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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 20. März 2012(1)

Rechtssache C-31/11

Marianne Scheunemann

gegen

Finanzamt Bremerhaven

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs [Deutschland])

„Grundfreiheiten – Abgrenzung – Niederlassungsfreiheit – Art. 49 AEUV – Kapitalverkehrsfreiheit – Art. 63 AEUV– Erbschaftsteuer – Erwerb durch Erbgang einer zum Privatvermögen des Erblassers gehörenden Beteiligung als Alleingesellschafter an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat – Nationale Rechtsvorschrift, die Steuervergünstigungen für Gesellschaften vorsieht, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im nationalen Hoheitsgebiet haben“





I –    Einleitung

1.        Der vorliegenden Rechtssache liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs gemäß Art. 267 AEUV zugrunde, mit dem dieser dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung der primärrechtlichen Bestimmungen zur Kapitalverkehrsfreiheit vorgelegt hat.

2.        Anlass des Vorabentscheidungsersuchens ist ein Rechtsstreit zwischen Frau Scheunemann (im Folgenden: Klägerin des Ausgangsverfahrens) und dem Finanzamt Bremerhaven (im Folgenden: Beklagter des Ausgangsverfahrens) über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem ihre Erbschaftsteuerschuld festgesetzt wurde. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die u. a. eine Beteiligung als Alleingesellschafterin an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Kanada geerbt hat, rügt die Vorenthaltung einer Reihe von Steuervergünstigungen, die nach nationalem Recht für Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland und anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (im Folgenden: EWR) gelten. Sie beruft sich auf eine Verletzung der Bestimmungen zur Kapitalverkehrsfreiheit. Ihrer Ansicht nach verlangen diese Bestimmungen die Gewährung der streitgegenständlichen Steuervergünstigungen auch für Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem Drittstaat. Ihre Klage auf entsprechende Anpassung ihrer Steuerschuld wurde in erster Instanz mit der Begründung abgewiesen, die streitgegenständlichen Steuervergünstigungen seien nicht am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit, sondern allein am Maßstab der Niederlassungsfreiheit zu messen. Jene gelte jedoch nicht für die Niederlassung in Drittstaaten.

3.        Die vorliegende Rechtssache wirft neben der Frage der Vereinbarkeit einer solchen steuerrechtlichen Differenzierung mit dem Unionsrecht auch die Frage der Abgrenzung zwischen der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit auf, die beide im Licht der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu klären sind. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, klare Kriterien für eine solche Abgrenzung zu entwickeln. Die Relevanz einer Bestimmung des Verhältnisses der einzelnen Grundfreiheiten zueinander im spezifischen Kontext des Ausgangsverfahrens rührt nicht zuletzt daher, dass die Klägerin im Fall einer Verdrängung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die Niederlassungsfreiheit sich nicht auf den Schutz durch das Unionsrecht berufen könnte, um in den Genuss der nationalrechtlich vorgesehenen Steuervergünstigungen zu kommen.

II – Normativer Rahmen

A –    Unionsrecht

4.        Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV) bestimmt Folgendes:

„Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.“

5.        In Art. 56 Abs. 1 EG (jetzt Art. 63 Abs. 1 AEUV) heißt es:

„Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.“

6.        Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrags(2) bezieht sich in Rubrik XI („Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“) u. a. auf „Erbschaften und Vermächtnisse“ (Punkt D).

7.        Art. 58 EG (jetzt Art. 65 AEUV) enthält namentlich die folgenden Bestimmungen:

„(1)      Artikel 56 berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

a)      die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,

b)      die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

(2)      Dieses Kapitel berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit diesem Vertrag vereinbar sind.

(3)      Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen.“

B –    Nationales Recht

8.        Die einschlägigen Bestimmungen ergeben sich aus dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der im Streitjahr 2007 anwendbaren Fassung(3) (nachstehend: ErbStG).

9.        Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer.

10.      Nach § 2 Abs. 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall eines Inländers zur Zeit der Entstehung der Steuer ein. Hierunter fällt auch im Ausland belegenes Vermögen, d. h., umfasst sind auch Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft, welche ihren Sitz nicht in Deutschland hat.

11.      In § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt einschlägigen Fassung sind Vergünstigungen für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und für Anteile an Kapitalgesellschaften vorgesehen. Darin heißt es:

„(1)      Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des Absatzes 4 bleiben vorbehaltlich des Satzes 2 insgesamt bis zu einem Wert von 225 000 Euro außer Ansatz

1.       beim Erwerb von Todes wegen;

(2)      Der nach Anwendung des Absatzes 1 verbleibende Wert des Vermögens im Sinne des Absatzes 4 ist mit 65 vom Hundert anzusetzen.“

12.      Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG „[gelten d]er Freibetrag und der verminderte Wertansatz … für … Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war“.

13.      Gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil und der verminderte Wertansatz mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb Anteile an Kapitalgesellschaften ganz oder teilweise veräußert.

14.      Aus den Akten geht hervor, dass die Finanzverwaltung im Anschluss an das Urteil Jäger(4) entschied, die Vorteile des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG auch auf Anteile an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat anzuwenden. Überdies wurde nach dem streitigen Zeitraum § 13a ErbStG selbst dahin gehend geändert, dass zum begünstigten Vermögen nunmehr im Privatvermögen befindliche Anteile von mehr als 25 % an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Union oder einem Staat des EWR gehören. Anteile an Gesellschaften in nicht zur Union oder zum EWR gehörenden Staaten blieben weiterhin ausgeschlossen.

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15.      Die in Deutschland wohnhafte Klägerin ist Alleinerbin ihres im Februar 2007 verstorbenen, ebenfalls in Deutschland wohnhaften Vaters. Zum Nachlass gehörte u. a. eine Beteiligung des Vaters als Alleingesellschafter an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Kanada. Die Erbschaft der Tochter wurde der unbeschränkten deutschen Erbschaftsteuer unterworfen.

16.      Mit Bescheid vom 24. November 2008 wurde für diesen Erwerb die Erbschaftsteuer festgesetzt. Da die Kapitalgesellschaft weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland bzw. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hatte, wurden die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Abs. 4 ErbStG in der zum Stichtag geltenden Fassung des ErbStG (d. h. ein Freibetrag in Höhe von 225 000 Euro und ein Bewertungsabschlag von 35 %) nicht gewährt.

