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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 19. April 20071(1)

Rechtssache C-73/06

Planzer Luxembourg S.à.r.l.

gegen

Bundeszentralamt für Steuern

(Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Köln [Deutschland])

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 17 Abs. 3 und 4 – Erstattung der Mehrwertsteuer – Achte Mehrwertsteuerrichtlinie – Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige – Art. 3 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 – Anhang B – Bescheinigung über die Steuerpflichtigeneigenschaft – Rechtliche Bedeutung – Dreizehnte Mehrwertsteuerrichtlinie – Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige – Art. 1 Nr. 1 – Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit“





I –    Einleitung

1.        Ein in Luxemburg eingetragenes Transportunternehmen stellte bei der deutschen Finanzverwaltung Anträge auf Erstattung von Mehrwertsteuer, die es aufgrund von Aufwendungen für Kraftstoff in Deutschland entrichtet hatte.

2.        Jedem dieser Anträge war eine Bescheinigung der luxemburgischen Finanzverwaltung gemäß Anhang B der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige(2) beigefügt; laut dieser Bescheinigung unterliegt das Unternehmen unter einer luxemburgischen Identifikationsnummer der Mehrwertsteuer.

3.        Die deutsche Steuerverwaltung lehnte jedoch diese Erstattungsanträge ab und vertrat hierzu die Auffassung, dass der Sitz der Geschäftsleitung des genannten Unternehmens in der Schweiz und nicht in Luxemburg liege.

4.        Mit dem Vorabentscheidungsersuchen möchte das Finanzgericht Köln (Deutschland) vom Gerichtshof wissen, ob die genannte Bescheinigung zwingend bedeutet, dass der Steuerpflichtige als in dem Mitgliedstaat, der die Bescheinigung erteilt hat, ansässig gilt.

5.        Andernfalls meint das Finanzgericht Köln, dass festgestellt werden müsse, ob das genannte Unternehmen außerhalb des Gebiets der Europäischen Gemeinschaft ansässig sei; in diesem Fall könne ihm nach deutschem Recht die beim Bezug von Kraftstoff in Deutschland entrichtete Mehrwertsteuer nicht erstattet werden. Das vorlegende Gericht ersucht somit den Gerichtshof um die zutreffende Auslegung des Begriffs des „Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit“ im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige(3).

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Anwendbares Gemeinschaftsrecht

1.      Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(4) (im Folgenden: Sechste Richtlinie)

6.        Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„(1)      Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

(2)      Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. …“

7.        Art. 17 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie in der für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung(5) sieht vor:

„(2)      Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)       die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,

(3)      Die Mitgliedstaaten gewähren jedem Steuerpflichtigen darüber hinaus den Abzug oder die Erstattung der in Absatz 2 genannten Mehrwertsteuer, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden für Zwecke:

a)      seiner Umsätze, die sich aus den im Ausland ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 ergeben, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären;

(4)      Mehrwertsteuererstattungen nach Absatz 3 erfolgen

–        an nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige entsprechend den in der Richtlinie 79/1072/EWG ... festgelegten Bestimmungen;

–        an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige entsprechend den in der Richtlinie 86/560/EWG ... festgelegten Bestimmungen ...“

2.      Achte Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (im Folgenden: Achte Richtlinie)

8.        Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Für die Anwendung dieser Richtlinie gilt als nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG, der in dem Zeitraum nach Artikel 7 Absatz 1 erster Unterabsatz Sätze 1 und 2 in diesem Land weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch – in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung – seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt hat und der in dem gleichen Zeitraum im Inland keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat mit Ausnahme von:

a)      Beförderungsumsätzen und den damit verbundenen Nebentätigkeiten, die gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe i), Artikel 15 oder Artikel 16 Absatz 1 Teile B, C und D der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind, …“

9.        In Art. 2 der genannten Richtlinie wird ausgeführt:

„Jeder Mitgliedstaat erstattet einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, unter den nachstehend festgelegten Bedingungen die Mehrwertsteuer, mit der die ihm von anderen Steuerpflichtigen im Inland erbrachten Dienstleistungen oder gelieferten beweglichen Gegenstände belastet wurden oder mit der die Einfuhr von Gegenständen ins Inland belastet wurde…“

10.      Art. 3 der Achten Richtlinie sieht vor:

„Um die Erstattung zu erhalten, muss ein in Artikel 2 genannter Steuerpflichtiger, der im Inland keine Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt,

b)      durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Staates, in dem er ansässig ist, den Nachweis erbringen, dass er Mehrwertsteuerpflichtiger dieses Staates ist.“

11.      Art. 5 der genannten Richtlinie bestimmt:

„Für die Anwendung dieser Richtlinie wird der Anspruch auf Vorsteuererstattung nach Artikel 17 der Richtlinie 77/388/EWG, wie dieser im Lande der Erstattung angewendet wird, bestimmt. …“

12.      Art. 6 der Achten Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten dürfen den in Artikel 2 genannten Steuerpflichtigen außer den Pflichten nach den Artikeln 3 und 4 keine anderen Pflichten auferlegen als die, in Sonderfällen die Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist.“

13.      Art. 9 Abs. 2 der Achten Richtlinie bestimmt:

„Die in Artikel 3 Buchstabe b) und Artikel 4 Buchstabe a) bezeichneten Bescheinigungen über die Steuerpflichtigeneigenschaft müssen dem in Anhang B aufgeführten Muster entsprechen.“

