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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 8. September 2005(1)

Rechtssache C-169/04

Abbey National plc und Inscape Investment Fund (joined party)

gegen

Commissioners of Customs & Excise

(Vorabentscheidungsersuchen des VAT and Duties Tribunal, London)

„Mehrwertsteuer – Befreiung der Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften – Begriff der Verwaltung“





I –    Einleitung

1.     Was umfasst der Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds? Das ist die zentrale Frage dieses Vorabentscheidungsersuchens des VAT and Duties Tribunal (London). Nach der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG (im Folgenden: Sechste Richtlinie)(2) sind die Umsätze im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds nämlich von der Mehrwertsteuer befreit. Die im Ausgangsrechtsstreit betroffenen Investmentfonds bzw. Investmentgesellschaften der Abbey National’s VAT group möchten erreichen, dass die Befreiung auch auf bestimmte Leistungen angewandt wird, die sie an Dritte ausgelagert haben.

2.     Dabei ist zu klären, inwieweit die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)(3) bei der Auslegung der mehrwertsteuerrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen ist. Die Richtlinie 85/611 harmonisiert die nationalen Vorschriften über bestimmte Investmentfonds und enthält insbesondere eine Definition dessen, was als Verwaltung eines Fonds anzusehen ist.

3.     Die Richtlinie 85/611 enthält darüber hinaus eine Reihe struktureller Vorgaben für OGAW, die einen wichtigen Hintergrund für das Verständnis der Aufgaben und Funktionsweise dieser Geldanlage-Instrumente bilden. Grundsätzlich kennt die Richtlinie 85/611 zwei Formen von OGAW. Zum einen gibt es Sondervermögen, die durch einen Vertrag geschaffen wurden und keine Rechtspersönlichkeit besitzen (Investmentfonds). Im Vereinigten Königreich haben diese Fonds häufig die Rechtsform des unit trust(4). Zum anderen existieren Investmentgesellschaften, die als eigene juristische Personen nach den Regeln des Gesellschaftsrechts gegründet worden sind.

4.     Mangels eigener Rechtspersönlichkeit bedürfen Investmentfonds einer Verwaltungsgesellschaft, die ihre Geschäfte führt. Demgegenüber sind Investmentgesellschaften juristische Personen, die sich auch selbst verwalten können und nicht unbedingt eine gesonderte Verwaltungsgesellschaft benötigen. Allerdings verfügen sie nach den Bestimmungen des Vereinigten Königreichs über einen authorised corporate director (ACD). Diese Aufgabe nehmen meist Gesellschaften wahr, so dass ihre Struktur der eines Investmentfonds mit einer Verwaltungsgesellschaft ähnelt.

5.     Die wichtigste Aufgabe der Fondsverwaltung besteht in der Festlegung der Anlagepolitik einschließlich der Entscheidung über den An- und Verkauf konkreter Wertpapiere. Daneben muss die Verwaltungsgesellschaft buchhalterische und abrechnungstechnische Aufgaben erledigen. Das Vorabentscheidungsersuchen wirft die Frage auf, ob diese letztgenannten Tätigkeiten, wenn sie an Dritte ausgelagert werden, noch als befreiter Umsatz im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investmentfonds oder einer Investmentgesellschaft angesehen werden können.

6.     Eine weitere Frage betrifft die Einordnung der Tätigkeit der Verwahrstelle. Sowohl Investmentfonds als auch Investmentgesellschaften(5) müssen ihr Vermögen einem Dritten in Verwahrung geben. Im Fall des unit trust nimmt der Treuhänder (trustee) die Aufgabe der Verwahrstelle wahr. In der Praxis fungieren meist Banken als Verwahrstelle. Die Verwahrstelle wickelt die Aufträge der Verwaltungsgesellschaft ab. Daneben hat sie bestimmte Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse. Sie muss insbesondere darüber wachen, dass die Transaktionen mit den in ihrer Verwahrung befindlichen Vermögensgegenständen ordnungsgemäß verbucht werden. Auch im Hinblick auf die Leistungen der Verwahrstelle stellt sich die Frage, ob es sich dabei um die von der Mehrwertsteuer befreite Verwaltung eines Investmentfonds handelt.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsrecht

7.     Gemäß Artikel 13 Teil B der Sechsten Richtlinie

„befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

d)      die folgenden Umsätze:

3.      die Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einbeziehung von Forderungen,

5.      die Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung – die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von

–       Warenpapieren,

–       Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Artikel 5 Absatz 3,

6.      die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften;

…“

8.     In Artikel 1 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 85/611(6) werden Investmentfonds wie folgt definiert:

„(2) Vorbehaltlich des Artikels 2 sind im Sinne dieser Richtlinie als OGAW [Organismen für die gemeinsame Anlage in Wertpapieren] diejenigen Organismen anzusehen,

–       deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Artikel 19 Absatz 1 genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren, und

–       deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen ein OGAW sicherstellen will, dass der Kurs seiner Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht.

(3) Diese Organismen können nach einzelstaatlichem Recht die Vertragsform (von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds), die Form des Trust (‚unit trust‘) oder die Satzungsform (Investmentgesellschaft) haben.

Im Sinne dieser Richtlinie gilt ein ‚unit trust‘ als Investmentfonds.“

9.     Artikel 4 der Richtlinie 85/611 regelt die Voraussetzungen für die Zulassung eines OGAW durch die Behörden eines Mitgliedstaats. Aus Absatz 2 der Vorschrift ergibt sich insbesondere, dass ein Investmentfonds in Vertragsform über eine Verwaltungsgesellschaft und eine davon getrennte Verwahrstelle verfügen muss. Eine Investmentgesellschaft bedarf nur einer Verwahrstelle.

10.   Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 85/611 verweist für die Beschreibung der Verwaltung von Investmentfonds und Investmentgesellschaften auf die nicht abschließende Liste der Aufgabe in Anhang II(7), der wie folgt lautet:

„Aufgaben, die in die gemeinsame Portfolioverwaltung einbezogen sind

–       Anlageverwaltung

–       Administrative Tätigkeiten:

a)      gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen

b)      Kundenanfragen

c)      Bewertung und Preisfestsetzung (einschließlich Steuererklärungen)

d)      Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften

e)      Führung des Anteilinhaberregisters

f)      Gewinnausschüttung

g)      Ausgabe und Rücknahme von Anteilen

h)      Kontraktabrechnungen (einschließlich Versand der Zertifikate)

i)      Führung von Aufzeichnungen

–       Vertrieb.“

11.   Nach Artikel 5 g der Richtlinie 85/611 können die Mitgliedstaaten es den Verwaltungsgesellschaften gestatten, eine oder mehrere ihrer Aufgaben an Dritte zu übertragen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Es muss insbesondere gesichert sein, dass die Übertragung der Aufgaben die Aufsicht über die Verwaltungsgesellschaft nicht gefährdet und dass die Aufgaben ordnungsgemäß durchgeführt werden.

12.   Nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 85/611 ist die Verwahrung des Vermögens des Investmentfonds einer Verwahrstelle zu übertragen. Die Pflichten dieser Stelle konkretisiert Artikel 7 Absatz 3 wie folgt:

„Die Verwahrstelle muss außerdem

a)      dafür sorgen, dass der Verkauf, die Ausgabe, die Rücknahme, die Auszahlung und die Aufhebung der Anteile, die für Rechnung des Investmentfonds oder durch die Verwaltungsgesellschaft vorgenommen werden, den gesetzlichen Vorschriften oder Vertragsbedingungen des Investmentfonds gemäß erfolgt;

b)      dafür sorgen, dass die Berechnung des Wertes der Anteile den gesetzlichen Vorschriften oder Vertragsbedingungen gemäß erfolgt;

c)      den Weisungen der Verwaltungsgesellschaft Folge leisten, es sei denn, dass sie gegen die gesetzlichen Vorschriften oder die Vertragsbedingungen des Investmentfonds verstoßen;

d)      dafür sorgen, dass ihr bei Geschäften, die sich auf das Vermögen des Investmentfonds beziehen, der Gegenwert innerhalb der üblichen Fristen übertragen wird;

e)      dafür sorgen, dass die Erträge des Investmentfonds gemäß den gesetzlichen Vorschriften und den Vertragsbedingungen des Investmentfonds verwendet werden.“

13.   Gemäß Artikel 9 der Richtlinie 85/611 haftet die Verwahrstelle nach dem Recht des Sitzes der Verwaltungsgesellschaft für schuldhafte Pflichtverletzungen.

14.   Für die Verwahrstelle einer Investmentgesellschaft stellen die Artikel 14 und 16 der Richtlinie 85/611 ähnliche Regelungen wie die Artikel 7 und 9 auf.

15.   Nach Artikel 10 der Richtlinie 85/611 dürfen die Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle nicht von derselben Gesellschaft wahrgenommen werden. Entsprechendes gilt nach Artikel 17 für Investmentgesellschaften und deren Verwahrstelle.

B –    Nationales Recht

16.   Im Vereinigten Königreich wurde die in der Sechsten Richtlinie vorgesehene Befreiung der Verwaltung von Investmentfonds und -gesellschaften durch die Items 9 und 10, Group 5, Schedule 9 des Value Added Tax Act 1994 (Mehrwertsteuergesetz von 1994) durchgeführt. Die Regelung gilt für „Authorised unit trusts“ (zugelassene Investmentfonds) oder „Trust based schemes“ (Investmentfonds) (Item 9) sowie für Open-Ended Investment Companies (OEIC, Investmentgesellschaften) (Item 10).

