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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 26. Mai 2011(1)

Rechtssache C-240/10

Cathy Schulz-Delzers,

Pascal Schulz

gegen

Finanzamt Stuttgart III

(Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Baden-Württemberg [Deutschland])

„Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Besteuerung von Wohnortzulagen – Steuerbefreiung von Zulagen, die bei einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts beschäftigten Steuerpflichtigen gewährt werden – Keine solche Steuerbefreiung für Zulagen, die im Inland bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eines anderen Mitgliedstaats beschäftigten Steuerpflichtigen gezahlt werden – Vereinbarkeit mit Art. 45 AEUV – Nichtdiskriminierung und Fehlen einer Beeinträchtigung“





I –    Einleitung

1.        In der vorliegenden Rechtssache fragt das Finanzgericht Baden-Württemberg (Deutschland) den Gerichtshof, ob Art. 45 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift entgegensteht, die eine Steuerbefreiung für bestimmte zusätzliche Einkünfte ermöglicht, die insbesondere von Arbeitnehmern, die zu einer deutschen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen, aufgrund einer außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets ausgeübten Tätigkeit bezogen werden (im Folgenden: Wohnortzulagen).

2.        Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass einer französischen Staatsangehörigen, die zu einer französischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis steht, eine solche Befreiung ihrer Wohnortzulagen, die sie aufgrund ihrer Tätigkeit in Deutschland bezieht, nicht zugutekommt.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Völkerrechtliche Abkommen

3.        Art. 14 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung(2) (im Folgenden: Doppelbesteuerungsabkommen) sieht das „Kassenstaatsprinzip“ vor, wonach Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Vertragsstaat an in dem anderen Staat ansässige natürliche Personen für gegenwärtige Dienstleistungen in der Verwaltung zahlt, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden können.

4.        Art. 20 des Doppelbesteuerungsabkommens präzisiert die Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind, und von Personen aus der Französischen Republik.

5.        Dieser Art. 20 lautet:

„(1)      Bei Personen, die in der Bundesrepublik [Deutschland] ansässig sind, wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

a)      Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden … die aus Frankreich stammenden Einkünfte … ausgenommen, die nach diesem Abkommen in Frankreich besteuert werden können. Diese Bestimmung schränkt das Recht der Bundesrepublik [Deutschland] nicht ein, die auf diese Weise ausgenommenen Einkünfte und Vermögensteile bei der Festsetzung ihres Steuersatzes zu berücksichtigen.

(2)      Bei Personen, die in Frankreich ansässig sind, wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

a)      Gewinne und andere positive Einkünfte, die aus der Bundesrepublik [Deutschland] stammen und die dort nach diesem Abkommen besteuert werden können, können auch in Frankreich besteuert werden, wenn sie einer in Frankreich ansässigen Person zufließen. Die deutsche Steuer ist für die Berechnung der in Frankreich steuerpflichtigen Einkünfte nicht abzugsfähig. Der Empfänger hat jedoch Anspruch auf einen Anrechnungsbetrag bei der französischen Steuer, in deren Bemessungsgrundlage diese Einkünfte enthalten sind. Dieser Steueranrechnungsbetrag entspricht:

cc)      bei allen anderen Einkünften dem Betrag der diesen Einkünften entsprechenden französischen Steuer. Diese Bestimmung gilt insbesondere auch für die Einkünfte, die unter Artikel … 14 fallen.“

B –    Nationales Recht

6.        § 1 Abs. 1 des deutschen Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG) lautet wie folgt:

„(1)      Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. …

(2)      Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.      im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und

2.      zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen.“

7.        § 3 Nr. 64 EStG sieht vor:

„[Steuerfrei sind] bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde. …“

8.        § 32b Abs. 1 EStG bestimmt:

„Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger …

3.      Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind …, bezogen, so ist auf das nach § 32a Abs. 1 zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden.“

9.        § 32b Abs. 2 fügt hinzu:

„Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um

2.      im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind.“

III – Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

10.      Frau Schulz-Delzers und Herr Schulz (im Folgenden zusammen: Kläger) sind in Deutschland ansässig und im Sinne von § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig.

11.      Als Eheleute kommt ihnen die Zusammenveranlagung zugute. Um nämlich die Steuerprogression bei der Einkommensteuer(3) für Ehegatten mit unterschiedlichen Einkommen zu mildern, hat der deutsche Gesetzgeber zugunsten der verheirateten und nicht dauernd getrennt lebenden unbeschränkt Steuerpflichtigen ein System der Zusammenveranlagung eingeführt, bei dem unter Anwendung des „Splitting-Verfahrens“ für sie eine gemeinsame Bemessungsgrundlage ermittelt wird. Dazu werden die von den Ehegatten erzielten Einkünfte nach § 26b EStG zusammengerechnet und diesen gemeinsam zugerechnet. Die Ehegatten werden sodann gemeinsam als ein Steuerpflichtiger behandelt, wobei das Einkommen so besteuert wird, als sei es von jedem der Ehegatten zur Hälfte erzielt worden.

12.      Herr Schulz ist deutscher Staatsangehöriger und bezog aus seiner Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt im Jahr 2005 ein Gehalt in Höhe von 75 400 Euro und im Jahr 2006 in Höhe von 77 133 Euro.

13.      Frau Schulz-Delzers ist französische Staatsangehörige und Beamtin des französischen Staates. In dieser Eigenschaft ist sie als Lehrerin an einer deutsch-französischen Grundschule in Deutschland tätig. In den Jahren 2005 und 2006 übte sie ihre Tätigkeit in Deutschland im Rahmen befristeter Dienstverhältnisse aus. Dabei bezog sie vom französischen Staat Einnahmen in Höhe von 29 279 Euro bzw. 30 390 Euro.

14.      Zu ihren Einkünften gehören neben ihren normalen Beamtenbezügen auch die Wohnortzulagen. Dabei handelt es sich um zwei Zulagen, nämlich eine Zulage mit der Bezeichnung „ISVL“ (indemnité spécifique liée aux conditions de vie locale [spezifische, an die örtlichen Lebensbedingungen gebundene Zulage]) in Höhe von monatlich ungefähr 440 Euro, die als Kaufkraftausgleich dienen soll, und eine Zulage mit der Bezeichnung „Majorations familiales“ („Familienzuschläge“), die für unterhaltsberechtigte Kinder im Ausland tätiger französischer Beamten gewährt wird, monatlich etwas mehr als 130 Euro beträgt und an die Mehrkosten für unterhaltsberechtigte Kinder gebunden ist.

15.      Die steuerliche Behandlung der Einkünfte von Frau Schulz-Delzers richtete sich nach den Art. 14 und 20 Abs. 1 Buchst. a des Doppelbesteuerungsabkommens.

16.      In Frankreich wurden die normalen Beamtenbezüge von Frau Schulz-Delzers in den beiden Streitjahren besteuert, nicht aber die Wohnortzulagen. Diese Zulagen belaufen sich auf 6 859,32 Euro (im Jahr 2005) und auf 6 965,88 Euro (im Jahr 2006).

17.      In Deutschland stellte das Finanzamt Stuttgart III (im Folgenden: Finanzamt) die Wohnortzulagen steuerfrei, unterwarf sie jedoch – wie auch die anderen Bezüge – nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags in Höhe von 920 Euro dem Progressionsvorbehalt(4). Die Einbeziehung dieser Wohnortzulagen führte zu einer Erhöhung der Einkommensteuer um 654 Euro im Jahr 2005 bzw. um 664 Euro im Jahr 2006.

18.      Die gegen diese steuerliche Behandlung eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt am 30. April 2009 zurück.

19.      Die Kläger erhoben daraufhin am 18. Mai 2009 Klage. Sie wenden sich gegen die Einbeziehung dieser Wohnortzulagen in den Progressionsvorbehalt. Sie sind der Ansicht, dass § 3 Nr. 64 EStG angewandt werden müsse, um jede Diskriminierung gegenüber steuerpflichtigen Inländern, denen diese Vorschrift zugutekomme, auszuschließen.