3.      Dreizehnte Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (im Folgenden: Dreizehnte Richtlinie)

14.      In Art. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie gilt

1.      als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG, der in dem Zeitraum nach Artikel 3 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie in diesem Gebiet weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch – in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung – seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat und der in dem gleichen Zeitraum in dem in Artikel 2 genannten Mitgliedstaat keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat, mit Ausnahme von:

a)      Beförderungsumsätzen und den damit verbundenen Nebentätigkeiten, die gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe i), Artikel 15 oder Artikel 16 Absatz 1 Teile B, C und D der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind;

…“

15.      Art. 2 der Dreizehnten Richtlinie bestimmt:

„(1)      Unbeschadet der Artikel 3 und 4 erstattet jeder Mitgliedstaat einem Steuerpflichtigen, der nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässig ist, unter den nachstehend festgelegten Bedingungen die Mehrwertsteuer, mit der die ihm von anderen Steuerpflichtigen im Inland erbrachten Dienstleistungen oder gelieferten beweglichen Gegenständen belastet wurden oder mit der die Einfuhr von Gegenständen ins Inland belastet wurde, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke der in Artikel 17 Absatz 3 Buchstaben a) und b) der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten Umsätze oder der in Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der vorliegenden Richtlinie bezeichneten Dienstleistungen verwendet werden.

(2)      Die Mitgliedstaaten können die Erstattung nach Absatz 1 von der Gewährung vergleichbarer Vorteile im Bereich der Umsatzsteuern durch die Drittländer abhängig machen.

...“

16.      Art. 4 der genannten Richtlinie sieht vor:

„(1)      Für die Anwendung dieser Richtlinie wird der Anspruch auf Erstattung nach Artikel 17 der Richtlinie 77/388/EWG, wie dieser im Mitgliedstaat der Erstattung angewendet wird, bestimmt.

(2)      Die Mitgliedstaaten können jedoch den Ausschluss bestimmter Ausgaben vorsehen oder die Erstattung von zusätzlichen Bedingungen abhängig machen.

…“

B –    Einschlägige Bestimmungen des nationalen Rechts

17.      Gemäß § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (im Folgenden: UStG)(6) in Verbindung mit § 59 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (im Folgenden: UStDV)(7) steht den nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen für Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit der Lieferung von Kraftstoff kein Erstattungsanspruch zu.

III – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

18.      Das Transportunternehmen Planzer Luxembourg S.à.r.l. (im Folgenden: Planzer Luxembourg) hat seinen Sitz in Frisange (Luxemburg). Sein einziger Gesellschafter ist die Planzer Transport AG mit Sitz in Dietikon (Schweiz).

19.      Herr Deltgen betreibt am Sitz von Planzer Luxembourg die Firma Helvetia House, bei der Planzer Luxembourg ihre Büroräume gemietet hat. Als Vertreter ihres einzigen Gesellschafters hat er es übernommen, die für die Gründung von Planzer Luxembourg erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Geschäftsführer von Planzer Luxembourg sind zwei Angestellte der Planzer Transport AG. Einer von ihnen ist in der Schweiz, der andere in Italien wohnhaft. Dreizehn weitere Gesellschaften, hiervon drei Tochtergesellschaften Schweizer Transportunternehmen, haben unter der Adresse von Planzer Luxembourg ihren Sitz.

20.      1997 und 1998 stellte Planzer Luxembourg bei der deutschen Steuerverwaltung zwei Anträge auf Erstattung der Mehrwertsteuer, die sie in Deutschland beim Bezug von Kraftstoff entrichtet hatte. Der erste Antrag bezog sich auf 11 004,25 DM für das Jahr 1996, der zweite auf 16 670,98 DM für das Jahr 1997. Beiden Anträgen war eine von der luxemburgischen Steuerverwaltung ausgestellte, dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie entsprechende Bescheinigung beigefügt.

21.      Ausweislich dieser Bescheinigung unterliegt Planzer Luxembourg der Mehrwertsteuer unter einer luxemburgischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

22.      Nachdem jedoch die deutsche Steuerverwaltung von ihrer Informationszentrale Ausland die Auskunft erhalten hatte, dass Planzer Luxembourg unter der in der Bescheinigung angegebenen Adresse keinen Telefonanschluss unterhalte, kam sie zu dem Schluss, Planzer Luxembourg habe nicht nachgewiesen, dass der Sitz ihrer Geschäftsleitung in Luxemburg sei und lehnte die Erstattungsanträge mit der Begründung ab, dass die im nationalen Recht für die Erstattung vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

23.      In den deutschen Rechtsvorschriften ist nämlich von der in Art. 4 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht worden; somit sind nach § 18 Abs. 9 UStG bei nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen diejenigen Vorsteuerbeträge von der Vergütung ausgeschlossen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.

24.      Planzer Luxembourg legte gegen diese Bescheide Einsprüche ein. Sie legte eine zusätzliche Bescheinigung vor, wonach sie eine den luxemburgischen direkten Steuern unterliegende Handelsgesellschaft sei; ihre beiden Geschäftsführer, Herr Deltgen und eine weitere Person, die ebenfalls für ihre Leitung und Buchhaltung zuständig sei, übten ihre Tätigkeiten in Luxemburg aus, fünf Beschäftigte arbeiteten in Teilzeit als Fahrer an ihrem Unternehmenssitz, sie verfüge über einen Telefonanschluss, wie sich aus ihrem Briefkopf ergebe, in Luxemburg zugelassene Lastkraftwagen würden für den Luftfrachtverkehr verwendet, und ihre Rechnungen würden an ihrem Sitz in Luxemburg erstellt.

