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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 16. Mai 20061(1)

Rechtssache C-290/04

FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH

gegen

Finanzamt Hamburg-Eimsbüttel

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs [Deutschland])

„Steuerrecht – Einkommensteuer – Artikel 59 EWG-Vertrag (später Artikel 59 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EWG-Vertrag (später Artikel 60 EG-Vertrag, jetzt Artikel 50 EG) –Dienstleistung im Zusammenhang mit künstlerischen Darbietungen – Verpflichtung des Dienstleistungsempfängers zum Steuerabzug von der an den gebietsfremden Dienstleistungserbringer gezahlten Vergütung – Unmöglichkeit des Abzugs der Betriebsausgaben im Stadium des Steuerabzugs – Steuerbefreiung, die sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergibt – Auswirkung der Staatsangehörigkeit des Dienstleistungserbringers“





1.     Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ersucht der Bundesfinanzhof (Deutschland) den Gerichtshof, bestimmte Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Einkommensteuer gebietsfremder Dienstleistungserbringer, die in Deutschland eine Tätigkeit im Rahmen von Musikdarbietungen ausüben, im Hinblick auf die Vorschriften des EG-Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit zu prüfen.

2.     In dieser Rechtssache wird insbesondere die Frage der Vereinbarkeit des in dieser Situation angewandten Verfahrens der Steuererhebung im Wege des Steuerabzugs sowie bestimmter Modalitäten der Durchführung dieses Verfahrens mit den Artikeln 59 EWG-Vertrag (später Artikel 59 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EWG-Vertrag (später Artikel 60 EG-Vertrag, jetzt Artikel 50 EG)(2) aufgeworfen.

I –    Nationales Recht

3.     Nach § 1 Absatz 4 des deutschen Einkommensteuergesetzes 1990(3), das in dem für das Ausgangsverfahren maßgebenden Zeitraum in Kraft war, sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben – von im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen –, beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben. Zu diesen Einkünften gehören Einkünfte, die durch künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen im Inland erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen(4).

4.     Bei beschränkt Steuerpflichtigen wird die auf diese Art von Einkünften anwendbare Steuer nach § 50a Absatz 4 Nummer 1 EStG im Wege des Steuerabzugs erhoben, der 15 % der Einnahmen beträgt. Diesem Steuerabzug unterliegt der volle Betrag der Einnahmen; Abzüge, z. B. für Betriebsausgaben und Sonderausgaben, sind nicht zulässig(5).

5.     Die Einkommensteuer ist in dem Zeitpunkt zu zahlen, in dem die Vergütung deren Gläubiger zufließt. In diesem Zeitpunkt hat der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers, der Steuerschuldner ist, vorzunehmen(6).

6.     Der Schuldner der Vergütung hat die innerhalb eines Kalendervierteljahrs einbehaltene Steuer jeweils bis zum 10. des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen. Er haftet für die Einbehaltung und Abführung der Steuer(7).

7.     Durch den Steuerabzug gilt – von im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommenden Ausnahmen abgesehen – die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger als abgegolten(8).

8.     Außerdem enthält § 50d EStG Sondervorschriften für den Fall, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen Anwendung findet.

9.     Danach sind, wenn Einkünfte, die dem Steuerabzug aufgrund des § 50a unterliegen, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden können, die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer durch den Schuldner der Vergütung ungeachtet des Abkommens anzuwenden. In diesem Fall bleibt der Anspruch des Gläubigers der Vergütung auf völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer unberührt(9).

10.   Der Schuldner kann den Steuerabzug jedoch nach Maßgabe eines solchen Abkommens unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vornehmen, wenn das Bundesamt für Finanzen(10) auf Antrag bescheinigt, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen (Freistellungsverfahren)(11). Fehlt eine vom BfF erteilte Freistellungsbescheinigung, ist der Schuldner der Vergütung somit zum Steuerabzug verpflichtet.

11.   Außerdem kann sich der Schuldner der Vergütung, wenn gegen ihn wegen Unterlassung des Steuerabzugs ein Haftungsverfahren eingeleitet wird, im Rahmen dieses Verfahrens nicht auf die Rechte des Gläubigers der Vergütung aus einem Doppelbesteuerungsabkommen berufen(12).

12.   Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts waren die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Einkünfte aus künstlerischen Darbietungen aufgrund des zwischen Deutschland und den Niederlanden geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens nur in den Niederlanden, nicht jedoch in Deutschland zu versteuern(13).

13.   Schließlich ist zum Vergleich die Situation eines Dienstleistungserbringers darzustellen, der in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und daher in diesem Mitgliedstaat unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

14.   Dieser Dienstleistungserbringer unterliegt der allgemeinen Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommenserklärung im Rahmen des Einkommensteuerveranlagungsverfahrens. Es besteht keine Verpflichtung des Schuldners der an diesen Dienstleistungserbringer gezahlten Vergütung zum Steuerabzug; es ist somit ausgeschlossen, dass er wegen Unterlassung des Abzugs in Haftung genommen werden könnte. Der Vergütungsschuldner haftet auch nicht für die Einkommensteuer, die der Vergütungsgläubiger schuldet.

II – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

15.   Die FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH (im Folgenden: Scorpio) ist eine Gesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland, die Konzerte veranstaltet. Sie schloss 1993 einen Vertrag mit einem als Europop firmierenden Vertragspartner, der ihr eine Musikergruppe zur Verfügung stellte. Europop ist eine natürliche Person, die zu dieser Zeit in den Niederlanden ansässig war und in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte und dort auch keine Betriebsstätte unterhielt. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass ihm die Staatsangehörigkeit von Europop nicht bekannt sei.

16.   Im ersten und dritten Quartal 1993 zahlte Scorpio Europop für die von diesem Vertragspartner erbrachten Leistungen insgesamt 438 600 DM. Sie nahm von diesem Betrag keinen Steuerabzug gemäß § 50a Absatz 4 Nummer 1 EStG vor, obwohl Europop ihr keine Freistellungsbescheinigung gemäß § 50d Absatz 3 EStG vorgelegt hatte.

17.   Nachdem die zuständige Finanzbehörde von diesem Sachverhalt erfahren hatte, nahm sie Scorpio in Haftung und forderte mit Haftungsbescheid vom 21. März 1997 die Zahlung von 70 395,30 DM, was dem Betrag entspricht, den Scorpio von der an Europop gezahlten Vergütung hätte einbehalten müssen, nämlich 15 % der Bruttovergütung.

18.   Der von Scorpio beim Finanzamt Hamburg-Eimsbüttel gegen den Haftungsbescheid eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht, an das sich Scorpio als nächstes wandte, gab ihrer Klage ebenfalls nicht statt, denn es stellte fest, dass sie entgegen den Anforderungen des § 50d Absatz 3 EStG immer noch keine Freistellungsbescheinigung des BfF vorgelegt hatte.

19.   Scorpio legte Revision beim Bundesfinanzhof ein und beantragte, das Urteil des Finanzgerichts und den Haftungsbescheid aufzuheben.

20.   Zur Begründung ihrer Revision trug die Revisionsklägerin im Wesentlichen Folgendes vor.

21.   Zum einen verstoße § 50a Absatz 4 Satz 6 EStG, soweit er den Abzug von Betriebsausgaben von dem Betrag, der dem Steuerabzug unterliege, ausschließe, gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages. Das ergebe sich aus dem Urteil vom 12. Juni 2003 (Gerritse)(14). Der Gerichtshof habe in diesem Urteil nämlich entschieden, dass die Betriebsausgaben bereits im Steuerabzugsverfahren und nicht erst in einem nachgelagerten Erstattungsverfahren steuermindernd zu berücksichtigen seien.

22.   Zum anderen verstoße auch § 50d Absatz 1 Satz 4 EStG, der es der Revisionsklägerin als Beteiligter, die nach § 50a Absatz 5 Satz 5 EStG in Haftung genommen werden könne, verwehre, sich auf die dem Gläubiger der Vergütung – im Streitfall Europop – nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zustehende Steuerbefreiung zu berufen, gegen den Vertrag.

III – Vorabentscheidungsersuchen

23.   Der Bundesfinanzhof hat angesichts des dargestellten tatsächlichen und rechtlichen Rahmens Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Artikel 59 und 60 des Vertrages.

24.   Er führt zunächst aus, dass sich der Gerichtshof im Urteil Gerritse nicht dazu geäußert habe, ob die Steuererhebung im Wege eines sich nach den Bruttoeinkünften bemessenden Steuerabzugs und die sie flankierende Haftungsregelung auch dann gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstoßende mittelbare Diskriminierungen seien, wenn für den Gebietsfremden die Möglichkeit eröffnet werde, in einem sich an das Steuerabzugsverfahren anschließenden Verfahren nach seinen inländischen Nettoeinkünften besteuert zu werden und den etwaigen Differenzbetrag zwischen dieser Besteuerung und dem Steuerabzugsbetrag erstattet zu bekommen. Zu diesem Erstattungsverfahren verweist das vorlegende Gericht auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3. November 2003.

