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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 14. September 20061(1)

Rechtssache C-111/05

Aktiebolaget NN

gegen

Skatteverket

(Vorabentscheidungsersuchen des Regeringsrätt [Schweden])

„Mehrwertsteuer – Lieferung und Verlegung eines Glasfaserseekabels als so genanntes Seekabel zwischen zwei Mitgliedstaaten, die durch internationale Gewässer getrennt sind – Qualifizierung der steuerpflichtigen Leistung – Bestimmung des Ortes dieser Leistung“





1.     Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren geht darum, wie die Mehrwertsteuer auf die Lieferung und Verlegung eines Glasfaserseekabels zwischen zwei durch internationale Gewässer getrennte Mitgliedstaaten zu berechnen ist.

2.     Die gestellten Fragen betreffen im Wesentlichen die Einordnung einer solchen Leistung und die geografische Bestimmung ihres Leistungsortes, um die Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten zu ermitteln. Zunächst geht es um die Frage, ob die genannte Leistung als Lieferung eines Gegenstands oder als Dienstleistung zu qualifizieren ist. Dann ist zu bestimmen, ob sie entsprechend den Gebieten, in denen das Kabel verlegt wird, aufzuteilen ist und ob sie für den Teil des Kabels, der außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt, mehrwertsteuerpflichtig ist oder nicht.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsrecht

3.     Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates(2) legt für die Mehrwertsteuer einen sehr weiten Geltungsbereich fest, indem sie in Artikel 2 Nummer 1 bestimmt, dass „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer unterliegen.

4.     Unter „Inland“ ist gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie der Anwendungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zu verstehen, wie er in Artikel 299 EG für jeden Mitgliedstaat definiert ist.

5.     Die Begriffe „Lieferung von Gegenständen“ und „Dienstleistungen“ sind in Artikel 5 und in Artikel 6 der Sechsten Richtlinie definiert.

6.     Nach Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie gilt als Lieferung eines Gegenstands die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

7.     Als Dienstleistung gilt nach Artikel 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie ist.

8.     Schließlich bestimmt die Sechste Richtlinie in den Artikeln 8 und 9 den Ort, an dem die fragliche Leistung zu besteuern ist, je nachdem, ob es sich um eine Lieferung eines Gegenstands oder um Dienstleistungen handelt. Wie sich aus der siebten Begründungserwägung der genannten Richtlinie ergibt, dienen diese Artikel zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere hinsichtlich der Lieferung eines Gegenstands mit Montage und einer Dienstleistung.

9.     Artikel 8 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie lautet:

„Als Ort der Lieferung gilt:

a)      … Falls der Gegenstand mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung installiert oder montiert wird, gilt als Ort der Lieferung der Ort, an dem die Installation oder Montage vorgenommen wird. Wird der Gegenstand in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Lieferers installiert oder montiert, so trifft der Mitgliedstaat, in dem die Installation oder Montage vorgenommen wird, die zur Vermeidung einer Doppelbelastung in diesem Staat erforderlichen Maßnahmen;

…“

10.   Nach Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie gilt als Ort einer Dienstleistung der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

11.   Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie bestimmt jedoch, dass als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück der Ort gilt, an dem das Grundstück gelegen ist.

B –    Nationales Recht

12.   Nach Kapitel 1 § 1 des schwedischen Mehrwertsteuergesetzes (Mervärdesskattelag(3)) setzt die Steuerpflicht voraus, dass ein Umsatz als im Inland bewirkt anzusehen ist.

13.   „Gegenstände“ sind gemäß Kapitel 1 § 6 ML körperliche Gegenstände, darunter Grundstücke. Nach Kapitel 5 § 2 Absatz 1 liegt bei einem Gegenstand, der nach der Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer zum Käufer befördert werden soll, ein Inlandsumsatz vor, wenn der Gegenstand sich zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verkäufer, der Käufer oder ein Anderer mit der Beförderung zum Käufer beginnt, im Inland befindet (Nr. 1) oder, wenn der Gegenstand sich bei Beginn der Beförderung nicht im Inland befindet, dort aber vom Verkäufer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert wird (Nr. 2).

14.   Nach Kapitel 1 § 6 ML umfasst der Begriff „Dienstleistung“ alles, was nicht als Gegenstand anzusehen ist und im Rahmen beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit erbracht werden kann.

15.   Nach Kapitel 5 § 4 Absatz 1 ML liegt bei Dienstleistungen, die sich auf ein Grundstück beziehen, ein Inlandsumsatz vor, wenn das Grundstück im Inland gelegen ist. Nach Kapitel 5 § 6 Absatz 1 Nummer 4 liegt bei Dienstleistungen ein Inlandsumsatz vor, wenn sie in Schweden erbracht werden und Arbeiten an Gegenständen betreffen, die bewegliche Sachen sind, einschließlich der Kontrolle oder Untersuchung dieser Gegenstände.

16.   Kapitel 5 § 8 Absatz 1 ML sieht u. a. vor, dass andere Dienstleistungen als Inlandsumsätze gelten, wenn der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung in Schweden hat und von dort aus die Dienstleistungen erbracht werden. Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass diese Vorschrift bei Telekommunikationsdienstleistungen nicht anwendbar ist. In Kapitel 5 § 8 Absatz 1 ML ist schließlich genauer bestimmt, dass bei Dienstleistungen, falls sie nicht von einem solchen Sitz oder einer solchen Niederlassung in Schweden oder im Ausland aus erbracht werden, ein Inlandsumsatz vorliegt, wenn der Dienstleistende in Schweden wohnt oder seinen ständigen Aufenthalt hat.

II – Sachverhalt

17.   Das vorliegende Verfahren beruht auf einem Rechtsstreit zwischen der Gesellschaft Aktiebolaget NN(4) mit Sitz in Schweden und dem Skatteverk (schwedische Finanzverwaltung) über die Anwendung der Mehrwertsteuer auf die Kosten der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserseekabels zwischen Schweden und einem anderen Mitgliedstaat, von dem Schweden durch internationale Gewässer getrennt ist.

18.   Nach den von der Klägerin angestrebten Vertragsbedingungen ist diese bei Arbeitsbeginn Eigentümerin des Kabels. Erst nach der Verlegung und nach den ersten Funktionsprüfungen geht das Eigentum am Kabel auf den Auftraggeber über.

19.   Das Kabel wird auf dem schwedischen Festland befestigt und eingegraben und anschließend Meter für Meter auf dem Meeresgrund verlegt. Zuerst wird es in schwedischen Gewässern, d. h. schwedischen Binnen- und Küstengewässern, danach in internationalen Gewässern installiert. Dann wird das Kabel in den Küsten- und Binnengewässern des anderen Staates verlegt und schließlich auf dem Festland des anderen Staates eingegraben und befestigt.

20.   Soweit die Bodenverhältnisse des Meeres es zulassen, wird das Kabel auch dort eingegraben. Je nach Abstand zwischen den Befestigungspunkten kann es gegebenenfalls erforderlich sein, das Kabel zu verlängern, was technisch relativ kompliziert ist.

21.   Die Bewältigung eventueller Probleme, die Grunddienstbarkeiten betreffen, und die Einholung der erforderlichen Genehmigungen obliegen dem Auftraggeber und nicht der Klägerin.

22.   Unter normalen Umständen machen die Kosten des Kabels zwischen 80 % und 85 % der Gesamtkosten aus. Dieser Anteil kann sich jedoch unter ungünstigen Verhältnissen, z. B. bei Sturm, verringern.