17.      Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid nach erfolglosem Einspruch Klage beim Finanzgericht und berief sich dabei insbesondere auf eine Verletzung des Art. 56 EG. Der Sachverhalt sei am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen. Diese verlange, die fraglichen Steuervergünstigungen auch für Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem Drittstaat zu gewähren.

18.      Das Finanzgericht wies die Klage ab und führte zur Begründung aus, die fraglichen Steuervergünstigungen seien nicht am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit, sondern allein am Maßstab der Niederlassungsfreiheit zu messen, mit der Folge, dass für eine Niederlassung in Drittstaaten eine Steuervergünstigung nicht beansprucht werden könne. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision beim Bundesfinanzhof.

19.      Der Bundesfinanzhof hegt Zweifel an der finanzgerichtlichen Begründung unter Hinweis darauf, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die steuerliche Behandlung von Erbschaften, gleich welcher Art, unter die Vertragsbestimmungen über den Kapitalverkehr falle. Seiner Ansicht nach bedarf es einer Klärung durch den Gerichtshof, ob es mit Unionsrecht vereinbar ist, dass die nationalen Steuervergünstigungen auf den Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Drittstaat nicht anwendbar sind. Aus diesem Grund hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 56 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 58 EG dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für die Berechnung der Erbschaftsteuer auf einen Nachlass vorsieht, dass die zum Privatvermögen gehörende Beteiligung als Alleingesellschafter an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Kanada mit dem vollen Wert angesetzt wird, während beim Erwerb eines derartigen Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland ein gegenstandsbezogener Freibetrag gewährt und der verbliebene Wert lediglich in Höhe von 65 v. H. berücksichtigt wird?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

20.      Die Vorlageentscheidung mit Datum vom 15. Dezember 2010 ist am 20. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

21.      Schriftliche Erklärungen haben die deutsche Regierung und die Europäische Kommission innerhalb der in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten Frist eingereicht.

22.      Da keiner der Verfahrensbeteiligten die Eröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt hat, konnten nach der Generalversammlung des Gerichtshofs am 7. Februar 2012 die Schlussanträge in dieser Rechtssache ausgearbeitet werden.

V –    Wesentliche Argumente der Verfahrensbeteiligten

A –    Zur anwendbaren Grundfreiheit

23.      Sowohl die deutsche Regierung als auch die Kommission weisen darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Erwerb von Todes wegen eine Form des Kapitalverkehrs darstelle, die außer in rein innerstaatlichen Fällen von Art. 63 AEUV erfasst werde. Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, dass eine Regelung der Erbschaftsteuer, die eine Wertminderung des Nachlasses bewirke, eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstelle.

24.      Letztlich sei jedoch für die Feststellung, ob eine bestimmte nationale Regelung unter die Kapitalverkehrsfreiheit oder unter die Niederlassungsfreiheit falle, maßgeblich, welche unionsrechtliche Vorschrift im Schwerpunkt betroffen sei. Dabei sei eine Gesamtbetrachtung anzustellen, die den Regelungsgegenstand der streitgegenständlichen nationalen Vorschrift, deren weiteres Ziel und die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse im Ausgangsrechtsstreit mit einbeziehe. Im Ausgangsfall seien vorwiegend die Bestimmungen über Niederlassungsfreiheit betroffen. Die deutsche Regierung und die Kommission stimmen darin überein, dass die Klägerin sich nicht auf diese Grundfreiheiten berufen könne, da die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit keine Regelung enthielten, die den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen auf Sachverhalte erstrecke, in denen der grenzüberschreitende Bezug gegenüber einem Drittstaat bestehe.

B –    Zum Bestehen einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit

25.      Sowohl die deutsche Regierung als auch die Kommission machen hilfsweise Ausführungen zur Frage, ob im Ausgangsfall eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt.

26.      Während die deutsche Regierung sich auf die Erklärung beschränkt, dass der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit tangiert sei, bejaht die Kommission ausdrücklich eine Beschränkung dieser Grundfreiheit. Die beanstandete nationale Regelung schließe im Fall von Geschäftsanteilen den Freibetrag und den verminderten Wertansatz aus, wenn sich Sitz und Geschäftsleitung der jeweiligen Gesellschaft im Ausland befänden. Hierdurch werde der Wert des Nachlasses, soweit er Anteile an solchen Gesellschaften enthalte, im Vergleich zu einem Nachlass mit Anteilen an Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland beeinträchtigt. Dies stelle eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.

C –    Zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit

27.      Die deutsche Regierung hält eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit im Ausgangsfall für gerechtfertigt. Ihrer Ansicht nach sprechen insbesondere grundsätzliche beschäftigungspolitische Erwägungen für die Rechtfertigung der gegenständlichen Beschränkung der steuerlichen Vergünstigungen. Die Nachfolge in Unternehmen in Drittstaaten sei objektiv nicht vergleichbar mit der Nachfolge in Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union oder dem EWR. Da die steuerlichen Vergünstigungen an Bedingungen geknüpft seien, ergebe sich zudem ein erheblicher steuerlicher Überwachungsbedarf, der bei einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Kanada nicht in gleicher Weise gewährleistet sei.

28.      Die Kommission hält dagegen eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit für nicht gerechtfertigt. Bezüglich des Ziels des nationalen Gesetzgebers, Erben von betrieblich gebundenem Vermögen nicht zu stark zu belasten und eine Veräußerung oder Belastung des Betriebs zur Entrichtung der Erbschaftsteuer zu vermeiden, macht die Kommission geltend, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die angestrebten Wirkungen nur dann erzielt werden könnten, wenn der Vorteil auf Anteile an inländischen Gesellschaften beschränkt werde. Bezüglich der fehlenden Vergleichbarkeit macht die Kommission geltend, nichts spreche dafür, dass Situationen, in denen die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland habe, sich von jenen unterschieden, in denen sich die Anknüpfungspunkte im Ausland befänden, ob nun in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat. Schließlich erklärt sie, aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs gehe hervor, dass die Mitgliedstaaten sich nicht auf etwaige auf fehlende Reziprozität gestützte Argumente berufen könnten, um die Kapitalverkehrsfreiheit in Fällen mit Drittlandsbezug einzuschränken.