25.      Die deutsche Steuerverwaltung wies diese Einsprüche mit Entscheidungen vom 1. Juli 1999 mit der Begründung zurück, der Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens liege in der Schweiz und nicht in Luxemburg.

26.      Planzer Luxembourg erhob gegen diese abschlägigen Bescheide Klage.

27.      Das Finanzgericht Köln gab dieser Klage mit Urteil vom 26. Oktober 2001 mit der Begründung statt, dass Luxemburg überwiegend Ausgangspunkt der von Planzer Luxembourg der Muttergesellschaft in der Schweiz gegenüber erbrachten Umsätze gewesen sei und dass sich der Sitz von Planzer Luxembourg in Luxemburg befinde.

28.      Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil durch Urteil vom 22. Mai 2003 mit der Begründung auf, dass das Finanzgericht Köln zu Unrecht, indem es auf den Ort des statutarischen Sitzes der Gesellschaft abgestellt habe, davon ausgegangen sei, dass Planzer Luxembourg in Luxemburg ansässig sei, und verwies die Sache an das Finanzgericht Köln zurück.

29.      In seiner Vorlageentscheidung betont das Finanzgericht Köln, dass es in dieser Rechtssache zentral um die Frage gehe, ob Planzer Luxembourg außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansässig sei, in welchem Fall sie nach nationalem Recht keinen Anspruch auf Erstattung der beim Erwerb von Kraftstoff in Deutschland entrichteten Mehrwertsteuer hätte. Vorrangig stelle sich die Frage nach der Rechtswirkung der von Planzer Luxembourg vorgelegten Bescheinigungen gemäß dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie. Zwar ergebe sich aus solchen Bescheinigungen die unwiderlegliche Vermutung der Mehrwertsteuerpflichtigeneigenschaft eines Unternehmers, doch sei fraglich, ob diesen Bescheinigungen auch eine Bindungswirkung bzw. unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers in dem Mitgliedstaat beigemessen werden könne, in dem sie ausgestellt worden seien. Sollte diese Frage zu verneinen sein, so sei fraglich, ob es für den Begriff des „Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit“ im Sinne von Art. 1 Nr. 1. der Dreizehnten Richtlinie auf den Ort ankomme, an dem die entsprechende Gesellschaft ihren statutarischen Sitz habe und an dem sie ihre wesentlichen geschäftlichen Entscheidungen treffe (nämlich Luxemburg), oder aber auf den Ort, an dem die operativen Geschäfte betrieben würden (nämlich die Schweiz).

30.      Daher hat das Finanzgericht Köln beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ergibt sich aus einer dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie entsprechenden Unternehmerbescheinigung eine Bindungswirkung bzw. eine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat der Bescheinigung?

2.      Für den Fall, dass die Frage 1 zu verneinen ist:

Ist der Begriff „Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit“ im Sinne des Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie dahin gehend auszulegen, dass damit der Ort gemeint ist, an dem die Gesellschaft ihren statutarischen Sitz hat,

oder ist auf den Ort abzustellen, an dem die geschäftsleitenden Entscheidungen getroffen werden,

oder kommt es auf den Ort an, an dem die für das übliche operative Tagesgeschäft maßgeblichen Entscheidungen gefällt werden?

IV – Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

31.      Planzer Luxembourg, die deutsche, die französische, die italienische und die luxemburgische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

A –    Zur ersten Frage

32.      Planzer Luxembourg und die luxemburgische Regierung schlagen dem Gerichtshof vor, die erste Frage zu bejahen.

33.      Planzer Luxembourg geht von dem Grundsatz aus, dass der vorgelegten Bescheinigung Bindungswirkung zukomme oder daraus zumindest eine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmens in dem Mitgliedstaat, der die Bescheinigung ausgestellt habe, hervorgehe. Es liefe dem Ziel der Harmonisierung der Rechtsvorschriften und der Vereinfachung des Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft zuwider, wenn ein Mitgliedstaat die von einem anderen Staat ausgestellte Bescheinigung anzweifeln könnte.

34.      Nach Ansicht der luxemburgischen Regierung ist die Frage des Ortes der Ansässigkeit, soweit dieser Ort als Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder als feste Niederlassung zu betrachten sei, sekundär, da es sich dabei nur um ein Kriterium unter anderen für die Feststellung handele, ob ein Steuerpflichtiger als ansässig oder nicht ansässig im Sinne der Achten Richtlinie zu betrachten sei. Die Bescheinigung nach Art. 3 Buchst. b der Achten Richtlinie sei dazu bestimmt, zu bestätigen, dass ein Steuerpflichtiger als solcher in dem Mitgliedstaat, der die Bescheinigung ausstelle, registriert sei. Es sei daher nicht vorstellbar, dass die Behörden eines anderen Mitgliedstaats das Recht hätten, die bescheinigte Sachlage vor Gericht in Abrede zu stellen.

35.      Die Kommission vertritt einen Standpunkt, der dem von Planzer Luxembourg und dem der luxemburgischen Regierung nahe kommt. Sie ist der Auffassung, dass das harmonische Funktionieren des Mechanismus der Zusammenarbeit nationaler Steuerbehörden in gegenseitigem Vertrauen die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von den zuständigen nationalen Behörden ausgestellten Bescheinigungen begründe, zumal eine Behörde, die Zweifel an der Richtigkeit der sich aus einer solchen Bescheinigung ergebenden Feststellungen habe, auf die in der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates(8) vorgesehenen Instrumente zurückgreifen könne. Die Kommission stellt hierzu klar, dass von dieser Möglichkeit nur im Fall ernstlicher Zweifel Gebrauch gemacht werden sollte. Wenn der ersuchte Staat die seiner Bescheinigung zugrunde liegende Sachlage verifiziere und bestätige, bleibe den anderen Mitgliedstaaten, bei denen die Rückerstattung beantragt werde, keine andere Möglichkeit, als die Rückerstattung zu gewähren.