23.   Um zu erfahren, wie die Mehrwertsteuer auf die Kosten einer solchen Leistung bestimmt werden soll, richtete die Klägerin die zwei folgenden Fragen an den Skatterättsnämd (Ausschuss für steuerrechtliche Fragen). Zum einen stellte sie die Frage, ob es sich bei der Verlegung eines Seekabels zwischen mehreren Ländern um eine grundstücksbezogene Dienstleistung gemäß Kapitel 5 § 4 ML oder um eine Arbeit an beweglichen Sachen gemäß Kapitel 5 § 6 ML oder aber um eine andere Dienstleistung und, wenn ja, um welche handelt.

24.   Zum anderen fragte sie, ob es sich bei der Verlegung eines Seekabels um einen Inlandsumsatz in Schweden handelt, wenn das Kabel zwischen einem in Schweden gelegenen Landpunkt und einem Landpunkt in einem anderen Land sowie in den Hoheitsgewässern dieser Länder und in den internationalen Gewässern zwischen diesen verlegt wird.

25.   Der Skatterättsnämnd entschied in seinem Vorbescheid vom 13. Juni 2003, dass die beabsichtigte Leistung als eine gemäß Kapitel 5 § 8 Absatz 1 ML in Schweden erbrachte Dienstleistung anzusehen sei.

26.   Er begründete seinen Bescheid mit folgenden Erwägungen. Zur Qualifizierung der Leistung wies er darauf hin, auch wenn die Vergütung, die die Klägerin für die Kabelverlegung erhalte, zu einem größeren Teil die Kosten für das Kabel selbst und zu einem geringeren Teil die Verlegung des Kabels abdecke, sei die Leistung gerade im Hinblick auf die komplizierte und spezialisierte Ausrüstung und die Fachkenntnisse, die für die Montage und Verlegung des Kabels erforderlich seien, in ihrer Gesamtheit als Dienstleistung im Sinne des Mehrwertsteuerrechts zu betrachten.

27.   Zur Bestimmung des Ortes, an dem diese Dienstleistung erbracht wird, stützte sich der Skatterättsnämd auf das Urteil C-168/84, Berkholz(5), in dem es um die Besteuerung von Einkünften aus dem Betrieb von Geldspielautomaten auf zwei zwischen Deutschland und Dänemark verkehrenden Fähren geht. Er betonte, der Gerichtshof habe in diesem Urteil entschieden, dass Artikel 9 der Sechsten Richtlinie nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten einschränke, Dienstleistungen zu besteuern, die außerhalb ihres Hoheitsgebiets auf ihrer Rechtshoheit unterliegenden Schiffen erbracht würden.

28.   In diesem Urteil habe der Gerichtshof auch darauf hingewiesen, dass die Anknüpfung an den Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit habe, wie in Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie vorgesehen, eine vorrangige Anknüpfung sei. Diese Anknüpfung könne nur dann verdrängt werden, wenn sie nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führe oder einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge habe.

29.   Nach Einschätzung des Skatterättsnämnd schließt die Beschaffenheit der von der Klägerin erbrachten Leistung die Anwendung anderer Anknüpfungspunkte als den Ort, an dem die Klägerin ihren wirtschaftlichen Sitz hat, aus.

30.   Die Klägerin focht den Vorbescheid des Skatterättsnämd an. Sie beantragte beim Regeringsrätt (oberstes Verwaltungsgericht), den Vorbescheid abzuändern und festzustellen, dass die beabsichtigte Lieferung eine grundstücksbezogene Dienstleistung darstelle, so dass die Mehrwertsteuer in Schweden nur für den Teil des Kabels erhoben werden könne, der sich auf dem schwedischen Festland und in schwedischen Gewässern befinde.

III – Vorlagefragen

31.   Der Regeringsrätt legt dar, er sehe sich mit zwei Auffassungen konfrontiert. Einerseits behauptet die Klägerin, ein Seekabel stelle, gleichgültig ob eingegraben oder nicht, ein Grundstück dar. Daraus folge, dass die auf ein solches Grundstück bezogenen Leistungen in Schweden nur für den in diesem Staat befindlichen Teil des Kabels besteuert werden könnten.

32.   Andererseits behauptet das Skatteverk, die Auffassung der Klägerin führe dazu, dass die Leistung, steuerrechtlich gesehen, in drei Teile aufgeteilt werden müsse. Dann gäbe es die Leistungen, die das in Schweden gelegene Kabel beträfen, die in diesem Mitgliedstaat besteuert würden, diejenigen Leistungen, die auf den anderen Mitgliedstaat entfielen, die in jenem besteuert würden, und die Leistungen, die dem Teil des Kabels in den internationalen Gewässern entsprächen, seien schließlich nicht steuerpflichtig. Nach Ansicht des Skatteverk widerspreche eine solche Lösung, die dazu führe, dass ein Teil der Leistungen nicht besteuert werde, dem mit Artikel 9 der Sechsten Richtlinie verfolgten Zweck, der darin besteht, nicht nur Kompetenzkonflikte, sondern auch Fälle der Nichtbesteuerung zu vermeiden.

33.   In Anbetracht dieser Erwägungen hat der Regeringsrätt das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist eine steuerpflichtige Leistung, die in der Lieferung und Installation eines Kabels besteht, das in dem Gebiet zweier Mitgliedstaaten und auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft verlegt wird und den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten ausmacht, bei Anwendung der Bestimmungen der Sechsten Richtlinie über den Ort steuerpflichtiger Leistungen als Lieferung eines Gegenstands zu qualifizieren?

2.      Ist, falls eine solche Leistung stattdessen als Dienstleistung zu qualifizieren ist, davon auszugehen, dass diese Dienstleistung in einer Weise mit einem Grundstück zusammenhängt, dass der Ort der Dienstleistung nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a zu bestimmen ist?

3.      Ist, falls eine der Fragen 1 und 2 bejaht wird, Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a dahin auszulegen, dass die Leistung entsprechend den Gebieten, in denen das Kabel verlegt wird, aufzuteilen ist?

4.      Sind, falls Frage 3 bejaht wird, Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a sowie die Artikel 2 Nummer 1 und 3 Absatz 1 so zu verstehen, dass für den Teil der Lieferung oder der Dienstleistung, der ein Gebiet außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft betrifft, keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist?

IV – Analyse

34.   Einleitend sei kurz auf die – von den Parteien nicht bestrittene –Zulässigkeit der vom Regeringsrätt gestellten Vorabentscheidungsfragen eingegangen, die unbestreitbar vorliegt, obwohl dem Ausgangsverfahren ein einfaches Auskunftsersuchen über die Besteuerung einer Leistung zugrunde liegt und die Leistung im Moment der Einreichung des Auskunftsersuchens noch nicht erbracht war.

35.   Über die Zulässigkeit von Vorabentscheidungsfragen, die in einem solchen Zusammenhang gestellt werden, hat der Gerichtshof in dem Urteil Victoria Film vom 12. November 1998(6) entschieden. In diesem Urteil hat der Gerichtshof Vorabentscheidungsfragen des Skatterättsnämnd, die dieser im Rahmen eines Auskunftsersuchens stellte, für unzulässig erklärt, weil der Skatterättsnämd eine Verwaltungsaufgabe ausführte und nicht zur Schlichtung eines Rechtsstreits berufen war(7).

36.   Jedoch hat der Gerichtshof im gleichen Urteil für den Fall, dass der Steuerpflichtige oder das Skatteverk eine Klage gegen einen vorläufigen Bescheid des Skatterättsnämnd erhebt, auch darauf hingewiesen, dass das mit dieser Klage angerufene Gericht eine Rechtsprechungstätigkeit im Sinne des Artikels 234 EG ausübt, deren Gegenstand die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts ist, der die Besteuerung eines Steuerpflichtigen regelt(8).

37.   Dementsprechend hat der Gerichtshof bereits wiederholt Vorabentscheidungsfragen geprüft, die der Regeringsrätt im Rahmen einer Klage gegen einen vorläufigen Bescheid des Skatterättsnämnd gestellt hat(9).