17.   Die Bestimmungen des Mehrwertsteuergesetzes von 1994 nehmen dabei für die Definition dieser Organismen auf Section 236 und Section 237 des Financial Services and Markets Act 2000 (Gesetz über finanzielle Dienstleitungen und Märkte von 2000, FSMA) Bezug. Der FSMA setzt die Richtlinie 85/611 in nationales Recht um. Weitere Bestimmungen finden sich im Collective Investment Schemes Sourcebook of the Financial Services Authority (CIS-Quellenverzeichnis). Schließlich gibt es noch spezielle Vorschriften für Investmentgesellschaften in den Open-Ended Investment Companies Regulations 2001 (Verordnung von 2001 über die offenen Investmentgesellschaften, OEIC-Regulations).

18.   Weitere, die Pflichten aus der Richtlinie ergänzende Aufgaben werden der Verwahrstelle bzw. dem Treuhänder im CIS-Quellenverzeichnis auferlegt. Im Zentrum dieser Bestimmungen steht das Ziel, die Interessen der Verbraucher bzw. der Investoren zu schützen. Das vorlegende Gericht nennt im Einzelnen folgende Aufgaben:

1)      Der Treuhänder kann nach Absprache mit dem Verwalter kleinere Änderungen der Prospekte (einschließlich Änderungen, die die Anlageziele betreffen) genehmigen;

2)      er muss Anteile gemäß den Anweisungen des Verwalters unmittelbar nach deren Erhalt ausgeben;

3)       er muss dem Verwalter seine Bedenken mitteilen und muss es ablehnen, Anteile auszugeben oder aufzuheben, wenn er der Meinung ist, dass die Ausgabe oder Aufhebung gegen eine Ausgabebeschränkung verstoßen oder nicht im Interesse der Anteilinhaber liegen würde;

4)      er kann bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände den Verwalter ermächtigen oder anweisen, die Ausgabe, die Aufhebung, den Verkauf oder die Auszahlung von Anteilen auszusetzen;

5)      er muss unter Anwendung angemessener Sorgfalt bestimmen, ob eine Gegenleistung für die Ausgabe von Anteilen, die nicht in Bargeld besteht, geeignet ist, bereits existierende oder potenzielle Anteilinhaber zu schädigen;

6)      er kann die Anteile eines Anteilinhabers für nichtig erklären, wenn dieser dem Verwalter oder dem Treuhänder geschuldete Beträge nicht zahlt;

7)      er muss ein Verzeichnis der Anteilinhaber führen;

8)      er kann eine Versammlung der Anteilinhaber einberufen;

9)      er muss zu der Frage gehört werden, welche Märkte außerhalb der Europäischen Union für das Investment in Frage kommen;

10)      er muss die vom Fondsverwalter vorgeschlagenen Bedingungen von „Stock lending transactions“ akzeptieren und dafür sorgen, dass vor deren Abschluss angemessene akzessorische Sicherheiten gestellt werden;

11)      er muss die Bedingungen für derivative außerbörsliche Geschäfte genehmigen;

12)      er kann der Ausübung von Rechten, die mit einer Investition des zugelassenen Investmentfonds zusammenhängen (wie z. B. das Recht, eine Bezugsrechtsausgabe zu zeichnen), durch den Verwalter zustimmen, wenn die Ausübung andernfalls zu einer Verletzung der Beschränkungen des Umfangs der Bestände führen würde;

13)      er kann nach Absprache mit dem Verwalter entscheiden, ob er ein Stimmrecht ausüben will, das mit einem Anlagevermögen verbunden ist, das in Anteilen an anderen gemeinsamen Anlageprogrammen besteht, die vom Verwalter oder seinen Gesellschaftern verwaltet oder anderweit betreut werden, oder aber in Anteilen an einem zugelassenen Investmentfonds, die zum Anlagevermögen eines Feeder Fund gehören, der vom Verwalter oder einem Gesellschafter des Verwalters verwaltet oder anderweit betreut wird;

14)      er muss unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt sicherstellen, dass der Verwalter bei der Vornahme von Rückstellungen für Dilution Levies und für die Stamp Duty Reserve Tax alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat;

15)      er kann auf Anweisung des Verwalters notwendige Fremdmittel für den Gebrauch durch den Fonds aufnehmen;

16)      er muss geeignete Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die korrekten Verfahren und Methoden für die Festsetzung der Preise der Anteile zutreffend festgelegt werden und dass ausreichende Unterlagen aufbewahrt werden;

17)      er muss bei drohenden Interessenkonflikten beim Handel mit Fondseigentums einen unabhängigen Schätzer auswählen oder bestätigen;

18)      er kann auf Ersuchen des Verwalters einen anderen als den im CIS-Quellenverzeichnis vorgesehenen Umtauschkurs für die Bewertung von Eigentum billigen, das andernfalls in einer anderen Währung und nach anderen Methoden der Eigentumsbewertung bewertet würde;

19)      er kann nach Absprache mit dem Verwalter beschließen, die jährliche Zuordnung des Eigentums nicht vorzunehmen, wenn der im Durchschnitt zugeordnete Wert nach seiner Überzeugung weniger als 10 GBP betragen würde;

20)      er muss unter Berücksichtigung des auf Treuhandverhältnisse anwendbaren Rechts entscheiden, ob Zahlungen aus dem Anlagevermögen für Darlehen betreffende Zinsen und Belastungen oder für das Anlagevermögen betreffende Abgaben und Steuern aus dem Kapitalkonto oder aus dem Einkommenskonto bezahlt werden sollen;

21)      wenn ein zugelassener Investmentfonds mehr als eine Klasse von Anteilen besitzt und ein Anteilinhaber die Umwandlung von einer Klasse von Anteilen in eine andere verlangt, bestimmt der Verwalter die angemessene Anzahl der für den Anteilinhaber auszugebenden Anteile der neuen Klasse; er muss jedoch zuvor den Treuhänder konsultieren;

22)      wenn ein Anteilinhaber die Auszahlung oder Aufhebung von Anteilen verlangt, kann der Verwalter veranlassen, dass die betreffenden Anteile als Gegenleistung für einen Teil des Vermögens des Fonds anstelle der Zahlung von Bargeld aufgehoben werden. In diesen Fällen muss der Treuhänder hinsichtlich der Wahl des zu übertragenden Anlagevermögens konsultiert werden;

23)      der Treuhänder kann vom Verwalter verlangen, Eigentum zu veräußern (oder zu kaufen), wenn ein bestimmter Kauf oder Verkauf von Eigentum durch den Verwalter die diesem vom CIS-Quellenverzeichnis übertragenen Befugnisse überschreitet oder wenn die Verwahrungsabmachungen für die Eigentumsurkunden inadäquat sind;

24)      der Treuhänder muss der Änderung der Anzahl der Anteile zustimmen, die ausgegeben oder aufgehoben werden, um Irrtümer bezüglich der Anzahl der Anteile, die der Verwalter in seiner „Box“(8) hält, zu berichtigen;

25)      er muss die FSA sofort von schweren Verstößen gegen die im CIS-Quellenverzeichnis enthaltenen Regeln unterrichten;

26)      er kann den Verwalter unter bestimmten Umständen durch schriftliche Erklärung entlassen, u. a. wenn der Verwalter in Konkurs fällt oder ein Konkursverwalter benannt wird oder „wenn der Treuhänder aus guten und ausreichenden Gründen der Meinung ist und schriftlich darlegt, dass ein Wechsel des Verwalters im Interesse der Anteilinhaber wünschenswert ist“. Nach der Entlassung des Verwalters muss der Treuhänder einen neuen Verwalter bestellen;

27)      er muss seine Zustimmung erteilen, wenn der Verwalter zugunsten eines anderen Verwalters zurücktreten möchte.

19.   Für die Verwahrstelle einer Investmentgesellschaft (depositary) stellt das CIS-Quellenverzeichnis weitgehend die gleichen Pflichten auf, wobei sich die Kontrolle und Mitwirkung hier auf die Handlungen des ACD bezieht. Außerdem entfallen die Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausgabe von units.

III – Sachverhalt und Vorlagefragen

20.   Abbey National plc (Abbey National), die Klägerin im Ausgangsrechtsstreit, bildet für die Zwecke der Erhebung der Mehrwertsteuer gemeinsam mit einer Reihe ihrer Tochtergesellschaften eine Gruppe, die Abbey National’s VAT Group. Mitglieder der Gruppe sind die Abbey National Unit Trust Managers Limited (ANUTM), Scottish Mutual Investment Managers Limited (SMIM), Abbey National Asset Managers Limited (ANAM) und Inscape Investments Limited (Inscape). Diese Gesellschaften sind Verwalter von OGAW.

21.   Die Treuhänder (Verwahrstellen) dieser OGAW sind Clydesdale Bank plc (CB), Citicorp Trustee Company Limited (CTCL) bzw. HSBC Bank plc (HSBC). Sie berechnen für ihre Tätigkeiten als Treuhänder eine allgemeine Treuhandgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer. Diese Gebühr umfasst nicht die Gegenleistung für die Tätigkeit als Depotbank (custodian). CB und HSBC stellen hierfür gesonderte Gebühren in Rechnung. CTCL nimmt diese Aufgabe nicht selbst war, sondern bedient sich eines Dritten als Depotbank. Abbey National wendet sich gegen die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Treuhandgebühr, da sie die Tätigkeit des Treuhänders als befreiten Umsatz im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie ansieht.

22.   Inscape Investment Fund, eine offene Investmentgesellschaft, deren ACD Inscape ist, klagt ebenfalls dagegen, dass die Leistungen ihrer Verwahrstelle CTCL mit Mehrwertsteuer belastet werden. Dabei bezieht sich der Streit auch hier nicht auf die Gegenleistung für die Depotbankaufgaben im engeren Sinne, die nicht von CTCL erbracht werden, sondern einer weltweit agierenden Unterdepotbank (global sub-custodian) übertragen worden sind. Die Unterdepotbank erhält für ihre Leistungen unmittelbar von Inscape eine gesonderte Vergütung.

