SCHLUSSANTRÄGE DER FRAU GENERALANWALT
CHRISTINE STIX-HACKL
vom 4. März 2004(1)
Rechtssache C-365/02Marie Lindfors
(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein Hallinto-oikeus [Finnland])
„Auslegung des Artikels 1 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr
persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat – Kraftfahrzeugsteuer (‚Autovero‘) – Verbrauchssteuer oder besondere Steuer für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs – Zulassungssteuer – Doppelbesteuerung“
I – Einleitung
1.
Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren ersucht das Korkein Hallinto-oikeus (Finnland) um eine Auslegung des Artikels
1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände
durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat (im Folgenden: Richtlinie)
(2)
. Es geht dabei insbesondere um die Frage, ob die nach dem Autoverolaki (Kraftfahrzeugsteuergesetz) (1482/94) für Kraftfahrzeuge
vor deren Zulassung oder Inbetriebnahme zu entrichtende Kraftfahrzeugsteuer eine Abgabe bzw. Steuer darstellt, von der ein
als Umzugsgut nach Finnland eingeführtes Fahrzeug nach der genannten Bestimmung zu befreien wäre.
II – Rechtlicher Rahmen
A –
Nationales Recht
2.
Nach § 1 Absatz 1 des Autoverolaki (1482/94) vom 29. Dezember 1994 in der im Jahre 1999 geltenden Fassung (im Folgenden: AVL)
ist für Kraftfahrzeuge vor deren Zulassung oder Inbetriebnahme in Finnland Kraftfahrzeugsteuer (im Folgenden: Autovero) zu
entrichten.
3.
Unter Inbetriebnahme ist dabei die Inbetriebnahme des Fahrzeugs im Verkehr in Finnland zu verstehen, und zwar auch dann, wenn
das Fahrzeug nicht zugelassen ist (§ 2 AVL).
4.
Nach der Hauptvorschrift für die Steuerpflicht, § 4 Absatz 1 AVL, ist die Autovero durch den Importeur eines Fahrzeugs oder
den Hersteller eines in Finnland hergestellten Fahrzeugs zu entrichten.
5.
Die Steuerpflichtigen haben nach § 5 AVL außerdem noch eine auf die Autovero erhobene Mehrwertsteuer in der nach dem Arvonlisäverolaki
(Mehrwertsteuergesetz) (1501/93) (im Folgenden: Arvonlisäverolaki) festgelegten Höhe zu entrichten.
6.
Die Höhe der Autovero entspricht nach § 6 Absatz 1 AVL der Höhe des Steuerwerts des Autos abzüglich 4 600 FIM (jetzt 770 Euro),
in jedem Fall aber mindestens 50 % des Steuerwerts des Fahrzeugs.
7.
Nach § 7 Absatz 1 AVL wird die Steuer für ein eingeführtes Gebrauchtfahrzeug wie für ein Neufahrzeug, jedoch prozentual entsprechend
den Nutzungsmonaten des Fahrzeugs herabgesetzt, erhoben. Nach § 11 Absätze 1 und 2 des Gesetzes ist Grundlage des Steuerwerts
des eingeführten Fahrzeugs der Anschaffungswert für den Steuerpflichtigen, der sich nach dem Zollwert des Fahrzeugs bestimmt.
8.
Gemäß § 25 Absatz 1 AVL kann die Steuer für ein steuerpflichtiges Fahrzeug, das von einer Person, die nach Finnland umzieht,
im Zusammenhang mit dem Umzug eingeführt wird, und zu deren privatem Haushalt gehört, unter den in dieser Bestimmung festgelegten
Bedingungen höchstens um 80 000 FIM (jetzt 13 450 Euro) ermäßigt werden.
B –
Gemeinschaftsrecht
9.
Die Richtlinie zielt nach ihren Erwägungsgründen darauf ab, steuerliche Hemmnisse für den freien Personenverkehr innerhalb
der Gemeinschaft zu beseitigen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist in deren Artikel 1 wie folgt definiert:
„(1) Die Mitgliedstaaten gewähren unter den Bedingungen und in den Fällen, die nachstehend genannt sind, bei der endgültigen
Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem anderen Mitgliedstaat Befreiung von Umsatzsteuern, Sonderverbrauchssteuern
und sonstigen Verbrauchsabgaben, die normalerweise hierbei erhoben werden.
(2) Diese Richtlinie gilt nicht für spezifische und/oder regelmäßige Abgaben für die Benutzung dieser Gegenstände innerhalb
des Landes, beispielsweise Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen, Straßenverkehrsabgaben, Fernsehgebühren.“
III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
10.
Frau Lindfors, die mehrere Jahre im Ausland gewohnt hatte, führte am 4. August 1999 bei ihrem Umzug aus einem anderen Mitgliedstaat
der Europäischen Gemeinschaften nach Finnland als Privatperson ein in ihrem Eigentum stehendes Kraftfahrzeug der Marke Audi
A6 Avant ein. Sie hatte das Fahrzeug, das am 20. März 1995 ausgeliefert worden war, in Deutschland gekauft und am 5. April
1995 in den Niederlanden in Gebrauch genommen.
