Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

References to this case

Share

Highlight in text

Go

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 3. Juli 2008 1(1)

Rechtssache C-48/07

Belgischer Staat - SPF Finances

gegen

Les Vergers du Vieux Tauves SA

„Richtlinie 90/435 – Muttergesellschaft – Nießbraucher von Gesellschaftsanteilen“





1.        Im vorliegenden Fall fragt die Cour d’Appel de Liège (Belgien) den Gerichtshof im Wesentlichen, ob eine Gesellschaft, der ein Nießbrauch an den Anteilen einer anderen Gesellschaft zusteht, als Muttergesellschaft im Sinne der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten(2) (im Folgenden: Mutter-Tochter-Richtlinie oder Richtlinie) angesehen werden kann oder muss.

 Mutter-Tochter-Richtlinie

2.        Die Mutter-Tochter-Richtlinie soll die steuerrechtliche Benachteiligung beseitigen, der Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten im Vergleich zu Gesellschaften desselben Mitgliedstaats ausgesetzt sind, wenn sie zur Zusammenarbeit aus Mutter- und Tochtergesellschaften bestehende Unternehmensgruppen bilden(3). Hierzu sieht sie zweierlei vor.

3.        Erstens bestimmt Art. 4 Abs. 1, soweit hier relevant:

„Bezieht eine Muttergesellschaft als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft Gewinne, die nicht anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, so

–        besteuert der Staat der Muttergesellschaft diese Gewinne entweder nicht oder

–        lässt er im Fall einer Besteuerung zu, dass die Gesellschaft auf die Steuer den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft für die von ihr ausgeschütteten Gewinne entrichtet, … anrechnen kann.“

4.        Zweitens schreibt Art. 5 Abs. 1 vor, dass die Mitgliedstaaten die Gewinne, die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschüttet werden, vom Steuerabzug an der Quelle befreien.

5.        In Art. 3 ist der Begriff der Muttergesellschaft definiert. Die Vorschrift lautet:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt als

a)      ‚Muttergesellschaft‘ wenigstens jede Gesellschaft eines Mitgliedstaats, die die Bedingungen des Artikels 2[(4)] erfüllt und die einen Anteil von wenigstens 25 % am Kapital einer Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaats, die die gleichen Bedingungen erfüllt, besitzt;

b)      ‚Tochtergesellschaft‘ die Gesellschaft, an deren Kapital eine andere Gesellschaft den unter Buchstabe a) genannten Anteil besitzt.

(2)   Abweichend von Absatz 1 haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit,

–        durch bilaterale Vereinbarung als Kriterium die Stimmrechte statt des Kapitalanteils vorzusehen;

–        von dieser Richtlinie ihre Gesellschaften auszunehmen, die nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren im Besitz einer Beteiligung bleiben, aufgrund deren sie als Muttergesellschaften gelten, oder an denen eine Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaats nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren eine solche Beteiligung hält.“

6.        Da nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a als Muttergesellschaft wenigstens jede Gesellschaft im Sinne von Art. 2 mit einem Anteil von wenigstens 25 % gilt, haben die Mitgliedstaaten eindeutig die Möglichkeit, die Definition weiter zu fassen, so dass beispielsweise auch Gesellschaften einbezogen werden können, die einen niedrigeren Anteil besitzen. Ferner wurde der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a genannte Mindestanteil mit Wirkung vom 2. Februar 2004 auf 20 % und mit Wirkung vom 1. Januar 2007 auf 15 % gesenkt und soll mit Wirkung vom 1. Januar 2009 auf 10 % herabgesetzt werden(5).

7.        Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 steht die Richtlinie der Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen nicht entgegen.

 Einschlägiges belgisches Recht

 Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie

8.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen enthält nur äußerst spärliche Informationen zu den streitigen nationalen Rechtsvorschriften. Ausgehend von den wenigen Angaben in der Entscheidung, ergänzt durch die hilfreicheren Erläuterungen der Les Vergers du Vieux Tauves SA (im Folgenden: Klägerin) und der belgischen Regierung in deren schriftlichen Erklärungen, scheint folgende Rechtlage zu bestehen.

9.        Belgien hat sich für die Befreiungsmethode nach Art. 4 Abs. 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie entschieden. Zusammenfassend ergibt sich, dass nach den einschlägigen Rechtsvorschriften(6) die von Tochtergesellschaften bezogenen Dividenden im Sinne der Richtlinie erstens der Besteuerungsgrundlage der Muttergesellschaft hinzugerechnet und zweitens, soweit die Muttergesellschaft steuerpflichtige Gewinne erzielt hat, zu 95 %(7) von dieser Besteuerungsgrundlage abgezogen werden(8).

10.      Art. 202 des Einkommensteuergesetzbuchs (im Folgenden: Art. 202)(9) lautete zum maßgeblichen Zeitpunkt, soweit hier relevant:

„§ 1. Von den im Steuerzeitraum erzielten Gewinnen sind ebenfalls – soweit sie darin enthalten sind – abzuziehen:

1.     Dividenden …

2.     In § 1 Nr. 1 … erwähnte Einkünfte sind nur abzugsfähig, sofern am Datum ihrer Zuerkennung oder Ausschüttung die Gesellschaft, die die Einkünfte bezieht, am Kapital der Gesellschaft, die sie ausschüttet, eine Beteiligung von mindestens 5 % … besitzt.“

11.      Das Gesetz von 1992 trat an die Stelle des Gesetzes von 1964(10). Art. 202 übernimmt zum Teil Art. 111 des Gesetzes von 1964 in der Fassung des Gesetzes vom 23. Oktober 1991 zur Umsetzung der Richtlinie (im Folgenden: Umsetzungsgesetz)(11). Zu den mit dem Umsetzungsgesetz vorgenommenen Änderungen des Gesetzes von 1964 gehörte auch die Streichung der zuvor ausdrücklichen Voraussetzung, dass eine Gesellschaft, die Dividenden bezieht, die zum Bezug berechtigenden Gesellschaftsanteile als Volleigentümer besitzen musste, um die in Art. 111 vorgesehene Steuervergünstigung in Anspruch nehmen zu können. Art. 202 wurde in der Folgezeit dahin geändert, dass eine solche ausdrückliche Voraussetzung aufgenommen wurde(12), allerdings erst mit Wirkung nach den Steuerjahren, um die es im vorliegenden Fall geht.

12.      Die belgische Regierung führt aus, dass mit dem Umsetzungsgesetz eine Ausdehnung auch auf einen von der Richtlinie nicht erfassten Bereich bezweckt worden sei, nämlich auf das Verhältnis von innerstaatlichen Gesellschaften zueinander, um bei der Behandlung von Dividenden eine umgekehrte Diskriminierung belgischer Gesellschaften mit belgischen Tochtergesellschaften gegenüber belgischen Gesellschaften mit Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten zu verhindern.

