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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PEDRO CRUZ VILLALÓN

vom 28. Februar 2013(1)

Rechtssache C-388/11

Société Le Crédit Lyonnais

gegen

Ministre du budget, des comptes publics et de la réforme de l’État

(Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Frankreich])

„Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Sechste Richtlinie 77/388/EWG – Art. 17 und 19 – Vorsteuerabzug – Gegenstände und Leistungen, die sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht zum Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht – Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs – Berücksichtigung des Umsatzes ihrer Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten oder Drittstaaten durch eine Gesellschaft – ‚Globaler Pro-rata-Satz‘ – Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer –Territorialität der Steuer“





1.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof die Gelegenheit, eine Reihe von Auslegungsfragen zu prüfen, die das dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanente Recht auf Vorsteuerabzug betreffen, aber bisher noch nicht geprüft worden sind, obwohl sie in Anbetracht ihrer praktischen Auswirkungen von großer grundsätzlicher Bedeutung sind.

2.        Die Hauptfrage, die dem Gerichtshof zur Beurteilung vorgelegt wird, ist einfach ausgedrückt die Frage, ob eine Gesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat und Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten oder Drittstaaten bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten gegenüber ihrem Sitzmitgliedstaat, soweit sie sowohl Umsätze, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, tätigt, ihren Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs im Sinne von Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 unter Berücksichtigung ihres Gesamtumsatzes berechnen muss, d. h. des Umsatzes, der sowohl den des Sitzes als auch den ihrer verschiedenen Zweigniederlassungen umfasst, was gemeinhin als „globaler Pro-rata-Satz“ bezeichnet wird.

3.        Auch wenn es sich im Ausgangsverfahren um einen weit zurückliegenden Sachverhalt handelt, da er auf die Jahre 1988 und 1989 zurückgeht und unter die Sechste Richtlinie 77/388/EWG(2) fällt, die zum damaligen Zeitpunkt in Kraft war, sind die Vorlagefragen, die er somit spät aufgeworfen hat, auch von aktuellem Interesse, da die einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie mit denen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(3), die die Sechste Richtlinie 77/388 aufhebt(4), fast identisch sind. Dieses Interesse tritt umso stärker hervor, als sich die Hauptforderung der Klägerin im Ausgangsverfahren auf das Urteil des Gerichtshofs vom 23. März 2006 in der Rechtssache FCE Bank(5) stützt und dem Gerichtshof Gelegenheit gibt, unter Berücksichtigung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanenten Grundsatzes der Neutralität insoweit grundsätzlich Stellung zu beziehen.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht: die Sechste Richtlinie

4.        Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG(6) sieht vor:

„(1)      Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

(2)      Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)      die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;

b)      die Mehrwertsteuer, die für eingeführte Gegenstände geschuldet wird oder entrichtet worden ist;

c)      die Mehrwertsteuer, die nach Artikel 5 Absatz 7 Buchstabe a) und Artikel 6 Absatz 3 geschuldet wird.

(3)      Die Mitgliedstaaten gewähren jedem Steuerpflichtigen darüber hinaus den Abzug oder die Erstattung der in Absatz 2 genannten Mehrwertsteuer, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden für Zwecke:

a)      seiner Umsätze, die sich aus den im Ausland ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 ergeben, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären;

b)      seiner nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe i), Artikel 15 und Artikel 16 Absatz 1 Teile B, C und D und Absatz 2 befreiten Umsätze;

c)      seiner nach Artikel 13 Teil B Buchstaben a) und d) Nummern 1 bis 5 befreiten Umsätze, wenn der Leistungsempfänger außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist oder wenn diese Umsätze unmittelbar mit zur Ausfuhr in ein Drittlandsgebiet bestimmten Gegenständen zusammenhängen.

(5)      Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.

Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

Jedoch können die Mitgliedstaaten

a)      dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;

b)      den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;

c)      dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Vorsteuerabzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;

d)      dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihm vorschreiben, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;

e)      vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist.“

5.        Art. 19 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie 77/388(7) bestimmt:

„Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:

–        im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;

–        im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a) genannt sind.

Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet.

(2)      In Abweichung von Absatz 1 bleibt der Umsatzbetrag bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs außer Ansatz, der auf die Lieferung von Investitionsgütern entfällt, die vom Steuerpflichtigen in seinem Unternehmen verwendet werden. Außer Ansatz bleiben auch die Hilfsumsätze im Bereich der Grundstücks- und Finanzgeschäfte sowie die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d) genannten Umsätze, wenn es sich um Hilfsumsätze handelt. Machen die Mitgliedstaaten von der in Artikel 20 Absatz 5 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, keine Berichtigung in Bezug auf Investitionsgüter zu verlangen, so können sie Verkäufe von Investitionsgütern bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs berücksichtigen.“

B –    Nationales Recht

6.        Zur maßgeblichen Zeit waren Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 nach der Vorlageentscheidung durch die Art. 212, 213 und 219 des Anhangs II des Code général des impôts (französisches Steuergesetzbuch)(8) umgesetzt.

7.        Art. 212 des Anhangs II des Steuergesetzbuchs bestimmte:

„Die Steuerpflichtigen, die nicht ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ausführen, dürfen von der Mehrwertsteuer, mit der die das Anlagevermögen darstellenden Gegenstände belastet waren, einen Anteil abziehen, dessen Höhe durch die Multiplikation des Betrages dieser Steuer mit dem Bruch ermittelt wird, der das Verhältnis zwischen den Jahreseinnahmen aus zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen und den Jahreseinnahmen aus sämtlichen ausgeführten Umsätzen ausdrückt …“

8.        Art. 213 des Anhangs II des Steuergesetzbuchs lautete:

„Sofern ein Steuerpflichtiger Tätigkeiten verschiedener Bereiche ausübt, die hinsichtlich der Mehrwertsteuer nicht denselben Vorschriften unterliegen, sind diese Tätigkeitsbereiche für die Ausübung des Rechts auf Steuerabzug Gegenstand getrennter Konten.