20.      Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Arbeitnehmer zu einer deutschen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis steht und dafür Arbeitslohn aus einer deutschen öffentlichen Kasse bezieht, und dies für eine außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets ausgeübte Tätigkeit. Im vorliegenden Fall steht Frau Schulz-Delzers zu einer französischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis und bezieht dafür Arbeitslohn aus einer französischen öffentlichen Kasse, und dies für eine Tätigkeit, die sie im deutschen Hoheitsgebiet ausübt.

21.      Das Finanzgericht Baden-Württemberg fragt sich, ob § 3 Nr. 64 EStG mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

22.      Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Baden-Württemberg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof mit Beschluss vom 21. Dezember 2009 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Ist § 3 Nr. 64 EStG mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 45 AEUV (Art. 39 EG) vereinbar?

b)      Beinhaltet § 3 Nr. 64 EStG eine nach Art. 18 AEUV (Art. 12 EG) verbotene versteckte Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit?

2.      Wenn Frage 1 zu verneinen ist: Ist § 3 Nr. 64 EStG mit der Freizügigkeit der Unionsbürger nach Art. 21 AEUV (Art. 18 EG) vereinbar?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

23.      Die Kläger, die deutsche und die spanische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. Diese Beteiligten haben sich auch in der Sitzung vom 24. März 2011 mündlich geäußert.

24.      Die Beteiligten haben zur Vereinbarkeit von § 3 Nr. 64 EStG mit Art. 45 AEUV Ausführungen gemacht. Die Kläger und die Kommission sind anders als die deutsche und die spanische Regierung der Ansicht, dass die nationale Rechtsvorschrift nicht mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vereinbar ist.

V –    Würdigung

25.      Das vorlegende Gericht unterteilt seine erste Frage in zwei Teilfragen, die erste Teilfrage zur Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschrift mit Art. 45 AEUV(5) und die zweite Teilfrage zur Vereinbarkeit mit Art. 18 AEUV.

26.      Im Übrigen ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass der Gerichtshof die Vereinbarkeit der nationalen Vorschrift mit Art. 21 AEUV prüfen solle, falls die erste Frage zu verneinen sei.

27.      Zur Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts sind zunächst die auf die Situation des Ausgangsverfahrens anwendbaren einschlägigen Vorschriften zu bestimmen (A). Danach ist festzustellen, ob Frau Schulz-Delzers aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert wird bzw. ob sie in ihrer Freizügigkeit eingeschränkt wird (B). Wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, bin ich der Meinung, dass dies nicht der Fall ist, und zwar insbesondere, was die Diskriminierung betrifft, da es an der Vergleichbarkeit der fraglichen Situationen fehlt. Für den Fall, dass der Gerichtshof diese Ansicht nicht teilt, werde ich hilfsweise die im Ausgangsverfahren fraglichen Situationen vergleichen (C).

A –    Zu den einschlägigen anwendbaren Vorschriften

28.      Die Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts erfordert vorab die Bestimmung der im Ausgangsverfahren anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften.

29.      Hierzu ist es im vorliegenden Fall erforderlich, sich vorab zu vergewissern, dass die Situation des Ausgangsverfahrens tatsächlich in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Verkehrsfreiheit fällt (1), und gegebenenfalls zu entscheiden, welcher Verkehrsfreiheit diese Situation im Besonderen unterfällt (2). Schließlich ist zu prüfen, ob das Doppelbesteuerungsabkommen für die Entscheidung des Rechtsstreits einschlägig ist (3).

1.      Zur Anwendung der Bestimmungen über die Verkehrsfreiheit

30.      Die deutsche Regierung macht geltend, Frau Schulz-Delzers habe die Tätigkeit als Lehrerin an einer deutsch-französischen Schule in Deutschland offensichtlich nur aufgenommen, weil dort der Familienwohnsitz liege. Sie habe sich nicht in Deutschland niedergelassen, um dort diese Tätigkeit auszuüben.

31.      Es ist klarzustellen, dass es sich bei den streitigen Zulagen somit nach französischem Recht um Wohnortzulagen (indemnités de résidence) handelt, die an den Umstand geknüpft sind, dass Frau Schulz-Delzers nicht ins Ausland gehen musste, um ihre Tätigkeit auszuüben. Lehrer, die in Frankreich zur Ausübung einer Tätigkeit außerhalb des französischen Hoheitsgebiets eingestellt werden, erhalten verschiedene Zulagen, die als Zulagen für die Entsendung ins Ausland (indemnités d’expatriation) eingestuft werden.

32.      In einem Urteil vom 26. Januar 1993(6) war der Gerichtshof mit der Situation eines deutschen Staatsangehörigen konfrontiert, der seine Zeugnisse und beruflichen Qualifikationen in Deutschland erworben und seine Berufstätigkeit stets in Deutschland ausgeübt hatte, aber seit 1961 mit seiner Ehefrau in den Niederlanden wohnte. Der Gerichtshof verweigerte ihm die Berufung auf die Niederlassungsfreiheit und ließ es zu, dass er höher besteuert wurde als in Deutschland ansässige deutsche Staatsangehörige, da sein Wohnsitz in den Niederlanden „[d]er einzige über den nationalen Rahmen hinausweisende Aspekt“ war(7).

33.      Frau Schulz-Delzers, die französische Staatsangehörige ist, übt ihre Tätigkeit in Deutschland im Auftrag des französischen Staates aus, der ihr ihre Bezüge zahlt, die sich u. a. aus diesen Wohnortzulagen zusammensetzen. In der Situation des Ausgangsverfahrens liegen mehrere über den nationalen Rahmen hinausweisende Aspekte vor.

34.      Außerdem hat der Generalanwalt in der angeführten Rechtssache Werner klargestellt, dass Herr Werner, „[d]a er von den in den Artikeln 48, 52 und 59 EWG-Vertrag enthaltenen Freiheiten keinen Gebrauch gemacht hat, … in seinem Herkunftsland, in dem er niedergelassen ist, keine nach dem Gemeinschaftsrecht anerkannten Rechte geltend machen [kann]“(8), und klargestellt, dass „[d]er Kläger des Ausgangsverfahrens … seine Freizügigkeit … unabhängig von einer wirtschaftlichen Tätigkeit [ausgeübt hat]“(9). Die Freizügigkeit konnte demnach ausschließlich im Zusammenhang mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in Anspruch genommen werden.

35.      Nunmehr ist die Freizügigkeit nicht mehr an die Eigenschaft als Arbeitnehmer in einem Aufnahmemitgliedstaat gebunden(10), so dass sich ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats als Bürger unabhängig davon, ob er – abhängig oder selbständig – erwerbstätig ist, auf das Freizügigkeits- und das Aufenthaltsrecht berufen kann(11). Außerdem steht ihm ein Freizügigkeits- und ein Aufenthaltsrecht als Bürger zu, nachdem er ein solches Recht als Arbeitnehmer ausgeübt hat und umgekehrt(12). Es erscheint folglich gerechtfertigt, dass er sich auch dann auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer berufen kann, wenn ihm die Freizügigkeitsbestimmungen zuvor lediglich als Bürger zugutegekommen sind.

36.      Zudem hat der Gerichtshof bei seiner Definition der Beeinträchtigung mehrfach betont, dass „sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung jeder Art von Berufstätigkeit im Gebiet der Gemeinschaft erleichtern sollen und Maßnahmen entgegenstehen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen“(13). Eine solche Aussage bindet den Ortswechsel eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats nicht an die Ausübung einer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat. Dieser Ortswechsel kann also bereits vor Ausübung der Tätigkeit erfolgt sein.

37.      Im Ausgangsverfahren war Frau Schulz-Delzers nicht immer in Deutschland ansässig. Sie hatte ihren Wohnsitz zuvor in Frankreich und begab sich somit nach Deutschland, um dort ihren Wohnsitz zu nehmen. Folglich hat sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht. Ihre Situation fällt damit in den Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Verkehrsfreiheiten.

2.      Zur ausschließlichen Anwendbarkeit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer

38.      Die Kommission vertritt in ihren schriftlichen Erklärungen die Ansicht, dass Art. 18 AEUV nicht anwendbar sei, da sich § 3 Nr. 64 EStG auf die spezifische Situation von Arbeitnehmern beziehe. Auch nach Ansicht der deutschen Regierung ist es nicht möglich, eine Prüfung am Maßstab des allgemeinen Diskriminierungsverbots vorzunehmen, weil diese Bestimmung nur nachrangig zu prüfen sei, wenn keine spezielle Grundfreiheit einschlägig sei.