25.   Die Steuererhebung im Wege des Steuerabzugs und die drohende Haftung für den zu diesem Abzug Verpflichteten könnten den gebietsfremden Dienstleistungserbringer gegenüber dem gebietsansässigen benachteiligen und so nach den Artikeln 59 und 60 des Vertrages verbotene mittelbare Diskriminierungen sein. Der Steuerabzug könne nämlich z. B. zu Liquiditätsnachteilen des Gebietsfremden führen, während die Betriebseinnahmen des Gebietsansässigen grundsätzlich keinem solchen Abzug unterlägen. Der Steuerabzug sei für den Gebietsfremden auch mit dem Risiko verbunden, keine Erstattung der Steuer gemäß § 50d Absatz 1 Satz 2 EStG erlangen zu können, wenn der Vergütungsschuldner die einbehaltene Steuer nicht an das Finanzamt abgeführt habe.

26.   Außerdem seien die Abzugverpflichtung des Vergütungsschuldners und das Risiko, wegen eines unterlassenen oder zu geringen Steuerabzugs in Haftung genommen zu werden, Wettbewerbsnachteile der gebietsfremden Dienstleistungserbringer, da sie die Empfänger dieser Dienstleistungen veranlassen könnten, Dienstleistungen Gebietsansässiger statt entsprechender Leistungen Gebietsfremder in Anspruch zu nehmen. Diese Dienstleistungsempfänger würden so die mit dem Steuerabzug verbundenen Kosten und Risiken vermeiden.

27.   Das Steuerabzugsverfahren und die damit verbundene Haftungsregelung könnten daher grenzüberschreitende Dienstleistungen innerhalb der EU gegenüber Dienstleistungen innerhalb eines Mitgliedstaats erschweren und dadurch der Zielsetzung des Artikels 59 des Vertrages zuwiderlaufen.

28.   Die mit dem Steuerabzugverfahren und der Haftungsregelung verbundenen Nachteile für den gebietsfremden Leistungserbringer und Belastungen für den Vergütungsschuldner könnten jedoch möglicherweise gerechtfertigt sein.

29.   Der Bundesfinanzhof führt dazu aus, dass dieses Verfahren und diese Regelung legitime und sachgerechte Mittel seien, um gebietsfremde Leistungserbringer mit ihren inländischen Einkünften steuerlich zu erfassen und eine Nichtbesteuerung der Einkünfte in Deutschland und dem Mitgliedstaat, in dem der Dienstleistungserbringer ansässig sei, zu verhindern. Zu berücksichtigen sei auch, dass das Königreich der Niederlande vor der Änderung der Richtlinie 76/308/EWG(15) durch die Richtlinie 2001/44/EG(16) und dem am 23. Juni 2001 erfolgten Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von Steueransprüchen und der Bekanntgabe von Schriftstücken vom 21. Mai 1999(17) nicht verpflichtet gewesen sei, in Fällen wie dem des Ausgangsverfahrens deutsche Einkommensteueransprüche beizutreiben.

30.   Nach Auffassung des erkennenden Senats verstößt außerdem die Bemessung der im Wege des Steuerabzugs erhobenen Einkommensteuer nach den Bruttoeinkünften vorbehaltlich eines sich auf Antrag des gebietsfremden Leistungserbringers anschließenden Erstattungsverfahrens nicht gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages. Der Vergütungsgläubiger informiere den zum Steuerabzug verpflichteten Vergütungsschuldner nämlich in der Regel nicht über die Höhe seiner Betriebsausgaben, insbesondere, um seine Kalkulationsgrundlagen und seine Gewinnspanne sowie etwaige Betriebsgeheimnisse nicht offen zu legen. Forderte man, dass der gebietsfremde Dienstleistungserbringer die mit seiner Leistung wirtschaftlich zusammenhängenden Aufwendungen dem Kunden mitteile, damit der Steuerabzug nach den Nettoeinkünften bemessen werden könne, könnte der grenzüberschreitende Dienstleistungsverkehr somit nicht unerheblich erschwert werden.

31.   Das vorlegende Gericht wirft ferner die Frage auf, ob eine gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstoßende mittelbare Diskriminierung vorliege, wenn der gebietsfremde Dienstleistungserbringer nach den einschlägigen deutschen Steuervorschriften aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Freistellung vom Steuerabzug oder dessen Erstattung erreichen könnte bzw. bei rechtzeitiger Antragstellung hätte erreichen können.

32.   Abschließend weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass der Ausgang des Ausgangsverfahrens davon abhängen könnte, ob Europop während des Streitjahrs Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats gewesen sei oder nicht. Er verweist insbesondere auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach Artikel 59 des Vertrages nicht nur dem Erbringer der Dienstleistungen, sondern auch dem Empfänger der Leistungen Rechte verleihe(18). Im Schrifttum werde dazu die Auffassung vertreten, dass diese so genannte „passive“ Dienstleistungsfreiheit nicht voraussetze, dass der Leistungserbringer Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats sei.

33.   Aufgrund des Inhalts von Artikel 59 Absatz 2 des Vertrages äußert das vorlegende Gericht Zweifel, ob diese Auslegung des Vertrages zutreffend ist.

34.   Der Bundesfinanzhof hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Sind Artikel 59 und 60 [EWG-Vertrag] dahin gehend auszulegen, dass gegen sie verstoßen wird, wenn ein in Deutschland (Inland) ansässiger Vergütungsschuldner eines im EU-Ausland (konkret: den Niederlanden) ansässigen Vergütungsgläubigers, der die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats besitzt, gemäß § 50a Absatz 5 Satz 5 [EStG] in Haftung genommen werden kann, weil er den Steuerabzug nach § 50a Absatz 4 EStG unterlassen hat, während Vergütungen an einen im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Vergütungsgläubiger (= Inländer) keinem Steuerabzug gemäß § 50a Absatz 4 EStG unterliegen und daher auch keine Haftung des Vergütungsschuldners wegen eines unterlassenen oder zu geringen Steuerabzugs in Betracht kommt?

2.      Ist die Frage zu 1 anders zu beantworten, wenn der im EU-Ausland ansässige Vergütungsgläubiger bei Erbringung seiner Dienstleistung nicht Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaats ist?

3.      Falls die Frage zu 1 verneint wird:

a)      Sind die Artikel 59 und 60 [EWG-Vertrag] dahin gehend auszulegen, dass Betriebsausgaben, die einem im EU-Ausland ansässigen Vergütungsgläubiger im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner zu den Vergütungen führenden Tätigkeiten im Inland entstanden sind, vom Vergütungsschuldner bereits im Steuerabzugverfahren gemäß § 50a Absatz 4 EStG steuermindernd berücksichtigt werden müssen, weil auch bei Inländern nur die nach Abzug der Betriebsausgaben verbleibenden Nettoeinkünfte der Einkommensteuer unterliegen?

b)      Reicht es zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Artikel 59 und 60 [EWG-Vertrag] aus, wenn im Steuerabzugverfahren gemäß § 50a Absatz 4 EStG nur die mit der zum Vergütungsanspruch führenden Tätigkeit im Inland wirtschaftlich zusammenhängenden Betriebsausgaben steuermindernd berücksichtigt werden, die der im EU-Ausland ansässige Vergütungsgläubiger dem Vergütungsschuldner nachgewiesen hat, und etwaige weitere Betriebsausgaben in einem anschließenden Erstattungsverfahren berücksichtigt werden können?

c)      Sind die Artikel 59 und 60 [EWG-Vertrag] dahin gehend auszulegen, dass gegen sie verstoßen wird, wenn die einem in den Niederlanden ansässigen Vergütungsgläubiger nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande in Deutschland zustehende Steuerbefreiung im Steuerabzugverfahren gemäß § 50a Absatz 4 i. V. m. § 50d Absatz 1 EStG zunächst unberücksichtigt bleibt und erst in einem nachfolgenden Freistellungs- oder Erstattungsverfahren berücksichtigt wird und auch der Vergütungsschuldner sich im Haftungsverfahren nicht auf die Steuerbefreiung berufen darf, während steuerfreie Einkünfte von Inländern keinem Steuerabzug unterliegen und daher auch keine Haftung wegen eines unterlassenen oder zu geringen Steuerabzugs in Betracht kommt?

d)      Sind die Fragen zu 3 a bis c anders zu beantworten, wenn der im EU-Ausland ansässige Vergütungsgläubiger im Zeitpunkt der Erbringung seiner Dienstleistung nicht Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaats ist?

35.   Das vorlegende Gericht führt im Wesentlichen aus, dass die Beantwortung dieser Fragen es ihm ermöglichen werde, festzustellen, ob der gegen die Klägerin des Ausgangsverfahrens wegen Unterlassung des Steuerabzugs ergangene Haftungsbescheid gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, und, falls dies nicht der Fall sei, in welchem Umfang sie haften solle.