11.
Das Zollamt Hanko (Hangon tullikamari) räumte Frau Lindfors in ihrem Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 4. August 1999 gemäß
§ 25 Absatz 1 AVL einen Steuerabzug in Höhe von 80 000 FIM ein und setzte die von ihr zu entrichtende Autovero auf 16 556
FIM und die Mehrwertsteuer auf 3 642 FIM, insgesamt also auf 20 198 FIM, an Steuer fest.
12.
Gegen diesen Bescheid erhob Frau Lindfors beim Verwaltungsgericht Helsinki (Helsingin Hallinto-oikeus) Klage und beantragte
dessen Aufhebung sowie die Rückerstattung der von ihr entrichteten Steuer. Sie machte geltend, dass es sich bei der Autovero
um eine Verbrauchssteuer im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie handle, welche nicht auf ihr als Umzugsgut eingeführtes
Fahrzeug erhoben werden dürfe.
13.
Das Verwaltungsgericht Helsinki wies die Klage ab. Es vertrat die Auffassung, dass die Autovero an die Zulassung des Fahrzeugs
oder dessen Benutzung im Verkehr in Finnland anknüpfe und daher als eine spezifische Steuer für die Benutzung dieses Gegenstands
innerhalb des Landes im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie anzusehen sei, für die die Richtlinie nicht gelte.
14.
Frau Lindfors hat daraufhin beim Obersten Verwaltungsgerichtshof (Korkein Hallinto-oikeus) beantragt, gegen die Entscheidung
des Verwaltungsgerichts Helsinki ein Rechtsmittel zuzulassen sowie diese Entscheidung und den Kraftfahrzeugsteuerbescheid
des Zollamts aufzuheben.
15.
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hat zur Klärung der Frage, ob unter Berücksichtigung der Richtlinie eine Kraftfahrzeugsteuer
wie die Autovero auf ein als Umzugsgut eingeführtes Fahrzeug erhoben werden darf, mit Beschluss vom 10. Oktober 2002 entschieden,
ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu stellen und ihm die folgende Frage vorzulegen:
Ist Artikel 1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände
durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat dahin auszulegen, dass die Kraftfahrzeugsteuer gemäß dem Autoverolaki, die auf
Kraftfahrzeuge erhoben wird, die aus einem anderen Mitgliedstaat als Umzugsgut nach Finnland eingeführt werden, eine Verbrauchssteuer
im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie oder eine spezifische Abgabe für die Benutzung dieser Gegenstände innerhalb
des Landes im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 ist?
IV – Zur Vorlagefrage
A –
Einführende Bemerkungen
16.
Abgesehen von der Mehrwertsteuer – für die übrigens in Bezug auf den Erwerb von Neufahrzeugen einige Sonderregelungen gelten
(3)
– ist die Besteuerung von Kraftfahrzeugen in der Gemeinschaft weitestgehend nicht harmonisiert
(4)
.
17.
Die in den Mitgliedstaaten in Bezug auf Personenkraftwagen erhobenen Steuern und Abgaben unterscheiden sich dementsprechend
nicht nur erheblich in ihrer Höhe sondern auch von ihrer Struktur her
(5)
. Bestimmte Steuern in einem Mitgliedstaat haben überhaupt kein Gegenstück in anderen Mitgliedstaaten. Man muss sich daher
insbesondere in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es dem Vorlagegericht darum geht zu erfahren, ob eine bestimmte nationale
Steuer einem in einem Rechtsakt der Gemeinschaft genannten Steuerbegriff zuzuordnen ist, vor Augen halten, dass es an einer
gemeinsamen Begrifflichkeit fehlt, die eine exakte Klassifizierung der verschiedenen Steuern zuließe.
18.
Zu Darstellungszwecken – und weil auch die an diesem Verfahren Beteiligten offenbar von einer derartigen Einteilung ausgegangen
sind – möchte ich hier aber grob zwischen drei Arten von Steuern bzw. Abgaben unterscheiden, die von den Mitgliedstaaten im
Zusammenhang mit Personenkraftwagen erhoben werden.
19.
Zunächst gibt es einmalige Steuern, ich will sie als „Zulassungssteuern“ bezeichnen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb bzw.
als Voraussetzung der Inbetriebnahme eines Personenkraftwagens im Gebiet eines Mitgliedstaats zu entrichten sind.
20.
Zum anderen werden – nach unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen – in fast allen Mitgliedstaaten auch regelmäßig bzw. jährlich
zu entrichtende Steuern erhoben, welche man beispielsweise in Deutschland und Österreich als „Kraftfahrzeugsteuern“ bezeichnet.
21.
Schließlich können im Zusammenhang mit der Zulassung eines Fahrzeugs in einem Mitgliedstaat auch Abgaben zur Deckung der Verwaltungskosten
(Zulassungsgebühren) anfallen.
22.
Wie sich aus den Akten bzw. aus den Ausführungen der finnischen Regierung ergibt, werden jeweils entsprechende Abgaben für
Personenfahrzeuge auch in Finnland erhoben.
23.