A –    Zur ersten Vorabentscheidungsfrage

38.   Mit seiner ersten Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die fragliche Leistung im Hinblick auf die Sechste Richtlinie zu qualifizieren ist. Daher stellt es die Frage, ob eine steuerpflichtige Leistung, die in der Lieferung und Installation eines Kabels besteht, das in dem Gebiet zweier Mitgliedstaaten und auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft verlegt wird und den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten der Leistung ausmacht, im Sinne der Sechsten Richtlinie als Lieferung eines Gegenstands oder als Dienstleistung zu beurteilen ist.

39.   Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst zu prüfen, ob die Lieferung und Verlegung des Kabels unter den vom vorlegenden Gericht beschriebenen Umständen im Hinblick auf die Sechste Richtlinie als eine einheitliche Leistung oder als unterschiedliche Leistungen, die getrennt zu besteuern wären, anzusehen sind.

40.   Wie das vorlegende Gericht und die Verfahrensbeteiligten bin ich der Ansicht, dass es sich um eine einheitliche Leistung handelt.

41.   Nach der Rechtsprechung kann eine Leistung, die sich aus mehreren Elementen, d. h. entweder aus einer Gesamtheit von Leistungen oder aus der Lieferung eines Gegenstands und einer Dienstleistung zusammensetzt, in verschiedenen Fallgestaltungen für die Zwecke der Mehrwertsteuer als einheitliche Leistung beurteilt werden.

42.   So verhält es sich zum Beispiel, wenn eines dieser Elemente die Hauptleistung darstellt und das andere oder die anderen Elemente demgegenüber nur einen nebensächlichen Charakter haben. Diese Leistungen werden als Nebenleistungen angesehen, weil sie als solche keinen eigenen Zweck erfüllen, sondern nur das Mittel darstellen, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen(10). Sie sind somit nicht unerlässlich.

43.   Eine zusammengesetzte Leistung kann auch dann als eine einheitliche Leistung beurteilt werden, wenn sich alle von ihr erfassten Elemente als notwendig herausstellen. So hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine solche Leistung als einheitliche Leistung zu betrachten ist, wenn die verschiedenen sie bildenden Elemente so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre(11). Die von der Klägerin geplante Leistung scheint mir dieser Fallgestaltung zu entsprechen.

44.   Denn bei Betrachtung dieser Leistung, wie sie vom vorlegenden Gericht beschrieben wird, zeigt sich, dass sie in der Lieferung und Installation eines Glasfaserseekabels besteht, wobei die Verfügungsbefugnis über dieses erst nach Abschluss der Installation und nach Durchführung der probeweisen Inbetriebnahme auf den Auftraggeber übergeht. Die von der Klägerin angestrebte Vereinbarung zwischen ihr und dem Auftraggeber hat also zum Inhalt, ein verlegtes und funktionstüchtiges Kabel zu liefern.

45.   Es wäre somit meiner Ansicht nach wirklichkeitsfremd, innerhalb dieser Vereinbarung, die zwischen den beiden Wirtschaftsteilnehmern zustande kommen soll, die Lieferung des Kabels als solche von den Dienstleistungen bezüglich der Verlegung des Kabels zu trennen. Bei der Beurteilung einer gemischten Leistung ist der Grundsatz des Mehrwertsteuerrechts zu beachten, nach dem auf die wirtschaftliche Realität abzustellen ist. Angesichts der Tatsache, dass die Verfügungsbefugnis über das Kabel erst nach Abschluss der Installation und nach den Funktionsprüfungen übergehen soll, würde es der wirtschaftlichen Realität dieser Leistung nicht gerecht, anzunehmen, der Auftraggeber erwerbe einerseits zuerst das Seekabel, und erlange dann andererseits die Dienstleistungen, die die Verlegung des Kabels betreffen. Die genannte Leistung muss folglich bei der Anwendung der Sechsten Richtlinie als eine einheitliche Leistung beurteilt werden.

46.   Dann gilt es zu prüfen, wie die streitige Leistung zu qualifizieren ist. Hierzu wurden im vorliegenden Verfahren drei Meinungen vertreten.

47.   Das Skatteverk meint, die Leistung sei als Dienstleistung zu bewerten. Es macht geltend, die genannte Leistung sei von einer Reihe von Dienstleistungen gekennzeichnet, die nicht als nebensächlich betrachtet werden könnten. Diese Dienstleistungen bestünden in vorherigen Gutachten, Verlegungsarbeiten auf dem Festland und im Meer, der Verlängerung des Kabels an bestimmten Stellen, was technisch kompliziert sei, und schließlich Kontrollmaßnahmen. Das Skatteverk betont, diese Leistungen erforderten eine spezielle Ausrüstung und die derart erbrachten Leistungen seien zum angestrebten Zweck unbedingt erforderlich.

48.   Die Klägerin trägt vor, die streitige Lieferung müsse als grundstücksbezogene Dienstleistung angesehen werden. Ihrer Ansicht nach stellt ein derart verlegtes Kabel ein Grundstück im Sinne der Rechtsprechung dar, weil es in den Boden eingebaut sei. Die Verlegung des Kabels falle demnach unter Artikel 5 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten die Erbringung bestimmter Bauleistungen als Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 der genannten Richtlinie betrachten könnten. Da das Königreich Schweden von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch gemacht habe, falle die fragliche Lieferung unter Artikel 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie.

49.   Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist ihrerseits der Auffassung, die genannte Leistung sei als Lieferung eines Gegenstands im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie zu beurteilen. Ich teile diese Auffassung aus den folgenden Gründen.

50.   Zunächst ist hervorzuheben, dass die streitige Leistung sehr wohl unter Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie fällt. Denn diese Vorschrift definiert die „Lieferung eines Gegenstands“ als die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Nach der Rechtsprechung ist dieser Begriff weit auszulegen und umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer(12). Es ist unbestreitbar, dass ein Glasfaserseekabel ein körperlicher Gegenstand ist und dass es, nachdem die Installation durch die Klägerin und die Funktionsprüfungen abgeschlossen sind, auf den Auftraggeber übergeht, wodurch diesem gestattet wird, wie ein Eigentümer darüber zu verfügen.

51.   Außerdem ergibt sich aus Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, dass ein körperlicher Gegenstand mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme installiert werden kann, ohne dass die Leistung ihre Qualifizierung als „Lieferung eines Gegenstands“ verliert. Auch scheint es nur möglich zu sein, aus dieser gleichen Regelung den Schluss zu ziehen, dass ein körperlicher Gegenstand dergestalt im Boden installiert werden kann, dass er in diesen eingebaut ist, ohne zugleich zwingend als „Bauleistungen“ im Sinne von Artikel 5 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie qualifiziert werden zu müssen. Denn Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a trifft keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Installationsweisen.

52.   Auch greift Artikel 5 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, die Erbringung bestimmter Bauleistungen als „Lieferung eines Gegenstands“ zu betrachten, nicht die in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e der Zweiten Richtlinie 67/228/EWG des Rates(13) enthaltene Formulierung wieder auf, nach der der Einbau eines beweglichen Gegenstands in ein Grundstück eine Bauleistung darstellt(14).

53.   Wie sich aus der Prüfung des Inhalts der Sechsten Richtlinie ergibt, liefert diese nicht viele Kriterien für die Abgrenzung zwischen den gemischten Leistungen, die als „Lieferung eines Gegenstands“ zu qualifizieren sind, und denen, die unter den Begriff „Dienstleistung“ fallen. Trotzdem kann ich einen Hinweis in der Tatsache erkennen, dass der Begriff „Dienstleistung“ gegenüber dem der „Lieferung eines Gegenstands“ subsidiär ist.