IV – Analyse

A –    Zur ersten Vorlagefrage

36.   Mit dieser Frage ersucht der Bundesfinanzhof den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Frage, ob die Artikel 59 und 60 des Vertrages dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, wonach im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Dienstleistungsempfänger in diesem Mitgliedstaat in Haftung genommen werden kann, weil er von der Vergütung, die dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer als Gegenleistung für die fragliche Dienstleistung gewährt wurde, keinen Steuerabzug vorgenommen hat, während die Vergütung an einen im erstgenannten Staat ansässigen Dienstleistungserbringer keinem solchen Abzug unterliegen würde und folglich keine Haftung des Schuldners dieser Vergütung – des Dienstleistungsempfängers – wegen eines unterlassenen Steuerabzugs in Betracht käme.

37.   Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof somit, im Hinblick auf die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit sowohl über die Anwendung eines Einkommensteuerabzugsverfahrens auf gebietsfremde Dienstleistungserbringer als auch über dessen Korrelat, nämlich die Haftung eines Dienstleistungsempfängers zu befinden, die ausgelöst werden kann, wenn dieser den Steuerabzug von der dem Dienstleistungserbringer gezahlten Vergütung unterlässt.

38.   Alle Beteiligten, die im vorliegenden Verfahren Erklärungen abgegeben haben, nämlich Scorpio, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Belgien, das Königreich Spanien, die Italienische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, schlagen vor, die erste Frage zu verneinen.

39.   Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Artikel 59 und 60 des Vertrages weder dem Grundsatz einer Steuererhebung durch Einbehaltung der von einem gebietsfremden Dienstleistungserbringer geschuldeten Steuer noch einer eventuellen Haftung eines Dienstleistungsempfängers infolge eines vom ihm unterlassenen Steuerabzugs entgegenstehen.

40.   Zum Vorliegen einer eventuellen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes hinzuweisen, wonach „die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, … diese ihre Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen“(19).

41.   Der Gerichtshof hat festgestellt, dass Artikel 59 des Vertrages „der Anwendung einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Möglichkeit für einen Dienstleistungserbringer, von dieser Freiheit tatsächlich Gebrauch zu machen, ohne objektive Rechtfertigung beschränkt“(20). Außerdem schließt Artikel 59 des Vertrages unter dem Gesichtspunkt eines einheitlichen Marktes und im Hinblick auf die Verwirklichung seiner Ziele auch die Anwendung einer nationalen Regelung aus, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert(21).

42.   Nach Artikel 60 letzter Absatz des Vertrages kann im Übrigen „der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt“.

43.   Die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden nationalen Steuervorschriften betreffen das Einkommensteuerabzugsverfahren, das Anwendung findet, wenn ein nicht in Deutschland ansässiger Dienstleistungserbringer eine Vergütung erhält. Der Gerichtshof hat sich bereits mehrfach veranlasst gesehen, für gebietsfremde Steuerpflichtige hinsichtlich der Einkommensteuer geltende Verfahren im Hinblick auf die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu prüfen(22). Meiner Ansicht nach spricht nichts dagegen, dass dies auch in Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit geschieht.

44.   In der vorliegenden Rechtssache ist festzustellen, dass nach den nationalen Steuervorschriften gebietsansässige und gebietsfremde Dienstleistungserbringer in Bezug auf das Verfahren, das für sie hinsichtlich der Einkommensteuererhebung gilt, ungleich behandelt werden. Während nämlich die Einkünfte der in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen am Ende eines jeden Jahres im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung besteuert werden, wird die Steuer bei den nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen von der Vergütung einbehalten.

45.   Diese Ungleichbehandlung kann gebietsfremde Dienstleistungserbringer gegenüber gebietsansässigen benachteiligen, da den Ersteren im Vergleich zu den Letzteren insbesondere ein Liquiditätsvorteil genommen wird. Gebietsfremde Dienstleistungserbringer könnten daher davon abgebracht werden, ihre Tätigkeiten in Deutschland auszuüben.

46.   Außerdem kann die Ungleichbehandlung bei der Steuererhebung einen Dienstleistungsempfänger dazu veranlassen, sich an einen in Deutschland ansässigen Dienstleistungserbringer statt an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer zu wenden. Es ist nämlich wahrscheinlich, dass bestimmte Dienstleistungsempfänger, d. h. Vergütungsschuldner, es eher vermeiden werden, sich in eine Situation zu begeben, in der sie Ausgaben und administrative Zwänge hinzunehmen haben, die mit der Steuererhebung im Wege des Abzugs im Zusammenhang stehen, und Gefahr laufen, wegen eines unterlassenen oder zu geringen Steuerabzugs in Haftung genommen zu werden.

47.   Die durch die deutschen Steuervorschriften geschaffene Ungleichbehandlung verstößt meiner Meinung nach jedoch nicht als solche gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages, da sich die gebietsansässigen und die gebietsfremden Dienstleistungserbringer im Hinblick auf die mit der Steuererhebung verbundenen Erfordernisse in einer objektiv unterschiedlichen Lage befinden und außerdem das für gebietsfremde Leistungserbringer geltende Steuerabzugsverfahren durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, die Effizienz der Einkommensteuererhebung zu gewährleisten.

48.   Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat und auch Scorpio dies vertritt(23), ist insoweit zu berücksichtigen, dass es zur maßgebenden Zeit, d. h. im Jahr 1993, für einen Erhebungsmitgliedstaat angesichts der damals geltenden Rechtsinstrumente schwierig war, in einem anderen Mitgliedstaat eine Steuerforderung beizutreiben. Der durch die Richtlinie 76/308 festgelegte Anwendungsbereich der gegenseitigen Unterstützung bei der Steuerbeitreibung wurde nämlich erst durch die Richtlinie 2001/44 auf Forderungen im Zusammenhang mit Einkommensteuern ausgeweitet. Außerdem sah das Doppelbesteuerungsabkommen im maßgebenden Zeitraum keine gegenseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen vor; darüber schlossen diese beiden Staaten erst im Mai 1999 ein Abkommen.

49.   Was die von einem gebietsfremden Dienstleistungserbringer für den maßgebenden Zeitraum geschuldete Einkommensteuer angeht, so bin ich der Ansicht, dass die Anwendung der Technik des Steuerabzugs durch die Notwendigkeit gerechtfertigt war, die Effizienz der Erhebung dieser Steuer zu gewährleisten, und ein angemessenes Mittel darstellte, um die Beitreibung der Steuerforderung des Erhebungsstaats zu sichern.

50.   Dasselbe gilt meiner Meinung nach für die eventuell eintretende Haftung eines zum Steuerabzug verpflichteten Dienstleistungsempfängers, mit der gegebenenfalls ein Unterlassen des Steuerabzugs geahndet werden kann. Da diese Haftung nämlich das Korrelat dieser Technik der Einkommensteuererhebung ist, trägt sie ebenfalls in angemessener Weise zur Gewährleistung der Effizienz dieser Erhebung bei.

51.   In Bezug auf eine für den maßgebenden Zeitraum geschuldete Einkommensteuer sind die Artikel 59 und 60 des Vertrages daher meiner Ansicht nach dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, wonach im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Dienstleistungsempfänger in diesem Mitgliedstaat in Haftung genommen werden kann, weil er von der Vergütung, die dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer als Gegenleistung für die fragliche Dienstleistung gewährt wurde, keinen Steuerabzug vorgenommen hat, während die Vergütung an einen im erstgenannten Staat ansässigen Dienstleistungserbringer keinem solchen Abzug unterliegen würde und folglich keine Haftung des Schuldners dieser Vergütung – des Dienstleistungsempfängers – wegen eines unterlassenen Steuerabzugs in Betracht käme.

52.   Da ich vorschlage, die erste Frage zu verneinen, braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.

53.   Nun ist zu prüfen, ob bestimmte in den deutschen Steuervorschriften vorgesehene Modalitäten des Steuerabzugs den Anforderungen der Artikel 59 und 60 des Vertrages entsprechen. Hierum geht es in der Vorlagefrage 3 a.

B –    Zur Vorlagefrage 3 a

54.   Mit dieser Frage ersucht der Bundesfinanzhof den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Frage, ob die Artikel 59 und 60 des Vertrages dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Steuervorschriften entgegenstehen, wonach der Schuldner der an einen gebietsfremden Dienstleistungserbringer gezahlten Vergütung im Rahmen des Steuerabzugs die zu versteuernden Einkünfte nicht um die Betriebsausgaben des Dienstleistungserbringers mindern kann, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dessen Tätigkeiten im Land der Dienstleistungserbringung stehen, während ein im Inland ansässiger Dienstleistungserbringer nur mit seinen Nettoeinkünften, d. h. den Einkünften nach Abzug der Betriebsausgaben, der Einkommensteuer unterliegen würde.

55.   Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst der Beitrag genau zu bestimmen, den das Urteil Gerritse zur Frage der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben leistet.