Die Autovero ist, wie schon aus dem AVL hervorgeht, eine einmalige, auf der Grundlage des Steuerwerts errechnete Steuer, die
für ein Personenfahrzeug und Fahrzeuge anderer Kategorien vor deren Zulassung oder Inbetriebnahme zu entrichten ist; auf die
Autovero wird dazu noch die so genannte Mehrwertsteuer nach dem finnischen Arvonlisäverolaki erhoben.
24.
Daneben gibt es aber auch regelmäßig zu entrichtete Steuern, also Kraftfahrzeugsteuern im engeren Sinne, nämlich die Ajoneuvovero
(Motorfahrzeugsteuer, „Vignette“) sowie die Moottoriajoneuvovero (Dieselsteuer).
25.
Schließlich fallen bei der Fahrzeugzulassung in Finnland außerdem Abgaben zur Deckung der mit der Zulassung verbundenen Verwaltungskosten
(Zulassungsgebühr) an.
26.
Im vorliegenden Verfahren geht es allein um die Autovero, mit der sich der Gerichtshof bereits in der Rechtssache Siilin zu
befassen hatte, in welcher ich ebenfalls Schlussanträge unterbreitet habe
(6)
.
27.
In der genannten Rechtssache ging es darum, festzustellen, ob eine Steuer wie die Autovero in ihrer damaligen Form und Höhe
in Bezug auf aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführte Gebrauchtfahrzeuge eine verbotene diskriminierende inländische Abgabe
darstellt, was der Gerichtshof bejaht hat. Im vorliegenden Verfahren ist dagegen zu klären, ob eine Steuer wie die finnische
Autovero in einem bestimmten Zusammenhang, nämlich wenn ein Personenkraftfahrzeug im Rahmen der Verlegung des Wohnsitzes als
Umzugsgut endgültig eingeführt wird, überhaupt – unabhängig von ihrer Berechnung bzw. Höhe – erhoben werden darf.
28.
Das Vorlagegericht möchte nämlich im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie mit ihrer in Artikel 1 vorgesehenen Steuerbefreiung
einer solchen Besteuerung entgegensteht.
29.
Ich möchte schließlich darauf hinweisen, dass die Kommission diese Frage bereits in Bezug auf die in Österreich erhobene Normverbrauchsabgabe
(NOVA) im Rahmen des ebenfalls zum jetzigen Zeitpunkt noch beim Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens in der
Rechtssache
C-387/01 – in der es aber primär um die Vereinbarkeit der NOVA mit den Artikeln 23 EG, 25 EG und 39 EG sowie mit
der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie geht – releviert hat, und dass Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in dieser
Rechtssache dazu auch Stellung genommen hat
(7)
.
B –
Wesentliche Vorbringen der Beteiligten
30.
Nach Ansicht von Frau
Lindfors und der
Kommission steht die Richtlinie mit ihrem Gebot der Steuerbefreiung einer wie im Ausgangsverfahren fraglichen Besteuerung entgegen.
Ihrer Meinung nach handelt es sich bei der Autovero nämlich um eine bei bzw. aufgrund der endgültigen Einfuhr erhobene Verbrauchssteuer,
auf die sich Artikel 1 Absatz 1 beziehe.
31.
Frau Lindfors trägt u. a. vor, dass die Autovero in Wirklichkeit bzw. nach den Steuererklärungsformalitäten zu schließen,
aufgrund der Tatsache der Einfuhr des Fahrzeugs nach Finnland erhoben werde. Dass es sich um eine Verbrauchssteuer im Sinne
von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie handle, ergebe sich indirekt auch aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 83/182/EWG
des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel
(8)
sowie aus dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur steuerlichen Behandlung von privaten Kraftfahrzeugen, die im Zusammenhang
mit einer Verlegung des Wohnsitzes auf Dauer in einen anderen Mitgliedstaat verbracht werden oder die vorübergehend in einem
anderen Mitgliedstaat als dem der Zulassung benutzt werden (im Folgenden: Kommissionsvorschlag)
(9)
.
32.
Die Kommission führt aus, dass Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie die Erhebung von Steuern verbiete, deren Steuertatbestand
die Einfuhr sei. Dieses Verbot könne nicht dadurch umgangen werden, dass statt der Einfuhr ein anderer Steuertatbestand, etwa
die Zulassung, verwendet werde. Die Kommission verweist auch darauf, dass die Richtlinie im Lichte der Bestimmungen über die
Personenfreizügigkeit und der Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgelegt werden müsse.
33.
Die
Regierungen Finnlands, Dänemarks und
Griechenlands, die im vorliegenden Verfahren Erklärungen abgegeben haben, sind dagegen der Auffassung, dass eine Steuer wie die Autovero
nicht von der in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung erfasst ist und verweisen dabei auch auf die
Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der Rechtssache Weigel
(10)
. Sie betonen im Wesentlichen übereinstimmend, dass es sich bei der Autovero nicht um eine Steuer handle, die bei der Einfuhr
erhoben werde, sondern vielmehr um eine Abgabe, die an die Benutzung anknüpfe. Sollte das Fahrzeug nicht in Finnland in Betrieb
genommen werden – etwa wenn es sich, wie die finnische Regierung als Beispiel ausführt, um ein Auto handle, das in einem Museum
ausgestellt werden soll – falle die Autovero nicht an. Sie sei dementsprechend als Abgabe für die Benutzung des Fahrzeugs
bzw. als „Abgabe für die Zulassung von Kraftfahrzeugen“ im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Richtlinie anzusehen und daher
nicht von der Steuerbefreiung erfasst.