Der Betrag der abziehbaren Steuer für Gegenstände, die mehreren Tätigkeitsbereichen zugeordnet sind, wird anhand des in Artikel 212 vorgesehenen Verhältnisses bestimmt.“

9.        Art. 219 des Anhangs II des Steuergesetzbuchs lautet:

„Die Steuerpflichtigen, die nicht ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ausführen, dürfen von der Mehrwertsteuer, mit der eben diese Gegenstände und Dienstleistungen belastet sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einen Anteil abziehen:

a)      Wenn diese Gegenstände und Dienstleistungen ausschließlich für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, ist die auf ihnen lastende Mehrwertsteuer abziehbar;

b)      wenn sie ausschließlich für Umsätze verwendet werden, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, ist die auf ihnen lastende Mehrwertsteuer nicht abziehbar;

c)      Wenn sie sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist ein Teil der auf ihnen lastenden Mehrwertsteuer abziehbar. Dieser Bruchteil bestimmt sich nach Maßgabe der in den Art. 212 bis 214 festgelegten Bedingungen.“

10.      Zudem bestimmte Art. 271 Abs. 4 des Steuergesetzes:

„(4)      Für die folgenden Umsätze besteht ein Recht zum Vorsteuerabzug unter denselben Voraussetzungen wie im Fall der Mehrwertsteuerpflichtigkeit:

a)      …

b)      Bank- und Finanzdienstleistungen, die gemäß Art. 261 C Nr. 1 Buchst. a bis e steuerbefreit sind, wenn sie an Personen erbracht werden, die außerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wohnhaft oder niedergelassen sind, oder wenn sie sich auf die Ausfuhr von Waren in andere Länder als die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beziehen.“

II – Der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt

11.      Nach einer Steuerprüfung für den Zeitraum 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 wurden gegen die Gesellschaft Le Crédit Lyonnais(9) mit Sitz in Frankreich mit zwei Bescheiden vom 27. Dezember 1991 und vom 7. Dezember 1992 Mehrwertsteuer- und Lohnsummensteuernachzahlungen festgesetzt, da sie zu Unrecht die Zinsbeträge von Darlehen, die sie ihren Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten oder Drittstaaten gewährt hatte, im Zähler und im Nenner des in Art. 212 des Anhangs II des Steuergesetzbuchs vorgesehenen Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug berücksichtigt habe.

12.      Mit zwei Einsprüchen vom 20. Juli 1994 beantragte LCL die Befreiung von diesen Mehrwertsteuer- und Lohnsummensteuernachzahlungen für die Jahre 1988 und 1989 mit der Begründung, dass diese Zinsbeträge Eingang in die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs hätten finden können.

13.      Mit Nachforderungsbescheid vom 17. November 1994 wurde LCL aufgefordert, Mehrwertsteuer in Höhe eines Betrags, Steuern und Zinsen eingeschlossen, von 1 151 573,81 Euro für 1988 und 1 349 357,81 Euro für 1989 nachzuzahlen. Mit Steuerbescheid vom 30. Dezember 1994 wurde LCL aufgefordert, Lohnsummensteuer in Höhe eines Betrags, Steuer und Zinsen eingeschlossen, von 1 209 890,89 Euro für das Jahr 1988 und 1 246 611,44 Euro für das Jahr 1989 nachzuzahlen.

14.      Mit einem weiteren Einspruch vom 31. Dezember 1996 beantragte LCL zum einen die Erstattung der Mehrwertsteuer, die sie ihres Erachtens zu Unrecht für die Jahre 1988 und 1989 gezahlt hatte, nämlich 46 944 246,96 Euro, und zum anderen die Erstattung der Lohnsummensteuer, die sie ihres Erachtens zu Unrecht für die Jahre 1988 und 1989 (23 067 082,45 Euro) gezahlt hatte. LCL machte geltend, sie habe irrtümlich für ihren Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs die Zinsen, die ihren ausländischen Zweigniederlassungen von deren Kunden gezahlt worden seien, nicht berücksichtigt. LCL beantragte auch die Verrechnung der Lohnsummensteuer, deren Erstattung beantragt wurde, mit der Körperschaftsteuer, die im Rahmen der Nachprüfung festgesetzt worden war.

15.      Nachdem die Verwaltung ihre Einsprüche zurückgewiesen hatte, erhob LCL mit Klageschrift vom 28. August 1998 Klage zum Tribunal administratif de Paris, mit der sie zum einen den Erlass der gegen sie geltend gemachten Mehrwertsteuernachforderung für die Jahre 1988 und 1989 und zum anderen die Erstattung der ihres Erachtens zu Unrecht entrichteten Mehrwertsteuer und Lohnsummensteuer für die Jahre 1988 und 1989 beantragte.

16.      Mit Urteil vom 5. Oktober 2004 wies das Tribunal administratif de Paris die jeweiligen Anträge zurück.

17.      Mit Urteil vom 8. Dezember 2006 bestätigte die Cour administrative d’appel de Paris dieses Urteil. Sie führte zum einen aus, dass die Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten selbst mehrwertsteuerpflichtig seien und ihre eigenen Einnahmen für die Bestimmung ihres eigenen Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug berücksichtigten, so dass diese Einnahmen nicht erneut ein Recht auf Vorsteuerabzug zugunsten des Sitzes begründen könnten. Zum anderen könnten die Umsätze, die von den Zweigniederlassungen von LCL in Drittstaaten erzielt würden, nicht für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug in Betracht kommen, da diese entweder nicht steuerpflichtig oder anderen Regeln unterworfen sein könnten.

18.      LCL legte daraufhin am 21. Februar 2007 ein Rechtsmittel beim Conseil d’État ein und beantragte die Aufhebung des Urteils vom 8. Dezember 2006.

III – Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

19.      Unter diesen Umständen hat der Conseil d’État (3., 8., 9. und 10. Unterabteilung in gemeinsamer Sitzung) am 11. Juli 2011 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Können Art. 17 Abs. 2 und 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG vom 17. Mai 1977 unter Berücksichtigung der für den räumlichen Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer geltenden Regelungen dahin ausgelegt werden, dass für die Berechnung des dort festgelegten Pro-rata-Satzes der Sitz einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft die Einnahmen, die von ihren Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat erzielt werden, berücksichtigen muss und umgekehrt diese Zweigniederlassungen sämtliche Einnahmen, die in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen und von der Gesellschaft erzielt werden, berücksichtigen müssen?