36.      Demgegenüber sind die deutsche, die italienische und die französische Regierung der Auffassung, die Bescheinigung beweise lediglich, dass der Steuerpflichtige in dem Staat, der die Bescheinigung ausgestellt habe, von der Verwaltung als der Mehrwertsteuer unterworfen angesehen werde, aber keinesfalls, dass er dort ansässig sei.

37.      Die französische Regierung fügt hinzu, wenn der Erstattungsmitgliedstaat bezweifle, dass das Unternehmen im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässig sei, müsse er die vom Ansässigkeitsmitgliedstaat ausgestellte Bescheinigung in Frage stellen können. Dies sei allerdings erst möglich, nachdem der Erstattungsmitgliedstaat die Verfahren der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden bemüht habe(9).

B –    Zur zweiten Frage

38.      Planzer Luxembourg ist der Ansicht, der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie sei der Ort, an dem die Gesellschaft ihren statutarischen Sitz habe. Folge der Gerichtshof diesem Standpunkt nicht, müsse als Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Ort angesehen werden, an dem die geschäftsleitenden Entscheidungen getroffen würden.

39.      Der luxemburgischen Regierung zufolge ist auf die zweite Frage nicht zu antworten, da die erste Frage zu bejahen sei.

40.      Die deutsche, die französische und die italienische Regierung sind der Auffassung, dass die Begriffe „Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit“ und „statutarischer Sitz“ nicht zu verwechseln seien, und verweisen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie(10), wonach die in Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie verwendeten Begriffe „Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit“ und „feste Niederlassung“ einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur implizierten, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Ausübung der fraglichen Aktivitäten ermöglichten.

41.      Die deutsche Regierung nimmt außerdem auf Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren(11) Bezug. Nach dieser Bestimmung werde lediglich bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen einer Gesellschaft der Ort des satzungsmäßigen Sitzes sei.

42.      Die deutsche Regierung führt aus, im konkreten, dem Finanzgericht Köln unterbreiteten Fall möge Planzer Luxembourg zwar einen statutarischen Sitz im Gemeinschaftsgebiet haben, nicht aber den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit. Aus dem vom vorlegenden Gericht referierten Sachverhalt ergebe sich, dass das betreffende Unternehmen am Ort des statutarischen Sitzes im Gemeinschaftsgebiet (Luxemburg) keine Geschäftstätigkeit ausübe. Der statutarische Sitz sei aus einem Drittlandsgebiet (Schweiz) in das Gemeinschaftsgebiet verlegt worden, um den Ausschluss von der Erstattung von Mehrwertsteuern, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfielen, zu umgehen.

43.      Die deutsche Regierung schlägt somit als Antwort vor, dass der Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit „ein unternehmerisches Tätigsein an diesem Ort oder von diesem Ort aus mit einem Mindestbestand an Sach- und Personalmitteln [voraussetze]“.

44.      Die französische Regierung schlägt als Antwort vor, dass der Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit „einen hinreichenden Grad an Beständigkeit haben und die Umsätze tätigen [müsse], für die die Erstattung der Vorsteuer beantragt [werde]“.

45.      Die italienische Regierung schlägt als Antwort vor, dass mit dem Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit der eventuell vom Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort verschiedene Ort gemeint sei, an dem die für das übliche operative Tagesgeschäft maßgeblichen Entscheidungen gefällt würden.

46.      In Anbetracht der vorgeschlagenen Antwort auf die erste Frage hält die Kommission die Prüfung der zweiten Frage für überflüssig. Höchst vorsorglich trägt sie allerdings Argumente vor, die denen der deutschen, der französischen und italienischen Regierung ähnlich sind, und schlägt als Antwort vor: „Ein Unternehmen wie ... [Planzer Luxembourg], die ihren statutarischen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, dort ihre Verwaltung hat und Büroräume unterhält und Heizungskosten zahlt, telefonisch erreicht werden kann, für die Erbringung ihrer Dienstleistungen benutzte Kraftwagen zugelassen bekommen hat, Arbeitsverträge geschlossen hat, für Mehrwert- wie auch Direktsteuerzwecke registriert ist und Geschäftsführungsentscheidungen trifft, hat den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. eine feste Niederlassung, von wo aus seine Umsätze bewirkt werden, in diesem Mitgliedstaat im Sinne von Artikel 1 der Achten Richtlinie.“

V –    Würdigung

A –    Zur ersten Frage

47.      Da die Bescheinigung nach dem Wortlaut von Art. 3 Buchst. b der Achten Richtlinie „durch … [die] zuständige … Behörde des Staates, in dem [der Steuerpflichtige] ansässig ist“, erteilt wird, spricht eine starke Vermutung dafür, dass der Steuerpflichtige tatsächlich im Ausstellungsstaat ansässig ist.

48.      Allerdings beweist diese Bescheinigung lediglich, dass der Betreffende, wie es in der genannten Bescheinigung heißt, „Mehrwertsteuerpflichtiger“ ist, nicht aber, dass der Steuerpflichtige wirklich im Ausstellerstaat ansässig ist. Denn vor Ausstellung der fraglichen Bescheinigung führt die Verwaltung insoweit keine Nachprüfung durch. Daher ist die Bescheinigung eine erforderliche, aber keine hinreichende Voraussetzung dafür, um in den Genuss des Mehrwertsteuererstattungsverfahrens nach der Achten Richtlinie zu kommen.