VI – Rechtliche Würdigung

A –    Einleitende Bemerkungen

29.      Angesichts der Komplexität der streitgegenständlichen Regelung sowie der legislativen Änderungen, die sie mit der Zeit erfahren hat, empfiehlt es sich, ihre wesentlichen Grundzüge kurz zusammenzufassen. Wie der Vorlageentscheidung zu entnehmen ist, betrifft die vorliegende Rechtssache eine nationale Regelung über die Berechnung der Erbschaftsteuer in einem Fall, in dem zum Nachlass eine zum Privatvermögen gehörende Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft gehört, wobei diese Beteiligung mindestens 25 % des genannten Kapitals betragen muss. Nach dieser Regelung wird auf diesen Anteil ein Freibetrag gewährt und der verbliebene Wert lediglich in Höhe von 65 % berücksichtigt. Diese Vorteile galten ursprünglich nur dann, wenn sich Sitz oder Geschäftsleitung der betroffenen Gesellschaft im Inland befanden, nicht jedoch im Fall von Gesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland. Infolge des Urteils Jäger, in dem der Gerichtshof diese Regelung als mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar angesehen hat(5), hat der nationale Gesetzgeber diese Differenzierung teilweise aufgegeben und die oben genannten Steuervorteile auf Gesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im EWR ausgeweitet. Die Besonderheit der vorliegenden Rechtssache besteht darin, dass sich im Ausgangsfall beide Bezugspunkte in einem außereuropäischen Drittstaat befinden. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die streitgegenständliche Regelung unter derartigen Umständen mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist.

30.      Im Interesse der Übersichtlichkeit gilt es, die einzelnen Prüfungspunkte auf der Basis einiger Überlegungen vorab festzulegen. Die Beantwortung der Vorlagefrage erfordert zunächst die Feststellung, dass die Bestimmungen zur Kapitalverkehrsfreiheit überhaupt zur Anwendung kommen. Dies hängt wiederum davon ab, in welchem Verhältnis diese Grundfreiheit zu den Bestimmungen über die unter Umständen ebenfalls einschlägige Niederlassungsfreiheit steht. Hier dürfte ein Schwerpunkt der Untersuchung liegen, der über ihren weiteren Verlauf entscheidet. Erst dann wird sich feststellen lassen, an welchem rechtlichen Maßstab die Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Regelung mit dem Unionsrecht zu messen sein wird. Vor dem Hintergrund, dass der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit als der einzigen unter den Grundfreiheiten Sachverhalte mit Bezug zu Drittstaaten erfasst, würde sich die Frage der Rechtfertigung einer eventuellen Beschränkung erst dann stellen, wenn es nicht zu einer Verdrängung dieser Grundfreiheit käme.

B –    Anwendbare Grundfreiheit

1.      Abgrenzungskriterien

31.      Zur Beantwortung der Frage, welche Grundfreiheit der einschlägige Prüfungsmaßstab ist, ist zu ermitteln, welche unionsrechtliche Vorschrift im Schwerpunkt betroffen ist(6). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die den Gegenstand der streitgegenständlichen nationalen Regelung(7), deren weiteres Ziel und auch die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse im Ausgangsrechtsstreit mit einbezieht.

32.      Grundsätzlich ist eine nationale Regelung nur im Hinblick auf eine von zwei in Betracht kommenden Grundfreiheiten zu prüfen, wenn die andere ihr gegenüber völlig zweitrangig ist und dieser zugeordnet werden kann(8). Dies ist dann der Fall, wenn die Auswirkungen, welche die nationale Regelung auf die Ausübung einer Grundfreiheit hat, nur die unvermeidliche Konsequenz der Beschränkung einer anderen, durch diese Regelung primär betroffenen Grundfreiheit darstellen(9). Lässt sich ein bestimmter Schwerpunkt dagegen nicht ausmachen, weil die Regelung unmittelbar in beide in Betracht kommenden Grundfreiheiten eingreift, so sind beide in gleicher Weise einschlägig(10).

33.      Die streitgegenständliche nationale Regelung hat die steuerlichen Folgen eines Erwerbs von Todes wegen zum Gegenstand. Direkte Steuern – zu denen auch die hier in Rede stehende Erbschaftsteuer gehört – fallen zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Allerdings hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Mitgliedstaaten ihre Befugnisse auf diesem Gebiet nur unter Wahrung des Unionsrechts, insbesondere der Grundfreiheiten, ausüben dürfen(11). Die streitgegenständliche nationale Regelung ist einer Prüfung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht durch den Gerichtshof somit nicht entzogen. Mithin stellt sich allein die Frage nach den Auswirkungen, die sie möglicherweise auf die Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit hat.

2.      Auswirkung der nationalen Regelung auf die Grundfreiheiten

a)      Kapitalverkehrsfreiheit

i)      Sachliche Anwendbarkeit

34.      In Bezug auf die Kapitalverkehrsfreiheit ist jedenfalls festzustellen, dass der Anwendungsbereich dieser Grundfreiheit tangiert ist, da im Ausgangsfall ein Erwerb von Todes wegen vorliegt. Ein solcher Vorgang ist, wie ich nachfolgend im Einzelnen erläutern werde, von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst.

35.      Der Vertrag enthält keine Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“. Da aber Art. 63 AEUV im Wesentlichen den Inhalt des Art. 1 der Richtlinie 88/361 übernommen hat und ungeachtet dessen, dass diese Richtlinie auf die Art. 69 und 70 Abs. 1 EWG-Vertrag gestützt ist (die Art. 67 bis 73 EWG-Vertrag sind durch die Art. 73b bis 73g EG-Vertrag ersetzt worden, danach Art. 56 bis 60 EG, jetzt Art. 63 bis 66 AEUV), behält nach ständiger Rechtsprechung die Nomenklatur für den Kapitalverkehr im Anhang zu dieser Richtlinie ihren Hinweischarakter für die Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“(12).

36.      Der Gerichtshof hat hierzu u. a. festgestellt, dass Erbschaften, mit denen das Vermögen, das ein Verstorbener hinterlässt, auf eine oder mehrere Personen übergeht, in die Rubrik XI des Anhangs I der Richtlinie 88/361 mit der Überschrift „Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“ fallen, und erklärt, dass es sich beim Erwerb von Todes wegen um Kapitalverkehr handelt; ausgenommen sind die Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen(13).