2.      Gilt dasselbe auch für Zweigniederlassungen außerhalb der Europäischen Union insbesondere hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a und c im Fall von Bank- und Finanzdienstleistungen gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 5, die für Leistungsempfänger erbracht werden, die außerhalb der Gemeinschaft ansässig sind?

3.      Kann die Antwort auf die ersten beiden Fragen in Abhängigkeit von den in Art. 17 Abs. 5 letzter Unterabsatz eröffneten Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Bildung verschiedener Tätigkeitsbereiche, in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausfallen?

4.      Falls eine der beiden ersten Fragen zu bejahen ist: Ist zum einen die Anwendung eines solchen Pro-rata-Satzes für die Berechnung des Vorsteuerabzugs auf die Mehrwertsteuer zu begrenzen, die auf den Ausgaben lastet, die der Sitz der Gesellschaft für die ausländischen Zweigniederlassungen tätigt, und hat zum anderen die Berücksichtigung der im Ausland erzielten Einnahmen nach den im Staat der Zweigniederlassung oder nach den im Staat des Sitzes anwendbaren Regelungen zu erfolgen?

20.      LCL, die Französische Republik, die Republik Zypern, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben.

21.      LCL, die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Kommission haben außerdem in der Sitzung vom 27. September 2012 mündliche Ausführungen gemacht.

IV – Untersuchung

A –    Vorbemerkungen

22.      Mit seinen Vorlagefragen ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen um eine Antwort auf die Frage, ob (erste und zweite Frage) und gegebenenfalls in welchem Umfang (dritte und vierte Frage) die Sechste Richtlinie 77/388, insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache FCE Bank, die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen „globalen Pro-rata-Satz“ anzuwenden, d. h., bei der Berechnung des in Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 dieser Richtlinie vorgesehen Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs des Sitzes einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft den Umsatz ihrer Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten oder Drittstaaten im Rahmen ihrer Steuerpflicht in dem genannten Mitgliedstaat zu berücksichtigen und umgekehrt.

23.      Zunächst ist zu bemerken, dass das vorlegende Gericht seine vierte Frage hilfsweise stellt, d. h., nur sofern und soweit die eine oder andere der ersten beiden Fragen bejaht wird. Sollten diese beiden Fragen verneint werden, braucht die vierte Frage daher nicht beantwortet zu werden. Im Hinblick auf die von mir vorgeschlagene Antwort auf die erste Frage bedarf es ferner keiner Antwort auf die dritte Frage.

24.      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass das Ausgangsverfahren eine Klage einer Gesellschaft mit Sitz in dem Mitgliedstaat des vorlegenden Gerichts, im vorliegenden Fall Frankreich, betrifft, die darauf gerichtet ist, den Umsatz der Zweigniederlassungen dieser Gesellschaft in anderen Mitgliedstaaten (erste Frage) oder in Drittstaaten (zweite Frage) bei der Berechnung ihres Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug im ersten Mitgliedstaat im Rahmen ihrer steuerlichen Verpflichtungen zu berücksichtigen.

25.      Zwar betrifft die erste Frage des vorlegenden Gerichts die Berechtigung dieses Antrags in genau diesem Fall, also aus der Sicht des Sitzes der Gesellschaft, doch bezieht sie sich letztendlich auch auf die Berechtigung des gleichen Antrags im umgekehrten Fall aus Sicht der Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten. Das vorlegende Gericht fragt den Gerichtshof nämlich auch nach der Befugnis der Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten, bei ihrem eigenen Pro-rata-Satz für den Vorsteuerabzug auch umgekehrt die gesamten Einnahmen der Gesellschaft als solche, d. h. sowohl diejenigen des Gesellschaftssitzes als auch die aller anderen Zweigniederlassungen in dem Mitgliedstaat ihrer eigenen Niederlassung, im Rahmen ihrer steuerlichen Verpflichtungen zu berücksichtigen.

26.      Da aber die Entscheidung des Ausgangsverfahrens keine Prüfung der Modalitäten der Ermittlung des Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug der Zweigniederlassungen von LCL umfasst, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen und steuerpflichtig sind, hat der Gerichtshof, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vorgeschlagen hat, die erste ihm vorgelegte Frage umzuformulieren und dabei diesen Aspekt auszuschließen(10).

27.      Schließlich ist es drittens meines Erachtens gerechtfertigt, der vom vorlegenden Gericht vorgeschlagenen Unterscheidung zu folgen und getrennt und sukzessive auf die ersten beiden Fragen zu antworten, die, während sie die gleiche Grundsatzfrage hinsichtlich der Zulässigkeit des „globalen Pro-rata-Satzes“ aufwerfen, die Situation der Gesellschaften danach unterscheiden, ob sie Zweigniederlassungen in Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten haben, insbesondere im Hinblick auf die spezifischen Bestimmungen von Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388(11), der das Recht auf Vorsteuerabzug auf Gegenstände und Dienstleistungen regelt, die für Umsätze verwendet werden, die nach Art. 13 Teil B Buchst. a) und d) Nrn. 1 bis 5(12) steuerbefreit sind, wenn der Leistungsempfänger in einem Drittstaat ansässig ist.

28.      Im Rahmen der vorliegenden Rechtssache macht LCL im Wesentlichen geltend, dass der Grundsatz der Neutralität, der dem von der Sechsten Richtlinie 77/388 errichteten gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanent sei, gebiete, den „globalen Pro-rata-Satz“ zugrunde zu legen, und zwar insbesondere als logische Konsequenz des Urteils FCE Bank.