39.      Art. 18 AEUV kann in der Tat autonom nur auf unionsrechtlich geregelte Sachverhalte angewandt werden, für die der Vertrag kein besonderes Diskriminierungsverbot vorsieht. Art. 45 AEUV stellt ein solches besonderes Verbot auf(14).

40.      In ähnlicher Weise findet Art. 21 AEUV, der allgemein für jeden Unionsbürger das Recht begründet, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, einen spezifischen Ausdruck in den Vorschriften, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleisten. Wenn das Ausgangsverfahren somit unter Art. 45 AEUV fällt, braucht sich der Gerichtshof nicht zur Auslegung von Art. 21 AEUV zu äußern(15).

41.      Die Eigenschaft von Frau Schulz-Delzers als Arbeitnehmerin im Sinne von Art. 45 AEUV wird von keinem der Beteiligten bestritten.

42.      Das vorlegende Gericht und die Kommission weisen zu Recht auf die enge Auslegung hin, die der Ausnahmebestimmung des Art. 45 Abs. 4 AEUV beizumessen ist, die nicht für Stellen gilt, die zwar dem Staat zuzuordnen sind, jedoch keine Mitwirkung bei der Erfüllung von Aufgaben mit sich bringen, die zur öffentlichen Verwaltung gehören(16).

43.      Folglich ist es nicht notwendig, die nationalen Rechtsvorschriften anhand der Art. 18 AEUV und 21 AEUV zu prüfen. Es geht allein um die Auslegung von Art. 45 AEUV bezüglich der nationalen Rechtsvorschriften.

44.      Die Kläger vertreten die Auffassung, dass Art. 45 AEUV dahin auszulegen sei, dass er § 3 Abs. 64 EStG entgegenstehe. Bevor dieser Punkt geprüft wird, ist zu erläutern, warum im Ausgangsverfahren nicht die Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens in Frage stehen.

3.      Zur fehlenden Einschlägigkeit der Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens

45.      Die steuerliche Behandlung der Einkünfte von Frau Schulz-Delzers in Frankreich und in Deutschland richtete sich nach den Art. 14 und 20 des Doppelbesteuerungsabkommens. Die Vertragsparteien bilateraler Steuerabkommen sind frei darin, die Anknüpfungspunkte für die Bestimmung ihrer jeweiligen Steuerhoheit festzulegen, und der Gerichtshof hat diese Freiheit anerkannt(17).

46.      Im Ausgangsverfahren werfen die Kläger dem Finanzamt nicht vor, dass es Art. 20 des Doppelbesteuerungsabkommens anwandte, der ihm die Möglichkeit gibt, bei der Festsetzung des Steuersatzes einer dem Abkommen unterliegenden Person die von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommenen Einkünfte zu berücksichtigen.

47.      Vielmehr wehren sich die Kläger gegen die insoweit erfolgte Einbeziehung der Wohnortzulagen, da solche Zulagen nach deutschem Recht nicht berücksichtigt werden, wenn sie deutschen Staatsbürgern gezahlt werden, die ihren Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben. Folglich geht es hier nicht um die Prüfung einer Bestimmung eines Doppelbesteuerungsabkommens.

48.      Es stehen ausschließlich nationale Rechtsvorschriften in Frage, genauer gesagt § 3 Nr. 64 EStG, wonach die Zulagen, die einem im Ausland tätigen Arbeitnehmer, der zu einer deutschen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis steht, gezahlt werden, nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Diese Vorschrift wird beanstandet, weil die Regelung der direkten Steuern zwar in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten fällt, diese ihre Kompetenz aber gleichwohl unionsrechtskonform ausüben müssen(18).

49.      Genauer gesagt ist die Frage zu prüfen, ob Art. 45 AEUV dahin auszulegen ist, dass er dem Umstand entgegensteht, dass innerhalb der deutschen Rechtsordnung § 3 Nr. 64 EStG auf einen im Ausland tätigen Arbeitnehmer, der zu einer deutschen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis steht, anwendbar ist, während einem in Deutschland für eine juristische Person des öffentlichen Rechts eines anderen Staates beschäftigten Arbeitnehmer eben die nach dieser Vorschrift vorgesehene Behandlung verweigert wird. Es ist also zu prüfen, ob die Anwendung der genannten Vorschrift zu einer Diskriminierung von Frau Schulz-Delzers führt und ob die Vorschrift, sollte diese Frage zu verneinen sein, eine Beschränkung ihrer Freizügigkeit darstellt.

B –    In erster Linie: Fehlen einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und Fehlen einer Beschränkung der Freizügigkeit

50.      In erster Linie werde ich die Frage prüfen, ob Frau Schulz-Delzers aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert wird (1), und mich des Fehlens einer Beschränkung ihrer Freizügigkeit vergewissern (2).

1.      Zum Fehlen einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit

51.      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften über die Gleichbehandlung nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verbieten, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die durch Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis führen(19).

52.      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts stellt § 3 Nr. 64 EStG eine versteckte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, weil in der Regel deutsche Staatsangehörige in einem Arbeitsverhältnis zu einer deutschen juristischen Person des öffentlichen Rechts stünden. Somit komme § 3 Nr. 64 EStG in erster Linie deutschen Staatsangehörigen zugute(20).

53.      Allerdings erfordert die Einstufung einer bestimmten innerstaatlichen Maßnahme als aufgrund der Staatsangehörigkeit diskriminierend zunächst die Bestimmung der betreffenden Situationen. Eine Diskriminierung kann nämlich nur darin bestehen, dass unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird(21).

54.      Im Ausgangsverfahren werden die Einkünfte von Frau Schulz-Delzers, zu denen die Wohnortzulagen gehören, ausschließlich vom französischen Staat gezahlt. Daher werden sie in Deutschland nicht besteuert. Da Frau Schulz-Delzers sich jedoch dafür entschieden hat, gemeinsam mit ihrem Ehemann den Vorteil der Zusammenveranlagung in Anspruch zu nehmen, was ihnen ihr gemeinsamer Wohnsitz in Deutschland ermöglicht, werden ihre Einkünfte vom deutschen Gesetzgeber aufgrund des Progressionsvorbehalts bei der Bestimmung des auf ihren Ehemann und sie selbst anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigt. Sie sieht sich aufgrund dessen, dass dabei von ihren Einkünften die Wohnortzulagen im Gegensatz zu den vom deutschen Staat gezahlten Wohnortzulagen berücksichtigt werden, diskriminiert.

55.      Um dem vorlegenden Gericht auf der Grundlage der von den Klägern im Ausgangsverfahren geäußerten Auffassung zu antworten, sind die Argumente, die sie vor dem Gerichtshof vorgetragen haben, und die Argumente, die die Kommission im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren zu ihrer Unterstützung geltend gemacht hat, zu prüfen. Danach vertreten die Kläger und die Kommission die Auffassung, dass sich Frau Schulz-Delzers in Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs in einer Situation befinde, die der eines deutschen Staatsangehörigen vergleichbar sei, der aufgrund seiner außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in einem Dienstverhältnis zum deutschen Staat ausgeübten Tätigkeit Wohnortzulagen beziehe.

a)      Zu den Argumenten der Kläger

56.      Die Kläger vertreten die Ansicht, dass zwischen diesen Situationen kein objektiver Unterschied bestehe und diese somit vergleichbar seien, wobei sie schlicht auf das Urteil Schumacker(22) Bezug nehmen.

57.      In dieser Rechtssache ging es um die Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften in Deutschland, die eine unterschiedliche Besteuerung von gebietsfremden und von gebietsansässigen Arbeitnehmern vorsehen, bei denen jeweils die Bundesrepublik Deutschland der Beschäftigungsstaat ist. Gebietsfremde Arbeitnehmer sind nur hinsichtlich ihrer in Deutschland erzielten Einkünfte steuerpflichtig (beschränkt einkommensteuerpflichtig). Hingegen sind gebietsansässige Arbeitnehmer mit ihren gesamten Einkünften steuerpflichtig (unbeschränkt einkommensteuerpflichtig). Bei Letzteren wird die Steuer u. a. unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Lage und ihres Familienstands festgesetzt. Bei ihnen werden Familienlasten, Ausgaben für Vorsorgeleistungen und andere Faktoren berücksichtigt, die allgemein einen Anspruch auf Steuerabzüge und Freibeträge begründen. Diese Steuerabzüge und Freibeträge sind für Gebietsfremde ausgeschlossen.