23.   Inscape übertrug zudem einige der Aufgaben, zu deren Verrichtung sie als Verwaltungsgesellschaft gesetzlich verpflichtet war, auf die Bank of New York Europe Limited (BNYE) und später auf die Bank of New York (BNY). BNYE und BNY stellten Inscape für diese Leistungen Mehrwertsteuer in Rechnung. Auch dies beanstandet Abbey National.

24.   Nach dem Vertrag zwischen Inscape und BNYE sollte Letztere zum einen die Fonds-Buchhaltung übernehmen, also u. a. die Errechnung des aktuellen Wertes der Fondsanteile sowie der Ausschüttung und der Rendite, die Führung von Geschäftsbüchern, die Zusammenstellung der Angaben für periodisch zu veröffentlichende Erklärungen und für die Rechnungslegung, die Erstellung von Steuerunterlagen und die Abgabe von Erklärungen an das Statistikamt und die Bank von England. Zum anderen sollte BNYE eine Reihe weiterer Dienstleistungen erbringen, wie etwa die Schaffung und Bewertung von Unterfonds, die Abstimmung und die Verwaltung der Konten und Zahlungen des Fonds sowie die Schätzung der Verwaltungskosten, die als so genannte dilution levy auf ausscheidende und hinzukommende Anteilseigner umgelegt werden.

25.   Das mit dem Rechtsstreit befasste VAT and Duties Tribunal, London, hat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 29. März 2004 folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Artikel 234 EG vorgelegt:

„1.      Bedeutet die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Befreiung der ‚Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften‘, dass die Mitgliedstaaten außer der Befugnis, die Sondervermögen zu definieren, die in den Genuss der Befreiung kommen können, auch die Befugnis haben, die zur ‚Verwaltung‘ der Sondervermögen gehörenden Tätigkeiten zu definieren?

2.       Sind für den Fall, dass die erste Frage zu verneinen ist und der Begriff ‚Verwaltung‘ in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie unter Berücksichtigung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-Richtlinie) in der geänderten Fassung eine eigenständige gemeinschaftsrechtliche Bedeutung hat, Gebühren für Dienstleistungen, die eine Verwahrstelle oder ein Treuhänder gemäß den Artikeln 7 und 14 der OGAW-Richtlinie, den nationalen Vorschriften und den anwendbaren Vertragsbedingungen erbringt, befreite Lieferungen der ‚Verwaltung von ... Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften‘ im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie?

3.      Ist für den Fall, dass die erste Frage zu verneinen ist und der Begriff ‚Verwaltung‘ eine eigenständige gemeinschaftsrechtliche Bedeutung hat, die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Befreiung der ‚Verwaltung von ... Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften‘ auf Dienstleistungen anwendbar, die ein außenstehender Verwalter in Form von administrativen Tätigkeiten bei der Fondsverwaltung erbringt?“

26.   In dem Verfahren vor dem Gerichtshof haben Abbey National, die Regierungen des Vereinigten Königreichs und Luxemburgs sowie die Kommission Stellung genommen. Ihr Vorbringen wird – soweit erforderlich – im Rahmen der rechtlichen Würdigung wiedergegeben.

IV – Rechtliche Würdigung

A –    Vorbemerkung zur Anwendung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie auf Investmentgesellschaften

27.   In einem Investmentfonds wird das Geld einer großen Zahl von Anlegern zusammengefasst und in Wertpapiere der verschiedensten Art, aber auch in andere Gegenstände wie Immobilien oder Waren investiert. Für Anleger hat dies gegenüber dem unmittelbaren Erwerb von Wertpapieren den Vorteil, dass das Risiko breiter gestreut und dass die Auswahl der Investitionen von hoch spezialisierten Fachleuten vorgenommen wird. Allerdings haben die Dienstleistungen, die bei dieser Form der Geldanlage erbracht werden, auch ihren Preis.

28.   Die Vergütung für die Verwaltung eines Investmentfonds ist von der Mehrwertsteuer befreit. Dadurch soll insbesondere Kleinanlegern der Zugang zu dieser Anlageform erleichtert werden.(9) Wegen des geringen Anlagevolumens, über das sie verfügen, ist es ihnen nämlich nur eingeschränkt möglich, ihr Geld breit gestreut unmittelbar in Wertpapieren anzulegen. Zudem verfügen sie oftmals nicht über die nötigen Kenntnisse für den Vergleich und die Auswahl der Wertpapiere.

29.   Die Befreiung dient ferner dazu, Wettbewerbsverzerrungen zwischen fremd verwalteten Investmentfonds und selbst verwalteten Investmentgesellschaften vorzubeugen.(10) Investmentfonds können sich mangels eigener Rechtspersönlichkeit nicht selbst verwalten und müssen sich einer externen Verwaltungsgesellschaft bedienen. Die Dienste, die die Verwaltungsgesellschaft dem Investmentfonds leistet, wären nach den allgemeinen Regeln an sich steuerpflichtig. Dagegen fallen bei einer selbst verwalteten Investmentgesellschaft normalerweise keine steuerpflichtigen Umsätze im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie an, da hinsichtlich der Verwaltungstätigkeit keine Leistungsbeziehung zwischen zwei selbständigen Steuerpflichtigen besteht. Ohne die Befreiung in Nummer 6 wären fremd verwaltete Investmentfonds also mit einem zusätzlichen Kostenfaktor belastet und damit gegenüber selbst verwalteten Investmentgesellschaften im Nachteil.

30.   Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie bezieht sich dementsprechend seinem Wortlaut nach auch nur auf die Verwaltung von Sondervermögen (englische Fassung: special investment funds) durch Kapitalanlagegesellschaften und erwähnt selbst verwaltete Investmentgesellschaften nicht.

31.   Dies wirft die Frage auf, ob die Vorschrift überhaupt auf Letztere anwendbar ist, wenn sie Verwaltungsleistungen auslagern. Wäre dies aufgrund des Wortlauts abzulehnen, könnte sich Abbey National im vorliegenden Fall nur in Bezug auf die unit trusts(11) auf die Befreiung berufen, nicht aber im Zusammenhang mit Leistungen zugunsten des Inscape Investment Fund, bei dem es sich um eine Investmentgesellschaft handelt.

32.   Bei näherer Betrachtung bleibt jedoch nur insoweit kein Raum für die Anwendung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie, als eine Investmentgesellschaft sich tatsächlich selbst verwaltet. Bezieht eine Investmentgesellschaft dagegen Verwaltungsleistungen von Dritten, so befindet sie sich in derselben Lage wie ein Investmentfonds in Vertragsform und sollte aus Gründen der Wettbewerbsneutralität gegebenenfalls im selben Umfang in den Genuss der Steuerbefreiung kommen.(12)

33.   Unterstellt man, dass ausgelagerte Verwaltungsleistungen überhaupt unter den Befreiungstatbestand nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie subsumiert werden können, so kann es nämlich keinen Unterschied machen, ob eine selbst verwaltete Investmentgesellschaft oder die Verwaltungsgesellschaft eines Investmentfonds diese Leistungen an Dritte übertragen hat. Wenn daher im Folgenden ohne nähere Einschränkung von Investmentfonds die Rede ist, so gelten die Ausführungen für Investmentgesellschaften entsprechend.

B –    Zur erste Vorlagefrage

34.   Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das VAT and Duties Tribunal wissen, ob es der Definition durch das nationale Recht unterliegt, was als Verwaltung eines Sondervermögens im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie anzusehen ist, oder ob dies ein autonomer gemeinschaftsrechtlicher Begriff ist.

35.   Allein das Vereinigte Königreich vertritt hierzu die These, dass diese Bestimmung nicht nur im Hinblick auf die Anerkennung der Investmentfonds auf die Mitgliedstaaten verweist, sondern ihnen auch die Definition dessen überlässt, was als Verwaltung von Investmentfonds anzusehen ist. Alle übrigen Beteiligten halten den Begriff der Verwaltung dagegen für einen gemeinschaftsrechtlichen Begriff.

36.   Nach ständiger Rechtsprechung stellen die in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar und erfordern daher eine gemeinschaftsrechtliche Definition.(13) Dies gilt jedoch nicht, wenn der Rat die Mitgliedstaaten in der Richtlinie gerade mit der Bestimmung einiger Begriffe einer Befreiungsvorschrift betraut hat.(14) Im vorliegenden Fall ist nicht ganz klar, welche Elemente des Befreiungstatbestandes in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie der Rat der Definition durch die Mitgliedstaaten vorbehalten wollte.

37.   Für die vom Vereinigten Königreich vertretene Auslegung findet sich ein gewisser Anhaltspunkt in der englischen Fassung der Bestimmung: „management of special investment funds as defined by Member States“. Ähnlich wie die niederländische Fassung(15) kann diese Sprachfassung so verstanden werden, dass sich „as defined“ nicht nur auf special investment funds, sondern auf den gesamten Ausdruck management of special investment funds bezieht.

38.   Die übrigen Sprachfassungen(16) stützen die Interpretation des Vereinigten Königreichs allerdings nicht. Sie verdeutlichen vielmehr, dass den Mitgliedstaaten allein die Befugnis zur Anerkennung der Investmentfonds zugewiesen wird, wobei diese Befugnis mittlerweile durch die Richtlinie 85/611 überlagert wird.