49.      Die Gutgläubigkeit der die Bescheinigung ausstellenden Verwaltung soll hier keineswegs in Zweifel gezogen werden. Es liegt auf der Hand, dass diese nicht jedes Mal, wenn eine solche Bescheinigung bei ihr beantragt wird, gründlich prüfen kann, ob die Ansässigkeit tatsächlich gegeben ist.

50.      Es geht vielmehr darum, dass man die Möglichkeit nicht vollständig ausschließen kann, dass ein Steuerpflichtiger, d. h. eine Person, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht(12), insbesondere in Anbetracht der zwischen den Mitgliedstaaten unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze vorgibt, in dem Mitgliedstaat ansässig zu sein, der für ihn am vorteilhaftesten ist(13).

51.      Seitdem nämlich die Steuergrenzen am 1. Januar 1993 gefallen sind und die Unternehmen Waren innerhalb des Gemeinschaftsgebiets frei von Formalitäten hinsichtlich des Überschreitens der Binnengrenzen bewegen können, ist die Bekämpfung betrügerischer Machenschaften ein vorrangig Anlass zur Sorge gebendes Problem geworden(14).

52.      Hierbei ist zu betonen, dass die Achte Richtlinie, wie es in ihrem vierten Erwägungsgrund heißt, zwar auf einen Fortschritt auf dem Weg zur „tatsächlichen Liberalisierung des Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs“ abzielt, nach ihrem sechsten Erwägungsgrund aber auch auf die Vermeidung „[b]estimmte[r] Formen der Steuerhinterziehung und Steuerumgehung“.

53.      So sieht die Achte Richtlinie in Art. 6 ausdrücklich vor, dass der Steuerpflichtige gehalten sein kann, „in Sonderfällen die Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist“.

54.      Die französische Regierung und die Kommission sind der Auffassung, dass der Erstattungsmitgliedstaat im Fall von Zweifeln verpflichtet sei, die Verfahren zum Informationsaustausch einzuleiten, die die Verordnung Nr. 1798/2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vorsehe. Anders als die französische Regierung meint die Kommission sogar, dass der Erstattungsmitgliedstaat an die im Wege der Zusammenarbeit erlangten Informationen gebunden sei.

55.      Die anderen Regierungen, sie sich geäußert haben, nämlich die deutsche, die italienische und die luxemburgische, gehen auf diese Zusammenarbeit nicht ein, was vermuten lässt, dass sie sie unabhängig von dem Wert, den sie der fraglichen Bescheinigung beimessen, nicht für zwingend geboten halten.

56.      Die Verordnung Nr. 1798/2003 dient der Bekämpfung betrügerischer Machenschaften. In ihren ersten beiden Erwägungsgründen wird unterstrichen, dass Steuerhinterziehung und Steuerumgehung über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg zu Einnahmeverlusten führten und das Prinzip der Steuergerechtigkeit verletzten. Diese Machenschaften könnten somit Verzerrungen des Kapitalverkehrs und des Wettbewerbs verursachen und beeinträchtigten das Funktionieren des Binnenmarkts. Die Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung erfordere eine enge Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die in den einzelnen Mitgliedstaaten mit der Durchführung der einschlägigen Vorschriften betraut seien.

57.      Somit geht es in der Verordnung Nr. 1798/2003, wie es in ihrem dritten Erwägungsgrund heißt, um „die Einrichtung eines gemeinsamen Systems für die Informationserteilung zwischen den Mitgliedstaaten …, bei dem die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten einander Amtshilfe gewähren und mit der Kommission zusammenarbeiten, um eine ordnungsgemäße Anwendung der Mehrwertsteuer auf Warenlieferungen und Dienstleistungen, den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen und auf die Einfuhr von Waren zu gewährleisten“(15).

58.      „Einander Amtshilfe gewähren“ setzt voraus, dass auf eine Informationsanfrage zu antworten ist, verpflichtet aber nicht dazu, im Zweifelsfall anzufragen, und erst recht nicht dazu, sich an die gegebene Antwort zu halten. Die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf steuerlichem Gebiet war im Übrigen viele Jahre lang wenig ertragreich(16).

59.      Einen Mitgliedstaat zu verpflichten, sich ohne jede andere Möglichkeit der Nachprüfung an die erhaltenen Informationen zu halten, während der Mitgliedstaat, der die Bescheinigung erteilt, selbstverständlich nicht bei jeder Anfrage systematische und gründliche Nachprüfungen darüber anstellen kann, ob der Mehrwertsteuerpflichtige tatsächlich in seinem Gebiet ansässig ist, würde dem Ziel der Bekämpfung betrügerischer Machenschaften geradezu zuwiderlaufen.

60.      Daher wird vorgeschlagen, auf die erste Frage zu antworten, dass der dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie entsprechende Nachweis der Eintragung als Mehrwertsteuerpflichtiger keine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat der Bescheinigung schafft.