58.      Der Kläger in dieser Rechtssache, Herr Schumacker, beanstandete, dass diese Steuerregelung auf ihn angewandt wurde. Er hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Belgien, bezog aber sein zu versteuerndes Einkommen im Wesentlichen aus einer in Deutschland ausgeübten Tätigkeit und war in Belgien nicht steuerpflichtig(23). Der Gerichtshof hat in Anbetracht der Besonderheiten dieser Situation festgestellt, dass diese mit der eines in Deutschland Gebietsansässigen vergleichbar ist und Herrn Schumacker folglich dieselbe steuerliche Behandlung zuteilwerden muss wie einer in diesem Staat ansässigen Person. Andernfalls wären seine persönliche Lage und sein Familienstand weder im Wohnsitzstaat noch im Beschäftigungsstaat berücksichtigt worden(24).

59.      Diese Angleichung der Behandlung von Gebietsfremden an die Behandlung, die Gebietsansässigen vorbehalten ist, darf allerdings nur in dem Fall vorgenommen werden, in dem der Arbeitnehmer, der von der Freizügigkeit Gebrauch macht, seine Einkünfte im Wesentlichen im Beschäftigungsstaat erzielt und in seinem Wohnsitzstaat nicht steuerpflichtig ist. Dies setzt die Berücksichtigung der Besonderheiten des Bereichs der Steuern voraus. Eine dieser Besonderheiten ist, dass jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union in Übereinstimmung mit seiner Tradition und seinen politischen Entscheidungen zugunsten der Steuerpflichtigen Steuerabzüge und Freibeträge aufgrund ihrer persönlichen Lage und ihres Familienstands gewähren darf. Daher muss er gebietsfremden Arbeitnehmern, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, nicht die Steuerabzüge und Freibeträge gewähren, die er Gebietsansässigen gewährt, wenn diese Arbeitnehmer weiterhin in ihrem Wohnsitzstaat steuerpflichtig sind. Andernfalls gewährte er ihnen gegenüber den Gebietsansässigen keine Gleichbehandlung, sondern ein Privileg, nämlich das, diese Vergünstigungen zweimal zu erlangen, das eine Mal im Wohnsitzstaat und das andere Mal in dem Staat, in dem sie von der Freizügigkeit Gebrauch machen.

60.      Im Ausgangsverfahren möchte Frau Schulz-Delzers als in Deutschland Gebietsansässige dieselbe Steuervergünstigung in Anspruch nehmen, die Gebietsfremden in Deutschland gewährt wird. Anders als Gebietsfremde, die ihre Zulagen von der Bundesrepublik Deutschland beziehen, bezieht sie selbst ihre Zulagen von der Französischen Republik. Daher ist die Situation von Frau Schulz-Delzers nicht mit derjenigen vergleichbar, die dem Urteil Schumacker zugrunde lag, da die Betroffene nicht als Gebietsfremde begehrt, in derselben Weise behandelt zu werden wie ein Gebietsansässiger. Frau Schulz-Delzers kann somit nicht dieselbe Behandlung verlangen, die der Gerichtshof Herrn Schumacker zugestanden hat. Zwar soll das im Urteil Schumacker angewandte Diskriminierungsverbot sicherstellen, dass in einem Mitgliedstaat beschäftigte Gebietsfremde in den Genuss der Inländerbehandlung kommen, d. h. der Behandlung, die in diesem Staat beschäftigten Gebietsansässigen gewährt wird, jedoch kann Frau Schulz-Delzers nicht auf der Grundlage dieses Präzedenzfalls zu ihren Gunsten die Behandlung beanspruchen, die der Staat, in dem sie ansässig ist, seinen eigenen gebietsfremden Staatsangehörigen gewährt.

61.      Außerdem bezieht ein gebietsfremder Deutscher, dem § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt, seine Wohnortzulagen von der Bundesrepublik Deutschland, während Frau Schulz-Delzers ihre von der Französischen Republik bezieht. Anders als im Ausgangsfall des Urteils Schumacker sind also der Beschäftigungsstaat des Gebietsansässigen und der des Gebietsfremden verschieden.

b)      Zu den Argumenten der Kommission

62.      Für ihre Auffassung, dass Frau Schulz-Delzers diskriminiert werde, beruft sich die Kommission erstens auf eine Rechtsprechungslinie, wonach der Gerichtshof eine Diskriminierung bejaht hat, wenn ein Mitgliedstaat bei der Einstellung oder bei der Vergütung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zwar die im inländischen öffentlichen Dienst zurückgelegten Beschäftigungszeiten, nicht aber – oder zumindest nicht vollständig – die im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Beschäftigungszeiten berücksichtigt(25). Zweitens möchte sich die Kommission auf das Urteil Jundt(26) stützen.

63.      Was den ersten Punkt ihrer Argumentation betrifft, tut die Kommission nicht dar, welche Bedeutung diesem für das Ausgangsverfahren zukommen soll. Sie beschränkt sich darauf, ganz allgemein darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechungslinie eine Situation widerspiegle, die einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit entspreche.

64.      Auf den zweiten, das Urteil Jundt betreffenden Punkt nimmt die Kommission Bezug, weil der Gerichtshof in dieser Rechtssache als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit den Umstand eingestuft hat, dass ein in Deutschland wohnhafter Rechtsanwalt zusätzlich zu seiner Haupttätigkeit als Rechtsanwalt in Deutschland für eine in Frankreich ausgeübte Lehrtätigkeit höher besteuert wurde als ein in Deutschland ansässiger Rechtsanwalt, der neben seiner Haupttätigkeit als Rechtsanwalt eine nebenberufliche Lehrtätigkeit in Deutschland ausübt.

65.      In dieser Rechtssache wurden zwei in Deutschland Gebietsansässige bezüglich einer in zwei unterschiedlichen Mitgliedstaaten ausgeübten Lehrtätigkeit unterschiedlich behandelt. Die vom Staat der Besteuerung einem Steuerpflichtigen, der Einkünfte aus einer in diesem Staat ausgeübten Lehrtätigkeit bezog, vorbehaltene vorteilhaftere steuerliche Behandlung hing mit dem Bildungssystem dieses Landes zusammen. Daher hat der Gerichtshof in der von der Kommission vorgetragenen Weise entschieden und klargestellt, dass „die Zuständigkeit und die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihres Bildungssystems [nicht] eine Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende dem Anwendungsbereich der Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr entziehen [können]“(27).

66.      Das von der Kommission angeführte Urteil Jundt stellt somit keinen einschlägigen Präzedenzfall für die Entscheidung der Frage dar, ob die Situation von Frau Schulz-Delzers, die in Deutschland gebietsansässig ist, mit der gebietsfremder Deutscher vergleichbar ist, denen § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt.

67.      Im vorliegenden Fall wird Frau Schulz-Delzers in dem Rahmen, in dem Deutschland seine Steuerhoheit ausübt, derselben steuerlichen Behandlung unterworfen wie alle anderen in Deutschland ansässigen Personen. Außerdem wird ihre persönliche und familiäre Situation über die Zusammenveranlagung mit ihrem ebenfalls in Deutschland ansässigen Ehemann auch dann berücksichtigt, wenn sie in Deutschland keinerlei steuerbares Einkommen bezieht.

68.      Im Ergebnis geht somit aus der Rechtsprechung, die für die Entscheidung der dem Gerichtshof vorgelegten Frage angeführt wird, nicht hervor, dass die Situation von Frau Schulz-Delzers und diejenige eines deutschen Staatsangehörigen, dem § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt, vergleichbar sind.

69.      Es fehlt somit an der Voraussetzung für die Anwendung des Diskriminierungsverbots, wie es in Art. 45 AEUV zum Ausdruck kommt.

70.      Wie ich nachfolgend darlegen werde, bin ich außerdem der Ansicht, dass die fragliche Rechtsvorschrift keine nach Art. 45 AEUV verbotene Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellt.