56.   In dieser Rechtssache hatte Herr Gerritse, ein in den Niederlanden wohnhafter niederländischer Staatsangehöriger, im Jahr 1996 als Gegenleistung für einen Auftritt als Schlagzeuger bei einem Radiosender in Berlin eine Vergütung erhalten. Von dieser Vergütung war im Wege des Steuerabzugs eine Einkommensteuer in Höhe von 25 % erhoben worden. Herr Gerritse und die Kommission machten vor dem Gerichtshof u. a. geltend, dass, während im Fall selbständiger Arbeit eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nur dessen Gewinn der Einkommensteuer unterliege und Betriebsausgaben im Allgemeinen nicht in die Besteuerungsgrundlage eingingen, bei einem beschränkt Steuerpflichtigen die 25 %ige Steuer auf die Einnahmen erhoben werde und die Betriebsausgaben nicht abziehbar seien(24). Herr Gerritse hatte ferner auf die schwerwiegenden Folgen der beanstandeten deutschen Steuervorschriften für gebietsfremde Künstler auf Tournee in Deutschland hingewiesen, die oft sehr hohe Betriebsausgaben hätten.

57.   Der Gerichtshof hat in seinem Urteil für Recht erkannt, dass „die Gefahr [besteht], dass sich nationale Rechtsvorschriften, die Gebietsfremden bei der Besteuerung den Abzug von Betriebsausgaben verweigern, der Gebietsansässigen hingegen gewährt wird, hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken und damit zu einer grundsätzlich gegen die Artikel 59 und 60 EG-Vertrag verstoßenden mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen“(25).

58.   Um zu einer solchen Feststellung zu gelangen, musste sich der Gerichtshof vergewissern, ob die Situation Gebietsansässiger und Gebietsfremder im Hinblick auf die Möglichkeit des Abzugs von Betriebsausgaben vergleichbar war. Er hat dazu festgestellt, dass „die fraglichen Betriebsausgaben unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängen, aus der die in Deutschland zu versteuernden Einkünfte erzielt wurden, so dass Gebietsansässige und Gebietsfremde sich insoweit in einer vergleichbaren Situation befinden“(26).

59.   Das Kriterium der Vergleichbarkeit von Gebietsansässigen und Gebietsfremden beruht hier auf dem Gedanken, dass bei diesen beiden Gruppen von Steuerpflichtigen die Einkünfte, die sie für eine bestimmte in Deutschland ausgeübte berufliche Tätigkeit erhalten, in gleicher Weise aufgrund der Betriebsausgaben, die sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Tätigkeit aufwenden mussten, gekürzt werden. Da unter diesem Blickwinkel kein objektiver Unterschied zwischen ihnen besteht, stellt es eine gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstoßende mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, sie in Bezug auf die Möglichkeit des Abzugs dieser Ausgaben ungleich zu behandeln.

60.   Der Gerichtshof hat daher festgestellt, dass gebietsansässige und gebietsfremde Dienstleistungserbringer hinsichtlich ihrer Besteuerungsgrundlage gleichbehandelt werden müssten. Er wurde jedoch nicht ausdrücklich dazu befragt, in welchem Stadium des Besteuerungsverfahrens die Betriebsausgaben eines Dienstleistungserbringers zu berücksichtigen seien, und hat sich daher auch nicht ausdrücklich dazu geäußert.

61.   Der Bundesfinanzhof möchte nun, dass der Gerichtshof ausdrücklich feststellt, ob es gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstößt, wenn der Abzug dieser Betriebsausgaben von den zu versteuernden Einkünften nicht in dem Zeitpunkt erfolgen kann, in dem der Vergütungsschuldner die Steuer einbehält.

62.   Sieht das nationale Steuerrecht für einen gebietsfremden Dienstleistungserbringer kein Jahresausgleichs- oder Erstattungsverfahren vor, mit dem seine Betriebsausgaben nachträglich, d. h. nach Durchführung des Steuerabzugs, berücksichtigt werden können, so ist klar, dass es zwangsläufig gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages, wie sie vom Gerichtshof im Urteil Gerritse ausgelegt wurden, verstößt, wenn diese Ausgaben nicht in dem Zeitpunkt, in dem der Vergütungsschuldner die Steuer einbehält, die zu versteuernden Einkünfte mindern können.

63.   In diesem Fall käme nämlich die Nichtberücksichtigung der Betriebsausgaben im Stadium des Steuerabzugs der Aufrechterhaltung einer Ungleichbehandlung von gebietsansässigen und gebietsfremden Dienstleistungserbringern bereits hinsichtlich der Möglichkeit des Abzugs dieser Ausgaben gleich, was, wie der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt hat, eine gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstoßende mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellt.

64.   Zur Möglichkeit für beschränkt Steuerpflichtige, nachträglich die Berücksichtigung ihrer Betriebsausgaben zu erwirken, ist außerdem der Hinweis darauf angebracht, dass der Gerichtshof im Urteil Schumacker im Hinblick auf die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer deutsche Steuervorschriften geprüft hat, wonach Verfahren wie der Lohnsteuer-Jahresausgleich und die Veranlagung zur Steuer auf Einkommen aus unselbständiger Arbeit durch die Verwaltung nur für Gebietsansässige gelten.

65.   Der Gerichtshof hat zunächst festgestellt, dass nach den Angaben des vorlegenden Gerichts aufgrund der befreienden Wirkung des Abzugs der Steuer „Gebietsfremden … aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung … die Möglichkeit genommen [wird], im Rahmen des Verfahrens des Lohnsteuer-Jahresausgleichs oder des Verfahrens der Veranlagung zur Steuer auf Einkommen aus unselbständiger Arbeit durch die Verwaltung Besteuerungsgrundlagen wie Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen, die zu einer teilweisen Erstattung der abgezogenen Lohnsteuer führen könnten“(27). Daraus könne sich „für Gebietsfremde ein Nachteil gegenüber Gebietsansässigen“ ergeben, da die deutschen Steuervorschriften für Letztere „eine Besteuerung unter Einbeziehung aller Besteuerungsgrundlagen“(28) vorschrieben.

66.   In diesem Kontext steht die Feststellung des Gerichthofes, dass „Artikel 48 des Vertrages die verfahrensrechtliche Gleichbehandlung gebietsfremder Gemeinschaftsangehöriger mit gebietsansässigen Inländern vorschreibt“(29), in engem Zusammenhang mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Erstere nicht ohne objektiven Grund höher als Letztere zu besteuern.

67.   Diese Erwägungen haben den Gerichtshof zu der Feststellung veranlasst, dass „Artikel 48 des Vertrages so auszulegen ist, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats im Bereich der direkten Steuern entgegensteht, die Verfahren wie den Lohnsteuer-Jahresausgleich und die Einkommensteuerveranlagung durch die Verwaltung nur für Gebietsansässige vorsehen und natürliche Personen, die im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, dort jedoch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, davon ausschließen“(30).

68.   Da diese Erwägungen auch auf die Dienstleistungsfreiheit angewandt werden können, lässt sich daraus meiner Ansicht nach ableiten, dass es ebenfalls gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstößt, wenn die Betriebsausgaben gebietsfremder Dienstleistungserbringer nicht nachträglich berücksichtigt werden, während diese Möglichkeit für gebietsansässige Dienstleistungserbringer besteht.

69.   Zu der Frage, ob es im deutschen Steuerrecht ein Verfahren gibt, wonach gebietsfremde Dienstleistungserbringer nachträglich die Berücksichtigung ihrer Betriebsausgaben erwirken und so Erstattung einer eventuellen Differenz zwischen dem Betrag der in Deutschland erhaltenen Nettoeinkünfte und dem des Steuerabzugs erhalten können(31), verweist das vorlegende Gericht auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 3. November 2003(32).

70.   Scorpio macht in ihren schriftlichen Erklärungen(33) dagegen geltend, dass anders als für gebietsansässige Dienstleistungserbringer für beschränkt Steuerpflichtige im Streitjahr 1993 keine Möglichkeit einer nachträglichen Berücksichtigung ihrer Betriebsausgaben bestanden habe. Außerdem habe erst ab dem Kalenderjahr 1996 überhaupt die Möglichkeit bestanden, nachträglich die Erstattung einer zu hoch erhobenen Steuer in einem so genannten „vereinfachten Erstattungsverfahren“ geltend zu machen(34).

71.   Diese Gesichtspunkte lassen Zweifel daran aufkommen, dass es 1993 ein Erstattungsverfahren gab, das die nachträgliche Berücksichtigung der Betriebsausgaben gebietsfremder Dienstleistungserbringer ermöglichte; für die Feststellung des im Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Rechts ist jedoch das vorlegende Gericht zuständig. Es ist somit Sache des Bundesfinanzhofs, zu prüfen, ob die zur Zeit der streitigen Ereignisse geltenden deutschen Steuervorschriften ein Erstattungsverfahren für gebietsfremde Dienstleistungserbringer vorsahen. Sollte der Bundesfinanzhof aufgrund dieser Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass diese Dienstleistungserbringer ihre Betriebsausgaben nicht nachträglich berücksichtigen lassen konnten, während diese Möglichkeit für gebietsansässige Dienstleistungserbringer bestand, so müsste er feststellen, dass die damals geltenden Rechtsvorschriften in diesem Punkt gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages, wie sie vom Gerichtshof in den Urteilen Schumacker und Gerritse ausgelegt wurden, verstoßen haben.