54.   Denn der Begriff „Dienstleistung“ umfasst, wie wir gesehen haben, alle Leistungen, die keine „Lieferung eines Gegenstands“ im Sinne von Artikel 5 der Sechsten Richtlinie sind. Daraus könnte man nun ableiten, dass bei einer gemischten Leistung, die sowohl die eine als auch die andere Qualifizierung erfahren könnte, weil für beide gleich viele Gesichtspunkte sprechen, eine „Lieferung eines Gegenstands“ angenommen werden müsste.

55.   Während es in der Sechsten Richtlinie an weiteren Kriterien fehlt, finden wir in der Rechtsprechung die Vorgehensweise für die Qualifizierung einer gemischten Leistung. Nach gefestigter Rechtsprechung sind bei der Bestimmung, ob es sich bei einer gemischten Leistung um die Lieferung eines Gegenstands oder um eine Dienstleistung handelt, alle Umstände, unter denen sich die Leistung abspielt, zu berücksichtigen, um ihre charakteristischen Merkmale zu ermitteln(15).

56.   Der Gerichtshof hat diese Prüfungsmethode zum ersten Mal im oben genannten Urteil Faaborg-Gelting Linien angewandt, bei dem es um die Darreichung von Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr in einem Restaurant ging. Er hat entschieden, dass diese Leistung als Dienstleistung anzusehen ist, weil sie nur zum Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht und die Dienstleistungen bei weitem überwiegen(16). Diese Qualifizierung hat der Gerichtshof aus einer Beschreibung der streitigen Leistung abgeleitet. So hat er dargelegt, dass diese Leistung gekennzeichnet ist vom Zubereiten der Lebensmittel, ihrer Darreichung auf einer Unterlage, der Bereitstellung einer Infrastruktur für den Kunden in Form eines Speisesaals mit Nebenräumen sowie von Mobiliar und Geschirr, und schließlich der Bedienung am Tisch durch Personal, das den Gast insbesondere beraten und die angebotenen Speisen und Getränke erläutern kann(17).

57.   Diese Prüfungsmethode ist auch im oben genannten Urteil Levob Verzekeringen und OV Bank angewandt worden, das für die vorliegende Rechtssache, wie ich meine, besonders relevant zu sein scheint, weil es ebenfalls die Qualifizierung einer Leistung betrifft, die gleichzeitig aus der Lieferung eines Einzelgegenstands und Dienstleistungen besteht, die mit dieser Lieferung untrennbar verbunden sind. Es handelt sich um die Lieferung von Software, die speziell an die Bedürfnisse des Kunden angepasst werden muss. Nach Einschätzung des Gerichtshofes stellt diese Leistung eine Dienstleistung dar, wobei der Gerichtshof nicht, wie im Urteil Faaborg-Gelting, von der Darstellung der Gesamtheit der Dienstleistungen, sondern von der Betrachtung der folgenden Kriterien ausgegangen ist: der Bedeutung der Anpassungen der Basissoftware, um ihr einen Nutzen für den Erwerber zu verleihen, sowie dem Umfang dieser Anpassungen, ihrer Dauer und ihren Kosten(18).

58.   Nach den Ausführungen zum Sachverhalt, die diesem Urteil zugrunde liegen, haben sich die Dienstleistungen, d. h. die Anpassung der Software, ihre Installation und die Schulung des Personals sukzessive auf über ein Jahr verteilt. Die Dienstleistungen begannen mit einer Bewertung der geforderten Anpassung und endeten mit einem Funktionstest. Dabei entfiel auf ihre Kosten ein höherer Anteil der Gesamtkosten als auf die der Standardsoftware(19).

59.   Aus dieser Rechtsprechung können zwei Erwägungen abgeleitet werden, die im Rahmen der vorliegenden Rechtssache bedeutend sind. Die erste besteht darin, dass es für eine Qualifizierung der Leistung in ihrer Gesamtheit als Dienstleistung nicht genügt, wenn die im Rahmen der fraglichen Leistung erbrachten Dienstleistungen für den Erwerber notwendig oder einfach nur nützlich sind. Diese Dienstleistungen müssen überwiegen. So hat der Gerichtshof im Urteil Levob Verzekeringen und OV Bank das Überwiegen der Anpassungsarbeiten an der Software nicht nur aus ihrer Bedeutung abgeleitet, der Software einen Nutzen für den Erwerber zu verleihen, sondern auch aus ihrem Umfang, ihrer Dauer und ihren Kosten.

60.   Die Qualifizierung der streitigen Leistung verlangt somit eine vergleichende Beurteilung, welche Bedeutung die Lieferung des Gegenstands und die Dienstleistung innerhalb der Gesamtleistung jeweils haben. Die genannte Leistung kann nur dann als Dienstleistung qualifiziert werden, wenn die Dienstleistungen überwiegen(20).

61.   Die zweite Erwägung geht dahin, dass die bei dieser Beurteilung berücksichtigten Kriterien von objektiver Art sein müssen. Dieses Erfordernis ist logisch zwingend, weil die Zweckbestimmung der Sechsten Richtlinie darin besteht, ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem zu schaffen, das auf einer einheitlichen Definition der steuerbaren Umsätze beruht(21). Die Objektivität solcher Kriterien rechtfertigt sich auch dadurch, dass die Qualifizierung einer gemischten Leistung für die Wirtschaftsteilnehmer vorhersehbar sein muss. Erinnern wir uns daran, dass diese Bedingung der Vorhersehbarkeit des Gemeinschaftsrechts in besonderem Maße gilt, wenn es sich um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen mit der Regelung auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen(22).

62.   Die Qualifizierung einer gemischten Leistung als Lieferung eines Gegenstands oder als Dienstleistung kann weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen, besonders bei der Anwendung der Vorschriften über das der Besteuerung unterliegende Gebiet. Ist die Leistung also in der vorliegenden Rechtssache als Lieferung eines Gegenstands zu beurteilen ist, dann fällt sie unter Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 der Sechsten Richtlinie, so dass sich die Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten notwendigerweise nach der räumlichen Lage des installierten Kabels bestimmt.

63.   Für den Fall, dass die Leistung hingegen als Dienstleistung zu qualifizieren ist, sieht Artikel 9 der Sechsten Richtlinie eine Alternative vor. Entweder gilt als Ort der steuerpflichtigen Leistung gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, oder es gilt nach Artikel 9 Absatz 2 der Ort, wo das Kabel sich befindet. Im ersten Fall wäre das Königreich Schweden berechtigt, die Leistung in ihrer Gesamtheit zu besteuern, wie das Skatteverk geltend macht. Im zweiten Fall könnte dieser Mitgliedstaat, wofür sich die Klägerin ausspricht, die Leistung nur für den Teil des Kabels besteuern, der sich auf dem schwedischen Festland und in schwedischen Gewässern befindet.

64.   Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache um Aufklärung darüber, ob die von der Klägerin zu erbringenden Dienstleistungen als überwiegend anzuerkennen sind, obwohl die auf sie entfallenden Kosten nur 10 % bis 15 % der Gesamtkosten der Leistung betragen.

65.   Die Schwierigkeit dieser Einschätzung liegt darin, dass die genannten Dienstleistungsarbeiten für die Nutzung des Glasfaserseekabels unerlässlich sind, einen hohen technischen Standard aufweisen und wichtige Hilfsmittel wie die Benutzung eines speziell ausgerüsteten Schiffes benötigen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass diese Arbeiten folglich keinen nebensächlichen Charakter im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung Madgett und Baldwin haben, d. h. nicht nur ein Mittel darstellen, um die Lieferung des Gegenstands unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Es kommt hauptsächlich auf die Frage an, ob Dienstleistungen als überwiegend anzusehen sind, obwohl die Kosten des Kabels bei normalem Verlauf der Ausführung 80 % bis 85 % der auf die Gesamtleistung entfallenden Kosten ausmachen.