29.      Dagegen stimmen die Regierungen der Mitgliedstaaten, die schriftliche und mündliche Erklärungen abgegeben haben, sowie die Kommission im Wesentlichen und als Erstes darin überein, dass LCL dem Urteil FCE Bank eine Tragweite beimesse, die es nicht habe. Sie sind jedenfalls der Ansicht, dass das von der Sechsten Richtlinie 77/388 errichtete gemeinsame Mehrwertsteuersystem, insbesondere seine räumliche Gebundenheit sowie Erwägungen praktischer Natur, der Zugrundelegung eines „globalen Pro-rata-Satzes“ entgegenstünden. Die Sechste Richtlinie 77/388 schließe die Möglichkeit aus, dass die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen, die in den räumlichen Geltungsbereich ihrer Steuergesetzgebung fielen und ihre Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten über Zweigniederlassungen ausübten, gestatteten, den Umsatz Letzterer bei der Berechnung ihres Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs zu berücksichtigen.

B –    Zur Berücksichtigung des Umsatzes von Zweigniederlassungen einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs des Sitzes dieser Gesellschaft (erste Frage)

30.      Da dem Urteil FCE Bank eine zentrale Bedeutung in der vorliegenden Rechtssache zukommt, ist es unerlässlich, dass man, noch bevor man sich mit der Zulässigkeit der These des „globalen Pro-rata-Satzes“, der Hauptfrage in der vorliegenden Rechtssache(13), befasst, die Tragweite dieses Urteils einordnet, um festzustellen, inwieweit es für die Antwort auf die Vorlagefragen entscheidend sein kann.

1.      Zum Urteil FCE Bank und zu seiner Tragweite

31.      Zunächst ist zu bemerken, dass die Entscheidung, die der Gerichtshof in seinem Urteil FCE Bank getroffen hat, zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt wird, weder im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits noch vor dem Gerichtshof, weder von LCL noch von den Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, noch von der Kommission(14). Das Urteil FCE Bank ist vielmehr der Ausgangspunkt für die Forderungen von LCL, und es ist deshalb als feststehend anzusehen, dass es sich bei LCL und den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zweigniederlassungen um eine Fallgestaltung handelt, wie sie dieses Urteil im Blick hat, d. h., dass es sich um „Zweigniederlassungen“ handelt und nicht um „Tochtergesellschaften“. Es ist jedoch insoweit zu ergänzen, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, sich zu vergewissern, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt sehr wohl einen Fall darstellt, der vom Urteil FCE Bank erfasst wird, da die Antworten auf die gestellten Fragen von dem Postulat ausgehen, dass LCL und ihre verschiedenen Zweigniederlassungen für die Anwendung des Mehrwertsteuerrechts eine einzige rechtliche Einheit bilden.

32.      Letztlich macht LCL hauptsächlich und ausschließlich geltend, dass die Anwendung des Urteils FCE Bank im Prinzip einen Verlust des Rechts auf Abzug der Vorsteuer zur Folge habe, die auf den vom Sitz einer Gesellschaft erworbenen Gegenständen und Dienstleistungen laste, wenn diese Gegenstände und Dienstleistungen auf der folgenden Stufe von den Zweigniederlassungen dieser Gesellschaft in anderen Mitgliedstaaten für die Zwecke besteuerter Umsätze verwendet würden. Da der Sitz für diese an Zweigniederlassungen gelieferten bzw. erbrachten Gegenstände und Dienstleistungen in Anwendung des Urteils FCE Bank nämlich keine Rechnung ausstellen könne, sei es Letzteren nicht möglich, die darauf lastende, vom Sitz entrichtete Vorsteuer von der Mehrwertsteuer abzuziehen, die sie für von ihnen auf der folgenden Stufe durchgeführte steuerpflichtige Umsätze zu entrichten hätten. Somit könne nur die Mehrwertsteuer auf Kosten abgezogen werden, die von den Zweigniederlassungen im Staat ihrer Niederlassung selbst getragen würden.

33.      Deshalb muss nach Ansicht von LCL eine Gesellschaft, deren Sitz im Sinne von Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388 sowohl Umsätze, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug bestehe, als auch Umsätze, für die dieses Recht nicht bestehe, durchführe, notwendigerweise die Möglichkeit haben, bei der Berechnung ihres Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuer, die die Kosten für ihre steuerpflichtigen Umsätze belaste, sämtliche Umsätze zu berücksichtigen, auf die diese Kosten entfielen, und zwar sowohl diejenigen, die vom Sitz im Mitgliedstaat seiner Niederlassung durchgeführt würden, als auch diejenigen, die von den Zweigniederlassungen im Mitgliedstaat ihrer eigenen Niederlassung durchgeführt würden, da andernfalls das Recht auf Vorsteuerabzug verloren ginge, was dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer widerspräche.

34.      Sehr kurz gefasst besagt das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache FCE Bank, dass eine Gesellschaft, die ihre Hauptniederlassung (ihren Sitz) in einem Mitgliedstaat (FCE Bank) und eine Betriebsstätte (eine Zweigniederlassung) in einem anderen Mitgliedstaat hat (FCE IT), im Hinblick auf den Mitgliedstaat der Zweigniederlassung (Italien) und soweit der Sitz Gegenstände an die Zweigniederlassung geliefert oder Dienstleistungen an diese erbracht hat, nur einen einzigen Steuerpflichtigen(15) in ihren gegenseitigen „Beziehungen“(16) bilden, so dass eventuelle Dienstleistungen, die der Sitz der Gesellschaft an die Zweigniederlassung erbringt, nicht als entgeltliche Dienstleistung im Sinne von Art. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 einzustufen sind, mit der notwendigen Folge, dass Letztere im vorliegenden Fall im Mitgliedstaat der Zweigniederlassung nicht der Mehrwertsteuer unterlagen.

35.      Eine Dienstleistung unterliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(17) nur dann der Mehrwertsteuer, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Ein solches Rechtsverhältnis zwischen dem Sitz einer Gesellschaft und einer Niederlassung derselben Gesellschaft kann aber nicht bestehen, wenn Letztere keiner selbständigen Wirtschaftstätigkeit nachgeht, d. h., wenn sie nicht dadurch, dass sie das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit trägt, als selbständig betrachtet werden kann(18). Dies war in dieser Rechtssache bei FCE IT der Fall, da diese eine Zweigniederlassung der FCE Bank war, die über kein Dotationskapital verfügte(19).