B –    Zur zweiten Frage

61.      Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass zwar weder das Gemeinschaftsgesellschaftsrecht(17) noch das Gemeinschaftssteuerrecht den Begriff des Sitzes der Gesellschaft definiert haben(18), dass aber doch ein Unterschied zwischen den Sitzbegriffen im Gesellschaftsrecht und im Steuerrecht besteht. Im Steuerrecht kann nämlich der Gesellschaftssitz anders definiert werden. Im Gesellschaftsrecht(19) wird der Begriff des Sitzes der Gesellschaft von den nationalen Rechtsvorschriften bestimmt. Auch lassen sich parallel zur Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs(20) in manchen nationalen Rechtsordnungen viel präzisere Vorschriften zum Begriff des satzungsmäßigen Sitzes im Gesellschaftsrecht ausmachen(21).

62.      Die Ratio legis der Unterschiedlichkeit des Begriffs des Gesellschaftssitzes im Steuerrecht besteht in dem noch gewichtigeren Anliegen der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung. Auf dieses Ziel weist demnach der 13. Erwägungsgrund der Dreizehnten Richtlinie hin. Die Bekämpfung der Hinterziehung ist nämlich sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten ein Hauptziel(22). Der Gerichtshof hat im Übrigen entschieden, dass „[d]ie Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen … ein Ziel [ist], das von der Sechsten Richtlinie anerkannt und gefördert wird“(23).

63.      Sodann ist festzustellen, dass der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“, wie die Kommission vorträgt, die Bedeutung einer bloß tatsächlichen Tätigkeit haben kann. Der Gerichtshof hat zudem in seinem Urteil DFDS(24) festgestellt: „Wie der Generalanwalt in den Nummern 32 bis 34 seiner Schlussanträge[(25)] ausgeführt hat, stellt die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar.“

64.      Zumeist stimmt der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit mit dem statutarischen Sitz überein. So führte Generalanwalt Mancini in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Berkholz aus: „Der Begriff ‚Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit‘ … [ist] in technischem Sinne zu verstehen …: Er bezieht sich auf den Gesellschaftssitz, wie er in dem Vertrag über die Gründung der Gesellschaft angegeben ist, die Inhaberin des dienstleistenden Unternehmens ist“(26). Es kann sich jedoch als notwendig erweisen, nachzuprüfen, ob dies wirklich der Fall ist, um künstliche Gestaltungen zu vermeiden, mit denen die Regeln des Mehrwertsteuersystems der Gemeinschaft umgangen werden können.

65.      Hinsichtlich Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie hat der Gerichtshof, wie mehrere der Beteiligten unterstrichen haben, nützliche Klarstellungen zum Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit getroffen. Der Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 der Achten Richtlinie und Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie hat dieselbe Bedeutung wie dieser Begriff in Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie, da der Gegenstand der Achten und der Dreizehnten Richtlinie in der Lösung der Problematik der Mehrwertsteuererstattung besteht, die in Art. 17 der Sechsten Richtlinie vorgesehen ist.

66.      So wird im Urteil Berkholz darauf hingewiesen, dass der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, sich als vorrangiger Anknüpfungspunkt darstellt und dass die Zuordnung einer Dienstleistung zu einer anderen Niederlassung als dem Sitz nur in Betracht kommt, wenn „diese Niederlassung aufgrund des ständigen Zusammenwirkens der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen persönlichen und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufweist“(27).

67.      Im Urteil ARO Lease ist außerdem darauf hingewiesen worden, dass eine Niederlassung nur dann sachdienlicherweise unter Abweichung vom vorrangigen Kriterium des Sitzes als Ort der Dienstleistungen eines Steuerpflichtigen betrachtet werden kann, „wenn sie einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur hat, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht“(28).

68.      Im Übrigen ist es, wenn es angezeigt ist, bei der Bestimmung des Begriffs des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie die Ausführungen des Gerichtshofs zu Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie zu berücksichtigen, ebenfalls nützlich, seine Rechtsprechung zur Verordnung Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren herauszuziehen, wie dies von der deutschen Regierung angeregt worden ist.

69.      Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt: „Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Bei Gesellschaften und juristischen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist.“ Diese Verordnung schließt also nicht die Möglichkeit aus, dass der satzungsmäßige Sitz und der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit auseinander fallen.

70.      Diese Vorschrift ist bereits einmal vom Gerichtshof ausgelegt worden. In einer Rechtssache, in der der Schuldner eine Tochtergesellschaft war, deren satzungsmäßiger Sitz sich von dem der Muttergesellschaft unterschied, hat der Gerichtshof entschieden, dass die Vermutung, wonach diese Tochtergesellschaft den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in dem Mitgliedstaat hat, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, bei einer Gesellschaft widerlegt werden kann, die im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, keiner Tätigkeit nachgeht. Der Gerichtshof hat allerdings klarstellend hinzugefügt, dass dann, wenn eine Gesellschaft ihrer Tätigkeit im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, nachgeht, die Tatsache, dass ihre wirtschaftlichen Entscheidungen von einer Muttergesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat kontrolliert werden oder kontrolliert werden können, nicht ausreicht, um die mit der Verordnung Nr. 1356/2000 aufgestellte Vermutung zu entkräften(29).

71.      Somit meint der Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit zunächst einmal den satzungsmäßigen Sitz. Jedoch ist es möglich, dass bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten insbesondere aus steuerlichen Gründen der satzungsmäßige Sitz künstlich gewählt wird und keine hinreichenden tatsächlichen Bezüge zu dem Ort aufweist, an dem die wirtschaftliche Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Bestehen Zweifel, so ist der konkrete Fall zu würdigen und zu prüfen, ob ein Tatsachenkomplex vorliegt, der belegt, dass der wirtschaftlichen Tätigkeit tatsächlich nachgegangen wird.