66.   Angesichts dieser herausgehobenen Stellung der Materialkosten im Rahmen der Gesamtkosten halte ich es nicht für möglich, ein Überwiegen der Dienstleistungen anzuerkennen.

67.   Die Qualifizierung einer gemischten Leistung muss, worauf ich bereits hingewiesen habe, im Wege eines Vergleichs zwischen der jeweiligen Bedeutung der Lieferung des Gegenstands und der Dienstleistungen erfolgen, und dieser Vergleich muss nach objektiven Gesichtspunkten vorgenommen werden, um zu einem für die Wirtschaftsteilnehmer vorhersehbaren Ergebnis zu führen. Das deutliche Übergewicht der Kosten des Gegenstands innerhalb der Gesamtkosten der Leistung ist meines Erachtens ein Kriterium, das diesen Erfordernissen voll und ganz entspricht.

68.   Denn mit der Aufteilung des Gesamtpreises in die auf den Gegenstand und die auf die Dienstleistungen entfallenden Teile ist es möglich, die Gegenüberstellung der Bedeutung der Lieferung des Gegenstands und derjenigen der Dienstleistungen auf der Grundlage eines identischen Kriteriums vorzunehmen. Außerdem ist der Preis bei einer gemischten Leistung das treffendste Kriterium zur Bestimmung des jeweiligen wirtschaftlichen Werts des Gegenstands und der Dienstleistungen. Wenn also, wie in der vorliegenden Rechtssache, der auf den Gegenstand entfallende Preis die Kosten der Dienstleistungen deutlich übersteigt, muss dieser im Rahmen der Gesamtkosten der Leistung überwiegende Preis des Gegenstands nach meiner Auffassung das ausschlaggebende Kriterium bei der Qualifizierung der Leistung darstellen.

69.   Eine Leistung, die die Übergabe eines verlegten und funktionstüchtigen Kabels zum Inhalt hat und bei der allein der Preis des Kabels 80 % bis 85 % der Gesamtkosten der Leistung ausmacht, sollte also als Lieferung eines Gegenstands angesehen werden.

70.   Deswegen schlage ich vor, auf die erste Vorabentscheidungsfrage zu antworten, dass eine steuerpflichtige Leistung, die in der Lieferung und Installation eines Kabels besteht, das im Gebiet zweier Mitgliedstaaten und auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft verlegt wird und den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten der Leistung ausmacht, als Lieferung eines Gegenstands im Sinne der Sechsten Richtlinie zu beurteilen ist.

B –    Zur zweiten Vorabentscheidungsfrage

71.   Bei der zweiten Vorabentscheidungsfrage geht es darum, ob die streitige Leistung als grundstücksbezogene Dienstleistung, die mit einem Grundstück im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie zusammenhängt, angesehen werden kann oder ob sich der Ort dieser Dienstleistung nach dem Ort bestimmt, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.

72.   Da diese Frage voraussetzt, dass es sich bei der genannten Leistung um eine Erbringung von Dienstleistungen handelt, und ich vorgeschlagen habe, die Leistung als Lieferung eines Gegenstands zu bewerten, sehe ich von einer Prüfung dieser Frage ab.

C –    Zur dritten Vorabentscheidungsfrage

73.   Mit seiner dritten Vorabentscheidungsfrage erkundigt sich das vorlegende Gericht im Wesentlichen danach, ob Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Bestimmung des Ortes der Leistung entsprechend den Gebieten, in denen das Kabel verlegt wird, aufzuteilen ist, um die Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten zu bestimmen.

74.   Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht also wissen, ob die Besteuerungshoheit des Königreichs Schweden und die des anderen Mitgliedstaats auf den Teil des Kabels begrenzt werden muss, der sich in ihrem jeweiligen Staatsgebiet befindet. Wäre dem nicht so, müsste Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a in dem Sinn verstanden werden, dass er diesen beiden Mitgliedstaaten konkurrierende Kompetenzen einräumt, weil sich das Kabel gleichzeitig in jedem ihrer beiden Staatsgebiete befindet.

75.   Diese zweite Auslegung wäre nach meiner Überzeugung nicht haltbar. Wie die Klägerin, das Skatteverk und die Kommission bin ich der Ansicht, dass die Bestimmung des Ortes der Leistung entsprechend den Gebieten, in denen das Kabel verlegt wird, aufzuteilen ist, um die Besteuerungshoheit der betroffenen Mitgliedstaaten zu bestimmen.

76.   Zur Begründung dieser Position stütze ich mich – entsprechend der üblicherweise angewandten Prüfungsmethode für die Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift(23) – auf den Inhalt des Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, den Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht, und das mit der Regelung verfolgte Ziel.

77.   Artikel 8 der Sechsten Richtlinie bildet eine Kollisionsnorm, nach der sich der Ort bestimmt, an dem die Lieferung eines Gegenstands zu besteuern ist, und schränkt folglich die Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten ein, die von der gleichen Leistung betroffen sind.

78.   In Artikel 8 sind mehrere Fälle der Lieferung von Gegenständen geregelt. Absatz 1 Buchstabe a regelt Anknüpfungsbestimmungen hinsichtlich der Lieferungen, bei denen der Gegenstand versandt oder befördert wird, Absatz 1 Buchstabe b für Lieferungen, bei denen der Gegenstand nicht versandt oder befördert wird, und Absatz 1 Buchstabe c erfasst diejenigen Lieferungen, die an Bord eines Schiffes, eines Flugzeugs oder einer Eisenbahn erfolgen.

79.   Auch sieht Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a zweiter Satz der Sechsten Richtlinie eine besondere Kompetenznorm für den Fall vor, dass der Gegenstand mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme installiert oder montiert wird.

80.   An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, dass der Anwendungsbereich des Artikels 8 der Sechsten Richtlinie durch die Richtlinie 91/680/EWG(24) des Rates eine deutliche Einschränkung erfahren hat. Die vom 1. Januar 1993 an geltende Beseitigung der Steuergrenzen zwischen den Mitgliedstaaten und die damit zusammenhängende Abschaffung der Besteuerung bei der Einfuhr sowie die Steuerbefreiung bei der Ausfuhr haben es notwendig gemacht, Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Bestimmung des Ortes der steuerpflichtigen Leistung einzuführen, soweit es sich um innergemeinschaftlichen Erwerb handelt. Diese Übergangsbestimmungen sind in Artikel 28b der Sechsten Richtlinie enthalten.

81.   Jedoch halte ich diese Vorschriften in der vorliegenden Rechtssache nicht für anwendbar. Diese Übergangsregelung betrifft nämlich Leistungen, die die Verbringung eines Gegenstands von einem Mitgliedstaat in einen anderen zum Inhalt haben. Artikel 28b Buchstabe B Absatz 1 Satz 1 zweiter Gedankenstrich bestimmt ausdrücklich, dass diese Sonderregelungen nur Anwendung finden, wenn es sich um andere Gegenstände handelt als die, die mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert werden. Damit ist sehr wohl Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 der Sechsten Richtlinie in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.

82.   Diese Vorschrift knüpft, wie wir bereits gesehen haben, im Fall eines installierten oder montierten Gegenstands an den Ort an, an dem die Installation oder Montage ausgeführt wird. Bei einem Gegenstand, dessen Installation in seinem Einbau in den Boden besteht, bestimmt sich die Besteuerungshoheit des Mitgliedstaats über die fragliche Leistung also nach dem Ort, an dem sich der auf diese Weise eingebaute Gegenstand befindet.

83.   Die genannte Vorschrift weist eine gewisse Übereinstimmung mit Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie auf, nach dessen Wortlaut als Ort der Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück der Ort gilt, an dem dieses gelegen ist. In beiden Fällen ist es die tatsächliche Lage des Gegenstands, d. h. seine geografische Lage, die die Besteuerungshoheit bestimmt.