37.      Der freie Kapitalverkehr ist durch nationale erbschaftsteuerrechtliche Regelungen betroffen, weil Vermögen erworben wird, das in einem anderen Staat belegen ist. In dem Erwerb von Todes wegen sieht der Gerichtshof die grenzüberschreitende Transaktion, die Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit ist(14). Mit dem Erbfall geht nämlich das Vermögen, das ein Verstorbener hinterlässt, auf eine oder mehrere Personen über, d. h., es gehen die Rechte und Pflichten, aus denen dieses Vermögen besteht, auf die Erben über.

38.      Vererbt eine Person, die zum Zeitpunkt ihres Todes in einem Mitgliedstaat ansässig ist, ihrem ebenfalls in diesem Mitgliedstaat ansässigen Erben eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Immobilie, handelt es sich nach Auffassung des Gerichtshofs keinesfalls um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt(15). Gleiches muss in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in dem der Erblasser seiner alleinigen Erbin 100 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat vererbt hat. Außerdem fallen Erben von Anteilen an einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit, da die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV auch gegenüber Drittstaaten gewährleistet wird. Mithin geht es bei der im Ausgangsfall in Rede stehenden Erbschaft um eine grenzüberschreitende Transaktion, die der oben genannten Definition von „Kapitalverkehr“ entspricht.

39.      Es ist daher festzustellen, dass eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche grundsätzlich unter die Bestimmungen des Vertrags über die Kapitalverkehrsfreiheit fallen kann.

ii)    Beschränkung

40.      Art. 63 Abs. 1 AEUV verbietet allgemein alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Maßnahmen, die durch Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, solche, die eine Wertminderung des Nachlasses dessen bewirken, der in einem anderen Staat als dem ansässig ist, in dem sich die betreffenden Vermögensgegenstände befinden und der deren Erwerb von Todes wegen besteuert(16).

41.      Im vorliegenden Fall schließt die streitgegenständliche Regelung im Fall von Geschäftsanteilen den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und den verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG aus, wenn sich Sitz und Geschäftsleitung der jeweiligen Gesellschaft im Ausland befinden. Hierdurch wird der Nachlass, soweit er Anteile an solchen Gesellschaften enthält, im Vergleich zu einem Nachlass mit Anteilen an Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland aus der Sicht des Steuerpflichtigen weniger günstig behandelt. Darin liegt letztlich aus Erbensicht eine Wertminderung des Nachlasses und ist folglich eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zu sehen.

b)      Niederlassungsfreiheit

42.      Möglicherweise berührt die streitgegenständliche nationale Regelung wegen ihrer spezifischen Zielrichtung und ihres Gegenstands aber auch den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit.

i)      Das Kriterium des sicheren Einflusses auf die Gesellschaft

43.      Dafür könnte der Umstand sprechen, dass diese Regelung nicht generell auf jede Fallkonstellation Anwendung findet, in der Gesellschaftsbeteiligungen von Todes wegen erworben werden, sondern gezielt nur ganz bestimmte Sachverhalte erfasst. Gemäß § 13a Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Abs. 4 Nr. 3 ErbStG kommen die Steuervergünstigungen in Form des Freibetrags und des verminderten Wertansatzes erst dann in Betracht, „wenn der Erblasser zu mehr als einem Viertel am Nennkapital einer Gesellschaft unmittelbar beteiligt war“. Die Beschränkung ihrer Anwendbarkeit auf Gesellschaftsbeteiligungen ab einem bestimmten Prozentsatz könnte, wie ich im Folgenden untersuchen werde, Konsequenzen für die Abgrenzung zwischen der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit haben.

44.      Die Niederlassungsfreiheit nach den Art. 49 f. AEUV betrifft die Niederlassung natürlicher oder juristischer Personen in einem anderen Mitgliedstaat zum Zweck selbständiger Erwerbstätigkeit. Darunter ist die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit zu verstehen(17). Der Begriff der Niederlassung ist sehr weit; er impliziert die Möglichkeit für einen Unionsangehörigen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsstaats teilzunehmen(18).

45.      Das Urteil Baars(19) eignet sich am besten, um das Wesen der Niederlassungsfreiheit zu begreifen, und zwar im spezifischen und vorliegend in Rede stehenden Fall einer Betätigung als Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft. In jenem Urteil hat der Gerichtshof die Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit in einer Fallkonstellation für anwendbar erklärt, in der der Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, in dem er auch seinen Wohnsitz hatte, eine 100%ige Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hielt. Der Gerichtshof hat seine Entscheidung damit begründet, dass eine solche Beteiligung dem Anteilseigner einen solchen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleihe, dass er deren Tätigkeiten bestimmen könne. Angesichts der Tatsache, dass die Niederlassungsfreiheit u. a. die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften, in einem Mitgliedstaat durch einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats umfasse, sei die Heranziehung der primärrechtlichen Bestimmungen dieser Grundfreiheit in einer Situation wie der beschriebenen, in der der Anteilseigner eine herausragende Funktion innerhalb einer Gesellschaft ausübe, auch als richtig zu bezeichnen.

46.      Seit dem Urteil Baars ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass nationale Vorschriften über das Halten von Beteiligungen, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, in den sachlichen Anwendungsbereich der Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit fallen(20). Diese Rechtsprechung kann mittlerweile als gefestigt angesehen werden. Es ist deshalb auch konsequent, wenn die hier fragliche nationale Regelung im Hinblick darauf untersucht wird, ob sie auch von den Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit erfasst wird. Dazu müsste sie von ihrem gesetzgeberischen Zweck her auf solche Beteiligungen abzielen, die dem Anteilseigner einen sicheren Einfluss auf die Gesellschaft im Sinne der Rechtsprechung ermöglichen. Fraglich ist dabei, ob die vom nationalen Gesetzgeber festgelegte Schwelle von mehr als einem Viertel des Nennkapitals einer Gesellschaft als hinreichend hoch angesehen werden kann, um den Anforderungen der Rechtsprechung zu genügen.

