach Ansicht der Mitgliedstaaten durch das in Fußnote 18 zitierte Urteil Office des produits wallons (Randnr. 13) bestätigt.


22 – Siehe auch die Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 25. September 1997 in der Rechtssache C-384/95, Landboden-Agrardienste (Urteil vom 18. Dezember 1997), Slg. 1997, I-7387, Nrn. 12 und 13.


23 – Urteil vom 5. Februar 1981 in der Rechtssache 154/80 (Slg. 1981, 445). In diesem Urteil ging es um Mitglieder einer landwirtschaftlichen Genossenschaft, die ein Lagerhaus für Kartoffeln gegen ein jährlich von den Mitgliedern erhobenes Lagergeld unterhielt. Die Genossenschaft beschloss, für einige Jahre kein Lagergeld zu erheben, da sie dank eines günstigen Immobilienverkaufs über ausreichende finanzielle Mittel verfügte. Durch die Nichterhebung der Lagergelder verringerte sich der Wert der Anteilscheine, wodurch sich auch die Vermögenslage der Anteileigner änderte. Die Frage ging dahin, ob die Verminderung des Wertes der Anteilscheine der Mitglieder der Genossenschaft als Vergütung für eine Dienstleistung (das Aufbewahren der Kartoffeln) als Gegenwert im Sinne des Artikels 8 der Zweiten Richtlinie anzusehen war. Nach Auffassung des Gerichtshofes war dies nicht der Fall, da der Dienstleistung der Verwahrung keine tatsächlich empfangene Geldsumme oder Gegenleistung gegenüberstand.


24 – Siehe u. a. Urteile vom 14. Februar 1985 in der Rechtssache 268/83 (Rompelman, Slg. 1985, 655, Randnr. 9); vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C-37/95 (Ghent Coal Terminal, Slg. 1998, I-1, Randnr. 15); vom 21. März 2000 in den Rechtssachen C-110/98 und C-147/98 (Gabalfrisa, Slg. 2000, I-1577, Randnr. 44) und vom 8. Juni 2000 in der Rechtssache C-98/98 (Midland Bank, Slg. 2000, I-4177, Randnr. 9).


25 – Zitiert in Fußnote 23.


26 – Zitiert in Fußnote 18.


27 – Artikel 8 der Verordnung Nr. 603/95.


28 – Zitiert in Fußnote 16.


29 – Zitiert in Fußnote 16.


30 – Zitiert in Fußnote 18.


31 – Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie genannten Umsätzen nicht um Umsätze handelt, die zugunsten der Stelle bewirkt werden, die die Subvention gewährt hat. Artikel 11 Teil A der Sechsten Richtlinie betrifft nämlich Fälle mit jeweils drei Beteiligten: der Stelle, die die Subvention gewährt, der Einrichtung, die die Subvention erhält, und dem Käufer des von der subventionierten Einrichtung gelieferten Gegenstands oder dem Empfänger der von dieser erbrachten Dienstleistung.


32 – „Somit ist die Feststellung einer unmittelbaren Verbindung zwischen der Subvention und dem betreffenden Gegenstand oder der betreffenden Dienstleistung Aufgabe des vorlegenden Gerichts. Dazu muss es zunächst prüfen, ob dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger die Subvention des Subventionsempfängers zugute kommt. Der vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger zu zahlende Preis muss nämlich so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Verkäufer des Gegenstands oder dem Dienstleistungserbringer gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises einfließt, die die Letztgenannten verlangen. Das Gericht wird zu prüfen haben, ob die Zahlung einer Subvention an den Verkäufer oder Dienstleistungserbringer ihm objektiv gesehen den Verkauf des Gegenstands bzw. die Erbringung der Dienstleistung zu einem niedrigeren Preis als dem ermöglicht, den er ohne Subvention verlangen müsste.“


33 – Es lassen sich noch verschiedene andere Arten von Subventionen unterscheiden, wie betriebliche Subventionen, Einkommenssubventionen und Investitionssubventionen. Ein Beispiel für eine Einkommenssubvention findet sich in der früheren Verordnung Nr. 1117/78. Diese sah eine ergänzende Beihilfe zum Ausgleich der Produktionskosten und zur Stärkung der Wettbewerbsstellung gegenüber Drittländern vor. Diese Beihilfe wurde durch die neuen Verordnungen Nrn. 603/95 und 785/95 abgeschafft. Sie belief sich auf einen Prozentsatz der Differenz zwischen dem Weltmarktpreis für Trockenfutter und dem bestehenden Zielpreis. Der gemeinsame Nenner aller dieser Beihilfen ist der fehlende unmittelbare Zusammenhang mit dem Preis eines Gegenstands.