34.
So weit sich die Regierungen zum Kommissionsvorschlag bzw. zur Richtlinie 83/182 äußern, ziehen sie aus diesen Texten den
gegenteiligen Schluss für die Auslegung des Anwendungsbereichs der Richtlinie als Frau Lindfors oder die Kommission. Die Regierungen
verweisen auch darauf, dass Zulassungssteuern wie die Autovero in der Gemeinschaft noch nicht harmonisiert seien und daher
auch eine etwaige Doppelbesteuerung als Konsequenz dieser Situation in Kauf genommen werden müsse. Die dänische Regierung
gibt an, dass die Ausnahmebestimmung bezüglich der Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen in Artikel 1 Absatz 2 der
Richtlinie auf Betreiben Dänemarks im Rat gerade deshalb in den Richtlinientext eingefügt worden sei, um Zulassungssteuern
wie die Autovero vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausdrücklich auszunehmen.
35.
Die
Kommission legt in Übereinstimmung mit Frau
Lindfors die Ausnahmebestimmung des Artikels 1 Absatz 2 jedoch so aus, dass damit nur die bei der Zulassung anfallenden Verwaltungskosten
oder -gebühren gemeint seien und stützt dies vor allem darauf, dass in der französischen bzw. englischen Sprachfassung der
Richtlinie von „droits“ bzw. „fees“ für die Zulassung von Kraftfahrzeugen die Rede sei.
36.
Die
beteiligten Regierungen weisen diese Auslegung aus sprachlichen und systematischen Erwägungen zurück. Insbesondere stehe der Erhebung von Gebühren
zur Deckung von Verwaltungskosten ohnehin gemeinschaftsrechtlich nichts entgegen.
C –
Würdigung
37.
Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie erstreckt sich der Anwendungsbereich der Richtlinie auf Verbrauchssteuern – „Umsatzsteuern,
Sonderverbrauchsteuern und sonstige[n] Verbrauchsabgaben“ – die „normalerweise“ „bei der endgültigen Einfuhr persönlicher
Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat“ erhoben werden. Diesen Verbrauchssteuern werden in Artikel 1 Absatz
2 „spezifische und/oder regelmäßige Abgaben für die Benutzung dieser Gegenstände“ gegenübergestellt, für die die Richtlinie
jedenfalls nicht gelten soll. Als Beispiele für solche Abgaben werden ausdrücklich „Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen,
Straßenverkehrsabgaben, Fernsehgebühren“ genannt.
38.
In der Richtlinie wird also offenbar zur Abgrenzung ihres Anwendungsbereichs zwischen (Verbrauchs-) Steuern bzw. Abgaben unterschieden,
die mit der Einfuhr verbunden sind und solchen, die die Benutzung der Gegenstände im Inland betreffen.
39.
Diese Unterscheidung erscheint zunächst auch insofern einleuchtend, als nicht sehr einsichtig wäre, warum ein Gemeinschaftsbürger,
der seinen Wohnsitz dauerhaft in einen anderen Mitgliedstaat verlegt und folglich dort lebt bzw. Gegenstände benutzt, von
Abgaben befreit sein sollte, die an diese Benutzung der Gegenstände in diesem Mitgliedstaat anknüpfen.
40.
Ein direktes mit der Personenfreizügigkeit verbundenes steuerliches Hemmnis ergibt sich dagegen sehr wohl aus Steuern und
Abgaben, die an die Einfuhr der Gegenstände anknüpfen.
41.
Bezüglich der Frage, welche mit der Einfuhr verbundenen Steuern oder Abgaben nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie gemeint
sein könnten, ist aber nicht etwa an Zölle oder zollgleiche Abgaben im Sinne der Artikel 23 EG und 25 EG zu denken, obwohl
es natürlich nach der Rechtsprechung gerade ein Charakteristikum dieser Abgaben darstellt, dass sie aufgrund der Einfuhr,
bzw. weil die Grenze eines Mitgliedstaats überschritten wird, erhoben werden
(11)
. Schon weil derartige finanzielle Belastungen ohnehin primärrechtlich verboten sind und auch keiner Harmonisierungsmaßnahme
gemäß Artikel 99 EG unterliegen können ist klar, dass sich die Richtlinie nicht auf diese bezieht.
42.
Vielmehr sind in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie inländische Abgaben – um den Begriff von Artikel 90 EG aufzugreifen – bzw.
indirekte Steuern oder – genauer gesagt – Verbrauchssteuern angesprochen, welche an die Einfuhr als Steuertatbestand anknüpfen.
43.