47.      Es steht außer Frage, dass die genannten nationalen Vorschriften lediglich eine Mindestbeteiligung festlegen, ab der die Steuervergünstigungen zu gewähren sind. Die nationale Regelung kann deshalb selbstverständlich auch einen Sachverhalt erfassen, in dem der Anteilseigner, wie im vorliegenden Fall, einen weit größeren Anteil am Gesellschaftskapital hält. Gerade in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem die betroffene Klägerin eine 100%ige Beteiligung am Kapital der Gesellschaft hat, dürften keinerlei Zweifel bestehen, dass ihr Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nach Maßgabe der Bestimmungen des nationalen Gesellschaftsrechts und der Satzung erheblich, wenn nicht sogar umfassend ist. Die Schlussfolgerungen des Gerichtshofs im Urteil Baars sind meines Erachtens aufgrund der Parallelen im Sachverhalt auf diese Rechtssache übertragbar. Wie der Gerichtshof dort zu Recht erklärt hat, macht derjenige, der einen solchen Einfluss auf eine Gesellschaft besitzt, von seiner Niederlassungsfreiheit Gebrauch(21). Für eine Anwendung der Bestimmungen über die Kapitalverkehrsfreiheit besteht dagegen kein Raum. Dementsprechend muss Letztere hinter die Niederlassungsfreiheit zurücktreten.

48.      Dies hindert allerdings nicht daran, der Vollständigkeit halber über die faktischen Umstände des Ausgangsfalls hinaus einige grundlegende Überlegungen bezüglich der Höhe dieses Schwellenwerts anzustellen. Zwar garantiert eine Beteiligung von mehr als einem Viertel des Nennkapitals nicht in jedem Fall die Möglichkeit, die Tätigkeit der Gesellschaft zu bestimmen. Es kommt vielmehr darauf an, wie die Anteile an der Gesellschaft gestreut sind(22). Wie aber die deutsche Regierung unter Verweis auf die einschlägigen Vorschriften des nationalen Gesellschaftsrechts überzeugend dargelegt hat, ermöglicht auch eine verhältnismäßig bescheidene Beteiligung von mindestens 25 % dem Anteilseigner, Einfluss auf das Schicksal der Kapitalgesellschaft zu nehmen. Eine solche Beteiligung verleiht ihm nämlich eine Sperrminorität bei wichtigen, den Fortbestand des Unternehmens bestimmenden Entscheidungen. So bedarf z. B. jede Satzungsänderung einer Aktiengesellschaft gemäß § 179 Abs. 2 Satz 1 des Aktiengesetzes (AktG)(23) eines Beschlusses der Hauptversammlung, der von einer Mehrheit bestehend aus mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals getragen werden muss. Eine Satzungsänderung kann demnach dadurch verhindert werden, dass eine Minderheit bestehend aus mindestens 25 % des vertretenen Grundkapitals sie ablehnt. Ähnlich verhält es sich im Fall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei der jede Satzungsänderung gemäß § 53 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)(24) einen Beschluss der Gesellschafter voraussetzt, der eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vereint. Kommt diese Mehrheit nicht zustande, ergeht auch kein satzungsändernder Beschluss.

49.      Diese Erwägungen dürften auch eine Rolle gespielt haben, als der deutsche Gesetzgeber den Schwellenwert, ab dem die Steuervergünstigungen zu gewähren sind, verbindlich festgelegt hat. Wie dem Vorbringen der deutschen Regierung(25) und der Kommission(26) zu entnehmen ist, galten diese Steuervergünstigungen gerade den Erben wesentlicher Geschäftsanteile. Ziel der Regelung war es, diese steuerlich zu entlasten und zu unternehmerischer Tätigkeit zu ermutigen. Dadurch sollten letztlich der Fortbestand von Unternehmen sowie Arbeitsplätze während der als kritisch empfundenen Phase des Unternehmensübergangs im Erbfall gesichert werden. Dies setzte allerdings einen sicheren Einfluss auf das Unternehmen voraus, so dass Zielgruppe der Vergünstigung nur die Erben solcher Gesellschaftsanteile sein sollten, die ihren Inhabern eine Entscheidungsbefugnis geben. Die Schlussfolgerungen, die sich aus einer Untersuchung der Bestimmungen des nationalen Gesellschafts- und Steuerrechts ergeben, stützen somit die Auffassung, dass diese Regelung wohl auf solche Beteiligungen abzielt, die einen sicheren Einfluss auf eine Gesellschaft im Sinne der Rechtsprechung gewähren.

50.      Eine Betrachtung im Licht der bisherigen Rechtsprechung führt zu keiner anderen Schlussfolgerung. Verwiesen sei auf die Rechtssache Lasertec(27), in der die streitgegenständliche nationale Maßnahme für Sachverhalte galt, in denen eine gebietsfremde Gesellschaft an der gebietsansässigen Gesellschaft zu mehr als einem Viertel beteiligt war. Die Betroffene hielt zudem zwei Drittel des Stammkapitals, so dass die Niederlassungsfreiheit einschlägig war. In der Rechtssache Truck Center(28) war die streitgegenständliche nationale Maßnahme auf Beteiligungen in Höhe von mindestens 25 % beschränkt. Die Betroffene hielt 48 % des Kapitals, was ihr nach Auffassung des Gerichtshofs einen sicheren Einfluss gewährte. Diese Rechtsprechung legt nahe, dass bereits das gesetzliche Mindesterfordernis von mehr als einem Viertel des Nennkapitals einer Gesellschaft für die Eröffnung des Anwendungsbereichs ausreicht. Erst recht muss dies gelten, wenn der Anteilseigner, wie im Ausgangsfall, sogar eine 100%ige Beteiligung am Kapital der Gesellschaft hat.

51.      Da im Ausgangsfall von einem sicheren Einfluss auf die Gesellschaft auszugehen ist, müssten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich zur Anwendung kommen.

ii)    Zu den Einwänden gegen die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung

52.      In seiner Vorlageentscheidung(29) äußert das vorlegende Gericht jedoch Zweifel hinsichtlich der Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den Ausgangsfall. Es weist darauf hin, dass die Entscheidungen, die jene Rechtsprechung geprägt hätten, nicht die Besteuerung von Erbschaften, sondern andere Sachverhalte beträfen. Das vorlegende Gericht scheint daher einer Anwendung der Bestimmungen über die Kapitalverkehrsfreiheit den Vorzug zu geben. Seiner Ansicht nach ist die Niederlassungsfreiheit allenfalls mittelbar betroffen und kann daher die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht ausschließen. Das vorlegende Gericht räumt indes ein, eine abschließende Klärung dieser Fragestellung sei dem Gerichtshof vorbehalten.