 Nießbrauch im belgischen Recht

13.      Belgien erläutert, dass im belgischen Recht unter Nießbrauch zu verstehen sei „le droit de jouir des choses dont un autre a la propriété, comme le propriétaire lui-même, mais à la charge d’en conserver la substance“ (das Recht, eine im Eigentum eines anderen stehende Sache wie der Eigentümer selbst zu nutzen, jedoch unter der Voraussetzung, dass die Substanz erhalten bleibt). Dem Nießbraucher stehen daher nur der usus und die fructus zu; er ist nicht zur Verfügung über die Sache (abusus) berechtigt – dieses Recht verbleibt beim Eigentümer.(13)

14.      Genauer gesagt, der Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil verleiht lediglich ein Nutzungsrecht, nämlich einen Anspruch auf die Gewinne aus dem Gesellschaftsanteil, nicht aber auf das Kapital, das dieser repräsentiert. Dem Anteilsnießbraucher steht daher außer seinem Anspruch auf die beschlossenen Dividenden kein Anspruch auf die Gewinne der Gesellschaft zu. Er besitzt auch keine Rechte an den Rücklagen. Der Anteilseigner erhält die Rücklagen zwar nicht ausbezahlt, sie erhöhen aber gleichwohl sein Kapital, und falls die Gesellschaft im Zustand der Zahlungsfähigkeit abgewickelt wird, erhält er praktisch einen Anteil an den gebildeten Rücklagen. Grundsätzlich – und vorbehaltlich der Gesellschaftssatzung – kann allein dieser Eigentümer die mit den Gesellschaftsanteilen verbundenen Stimmrechte ausüben. Schließlich steht dem Nießbraucher kein Verfügungsrecht zu – dieses verbleibt beim rechtmäßigen Eigentümer.

 Sachverhalt und Vorlagefrage

15.      Auch hinsichtlich des Sachverhalts ist die Vorlageentscheidung extrem wortkarg. Aus den schriftlichen Erklärungen der Klägerin sowie der belgischen Regierung lässt sich jedoch der nachstehende Sachverhalt entnehmen. Er ist offenbar unbestritten.

16.      Im Juni 1999 erwarb die Klägerin, eine belgische Gesellschaft, Nießbrauchsrechte an Gesellschaftsanteilen der Narda SA (im Folgenden: Narda) für einen Zeitraum von 10 Jahren; eine weitere Gesellschaft, die Bepa SA (im Folgenden: Bepa), erwarb das Eigentum an den Gesellschaftsanteilen. Nach Ablauf des Zehn-Jahres-Zeitraums wird Bepa Volleigentümerin der Gesellschaftsanteile. Zwischen den Verkäufern der Gesellschaftsanteile einerseits und der Klägerin bzw. Bepa andererseits gab es keine wechselseitigen Kapitalbeteiligungen. Die Klägerin wollte die Gesellschaftsanteile der Narda kurzfristig zur Optimierung ihrer finanziellen Mittel und zur Erweiterung ihres Produktsortiments erwerben. Bepa wollte die Gesellschaftsanteile mittel- oder langfristig aus längerfristigen wirtschaftlichen und finanziellen Erwägungen zur Erhöhung der Zahl ihrer Tochtergesellschaften erwerben.

17.      Offenbar handelt es sich bei Narda um eine belgische Gesellschaft. Ihre Satzung sieht für den Fall der Trennung von Nießbrauchsrecht und rechtmäßigem Eigentum an einem Gesellschaftsanteil vor, dass der rechtmäßige Eigentümer lediglich über Kapitalerhöhung sowie Fortbestand oder Auflösung der Gesellschaft abstimmen darf; im Übrigen kann der Nießbraucher sämtliche Stimmrechte ausüben.

18.      2000, 2001 und 2002 machte die Klägerin den Abzug der Dividenden, die sie von Narda bezogen hatte, von ihrer Besteuerungsgrundlage geltend. Die belgischen Steuerbehörden wollten die Steuererklärungen der Klägerin für die genannten Jahre berichtigen und die Dividenden besteuern, da das der Klägerin zustehende Nießbrauchsrecht kein „Besitz am Kapital“ der Narda darstelle. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der von den belgischen Steuerbehörden mit Bescheid vom 22. Januar 2004 zurückgewiesen wurde. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid beim Tribunal de Première Instance de Namur hatte Erfolg. Im Berufungsverfahren hat die Cour d’Appel de Liège dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt:

Ist das Gesetz vom 28. Dezember 1992, mit dem der Wortlaut des Art. 202 des Code des impôts unter Bezugnahme auf die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 geändert wurde und das verlangt, dass der Dividendenempfänger eine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft hält, die die Dividende ausgeschüttet hat, im Hinblick darauf, dass es nicht ausdrücklich die Beteiligung mit vollen Eigentumsrechten vorschreibt und die Berufungsbeklagte dies so auslegt, dass die bloße Nießbrauchsberechtigung an den Kapitalanteilen ausreiche, um in den Genuss einer Steuerbefreiung für Dividenden zu kommen, mit den Bestimmungen der genannten Richtlinie zum Kapitalanteil und insbesondere mit ihren Art. 3, 4 und 5 vereinbar?

19.      Die Klägerin, die Regierungen Belgiens, Frankreichs, Deutschlands, Griechenlands, Italiens, der Niederlande, Spaniens und des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht und waren mit Ausnahme der französischen, der deutschen und der niederländischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vertreten.

 Zulässigkeitsprüfung

20.      Alle Regierungen, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben, sprechen die Frage der Zulässigkeit an, sind dabei allerdings geteilter Meinung. Die Klägerin und die Kommission halten das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig. Die Ausführungen zur Zulässigkeit konzentrieren sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte, nämlich die Knappheit der Angaben in der Vorlageentscheidung und das scheinbare Fehlen eines Gemeinschaftsbezugs.

21.      Es mag sachdienlich sein, kurz die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Zulässigkeit von Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte in Erinnerung zu rufen.

22.      Nach dieser Rechtsprechung ist das Verfahren nach Artikel 234 EG ein Instrument der gerichtlichen Zusammenarbeit, mit dem der Gerichtshof den nationalen Gerichten die Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts geben kann, die ihnen bei der Beurteilung der Wirkungen einer nationalen Rechtsvorschrift in dem von ihnen zu entscheidenden Rechtsstreit nützlich sein können(14). Im Rahmen dieses Instruments der Zusammenarbeit ist es allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen(15).