2.      Zum Fehlen einer Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer

71.      Art. 45 AEUV verbietet nicht nur jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sondern auch jede nationale Regelung, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer anwendbar ist, jedoch deren Freizügigkeit beeinträchtigt.(28)

72.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sollen sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit europäischer Staatsangehöriger die Ausübung jeder Art von Berufstätigkeit im Unionsgebiet erleichtern(29).

73.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellen „Bestimmungen, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen“, Beeinträchtigungen dar(30).

74.      Die Kommission weist in ihren schriftlichen Erklärungen darauf hin, dass § 3 Nr. 64 EStG gerade Tätigkeiten deutscher Bediensteter im Ausland fördere. Zwar unterstützt der deutsche Gesetzgeber die Freizügigkeit seiner Staatsbürger, es ist aber nicht nachgewiesen, dass er die Freizügigkeit der Staatsangehörigen anderer Staaten beeinträchtigt.

75.      Zur Charakterisierung einer Beeinträchtigung der Freizügigkeit ist festzustellen, ob der Staatsangehörige eines Mitgliedstaats weniger günstig behandelt wird, als er behandelt würde, wenn er nicht von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte(31).

76.      Die Beeinträchtigung wird also in Anbetracht der Situation eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in seinem Herkunftsstaat und in seinem Aufnahmestaat beurteilt.

77.      Im vorliegenden Fall weisen die Kläger in ihren Erklärungen darauf hin, dass mit dieser indirekten Besteuerung der Zuschläge deren Zweck konterkariert werde, die Entsendung von Beamten nach Deutschland ohne Inkaufnahme von Einkommenseinbußen zu ermöglichen, was ein Hindernis für ihre Entsendung nach Deutschland darstelle. Außerdem bestehe ein Hindernis auch darin, dass Frau Schulz-Delzers schlechter gestellt werde, als sie stünde, wenn sie in ein anderes europäisches Land entsandt worden wäre, in dem eine entsprechende Regelung wie der Progressionsvorbehalt in Verbindung mit der Regelung des § 3 Nr. 64 EStG nicht existiere.

78.      Frau Schulz-Delzers hat dadurch, dass sie von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, keine Einkunftseinbußen erlitten, da ihr die Wohnortzulagen, die ihr zugutekamen und die anschließend dem Progressionsvorbehalt unterlagen, in Frankreich nicht gezahlt worden wären.

79.      Außerdem wurde die Berücksichtigung dieser Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts nur möglich, weil Frau Schulz-Delzers mit ihrem Ehemann zusammen veranlagt ist. Die Zusammenveranlagung beruht auf der Wahl der Kläger und impliziert eine gemeinsame Bemessungsgrundlage, die vorteilhafter ist als zwei getrennte Bemessungsgrundlagen.

80.      Wären die Eheleute getrennt veranlagt worden, wäre Frau Schulz-Delzers nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen worden, da ihre einzigen Einkünfte, die sie vom französischen Staat bezieht, in Anwendung der Art. 14 und 20 Abs. 1 Buchst. a des Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland nicht steuerpflichtig sind.

81.      Folglich hat Frau Schulz-Delzers nicht nachgewiesen, dass die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit verglichen mit der Situation französischer Arbeitnehmer, die dieses Recht nicht ausgeübt haben, nachteilige Folgen gehabt hätte.

82.      Es ist nicht Sache des Gerichtshofs, sich zu der hypothetischen Situation zu äußern, in der Frau Schulz-Delzers in einem anderen Mitgliedstaat von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht.

83.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Fragen des vorlegenden Gerichts in dem Sinne zu beantworten, dass Art. 45 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer mitgliedstaatlichen Rechtsvorschrift wie § 3 Nr. 64 EStG, durch die bestimmte zusätzliche Einkünfte, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer außerhalb dieses Mitgliedstaats ausgeübten Tätigkeit beziehen, von der Steuer befreit werden, nicht entgegensteht, auch wenn die Anwendung dieser Vorschrift nicht auf zusätzliche Einkünfte erstreckt wird, die zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eines anderen Mitgliedstaats in einem Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer in dem erstgenannten Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit beziehen.

84.      Für den Fall, dass der Gerichtshof sich meinem Entscheidungsvorschlag nicht anschließt, werde ich hilfsweise die Situation von Frau Schulz-Delzers und die eines deutschen Staatsangehörigen vergleichen, dem § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt.

C –    Hilfsweise: Vergleich der Situation von Frau Schulz-Delzers und der eines deutschen Staatsangehörigen, dem § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt

85.      Für diese Prüfung ist 1. zur Vergleichbarkeit der streitgegenständlichen Wohnortzulagen Stellung zu nehmen, 2. die steuerliche Behandlung von Frau Schulz-Delzers in Deutschland zu untersuchen und 3. die Situation eines deutschen Staatsangehörigen zu untersuchen, dem in Frankreich § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt.

1.      Zu den Wohnortzulagen

86.      Der Gerichtshof sollte insbesondere die Wohnortzulagen von Frau Schulz-Delzers und von deutschen Staatsangehörigen, denen § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt, prüfen. Denn nur dann, wenn sich diese Wohnortzulagen als vergleichbar erweisen sollten, könnte die von den Klägern im Ausgangsverfahren geltend gemachte Diskriminierung konkret festgestellt werden.

87.      Nach Ansicht der Kläger sind diese Wohnortzulagen vergleichbar. Das vorlegende Gericht teilt diese Auffassung implizit. Für die Kommission handelt es sich, worauf sie in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, um eine Frage, die das vorlegende Gericht zu prüfen habe.

88.      Ohne in die Details der von den einzelnen Mitgliedstaaten gewährten Wohnortzulagen zu gehen, ist es für die Beantwortung der Frage, ob Art. 45 AEUV § 3 Nr. 64 EStG entgegensteht, jedoch erforderlich, dass sich der Gerichtshof dazu äußert, ob Wohnortzulagen vergleichbar sind, deren gemeinsames Element darin besteht, dass sie in dem Mitgliedstaat, in dem derjenige, dem sie zugutekommen, ansässig ist, aufgrund einer Tätigkeit gewährt werden, die außerhalb des Mitgliedstaats ausgeübt wird, der sie gewährt.

89.      Denn Frau Schulz-Delzers wohnt in der Bundesrepublik Deutschland, also einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem ein deutscher Staatsangehöriger wohnt, dem § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt. Dieser Punkt darf bei der Prüfung der Wohnortzulagen nicht außer Acht gelassen werden.

90.      Die Wohnortzulagen von Frau Schulz-Delzers umfassen eine „ISVL“-Zulage, die von den örtlichen Lebensbedingungen abhängig ist, und eine Zulage in Form von „Familienzuschlägen“, die für Kinder gewährt wird, die französischen Beamten gegenüber unterhaltsberechtigt sind. Diese Zulagen sind nach Angaben der Kläger Zuschläge zum Kaufkraftausgleich und für die Mehrkosten von Kindern im Ausland.

91.      In Frankreich wird die Höhe dieser Zulagen regelmäßig durch gemeinsamen Erlass des Außenministers und des Haushaltsministers für jedes Land festgelegt(32). Die deutsche Regierung weist in ihren schriftlichen Erklärungen darauf hin, dass das deutsche Bundesministerium der Finanzen zur Bestimmung des Umfangs dieser Zuschläge in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt regelmäßig Länderlisten veröffentliche. Der Umfang dieser Zulagen wird also entsprechend dem Staat festgelegt, in dem der Wohnsitz des Begünstigten dieser Zuschläge liegt.

92.      In Wirklichkeit sollen die Wohnortzulagen sowohl in Frankreich als auch in Deutschland ein Gleichgewicht zwischen zwei Erfordernissen herstellen, nämlich zum einen der Berücksichtigung des Mehraufwands, der aufgrund der Ausübung einer Tätigkeit außerhalb des Staates entsteht, der die mit dieser Tätigkeit verbundenen Einkünfte zahlt und besteuert, und zum anderen der Absicht, den Begünstigten dieser Zulagen in dieselbe Situation zu versetzen wie alle anderen Gebietsansässigen des Staates, in dem er seine Tätigkeit ausübt.