53.      Den Bedenken des vorlegenden Gerichts ist entgegenzuhalten, dass der Gerichtshof diese Rechtsprechung bereits im Urteil Geurts und Vogten(30) auf eine nationale Regelung des Erbschaftsteuerrechts angewandt hat. Jene Regelung zielte auf Familiengesellschaften, bei denen der Verstorbene – gegebenenfalls zusammen mit nahen Angehörigen – mindestens zu 50 % des Gesellschaftskapitals hielt, was ihm einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betroffenen Gesellschaft verlieh und es ihm ermöglichte, deren Tätigkeiten zu bestimmen. Der Erblasser hielt gemeinsam mit seiner Ehefrau teils unmittelbar, teils mittelbar, 100 % des Kapitals einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat. Daher war der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit eröffnet.

54.      Der Gerichtshof hat dort festgestellt, dass die streitgegenständliche Regelung vorwiegend die Niederlassungsfreiheit berühre und in den Anwendungsbereich allein der Bestimmungen des Vertrags falle, die diese Freiheit betreffen. Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass sofern eine solche Maßnahme zu Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs führen sollte, derartige Auswirkungen die unvermeidliche Konsequenz einer eventuellen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit seien und keine Prüfung dieser Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Bestimmungen zur Kapitalverkehrsfreiheit rechtfertigten(31). Das Urteil Geurts und Vogten zeigt somit auf anschauliche Weise, dass die Kapitalverkehrsfreiheit hinter die Niederlassungsfreiheit zurückzutreten hat, sofern Letztere im Schwerpunkt betroffen ist.

55.      Dieses Urteil belegt gleichermaßen, dass kein Grund ersichtlich ist, diese Rechtsprechung auf erbschaftsteuerrechtliche Sachverhalte nicht anzuwenden. Der Umstand, dass der Erwerb von Todes wegen eine besondere Form des Kapitalverkehrs darstellt, steht dem keineswegs entgegen. Zum einen handelt es sich beim Erwerb von Todes wegen um eine Anteilsübertragung wie jede andere auch, und jede Beteiligung an einem Unternehmen ist mit einem Transfer von Kapital verbunden. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass, da das Erbschaftsteuerrecht unmittelbar die Interessen des Erben betrifft, wie die Kommission zutreffend erklärt, konsequenterweise auch auf seine Perspektive abgestellt werden muss(32). Hier ist zu bedenken, dass sich der Erbe im Zuge des Rechtsübergangs in der gleichen Lage befindet wie jeder andere Anteilseigner einer Gesellschaft auch. Der Erbe tritt nämlich hinsichtlich des geerbten Gegenstands in die Position des Erblassers ein. Folglich stehen ihm dieselben Grundfreiheiten aus dem Unionsrecht zu wie dem Erblasser zu Lebzeiten, als er selbst Anteilseigner der Gesellschaft war. Insofern behält die vom Gerichtshof vorgenommene Unterscheidung zwischen sogenannten Portfolio-Anteilen und solchen Anteilen, die den Inhaber in die Lage versetzen, die Tätigkeit der betroffenen Gesellschaft zu bestimmen, durchaus ihre Relevanz. Der letztgenannte Fall steht in jeder Hinsicht einer Niederlassung des Erben in einem anderen Staat gleich.

56.      Vorsorglich ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass das Urteil Busley und Cibrian Fernandez(33), anders als vom vorlegenden Gericht angenommen, keine nützlichen Hinweise für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen beiden Grundfreiheiten zu geben vermag, zumal die Ausführungen des Gerichtshofs sich ausschließlich auf die Umstände des konkreten Falls bezogen. In jener Rechtssache hatte der Gerichtshof keinen Anlass, auf die Frage der Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit einzugehen, da der zugrunde liegende Sachverhalt einen anderen Erbgegenstand – nämlich eine Immobilie und nicht, wie im vorliegenden Fall, eine Gesellschaftsbeteiligung – betraf. Gleiches gilt für die anderen in der Vorlageentscheidung genannten Urteile Eckelkamp(34), Arens-Sikken(35) und Mattner(36). Dementsprechend hat der Gerichtshof in diesen Rechtssachen auch entschieden, dass der Erwerb von Immobilien von Todes wegen grundsätzlich den Bestimmungen über die Kapitalverkehrsfreiheit unterliegt. Diese Rechtsprechung ist an sich nicht zu beanstanden. Sie ist jedoch wenig hilfreich für die Würdigung des Ausgangsfalls in der vorliegenden Rechtssache.

57.      Die Bedenken des vorlegenden Gerichts erweisen sich somit bei näherer Betrachtung als unbegründet. Ich sehe daher keine überzeugenden Argumente gegen eine Übertragbarkeit der Grundsätze der Rechtsprechung Baars auf den Ausgangsfall. Daraus folgt, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche grundsätzlich auch in den sachlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt.

3.      Zwischenergebnis

58.      Nach alledem ist festzuhalten, dass die streitgegenständliche nationale Regelung im Prinzip sowohl die Kapitalverkehrsfreiheit als auch die Niederlassungsfreiheit berührt.

C –    Abgrenzung zwischen den Grundfreiheiten

59.      Nachdem gesondert untersucht worden ist, wie sich die streitgegenständliche Regelung auf die Kapitalverkehrs- und die Niederlassungsfreiheit auswirkt, stellt sich nunmehr die Frage, ob möglicherweise eine der beiden Grundfreiheiten im Schwerpunkt betroffen ist. Zu diesem Zweck muss die nationale Regelung in ihrer Gesamtheit sowie im Hinblick auf das Verhältnis der einzelnen Vorschriften zueinander betrachtet werden.

60.      Als relevant anzusehen ist zunächst der Umstand, dass diese Regelungen ausschließlich auf solche Gesellschaftsbeteiligungen abzielen, die dem Inhaber einen sicheren Einfluss auf die Gesellschaft gestatten. Dies spricht für die Annahme, dass die Niederlassungsfreiheit und nicht etwa die Kapitalverkehrsfreiheit unmittelbar betroffen ist. Nach der bereits erörterten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Abgrenzung der beiden Grundfreiheiten in einer solchen Fallkonstellation müsste Letztere daher hinter die Niederlassungsfreiheit zurücktreten.