23.      Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über das Vorabentscheidungsersuchen zu befinden, wenn dieses die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betrifft(16). Es besteht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit von zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gestellten Fragen, und die Zurückweisung eines Ersuchens ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(17).

24.      Darüber hinaus besteht, wenn sich eine nationale Rechtsvorschrift zur Regelung rein innerstaatlicher Sachverhalte nach den im Gemeinschaftsrecht getroffenen Regelungen richtet, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein klares Gemeinschaftsinteresse daran, dass die vom Gemeinschaftsrecht übernommenen Bestimmungen oder Begriffe unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu vermeiden(18).

 Unzureichende Angaben

25.      Deutschland, Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich sind der Auffassung, dass die Vorlageentscheidung nicht genügend Angaben zur Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften enthalte.

26.      Sicherlich ist die Vorlageentscheidung extrem knapp gehalten, und der Gerichtshof hat entschieden, dass die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, es erforderlich macht, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt.(19) Vorabentscheidungsersuchen, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, können in der Tat als unzulässig zurückgewiesen werden.

27.      Der Gerichtshof hat die Unbedingtheit dieser Regel jedoch unter bestimmten Voraussetzungen gemildert und ausgeführt, dass das Erfordernis in dem Fall weniger zwingend ist, in dem sich die Fragen auf präzise fachliche Punkte beziehen und es dem Gerichtshof erlauben, eine sachdienliche Antwort zu geben, selbst wenn das vorlegende Gericht die rechtliche und tatsächliche Lage nicht erschöpfend dargestellt hat(20). Die Tatsache, dass – wie im vorliegenden Fall – die Regierungen der Mitgliedstaaten und die Kommission nach Art. 20 der EG-Satzung des Gerichtshofs Erklärungen abgegeben haben, zeigt, dass diese anhand der Angaben im Vorlagebeschluss in angemessener Weise zu den Vorlagefragen Stellung nehmen konnten; im Übrigen können die Angaben im Vorlagebeschluss durch die Erklärungen ergänzt werden(21).

28.      Demnach bin ich der Meinung, dass der Vorlageentscheidung im vorliegenden Fall zwar Hintergrundinformationen in einem nicht wünschenswerten Grad fehlen, dass sie aber allein deshalb noch nicht als unzulässig anzusehen ist.

 Fehlender Gemeinschaftsbezug

29.      Die meisten Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, stellen fest, dass die Vorlageentscheidung keinen Gemeinschaftsbezug des Ausgangssachverhalts erkennen lasse. Das vorlegende Gericht ersuche vielmehr um Auslegung nationaler Vorschriften, die zwar die Richtlinie für den Fall von Mutter- und Tochtergesellschaften mit Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten umsetzten, die entsprechenden Bestimmungen jedoch in rein nationalem Rahmen auf das Verhältnis von Mutter- zu Tochtergesellschaften anwendeten.

30.      In der Tat trifft es zu, dass das vorlegende Gericht nicht angibt, ob das Ausgangsverfahren eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft betrifft. Es hat sogar den Anschein, dass Letzteres nicht der Fall ist. Die belgische Regierung führt in ihren schriftlichen Erklärungen jedoch aus, dass Art. 202 § 2 die Umsetzung der Richtlinie bezwecke und gleichzeitig deren Wirkung auf den nationalen Raum und auf einen weiterreichenden als von der Richtlinie geforderten Anwendungsbereich ausdehnen solle. Somit liegt – wie die Klägerin, Frankreich, Deutschland, Griechenland, die Niederlande und die Kommission vortragen – offenbar eine ähnliche Sachlage vor wie in denjenigen Rechtssachen, die man als Leur-Bloem-Fälle(22) bezeichnen könnte, in denen das vorlegende Gericht um Auslegung nationaler Vorschriften ersucht, mit denen zusätzlich zur Umsetzung einer Richtlinie auch innerstaatliche Sachverhalte in gleicher Weise geregelt werden wie Gemeinschaftssachverhalte in der betreffenden Richtlinie.

31.      Wie die genannten Verfahrensbeteiligten hervorheben und sich auch aus der vorstehend zusammengefassten Rechtsprechung ergibt, hat der Gerichtshof durchgängig entschieden, dass er für die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften zuständig ist, wenn das Ausgangsverfahren eine interne Streitlage betrifft und die nationalen Vorschriften für innerstaatliche Sachverhalte die gleichen Regelungen vorsehen, wie sie auch im Gemeinschaftsrecht getroffen worden sind.

32.      Im vorliegenden Fall scheinen sich Mutter- und Tochtergesellschaften unabhängig davon, ob Letztere in Belgien oder in unterschiedlichen Mitgliedstaaten gegründet worden sind, nur auf eine einzige nationale Steuerbefreiungsvorschrift berufen zu können. Darüber hinaus lässt sich den Erklärungen der belgischen Regierung entnehmen, dass die Anwendbarkeit von Art. 202 § 2 auf den innerstaatlichen Bereich vorgesehen wurde, um eine umgekehrte Diskriminierung belgischer Unternehmen wegen des Niederlassungsorts ihrer Tochtergesellschaften zu verhindern. Diese freiwillige Angleichung des nationalen Rechts an die Erfordernisse der Richtlinie in Verbindung mit dem Ersuchen des nationalen Gerichts um Auslegungshinweise reicht meines Erachtens aus, um das Vorabentscheidungsersuchen in den Bereich der Zulässigkeit zu bringen.

33.      Darüber hinaus machen Belgien, Deutschland und das Vereinigte Königreich geltend, dass es aufgrund des weiterreichenden Geltungsbereichs von Art. 202 § 2 auf eine Auslegung der Richtlinie gar nicht ankomme: Die Vorschrift gelte auch für andere Einnahmen als Dividenden und sehe im Vergleich zur Richtlinie einen wesentlich niedrigen Mindestanteil am Kapital vor.

34.      Dass im nationalen Recht keine inhaltlich identische Umsetzung der Richtlinie erfolgt, führt jedoch meines Erachtens nicht zwangsläufig dazu, dass das Ersuchen eines nationalen Gerichts um Auslegung der zugrundeliegenden Richtlinie als unzulässig anzusehen ist. Abgesehen von dem selbstverständlichen allgemeinen Grundsatz, dass Richtlinien hinsichtlich des Ergebnisses verbindlich sind, räumt die hier streitige konkrete Richtlinie den Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum ein. Außerdem steht fest, dass sowohl die nationalen als auch die gemeinschaftlichen Bestimmungen den gleichen Ausdruck „Besitz eines Anteils am Kapital“(23) verwenden und der einzige Unterschied darin besteht, dass in Belgien für den Steuerbefreiungsanspruch der Muttergesellschaft ein Anteil von 5 % ausreicht. Die Verwendung identischer Wendungen legt nahe, dass der nationale Gesetzgeber den Begriff in gleicher Weise verstanden wissen wollte.