72.   Im Anschluss an diese Ausführungen weise ich darauf hin, dass sich aus dem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs ergibt, dass dieser von einer anderen Prämisse ausgehend wissen möchte, ob die Steuererhebung im Wege eines auf der Grundlage der Bruttoeinkünfte berechneten Steuerabzugs und die daraus abgeleitete Haftungsregelung angesichts der Feststellungen des Gerichtshofes im Urteil Gerritse auch dann eine gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstoßende mittelbare Diskriminierung darstellen, wenn dem gebietsfremden Leistungserbringer die Möglichkeit geboten wird, die eventuelle Differenz zwischen dem Betrag der in Deutschland erhaltenen Nettoeinkünfte und dem des Steuerabzugs nachträglich erstattet zu bekommen(35).

73.   Mit anderen Worten, sollte der Gerichtshof so weit gehen, eine Auslegung zu vertreten, wonach es selbst in dem Fall, dass die nationalen Steuervorschriften eine Möglichkeit zur nachträglichen Berücksichtigung der Betriebsausgaben eines gebietsfremden Dienstleistungserbringers vorsehen, gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstößt, wenn der Vergütungsschuldner diese Ausgaben nach den genannten Vorschriften nicht in dem Zeitpunkt steuermindernd berücksichtigen kann, in dem er den Steuerabzug vornimmt?

74.   Ich denke nicht.

75.   Da nämlich der dargestellte nationale Verfahrensrahmen es einem gebietsfremden Dienstleistungserbringer letztlich ermöglicht, seine zu versteuernden Einkünfte um seine Betriebsausgaben zu mindern, ist meiner Meinung nach im Hinblick auf die vorstehend analysierte Rechtsprechung ausschlaggebend, dass dieser Dienstleistungserbringer am Ende nicht höher besteuert wird als ein in Deutschland ansässiger Dienstleistungserbringer. Da also diese beiden Gruppen von Steuerpflichtigen hinsichtlich der ihnen eingeräumten Möglichkeit, die Betriebsausgaben von ihren zu versteuernden Einkünften abzuziehen, in vergleichbarer Weise behandelt werden, bin ich der Ansicht, dass der Umstand, dass diese Ausgaben nicht in dem Zeitpunkt von den zu versteuernden Einkünften des gebietsfremden Dienstleistungserbringers abgezogen werden können, in dem die Steuer einbehalten wird, allein nicht gegen die Artikel 59 und 60 des Vertrages verstößt.

76.   Ich bin daher der Meinung, dass dem Bundesfinanzhof zu antworten ist, dass die Artikel 59 und 60 des Vertrages dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Steuervorschriften nicht entgegenstehen, wonach der Schuldner der an einen gebietsfremden Dienstleistungserbringer gezahlten Vergütung im Rahmen des Steuerabzugs die zu versteuernden Einkünfte nicht um die Betriebsausgaben des Dienstleistungserbringers mindern kann, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dessen Tätigkeiten im Land der Dienstleistungserbringung stehen, jedoch unter der Bedingung, dass diese Ausgaben nachträglich berücksichtigt werden können und ein gebietsfremder Dienstleistungserbringer letztlich also nicht höher besteuert wird als ein gebietsansässiger Dienstleistungserbringer.

77.   Da ich dem Gerichtshof somit vorschlage, die Vorlagefrage 3 a zu verneinen, braucht die Frage 3 b nicht beantwortet zu werden. Ich wende mich also direkt der Prüfung der Frage 3 c zu.

C –    Zur Vorlagefrage 3 c

78.   Mit dieser Frage möchte der Bundesfinanzhof vom Gerichtshof wissen, ob die Artikel 59 und 60 des Vertrages dahin auszulegen sind, dass gegen sie verstoßen wird, wenn die Steuerbefreiung, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande einem gebietsfremden Dienstleistungserbringer, der in Deutschland tätig war, zusteht, nicht vom Vergütungsschuldner im Steuerabzugsverfahren berücksichtigt werden kann, sondern erst in einem nachfolgenden Freistellungs- oder Erstattungsverfahren, und wenn sich der Vergütungsschuldner im Rahmen eines gegen ihn eingeleiteten Haftungsverfahrens nicht auf diese Steuerbefreiung berufen darf.

79.   Ich erinnere daran, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Einkünfte aus künstlerischen Darbietungen nach den Angaben des vorlegenden Gerichts aufgrund des zwischen Deutschland und den Niederlanden geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens nur in den Niederlanden, nicht jedoch in Deutschland zu versteuern waren(36).

80.   Ich weise ferner darauf hin, dass § 50d Absatz 1 EStG vorsieht, dass, wenn Einkünfte, die dem Steuerabzug aufgrund des § 50a dieses Gesetzes unterliegen, nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden können, die nationalen Steuervorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer durch den Schuldner der Vergütung dennoch ungeachtet des Abkommens anzuwenden sind. In diesem Fall bleibt der Anspruch des Gläubigers der Vergütung auf völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer unberührt.

81.   Aus § 50d Absatz 3 Satz 1 EStG ergibt sich jedoch, dass der Vergütungsschuldner den Steuerabzug nach Maßgabe eines solchen Abkommens unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vornehmen kann, wenn das BfF auf Antrag bescheinigt, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen (Freistellungsverfahren). Der Vergütungsschuldner ist somit zum Steuerabzug verpflichtet, sofern nicht vom BfF eine Freistellungsbescheinigung erteilt wurde.

82.   Der erste Teil der Frage 3 c ist somit so zu verstehen, dass im Wesentlichen geklärt werden soll, ob die Artikel 59 und 60 des Vertrages nationalen Steuervorschriften entgegenstehen, wonach die Berücksichtigung einer sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebenden Steuerbefreiung im Stadium des Steuerabzugs nur zulässig ist, wenn von der zuständigen Steuerbehörde eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird.

83.   Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, „[sind i]n Ermangelung gemeinschaftlicher Maßnahmen zur Vereinheitlichung oder Harmonisierung insbesondere nach Artikel 220 zweiter Gedankenstrich EG-Vertrag (jetzt Artikel 293 zweiter Gedankenstrich EG) … die Mitgliedstaaten weiterhin dafür zuständig, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um gegebenenfalls im Vertragswege die Doppelbesteuerung zu vermeiden. In diesem Zusammenhang steht es den Mitgliedstaaten frei, im Rahmen bilateraler Doppelbesteuerungsabkommen die Anknüpfungspunkte für die Aufteilung der Steuerhoheit festzulegen.“(37)

84.   Der Gerichtshof hat außerdem ausgeführt, dass „[b]ei der Ausübung der auf diese Weise aufgeteilten Steuerhoheit … die Mitgliedstaaten sich jedoch nicht über die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften hinwegsetzen [können]“(38), da sie ihre Zuständigkeit im Bereich der direkten Steuern unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen.

85.   In der vorliegenden Rechtssache besteht eine der Schwierigkeiten darin, festzustellen, ob das Verfahren, das ein gebietsfremder Dienstleistungserbringer einleiten muss, um vom BfF eine Freistellungsbescheinigung zu erhalten, soweit mit ihm überprüft werden soll, ob die im Doppelbesteuerungsabkommen festgelegten Kriterien für die Einkommensbesteuerung beachtet werden, unter die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit fällt.

86.   Da die Durchführung dieses Verfahrens in engem Zusammenhang mit der Definition der Anknüpfungspunkte für die Aufteilung der Steuerhoheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande steht, könnte man die Ansicht vertreten, dass das Verfahren nicht unter das Gemeinschaftsrecht fällt und nur die bilaterale Beziehung betrifft, die diese beiden Staaten miteinander eingegangen sind, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

87.   Die Frage des vorlegenden Gerichts betrifft jedoch nicht die Definition der Besteuerungskriterien, nach denen die Steuerhoheit dieser beiden Staaten untereinander aufgeteilt wird, sondern die Ausübung dessen durch die Bundesrepublik Deutschland, was ihrer Ansicht nach unter ihre Besteuerungsbefugnis gegenüber einem gebietsfremden Dienstleistungserbringer fällt, wenn dieser eine Freistellungsbescheinigung weder beantragt noch erhalten hat. Bei der Ausübung dieser Befugnis hat die Bundesrepublik Deutschland jedoch das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Artikel 59 und 60 des Vertrages zu beachten.

88.   Meiner Meinung nach stellt die Verpflichtung eines gebietsfremden Dienstleistungserbringers, beim BfF eine Freistellungsbescheinigung zu beantragen, um einer Besteuerung seiner Einkünfte in Deutschland zu entgehen, aufgrund der administrativen Schritte, die der Dienstleistungserbringer infolgedessen zu unternehmen hat, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

89.   Ich bin jedoch der Ansicht, dass diese Beschränkung im Hinblick auf die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Anwendung des Steuerabzugsverfahrens objektiv gerechtfertigt ist.