36.      Insoweit wird weder von den Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, noch von der Kommission bestritten, dass die Beachtung des Urteils FCE Bank theoretisch(20) zu einer Situation führen kann, in der eine Gesellschaft, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und die Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten hat, einen gewissen Verlust ihres Rechts auf Vorabzug der Mehrwertsteuer verzeichnen kann, wenn sie in einem Mitgliedstaat, im vorliegenden Fall dem des Sitzes, den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen zentralisiert, die für in anderen Mitgliedstaaten durchgeführte Umsätze verwendet werden, da die auf der folgenden Stufe durchgeführten Umsätze nicht zum Abzug der entrichteten Vorsteuer berechtigen.

37.      Der Gerichtshof hat jedoch in seinem Urteil FCE Bank nur entschieden, dass die Umsätze, die vom Sitz einer Gesellschaft mit ihren verschiedenen Zweigstellen durchgeführt werden, als interne Geschäfte angesehen werden müssen, und die Tragweite des Urteils erschöpft sich auch in dieser Einstufung.

38.      Der Gerichtshof hat nämlich in diesem Urteil keinerlei Ausführungen zu den Modalitäten des Vorsteuerabzugs gemacht. Es trifft zwar zu, dass es dazu „führen kann“, dass die Vorsteuer, die im Mitgliedstaat des Sitzes die genannten Kosten belastet, nicht entsprechend dem Anteil ihrer Verwendung in den Umsätzen auf der folgenden Stufe in den Mitgliedstaaten der Zweigniederlassungen abgezogen werden „könnte“, doch handelt es sich dabei nur um den Ausschluss einer der Möglichkeiten, die für die Durchführung des Vorsteuerabzugs in Betracht gezogen werden können.

39.      Es kann deswegen nicht angenommen werden, dass als stillschweigende, aber zwingende Folge aus diesem Urteil die Mitgliedstaaten – gewissermaßen im Gegenzug oder als Ausgleich – unter Anwendung des Grundsatzes der Neutralität, der dem von der Sechsten Richtlinie 77/388 errichteten gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnt, verpflichtet wären, einer Gesellschaft, deren Tätigkeiten zum Teil gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sind und somit grundsätzlich kein Recht auf Vorsteuerabzug begründen, zu erlauben, ihren Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 dieser Richtlinie unter Berücksichtigung des Umsatzes aller ihrer Zweigniederlassungen zu berechnen.

40.      Nach alledem trifft es zwar zu, dass das Urteil FCE Bank eine Möglichkeit des Abzugs der Vorsteuer, die die Kosten des Sitzes einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft belastet, ausschließt, wenn sie für Umsätze ihrer Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten verwendet werden, doch gibt es weder ausdrücklich noch stillschweigend Antwort auf die Hauptfrage, die sich im vorliegenden Rechtsstreit stellt, und zwar, ob eine solche Gesellschaft für die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs im Sinne von Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 sowohl den Umsatz des Sitzes als auch den ihrer Zweigniederlassungen berücksichtigen muss. Deshalb muss die Antwort auf diese Frage anderswo gesucht werden.

41.      Bevor man jedoch die Bestimmungen von Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 untersucht, auf die LCL ihre Forderungen stützt und die das Recht auf Vorsteuerabzug für Gegenstände und Dienstleistungen regeln, die sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist zunächst auf die Tragweite des Rechts auf Vorsteuerabzug, wie es in Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388 vorgesehen ist und vom Gerichtshof ausgelegt wird, hinzuweisen.

2.      Zum Recht auf Vorsteuerabzug, dem Grundsatz der Neutralität und der räumlichen Gebundenheit des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems

42.      Wie der Gerichtshof wiederholt ausgeführt hat, ist die Regelung des Vorsteuerabzugs gemäß den Art. 17 bis 20 der Sechsten Richtlinie 77/388 ein grundlegendes Element(21) des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, da es gewährleisten soll, dass alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, sofern sie der Mehrwertsteuer unterliegen, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis in völlig neutraler Weise steuerlich belastet werden(22). Als Steuer, die im Wesentlichen den Verbrauch am Ort dieses Verbrauchs(23) besteuern soll, wird die Mehrwertsteuer zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen proportional(24), sofern keine Ausnahme vorliegt(25), auf alle Umsätze auf der Produktions- oder Vertriebsstufe abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat, angewandt(26).

43.      Das Recht auf Vorsteuerabzug in Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388 soll somit den Steuerpflichtigen von der Mehrwertsteuer entlasten, die er im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten schuldet oder entrichtet hat, sofern diese nicht von der Steuer befreit sind. Diese Richtlinie erlaubt ihm somit, von der Mehrwertsteuer, die er auf seine steuerpflichtigen Umsätze erhält und die von ihm geschuldet wird, die Vorsteuer, die auf den Gegenständen oder Dienstleistungen lastet, die er zum Zweck dieser Umsätze erworben hat, abzuziehen, sofern die Kosten für diese Vorsteuer direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen zusammenhängen(27) oder zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören können und somit Kostenelemente der Ausgangsumsätze sein können(28).

44.      Nur soweit ein Gegenstand oder eine Dienstleistung für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wird, kann ein Steuerpflichtiger die für diesen Gegenstand oder diese Dienstleistung geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer von der von ihm geschuldeten Mehrwertsteuer abziehen(29). Der Abzug der Vorsteuer, der auch geboten ist, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden(30), ist somit an die Erhebung der Mehrwertsteuer auf der folgenden Stufe geknüpft(31).

45.      Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmt außerdem den Umfang des Vorsteuererstabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388 befugt ist, und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauffolgenden Zeiträume, die unter den Voraussetzungen des Art. 20 dieser Richtlinie vorzunehmen sind(32).

46.      Die Bedeutung des Rechts auf Vorsteuerabzug, das den Steuerpflichtigen gewährt wird, erklärt, dass, abgesehen von Betrugs- oder Missbrauchsfällen(33), jede Einschränkung wegen ihrer Auswirkung auf die Höhe der steuerlichen Belastung in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten muss und infolgedessen eine Vorschrift des Unionsrechts voraussetzt, die sie ausdrücklich erlaubt(34).