35.      Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein und dieselbe nationale Vorschrift die Richtlinie umsetzt und gleichzeitig auch interne Sachverhalte regelt, liegt es eindeutig im Interesse der Gemeinschaft, dass diese Vorschrift bei der Anwendung auf grenzübergreifende und auf innerstaatliche Sachverhalte gleich ausgelegt wird.

36.      Schließlich trägt das Vereinigte Königreich vor, dass – welche Auslegung der Richtlinie der Gerichtshof auch immer vornehmen könnte – letztendlich das nationale Gericht über den internen Sachverhalt so zu entscheiden habe, wie es dies für richtig halte. Dementsprechend sei eine Entscheidung des Gerichtshofs zur Auslegung der Richtlinie weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar und daher vollkommen abstrakt. Auf der gleichen Linie kam es in der mündlichen Verhandlung zu einer Diskussion über die Relevanz des Urteils Kleinwort Benson(24), mit dem der Gerichtshof das ihm vorliegende Vorabentscheidungsersuchen u. a. deshalb als unzulässig zurückwies, weil die nationalen Gerichte nach den streitigen nationalen Vorschriften nicht verpflichtet waren, bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts absolut und vorbehaltlos zu übernehmen(25).

37.      Da die Richtlinie keine innerstaatlichen Sachverhalte regelt, könnte man zweifellos zu der Ansicht gelangen, dass ein Urteil des Gerichtshofs in der vorliegenden Sache in gewissem Sinne rein gutachterlichen Charakter hätte – dem Mitgliedstaat steht es frei, seine Vorschriften zu ändern oder die Entscheidung schlichtweg zu ignorieren. Das ist bei einer Leur-Bloem-Konstellation jedoch immer so(26). Es ist sogar die Kernaussage dieser Rechtsprechung. Dennoch hat dies den Gerichtshof nicht daran gehindert, in den angeführten Fällen auf Zulässigkeit der Vorabentscheidungsersuchen zu erkennen, und es besteht kein Grund, den vorliegenden Fall von den anderen abzuheben.

38.      Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.

 Sachprüfung

39.      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein nationales Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie, das verlangt, dass der Dividendenempfänger eine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft besitzt, die die Dividende ausgeschüttet hat, im Hinblick darauf mit der Richtlinie vereinbar ist, dass es nicht ausdrücklich die Beteiligung mit vollen Eigentumsrechten vorschreibt und damit zulässt, dass die bloße Nießbrauchsberechtigung an den Kapitalanteilen ausreicht, um in den Genuss einer Steuerbefreiung für Dividenden zu kommen.

40.      Vor Beantwortung dieser Frage ist – wie mehrere Verfahrensbeteiligte in ihren Erklärungen ausdrücklich oder implizit vorschlagen – ihre Umformulierung angebracht.

41.      Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof nicht befugt, über die Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht zu entscheiden(27). Ferner ist es im Vorabentscheidungsverfahren Aufgabe des Gerichtshofs, dem vorlegenden Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Dementsprechend hat der Gerichtshof die vorgelegte Frage gegebenenfalls umzuformulieren(28). Im vorliegenden Fall fragt das vorlegende Gericht wohl, ob die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie verpflichtet sind, die durch Art. 4 Abs. 1 vorgeschriebene günstige steuerliche Behandlung von Dividenden, die eine Muttergesellschaft von einer Tochtergesellschaft bezieht, auch dann zu gewähren, wenn die Rechte an den Gesellschaftsanteilen der Tochtergesellschaft in der Weise aufgespalten sind, dass eine Gesellschaft die Dividenden aufgrund eines Nießbrauchs bezieht, während das Eigentum an den Gesellschaftsanteilen bei einer anderen Gesellschaft verbleibt. Wird diese Frage bejaht, reicht diese Antwort aus, um dem nationalen Gericht eine Entscheidung zugunsten der Klägerin zu ermöglichen. Bei einer Verneinung ist dagegen zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten gleichwohl im Zuge der Umsetzung der Richtlinie die günstige steuerliche Behandlung von Dividenden auf den Inhaber eines einfachen Nießbrauchrechts an den Gesellschaftsanteilen ausdehnen dürfen.

 Muss die Richtlinie auf einen Nießbrauch angewendet werden?

42.      Die Klägerin und die Kommission sind im Wesentlichen der Auffassung, dass Dividenden, die ein Nießbraucher beziehe, in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 fallen müssten(29), während die belgische, die französische, die griechische, die italienische, die niederländische, die spanische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs gegenteiliger Ansicht sind. Nach Meinung der deutschen Regierung ist Art. 4 Abs. 1 auf Dividenden, die ein Nießbraucher bezieht, nur dann anwendbar, wenn die Stellung des Nießbrauchers wirtschaftlich der des Eigentümers entspricht.

 Zweck der Richtlinie

43.      Alle Verfahrensbeteiligten berufen sich auf die Zielsetzung der Richtlinie. Auch ich halte dies für den richtigen Ausgangspunkt der Prüfung.

44.      Im ersten Erwägungsgrund heißt es, dass Zusammenschlüsse von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten notwendig sein können, um binnenmarktähnliche Verhältnisse in der Gemeinschaft zu schaffen und damit die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten, dass sie nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert werden dürfen und dass demzufolge wettbewerbsneutrale steuerliche Regelungen für diese Zusammenschlüsse geschaffen werden müssen, um die Anpassung von Unternehmen an die Erfordernisse des Gemeinsamen Marktes, eine Erhöhung ihrer Produktivität und eine Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene zu ermöglichen.

45.      Laut dem zweiten Erwägungsgrund können derartige Zusammenschlüsse zur Schaffung von aus Mutter- und Tochtergesellschaften bestehenden Unternehmensgruppen führen. Im dritten Erwägungsgrund heißt es, dass die für die Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten geltenden Steuerbestimmungen von einem Staat zum anderen erhebliche Unterschiede aufweisen und im Allgemeinen weniger günstig sind als die auf die Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften desselben Mitgliedstaats anwendbaren Bestimmungen, dass die Zusammenarbeit von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten auf diese Weise gegenüber der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats benachteiligt wird und dass diese Benachteiligung durch Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems zu beseitigen ist, wodurch Zusammenschlüsse von Gesellschaften auf Gemeinschaftsebene erleichtert werden, um das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu erleichtern. Im vierten und im fünften Erwägungsgrund sind lediglich die wichtigsten Mittel zur Erreichung dieser Ziele aufgeführt, indem im Wesentlichen der Wortlaut der Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 vorweggenommen wird.