Beispiele für solche Steuern kommen einem gegenwärtig vielleicht nicht gleich in den Sinn, man darf aber nicht vergessen,
dass die Richtlinie noch in die Zeit vor Einführung des Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 und der in diesem Zusammenhang erzielten
Fortschritte im Bereich der Beseitigung steuerlicher Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Warenverkehr zurückgeht. Damals
konnten die Mitgliedstaaten noch insbesondere Einfuhrumsatzsteuern oder andere (besondere) Verbrauchssteuern erheben, welche
steuerlich an die Tatsache der Einfuhr einer Ware anknüpften
(12)
.
44.
Was die Mehrwertsteuern betrifft, so wurde als eine Voraussetzung zur Beseitigung der Steuergrenzen durch die Richtlinie 91/680/EWG
(13)
das Prinzip der Besteuerung bei der Einfuhr im innergemeinschaftlichen Handelsverkehr abgeschafft und durch das Konzept der
Erwerbsbesteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip ersetzt. Seither sind Einfuhrumsatzsteuern nur mehr im Rahmen des Handelsverkehrs
mit Drittstaaten gestattet.
45.
Den Mitgliedstaaten bleibt es zwar gemäß Artikel 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie unbenommen, nach ihrem Ermessen
Verbrauchssteuern und andere indirekte Steuern beizubehalten oder einzuführen, sofern diese nicht den Charakter von Umsatzsteuern
im Sinne der Sechsten Richtlinie aufweisen und nicht das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigen
(14)
. Jedoch ist in Bezug auf Verbrauchssteuern – etwa auch bei besonderen Verbrauchssteuern auf Kraftfahrzeuge – in jedem Fall
zu beachten, dass nach Artikel 3 Absatz 3 der so genannten System-Richtlinie 92/12/EWG
(15)
diese Steuern im innergemeinschaftlichen Handel „keine mit dem Überschreiten einer Grenze verbundenen Formalitäten nach sich
ziehen“ dürfen. Damit ist de facto die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, besondere Verbrauchssteuern einzuführen oder beizubehalten,
die steuertatbestandlich auf die Einfuhr bzw. das Verbringen über die Grenze abstellen, zwar erheblich eingeschränkt, aber
nicht gänzlich ausgeschlossen
(16)
.
46.
Ich will diese Überlegungen nicht weiter vertiefen, sie sollen aber überleiten zur Prüfung der Zuordnung einer Steuer mit
den Merkmalen der Autovero zu der in der Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung.
47.
Nach dem AVL knüpft die Autovero steuertatbestandlich an die Zulassung oder die Inbetriebnahme des Fahrzeugs in Finnland an.
48.
Selbst die Kommission sowie Frau Lindfors gehen aber davon aus, dass sich die Steuerbefreiung nach Artikel 1 Absatz 1 der
Richtlinie auf Steuern bezieht, die an die Einfuhr als Steuertatbestand anknüpfen. Sie argumentieren allerdings, die Autovero
müsse trotz der im AVL geregelten Anknüpfungspunkte der Zulassung oder Inbetriebnahme in Wirklichkeit als Steuer angesehen
werden, welche bei der Einfuhr erhoben werde.
49.
In der mündlichen Verhandlung wurde meines Erachtens von der finnischen Regierung überzeugend dargelegt, dass die Steuererklärung
zur Autovero oder deren Bezahlung in der Praxis nicht anlässlich des Grenzübertritts bzw. der Einfuhr erfolgen müsse und dass
sich die von Frau Lindfors beschriebenen Zollformalitäten auf die Einfuhr aus einem Drittstaat beziehen. Aus den praktischen
Verbringungsmodalitäten lässt sich daher nicht schließen, dass es sich bei einer Steuer wie der Autovero tatsächlich um eine
Steuer handelt, die bei oder aufgrund der Einfuhr erhoben wird.
50.
Für gewichtiger halte ich das Vorbringen der Kommission, wonach auch eine Steuer wie die Autovero, welche formal an die Zulassung
oder Inbetriebnahme anknüpft, als bei der Einfuhr erhobene Verbrauchssteuer bzw. Umsatzsteuer im Sinne des Artikels 1 Absatz
1 der Richtlinie anzusehen sei und diese Bestimmung nicht dadurch umgangen werden dürfe, dass ein anderer Steuertatbestand
als die Einfuhr vorgesehen werde.
51.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass – wie es die finnische Regierung mit dem Beispiel eines Kraftfahrzeugs, das in ein Museum
gestellt werden soll, illustriert hat – eine Steuer wie die Autovero nicht wie eine „echte“, auf die Einfuhr erhobene Verbrauchssteuer
wirkt, weil sie trotz der Verbringung nach Finnland nicht oder so lange nicht entsteht, als das Auto dort nicht in Verkehr
gebracht bzw. zugelassen werden soll.
52.
Freilich ließe sich argumentieren, dass es sich bei der Zulassung oder der Inbetriebnahme in Wirklichkeit um einen mit dem
Tatbestand der Einfuhr praktisch vergleichbaren Ersatzanknüpfungspunkt handle, zumal bei den allermeisten Fahrzeugen, die
in einen Mitgliedstaat verbracht werden, davon ausgegangen werden kann, dass das Fahrzeug auch benutzt werden soll.
53.