93.      Somit rechtfertigt die Anerkennung eines Mehraufwands den Umstand, dass Wohnortzulagen selbst dann gewährt werden können, wenn die Lebenshaltungskosten in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, niedriger sind als in dem Staat, der die Einkünfte zahlt. Hingegen lassen sich die Schwankungen dieser Zulagen je nach Aufnahmestaat nur durch eine gewisse Berücksichtigung der örtlichen Lebenshaltungskosten erklären.

94.      Art. 4 B Buchst. d des französischen Dekrets sieht bezüglich der ersten Zulage, die spezifisch an die örtlichen Lebensbedingungen gebunden ist, eine jährliche höhenmäßige Anpassung vor, „um u. a. den Wechselkursschwankungen und den örtlichen Lebensbedingungen Rechnung zu tragen“. Die deutsche Regierung stellt klar, dass bei einem Auslandseinsatz eines deutschen Lehrers in Frankreich der Kaufkraftausgleich unter Berücksichtigung der höheren Lebenshaltungskosten in Frankreich im Vergleich zu Deutschland festgesetzt werde. In der mündlichen Verhandlung hat sie hinzugefügt, dass ein deutscher Beamter, der in ein Land entsandt werde, in dem der Lebensstandard niedriger sei, eine solche Zulage nicht erhalte.

95.      Die zweite, für unterhaltsberechtigte Kinder gewährte Zulage berücksichtigt die Modalitäten und die Kosten der Schulausbildung der Kinder im Wohnsitzstaat. Die in den Jahren 2005 und 2006 geltende französische Regelung sah daher eine Berechnung dieser „Familienzuschläge“ entsprechend dem jeweiligen Wohnsitzstaat vor(33). Im Übrigen entwickelte sich die Berechnung dieser Zulage fort, und die derzeitige französische Regelung bis hin zum Erlass vom 31. Januar 2011(34) legt nunmehr „die Familienzuschläge … für das Personal französischer Bildungseinrichtungen im Ausland“ u. a. entsprechend der jeweiligen Wohnsitzregion fest: „Deutschland (Berlin)“, „Deutschland (Bonn)“, „Deutschland (Düsseldorf)“, „Deutschland (Frankfurt)“ usw.

96.      Es kann also nicht geltend gemacht werden, dass die Höhe der Wohnortzulagen unabhängig vom Wohnsitzstaat bestimmt werde, in dem die fragliche Tätigkeit ausgeübt wird.

97.      Die Höhe der Wohnortzulagen wird von jedem Mitgliedstaat in Ausübung seiner Steuerhoheit festgelegt. Diese Zulagen ergänzen die anderen vom Beschäftigungsstaat für die ausgeübte Tätigkeit gezahlten Einkünfte, die notwendigerweise je nach Mitgliedstaat unterschiedlich sind.

98.      Zwar können die Lebenshaltungskosten innerhalb ein und desselben nationalen Hoheitsgebiets variieren, und im vorliegenden Fall erwiesen sich die Lebenshaltungskosten von Frau Schulz-Delzers in Stuttgart, Deutschland, letztlich als höher, als sie es in Beauvais, Frankreich, waren. Gleichwohl ist es nicht Sache des Gerichtshofs, sich zu den Modalitäten zu äußern, nach denen der nationale Gesetzgeber die Wohnortzulagen in Ausübung seiner Steuerhoheit berechnet.

99.      Die Wohnortzulagen sollen eine Situation der Gleichbehandlung von in einem bestimmten Staat – dem Staat, in dem der Beschäftigte seine Tätigkeit ausübt – ansässigen Personen herbeiführen, auch wenn ein Gebietsansässiger seine Einkünfte von einem anderen Mitgliedstaat bezieht. Es ist daher mit diesem Grundsatz vereinbar, dass Letzterer dieselbe steuerliche Behandlung erfährt wie alle Gebietsansässigen. Dies ist im Ausgangsverfahren bei Frau Schulz-Delzers der Fall.

2.      Zur steuerlichen Behandlung von Frau Schulz-Delzers in Deutschland

100. Frau Schulz-Delzers kommt dieselbe steuerliche Behandlung zugute wie den anderen in Deutschland Gebietsansässigen, was von den Klägern nicht bestritten wird. Betrachtet man nur ihre steuerliche Situation in Deutschland, befindet sie sich sogar in einer Situation, die vorteilhafter ist als die einer deutschen Beamtin, die außerhalb Deutschlands arbeitet, aber zusammen mit ihrem Ehemann in Deutschland veranlagt wird, wie die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung anhand eines Zahlenbeispiels aufgezeigt hat(35).

101. In einer früheren Rechtssache war der Gerichtshof mit der Situation einer Lehrerin an einer öffentlichen Schule in Deutschland befasst, die sowohl die französische als auch deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und mit ihrem Ehemann in Frankreich wohnt(36). In Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens, hier in Frankreich, wurde sie als in Frankreich Gebietsansässige einer höheren Besteuerung unterworfen als Personen mit identischem Einkommen, das aber ausschließlich aus Frankreich stammte, was sie in Frankreich gerichtlich anfocht. Der Gerichtshof, dem hierzu eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde, hat darauf hingewiesen, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen „lediglich verhindern soll, dass ein und dieselben Einkünfte in beiden Staaten besteuert werden. Es soll nicht gewährleisten, dass die Steuern, die von dem Steuerpflichtigen in dem einen Staat erhoben werden, nicht höher sind als diejenigen, die von ihm in dem anderen Staat erhoben werden.“(37) Der Gerichtshof hat hinzugefügt, dass die von dieser französischen Staatsangehörigen erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit „in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer der mit ihr zusammen veranlagten natürlichen Personen in Frankreich einbezogen werden, wo ihr dementsprechend die nach französischem Recht vorgesehenen Steuervorteile, -freibeträge und -ermäßigungen gewährt werden“(38).

102. Als in Frankreich Steuerpflichtige und in Deutschland Gebietsansässige wehrt sich Frau Schulz-Delzers gegen die Berücksichtigung ihrer Wohnortzulagen in Deutschland. Jedoch genießt sie im Rahmen der Zusammenveranlagung mit ihrem Ehemann die nach deutschem Recht vorgesehenen Steuervorteile, -freibeträge und -ermäßigungen, was bei einem deutschen Ehepaar, das sich in einem anderen Mitgliedstaat in einer Situation befände, die der der Kläger entspräche, nicht der Fall wäre.

103. Nur bei Berücksichtigung der Besteuerung in Frankreich könnte festgestellt werden, ob sich Frau Schulz-Delzers tatsächlich in einer Situation befindet, die ungünstiger ist als die, in der sich ein deutscher Staatsangehöriger befindet und die sie zum Vergleich heranzieht. In diesem Fall müsste auch die steuerliche Behandlung eben dieses Staatsangehörigen in dem Staat, in dem er seine Tätigkeit ausübt, berücksichtigt werden. Es müssten also die folgenden Rechtsvorschriften geprüft werden:

–        die steuerrechtlichen Vorschriften des Beschäftigungsstaats von Frau Schulz-Delzers,

–        die steuerrechtlichen Vorschriften ihres Wohnsitzstaats, der auch der Beschäftigungsstaat des deutschen Staatsangehörigen ist, und

–        die steuerrechtlichen Vorschriften des Wohnsitzstaats dieses deutschen Staatsangehörigen.

104. Folglich beruht die Ungleichbehandlung von Frau Schulz-Delzers gegenüber einem deutschen Staatsangehörigen, der sich in einer entsprechenden Situation befindet, nicht auf der Anwendung unterschiedlicher Rechtsvorschriften.

105. Der Gerichtshof hat zu Art. 12 EG festgestellt, dass diese Vorschrift „[n]ach ständiger Rechtsprechung … nicht etwaige Ungleichbehandlungen [erfasst], die sich … aus Abweichungen zwischen den Rechtsvorschriften der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben können, wenn diese für alle Personen, die in ihren Anwendungsbereich fallen, nach objektiven Kriterien und ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit gelten“(39). Diese Feststellung lässt sich auf Art. 45 AEUV übertragen. Die Wohnortzulagen eines deutschen Staatsangehörigen werden nämlich deshalb nicht berücksichtigt, weil die Rechtsvorschriften seines Wohnsitzstaats in diesem Punkt abweichen.