46.      Wie nicht anders zu erwarten, hat der Gerichtshof in seinen Urteilen zur Richtlinie durchgängig auf die in den Erwägungsgründen genannten Ziele abgestellt. Er hat darauf hingewiesen, dass die Richtlinie, wie sich insbesondere aus ihrem dritten Erwägungsgrund ergibt, bezweckt, durch Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems jede Benachteiligung der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten gegenüber der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats zu beseitigen und so die grenzüberschreitende Zusammenarbeit(30) oder die Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene(31) zu erleichtern. Ganz allgemein ergibt sich die Notwendigkeit der Richtlinie daraus, dass in mehreren Staaten niedergelassene Unternehmensgruppen einer Doppelbesteuerung unterworfen werden können(32).

47.      Die Prämisse der Richtlinie lautet also, dass die Doppelbesteuerung von Dividenden innerhalb einer grenzübergreifenden Unternehmensgruppe der Bildung solcher Unternehmensgruppen abträglich ist. Dieses Hindernis soll ausgeräumt werden durch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Dividenden nicht bei den Muttergesellschaften zu besteuern. Gemäß der nachdrücklichen Formulierung in den Erwägungsgründen der Änderungsrichtlinie 2003/123 zielt die Mutter-Tochter-Richtlinie darauf ab, „Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften von Quellensteuern zu befreien und die Doppelbesteuerung derartiger Einkünfte auf Ebene der Muttergesellschaft zu beseitigen“(33). Darüber hinaus hat der Gerichtshof die Richtlinie vor Kurzem als „Maßnahme der Vereinheitlichung oder Harmonisierung zum Zweck der Beseitigung von Doppelbesteuerungstatbeständen“(34) bezeichnet.

48.      Vor diesem Hintergrund stimme ich der Klägerin und der Kommission zu, dass es der Zielsetzung der Richtlinie zuwiderliefe, wenn eine Dividende, die ein Nießbraucher bezieht, der Doppelbesteuerung in Fällen unterliegt, in denen ohne Bestehen eines Nießbrauchs nach Art. 4 Abs. 1 eine Steuervergünstigung vorgeschrieben wäre. Wie die Kommission hervorgehoben hat, wird das Problem der Doppelbesteuerung mit der Abspaltung des Eigentumsrechts an den Gesellschaftsanteilen nicht beseitigt. Ohne eine Steuervergünstigung sind die Gesellschaftsanteile im Sitzstaat des Inhabers zu versteuern und unterliegen im Staat der Tochtergesellschaft einem Steuerabzug an der Quelle. Hierdurch wird, wie es in den Erwägungsgründen der Richtlinie heißt, die Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten benachteiligt, und genau diese Benachteiligung will die Richtlinie abschaffen.

49.      Die Mitgliedstaaten, die Erklärungen eingereicht haben, stützen ihre Argumente ebenfalls vor allem auf die Ziele der Richtlinie. Sie stellen zwar nicht in Abrede, dass das Ziel der Richtlinie darin besteht, die Bildung von Unternehmenszusammenschlüssen zu erleichtern, machen jedoch geltend, das System der steuerlichen Neutralität von Dividenden sei kein Selbstzweck, sondern vielmehr Mittel zur Erreichung dieses Zwecks. Die Richtlinie wolle daher den Zusammenschluss – im wirtschaftlichen Sinne – von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten ermöglichen, um diese in die Lage zu versetzen, ihrer Tätigkeit so nachzugehen, als befänden sie sich in einem Binnenmarkt. Dies setze voraus, dass die Gesellschaften, die einen solchen Zusammenschluss bildeten, wirtschaftlich und betrieblich und nicht nur rein finanziell miteinander verbunden seien. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn die Muttergesellschaft eine Beteiligung an der Tochtergesellschaft besitze, die ihr sämtliche Rechte verleihe, die üblicherweise mit der Stellung eines Anteilsinhabers verbunden seien, also das Stimmrecht auf allen Versammlungen, wodurch dem Anteilsinhaber die Lenkung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaft ermöglicht werde, sowie das Recht auf den Bezug von Dividenden, um von den finanziellen Ergebnissen profitieren zu können, die aus der besagten Tätigkeit und Lenkung resultierten. Seien diese beiden Rechtsstellungen hingegen aufgespalten, könne von einem echten Zusammenschluss von Unternehmen im wirtschaftlichen Sinne mit der Gesellschaft, an der sie eine Beteiligung besäßen, nicht die Rede sein. Der Inhaber eines reinen Nießbrauchsrechts könne daher nicht als Mitglied einer echten Unternehmensgruppe angesehen werden.

50.      Meines Erachtens geht dieses Argument davon aus, dass die Art der zwischengesellschaftlichen Beziehungen, die die Richtlinie fördern will, auf Unternehmensgruppen im konventionellen gesellschaftsrechtlichen Sinne beschränkt ist. Der Anwendungsbereich wird in der Richtlinie selbst jedoch nicht anhand der beiden Kriterien definiert, die normalerweise zur Kennzeichnung eines Konzerns dienen, nämlich einerseits zentrale und einheitliche Leitung(35) und anderseits das Bestehen von Mehrheitsstimmrechten und/oder des Rechts, die Mehrheit der Mitglieder des Leitungsorgans zu bestellen oder abzuberufen und/oder des Rechts, einen beherrschenden Einfluss auszuüben. Ganz im Gegenteil, die Richtlinie verlangte in ihrer ursprünglichen Fassung einen Mindestanteil von 25 %, einen Prozentsatz, der dann durch spätere Änderungen immer weiter herabgesetzt wurde und ab 1. Januar 2009 10 % betragen wird(36). Eine solche Beteiligung ist weit von dem Anteil entfernt, der normalerweise für das Bestehen einer Unternehmensgruppe unter dem Gesichtspunkt von Kontrolle und Aufbau vorausgesetzt wird.

51.      Einige der Mitgliedstaaten, die Erklärungen eingereicht haben, weisen darauf hin, dass es zu Interessenkonflikten kommen könne, wenn – wie hier – einer Partei ein Dividendenbezugsrecht sowie ein begrenztes Stimmrecht auf Gesellschafterversammlungen und einer anderen Partei ein Stimmrecht in den wichtigsten Fragen (Kapitalerhöhung, Auflösung und Fortbestand) zustehe. Insbesondere werde das Interesse des Nießbrauchers im Wesentlichen darauf gerichtet sein, kurzfristig möglichst hohe Dividenden zu erhalten, während der Eigentümer eher daran interessiert sei, die Gesellschaft langfristig zu stärken, und kurz- und mittelfristig möglicherweise sogar vorzöge, Gewinne in die Gesellschaft zu reinvestieren anstatt sie auszuschütten. Es könne daher nicht dem Zweck der Richtlinie entsprechen, einen Anteilsnießbraucher in ihren Geltungsbereich einzubeziehen.