84.   Diese Kriterien bieten den Vorteil, die Besteuerungshoheit an etwas Tatsächliches zu knüpfen, was sehr leicht und objektiv identifizierbar ist. Sie erscheinen auch vernünftig im Hinblick auf den der Mehrwertsteuer zugrunde liegenden Gedanken, dass es sich bei dieser um eine Konsumsteuer handelt. Denn der Ort, an dem die Installation des Gegenstands stattfindet, entspricht dem Ort, an dem dieser Gegenstand vom Erwerber „konsumiert“ wird, ebenso wie der Ort, an dem ein Grundstück sich befindet, als der Ort angesehen werden kann, an dem die grundstücksbezogenen Leistungen deren Erwerber erbracht werden.

85.   Schließlich bezweckt es Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 wie Artikel 9 der Sechsten Richtlinie, wie sich aus der siebten Erwägung zu dieser Richtlinie ergibt, Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden. Der Gerichtshof hat hinsichtlich Artikel 9 der Sechsten Richtlinie entschieden, dass mit dieser Regelung Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, und die Nichtbesteuerung von Einnahmen verhindert werden sollen(25). Diese Zweckbestimmung von Artikel 9 der Sechsten Richtlinie kann auf Artikel 8 dieser Richtlinie übertragen werden, wie es der Gerichtshof jüngst im Urteil Köhler(26) vom 15. September 2005 anerkannt hat, weil Artikel 8 wie der genannte Artikel 9 Bestandteil des Abschnitts VI der Sechsten Richtlinie ist, der den Ort der steuerpflichtigen Leistung regelt.

86.   Die Anwendung der Kompetenznormen der Artikel 8 und 9 der Sechsten Richtlinie bezweckt und bewirkt zwar allgemein, die Besteuerungshoheit einem einzigen Mitgliedstaat zuzuerkennen. Dies geht aus den Artikeln 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 und 9 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie hervor. Denn die Installation oder Montage eines Gegenstands findet in der Regel im Gebiet eben des Mitgliedstaats statt, in dem das Grundstück gelegen ist. Das Risiko eines Kompetenzkonflikts wird also dadurch verringert, dass die Besteuerungshoheit einem einzigen Mitgliedstaat zuerkannt wird.

87.   Jedoch ist Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie auch dann anzuwenden und ermöglicht auch dann die Lösung von Kompetenzkonflikten, wenn die Installation – wie in der vorliegenden Rechtssache – im Hoheitsgebiet zweier Mitgliedstaaten erfolgt.

88.   In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, diese Vorschrift gemäß ihrem Inhalt, ihrem Zusammenhang und dem mit ihr verfolgten Zweck so auszulegen, dass die Besteuerungshoheit jedem Mitgliedstaat für denjenigen Teil des Gegenstands zuzuerkennen ist, der sich in seinem Hoheitsgebiet befindet.

89.   Diese Lösung erscheint auch mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar, nach dem die Besteuerungshoheit an den Ort anknüpft, an dem die Installation oder Montage ausgeführt wird. Im Hinblick auf den der Sechsten Richtlinie zugrunde liegenden Gedanken scheint diese Lösung auch vernünftig, weil das Kabel im vorliegenden Fall Meter für Meter im Hoheitsgebiet jedes davon betroffenen Mitgliedstaats verlegt wird. Die Lieferung des Gegenstands und der damit einhergehende „Konsum“ durch den Auftraggeber finden also gerade – nach und nach – im Hoheitsgebiet jedes dieser Mitgliedstaaten statt.

90.   Schließlich verringert sich das Risiko eines Kompetenzkonflikts zwischen zwei Mitgliedstaaten auch durch die Festlegung ihrer Grenzen. Es zeigt sich nämlich im vorliegenden Fall, dass die Bestimmung des Ortes der Leistung gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 der Sechsten Richtlinie ganz und gar vergleichbar ist mit derjenigen, wie sie in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie für Beförderungsleistungen vorgesehen ist, wonach „als Ort einer Beförderungsleistung der Ort gilt, an dem die Beförderung nach Maßgabe der zurückgelegten Beförderungsstrecke jeweils stattfindet“. Das Risiko einer Doppelbesteuerung wird vermieden, weil jeder Mitgliedstaat die Leistung nur für den Teil des Kabels besteuern darf, der sich in seinem Hoheitsgebiet befindet, und diese Hoheitsgebiete sich nicht überschneiden(27).

91.   Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass der räumliche Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie in ihrem Artikel 3 in Anlehnung an die Bestimmungen des Artikels 299 EG definiert ist. Dieser bestimmt den räumlichen Geltungsbereich des EG-Vertrags bekanntlich dadurch, dass er jeden Mitgliedstaat unter seiner vollständigen Bezeichnung aufzählt, ohne deren geografische Komponenten zu erwähnen(28). Daraus wurde abgeleitet, dass 299 EG auf die nationalen Vorschriften verweist, mit denen jeder Mitgliedstaat sein Hoheitsgebiet bestimmt(29). Daraus folgt somit, dass die Sechste Richtlinie zur Bestimmung der Grenzen der Besteuerungshoheit eines jeden Mitgliedstaats auf dessen nationalen Gesetze verweist.

92.   Betrachten wir etwas genauer, wie es sich damit bei der Verlegung eines Seekabels verhält, das zwei Mitgliedstaaten miteinander verbindet, so ist also jeder dieser Mitgliedstaaten berechtigt, die Leistung für den Teil des Kabels zu besteuern, der sich auf seinem Festland und in seinen Binnengewässern befindet. Der Mitgliedstaat kann die Leistung auch für den Teil des Kabels besteuern, der sich in seinen territorialen Küstengewässern befindet, da er nach dem Seevölkerrecht die Hoheit über deren Meeresgrund ausübt(30).

93.   Es wäre auch denkbar, dass ein Mitgliedstaat die Entscheidung trifft, die streitige Leistung für den Teil des Kabels zu besteuern, der sich in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone oder auf seinem Festlandsockel befindet, da der Mitgliedstaat auch dort souveräne – wenn auch eingeschränkte – Rechte ausüben kann, insbesondere im Bereich der Ausbeutung des Meeresbodens und seines Untergrunds(31). In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof entschieden, das Gemeinschaftsrecht, im vorliegenden Fall die Richtlinie 92/43/EWG des Rates(32), sei in der ausschließlichen Wirtschaftszone und auf dem Festlandsockel eines Mitgliedstaats anwendbar, wenn dieser Mitgliedstaat dort seine souveränen Rechte ausübe(33). Daraus hat der Gerichtshof abgeleitet, dass ein Mitgliedstaat eine Vertragsverletzung begeht, wenn er nicht die zur Umsetzung der genannten Richtlinie erforderlichen Maßnahmen trifft.

94.   Wie dem auch sei, kommt es mir an dieser Stelle meiner Prüfung darauf an, dass die Aufteilung der Besteuerungshoheit zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich des Teils des Kabels, der sich jeweils auf ihrem Festland und in ihren Gewässern befindet, nicht zu Kompetenzkonflikten und damit auch nicht zu Überschneidungen in der Besteuerungshoheit führt.

95.   Zwar kann, wie das Skatteverk sehr treffend anmerkt, die Aufteilung der Besteuerungshoheit über eine solche Leistung trotzdem zu Schwierigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten führen. Solche Schwierigkeiten dürften den Preis des Kabels an sich aber nicht betreffen. Denn das auf diesen Preis entfallende Besteuerungsrecht jedes Mitgliedstaats ist vernünftigerweise nach der Länge des Kabels, das sich auf seinem Festland und in seinen Gewässern befindet, im Verhältnis zur Gesamtlänge des Kabels zu bestimmen.