72.      Daher wird vorgeschlagen, auf die zweite Frage zu antworten, dass der Begriff des „Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit“ im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie den Ort meint, an dem sich die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens tatsächlich entfaltet und der durch das Zusammenwirken hinreichender Personal- und Sachmittel zur autonomen Ausübung dieser Tätigkeit gekennzeichnet ist. Bis zum Beweis des Gegenteils ist dieser Ort der des statutarischen Sitzes.

73.      Vorsorglich ist hinzuzufügen, dass die zweite Frage, wie sie das Finanzgericht Köln formuliert hat, abstrakt gefasst ist und auf den konkreten Fall des Unternehmens, das Anlass zu den Vorlagefragen gegeben hat, in keiner Weise eingeht. Die deutsche Regierung und die Kommission wollten sich dennoch zur Lokalisierung eines solchen Unternehmens äußern. Obwohl sie dem gleichen Gedankengang folgen, gelangen sie zu entgegengesetzten Ergebnissen, da die deutsche Regierung der Auffassung ist, der satzungsmäßige Sitz und der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des fraglichen Unternehmens seien verschieden, während die Kommission meint, sie seien identisch.

74.      Hierzu genügt der Hinweis, dass man angesichts der widerleglichen Vermutung, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit und der satzungsmäßige Sitz übereinstimmen, dann, wenn sich nicht beweisen lässt, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit an einem anderen Ort entfaltet, zu dem Ergebnis gelangen muss, dass die Sitze identisch sind. Mit anderen Worten, im Zweifelsfall ist die Identität der Sitze anzunehmen.

VI – Ergebnis

75.      Nach alledem wird vorgeschlagen, wie folgt auf die Fragen des Finanzgerichts Köln zu antworten:

1.      Der dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige entsprechende Nachweis der Eintragung als Mehrwertsteuerpflichtiger stellt keine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmens im Ausstellungsstaat der Bescheinigung auf.

2.      Der Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie meint den Ort, an dem sich die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens tatsächlich entfaltet und der durch das Zusammenwirken hinreichender Personal- und Sachmittel zur autonomen Ausübung dieser Tätigkeit gekennzeichnet ist. Bis zum Beweis des Gegenteils ist dieser Ort der Ort des statutarischen Sitzes.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 331, S. 11.


3 – ABl. L 326, S. 40.


4 – ABl. L 145, S. 1.


5 – Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/338/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1).


6 – BGBl. 1993 I S. 565 ff.


7 – BGBl. 1993 I S. 600 ff.


8 – Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 (ABl. L 264, S. 1).


9 – In ihren Erklärungen zitiert die französische Regierung die Verordnung (EWG) Nr. 218/92 des Rates vom 27. Januar 1992 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MWSt.) (ABl. L 24, S. 1). Diese Verordnung ist jedoch durch die von der Kommission erwähnte aufgehoben worden.


10 – Urteile des Gerichtshofs vom 4. Juli 1985, Berkholz (168/84, Slg. 1985, 2251, Randnrn. 17 und 18), vom 20. Februar 1997, DFDS (C-260/95, Slg. 1997, I-1005), und vom 17. Juli 1997, ARO Lease (C-190/95, Slg. 1997, I-4383, Randnr. 16).


11 – ABl. L 160, S. 1.


12 – Vgl. den Wortlaut von Art. 4 der Sechsten Richtlinie (oben, Nr. 6), wo der Begriff des Steuerpflichtigen definiert wird.


13 – Gewissermaßen „Ansässigkeitsstaats-“Shopping.


14 – Vgl. Papon, M., „La lutte contre la fraude dans le domaine fiscal“, La lutte contre la fraude à la TVA dans l’Union européenne, Bruylant, Brüssel 1996, S. 203.


15 – Vgl. für eine vertiefte Studie über die Regelungen für den Austausch von Informationen Terra, B. J. M., und Watte, P. J., European Tax Law, 4. Auflage, Deventer 2005, S. 708 ff., Gormley, L. W., EU Taxation Law, Richmond 2005, S. 11 ff., sowie Aronowitz, A. A., Laagland, D.C.G., und Paulides, G., Value-added Tax Fraud in the European Union, Kugler publications, Amsterdam/New York 1996, S. 19 ff.


16 – Vgl. Communier, J.-M., Droit fiscal communautaire, Bruylant, Brüssel 2001, S. 186.


17 – Vgl. Menjucq, M., „La notion de siège social: une unité introuvable en droit international et en droit communautaire“, Droit et actualité, Études offertes à J. Béguin, Paris 2005, S. 499. Es sei nur darauf hingewiesen, dass das Gemeinschaftsrecht eine Definition des Gesellschaftssitzes im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens kennt. Jedoch betrifft diese Definition nicht das Steuerrecht. Für gerichtliche Verfahren enthält Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) eine Sondervorschrift über den Wohnsitz juristischer Personen: „Gesellschaften und juristische Personen haben für die Anwendung dieser Verordnung ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich a) ihr satzungsmäßiger Sitz, b) ihre Hauptverwaltung oder c) ihre Hauptniederlassung befindet.“