52.      Es stimmt natürlich, dass Interessenkonflikte zwischen einem Anteilsnießbraucher und dem Anteilseigner auftreten können, ich halte dies aber mit Blick auf die hier vom Gerichtshof zu entscheidende Streitfrage für bedeutungslos. Wie bereits dargelegt, bezweckt die Richtlinie die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Dividenden in einer grenzübergreifenden Unternehmensgruppe. Diesem Zweck ist meines Erachtens am besten gedient, wenn sichergestellt wird, dass die durch Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie verlangte Befreiung von der Doppelbesteuerung für diejenigen Dividenden gewährt wird, die für Anteile einer Konzerngesellschaft gezahlt werden, die von einer anderen Gesellschaft gehalten werden, und zwar unabhängig von einer etwaigen Aufteilung des Eigentumsrechts an diesen Gesellschaftsanteilen. Dem – insbesondere von Italien und dem Vereinigten Königreich – erhobenen Einwand, dass bei einer solchen Lösung die durch die Richtlinie vorgeschriebenen Steuerbefreiungen durch Scheinvereinbarungen ausgenutzt werden könnten, lässt sich durch geeignete nationale oder bilaterale Maßnahmen gegen Steuerhinterziehungen und Missbräuche begegnen, die nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie ausdrücklich zulässig sind.

 Systematik der Richtlinie

53.      Art. 3 Abs. 2 erster Gedankenstrich enthält eine abweichende Regelung, nach der die Mitgliedstaaten als Kriterium die Stimmrechte statt des Kapitalanteils vorsehen können. Zur Begründung ihrer Sichtweise berufen sich Belgien und Italien auf diese abweichende Regelung. Sie machen im Wesentlichen geltend, ein Mitgliedstaat, der die Regelung in Anspruch nehme, könne den Nießbraucher vom Kreis der durch die Richtlinie Begünstigten ausschließen, da Voraussetzung für ein Vollstimmrecht das Volleigentum sei. Um die verschiedenen in der Richtlinie genannten Kriterien in Einklang zu bringen, sei beim Kriterium des Kapitalanteilbesitzes ebenfalls das Volleigentum als Voraussetzung zu verlangen, um in den Genuss der durch die Richtlinie gewährten Vorteile zu gelangen.

54.      Ich finde diese Argumentation nicht überzeugend. Wie üblich bei aus Abweichungstatbeständen hergeleiteten Thesen kann man auch zu dem entgegengesetzten Ergebnis gelangen(37). So könnte man genauso gut argumentieren, dass aus der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, das Kriterium der Stimmrechte statt des Kapitalanteils vorzusehen, zu folgern sei, dass Stimmrechte in der Regel keine Voraussetzung seien, um von der Richtlinie zu profitieren. Ich bin daher der Meinung, dass der Hinweis auf die in Art. 3 Abs. 2 erster Gedankenstrich vorgesehene Möglichkeit bei der Beantwortung der Vorlagefrage im vorliegenden Fall nicht weiterhilft.

 Wortlaut der Richtlinie

55.      Zur Definition des Begriffs Muttergesellschaft bezieht sich Art. 3 Abs. 1 Buchst. a auf eine Gesellschaft, die „einen Anteil … am Kapital [einer anderen Gesellschaft] besitzt“, bei der es sich dann, wenn alle anderen Tatbestandsmerkmale der Begriffsbestimmung erfüllt sind, um die Tochter dieser Muttergesellschaft handelt. Nach Art. 4 der Richtlinie besteht das Gebot, Dividenden von der Steuer zu befreien oder der Muttergesellschaft die Anrechnung der entrichteten Steuer zu gestatten, wenn sie ausgeschüttete Gewinne „als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft“ bezieht. Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande, Spanien und das Vereinigte Königreich berufen sich zur Begründung ihrer Auffassung auf den Wortlaut der einen, der anderen oder beider Vorschriften.

56.      Ich sehe ein, dass es ungewöhnlich erscheinen mag, ein einfaches Nießbrauchsrecht als Besitz „eines Anteils … am Kapital“ einer Gesellschaft zu betrachten. Das Kapital einer Gesellschaft setzt sich herkömmlicherweise aus den Einlagen zusammen, die die Anteilsinhaber in Höhe des Wertes ihrer Gesellschaftsanteile leisten. Der Nießbraucher bringt hingegen kein Kapital ein.

57.      Ebenso mag die Annahme gekünstelt erscheinen, dass ein Nießbraucher von Anteilen einer Gesellschaft Dividenden als „Teilhaber“ der Gesellschaft bezieht. Der Nießbraucher hat nicht eigentlich an der Gesellschaft teil; sein Dividendenbezugsrecht beruht vielmehr auf einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Anteilseigner.

58.      Keines dieser beiden Argumente veranlasst mich jedoch, mein Verständnis der Richtlinie als verfehlt anzusehen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei der Auslegung von Gemeinschaftsvorschriften nicht allein auf ihren Wortlaut abgestellt werden darf, sondern auch die allgemeine Systematik und die Ziele der Regelung, in die sie sich einfügen, zu berücksichtigen sind(38). Ich habe oben meine Auffassung von Systematik und Zielsetzung der Richtlinie sowie die Gründe dargelegt, warum meine Auslegung der Richtlinienbestimmungen damit im Einklang steht. Die Begriffe des Besitzes eines „Anteils … am Kapital“ einer Gesellschaft und der Eigenschaft einer Muttergesellschaft als „Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft“ sind in diesem Kontext zu verstehen, der – ebenfalls – nicht in erster Linie im Bereich des Gesellschaftsrechts angesiedelt ist.