61.      In die Untersuchung dieser Frage muss aber auch die Regelung von § 13 Abs. 5 ErbStG mit einbezogen werden, die dem Erben als Bedingung für die Gewährung von Steuervergünstigungen – sofern die Gesellschaft ihren Sitz bzw. ihre Geschäftsleitung in einem EWR-Staat hat – die Verpflichtung auferlegt, das Unternehmen tatsächlich für mindestens fünf Jahre fortzuführen und seine Anteile nicht zu veräußern. Diese Regelung sieht ferner den rückwirkenden Wegfall der Vergünstigungen vor, wenn der Erbe sich nicht an diese Vorgaben hält. Sie zielt offenkundig auf Situationen, in denen der Erbe in Ausübung seiner Niederlassungsfreiheit kontinuierlich am Wirtschaftsleben in dem anderen Staat teilnimmt. Sie schreibt nämlich vor, dass er das Unternehmen weiterführen muss, und zwar über einen nicht unerheblichen Zeitraum hinweg. Die Aussicht auf den rückwirkenden Wegfall der Vergünstigungen soll sicherstellen, dass der Erbe in seiner neuen Eigenschaft als Unternehmer nach dem Rechtsübergang sein Verhalten auf Dauer an den Vorgaben des nationalen Gesetzgebers ausrichtet. Indem dem Erben finanzielle Anreize für die Fortführung des Unternehmens angeboten werden, wird er letztlich von Gesetzes wegen in die Rolle des Unternehmers hineingelockt. Sein Handlungsspielraum wird dabei, will er nicht der steuerlichen Vorteile verlustig gehen, erheblich eingeschränkt, vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit, Gesellschaftsbeteiligungen zu veräußern oder auch eine Verlagerung des Standorts der Gesellschaft außerhalb des EWR zu beschließen. Gerade angesichts der gezielten Einwirkung auf den Erben, der eine derart hervorgehobene Stellung im Unternehmen vom Erblasser übernommen hat, dass er das Geschäftsgebaren des Unternehmens steuern kann, erscheint eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit lediglich als unvermeidbare Folge einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit.

62.      Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die streitgegenständliche nationale Regelung vorwiegend die Niederlassungsfreiheit berührt und in den Anwendungsbereich allein der Bestimmungen des Vertrags fällt, die diese Grundfreiheit betreffen. Etwaige Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit brauchen, wie der Gerichtshof im Urteil Geurts und Vogten in einer ähnlichen Fallgestaltung entschieden hat(37), deshalb nicht mehr im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den Art. 63 AEUV bis 65 AEUV hin untersucht zu werden.

63.      Dies gilt auch dann, wenn sich, wie im Ausgangsfall, die betreffende Niederlassung in einem Drittstaat befindet und die Bestimmungen zur Niederlassungsfreiheit deshalb letztlich nicht anwendbar sind(38).

64.      Nach allem komme ich zu dem Ergebnis, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens sich nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen kann, um in den Genuss der im nationalen Recht vorgesehenen Steuervergünstigungen zu kommen. Der rechtliche Maßstab, an dem die Vereinbarkeit der streitgegenständlichen nationalen Regelung mit dem Unionsrecht zu messen ist, sind nämlich allein die primärrechtlichen Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit. Auf jene kann sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens jedoch nicht berufen, weil der grenzüberschreitende Bezug vorliegend ausschließlich gegenüber Kanada als Drittstaat besteht.

65.      Dementsprechend ist im Hinblick auf den Gegenstand der Vorlagefrage auch festzustellen, dass die primärrechtlichen Bestimmungen über die Kapitalverkehrsfreiheit einer nationalen Regelung wie der hier fraglichen nicht entgegenstehen, die für die Berechnung der Erbschaftsteuer auf einen Nachlass vorsieht, dass die zum Privatvermögen gehörende Beteiligung als Alleingesellschafter an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Kanada mit dem vollen Wert angesetzt wird, während beim Erwerb eines derartigen Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland ein gegenstandsbezogener Freibetrag gewährt und der verbliebene Wert lediglich in Höhe von 65 v. H. berücksichtigt wird.

VII – Ergebnis

66.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Bundesfinanzhofs wie folgt zu antworten:

Art. 63 Abs. 1 AEUV (früher Art. 56 Abs. 1 EG) in Verbindung mit Art. 65 AEUV (früher Art. 58 EG) ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die für die Berechnung der Erbschaftsteuer auf einen Nachlass vorsieht, dass die zum Privatvermögen gehörende Beteiligung als Alleingesellschafter an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Kanada mit dem vollen Wert angesetzt wird, während beim Erwerb eines derartigen Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland ein gegenstandsbezogener Freibetrag gewährt und der verbliebene Wert lediglich in Höhe von 65 v. H. berücksichtigt wird.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – ABl. L 178, S. 5.


3 – Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I S. 378), mit späteren Änderungen.


4 – Urteil vom 17. Januar 2008 (C-256/06, Slg. 2008, I-123).


5 – Urteil in Fn. 4 angeführt, Randnr. 56.


6 – Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Alber vom 14. Oktober 1999 in der Rechtssache Baars (C-251/98, Urteil vom 13. April 2000, Slg. 2000, I-2787, Nrn. 28 bis 30).


7 – Vgl. Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C-196/04, Slg. 2006, I-7995, Randnrn. 31 bis 33), vom 3. Oktober 2006, Fidium Finanz (C-452/04, Slg. 2006, I-9521, Randnrn. 34 und 44 bis 49), vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C-374/04, Slg. 2006, I-11673, Randnrn. 37 f.) und Test Claimants in the FII Group Litigation (C-446/04, Slg. 2006, I-11753, Randnr. 36), vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C-524/04, Slg. 2007, I-2107, Randnrn. 26 bis 34), und vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (C-436/08 und C-437/08, Slg. 2011, I-305, Randnr. 34).


8 – Vgl. Urteile vom 24. März 1994, Schindler (C-275/92, Slg. 1994, I-1039, Randnr. 22), vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital (C-390/99, Slg. 2002, I-607, Randnr. 31), vom 25. März 2004, Karner (C-71/02, Slg. 2004, I-3025, Randnr. 46), vom 14. Oktober 2004, Omega (Slg. 2004, I-9609, Randnr. 26), vom 26. Mai 2005, Burmanjer u. a. (C-20/03, Slg. 2005, I-4133, Randnr. 35), und Fidium Finanz (oben in Fn. 7 angeführt, Randnr. 34).