39.   Wenn die verschiedenen Sprachfassungen eines Rechtsaktes voneinander abweichen oder jedenfalls Raum für abweichende Auslegungen lassen, muss die fragliche Bestimmung nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört.(17)

40.   Ziel der Sechsten Richtlinie ist die Angleichung der nationalen Vorschriften über die Mehrwertsteuer. Es soll zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen insbesondere sichergestellt werden, dass gemeinschaftsweit einheitliche Befreiungstatbestände gelten. Dieses Ziel ist gefährdet, wenn die Befreiungen durch potenziell voneinander abweichende nationale Rechtsbegriffe ausgefüllt werden.(18)

41.   Zwar war es bei Erlass der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, als das Recht der Investmentfonds noch nicht durch die Richtlinie 85/611 angeglichen war, sinnvoll, für die Definition der Investmentfonds ausnahmsweise an das nationale Recht anzuknüpfen. Auf diese Weise wurde nämlich sichergestellt, dass die Befreiung nur in klar definierten Fällen eingreift, nämlich bei der Verwaltung von Investmentfonds, die als solche eine staatliche Zulassung in einem Mitgliedstaat besitzen. Für die Definition dessen, was als Verwaltung eines Investmentfonds anzusehen ist, gilt aber der allgemeine Grundsatz, dass die Befreiungstatbestände gemeinschaftsrechtlich definierte Begriffe enthalten.

42.   Die Regierung des Vereinigten Königreichs verweist darauf, dass je nach Ausgestaltung der nationalen Regelungen über Investmentfonds auch unterschiedliche Verwaltungsaufgaben anfallen könnten. Daher müsse mit der Definition der von der Regelung begünstigten Fonds auch die Definition der Verwaltung einhergehen.

43.   Dieses Argument greift jedoch nicht durch. Zum einen dürften die Abweichungen der nationalen Bestimmungen über Investmentfonds nicht so gravierend sein, dass auf Gemeinschaftsebene keine einheitliche Definition der Verwaltung eines Investmentfonds für die Zwecke der Mehrwertsteuererhebung möglich ist. Dies gilt umso mehr, als die Richtlinie 85/611 inzwischen für viele Arten der Investmentfonds gemeinsame Regeln aufstellt. Zum anderen unterstreicht es gerade die Notwendigkeit, wenigstens den Begriff der Verwaltung gemeinschaftsweit einheitlich auszulegen, wenn es schon bei der Definition der Organismen, die nach nationalem Recht als Investmentfonds anerkannt werden, Abweichungen gibt.

44.   Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass der Begriff der „Verwaltung“ im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts ist, von dem die Mitgliedstaaten nicht abweichen dürfen.(19)

C –    Zur zweiten und dritten Vorlagefrage

45.   Die zweite und dritte Frage sind beide auf die Auslegung des Begriffs der Verwaltung im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie gerichtet und sollen deswegen gemeinsam geprüft werden. Der Gerichtshof wird ersucht zu klären,

–       ob die Leistungen der Verwahrstelle und

–       die von einer Verwaltungsgesellschaft an Dritte ausgegliederten administrativen Tätigkeiten

unter diesen Begriff der Verwaltung fallen.

46.   Abbey National und die luxemburgische Regierung sind der Ansicht, dass in beiden Fällen eine steuerbefreite Verwaltung eines Investmentfonds vorliegt, da die betreffenden Aufgaben von erheblicher Bedeutung für die Führung eines Investmentfonds sind und nicht lediglich technischen Charakter haben. Sie verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Definitionen der Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle in der Richtlinie 85/611 sowie im nationalen Recht.

47.   Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission haben dagegen ein engeres Verständnis des Begriffs der Verwaltung. Sie erfasse nur die Tätigkeiten, die sich unmittelbar auf den Bestand der Aktiva und Passiva des Investmentfonds auswirkten, also die eigentlichen Anlageentscheidungen, nicht aber die Leistungen der Verwahrstelle sowie die ausgegliederten Buchhaltungs- und Rechnungslegungsaufgaben.

48.   Der Wortlaut des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie, insbesondere der Begriff der Verwaltung selbst, gibt keinen klaren Aufschluss darüber, inwieweit die hier streitgegenständlichen Leistungen davon erfasst werden. Eine Analyse dessen, was im allgemeinen Sprachgebrauch oder in bestimmten Rechtsgebieten mit dem Begriff der Verwaltung gemeint ist, hilft hier nicht weiter.(20)

49.   Vor allem die deutsche Fassung der Bestimmung wirft jedoch die Vorfrage auf, ob ausgelagerte Leistungen überhaupt unter die Befreiung fallen können. Man könnte den Wortlaut nämlich so verstehen, dass nur die Verwaltungsleistungen in den Anwendungsbereich der Befreiung fallen, die die Kapitalanlagegesellschaft selbst erbringt.

1.      Keine Beschränkung der Befreiung auf Leistungen, die von der Kapitalanlagegesellschaft selbst erbracht werden

50.   Nach dem deutschen Text des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie gilt die Befreiung nur für die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften. Der Begriff der Kapitalanlagegesellschaft wird dabei nicht näher definiert und findet sich auch weder in der Richtlinie 85/611 noch in anderen Gemeinschaftsrechtsakten. In der deutschen Gesetzgebung wird dieser Begriff für Verwaltungsgesellschaften von Investmentfonds verwendet.(21) Man könnte daraus schließen, dass der Befreiungstatbestand ein personenbezogenes Element aufweist, mit der Folge, dass er von vornherein nicht für Verwaltungsleistungen gilt, die an Dritte ausgelagert wurden.

51.   Hierzu ist jedoch festzustellen, dass keine der anderen Sprachfassungen eine entsprechende ausdrückliche Formulierung enthält, die auf die Verwaltung durch einen bestimmten Akteur hinweist.(22) Man könnte in den anderen Fassungen allenfalls aus dem Begriff der Verwaltung (management, gestion) selbst schließen, dass die Befreiung sich nur auf Leistungen der Verwaltungs gesellschaft (managment company, société de gestion) bezieht.

52.   Dies widerspräche jedoch der klaren Linie, die der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu anderen vergleichbaren Befreiungstatbeständen in Artikel 13 Teil B der Sechsten Richtlinie entwickelt hat. Er hat dabei auf den Charakter der jeweiligen Leistung abgestellt, nicht aber darauf, wer diese Leistung erbringt. Im Urteil SDC hat der Gerichtshof etwa festgestellt(23):

„Die nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummern 3 und 5 befreiten Umsätze sind durch die Art der erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder Empfänger der Leistung definiert. Diese Bestimmungen enthalten nämlich keine Bezugnahme auf diese Letzteren.“

53.   Ähnliche Ausführungen finden sich auch in Entscheidungen zur Befreiung von Versicherungsumsätzen nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie.(24)

54.   Der Befreiungstatbestand nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie enthält – sieht man einmal von der völlig isolierten deutschen Fassung ab – ebenso wenig einen eindeutigen Hinweis auf bestimmte Leistungserbringer wie die Tatbestände der Nummern 3 und 5. Daher ist es nicht allein deswegen ausgeschlossen, die Befreiung nach Nummer 6 auf die hier streitigen Leistungen anzuwenden, weil sie nicht von der Verwaltungsgesellschaft selbst erbracht werden, sondern von der Verwahrstelle bzw. von einem auf die Buchführungs- und Rechnungslegungsleistung spezialisierten Dritten. Vielmehr ist anhand der Art der Leistungen selbst zu ermitteln, ob sie zu den befreiten Umsätzen nach Nummer 6 zählen.

55.   Allerdings ist nicht jede Aufgabe, die steuerbefreit wäre, wenn sie die Verwaltungsgesellschaft eines Investmentfonds oder eine Investmentgesellschaft im Rahmen ihrer Tätigkeiten selbst erbringt, ebenso als steuerbefreiter Umsatz einzuordnen, wenn sie an Dritte ausgelagert worden ist.

56.   Die bei der Führung eines Investmentfonds anfallenden Aufgaben reichen nämlich von spezifischen Aufgaben, die prägend für die Verwaltung eines Investmentfonds sind, wie etwa die Auswahl der Wertpapiere, in die das Geld der Anleger investiert werden soll, bis hin zu ganz allgemeinen Tätigkeiten, die in jedem kaufmännischen Unternehmen anfallen, z. B. die Buchführung, die Personalverwaltung, der Betrieb von Computern und die Unterhaltung von Büroräumen.

57.   Werden alle Aufgaben von der Verwaltungsgesellschaft bzw. der Investmentgesellschaft selbst erbracht, so sind sie insgesamt entsprechend ihrem Schwerpunkt als steuerbefreite Verwaltung eines Investmentfonds zu bewerten.(25) Nicht hierfür charakteristische Nebenleistungen teilen dabei die Einordnung der Hauptleistung.(26) Lagert die Verwaltungsgesellschaft dagegen bestimmte Leistungen aus, so muss im Hinblick auf diese Leistungen gesondert ermittelt werden, ob sie charakteristisch für die Verwaltung eines Investmentfonds sind oder nicht. Welche Kriterien dabei maßgeblich sind, ist im Folgenden herauszuarbeiten.

2.      Allgemeine Erwägungen zur Auslegung des Begriffs der Verwaltung in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie

58.   Der Gerichtshof hat bisher noch nicht zur Auslegung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie Stellung genommen. Jedoch ist auch hier auf die allgemeine Feststellung zu verweisen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt.(27) Zugleich gilt die Maxime, dass die Begriffe der Befreiungen unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehören(28), und dass die Auslegung den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entspricht, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht.(29)

59.   Generalanwalt Poiares Maduro hat in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache BBL folgende Kriterien für die Abgrenzung der von der Befreiung des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie abgedeckten sachnahen Umsätze von den nicht mehr abgedeckten Hilfsumsätzen entwickelt. Befreit sein sollen demnach Umsätze,

„die eng mit der Führung des Fonds verbunden sind, d. h., mit der Bestimmung der Anlagepolitik, der Käufe und der Verkäufe von Aktiva. Befreite Umsätze sind also nicht nur solche, bei denen eine Entscheidung zu treffen ist, sondern auch solche, die zumindest unmittelbar an Wertpapiergeschäften beteiligt sind. Die Befreiung ist nur anwendbar, wenn nachgewiesen wird, dass die fraglichen Leistungen untrennbar mit den durch die Sechste Richtlinie ausdrücklich befreiten Umsätzen verbunden sind. Leistungen, die ohne weiteres von der Fondsverwaltung im eigentlichen Sinne getrennt werden können, sind dagegen mehrwertsteuerpflichtig“.(30)

60.   Seiner Ansicht nach kommt es darauf an, ob sich die streitigen Leistungen unmittelbar auf die finanzielle Situation des Fonds auswirken und so die Würdigung der finanziellen Risiken oder Investitions- und Anlageentscheidungen entscheidend beeinflussen. Dies sei bei den in der Sache BBL zu beurteilenden Dienst-, Informations- und Beratungsleistungen, die diese Bank Investmentgesellschaften (SICAV) erbrachte, nicht der Fall.