59.      Bestätigt werde ich in dieser Ansicht durch die vor Kurzem durch die Richtlinie 2003/123(39) erfolgte Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs der Richtlinie. Wie bereits erwähnt, senkt die Richtlinie 2003/123 die Mindesthöhe des Kapitalanteils, den eine Muttergesellschaft besitzen muss, um in den Genuss von Art. 4 Abs. 1 zu gelangen. Darüber hinaus wird die Liste der Gesellschaften, die unter die Mutter-Tochter-Richtlinie fallen, erweitert, so dass auch bestimmte Genossenschaften, Vereine auf Gegenseitigkeit, Nichtkapitalgesellschaften, Sparkassen und -vereine, Fonds und gewerblich tätige Vereinigungen erfasst werden. Ganz offenkundig ist vorgesehen, dass die Anteilsinhaberin einer solcher Gesellschaft als eine Muttergesellschaft angesehen werden kann, die – in der neuen deutschen Fassung – einen „Anteil … am Kapital [dieser Gesellschaft] hält“ und der Dividenden „aufgrund ihrer Beteiligung“ an dieser Gesellschaft zufließen, auch wenn sie keine Beteiligung am Kapital der Tochtergesellschaft im konventionellen Sinne besitzt. In ähnlicher Weise ändert die Richtlinie 2003/123 Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie dahin, dass die Vorschrift auch in Fällen Anwendung findet, in denen einer Muttergesellschaft oder ihrer Betriebsstätte aufgrund ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft ausgeschüttete Gewinne zufließen. Auch dies legt nahe, dass es der Gesetzgeber als nicht unvereinbar mit dem Zweck der Richtlinie betrachtet, dass Mitgliedstaaten eine günstige steuerliche Behandlung auch solchen Gewinnen zukommen lassen müssen, die nicht im Rahmen des konventionellen Mutter-Tochter-Verhältnisses zufließen.

60.      Schließlich möchte ich betonen, dass die vorstehende Würdigung den Gerichtshof meines Erachtens nicht zur Entwicklung eines eigenständigen gemeinschaftsrechtlichen Begriffs des Nießbrauchs zwingt. Bei der Festlegung des Anwendungsbereichs der Richtlinie kommt es nicht maßgeblich auf die einzelnen Rechtsinstitute an, die einem Anteilsinhaber in einem bestimmten Rechtssystem zur Verfügung stehen, um verschiedene Varianten der Eigentumsausgestaltung zu konstruieren. Entscheidend ist vielmehr, wie die Kommission ausführt, dass eine Inhaberschaft von Gesellschaftsanteilen vorliegt, die die verschiedenen in der Richtlinie genannten Kriterien erfüllt und aufgrund deren eine Dividende gezahlt wird.

 Kann die Richtlinie auf einen Nießbrauch angewendet werden?

61.      Ich habe die Gründe für meine Auffassung dargelegt, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie verpflichtet sind, die durch Art. 4 Abs. 1 vorgeschriebene günstige steuerliche Behandlung von Dividenden, die eine Muttergesellschaft von einer Tochtergesellschaft bezieht, auch dann zu gewähren, wenn die Rechte an den Gesellschaftsanteilen der Tochtergesellschaft in der Weise aufgespalten sind, dass eine Gesellschaft die Dividenden aufgrund eines Nießbrauchs bezieht, während das Eigentum an den Gesellschaftsanteilen bei einer anderen Gesellschaft verbleibt. Angesichts dessen erübrigt sich eine Beantwortung des zweiten Teils der Vorlagefrage in der von mir vorgeschlagenen umformulierten Fassung(40), nämlich, ob die Mitgliedstaaten gleichwohl im Zuge der Umsetzung der Richtlinie die günstige steuerliche Behandlung von Dividenden auf den Inhaber eines einfachen Nießbrauchrechts an den Gesellschaftsanteilen ausdehnen dürfen.

62.      Sollte der Gerichtshof jedoch von der vorstehend von mir vorgeschlagenen Linie abweichen, hätte er die letztgenannte Frage zu beantworten. In diesem Fall müsste die Frage meines Erachtens bejaht werden. Diese Schlussfolgerung ergibt sich meiner Ansicht nach unbestreitbar aus der Systematik der Richtlinie. Da – wie oben ausgeführt(41) – nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a als Muttergesellschaft wenigstens jede Gesellschaft im Sinne von Art. 2 mit einem Anteil von wenigstens 25 % gilt, haben die Mitgliedstaaten eindeutig die Möglichkeit, die Definition weiter zu fassen. Somit können die Mitgliedstaaten meiner Ansicht nach nicht daran gehindert werden, diese Definition so zu fassen, dass auch Anteilsnießbraucher einbezogen werden.

63.      Sollte der Gerichtshof dem folgen, hat anschließend das nationale Gericht über die Frage zu entscheiden, ob die in Rede stehenden nationalen Umsetzungsvorschriften dieses Konzept in der Tat auch so im nationalen Recht verankern. Zu beachten ist, dass die belgische Regierung dies energisch bestreitet.

 Ergebnis

64.      Aus den vorstehenden Gründen sollte die von der Cour d’ Appel de Liège vorgelegte Frage meiner Meinung nach wie folgt beantwortet werden:

Nach der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die durch Art. 4 Abs. 1 vorgeschriebene günstige steuerliche Behandlung von Dividenden, die eine Muttergesellschaft von einer Tochtergesellschaft bezieht, auch dann zu gewähren, wenn die Rechte an den Gesellschaftsanteilen der Tochtergesellschaft in der Weise aufgespalten sind, dass eine Gesellschaft die Dividenden aufgrund eines Nießbrauchs bezieht, während das Eigentum an den Gesellschaftsanteilen bei einer anderen Gesellschaft verbleibt.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – (ABl. 1990, L 225, S. 6). Die Richtlinie wurde später geändert, aber das Ausgangsverfahren bezieht sich nur auf die Originalfassung.


3 – Vgl. den 3. Erwägungsgrund. Auf die Erwägungsgründe wird unten, Nrn. 44 f., näher eingegangen.


4 –      Art. 2 definiert „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ als jede Gesellschaft, a) die eine der in der Richtlinie aufgeführten Formen aufweist, b) in einem Mitgliedstaat steuerlich ansässig ist und c) einer der in der Richtlinie aufgeführten Steuern unterliegt.


5 – Richtlinie 2003/123/EG des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Änderung der Richtlinie 90/435/EWG über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 2004, L 7, S. 41).


6 – Art. 202, 204 und 205 des Code des impôts sur les revenus (Einkommensteuergesetzbuch) 1992.


7 – Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie können Mitgliedstaaten, die die Befreiungsmethode gewählt haben, die Befreiung auf 95 % der bezogenen Dividenden beschränken.


8 – Die Frage, ob die Richtlinie mit einer solchen Regelung richtig umgesetzt wird, ist Gegenstand der derzeit beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache C-138/07, Cobelfret, in der ich am 8. Mai 2008 meine Schlussanträge gestellt habe.


9 – Moniteur belge vom 30. Juli 1992, in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung. Art. 202 § 2 wurde (als Art. 203 § 2, der später dann zu Art. 202 § 2 wurde) durch das Loi portant dispositions fiscales, financières et diverses vom 28. Dezember 1992, Moniteur belge vom 31. Dezember 1992, eingefügt, das vom nationalen Gericht in der Vorlageentscheidung erwähnt wird (siehe unten, Nr. 18).


10 – Moniteur belge vom 10. April 1964.