106. Müsste der Gerichtshof die Situation eines französischen Staatsangehörigen, der in Deutschland, dem Staat, in dem er seine Tätigkeit ausübt, ansässig ist, mit der eines in Frankreich ansässigen und dort tätigen deutschen Staatsangehörigen vergleichen, würde er zu der Feststellung gelangen, dass die Kläger im Ausgangsverfahren keinen steuerlichen Nachteil erleiden.

3.      Zur Situation eines deutschen Staatsangehörigen, dem in Frankreich § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt

107. Wie die Kläger betonen, sind die Wohnortzulagen von Frau Schulz-Delzers in Frankreich steuerfrei. Sie sind dies auch im umgekehrten Fall, wenn ein Beamter von der Bundesrepublik Deutschland ins Ausland entsandt wird. Diese Regelung findet ihre Grundlage nicht in dem Doppelbesteuerungsabkommen, sondern stützt sich auf internationale Gepflogenheiten, wie die Kläger in ihrer Stellungnahme anmerken.

108. Die Kläger werfen der Bundesrepublik Deutschland vor, dass sie die von Frau Schulz-Delzers aufgrund ihrer Tätigkeit in Deutschland bezogenen Wohnortzulagen dem Progressionsvorbehalt unterwirft. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der deutsche Staatsangehörige, der sich in einer entsprechenden Situation in Frankreich befindet, derselben Einschränkung unterliegt.

109. In Wirklichkeit hat die Bundesrepublik Deutschland zwar nach dem Wortlaut des Doppelbesteuerungsabkommens die Wahl, bei der Festsetzung ihres Steuersatzes die von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte zu berücksichtigen, eine solche Wahl besteht jedoch nicht, was in Frankreich ansässige deutsche Staatsangehörige betrifft.

110. Das Doppelbesteuerungsabkommen ist nämlich bezüglich der steuerlichen Behandlung von aus der Bundesrepublik Deutschland stammenden Einkünften anders formuliert. Das in Art. 20 Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchst. cc dieses Abkommens vorgesehene Verfahren besteht darin, dass die in Deutschland erzielten Einkünfte in die nach französischem Recht berechnete Bemessungsgrundlage einbezogen werden und dann ein Steueranrechnungsbetrag im Hinblick auf die in Deutschland entrichtete Steuer gewährt wird, der, insbesondere bei den unter Art. 14 des Abkommens fallenden Einkünften, dem Betrag der diesen Einkünften entsprechenden französischen Steuer entspricht(40).

111. Folglich gehören die Einkünfte, die eine deutsche Staatsangehörige in einer Situation, die der von Frau Schulz-Delzers entspricht, in Frankreich erzielt, zur Bemessungsgrundlage, die gemäß den französischen Rechtsvorschriften berechnet wird. Sie werden also bei der Festsetzung der Einkommensteuer auch dann berücksichtigt, wenn dem Begünstigten anschließend ein Recht auf Anrechnung der Steuer zusteht.

112. Demnach können die Kläger nicht behaupten, ihnen sei eine ungünstigere steuerliche Behandlung zuteilgeworden als diejenige, die einem deutschen Staatsangehörigen zuteilwird, der seine Tätigkeit in Frankreich ausübt und dem die Befreiung nach § 3 Nr. 64 EStG zugutekommt.

113. Hinzu kommt, dass der Wortlaut des zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens aus einem Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) übernommen wurde(41). Es handelt sich um dessen Art. 23 A Abs. 1 bis 3, der wie folgt lautet:

„(1)      Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und können diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.

(2)      Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte, die … im anderen Vertragsstaat besteuert werden können, so rechnet der erstgenannte Staat auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der im anderen Staat gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der von der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus dem anderen Staat bezogenen Einkünfte entfällt.

(3)      Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in diesem Staat auszunehmen sind, können gleichwohl in diesem Staat bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.“

114. Das Doppelbesteuerungsabkommen, das die Bundesrepublik Deutschland strikt anwendet, indem sie sämtliche Einkünfte von Frau Schulz-Delzers berücksichtigt, folgt somit genau dem von der OECD erstellten Musterabkommen.

115. Folglich kann sich die Situation, in der sich Frau Schulz-Delzers befindet, in allen Mitgliedstaaten ergeben, die wie die Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik Doppelbesteuerungsabkommen nach demselben Muster geschlossen haben.

116. Ich bin deshalb der Ansicht, dass die fragliche Rechtsvorschrift Frau Schulz-Delzers nicht in eine ungünstigere Situation versetzt als einen deutschen Staatsangehörigen, der sich in einer entsprechenden Situation befindet.

VI – Ergebnis

117. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Finanzgerichts Baden-Württemberg wie folgt zu beantworten:

Art. 45 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer mitgliedstaatlichen Rechtsvorschrift wie § 3 Nr. 64 des deutschen Einkommensteuergesetzes, durch die bestimmte zusätzliche Einkünfte, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer außerhalb dieses Mitgliedstaats ausgeübten Tätigkeit beziehen, von der Steuer befreit werden, nicht entgegensteht, auch wenn die Anwendung dieser Vorschrift nicht auf zusätzliche Einkünfte erstreckt wird, die zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eines anderen Mitgliedstaats in einem Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer in dem erstgenannten Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit beziehen.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969, des Zusatzabkommens vom 28. September 1989 und des Zusatzabkommens vom 20. Dezember 2001.


3 – Der Einkommensteuersatz wird in Deutschland nach einem progressiven Tarif festgelegt, wobei höhere Einkommen einem höheren Steuersatz unterliegen. Dieser Tarif spiegelt eine Bewertung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen durch den deutschen Gesetzgeber wider.


4 – Der deutsche Gesetzgeber berücksichtigt mit dem Progressionsvorbehalt bestimmte steuerfreie Einnahmen bei der Bemessung des auf die übrigen Einnahmen anwendbaren Steuersatzes. Ein Steuerpflichtiger, der dem Progressionsvorbehalt unterliegende steuerfreie Einnahmen erzielt, ist nach Ansicht des deutschen Gesetzgebers leistungsfähiger als ein Steuerpflichtiger ohne diese Einnahmen. Damit gilt der Progressionsvorbehalt vor allem für eine Reihe grundsätzlich steuerfreier Lohnersatzleistungen, wie etwa das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe, die nicht dem Ausgleich bestimmter Lasten, sondern der Bestreitung des Lebensunterhalts im Allgemeinen dienen – vgl. Punkt II.2a) der Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9. August 2001 (III R 50/00, Bundessteuerblatt 2001, Teil II, S. 778).


5 – Da sich die dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegenden Vorgänge vor dem 1. Dezember 2009 ereignet haben, also zu einem vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon liegenden Zeitpunkt, bezieht sich die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung in Wirklichkeit auf die Art. 12 EG, 18 EG und 39 EG. Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen angemerkt hat, hat dieser Umstand jedoch keine Auswirkung auf die im vorliegenden Fall maßgeblichen Kriterien, da der Wortlaut der genannten Vorschriften mit dem Inkrafttreten des AEUV nicht geändert wurde. Da das Ersuchen des vorlegenden Gerichts zu einem vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon liegenden Zeitpunkt erging, werden die einschlägigen Vorschriften des Vertrags im Folgenden in ihrer seit dem 1. Dezember 2009 geltenden Fassung bezeichnet.


6 – Urteil Werner (C-112/91, Slg. 1993, I-429).


7 – Ebd. (Randnr. 16).


8 – Nr. 44 der Schlussanträge von Generalanwalt Darmon in der genannten Rechtssache.


9 – Ebd. (Nr. 45).


10 – Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77).


11 – Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38.


12 – Art. 14 der genannten Richtlinie.


13 – Vgl. z. B. Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman (C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 94), vom 29. April 2004, Weigel (C-387/01, Slg. 2004, I-4981, Randnr. 52), und vom 15. September 2005, Kommission/Dänemark (C-464/02, Slg. 2005, I-7929, Randnr. 34).


14 – Vgl. z. B. Urteile vom 26. November 2002, Oteiza Olazabal (C-100/01, Slg. 2002, I-10981, Randnrn. 24 und 25), und vom 10. September 2009, Kommission/Deutschland (C 269/07, Slg. 2009, I-7811, Randnrn. 98 bis 100).