Der Gerichtshof hatte sich in einem anderen Zusammenhang als dem gegenständlichen in seinem Urteil in der Rechtssache 391/85
ebenfalls mit dem Vorbringen der Kommission auseinander zu setzen, wonach die damals in Belgien geltende Zulassungssteuer
für Neuwagen in Wirklichkeit eine Mehrwertsteuer darstellte. Die belgische Regierung trug u. a. vor, dass die beiden Steuern
deshalb voneinander zu unterscheiden wären, weil sie an unterschiedliche Tatbestände (Lieferung/Zulassung) anknüpften
(17)
.
54.
Der Gerichtshof stellte dazu fest, dass „dies nur dann berücksichtigt werden könnte, wenn die beiden Steuern tatsächlich voneinander
unabhängig wären“. Er verneinte dort im Ergebnis die Eigenständigkeit der Zulassungssteuer, dies jedoch vor dem Hintergrund,
dass in jenem Fall zwischen der Zulassungssteuer und der Mehrwertsteuer über einen Anrechnungsmechanismus ein unmittelbarer
Zusammenhang bestand, der den Unterschied zwischen den jeweiligen Steuertatbeständen der beiden Steuern beseitigte
(18)
.
55.
Im vorliegenden Fall steht die Autovero aber in keinem vergleichbaren Zusammenhang mit einer Mehrwertsteuer, die bei der Einfuhr
zu zahlen wäre. In diesem Lichte erscheint der Unterschied zwischen einer Steuer wie der Autovero und einer aufgrund der Einfuhr
erhobenen Verbrauchssteuer mit Blick auf ihre jeweiligen Steuertatbestände hinreichend relevant, um Erstere hinsichtlich Artikel
1 Absatz 1 der Richtlinie nicht mit Letzterer gleichsetzen zu können.
56.
Ich gehe daher davon aus, dass es sich bei einer Steuer wie der Autovero nicht um eine bei der Einfuhr erhobene Umsatzsteuer,
Sonderverbrauchssteuer oder sonstige Verbrauchsabgabe im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 der Richtlinie handelt. Die vorangegangenen
Ausführungen haben aber auch deutlich gemacht, dass diese Steuerbegriffe nicht scharf zu begrenzen sind und dass die Tatsache
alleine, dass eine Steuer infolge oder als Voraussetzung einer Zulassung erhoben wird, nicht schon ausschließt, dass man diese
auch als eine Art Einfuhr-Verbrauchssteuer betrachten könnte.
57.
In diesem Zusammenhang ist nun auf Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie einzugehen. Aus den seinerzeitigen Entwürfen für die
Richtlinie geht hervor, dass diese ursprünglich nicht im Kommissionsvorschlag enthaltene Bestimmung in die Richtlinie aufgenommen
wurde, um eben dem Wunsch einiger Mitgliedstaaten nach einer Präzisierung des Anwendungsbereichs der Richtlinie Rechnung zu
tragen
(19)
. Diese Bestimmung verweist ausdrücklich auch auf „Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen“, womit nach Ansicht der
hier beteiligten Regierungen Steuern wie die Autovero gemeint sind.
58.
Mich überzeugt das Vorbringen der Kommission, wonach damit lediglich die gegebenenfalls bei der Zulassung zu entrichtenden
Abgaben zur Deckung der Verwaltungskosten gemeint sein sollen, aus mehreren Gründen nicht.
59.
Zum einen hat vor allem die dänische Regierung insbesondere in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf verwiesen, dass
sich diese Ansicht nicht schlüssig auf eine rein wörtliche Auslegung des Artikels 1 Absatz 2 der Richtlinie stützen lässt.
Angesichts der stark unterschiedlichen Vorgangsweisen und Traditionen der Mitgliedstaaten im Bereich der Besteuerung ist diesbezüglich
von vornherein Vorsicht geboten. Mag man etwa im französischen Text einen Anhaltspunkt für die Kommissionsauffassung in der
Unterscheidung zwischen „taxes“ und „droits“ erkennen, so ist ein solcher Anhaltspunkt beispielsweise im deutschen Text mit
den Begriffen „Steuern“ und „Abgaben“ kaum gegeben, weil beide Begriffe durchaus synonym verwendet werden können.
60.
Zum anderen werden die „Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen“ in Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie als ein Beispiel
für Abgaben für die Benutzung von eingeführten Gegenständen genannt. Dies würde bei einer Abgabe
zur Deckung der Verwaltungskosten bzw. zur
Abgeltung der Verwaltungsdienstleistung aber gerade nicht der Fall sein.
61.
Sodann ist festzustellen, dass der Umstand, dass eine Steuer wie die Autovero nicht periodisch sowie (auch in der Höhe) unabhängig
davon zu entrichten ist, in welchem Umfang bzw. wie lange man das Fahrzeug nach der Zulassung tatsächlich benutzt, der Qualifizierung
dieser Steuer als Abgabe für die Benutzung im Sinne der Richtlinie nicht entgegensteht. Dies ergibt sich wohl schon daraus,
dass nach Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie Abgaben im Sinne dieser Bestimmung nicht nur regelmäßige Abgaben sein können (arg.