61.   Ausgangspunkt dieser Feststellungen des Generalanwalts war die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den verwandten Befreiungstatbeständen in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummern 3 und 5 der Sechsten Richtlinie. So hat der Gerichtshof insbesondere im Urteil SDC festgestellt, dass die fraglichen Umsätze eigenständigen Charakter im Sinne eines eigenständigen Ganzen haben und für die von der Steuer befreiten Umsätze spezifisch und wesentlich sein müssen.(31) Dabei hat es der Gerichtshof für die Befreiungen nach Nummer 3 zugunsten des Überweisungsverkehrs und für die Befreiung des Wertpapierhandels nach Nummer 5 als wesentlich angesehen, dass die zu beurteilenden Leistungen zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage führen.(32)

62.   Es ist fraglich, inwieweit sich diese Feststellungen des Gerichtshofes – wie von Generalanwalt Poiares Maduro vorgeschlagen – auf die Befreiung der Verwaltung von Investmentfonds im Sinne der Nummer 6 übertragen lassen und welche Konsequenzen sich daraus für die Leistungen ergeben, die das vorlegende Gericht im vorliegenden Fall zu beurteilen hat.

63.   Ich bin der Ansicht, dass Umsätze einen eigenständigen Charakter haben – d. h. ein eigenständiges Ganzes bilden müssen – und für die von der Steuer befreiten Umsätze spezifisch und wesentlich sein müssen, um unter die Befreiung nach Nummer 6 zu fallen. Dabei ist der Gesichtspunkt der Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage, den der Gerichtshof im Zusammenhang mit den Umsätzen im Sinne der Nummern 3 und 5 entwickelt hat, nicht ausschlaggebend dafür, ob es sich um einen befeiten Umsatz nach Nummer 6 handelt.

64.   Die Umsätze nach Nummer 3 betreffen den Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie verwandte Vorgänge, die Umsätze nach Nummer 5 den Handel mit Wertpapieren. Beide Tatbestände beziehen sich also auf bestimmte Transaktionen im Finanzwesen. Deswegen ist es hier angebracht, eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage als maßgebliches Kriterium anzusehen, da von derartigen Transaktionen nur dann die Rede sein kann, wenn sie tatsächlich zu einer entsprechenden Änderung der Lage geführt haben.

65.   Der Begriff der Verwaltung in Nummer 6 ist allgemeiner und nicht auf konkrete Transaktionen bezogen. Zwar werden im Rahmen der Verwaltung eines Investmentfonds sicher entsprechende Transaktionen vorgenommen, dies ist jedoch nicht zwingend. Gerade bei langfristig ausgerichteten Anlagestrategien oder bei bestimmten Fondstypen, etwa Immobilienfonds, ist es auch denkbar, dass über längere Zeiträume nur der Markt beobachtet wird und keine neuen Anlagen getätigt werden. Auch in diesen Zeiträumen fallen jedoch Aufgaben an, die zu der Verwaltung eines Investmentfonds gehören.

66.   Würde die Befreiung auf Tätigkeiten verengt, die sich auf die Zusammensetzung des Portfolios auswirken, wäre nur ein untergeordneter Teil der Tätigkeit der Investmentfonds steuerbefreit. Damit wäre die praktische Wirkung des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie in Frage gestellt. In der Praxis machen nämlich andersartige Tätigkeiten, wie etwa die vorliegend streitigen, einen erheblichen Teil der Umsätze aus, die bei der Führung eines Investmentfonds anfallen. Ein allzu enges Verständnis des Verwaltungsbegriffs würde außerdem dazu führen, die Auslagerung von Teilleistungen unattraktiv zu machen, und damit eine wirtschaftlich sinnvolle Arbeitsteilung erschweren.

67.   Für das Eingreifen der Befreiung nach Nummer 6 ist es somit allein entscheidend, ob die jeweilige Leistung eigenständigen Charakter hat und für die Verwaltung eines Investmentfonds spezifisch und wesentlich ist. Diese Kriterien sind unter Berücksichtigung der Ziele der Bestimmung und des systematischen Zusammenhangs mit den Befreiungstatbeständen in Artikel 13 Teil B Buchstabe d für verwandte Umsätze zu konkretisieren. Ferner ist zu untersuchen, welche Bedeutung der Richtlinie 85/611 dabei zukommt.

–       Ziele und systematischer Zusammenhang der Befreiung nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie

68.   Ziel der Befreiung der Umsätze im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds ist es u. a., Kleinanlegern die Geldanlage in Investmentfonds zu erleichtern.(33) Damit dieses Ziel erreicht wird, sollen die Aufwendungen für die Verwaltung des Investmentfonds von der Steuer befreit werden. Gäbe es die Befreiung nicht, wären Besitzer von Anteilen an Investmentfonds steuerlich stärker belastet als Anleger, die ihr Geld unmittelbar in Aktien oder anderen Wertpapieren anlegen und keine Leistungen einer Fondsverwaltung in Anspruch nehmen.

69.   Um eine steuerliche Gleichbehandlung der Anlageformen herzustellen, wie es der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer gebietet, sollte die Anlage in Investmentfonds aber auch nicht besser gestellt werden als die unmittelbare Anlage in Wertpapieren. Da die Befreiung nach Nummer 5 nicht für die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren gilt, sollten entsprechende Umsätze auch steuerpflichtig sein, wenn Dritte sie zugunsten eines Investmentfonds erbringen.

70.   Zu beachten ist dabei jedoch, dass der Begriff der Verwaltung in Nummer 5 und Nummer 6 nicht die gleiche Bedeutung hat.(34) Wie der Gerichtshof im Urteil CSC ausgeführt hat, fallen unter die Verwahrung und Verwaltung nach Nummer 5 „Dienstleistungen administrativer Art, die nicht die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern“.(35)

71.   In der Praxis bezieht sich die Rückausnahme bezüglich der Verwahrung und Verwaltung in Nummer 5 vor allem auf die Tätigkeit der Depotbank. Neben der Verwahrung der Wertpapiere besteht ihre Verwaltungstätigkeit vor allem in der Durchführung technischer Vorgänge, wie etwa der Erstellung von Depotauszügen, der Vereinnahmung von Dividenden, der Weiterleitung von Informationen zwischen Aktiengesellschaften und ihren Aktionären sowie der Abführung von Quellensteuern und der Ausstellung von Steuerbescheinigungen.

72.   Der Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds nach Nummer 6 hat dagegen eine völlig andere Bedeutung. Ohne der weiteren Analyse vorgreifen zu wollen, kann man die Rolle des Fondsverwalters zum einen mit der des Geldanlegers selbst vergleichen, der unmittelbar in Wertpapiere investiert. Die Verwaltung ist hier also nicht auf rein technische Vorgänge beschränkt, die im Allgemeinen eine Depotbank erledigt, sondern schließt die Entscheidungen ein, die bei der Geldanlage getroffen werden müssen. Hinzu kommt die Aufgabe, Fondsanteile auszugeben, zu vermarkten und zurückzunehmen einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden administrativen Aufgaben (Ermittlung des Wertes der Anteile, Buchführung und Zahlungsverkehr).

–       Zur Bedeutung der Richtlinie 85/611 für die Auslegung des Begriffs der Verwaltung eines Investmentfonds im Sinne der Sechsten Richtlinie

73.   Die Richtlinie 85/611 gleicht das Recht der Mitgliedstaaten für bestimmte Investmentfonds und Investmentgesellschaften an. Neben Vorgaben für die Zulassung von OGAW und ihre Anlagepolitik bilden die Regeln über die Verpflichtungen der Verwaltungsgesellschaften und der Verwahrstelle einen Hauptbestandteil der Richtlinie 85/611. Sie enthält insbesondere in Anhang II, auf den Artikel 5 Absatz 2 verweist, eine nicht erschöpfende Liste der Aufgaben, die für die Zwecke dieser Richtlinie als „Tätigkeit der Verwaltung von Investmentfonds und Investmentgesellschaften“ angesehen werden. Aus dieser Regelung könnte man Rückschlüsse für die Auslegung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie ziehen.

74.   Grundsätzlich ist es ein erstrebenswertes Ziel, dieselben Begriffe in verschiedenen Rechtsakten einheitlich auszulegen. Gerade bei der Auslegung der autonomen Begriffe der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ist die Berücksichtigung spezieller gemeinschaftsrechtlicher Regelungen für den Lebensbereich, dem die besteuerten Umsätze zuzuordnen sind, ein wichtiges Hilfsmittel. Denn oftmals lassen sich der Sechsten Richtlinie selbst kaum weitergehende Hinweise zur Ausfüllung ihrer unbestimmten Rechtsbegriffe entnehmen.