47.      Werden dagegen die von einem Steuerpflichtigen bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen für die Zwecke steuerbefreiter Umsätze oder solcher Umsätze verwendet, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden(35), kann es, was für das Verständnis des Umfangs des Grundsatzes der Neutralität wichtig ist, weder zur Erhebung der Steuer auf der folgenden Stufe noch zum Abzug oder zur Erstattung der Vorsteuer kommen(36).

48.      Wenn ein Steuerpflichtiger an einen anderen Steuerpflichtigen Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt, die dieser zur Durchführung eines z. B. gemäß Art. 13 A dieser Richtlinie steuerbefreiten Umsatzes verwendet, hat Letzterer gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388 grundsätzlich nicht das Recht, die gezahlte Vorsteuer abzuziehen, weil in einem solchen Fall die betroffenen Gegenstände und Dienstleistungen nicht für besteuerte Umsätze verwendet werden(37). Dies erklärt das Phänomen, das manchmal als „versteckte Mehrwertsteuer“ bezeichnet wird, wonach dem Preis für Gegenstände und Dienstleistungen, die für nachfolgende steuerbefreite Umsätze verwendet werden, zusätzliche Kosten hinzugefügt werden(38).

49.      Nur ausnahmsweise sieht die Sechste Richtlinie 77/388 u. a. in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b und c(39) ein Recht auf Abzug der Vorsteuer in Bezug auf Gegenstände und Dienstleistungen vor, die für steuerbefreite Umsätze verwendet werden(40), wobei der Wortlaut der genannten Richtlinie in dieser Hinsicht eng auszulegen ist(41).

50.      Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der sich aus den Bestimmungen von Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 und somit insbesondere aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergibt, ist als integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ein grundlegendes Prinzip des durch das Gemeinschaftsrecht eingeführten Mehrwertsteuersystems(42).

51.      Im Grundsatz der Neutralität, der manchmal als dem Mehrwertsteuersystem immanenter allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts eingestuft wird, kommt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zum Ausdruck(43), nach dem für Steuerpflichtige hinsichtlich der Mehrwertsteuer gleiche Wettbewerbsbedingungen vorliegen müssen, es sei denn, eine Differenzierung ist objektiv gerechtfertigt(44).

52.      Wie der Gerichtshof jedoch ausgeführt hat, hat der Neutralitätsgrundsatz im Gegensatz zu anderen allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, keinen Verfassungsrang und bedarf somit einer gesetzgeberischen Ausarbeitung, die nur durch einen Rechtsakt des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts erfolgen kann(45). Es handelt sich somit nicht um eine Regel des Primärrechts, sondern vielmehr um einen Auslegungsgrundsatz(46), der insbesondere die Mitgliedstaaten beim Erlass ihrer Gesetze zur Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388 leiten soll.

53.      In dieser Hinsicht ist zu betonen, dass das von der Sechsten Richtlinie 77/388 errichtete Gemeinsame Mehrwertsteuersystem, dessen Hauptziel u. a, wie sich aus ihrem zweiten Erwägungsgrund ergibt, darin besteht, die eigenen Mittel der Union durch Steuereinnahmen zu gewährleisten, die sich aus der Anwendung eines gemeinsamen Steuersatzes auf eine steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ergeben, die einheitlich nach Gemeinschaftsvorschriften bestimmt wird, ungeachtet dieser Harmonisierung weiterhin stark durch die räumliche und damit staatliche Gebundenheit seiner Funktionsweise geprägt ist. Da diese Richtlinie nur eine teilweise Harmonisierung vorgenommen hat, bestehen in allen Mitgliedstaaten unterschiedliche gesetzliche Mehrwertsteuerregelungen. Alles in allem bleibt die Mehrwertsteuer, wenn sie auch einem gemeinsamen System unterstellt ist, eine Steuer, die der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten unterliegt, die in den verschiedenen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388, die die räumliche Gebundenheit dieses gemeinsamen Systems zeigen, zum Ausdruck kommt.

54.      Insbesondere soll, wie der Gerichtshof ausgeführt hat, Art. 9 der Sechsten Richtlinie 77/388 durch die einheitliche Festlegung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen, wie sich aus dem siebten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ergibt, eine angemessene Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs des nationalen Mehrwertsteuerrechts herbeiführen, wodurch Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, sowie die Nichtbesteuerung von Einnahmen verhindert werden sollen(47).

55.      Der oben angeführte Grundsatz, wonach „die Mehrwertsteuer unabhängig von ihrer Höhe dem Mitgliedstaat zusteht, in dem der Endverbrauch des Gegenstandes stattfindet“(48), erlaubt „eine strikte Aufteilung der Mehrwertsteuereinnahmen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen und eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der betroffenen Mitgliedstaaten“(49).

56.      Zum besseren Verständnis der vorstehenden Darlegungen und vor der genauen Prüfung der Antwort auf die Fragen des vorlegenden Gerichts sind die Modalitäten der Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug der Steuerpflichtigen kurz darzustellen, die selbst Gegenstände liefern und Dienstleistungen erbringen, die nicht vollständig der Mehrwertsteuer unterliegen.

3.      Zum Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs (Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388)

57.      Soweit der Steuerpflichtige im Prinzip ohne deutlich zu unterscheiden sowohl steuerpflichtige Umsätze als auch Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, bewirkt, ist der Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 nur für den Teil der gesamten Vorsteuer zulässig, der auf den Betrag der besteuerten Umsätze entfällt, wobei dieser Pro-rata-Satz gemäß Art. 19 dieser Richtlinie für sämtliche Umsätze des Steuerpflichtigen bestimmt wird.

58.      Diese Vorschriften sollen es einem Steuerpflichtigen, der Gegenstände oder Dienstleistungen für die Ausübung sowohl besteuerter als auch steuerfreier Tätigkeiten erwirbt, ermöglichen, den Teil der beim Erwerb dieser Gegenstände oder Dienstleistungen angefallenen Mehrwertsteuer, der dem Anteil entspricht, zu dem sie für besteuerte Tätigkeiten verwendet werden, und sich somit in die Logik des Rechts auf Vorsteuerabzug selbst einfügt, in vollem Umfang als Vorsteuer abzuziehen(50).