18 – Hinsichtlich der nationalen Rechtsvorschriften sei beispielsweise erwähnt, dass im deutschen Steuerrecht gemäß § 1 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes zwei Begriffe zur Anknüpfung der Steuerpflicht von Gesellschaften existieren. Es handelt sich zum einen um den „Sitz“, der u. a. durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt wird (§ 11 Abgabenordnung). Der zweite Begriff ist der des Ortes der „Geschäftsleitung“ im Sinne von § 10 der Abgabenordnung; sie wird als „Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung“ definiert, d. h. als der Ort, an dem „die Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden“ (so ein Urteil des BFH aus dem Jahr 1998, I R 138/97, BStBl. 1999 II S. 437). Im französischen Steuerrecht findet sich eine sehr pragmatische Formulierung: „Die Körperschaftsteuer [impôt sur les sociétés] wird am Ort der Hauptniederlassung der juristischen Person erhoben. Die Verwaltung kann allerdings als Besteuerungsort entweder auf denjenigen Ort abstellen, an dem die Gesellschaft tatsächlich geleitet wird, oder auf denjenigen ihres satzungsmäßigen Sitzes“ (Art. 218 A Abs. 1 Code général des impôts). Im Vereinigten Königreich beruht die Besteuerung der Gesellschaften auf auf zwei Kriterien, nämlich der Eintragung der Gesellschaft (Finance Act 1988) und dem Ort der zentralen Geschäftsführung und Kontrolle (place of central management and control) (so die Rechtsprechung).


19 – So definiert sich im deutschen Gesellschaftsrecht gemäß § 5 des Aktiengesetzes (im Folgenden: AktG) und § 4a des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden: GmbHG) der Sitz der Gesellschaft als der von der Satzung bestimmte Sitz des Unternehmens. Nach § 5 Abs. 2 AktG und § 4a Abs. 2 GmbHG hat der Gesellschaftsvertrag als Sitz in der Regel den Ort, an dem sich die Geschäftsleitung befindet, den Ort, an dem die Verwaltung der Gesellschaft geführt wird, oder einen Ort zu bestimmen, an dem die Gesellschaft einen Betrieb unterhält. Das französische Gesellschaftsrecht definiert den Sitz der Gesellschaft nicht und spricht unterschiedslos von „siège statutaire“ (statutarischer Sitz) (Art. L 210-3 Abs. 2 Code de commerce, Art. 1837 Code civil), „siège social“ (satzungsmäßiger Sitz) (z. B. Art. L 210-3, L 221-14, L 225-23, L 225-103 Code de commerce und Art. 1835 Code civil), „adresse du siège social“ (Adresse des satzungsmäßigen Sitzes) (Art. 59, 123 und 130 des Dekrets Nr. 67-236 vom 23. März 1967) oder auch „siège de la société“ (Sitz der Gesellschaft) (Art. 3, 206-6, 219, 231 und 295 des Dekrets vom 23. März 1967). Im Gesellschaftsrecht des Vereinigten Königreichs versteht man unter dem satzungsmäßigen Sitz das „registered office“. Nach Section 9 Subsection 2 des Companies Act 2006 muss die Satzung der Gesellschaft deren Sitz entweder in England und Wales, Schottland oder Nordirland festlegen. Der Sitz kann beliebig gewählt werden.


20 – In Randnr. 82 seines Urteils vom 5. November 2002, Überseering (C-208/00, Slg. 2002, I–9919) hat der Gerichtshof ausgeführt, dass es eine mit den Art. 43 EG und 48 EG grundsätzlich nicht vereinbare Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt, wenn ein Mitgliedstaat sich u. a. deshalb weigert, die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat, anzuerkennen, weil die Gesellschaft im Anschluss an den Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile durch in seinem Hoheitsgebiet wohnende eigene Staatsangehörige ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in sein Hoheitsgebiet verlegt haben soll, mit der Folge, dass die Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat nicht zu dem Zweck parteifähig ist, ihre Ansprüche aus einem Vertrag geltend zu machen, es sei denn, dass sie sich nach dem Recht dieses Aufnahmestaats neu gründet.


21 – Das neue slowenische Gesetz über die Wirtschaftsgesellschaften (Zakon o gospodarskih družbah, ZGD-1, UL RS 42/2006) z. B. bestimmt in seinem Art. 30: „Der Sitz der Gesellschaft kann am Ort ihrer Tätigkeit, am Ort, an dem die Geschäfte dieser Gesellschaft hauptsächlich betrieben werden, oder an dem Ort begründet werden, an dem die Verwaltung der Gesellschaft tätig ist.“


22 – So versucht das Steuerrecht bestimmter Staaten, obwohl deren Gesellschaftsrecht liberal genug ist, um die Gründung sogenannter „Briefkastengesellschaften“ (so der deutsche Begriff, „Družba poštni nabiralnik“ auf Slowenisch) zuzulassen, zu verhindern, dass derartige Gesellschaften zur Umgehung der gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung von Steuern wie etwa der Mehrwertsteuer eingesetzt werden.


23 – Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C-255/02, Slg. 2006, I-1609, Randnr. 71). Vgl. auch für das Gemeinschaftsgesellschaftsrecht das Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C-196/04, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 51): „Eine nationale Maßnahme, die die Niederlassungsfreiheit beschränkt, kann … gerechtfertigt sein, wenn sie sich speziell auf rein künstliche Gestaltungen bezieht, die darauf ausgerichtet sind, der Anwendung der Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zu entgehen.“


24 – Urteil DFDS, oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 23.


25 Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola vom 16. Januar 1997 in dieser Rechtssache . In Nr. 32 der Schlussanträge heißt es: „Das Mehrwertsteuersystem ist mit der größtmöglichen Anpassung an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzuwenden.“


26 – In Nr. 2 der Schlussanträge.


27– Randnrn. 17 und 18.


28 – Randnr. 16.


29 – Urteil des Gerichtshofs vom 2. Mai 2006, Eurofood (C-341/04, Slg. 2006, I-3813).