75.   Im Urteil BBL hat der Gerichtshof für die Frage, ob die Tätigkeit einer SICAV eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ist, bereits auf die Definitionen in der Richtlinie 85/611 verwiesen.(36) Entsprechende Bezugnahmen finden sich auch im Zusammenhang mit anderen Befreiungstatbeständen des Artikels 13 der Sechsten Richtlinie. Den Begriff der Versicherungsleistungen in Artikel 13 Teil B Buchstabe a hat der Gerichtshof beispielsweise unter Rückgriff auf die Richtlinie 73/239/EWG über die Direktversicherung ausgelegt.(37) Generalanwalt Mischo hat für die Definition des Versicherungsmaklers in demselben Befreiungstatbestand auf die für diese Berufsgruppe einschlägige Richtlinie(38) verwiesen.(39)

76.   Generalanwalt Poiares Maduro hat sich jedoch dagegen gewandt, die Beschreibung der Verwaltungsaufgaben in der Richtlinie 85/611 für die Auslegung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie heranzuziehen, weil die beiden Regelungen einen unterschiedlichen Gegenstand hätten.(40)

77.   Tatsächlich hat der Gerichtshof es mit diesem Argument auch schon abgelehnt, im Rahmen der Auslegung der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie Anleihen bei anderen Rechtsakten zu machen. So hielt er es etwa nicht für angebracht, dem Begriff der ärztlichen Leistungen in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie dieselbe Bedeutung beizumessen wie in der Richtlinie über die Freizügigkeit für Ärzte(41).(42)

78.   Die Richtlinie 85/611 zielt auf die Schaffung einheitlicher Regeln für Investmentfonds. Damit sollen die Wettbewerbsbedingungen angeglichen und Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel mit Investmentanteilen beseitigt werden, bei gleichzeitiger Gewährleistung des Anlegerschutzes.(43) Durch die neuen mit der Richtlinie 2001/107(44) eingeführten Bestimmungen für die Tätigkeiten der Verwaltungsgesellschaften (einschließlich des Anhangs II) soll die Harmonisierung weiter vorangetrieben werden. Je umfassender die Verwaltungsaufgaben dabei in der Richtlinie 85/611 konkretisiert werden, desto vollständiger ist die Rechtsangleichung.

79.   Diese Ausrichtung der Richtlinie 85/611 steht in einem gewissen Spannungsverhältnis mit der Pflicht, die Vorschriften der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, die Befreiungen von der Mehrwertsteuer vorsehen – hier konkret den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds –, eng auszulegen. Die Vorgaben beider Rechtsakte lassen sich jedoch miteinander in Einklang bringen, wenn man die Begriffe in Anhang II der Richtlinie 85/611 nicht als Definitionen der Verwaltungleistungen eines Investmentfonds ansieht, sondern als Beschreibung der typischen Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft.(45) Diese Sichtweise lässt genug Spielraum dafür, die in Anhang II der Richtlinie 85/611 genannten Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie lediglich als Indiz für das Vorliegen von Tätigkeiten der Verwaltung eines Investmentfonds zu berücksichtigen. Zugleich kann dabei dem Gebot der engen Auslegung der Ausnahmebestimmungen soweit wie nötig Rechnung getragen werden.

80.   Würde man die Regelungen in Artikel 5 Absatz 2 und Anhang II der Richtlinie 85/611 als umfassende, auch für die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie geltende Definition der Verwaltung eines Investmentfonds ansehen, wären die Leistungen der Verwahrstelle von diesem Begriff von vornherein nicht umfasst. Denn deren Aufgaben werden in den Artikeln 7 und 14 der Richtlinie 85/611 gesondert geregelt.

81.   Die strikte Trennung der Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle entspricht den besonderen Zielen und der Systematik der Richtlinie 85/611.(46) Anhang II beschreibt die Aufgaben eines dieser Akteure, nämlich der Verwaltungsgesellschaft, ohne insoweit Aussagen für die Qualifikation der Aufgaben der Verwahrstelle zu treffen. Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 betrifft dagegen allgemein die Verwaltung eines Investmentfonds, ohne dabei nach bestimmten Akteuren zu differenzieren.(47) Insofern ist der Begriff der Verwaltung in der Sechsten Richtlinie weiter als die Definition in Anhang II der Richtlinie 85/611 und lässt es im Prinzip zu, auch die Aufgaben der Verwahrstelle als Verwaltung anzusehen.

82.   Zwar hebt die britische Regierung zu Recht hervor, dass die Richtlinie 85/611 bestimmte Arten von Investmentfonds nicht erfasst,(48) für die Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie gleichwohl gilt. Dieser Umstand steht einer Berücksichtigung der Richtlinie 85/611 bei der Beantwortung der Frage, welche Tätigkeiten für die Verwaltung eines Investmentfonds vorliegend spezifisch und wesentlich sind, nicht entgegen. Denn die im Ausgangsrechtsstreit betroffenen Fonds bzw. Investmentgesellschaften fallen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/611.

–       Zwischenergebnis

83.   Der Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie schließt auch Leistungen ein, die nicht von der Verwaltungsgesellschaft selbst erbracht werden. Ob eine ausgelagerte Tätigkeit als Verwaltung in diesem Sinne anzusehen ist, hängt nicht davon ab, ob die betreffende Tätigkeit Einfluss auf die Anlagepolitik des Fonds hat. Der Befreiungstatbestand muss im Lichte der Ziele ausgelegt werden, Kleinanlegern die Anlage in Investmentfonds zu erleichtern und diese Anlageform nicht gegenüber der unmittelbaren Anlage in anderen Wertpapieren schlechter zu stellen. Bei der Auslegung der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie kann die Richtlinie 85/611 berücksichtigt werden; die Liste der Verwaltungstätigkeiten in Anhang II der Richtlinie 85/611 enthält jedoch keine abschließende Definition der Fondsverwaltung, die unverändert auf Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie übertragbar ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die an einen Dritten ausgelagerte Aufgabe ein eigenständiges Ganzes bildet und spezifisch und wesentlich für die Verwaltung eines Investmentfonds ist.

84.   Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist nunmehr zu untersuchen, ob die Leistungen, die das vorlegende Gericht zu beurteilen hat, als steuerbefreite Umsätze im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investmentfonds anzusehen sind.

3.      Zur Einordnung der Tätigkeit der Verwahrstelle

85.   Die Verwahrstelle stellt – wie es die Kommission ausdrückt – neben dem Fonds und seinem Manager den dritten Grundpfeiler des rechtlichen Rahmens dar, den die Richtlinie 85/611 für Investmentfonds aufstellt.(49) Ihre Aufgaben bestehen im Wesentlichen darin, das Vermögen des Investmentfonds zu verwahren und die Verwaltungsgesellschaft zu kontrollieren. Sie hat dabei ausschließlich im Interesse der Anteilinhaber zu handeln(50) und haftet diesen gegenüber für die Verletzung ihrer Pflichten.(51) Die Richtlinie hat hier zum Schutz der Anleger quasi ein Vier-Augen-Prinzip eingeführt.

86.   In diesem Zusammenhang hat Abbey National auf die vierte Begründungserwägung der Richtlinie 2001/107 hingewiesen, in der von einer „Zwei-Personen-Verwaltung“ (two-man management) die Rede ist. Daraus ergebe sich bereits, dass auch die Verwahrstelle Teil an der Verwaltung habe. Hierbei unterliegt Abbey National jedoch einem Missverständnis. Der zitierte Erwägungsgrund bezieht sich nämlich nicht auf die Aufteilung der Aufgaben auf die Verwaltungsgesellschaft und die Verwahrstelle, sondern auf die Regelung in Artikel 5a Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 85/611. Danach muss die Geschäftsleitung einer Verwaltungsgesellschaft mindestens zwei ausreichend gut beleumundete und erfahrene Personen umfassen.

87.   Welche Aufgaben die Verwahrung im Einzelnen einschließt, wird durch die Richtlinie 85/611 bei weitem nicht vollständig geregelt.(52) Deswegen ist für die Beschreibung dieser Aufgaben darüber hinaus das nationale Recht von erheblicher Bedeutung. Dies kann insbesondere die Verlagerung von Aufgaben von der Verwahrstelle auf Unterdepotbanken erlauben, ohne dass die Verwahrstelle sich dadurch allerdings ihrer Haftung entziehen könnte.(53)

88.   Ferner macht die Richtlinie 85/611 den Mitgliedstaaten keine in allen Einzelheiten zwingenden Vorgaben für die Aufteilung der Aufgaben zwischen der Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle.(54) So obliegt etwa die Führung des Registers der Anteilinhaber nach dem CIS-Quellenverzeichnis dem Treuhänder (also der Verwahrstelle),(55) obwohl diese Aufgabe in Anhang II, zweiter Spiegelstrich, Buchstabe e der Richtlinie 85/611 der Verwaltungsgesellschaft zugewiesen wird.

89.   Schon aus diesem Grund muss die abschließende Einordnung der Tätigkeit der Verwahrstellen im Ausgangsrechtsstreit dem vorlegenden Gericht vorbehalten bleiben. Der Gerichtshof kann nur im Hinblick auf die ihm unterbreitete Sach- und Rechtslage Hinweise zur Auslegung des Begriffs der Verwaltung in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie geben.

90.   Im Hinblick auf die oben entwickelten Kriterien ist festzustellen, dass die Tätigkeit der Verwahrstelle ein eigenständiges Ganzes darstellt. Dies folgt allein schon daraus, dass ihr nach der Richtlinie 85/611 eine gesonderte, von den Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft getrennte Rolle zukommt.

91.   Die Tätigkeit ist für die Verwaltung eines Investmentfonds auch wesentlich. Die Geldanlage in einem Investmentfonds birgt für den Anleger das Risiko in sich, dass die dem Fonds anvertrauten Mittel nicht ordnungsgemäß eingesetzt oder gar veruntreut werden. Der Anleger selbst ist dabei kaum in der Lage, das Handeln der Fondsmanager zu überwachen. Deshalb ist die Ausgliederung der Verwahrung aus den sonstigen Aufgaben der Fondsverwaltung von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit und damit die Attraktivität dieser Form der Geldanlage. Hierzu tragen vor allem auch die weiteren Kontrollfunktionen bei, die die Verwahrstelle im Verhältnis zur Verwaltungsgesellschaft ausübt.