59.      Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 erlaubt es den Mitgliedstaaten gleichwohl in Abweichung von den Bestimmungen der vorausgehenden Unterabsätze, dem Steuerpflichtigen zu gestatten oder vorzuschreiben, für jeden „Bereich seiner Tätigkeit“ eine individualisierte Berechnung durchzuführen (Buchst. a und b), oder ihnen den Vorsteuerabzug nach der „Zuordnung“ der Gesamtheit oder eines Teils der verwendeten Gegenstände oder Dienstleistungen zu gestatten oder vorzuschreiben (Buchst. c) oder aber den Haupt-pro-rata-Satz obligatorisch oder – was die Möglichkeit anderer Pro-rata-Sätze voraussetzt – optional zu gestalten (Buchst. d).

60.      Insgesamt soll mit den Bestimmungen von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388, die Gegenstand der dritten Frage des vorlegenden Gerichts sind, den Mitgliedstaaten insbesondere ermöglicht werden, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zu präziseren Ergebnissen zu kommen, als es nach der Pro-rata-Methode möglich ist(51); dabei sind die praktische Wirksamkeit von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 dieser Richtlinie sowie die Grundsätze, auf denen das Gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht, namentlich die Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der Verhältnismäßigkeit, zu beachten(52).

61.      Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs bemerkt, kann schon aufgrund der Existenz dieser alternativen Optionen festgestellt werden, dass das System des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs nicht immer dazu führen kann, dass der erstattungsfähige Anteil der Vorsteuer auf den Eingangskosten der tatsächlichen Verwendung dieser Kosten für die Umsätze auf der nachfolgenden Stufe ganz genau entspricht.

4.      Zur Frage, ob die Sechste Richtlinie 77/388 die Anwendung des „globalen Pro-rata-Satzes“ vorschreibt

62.      Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt und wie sowohl LCL als auch die französische Regierung und die Kommission ausgeführt haben, geben Art. 17 Abs. 2 und 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 keine ausdrückliche Antwort auf die Frage, ob der Sitz einer Gesellschaft, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, bei der Berechnung seines Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs den Umsatz ihrer Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigen muss.

63.      Die Befürworter wie auch die Gegner des „globalen Pro-rata-Satzes“ haben zahlreiche Argumente entwickelt, warum aufgrund des Grundsatzes der Neutralität des Gemeinsamen Mehrwertsteuersystems der Sechsten Richtlinie 77/388 und durch dessen Anwendung diese Berücksichtigung geboten oder warum sie in Anbetracht der räumlichen Gebundenheit dieses Systems und im Hinblick auf die praktischen Schwierigkeiten, die ihre Durchführung sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die für die Kontrolle zuständige Steuerverwaltung aufwürfe, ausgeschlossen sein soll.

64.      Wie sich aber aus der vorstehenden Analyse ergibt, hängen die konkreten Modalitäten der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug auf Umsätze, die von einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft wie LCL und ihren Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden, ebenso wie der Umfang dieses Rechts weitgehend von einer Reihe von Entscheidungen ab, die von den Mitgliedstaaten frei getroffen werden, denen gegenüber sie Steuerpflichtige sind, insbesondere(53) zwischen der einen oder anderen in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388 vorgesehenen Methode zur Festlegung des Rechts auf Vorsteuerabzug. Diese Bestimmung lässt den Mitgliedstaaten einen gewissen Handlungsspielraum(54), um das Recht auf Vorsteuerabzug so zu organisieren, dass es an die Besonderheiten der Tätigkeiten der Steuerpflichtigen am besten angepasst ist, mit dem Ziel, die Neutralität der Mehrwertsteuer so präzise wie möglich zu gewährleisten.

65.      Da es insoweit im Unionsrecht keine ausdrückliche Regelung gibt, ist es zunächst und in erster Linie Sache der zuständigen nationalen Gerichte und Behörden, in den Grenzen von Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388 und unter Beachtung der Grundsätze, die dem von dieser errichteten Gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnen, die konkreten Modalitäten für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug festzulegen, das Steuerpflichtigen gewährt werden muss, die, wie LCL vorträgt, in einem Mitgliedstaat Gegenstände und Dienstleistungen erwerben, die von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten für Umsätze auf der nachfolgenden Stufe verwendet werden.

66.      Im Übrigen hat LCL insoweit in ihrer Antwort auf die dritte Frage des vorlegenden Gerichts im Wesentlichen vorgetragen, dass es ihr unter Berücksichtigung des zum maßgeblichen Zeitpunkt auf das Recht zum Vorsteuerabzug anwendbaren nationalen Rechts nicht möglich gewesen sei, unterschiedliche Tätigkeitsbereiche einzurichten, so dass bei diesem Recht zum Vorsteuerabzug nicht gemäß der Organisationsform der Gesellschaften differenziert wurde(55).

67.      Wie sich aus der oben untersuchten Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, muss das Recht auf Vorsteuerabzug zwar im Grundsatz und so weit wie möglich der Vorsteuer entsprechen, die auf den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen entrichtet wurde, die für nicht steuerbefreite Umsätze verwendet werden. Dieses Erfordernis verpflichtet die Mitgliedstaaten jedoch nicht zwangsläufig, vorzusehen, dass bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs einer steuerpflichtigen Gesellschaft nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 der Gesamtumsatz der Gesellschaft systematisch berücksichtigt wird, d. h. sowohl derjenige des Sitzes als auch derjenige all ihrer Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten, mit der Gefahr, wie die Regierungen der Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, und die Kommission ausgeführt haben, die eigentliche Bedeutung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs zu verfälschen.