„spezifische und/oder regelmäßige Abgaben“).
62.
Aus den Akten bzw. den Darstellungen der finnischen Regierung geht hervor, dass eine legale Inbetriebnahme oder Benutzung
eines Fahrzeugs in Finnland grundsätzlich nur nach erfolgter Zulassung erlaubt ist
(20)
. Die Entrichtung der Autovero stellt also jedenfalls eine Voraussetzung dafür dar, dass ein Auto in Finnland (legal) benutzt
werden darf.
63.
Eine derartige Steuer dürfte zu Recht als Abgabe für die Benutzung zu betrachten sein, die gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie
ausdrücklich nicht von deren Anwendungsbereich umfasst ist.
64.
Im Übrigen kann entgegen der von Frau Lindfors vertretenen Auffassung nicht ohne weiteres daraus, dass die Steuerbefreiung
nach der Richtlinie 83/182, welche die bloß vorübergehende Einfuhr von Kraftfahrzeugen betrifft, auch Zulassungssteuern umfasse,
geschlossen werden, dass solche Steuern auch von der Steuerbefreiung nach der Richtlinie 83/183 umfasst sein sollten, welche
die endgültige Einfuhr des Fahrzeugs betrifft.
65.
Die Verfahrensbeteiligten haben ferner den Kommissionsvorschlag für eine Nachfolgeregelung zu diesen Richtlinien angesprochen,
gemäß dem sich das Verbot der Besteuerung nunmehr ausdrücklich auf Zulassungssteuern bzw. auf die Autovero erstreckt
(21)
. Nach den Begründungserwägungen zu schließen, zielt der Vorschlag darauf ab, bestehende Probleme bezüglich der Besteuerung
von Kraftfahrzeugen im Anschluss an eine Verlegung des Wohnsitzes zu beseitigen, sodass offenbar in diesem Vorschlag eher
davon ausgegangen wird, dass sich die Steuerbefreiung nach der gegenwärtigen Richtlinie (noch) nicht auf Zulassungssteuern
bezieht
(22)
. Ein sicherer Anhaltspunkt für die Auslegung der Bedeutung der gegenwärtigen Richtlinie lässt sich daraus freilich in Wirklichkeit
nicht gewinnen.
66.
Schließlich ist auf das Vorbringen der Kommission einzugehen, wonach die Richtlinie im Lichte der mit der Steuerharmonisierung
verfolgten Ziele bzw. der Grundfreiheiten auszulegen sei.
67.
Sicherlich gilt genauso wie für die Richtlinie 83/182 auch für diese Richtlinie, dass „die Bestimmungen der Richtlinie unter
Berücksichtigung der mit der Harmonisierung im Mehrwertsteuerbereich verfolgten grundlegenden Ziele wie der Förderung der
Freizügigkeit und des freien Warenverkehrs sowie des Verbotes der Doppelbesteuerung auszulegen“ sind
(23)
.
68.
Allerdings können sich daraus meines Erachtens keine Folgerungen auf der Grundlage der Richtlinie in Bezug auf mit der Zulassung
verbundene Kraftfahrzeugsteuern wie die Autovero ergeben, welche, wie oben dargelegt, vom Anwendungsbereich der Richtlinie
ausgenommen sind.
69.
Außerdem gilt das von der Kommission ins Treffen geführte Verbot der Doppelbesteuerung – welches, wie aus der genannten Rechtsprechung
hervorgeht
(24)
, ein Ziel der Harmonisierung im Bereich der Mehrwertsteuern darstellt – nicht automatisch in Bezug auf jede Steuerart.
70.
Für den Bereich der Besteuerung von Kraftfahrzeugen hat der Gerichtshof vielmehr in seinem Urteil in der Rechtssache Cura
Anlagen festgestellt, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Steuerhoheit auf diesem Gebiet frei sind und dass die
Zulassung als „natürliche Folge der Ausübung dieser Steuerhoheit“ erscheint. Die Mitgliedstaaten „können sich über die Abgrenzung
dieser Steuerhoheit ... verständigen und miteinander Abkommen schließen, um sicherzustellen, dass ein Fahrzeug nur in einem
der Vertragsstaaten eines solchen Abkommens einer indirekten Besteuerung unterliegt“
(25)
.
71.
Daraus geht hervor, dass beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf mit der Zulassung verbundene Steuern
– wie die Autovero – Folgen mangelnder Harmonisierung in diesem Bereich wie die Doppelbesteuerung in Kauf genommen werden
müssen – allenfalls wäre eine solche mit auf freiwilliger Basis getroffenen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu verhindern.
72.
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 1 der Richtlinie nicht der Erhebung einer Steuer wie der
Autovero entgegensteht, die auf Kraftfahrzeuge erhoben wird, welche aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat
als Umzugsgut eingeführt werden.
V – Ergebnis
73.
Daher wird dem Gerichtshof vorgeschlagen, auf die Vorlagefrage wie folgt zu antworten:
Artikel 1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher
Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat ist dahin auszulegen, dass er der Erhebung einer Steuer wie der Kraftfahrzeugsteuer
gemäß dem Autoverolaki nicht entgegensteht, die auf Kraftfahrzeuge erhoben wird, welche aus einem Mitgliedstaat in einen anderen
Mitgliedstaat als Umzugsgut eingeführt werden.