11 – Loi du 23 octobre 1991 transposant en droit belge la Directive du Conseil des Communautés européennes du 23/07/1990 concernant le régime fiscal commun applicable aux sociétes mères et filiales, Moniteur belge vom 15. November 1991.


12 – Gesetz vom 24. Dezember 2002, Moniteur belge vom 31. Dezember 2002.


13 – Der Kürze halber werde ich den Inhaber eines Nießbrauchsrechts an Gesellschaftsanteilen als „Nießbraucher“ oder „Anteilsnießbraucher“ und den Eigentümer dieser Gesellschaftsanteile als „Eigentümer“ oder „Anteilseigner“ bezeichnen.


14 – Urteile vom 15. Mai 2003, Salzmann (C-300/01, Slg. 2003, I-4899, Randnr. 28), und vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C-280/06, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 19).


15 – Urteil vom 7. Januar 2003, BIAO (C-306/99, Slg. 2003, I-1, Randnr. 88).


16 – Urteile Salzmann, in Fn. 14 angeführt, Randnr. 29, und ETI u. a., in Fn. 14 angeführt, Randnr. 20.


17 – Urteil vom 8. November 2007, Amurta (C-379/05, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 64).


18 – Urteile vom 18. Oktober 1990, Dzodzi u. a. (Rechtssachen C-297/88 und C-197/89, Slg. 1990, I-3763, Randnr. 37), vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C-28/95, Slg. 1997, I-4161, Randnr. 32), vom 11. Januar 2001, Kofisa Italia (C-1/99, Slg. 2001, I-207, Randnr. 32), und ETI u. a., in Fn. 14 angeführt, Randnr. 21.


19 – Urteil vom 26. Januar 1993, Telemarsicabruzzo u. a. (Rechtssachen C-320/90, C-321/90 und C-322/90, Slg. 1993, I-393, Randnr. 6).


20 – Urteil vom 3. März 1994, Vaneetveld (C-316/93, Slg. 1994, I-763, Randnr. 13).


21 – Urteil vom 19. Februar 2002, Arduino (C-35/99, Slg. 2002, I-1529, Randnrn. 28 f.).


22 – Vgl. Fn. 18.


23 – Das Gleiche gilt für die französische und die niederländische ursprüngliche Sprachfassung von Art. 202 und der Richtlinie. In der französischen Sprachfassung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie heißt es „toute société … qui détient, dans le capital d'une société …, une participation …“, während Art. 202 § 2 verlangt, dass „la société … détienne dans le capital de la société … une participation …“; in der niederländischen Sprachfassung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a heißt es „iedere vennootschap … die een deelneming … bezit in het kapitaal van een vennootschap“, während Art. 202 § 2 verlangt, dass „de vennootschap … in het kapitaal van de vennootschap … een deelneming bezit“.


24 – Urteil vom 28. März 1995, Kleinwort Benson (C-346/93, Slg. 1995, I-615).


25 – Vgl. die speziell auf das Urteil Kleinwort Benson verweisenden Urteile Leur-Bloem, Randnrn. 29 bis 31, und Kofisa Italia, Randnrn. 29 f., beide in Fn. 18 angeführt, sowie ETI u. a., in Fn. 14 angeführt, Randnrn. 16 und 22. In keinem dieser Fälle hat der Gerichtshof seinen im Urteil Kleinwort Benson entwickelten Ansatz verfolgt.


26 – Vgl. Nr. 61 der Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache BIAO (Urteil in Fn. 15 angeführt).


27 – Vgl. z. B. Urteil vom 7. Juli 1994, Lamaire (C-130/93, Slg. 1994, I-3215, Randnr. 10).


28 – Vgl. z. B. Urteil vom 11. Juli 2002, Marks & Spencer (C-62/00, Slg. 2002, I-6325, Randnr. 32).


29 – In der Annahme – die auch der nachstehenden Erörterung zugrunde liegt –, dass die übrigen relevanten Tatbestandsmerkmale der in der Richtlinie enthaltenen Definition des Verhältnisses Mutter-/Tochtergesellschaft, für das sie gilt, erfüllt sind.


30 – Urteil vom 17. Oktober 1996, Denkavit u. a. (Rechtssachen C-283/94, C-291/94 und C-292/94, Slg. 1996, I-5063, Randnr. 22).


31 – Urteil vom 4. Oktober 2001, Athinaïki Zithopoiia (C-294/99, Slg. 2001, I-6797, Randnr. 25).


32 – Ebd., Randnr. 5.


33 – Zweiter Erwägungsgrund.


34 – Urteil vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund (C-194/06, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 32).


35 – So das Konzept der Siebenten Gesellschaftsrechtrichtlinie (Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss [ABl. 1983, L 193, S. 1]), in die es aus den deutschen Bestimmungen über den Konzernabschluss übernommen wurde. Als ein Vertreter des britischen Ministeriums für Handel und Industrie vom Ausschuss des britischen Oberhauses gefragt wurde, ob er erläutern könne, wie die Regelung in Deutschland funktioniere, antwortete er: „Wir haben erhebliche Anstrengungen, u. a. durch Entsendung einiger Kollegen nach Deutschland, unternommen, um im Gespräch mit in Deutschland tätigen britischen Steuerberatungsfirmen und mit dem Deutschen Institut der Steuerberater herauszufinden, wie das System funktioniert, aber ich kann nicht behaupten, dass wir die Rechtslage zufriedenstellend verstanden oder so weit verstanden haben, dass dem Ausschuss gedient wäre. Uns wurde gesagt, eine zentrale und einheitliche Leitung sei wie ein Elefant: Man erkennt sie, wenn man sie sieht, aber man kann sie nicht beschreiben. Ich finde, das hilft auch nicht sehr viel weiter.“ (House of Lords Select Committee, 25th Report [Session 1976-77, HL Paper 118] 11-12).


36 – Siehe oben, Nr. 6.


37 – In der mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin zur Begründung ihrer Auffassung in der Tat auf dieselbe abweichende Regelung berufen und angeführt, die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, als Kriterium die Stimmrechte statt des Kapitalanteils vorzusehen, belege die Absicht des Gesetzgebers, demjenigen, der die effektive Kontrolle, eventuell – wie im Fall der Klägerin – auch nur vorübergehend, ausübe, die Inanspruchnahme der in der Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung zu ermöglichen.


38 – Urteil vom 9. Januar 2003, Davidoff (C-292/00, Slg. 2003, I-389, Randnr. 24). Das Urteil in der Rechtssache Davidoff ist ein Extrembeispiel für diese Auffassung.


39 – In Fn. 5 angeführt.


40 – Siehe oben, Nr. 41.


41 – Siehe Nr. 6.