96.   Was den Preis der Dienstleistungen betrifft, kann die Aufteilung der Besteuerungshoheit dagegen weitere Fragen aufwerfen. So kann sich die Frage stellen, ob die Preise der Dienstleistungen addiert werden sollen und das auf sie entfallende Besteuerungsrecht nach dem Preis des Kabels aufgeteilt werden soll, also entsprechend der Länge des Kabels, das sich in jedem Mitgliedstaat befindet, oder ob zwischen den Dienstleistungen, die an einem genau bestimmten Ort ausgeführt werden, wie z. B. einer Verlängerung des Kabels zwischen zwei Fixpunkten, und den anderen Dienstleistungen unterschieden werden soll.

97.   Angesichts einer solchen Alternative haben die Mitgliedstaaten meiner Ansicht nach allen Grund, auf die einfachste Lösung zurückzugreifen. Denn es kann schwierig und relativ willkürlich sein, die Dienstleistungen, die an einen genauen Punkt anknüpfen und die Dienstleistungen, die die Gesamtheit des Kabels betreffen, wie Prüfungen und Funktionstests, mit Gewissheit zu bestimmen.

98.   Diese Schwierigkeiten können mit denen verglichen werden, die sich z. B. bei der Bestimmung des Ortes der Besteuerung von Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen im Rahmen des Baus einer Brücke zwischen zwei Mitgliedstaaten ergeben. Das Ausmaß dieser Schwierigkeiten hat den Rat der Europäischen Union dazu veranlasst, zur Vereinfachung des Verfahrens der Steuererhebung die beteiligten Mitgliedstaaten, wie es ihm aufgrund von Artikel 27 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie gestattet ist, zu ermächtigen, das Bauwerk selbst so zu betrachten, als befände es sich nur im Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats(34). Die Anwendung einer solchen Lösung erscheint schwierig, wenn die beiden Mitgliedstaaten, wie in der vorliegenden Rechtssache, durch ein Gebiet getrennt sind, das nicht zum gemeinschaftlichen Hoheitsgebiet zählt.

99.   Ich würde somit die Lösung befürworten, nach der alle Dienstleistungen, die die Verlegung des Kabels und die Funktionsprüfungen betreffen, als zum Kabel in seiner Gesamtheit gehörig angesehen werden und ihre Lokalisierung im jeweiligen Mitgliedstaat entsprechend der Länge des in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Kabels im Verhältnis zur Gesamtlänge des Kabels zu bestimmen. Diese Lösung würde auch in einem konsequenten Zusammenhang mit der Prämisse stehen, dass die Lieferung des Kabels und seine Verlegung durch die Klägerin bei Anwendung der Sechsten Richtlinie als eine einheitliche Leistung betrachtet werden müssen.

100. Aufgrund all dieser Erwägungen schlage ich vor, auf die dritte Vorabentscheidungsfrage zu antworten, dass Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Lokalisierung der Leistung entsprechend den Gebieten, in denen das Kabel verlegt wird, aufzuteilen ist, um die Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten zu bestimmen.

D –    Zur vierten Vorabentscheidungsfrage

101. Mit seiner vierten Vorabentscheidungsfrage ersucht das vorlegende Gericht um Auskunft darüber, ob Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 2 Nummer 1 und Artikel 3 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie so zu verstehen ist, dass für den Teil der Lieferung des Gegenstands, der ein Gebiet außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft betrifft, keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist.

102. Das vorlegende Gericht möchte also wissen, ob das Gemeinschaftsrecht so zu verstehen ist, dass die Leistung für den Teil des Kabels, der sich in internationalen Gewässern befindet, nicht steuerpflichtig ist.

103. Wie die Klägerin, das Skatteverk und die Kommission bin ich der Ansicht, dass für den Teil des Kabels, der sich außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft befindet, keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist.

104. Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie sieht, wie wir bereits gesehen haben, vor, dass die Mehrwertsteuer für steuerpflichtige Vorgänge zu entrichten ist, die im Inland ausgeführt werden, und unter „Inland“ ist nach dem Wortlaut des Artikels 3 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie der Geltungsbereich des EG-Vertrags zu verstehen, wie er für jeden Mitgliedstaat in Artikel 299 EG definiert ist.

105. Mit diesen Bestimmungen schränkt die Sechste Richtlinie also ihren Geltungsbereich auf die Hoheitsgebiete ein, die von jedem der 25 Mitgliedstaaten als ihr nationales Hoheitsgebiet definiert werden und in denen sie ihre Besteuerungshoheit ausüben. Nach dem Seevölkerrecht verfügen die Mitgliedstaaten auf hoher See über keinerlei Hoheitsrechte außer denen, die sie auf unter ihrer Flagge fahrenden Schiffen ausüben(35).

106. Wie der Gerichtshof im oben genannten Urteil Kommission/Frankreich(36) entschieden hat, enthält die Sechste Richtlinie keine Vorschrift, nach der die Mitgliedstaaten diejenigen Teilstrecken einer Beförderungsleistung der Mehrwertsteuer unterwerfen müssten, die außerhalb der Hoheitsgrenzen dieser Staaten im internationalen Raum zurückgelegt werden.

107. Zwar hat der Gerichtshof hinsichtlich der Besteuerung von Dienstleistungen, die an Bord eines Schiffes erbracht werden, entschieden, dass die Richtlinie nicht die Freiheit der Mitgliedstaaten einschränkt, den Geltungsbereich ihres Steuerrechts über ihre Staatsgrenzen hinaus auszudehnen, solange sie nicht in die Kompetenzen anderer Staaten eingreifen(37). Auch hat der Gerichtshof im genannten Urteil Köhler eingeräumt, diese Erwägung gelte auch im Rahmen der Besteuerung der Lieferung von Gegenständen(38).

108. Meiner Ansicht nach kann diese Ausweitung des Geltungsbereichs jedoch nur dann gelten, wenn die Dienstleistung oder die Lieferung eines Gegenstands an Bord eines Transportmittels erfolgt, das dann den Anknüpfungspunkt für die Besteuerungshoheit eines Mitgliedstaats darstellt. So betraf auch das genannte Urteil Köhler die Interpretation des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie, nach dem als Ort der Lieferung von Gegenständen für den Fall, dass die Lieferung an Bord eines Schiffes, eines Flugzeugs oder in einer Eisenbahn und während des innerhalb der Gemeinschaft stattfindenden Teils einer Beförderung erfolgt, der Abgangsort des Personenbeförderungsmittels gilt. Diese Beurteilung wird auch vom Urteil Berkholz untermauert, in dem der Gerichtshof die Ausdehnung des Geltungsbereichs ausdrücklich davon abhängig macht, dass der Mitgliedstaat seine Rechtshoheit über das Schiff ausübt, auf dem die Dienstleistungen erbracht werden(39).

109. Durch die vom Gerichtshof in diesem engen Kontext gestattete Ausdehnung des Geltungsbereichs der Sechsten Richtlinie wird meines Erachtens also nicht der Grundsatz in Frage gestellt, dass der Geltungsbereich auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten beschränkt ist, wie es von ihrer eigenen Gesetzgebung definiert wird.

110. Ich schlage deshalb vor, auf die vierte Vorabentscheidungsfrage zu antworten, dass Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit den Artikeln 2 und 3 der Sechsten Richtlinie so zu verstehen ist, dass für den Teil der Lieferung des Gegenstands, der ein Gebiet außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft betrifft, keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist

V –    Ergebnis

111. Nach alledem schlage ich vor, die vom Regeringsrätt gestellten Vorabentscheidungsfragen wie folgt zu beantworten:

1.      Eine steuerpflichtige Leistung, die in der Lieferung und Installation eines Kabels besteht, das im Gebiet zweier Mitgliedstaaten und auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft verlegt wird und den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten der Leistung ausmacht, ist als Lieferung eines Gegenstands im Sinne der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/7/EWG des Rates vom 10. April 1995 zur Einführung weiterer Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer – Geltungsbereich bestimmter Steuerbefreiungen und praktische Einzelheiten ihrer Durchführung geänderten Fassung zu beurteilen.