90.   Wie das Königreich Belgien vorträgt, erscheint es nämlich wichtig, dass der Vergütungsschuldner nur dann von der Einbehaltung der Steuer entbunden wird, wenn er sich sicher ist, dass der Dienstleistungserbringer die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllt(39). Außerdem halte ich es für gerechtfertigt, der zuständigen Steuerbehörde die Prüfung zu erlauben, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen, da, wie die Bundesrepublik Deutschland ausführt, dem Vergütungsschuldner nicht zugemutet werden kann, selbst die Frage zu klären, ob in jedem Einzelfall die betreffenden Einkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei sind oder nicht(40). Würde dem Vergütungsschuldner gestattet, sich einseitig vom Steuerabzug zu befreien, könnte dies schließlich, wenn er sich irrt, zur Folge haben, dass die Erhebung der Steuer beim Vergütungsgläubiger gefährdet würde.

91.   Ich bin daher der Ansicht, dass die Artikel 59 und 60 des Vertrages nationalen Steuervorschriften nicht entgegenstehen, wonach die Berücksichtigung einer sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebenden Steuerbefreiung im Stadium des Steuerabzugs nur zulässig ist, wenn von der zuständigen Steuerbehörde eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird.

92.   Zur Beantwortung des zweiten Teils der Frage 3 c bleibt nunmehr festzustellen, ob es gegen Artikel 59 des Vertrages verstößt, wenn sich der Vergütungsschuldner in einem gegen ihn eingeleiteten Haftungsverfahren nicht auf die sich aus dem Doppelbesteuerungsabkommen ergebende Steuerbefreiung berufen kann(41).

93.   Wie bei der Prüfung der ersten Frage dargelegt, sind die Artikel 59 und 60 des Vertrages meiner Ansicht nach dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, wonach im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Dienstleistungsempfänger in diesem Mitgliedstaat in Haftung genommen werden kann, weil er von der Vergütung, die dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer als Gegenleistung für die fragliche Dienstleistung gewährt wurde, keinen Steuerabzug vorgenommen hat.

94.   Dieses Haftungsverfahren, das das Korrelat des Steuerabzugsverfahrens ist, trägt nämlich in angemessener Weise zur Erreichung des in der Gewährleistung einer effizienten Steuererhebung bestehenden Zieles bei.

95.   Was jedoch die Modalitäten der Durchführung des Haftungsverfahrens betrifft, so erscheint es mir im Hinblick auf dieses Ziel unangemessen, dass sich der Vergütungsschuldner im Rahmen dieses Verfahrens nicht auf eine sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebende Steuerbefreiung berufen kann.

96.   Wenn der Vergütungsgläubiger keine Freistellungsbescheinigung beantragt hat und der Schuldner der betreffenden Vergütung trotzdem entschieden hat, keinen Steuerabzug vorzunehmen, und daraufhin von der deutschen Steuerverwaltung in Haftung genommen wird, verletzt es meiner Meinung nach die Dienstleistungsfreiheit, wenn er absolut keine Möglichkeit erhält, die sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebenden Rechte des Gläubigers geltend zu machen. Ein solches Verbot kann ihn nämlich davon abbringen, sich an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer zu wenden, und geht über das hinaus, was im Hinblick auf das in der Gewährleistung einer effizienten Steuererhebung bestehende Ziel erforderlich ist.

97.   Wie Scorpio ausgeführt hat, ist dazu zu bemerken, dass es der deutschen Steuerverwaltung im Stadium des Haftungsverfahrens möglich ist, zu prüfen, ob die im Doppelbesteuerungsabkommen aufgestellten Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt sind, und sie sollte, falls dies der Fall ist, von der Weiterführung dieses Verfahrens gegen den Vergütungsschuldner wegen einer Steuer, von der letztlich feststeht, dass sie nicht in Deutschland zu zahlen ist, absehen können(42). Wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens vorträgt, ist ferner zu bemerken, dass, wenn das BfF eine solche Prüfung im Rahmen eines dem Steuerabzug vorangehenden Steuerbefreiungsverfahrens vornehmen kann, die deutsche Steuerverwaltung dies im Rahmen eines nachfolgenden Haftungsverfahrens auch können sollte(43).

98.   Aufgrund dieser Gesichtspunkte schlage ich vor, dem Bundesfinanzhof zu antworten, dass die Artikel 59 und 60 des Vertrages dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Steuervorschriften nicht entgegenstehen, wonach die Berücksichtigung einer sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebenden Steuerbefreiung im Stadium des Steuerabzugs nur zulässig ist, wenn von der zuständigen Steuerbehörde eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird. Dagegen verstößt es gegen Artikel 59 des Vertrages, wenn sich der Vergütungsschuldner im Rahmen eines gegen ihn eingeleiteten Haftungsverfahrens nicht auf die sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebende Steuerbefreiung berufen kann.

D –    Zur Vorlagefrage 3 d

99.   Mit dieser letzten Frage möchte der Bundesfinanzhof vom Gerichtshof wissen, ob die Fragen 3 a bis 3 c anders zu beantworten wären, wenn der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Vergütungsgläubiger im Zeitpunkt der Erbringung seiner Dienstleistung nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats wäre(44).

100. Damit wird die grundsätzliche Frage gestellt, ob die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit anwendbar sind, wenn der Dienstleistungsempfänger, der sich auf diese Bestimmungen beruft, Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats und der Erbringer der betreffenden Dienstleistungen Staatsangehöriger eines Drittstaats ist.

101. Zunächst ist die Zulässigkeit dieser Frage zu prüfen.

102. Das vorlegende Gericht führt aus, dass es die Staatsangehörigkeit von Europop nicht kenne. Seine Frage beruht somit auf einer Annahme, die noch zu überprüfen ist. Der Gerichtshof kann es nach ständiger Rechtsprechung jedoch ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu entscheiden, „wenn das Problem hypothetischer Natur ist“(45).

103. Ich bin der Ansicht, dass es der Gerichtshof jedoch akzeptieren könnte, die Frage des Bundesfinanzhofs zu beantworten, da dieser als Revisionsgericht im Unterschied zur Tatsacheninstanz keine Feststellungen über Tatsachen trifft. Der Bundesfinanzhof hat die Aufgabe, auf der Grundlage des vom Finanzgericht als erstinstanzlichem Gericht festgestellten Sachverhalts Grundsatzfragen zu beantworten. Das zuständige Finanzgericht, an das die Rechtssache verwiesen würde, müsste somit aufgrund der Antwort des Gerichtshofes auf diese Frage feststellen, ob Europop im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besaß.

104. Da es sich hier außerdem um eine Grundsatzfrage handelt, zu der der Gerichtshof, soweit ich weiß, noch nicht Stellung genommen hat, unterbreite ich ihm meine Analyse, um ihm gegebenenfalls die Beantwortung dieser Frage zu ermöglichen.

105. Zu diesem Zweck ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Artikel 59 des Vertrages nach einer ständigen Rechtsprechung nicht nur dem Dienstleistenden selbst, sondern auch dem Empfänger der Dienstleistungen Rechte verleiht(46). Insbesondere verleiht diese Vorschrift dem Dienstleistungsempfänger das Recht, sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne durch Beschränkungen daran gehindert zu werden(47).

106. Artikel 59 des Vertrages schützt nicht nur den innergemeinschaftlichen Ortswechsel des Erbringers oder des Empfängers einer Dienstleistung, sondern auch den „Ortswechsel“ der Dienstleistung selbst. So ergibt sich aus dem Urteil Alpine Investments(48), dass diese Vorschrift das „cold calling“ erfasst, bei dem ein Dienstleistungserbringer telefonisch Kontakt mit in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Personen aufnimmt, um ihnen verschiedene Finanzdienstleistungen anzubieten, die er ohne Ortswechsel von dem Mitgliedstaat aus erbringt, in dem er ansässig ist(49).

107. Dazu wurde bemerkt, dass „sich die Tragweite, die der Gerichtshof dem Begriff der Dienstleistung im Sinne von [Artikel 60 des Vertrages] beigemessen hat, mit dem Ziel einer Liberalisierung des Handels erklärt, das der Vertrag im Hinblick auf die Verwirklichung eines Binnenmarkts verfolgt. Dieser umfasst nämlich Dienstleistungen, die von einem Mitgliedstaat aus im anderen erbracht werden, auch wenn weder die Erbringer dieser Dienstleistungen, noch deren tatsächliche oder potenzielle Empfänger die Grenzen überqueren“(50).