15 – Vgl. zur Niederlassungsfreiheit und zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer Urteile vom 26. Oktober 2006, Kommission/Portugal (C-345/05, Slg. 2006, I-10633, Randnr. 13), und vom 18. Januar 2007, Kommission/Schweden (C-104/06, Slg. 2007, I-671, Randnr 15); vgl. entsprechend im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit Urteile vom 6. Februar 2003, Stylianakis (C-92/01, Slg. 2003, I-1291, Randnr. 18), und vom 20. Mai 2010, Zanotti (C-56/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24).


16 – Vgl. Urteile vom 17. Dezember 1980, Kommission/Belgien (149/79, Slg. 1980, 3881, Randnr. 11), und vom 2. Juli 1996, Kommission/Griechenland (C-290/94, Slg. 1996, I-3285, Randnr. 2); zur engen Auslegung dieser Ausnahme vgl. u. a. Urteil vom 26. April 2007, Alevizos (C-392/05, Slg. 2007, I-3505, Randnr. 69); zum Anschluss der privaten Lehrtätigkeit an einer Universität von dieser Ausnahme vgl. Urteil vom 18. Dezember 2007, Jundt (C-281/06, Slg. 2007, I-12231, Randnrn. 37 und 38).


17 – Urteil vom 16. Oktober 2008, Renneberg (C-527/06, Slg. 2008, I-7735, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


18 – Vgl. zu einer Anwendung in jüngerer Zeit Urteil vom 18. März 2010, Gielen (C-440/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36)


19 – Urteil vom 12. Februar 1974, Sotgiu (152/73, Slg. 1974, 153, Randnr. 11); zu einer Anwendung in jüngerer Zeit vgl. Urteil Gielen (oben in Fn. 18 angeführt, Randnr. 37), in dem auf das Urteil vom 14. Februar 1995, Schumacker (C-279/93, Slg. 1995, I-225, Randnr. 26), Bezug genommen wird.


20 – Die deutsche Regierung hat zu Recht darauf hingewiesen, dass § 3 Nr. 64 EStG sich auch auf Arbeitnehmer bezieht, die für einen privaten inländischen Arbeitgeber für einen begrenzten Zeitraum im Ausland tätig sind und zu diesem Zweck einen ausländischen Wohnsitz unterhalten: „Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 54 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt“; diese Klarstellung ist jedoch für meine Darlegung nicht relevant, die sich auf den Vergleich der Situationen von Arbeitnehmern bezieht, die ihre Tätigkeit für einen öffentlichen Arbeitgeber ausüben.


21 – Urteil Gielen (oben in Fn. 18 angeführt, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22 – Oben in Fn. 19 angeführt, Randnr. 24.


23 – Vgl. Nr. 66 der Schlussanträge von Generalanwalt Léger in dieser Rechtssache.


24 – Urteil Schumacker (oben in Fn. 19 angeführt, Randnr. 38).


25 – Urteile vom 23. Februar 1994, Scholz (C-419/92, Slg. 1994, I-505, Randnr. 11), vom 15. Februar 1998, Schöning-Kougebetopoulou (C-15/96 Slg. 1998, I-47, Randnr. 23 in Verbindung mit Randnr. 14), vom 12. März 1998, Kommission/Griechenland (C-187/96 Slg. 1998, I-1095, Randnrn. 20 und 21), vom 30. November 2000, Österreichischer Gewerkschaftsbund (C-195/98, Slg. 2000, I-10497, Randnrn. 41 bis 44), und vom 12. Mai 2005, Kommission/Italien (C-278/03, Slg. 2005, I-3747, Randnr. 14).


26 – Oben in Fn. 16 angeführt.


27 – Ebd. (Randnr. 87).


28 – Vgl. z. B. Urteile vom 27. Januar 2000, Graf (C-190/98, Slg. 2000, I-493, Randnr. 18), und Weigel (oben in Fn. 13 angeführt, Randnr. 51).


29 – Urteil Alevizos (oben in Fn. 16 angeführt, Randnr. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).


30 – Vgl. u. a. Urteile Bosman (oben in Fn. 13 angeführt, Randnr. 96), und vom 12. Dezember 2002, de Groot (C-385/00, Slg. 2002, I-11819, Randnr. 78).


31 – Vgl. u. a. Urteile Alevizos (oben in Fn. 16 angeführt, Randnr. 75), und vom 23. April 2009, Rüffler (C-544/07, Slg. 2009, I-3389, Randnr. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).


32 – Für die Jahre 2005 und 2006 vgl. Dekret Nr. 2002-22 vom 4. Januar 2002 über die verwaltungsmäßige und finanzielle Situation des Personals französischer Bildungseinrichtungen im Ausland (JORF vom 6. Januar 2001, S. 387) in der durch das Dekret Nr. 2003-481 vom 3. Juni 2003 (JORF vom 6. Juni 2003, S. 9636) geänderten Fassung, dessen Art. 4 B Buchst. d klarstellt, dass „[e]ine spezifische, von den örtlichen Lebensbedingungen abhängige Zulage [gezahlt wird], deren jährlicher Betrag je nach Land und Gruppe durch gemeinsamen Erlass des Außenministers und des Haushaltsministers festgelegt wird …“; Art. 4 B Buchst. e dieses Dekrets verweist auf die Bestimmungen über Familienzuschläge, die ins Ausland entsandten Beschäftigten gewährt werden, die in ähnlicher Weise vorsehen, dass „[e]in gemeinsamer Erlass des Außenministers und Haushaltsministers … für jedes Land unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Situationen, in die die Bediensteten in Frankreich oder im Ausland versetzt werden können, den für jedes unterhaltsberechtigte Kind anwendbaren Koeffizienten fest[legt]“.


33 – Erlass vom 4. Januar 2002 zur länderspezifischen Bestimmung der Koeffizienten zur Berechnung der Familienzuschläge und Familienvergünstigungen, die dem ins Ausland entsandten oder dort ansässigen Personal französischer Bildungseinrichtungen im Ausland für unterhaltsberechtigte Kinder im Ausland gewährt werden (JORF vom 6. Januar 2002, S. 402, Text Nr. 13).


34 – Erlass vom 31. Januar 2011 zur Änderung des Erlasses vom 5. Februar 2008 in Anwendung des Dekrets Nr. 2002-22 vom 4. Januar 2002 über die verwaltungsmäßige und finanzielle Situation des Personals französischer Bildungseinrichtungen im Ausland (JORF vom 15. Februar 2011, S. 2833, Text Nr. 3).


35 – Die deutsche Regierung setzte als Fall A ein deutsches Ehepaar, bei dem die Ehefrau im Ausland arbeitet: Der Ehemann verfügt über ein steuerpflichtiges Einkommen von 40 000 Euro und die Ehefrau über ein steuerpflichtiges Einkommen von 20 000 Euro sowie über steuerbefreite Auslandszulagen von 7 000 Euro; das zu versteuernde Einkommen beträgt 60 000 Euro bei Anwendung eines Steuersatzes von 19,36 %; die geschuldete Steuer beträgt 11 614 Euro. Fall B ist der eines Ehepaars in einer Situation, die der der Kläger vergleichbar ist: Der Ehemann verfügt über ein steuerpflichtiges Einkommen von 40 000 Euro und die Ehefrau über ein steuerfreies, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegendes Einkommen von 27 000 Euro; das zu versteuernde Einkommen beträgt 40 000 Euro bei Anwendung eines Steuersatzes von 20,75 % (berechnet auf der Grundlage eines Einkommens von 67 000 Euro); die geschuldete Steuer beträgt 8 300 Euro.


36 – Urteil vom 12. Mai 1998, Gilly (C-336/96, Slg. 1998, I-2793).


37 – Ebd. (Randnr. 46).


38 – Ebd. (Randnr. 50).


39 – Urteil vom 12. Juli 2005, Schempp (C-403/03, Slg. 2005, I-6421, Randnr. 34).


40 – Für eine detailliertere Beschreibung vgl. Urteil Gilly (oben in Fn. 36 angeführt, Randnr. 42).


41 – Von der OECD entworfenes Steuer-Musterabkommen, Fassung der Vorschriften am 29. April 2000.