2.      Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 95/7/EG geänderten Fassung, ist dahin auszulegen, dass die Lokalisierung der Leistung entsprechend den Gebieten, in denen das Kabel verlegt wird, aufzuteilen ist, um die Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten zu bestimmen.

3.      Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit den Artikeln 2 und 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 95/7 geänderten Fassung ist so zu verstehen, dass für den Teil der Lieferung des Gegenstands, der ein Gebiet außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft betrifft, keine Mehrwertsteuer zu entrichten ist.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Richtlinie vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1), geändert durch die Richtlinie 95/7/EWG des Rates vom 10. April 1995 zur Einführung weiterer Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer – Geltungsbereich bestimmter Steuerbefreiungen und praktische Einzelheiten ihrer Durchführung (ABl. L 102, S. 18) (im Folgenden: Sechste Richtlinie).


3 – SFS 1994 Nr. 200, im Folgenden: ML.


4 – Im Folgenden: Klägerin.


5 – Urteil vom 4. Juli 1985 in der Rechtssache 168/84 (Slg. 1985, 2251).


6 – C-134/97 (Slg. 1998, I-7023).


7 – Randnr. 18.


8 – Ebenda.


9 – Urteile vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-240/99 (Skandia, Slg. 2001, I-1951), vom 1. April 2004 in der Rechtssache C-320/02 (Stenholmen, Slg. 2004, I-3509) und vom 20. Januar 2005 in der Rechtssache C-412/03 (Hotel Scandic Gåsabäck, Slg. 2005, I-743).


10 – Vgl. u. a. die Urteile vom 22. Oktober 1998 in der Rechtssache C-308/96 und C-94/97 (Madgett/Baldwin, Slg. 1998, I-6229, Randnr. 24) hinsichtlich eines Hotelbesitzers, der seinen Kunden Exkursionsdienste und Transportleistungen zu seinem Hotel erbrachte, vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-349/96 (CCP, Slg. 1999, I-973, Randnr. 30) hinsichtlich der Erbringung von Versicherungsleistungen und anderen Dienstleistungen an Kreditkarteninhaber und vom 15. Mai 2001 in der Rechtssache C-34/99 (Primback, Slg. 2001, I-3833, Randnr. 45) hinsichtlich eines Möbelhändlers, der seinen Kunden anbot, die bei ihm gekauften Waren mit Hilfe eines Darlehens zu finanzieren.


11 – Urteil vom 27. Oktober 2005 in der Rechtssache C-41/04 (Levob Verzekeringen/OV Bank, Slg. 2005, I-9433, Randnr. 22).


12 – Vgl. u. a. Urteile vom 8. Februar 1990 in der Rechtssache C-320/88 (Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285, Randnr. 7), und vom 21. April 2005 in der Rechtssache C-25/03 (HE, Slg. 2005, I-3123, Randnr. 64).


13 – Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1303).


14 – Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e der Richtlinie 67/228 lautet:


„Als Lieferung im Sinne des Absatzes 1 [gilt] ferner … die Ablieferung von Bauleistungen einschließlich solcher Leistungen, die den Einbau beweglicher Gegenstände in unbewegliche Gegenstände betreffen.“


15 – Urteile vom 2. Mai 1996 in der Rechtssache C-231/94 (Faaborg-Gelting Linien, Slg. 1996, I-2395, Randnr. 12), und Levob Verzekeringen/OV Bank, siehe oben, Randnr. 27.


16 – Urteil Faaborg-Gelting Linien, siehe oben, Randnr. 14.


17 – Ebenda (Randnrn. 13 und 14).


18 – Randnr. 28.


19 – Aus der Darstellung des Sachverhalts ergibt sich, dass der Preis der Software 713 000 USD betrug, während sich der Preis der Anschaffung in einer Spanne zwischen 793 000 USD und 970 000 USD bewegte, zuzüglich 15 000 USD für die Installation im EDV-System des Erwerbers und die Schulungen seines Personals.


20 – Urteil in der Rechtssache Faaborg-Gelting Linien, siehe oben, Randnr. 14.


21 – Urteil in der Rechtssache Shipping and Forwarding Enterprise Safe, siehe oben (Randnrn. 7 und 8). Siehe auch Urteile vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C-305/01 (MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring, Slg. I-6729, Randnr. 38) und vom 21. Februar 2006 in der Rechtssache C-223/03 (University of Huddersfield, Slg. 2006, I-1751, Randnrn. 40 und 48).


22 – Urteile vom 21. Februar 2006 in der Rechtssache C-255/02 (Halifax u. a., Slg. 2006, I-1609, Randnr. 72 und die dort zitierte Rechtsprechung) und University of Huddersfield (Randnr. 49).


23 – Vgl. für eine kürzliche Anwendung im Bereich der Mehrwertsteuer bezüglich Artikel 9 der Sechsten Richtlinie das Urteil vom 9. März 2006 in der Rechtssache C-114/05 (Gillan Beach, Slg. 2006, I-2427, Randnr. 21).


24 – Richtlinie vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1).


25 – Urteil vom 12. Mai 2005 in der Rechtssache C-452/03 (RAL [Channel Islands] u. a., Slg. 2005, I-3947, Randnr. 23).


26 – Rechtssache C-58/04 (Köhler, Slg. 2005, I-8219, Randnr. 22)


27 – Im Urteil vom 13. März 1990 in der Rechtssache C-30/89 (Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-691, Randnr. 16) hat der Gerichtshof entschieden, dass die besondere Anknüpfungsregel für Beförderungsleistungen, die von der in Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen allgemeinen Regelung zur Bestimmung des Ortes einer Dienstleistung abweicht, gewährleisten soll, dass jeder Mitgliedstaat Beförderungsleistungen für die Teilstrecken besteuert, die in seinem Hoheitsgebiet zurückgelegt werden.


28 – Artikel 299 Absatz 1 EG bestimmt:


„Dieser Vertrag gilt für das Königreich Belgien, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Griechische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland.“


29 – Urteil vom 10. Oktober 1978 in der Rechtssache 148/77 (Hansen, Slg. 1978, 1787, Randnr. 9).


30 – Vgl. hierzu Artikel 2 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (im Folgenden „Montego-Bay-Übereinkommen“), unterzeichnet in Montego Bay am 10. Dezember 1982, von der Europäischen Gemeinschaft mit Beschluss 98/392/EG des Rates vom 23. März 1998 (ABl. L 179 S. 1) in ihrem Namen genehmigt und von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert.


31 – Vgl. zur ausschließlichen Wirtschaftszone Artikel 56 und zum Festlandsockel Artikel 77 des Montego-Bay-Übereinkommens.


32 – Richtlinie vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7).


33 – Urteil vom 20. Oktober 2005 in der Rechtssache C-6/04 (Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2005, I-9017, Randnr. 117).


34 – Vgl. zum Beispiel die Entscheidung 2005/713/EG des Rates vom 11. Oktober 2005 zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland und des Königreichs der Niederlande, eine von Artikel 3 der Sechsten Richtlinie abweichende Regelung anzuwenden (ABl. L 271, S. 39). Vgl. auch die Entscheidung 95/114/EG des Rates vom 30. März 1995 zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland und des Großherzogtums Luxemburg, eine von Artikel 3 der Sechsten Richtlinie abweichende Sondermaßnahme einzuführen (ABl. L 80, S. 46).


35 – Vgl. die Artikel 89 und 92 des Montego-Bay-Übereinkommens.


36 – Randnr. 17.


37 – Urteil vom 23. Januar 1986 in der Rechtssache 283/84 (Trans Tirreno Express, Slg. 1986, 231, Randnr. 20).


38 – Randnr. 25.


39 – Randnr. 16.