108. Diese Auslegung gilt meiner Meinung nach auch dann, wenn es der Dienstleistungsempfänger ist, der sich auf die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit beruft. Was in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens zählt, ist, dass die Dienstleistung, die – wir erinnern uns – im Zurverfügungstellen einer Musikergruppe besteht, von einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfänger erbracht wird und somit einen innergemeinschaftlichen „Ortswechsel“ vollzieht. Im vorliegenden Fall ist der „Ortswechsel“ der Dienstleistung, der in der physischen Bewegung der Musikergruppe zum Ausdruck kommt, noch greifbarer als bei einem Dienstleistungsangebot per Telefon oder Internet.

109. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens sollte daher als Empfängerin der von Europop erbrachten Dienstleistung die subjektiven Rechte geltend machen können, die ihr Artikel 59 des Vertrages verleiht.

110. Würde dies aber auch dann gelten, wenn sich herausstellte, dass der Dienstleistungserbringer die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzt?

111. Meiner Ansicht nach ist dies zu bejahen.

112. Ich habe vorstehend ausgeführt, dass Artikel 59 des Vertrages sowohl dem Erbringer als auch dem Empfänger von Dienstleistungen unmittelbar Rechte verleiht. Beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts können sich nur die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf diese Rechte berufen(51).

113. So ergibt sich für den Dienstleistungserbringer aus dem Wortlaut des Artikels 59 Absätze 1 und 2 des Vertrages ausdrücklich, dass er nicht nur in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässig sein, sondern auch Staatsangehöriger eines dieser Staaten sein muss, um in den Genuss der Dienstleistungsfreiheit zu kommen.

114. Artikel 59 Absatz 2 des Vertrages sieht jedoch die bis heute nicht verwirklichte Möglichkeit vor, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließt, dass das Kapitel über die Dienstleistungen auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, die die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind(52).

115. Ich stelle fest, dass eine solche Möglichkeit für Dienstleistungsempfänger, die die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind, nicht vorgesehen ist(53). Das Fehlen einer solchen Bestimmung spricht meiner Meinung nach dafür, dass sich nur Dienstleistungsempfänger, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind, auf die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit berufen können(54). Außerdem ist nicht ersichtlich, weshalb Angehörige von Drittstaaten als Dienstleistungsempfänger günstiger gestellt sein sollten als als Dienstleistungserbringer(55).

116. Die Zweifel des Bundesfinanzhofs betreffen jedoch einen ganz anderen Fall.

117. Wie bereits dargelegt, handelt es sich um den Fall, dass der zweifelsfrei einem Mitgliedstaat angehörende Dienstleistungsempfänger beantragt, dass ihm im Rahmen der Beziehung, die er zu einem Dienstleistungserbringer unterhält, dessen Staatsangehörigkeit dem vorlegenden Gericht nicht bekannt ist, die Rechte gewährt werden, die sich aus den Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit ergeben.

118. Meiner Meinung nach ist die Staatsangehörigkeit des Dienstleistungserbringers in einem solchen Fall für die dem Dienstleistungsempfänger zustehenden Rechte unerheblich.

119. Dazu ist zu bemerken, dass weder aus dem Wortlaut des Artikels 59 des Vertrages noch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Freiheit für einen Dienstleistungserbringer von der Voraussetzung abhinge, dass er nachweist, dass sein Vertragspartner – der Dienstleistungsempfänger – Angehöriger eines Mitgliedstaats ist.

120. Dies trifft erst recht zu, wenn es der Dienstleistungsempfänger ist, der sich auf diese Vorschrift beruft. Um ein in den Schlussanträgen des Generalanwalts Elmer in der Rechtssache Svensson und Gustavsson angeführtes Beispiel aufzugreifen, kann meiner Meinung nach das Recht, in einen anderen Mitgliedstaat als Tourist einzureisen, um Dienstleistungen zu empfangen, ohne diskriminiert zu werden, nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Dienstleistungsempfänger den Nachweis erbringt, dass die Leistungserbringer, z. B. die Eigentümer eines Hotels, Angehörige eines Mitgliedstaats sind(56).

121. Wie die Kommission bemerkt, ist außerdem eine Unterscheidung anhand der Staatsangehörigkeit des Dienstleistungserbringers weder gerechtfertigt noch praktikabel, da sie dem Dienstleistungsempfänger auferlegen würde, systematisch Informationen über die Staatsangehörigkeit seiner in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vertragspartner einzuholen und zu verifizieren(57).

122. Wie Scorpio meiner Meinung nach zu Recht geltend macht, würde die Dienstleistungsfreiheit schließlich eines beträchtlichen Teils ihrer Wirkung beraubt, wenn man der Ansicht folgte, dass der Schutz des Dienstleistungsempfängers von der Staatsangehörigkeit seines Vertragspartners abhänge(58).

123. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auf die Frage 3 d zu antworten, dass Artikel 59 des Vertrages dahin auszulegen ist, dass er anwendbar ist, wenn der Dienstleistungsempfänger, der sich auf diese Vorschrift beruft, Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats und der Dienstleistungserbringer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist.

V –    Ergebnis

124. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Bundesfinanzhof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      In Bezug auf eine für den maßgebenden Zeitraum geschuldete Einkommensteuer sind die Artikel 59 EWG-Vertrag (später Artikel 59 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EWG-Vertrag (später Artikel 60 EG-Vertrag, jetzt Artikel 50 EG) dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, wonach im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Dienstleistungsempfänger in diesem Mitgliedstaat in Haftung genommen werden kann, weil er von der Vergütung, die dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer als Gegenleistung für die fragliche Dienstleistung gewährt wurde, keinen Steuerabzug vorgenommen hat, während die Vergütung an einen im erstgenannten Staat ansässigen Dienstleistungserbringer keinem solchen Abzug unterliegen würde und folglich keine Haftung des Schuldners dieser Vergütung – des Dienstleistungsempfängers – wegen eines unterlassenen Steuerabzugs in Betracht käme.

2.      Die Artikel 59 und 60 des Vertrages sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Steuervorschriften nicht entgegenstehen, wonach der Schuldner der an einen gebietsfremden Dienstleistungserbringer gezahlten Vergütung im Rahmen des Steuerabzugs die zu versteuernden Einkünfte nicht um die Betriebsausgaben des Dienstleistungserbringers mindern kann, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dessen Tätigkeiten im Land der Dienstleistungserbringung stehen, jedoch unter der Bedingung, dass diese Ausgaben nachträglich berücksichtigt werden können und ein gebietsfremder Dienstleistungserbringer letztlich also nicht höher besteuert wird als ein gebietsansässiger Dienstleistungserbringer.

3.      Die Artikel 59 und 60 des Vertrages sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Steuervorschriften nicht entgegenstehen, wonach die Berücksichtigung einer sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebenden Steuerbefreiung im Stadium des Steuerabzugs nur zulässig ist, wenn von der zuständigen Steuerbehörde eine Freistellungsbescheinigung erteilt wird. Dagegen verstößt es gegen Artikel 59 des Vertrages, wenn sich der Vergütungsschuldner im Rahmen eines gegen ihn eingeleiteten Haftungsverfahrens nicht auf die sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergebende Steuerbefreiung berufen kann.

4.      Artikel 59 des Vertrages ist dahin auszulegen, dass er anwendbar ist, wenn der Dienstleistungsempfänger, der sich auf diese Vorschrift beruft, Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats und der Dienstleistungserbringer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Da sich der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, wie wir sehen werden, während des ersten und dritten Quartals 1993, also vor Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht, abgespielt hat, findet der EWG-Vertrag auf diesen Sachverhalt Anwendung.


3 – In der Fassung des Steueränderungsgesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297) (im Folgenden: EStG).


4 – § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d EStG.


5 – § 50a Absatz 4 Sätze 3, 5 und 6 EStG.


6 – § 50a Absatz 5 Sätze 1 und 2 EStG.


7 – § 50a Absatz 5 Sätze 3 und 5 EStG.


8 – § 50 Absatz 5 EStG. Es handelt sich um die so genannte „befreiende“ Wirkung des Steuerabzugs.


9 – § 50d Absatz 1 Sätze 1 und 2 EStG. Dieser Anspruch ist durch Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck geltend zu machen.


10 – Im Folgenden: BfF.


11 – § 50d Absatz 3 Satz 1 EStG.


12 – § 50d Absatz 1 letzter Satz EStG.


13 – Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16. Juni 1959 (BGBl. 1960 II S. 1782, im Folgenden: Doppelbesteuerungsabkommen). Das vorlegende Gericht verweist auf Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, Artikel 2 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 5 und Artikel 20 Absatz 1 dieses Abkommens (Vorlagebeschluss, S. 9).


14 – Urteil in der Rechtssache C-234/01 (Slg. 2003, I-5933).


15 – Richtlinie des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen (ABl. L 73, S. 18).


16 – Richtlinie des Rates vom 15. Juni 2001 zur Änderung der Richtlinie 76/308 und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchsteuern (ABl. L 175, S. 17). In der dritten Begründungserwägung der Richtlinie 2001/44 heißt es, dass „der Anwendungsbereich der in der Richtlinie [76/308] vorgesehenen gegenseitigen Unterstützung auf Forderungen in Bezug auf bestimmte Einkommen- und Kapitalsteuern … ausgedehnt werden [sollte]“.