92.   Zwar hat die Tätigkeit der Verwahrstelle im Regelfall keine unmittelbare Auswirkung auf die Zusammensetzung des Portfolios oder die sonstigen finanziellen Verhältnisse des Fonds. Lediglich wenn z. B. Anlageentscheidungen, die den gesetzlichen oder vertraglichen bzw. satzungsmäßigen Vorgaben widersprechen, aufgrund der Intervention der Verwahrstelle korrigiert werden, ist ein solcher Einfluss möglich. Wie aber bereits festgestellt, ist eine Übertragung dieses im Rahmen der Befreiungen nach Nummer 3 und 5 entwickelten Kriteriums auf die vorliegend einschlägige Befreiung der Verwaltung eines Investmentfonds ohnehin nicht angebracht.(56)

93.   Schließlich ist die Tätigkeit der Verwahrstelle auch spezifisch für die Verwaltung eines Investmentfonds. Sie ist z. B. nicht mit den Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers vergleichbar, der erst im Nachhinein mit großem zeitlichem Abstand die Richtigkeit von Bilanzen überprüft. Vielmehr hat die Verwahrstelle bei der Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktionen eine aktive Rolle im Tagesgeschäft eines Fonds.

94.   Die Tätigkeit ist nicht allein auf die Verwahrung der Wertpapiere im technischen Sinne beschränkt, die auch Depotbanken leisten. Reine Depotbankaufgaben sind gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie mehrwertsteuerpflichtig. Wäre die Aufgabe der Verwahrstelle im Wesentlichen mit der einer Depotbank identisch, würde man entsprechende Leistungen aber dennoch in die Befreiung nach Nummer 6 einbeziehen, führte dies zu einer Privilegierung der Geldanlage in Investmentfonds gegenüber der Anlage in anderen Wertpapieren.

95.   Gerade die rein technische Verwahrung des Fondsvermögens haben die im Ausgangsverfahren betroffenen Verwahrstellen allerdings Dritten übertragen. Die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung dieser Aufgaben steht außer Streit. Nichtsdestoweniger zählt die Verwahrung im technischen Sinne zu den charakteristischen Funktionen der Verwahrstelle. Auch wenn die Verwahrstelle diese Aufgabe Dritten übertragen hat, bleibt sie dem Anleger gegenüber für die ordnungsgemäße Verwahrung verantwortlich und haftet für Fehler, die dabei gemacht werden. Sie kann den Schwerpunkt und damit die steuerliche Behandlung ihrer Tätigkeit nicht dadurch verändern, dass sie wesentliche Teile ihrer Aufgaben unter ihrer Aufsicht von Dritten – hier durch die so genannten global sub-custodians – ausführen lässt. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die global sub-custodians ihre Vergütung offenbar unmittelbar von der Verwaltungsgesellschaft und nicht von der Verwahrstelle beziehen, unter deren Kontrolle sie aber agieren.

96.   Das vorlegende Gericht muss daher ermitteln, ob bei einer Gesamtbetrachtung aller Aufgaben der Verwahrstelle die Verwahrung im technischen Sinne den Hauptbestandteil der Aufgaben bildet, die das nationale Recht grundsätzlich der Verwahrstelle auferlegt. Ist dies der Fall, wäre die Tätigkeit der Verwahrstelle insgesamt als mehrwertsteuerpflichtig anzusehen, weil die weiteren Aufgaben als Nebenleistungen die Qualifikation der Hauptleistung teilen würden.

97.   Angesichts der weit reichenden Kontrollaufgaben, die das CIS-Quellenverzeichnis den Verwahrstellen überträgt, erscheint es jedoch eher unwahrscheinlich, dass diese Aufgaben nur als Nebenleistung anzusehen sind, die gegenüber der Verwahrung im technischen Sinne in den Hintergrund treten. Hinzu kommt, dass die Verwahrung im technischen Sinne offenbar ohne weiteres ausgegliedert werden konnte, was kaum möglich erscheint, wenn dies die Hauptaufgabe der Verwahrstelle ausmachte.

4.      Zur Einordnung der an Dritte ausgelagerten administrativen Aufgaben

98.   Die von Inscape an BNYE bzw. BNY ausgelagerten Tätigkeiten fallen unter den Begriff der Verwaltung im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie, wenn sie ein eigenständiges Ganzes bilden und für die Fondsverwaltung wesentlich und spezifisch sind. Inwieweit dies im Ausgangsrechtsstreit der Fall ist, hat letztlich das vorlegende Gericht festzustellen.

99.   Dafür, dass die Leistungen ein eigenständiges Ganzes bilden, spricht im vorliegenden Fall die Tatsache, dass BNYE/BNY nicht nur einzelne Hilfstätigkeiten übernommen hat, sondern gewissermaßen einen Komplettservice, wie sich aus der Beschreibung der ausgelagerten Aufgaben in Nummer 24 dieser Schlussanträge ergibt. Die übertragenen Aufgaben machen einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten aus, die in Anhang II der Richtlinie 85/611 als Verwaltungsaufgaben aufgeführt werden. BNYE/BNY ist insbesondere für die Ermittlung des Wertes der Anteile und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs verantwortlich. Außerdem übernimmt sie zentrale Aufgaben der Rechnungslegung sowie des Berichtswesens.

100. Einzelne der ausgelagerten Aufgaben mögen für sich genommen keinen eigenständigen Charakter haben. Insofern reicht es für eine Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht aus, dass eine bestimmte Aufgabe in Anhang II der Richtlinie 85/611 aufgeführt ist. Die erforderliche Eigenständigkeit ist jedoch erreicht, wenn der Dritte eine Gesamtheit von Leistungen übernimmt, die einen wesentlichen Teil aller bei der Fondsverwaltung anfallenden Aufgaben ausmacht.

101. Die Eigenständigkeit ergibt sich dabei nicht nur aus dem Umfang der übertragenen Aufgaben, sondern auch aufgrund des inneren Zusammenhangs der übertragenen Tätigkeiten. So ist etwa die Wertermittlung ein wichtiges Element für die Erstellung der Abrechnungsunterlagen und Berichte.

102. Ferner deutet einiges darauf hin, dass die an BNYE/BNY ausgelagerten Aufgaben in ihrer Gesamtheit als wesentlich und spezifisch für die Verwaltung eines Investmentfonds anzusehen sind. Ein Investmentfonds ist im Kern ein Wertpapier-Pool, dessen Zusammensetzung sich ebenso ändern kann, wie der Wert der einzelnen darin enthaltenen Wertpapiere. Dementsprechend ist der Wert der Anteile an diesem Pool ständigen Schwankungen unterworfen. Um mit den Anteilen an einem Investmentfonds Handel treiben zu können, muss ihr Wert in kurzen Abständen neu ermittelt werden. In die Wertermittlung fließen Zins- und Dividendeneinnahmen als wertsteigernde sowie Verwaltungskosten als wertmindernde Faktoren ein. In engem Zusammenhang mit der Wertermittlung steht die Führung entsprechender Aufzeichnungen, die der Rechnungslegung gegenüber den gegenwärtigen (und potenziellen) Anteilseignern sowie gegenüber den Aufsichtsbehörden dienen. Auch die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung und Verwaltung von Unterfonds ist als wesentlich und spezifisch anzusehen.

103. Einige der übertragenen Aufgaben sind dagegen zwar ebenso wesentlich, aber nicht in demselben Maße spezifisch für die Verwaltung eines Investmentfonds, etwa die Aufgaben im Zusammenhang mit dem Zahlungsverkehr. Aus dem Umstand allein, dass ein Element für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, lässt sich nicht die Befreiung dieses Leistungselements herleiten. (57)

104. Es steht einer Einordnung der (Gesamt-)Tätigkeit von BNYE/BNY als befreiter Umsatz im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie aber nicht entgegen, dass einige Teilaufgaben nicht spezifisch für die Fondsverwaltung sind. Entscheidend ist vielmehr, dass die von dem externen Dienstleister erbrachten Leistungen als Gesamtheit betrachtet eigenständig und für die Verwaltung eines Investmentfonds wesentlich und spezifisch sind. Gerade die Zusammenfassung zahlreicher mehr oder weniger spezifischer Tätigkeiten ist nämlich typisch für die Verwaltung eines Investmentfonds.

V –    Ergebnis

105. Im Ergebnis schlage ich folgende Antworten auf die Vorlagefragen des VAT and Duties Tribunal vor.

1.      Der Begriff der „Verwaltung“ im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts, von dem die Mitgliedstaaten nicht abweichen dürfen.

2.       Leistungen, die eine Verwahrstelle im Sinne der Artikel 7 und 14 der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren erbringt, sind gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit,

–       wenn sie ein eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung des Investmentfonds oder der Investmentgesellschaft wesentlich und spezifisch sind und

–       wenn der Schwerpunkt dieser Leistungen nicht auf Tätigkeiten der Verwahrung und Verwaltung im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie liegt.

3.      Dienstleistungen, die ein außenstehender Verwalter in Form von administrativen Tätigkeiten bei der Fondsverwaltung erbringt, sind gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit, wenn sie ein eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung des Investmentfonds oder der Investmentgesellschaft wesentlich und spezifisch sind.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2  – Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1).


3 – ABl. L 375, S. 3, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 (ABl. L 145, S. 1).


4 – Wenn im Folgenden allgemein von Investmentfonds die Rede ist, so sind damit auch die in Form des unit trust gegründeten Fonds gemeint.


5 – Für börsennotierte Investmentgesellschaften gelten gewisse Ausnahmen von dieser Pflicht.


6 – Artikel 1 erhielt seine hier maßgebliche Fassung durch die Richtlinie 2001/108/EG (ABl. 2002, L 41, S. 35).