9 – Vgl. Urteile vom 14. Oktober 2004, Omega (Slg. 2004, I-9609, Randnr. 27), Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (oben in Fn. 7 angeführt, Randnrn. 33), Fidium Finanz (oben in Fn. 7 angeführt, Randnr. 48); Beschlüsse vom 10. Mai 2007, Lasertec (C-492/04, Slg. 2007, I-3775, Randnr. 25) sowie A und B (C-102/05, Slg. 2007 I-3871, Randnr. 27); Urteile vom 18. Juli 2007, Oy AA (C-231/05, Slg. 2007, I-6373, Randnr. 24), vom 25. Oktober 2007, Geurts und Vogten (C-464/05, Slg. 2007, I-9325, Randnr. 16), vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C-414/06, Slg. 2008, I-3601, Randnr. 16), vom 26. Juni 2008, Burda (C-284/06, Slg. 2008, I-4571, Randnr. 74), vom 26. März 2009, Kommission/Italien (C-326/07, Slg. 2009, I-2291, Randnr. 39), vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha (C-303/07, Slg. 2009, I-5145, Randnr. 35), und vom 11. März 2010, Attanasio Group (C-384/08, Slg. 2010, I-2055, Randnr. 40).


10 – Vgl. Urteile vom 24. Mai 2007, Holböck (C-157/05, Slg. 2007, I-4051, Randnr. 24), Kommission/Italien (oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 36) und vom 11. November 2010, Kommission/Portugal (C-543/08, Slg. 2010, I-11241, Randnr. 43).


11 – Vgl. Urteile vom 7. September 2004, Manninen (C-319/02, Slg. 2004, I-7477, Randnr. 19), vom 14. September 2006, Centro di Musicologia Walter Stauffer (C-386/04, Slg. 2006, I-8203, Randnr. 15), vom 29. März 2007, Rewe Zentralfinanz (C-347/04, Slg. 2007, I-2647, Randnr. 21), und Jäger (oben in Fn. 4 angeführt, Randnr. 23).


12 – Vgl. Urteile vom 16. März 1999, Trummer und Mayer (C-222/97, Slg. 1999, I-1661, Randnr. 21), vom 5. März 2002, Reisch u. a. (C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99, Slg. 2002, I-2157, Randnr. 30), vom 23. Februar 2006, Van Hilten-van der Heijden (C-513/03, Slg. 2006, I-1957, Randnr. 39), Fidium Finanz (oben in Fn. 7 angeführt, Randnr. 41) und vom 10. Februar 2011, Missionswerk Werner Heukelbach (C-25/10, Slg. 2011, I-497, Randnr. 15). Die Auslegung des Begriffs „Kapitalverkehr“ im Sinne von Art. 63 AEUV stellt ein Beispiel der systematischen Auslegung von Rechtsakten ungleichen Ranges innerhalb der Normenhierarchie der Union dar. Dabei legt der Gerichtshof das Primärrecht unter Rekurs auf das dazu erlassene Sekundärrecht aus (siehe dazu Grundmann, S., „Inter-Instrumental-Interpretation, Systembildung durch Auslegung im Europäischen Unionsrecht“, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Band 75, 2011, S. 898).


13 – Vgl. Urteil Jäger (oben in Fn. 4 angeführt, Randnr. 25).


14 – Vgl. Urteile vom 11. Dezember 2003, Barbier (C-364/01, Slg. 2003, I-15013, Randnr. 58), und Van Hilten-van der Heijden (oben in Fn. 12 angeführt, Randnrn. 41 und 42).


15 – Vgl. Urteil Jäger (oben in Fn. 4 angeführt, Randnr. 26).


16 – Vgl. Urteile Van Hilten-van der Heijden (oben in Fn. 12 angeführt, Randnr. 44), Jäger (oben in Fn. 4 angeführt, Randnr. 32) und Missionswerk Werner Heukelbach (oben in Fn. 12 angeführt, Randnr. 22).


17 – Vgl. Urteile vom 25. Juli 1991, Factortame II (C-221/89, Slg. 1991, I-3905, Randnr. 20), und vom 30. November 1995, Gebhard (C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 25).


18 – Vgl. Urteile Gebhard (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 25) und vom 7. September 2006, N (C-470/04, Slg. 2006, I-7409, Randnr. 26).


19 – Urteil vom 13. April 2000 (oben in Fn. 6 angeführt).


20 – Vgl. Urteile vom 23. Oktober 2007, Kommission/Deutschland (C-112/05, Slg. 2007, I-8995, Randnr. 13), Kommission/Italien (oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 34), vom 21. Oktober 2010, Idryma Typou (C-81/09, Slg. 2010, I-10161, Randnr. 47), Kommission/Portugal (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 41) und vom 10. November 2011, Kommission/Portugal (C-212/09, Slg. 2011, I-10889, Randnr. 43).


21 – Vgl. Urteil Baars (oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 22).


22 – Vgl. Urteil Kommission/Italien (oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 38).


23 – Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch Art. 2 Abs. 49 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist.


24 – Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnr. 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Art. 2 Abs. 51 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist.


25 – Vgl. Randnr. 60 des Schriftsatzes der deutschen Regierung.


26 – Vgl. Randnr. 50 des Schriftsatzes der Kommission.


27 – Beschluss Lasertec (oben in Fn. 9 angeführt).


28 – Urteil vom 22. Dezember 2008, Truck Center (C-282/07, Slg. 2008, I-10767).


29 – Vgl. S. 8 der Vorlageentscheidung.


30 – Urteil Geurts und Vogten (oben in Fn. 9 angeführt).


31 – Vgl. Urteil Geurts und Vogten (oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 16).


32 – Vgl. Nr. 48 des Schriftsatzes der Kommission.


33 – Urteil vom 15. Oktober 2009, Busley und Cibrian Fernandez (C-35/08, Slg. 2009, I-9807).


34 – Urteil vom 11. September 2008, Eckelkamp (C-11/07, Slg. 2008, I-6845).


35 – Urteil vom 11. September 2008, Arens-Sikken (C-43/07, Slg. 2008, I-6887).


36 – Urteil vom 22. April 2010, Mattner (C-510/08, Slg. 2010, I-3553).


37 – Siehe Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge.


38 – Vgl. Beschlüsse Lasertec (oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 27) und vom 6. November 2007, Stahlwerk Ergste Westig (C-415/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 13); Urteil Holböck (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 28). Vgl. entsprechend in Bezug auf das Verhältnis zwischen Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit Urteil Fidium Finanz (oben in Fn. 7 angeführt, Randnr. 50).