17 – BStBl. 2000 I S. 66.


18 – Das vorlegende Gericht zitiert das Urteil vom 26. Oktober 1999 in der Rechtssache C-294/97 (Eurowings Luftverkehr, Slg. 1999, I-7447).


19 – Vgl. u. a. Urteil vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C-136/00 (Danner, Slg. 2002, I-8147, Randnr. 28 und die dort zitierte Rechtsprechung).


20 – Vgl. insbesondere Urteile vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-381/93 (Kommission/Frankreich, Slg. 1994, I-5145, Randnr. 16) und vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-118/96 (Safir, Slg. 1998, I-1897, Randnr. 22).


21 – Vgl. z. B. die vorstehend zitierten Urteile Kommission/Frankreich (Randnr. 17), Safir (Randnr. 23) und Danner (Randnr. 29).


22 – Vgl. insbesondere Urteile vom 8. Mai 1990 in der Rechtssache C-175/88 (Biehl, Slg 1990, I-1779), vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93 (Schumacker, Slg. 1995, I-225) und vom 26. Oktober 1995 in der Rechtssache C-151/94 (Kommission/Luxemburg, Slg. 1995, I-3685).


23 – Schriftliche Erklärungen (S. 11).


24 – Wie in Randnr. 25 des Urteils Gerritse ausgeführt wird, sah das EStG 1996 jedoch eine Ausnahme von dieser Nichtabzugsfähigkeit vor, wenn die Betriebsausgaben höher waren als die Hälfte der Einnahmen, in welchem Fall die Steuer erstattet wurde, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen Einnahmen und Betriebsausgaben überstieg.


25 – Randnr. 28.


26 – Randnr. 27.


27 – Urteil Schumacker (Randnr. 51, Hervorhebung von mir).


28 – A. a. O. (Randnr. 52).


29 – A. a. O. (Randnr. 58).


30 – A. a. O. (Randnr. 59).


31 – Dieses Verfahren entspricht offenbar nicht dem des § 50d Absatz 1 Satz 2 EStG. Diese Vorschrift betrifft nämlich den Sonderfall der vollständigen oder teilweisen Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer, wenn die fraglichen Einkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht oder nur zu einem niedrigeren Steuersatz in Deutschland besteuert werden können.


32 – Nach den Erläuterungen der Bundesrepublik Deutschland in Randnr. 50 ihrer schriftlichen Erklärungen ist dieses Schreiben eine Maßnahme, die im Nachgang zum Urteil Gerritse getroffen wurde, um im Rahmen eines Steuererstattungsverfahrens eine „Vergleichsberechnung“ zu ermöglichen.


33 – Schriftliche Erklärungen (S. 9).


34 – Scorpio verweist insoweit auf § 50 Absatz 5 Satz 4 Nummer 3 EStG 1996.


35 – Ich bin insoweit der Ansicht, dass sich aus dem tatsächlichen und rechtlichen Rahmen der Rechtssache Gerritse ergibt, dass es für den Kläger des Ausgangsverfahrens nach den 1996 geltenden deutschen Steuervorschriften kein Jahresausgleichs- oder Veranlagungsverfahren gab, mit dem seine Betriebsausgaben nachträglich, d. h. nach Vornahme des Steuerabzugs, hätten berücksichtigt werden können. Außerdem erfüllte Herr Gerritse nicht die Voraussetzungen, um von dem in § 50 Absatz 5 Satz 4 Nummer 3 EStG 1996 vorgesehenen Erstattungsverfahren Gebrauch zu machen, da dieses Verfahren nur anwendbar ist, wenn die Betriebsausgaben höher sind als die Hälfte der Einnahmen, in welchem Fall die Steuer dann erstattet werden kann, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen diesen Einnahmen und diesen Ausgaben übersteigt.


36 – Vgl. Nr. 12 und Fußnote 13 der vorliegenden Schlussanträge.


37 – Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-307/97 (Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 57). In diesem Sinne vgl. auch Urteil vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-336/96 (Gilly, Slg. 1998, I-2793, Randnrn. 24 und 30).


38 – Urteil Saint-Gobain ZN (Randnr. 58).


39 – Schriftliche Erklärungen (Nr. 12).


40 – Schriftliche Erklärungen (Nr. 77).


41 – Ich erinnere daran, dass sich der Vergütungsschuldner nach § 50d Absatz 1 letzter Satz EStG, wenn gegen ihn wegen unterlassenen Steuerabzugs ein Haftungsverfahren eingeleitet wird, in dessen Rahmen nicht auf die Rechte berufen kann, die ein Doppelbesteuerungsabkommen dem Gläubiger dieser Vergütung verleiht.


42 – Schriftliche Erklärungen (S. 22).


43 – Sie kann sich dabei der durch die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) gebotenen Möglichkeiten bedienen.


44 – In Anbetracht der Antworten, die ich für die Vorlagefragen 3 a und 3 c erster Teil vorgeschlagen habe, ist die Beantwortung der vorliegenden Frage nur für die Frage 3 c zweiter Teil von Bedeutung.


45 – Vgl. insbesondere Urteile vom 5. Februar 2004 in der Rechtssache C-380/01 (Schneider, Slg. 2004, I-1389, Randnr. 22) und vom 30. Juni 2005 in der Rechtssache C-165/03 (Längst, Slg. 2005, I-5637, Randnr. 32).


46 – Vgl. insbesondere Urteile vom 31. Januar 1984 in den Rechtssachen 286/82 und 26/83 (Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377), vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 186/87 (Cowan, Slg. 1989, 195), vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-43/93 (Vander Elst, Slg. 1994, I-3803, Randnr. 13), vom 14. November 1995 in der Rechtssache C-484/93 (Svensson und Gustavsson, Slg. 1995, I-3955), vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96 (Kohll, Slg. 1998, I-1931, Randnr. 35) und Eurowings Luftverkehr (Randnr. 34).


47 – Vgl. insbesondere Urteile Luisi und Carbone (Randnr. 16), vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C-55/98 (Vestergaard, Slg. 1999, I-7641, Randnr. 20) und vom 17. Februar 2005 in der Rechtssache C-215/03 (Oulane, Slg. 2005, I-1215, Randnr. 37).


48 – Urteil vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93 (Slg. 1995, I-1141).


49 – Für ein weiteres Beispiel, zum Angebot von Dienstleistungen im Internet, vgl. Urteil vom 6. November 2003 in der Rechtssache C-243/01 (Gambelli u. a., Slg. 2003, I-13031, Randnrn. 53 und 54).


50 – Siehe L. Truchot, „Artikel 49 und 50 EG“, Commentaire article par article des traités UE et CE, Helbing & Lichtenhahn, Dalloz, Bruylant, 2000, S. 447, Nr. 33.


51 – Nach Artikel 58 Absatz 1 EWG-Vertrag (später Artikel 58 Absatz 1 EG-Vertrag, jetzt Artikel 48 Absatz 1 EG), der nach Artikel 66 EWG-Vertrag (später Artikel 66 EG-Vertrag, jetzt Artikel 55 EG) auf Dienstleistungen Anwendung findet, „stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind“.


52 – Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ausdehnung der grenzüberschreitenden Dienstleistungsfreiheit auf in der Gemeinschaft niedergelassene Staatsangehörige dritter Länder (ABl. 1999, C 67, S. 17) wurde von der Kommission zurückgezogen: vgl. Mitteilung der Kommission – Zurückziehung von überholten Vorschlägen der Kommission vom 1. Oktober 2004 (KOM[2004] 542 endg./2).


53 – Das ist zweifellos der Grund, aus dem Artikel 1 Absatz 2 des vorgenannten Vorschlags für eine Richtlinie vorsah, dass „[d]iese Richtlinie [nicht] für Staatsangehörige dritter Länder [gilt], die Empfänger grenzüberschreitender Dienstleistungen sind …“.


54 – Diese Auffassung, dass sich ein Angehöriger eines Drittstaats nicht „aus eigenem Recht“ auf Artikel 59 des Vertrages berufen kann, wurde von Generalanwalt Elmer in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Svensson und Gustavsson (Nrn. 35 ff.) vertreten. Der Gerichtshof hat diese Problematik in seinem Urteil jedoch nicht angesprochen, vielleicht weil die Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (ABl. L 178, S. 5) ebenfalls anwendbar war, die für die in den Mitgliedstaaten Ansässigen ohne die Voraussetzung gilt, dass sie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen: vgl. in diesem Sinne, J.-G. Hugo, „Droit d’établissement et libre prestation de services“, Jurisclasseur Europe, Heft 710, Nr. 29.


55 – Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Elmer in der Rechtssache Svensson und Gustavsson (Nr. 40).


56 – Nr. 38.


57 – Schriftliche Erklärungen (Nr. 49).


58 – Schriftliche Erklärungen (S. 24).