7 – Artikel 5 erhielt seine hier maßgebliche Fassung durch die Richtlinie 2001/107/EG (ABl. 2002, L 41, S. 20), durch die auch der darin in Bezug genommene Anhang II eingeführt wurde.


8 –      Als „Box“ werden die Anteile an einem Investmentfonds bezeichnet, die die Verwaltungsgesellschaft dieses Fonds selbst hält.


9 – Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 18. Mai 2004 in der Rechtssache C-8/03 (BBL, Slg. 2004, I-0000, Nr. 26).


10 – Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache BBL (zitiert in Fußnote 9, Nr. 26).


11 – Gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 85/611 sind unit trusts Investmentfonds vertraglicher Art gleichzustellen.


12 – So im Bezug auf belgische sociétés d’investissement à capital variable (SICAV) auch Generalanwalt Poiares Maduro in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache BBL (zitiert in Fußnote 9, Randnr. 8).


13 – Urteile vom 15. Juni 1989 in der Rechtssache 348/87 (Stichting Uitvoering Financiële Acties, Slg. 1989, 1737, Randnr. 13), vom 12. September 2000 in der Rechtssache C-358/97 (Kommission/Irland, Slg. 2000, I-6301, Randnr. 51) und vom 3. März 2005 in der Rechtssache C-428/02 (Fonden Marselisborg Lystbådehavn, Slg. 2005, I-0000, Randnr. 27).


14 – Urteil vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-468/93 (Gemeente Emmen, Slg. 1996, I-1721, Randnr. 24).


15 – „Het beheer van gemeenschappelijke beleggingsfondsen, als omschreven door de Lid-Staten.“


16 – Beispielhaft seien folgende Fassungen genannt:


ES: la gestión de fondos comunes de inversión definidos como tales por los Estados miembros;


DK: forvaltning af investeringsforeninger, saaledes som disse er fastsat af medlemsstaterne;


DE: die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften;


FR: la gestion de fonds communs de placement tels qu’ils sont définis par les États membres;


IT: la gestione di fondi comuni d’investimento quali sono definiti dagli Stati membri.


17  – Urteile vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-372/88 (Cricket St. Thomas, Slg. 1990, I-1345, Randnr. 19), vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-2/95 (SDC, Slg. 1997, I-3017, Randnr. 22) und vom 14. September 2000 in der Rechtssache C-384/98 (D., Slg. 2000, I-6795, Randnr. 16).


18 – Vgl. Urteil vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-349/96 (CPP, Slg. 1999, I-973, Randnr. 15) und Urteil SDC (zitiert in Fußnote 17, Randnr. 52).


19 – Zu diesem Ergebnis kommt auch Generalanwalt Poiares Maduro in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache BBL (zitiert in Fußnote 9, Nr. 25).


20 – Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache BBL (zitiert in Fußnote 9, Nr. 30).


21 – Vgl. § 2 Absatz 1 des Investmentgesetzes: „Investmentfonds sind von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltete Publikums-Sondervermögen nach den Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG …“ und § 6 Absatz 1 Satz 1 des Investmentgesetzes: „Kapitalanlagegesellschaften sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbereich darauf gerichtet ist, Sondervermögen zu verwalten ...“.


22 – Vgl. nur die in Nr. 39 zitierte englische sowie die weiteren in den Fußnote 15 und 16 zitierten Fassungen.


23 – Urteil SDC (zitiert in Fußnote 17, Randnr. 32). Siehe auch Urteil vom 27. Oktober 1993 in der Rechtssache C-281/91 (Muys’en De Winter’s Bouw- en Aannemingsbedrijf, Slg. 1993, I-5405, Randnr. 13) betreffend Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 1 der Sechsten Richtlinie.


24 – Urteil CCP (zitiert in Fußnote 18, Randnr. 22) und Urteile vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-240/99 (Skandia, Slg. 2001, I-1951, Randnr. 41) und vom 20. November 2003 in der Rechtssache C-8/01 (Taksatoringen, Slg. 2003, I-13711, Randnr. 40). Allerdings hat der Gerichtshof es hier als entscheidend angesehen, dass der Steuerpflichtige die Leistung im Rahmen einer Vertragsbeziehung zu einem Versicherten erbringt, so dass Leistungen von Dritten, die von der Versicherung eingeschaltet werden, ohne in einer Vertragsbeziehung zu dem Versicherten zu stehen, nicht unter diese Steuerbefreiung fallen. Die Übertragung dieses Gedankens auf andere Befreiungstatbestände (vorgeschlagen von Generalanwalt Ruiz Jarabo in seinen Schlussanträge vom 4. Juli 1996 in der Rechtssache C-2/95 (SDC, Slg. 1997, I-3017, Nrn 31 ff.) hat der Gerichtshof abgelehnt. (Urteil SDC [zitiert in Fußnote 17, Randnrn. 39 ff., insbesondere Randnr. 57], siehe dazu auch Urteil Skandia [Randnrn. 35 ff.]).


25 – Lediglich Leistungen, die eine Verwaltungsgesellschaft als eigenständige Hauptleistungen neben der Verwaltung des Investmentfonds erbringt, etwa Beratungsleistungen für Dritte, sind im Hinblick auf die Mehrwertsteuerpflicht gesondert zu beurteilen.


26 – Urteile vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 173/88 (Henriksen, Slg. 1989, I-2763, Randnrn. 14 bis 16), vom 22. Oktober 1998 in den verbundenen Rechtssachen C-308/96 und C-94/97 (Madgett und Baldwin, Slg. 1998, I-6229, Randnr. 24) und Urteil CCP (zitiert in Fußnote 18, Randnr. 30).


27 – Urteile Stichting Uitvoering Financiële Acties (zitiert in Fußnote 13, Randnr. 13), SDC (zitiert in Fußnote 17, Randnr. 20) und Taksatorringen (zitiert in Fußnote 24, Randnr. 36).


28 – Vgl. die Nachweise in Fußnote 17.


29 – Urteil vom 6. November 2003 in der Rechtssache C-45/01 (Christoph-Dornier-Stiftung, Slg. 2003, I-12911, Randnr. 42).


30 –      Schlussanträge BBL (zitiert in Fußnote 9, Nr. 33). Der Gerichtshof ist in seinem Urteil vom 21. Oktober 2004 in die Rechtssache C-8/03 (BBL, Slg. 2004, I-0000) nicht auf die Auslegung des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie eingegangen.


31 – Urteil SDC (zitiert in Fußnote 17, Randnrn. 66 und 68) und Urteil vom 12. Dezember 2001 in der Rechtssache C-235/00 (CSC, Slg. 2001, I-10237, Randnr. 25).


32 – Urteil SDC (zitiert in Fußnote 17, Randnrn. 53, 66, und 73) und Urteil CSC (zitiert in Fußnote 31, Randnrn. 26 bis 28).


33 – Siehe oben Nr. 27 f.


34 – Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache BBL (zitiert in Fußnote 9, Nr. 38).


35 – Urteil CSC (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 30).


36 – Urteil BBL (zitiert in Fußnote 30, Randnr. 42).


37 – Urteil CCP (zitiert in Fußnote 18, Randnr. 18).


38 – Richtlinie 77/92/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für die Tätigkeiten des Versicherungsagenten und des Versicherungsmaklers (aus ISIC-Gruppe 630), insbesondere Übergangsmaßnahmen für solche Tätigkeiten (ABl. 1977, L 26, S. 14).


39 – Schlussanträge vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C-8/01 (Taksatorringen, Slg. 2003, I-13711, Nrn. 88 ff.). Der Gerichtshof hat es dahinstehen lassen, inwieweit die Richtlinie 77/92 heranzuziehen ist, die Vorschriften dieser Richtlinie aber dennoch geprüft (Randnr. 45 des Urteils).


40 – Schlussanträge BBL (zitiert in Fußnote 9, Nr. 39).


41 – Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. L 165, S. 1).


42 – Urteil vom 20. November 2003 in der Rechtssache C-212/01 (Unterpertinger, Slg. 2003, I-13859, Randnr. 37).


43 – Vgl. den ersten, zweiten und dritten Erwägungsgrund.


44 – Zitiert in Fußnote 7.


45 – Vgl. in diesem Sinne auch den Vorschlag der Kommission, KOM(98) 451 endg., S.  8.


46 – Siehe dazu näher unten Nrn. 85 ff.


47 – Siehe dazu oben Nrn. 50 ff.


48 – Die Richtlinie 85/611 findet beispielsweise auf geschlossene Fonds und Fonds, die nicht in Wertpapiere investieren, keine Anwendung.


49 – Mitteilung der Kommission vom 30. März 2004, KOM(2004) 207 endg. – Die mitgliedstaatlichen Regelungen für OGAW-Verwahrstellen und mögliche Entwicklungen, S. 2, Ziffer 2.


50 – Artikel 10 Absatz 2 und 17 Absatz 2 der Richtlinie 85/611.


51 – Artikel 9 und 16 der Richtlinie 85/611.


52 – Vgl. die Mitteilung der Kommission (zitiert in Fußnote 49), S. 3, Ziffer 2.2, und S. 8, Ziffer 4.3.2. Die Kommission hält aber eine weitere Harmonisierung für erforderlich und schlägt in Anhang II, Ziffer 3, der Mitteilung die Aufnahme einer Liste der Aufgaben der Verwahrstelle in die Richtlinie 85/611 vor.


53 – Vgl. Artikel 7 Absatz 2 und 14 Absatz 2 der Richtlinie 85/611.


54 – Vgl. die tabellarische Übersicht in Anhang II, Ziffer 4.3, der Mitteilung der Kommission (zitiert in Fußnote 49).


55 – Siehe oben Nr. 18, Ziffer 7.


56 – Siehe oben Nrn. 63 ff.


57 – Urteil CSC (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 32)