1 –
Originalsprache: Deutsch.
2 –
ABl. L 105, S. 64.
3 –
So werden diese abweichend von der allgemeinen Regel auch im Falle eines Erwerbs durch Privatpersonen nach dem Bestimmungslandprinzip
versteuert: siehe Artikel 28a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
(ABl. L 145, S. 1), im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie.
4 –
Vgl. das Urteil vom 21. März 2002 in der Rechtssache
C-451/99 (Cura Anlagen, Slg. 2002, I-3193, Randnr. 40).
5 –
Einen nützlichen Überblick bietet diesbezüglich die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom
6. September 2002 über die Besteuerung von Personenkraftwagen in der Europäischen Union – Handlungsmöglichkeiten auf nationaler
und gemeinschaftlicher Ebene, KOM(2002) 431 endg., sowie eine von der TIS/PT (Consultores em Transportes Inovaçao e Sistemas,
S.A.) für die Kommission erstellte Studie über die Kraftfahrzeugbesteuerung in den EU-Mitgliedstaaten vom Januar 2002, im
Internet abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/taxation/car_taxes/vehicle_tax_study_15-02-2002.pdf.
6 –
Schlussanträge vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache
C-101/00 (Siilin, Urteil vom 19. September 2002, Slg. 2002, I-7487).
7 –
Schussanträge von Generalanwalt Tizzano vom 3. Juli 2003 in der Rechtssache
C-387/01 (Weigel, noch nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht, Nrn. 40 bis 56).
8 –
ABl. L 105, S. 59.
9 –
KOM(1998) 30 endg. (ABl. C 108, S. 75), in der geänderten Fassung des Vorschlags KOM(1999) 165 endg. (ABl. C 145, S. 6).
10 –
Schlussanträge, zitiert in Fußnote 7.
11 –
Vgl. u. a. das Urteil vom 17. Juni 2003 in der Rechtssache
C-383/01 (De Danske Bilimportører, Slg. 2003, I-6065, Randnr. 34).
12 –
Vgl. für ein Beispiel etwa die belgische, auch auf Kraftfahrzeuge erhobene Einfuhrumsatzsteuer, um die es im Urteil vom 3.
Oktober 1985 in der Rechtssache 249/84 (Profant, Slg. 1985, 3237) ging.
13 –
Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung
der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1).
14 –
Siehe u. a. die Urteile vom 13. Juli 1989 in den verbundenen Rechtssachen 93/88 und 94/88 (Wisselink, Slg. 1989, 2671, Randnr.
17) und vom 8. Juli 1986 in der Rechtssache 73/85 (Kerrutt, Slg. 1986, 2219, Randnr. 22).
15 –
Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle
verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1).
16 –
Vgl. dazu auch Jatzke,
Das neue Verbrauchsteuerrecht im EG-Binnenmarkt, Steuerrecht 1 (1993), 41 (42). Siehe für ein Beispiel einer auf Fahrzeuge u. a. bei der Einfuhr erhobenen besonderen Verbrauchssteuer
das Urteil vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache
C-375/95 (Kommission/Griechenland, Slg. 1997, I-5981).
17 –
Urteil vom 4. Februar 1988 in der Rechtssache 391/85 (Kommission/Belgien, Slg. 1988, 579, Randnrn. 14 und 22).
18 –
Ebendort, Randnr. 25.
19 –
Internes Dokument Nr. 6205/79 der Ratsarbeitsgruppe Finanzen vom 23. April 1979, S. 3, mit Genehmigung des Rates von der dänischen
Regierung als Beilage zu ihrer Stellungnahme vorgelegt.
20 –
So gesehen könnte es sich bei der Inbetriebnahme im Verkehr in Finnland um einen Alternativsteuertatbestand handeln, der jedenfalls
sicherstellt, dass die Steuerschuld gemäß dem Autoverolaki auch dann bzw. schon dann entsteht, wenn das Fahrzeug etwa entgegen
den Vorschriften ohne Zulassung in den Verkehr gebracht worden ist.
21 –
Siehe Artikel 1 in Verbindung mit Anhang I des Kommissionsvorschlags.
22 –
In diesem Sinne auch Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache
C-387/01 (zitiert in Fußnote 7), Nrn.
51 und 52.
23 –
Urteil vom 29. Mai 1997 in der Rechtssache
C-389/95 (Klattner, Slg. 1997, I-2719, Randnr. 25); vgl. u. a. auch die Urteile
in der Rechtssache 249/84 (zitiert in Fußnote 12), Randnr. 25, vom 6. Juli 1988 in der Rechtssache 127/86 (Ledoux, Slg. 1988,
3741, Randnr. 11) und vom 23. April 1991 in der Rechtssache
C-297/89 (Ryborg, Slg. 1991, I-1943, Randnr. 13).
24 –
Siehe Fußnote 23.
25 –
Siehe das Urteil in der Rechtssache
C-451/99 (zitiert in Fußnote 4), Randnrn. 40 und 41.