68.      Insoweit ist, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vortragen, das Vorbringen von LCL darauf gerichtet, den Gerichtshof zu ersuchen, allgemein die theoretischen Grundsätze festzulegen, die bei der Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs im Fall einer Gesellschaft entscheidend sind, deren in einem Mitgliedstaat niedergelassener Sitz die Ausgaben zentralisiert, die insbesondere für die Umsätze verwendet werden, die ihre Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten tätigen, ohne detailliertes Zahlenmaterial zum Gesamtbetrag dieser gemeinsamen Ausgaben oder zum Verhältnis der besteuerten Umsätze der Zweigniederlassungen, die Letztere verwenden, oder irgendeinen Hinweis auf den nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Eingangskosten des Sitzes und den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen der Zweigniederlassungen vorzulegen(56).

69.      Der Verlust des Rechts auf Vorsteuerabzug, den LCL geltend macht, ist zufälliger Natur, da er außer von den oben erwähnten Entscheidungen der Mitgliedstaaten vom Volumen der steuerpflichtigen Umsätze im Verhältnis zu den steuerbefreiten Umsätzen, die vom Sitz der Gesellschaft bzw. ihren Zweigniederlassungen getätigt werden, und vom Volumen der gemeinsamen Ausgaben, die vom Sitz zugunsten ihrer Zweigniederlassungen bewirkt werden, abhängig ist.

70.      Entgegen dem Vorbringen von LCL kann man nicht davon ausgehen, dass die Nichtberücksichtigung des Umsatzes der Zweigniederlassungen zu einem Bruch mit der Gleichbehandlung, der selbst wiederum ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz wäre, führen würde, und zwar zwischen den Gesellschaften je nachdem, ob sie nur Zweigniederlassungen im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung haben oder ob sie Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten haben, oder zwischen Gesellschaften, die Zweigniederlassungen haben, und Gesellschaften, die Tochtergesellschaften kontrollieren(57).

71.      Eine Gesellschaft, die ihren Sitz und Zweigniederlassungen in einem einzigen Mitgliedstaat hat, ist im Hinblick auf das objektive System, das von der Sechsten Richtlinie 77/388 errichtet wurde, nicht in der gleichen Situation wie eine Gesellschaft mit Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten. Erstere ist nämlich grundsätzlich in einem einzigen Mitgliedstaat steuerpflichtig und fällt somit in den örtlichen Anwendungsbereich der Mehrwertsteuergesetze nur dieses Mitgliedstaats, während die Zweite in so vielen Mitgliedstaaten steuerpflichtig ist, wie es Orte gibt, an denen sie eine Zweigniederlassung besitzt(58), und somit unter Berücksichtigung des Ortes der steuerlichen Anknüpfung in den örtlichen Anwendungsbereich aller Mehrwertsteuergesetze dieser Mitgliedstaaten fällt.

72.      Im Übrigen ist eine Gesellschaft, die Zweigniederlassungen besitzt, grundsätzlich im Hinblick auf die Mehrwertsteuer und unter Berücksichtigung des Urteils FCE Bank auch nicht in der gleichen Situation wie eine Muttergesellschaft gegenüber ihren Tochtergesellschaften(59). Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, können Personen, die rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, nur dann gemäß Art. 4 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388 als ein Steuerpflichtiger behandelt werden, wenn sie im Hoheitsgebiet ein und desselben Mitgliedstaats niedergelassen sind(60).

73.      Schließlich hat der Gerichtshof auch ausgeführt, dass die Steuerpflichtigen die Organisationsstrukturen und die Geschäftsmodelle, die sie als für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Begrenzung ihrer Steuerlast am besten geeignet erachten, im Allgemeinen frei wählen können(61), was die Organisation und die Aufteilung der Kosten der Gruppe umfasst.

74.      Infolgedessen ist auf die erste Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass Art. 17 Abs. 2 und 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 dahin auszulegen sind, dass sie die Mitgliedstaaten nicht verpflichten, vorzusehen, dass bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs einer Gesellschaft mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet der Umsatz der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Zweigniederlassungen dieser Gesellschaft berücksichtigt wird.

C –    Zur Berücksichtigung des Umsatzes von in Drittstaaten ansässigen Zweigniederlassungen bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs des Sitzes einer Gesellschaft, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist (zweite Frage)

75.      Mit seiner zweiten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof auch um Antwort auf die Frage, ob im Hinblick auf Art. 17 Abs. 3 Buchst. a und c der Sechsten Richtlinie 77/388(62) eine Gesellschaft, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hat, bei der Berechnung ihres Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs den Umsatz ihrer in Drittstaaten ansässigen Zweigniederlassungen berücksichtigen muss, und somit im Wesentlichen darauf, ob die Antwort auf die erste Frage betreffend die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Zweigniederlassungen auch für in Drittstaaten ansässige Zweigniederlassungen gilt.

76.      Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten jedem Steuerpflichtigen den Abzug oder die Erstattung der Mehrwertsteuer gestatten, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner „im Ausland ausgeübten“ wirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet werden, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären.

77.      Die Frage, ob Dienstleistungen „im Ausland erbracht“ wurden, ist durch Anwendung der in Art. 9 der Sechsten Richtlinie 77/388 festgelegten Regeln zu beantworten(63). Im vorliegenden Fall sieht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388(64) vor, dass als Ort der Bank- und Finanzumsätze, die an Empfänger erbracht werden, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässig sind, insbesondere der Ort gilt, an dem Letzterer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat.

78.      Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten jedem Steuerpflichtigen den Abzug oder die Erstattung der Mehrwertsteuer auch gewähren, soweit Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner nach Art. 13 Teil B Buchst. a und d Nrn. 1 bis 5(65) befreiten Umsätze verwendet werden und u. a. der Empfänger außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist.

79.      Diese Ausfuhren nach Drittstaaten werden demnach gleichlautend definiert wie die „im Ausland ausgeübten“ Leistungen gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Sechsten Richtlinie 77/388.

80.      Diesen Vorschriften ist zu entnehmen, dass für die Ausfuhren von steuerbefreiten Bank- und Finanzdienstleistungen, die in Art. 13 Teil B Buchst. a und d Nrn. 1 bis 5 der Sechsten Richtlinie 77/388 aufgezählt sind, nur dann ein Recht auf Vorsteuerabzug oder auf Erstattung gewährt wird, wenn sie für Empfänger bestimmt sind, die in Drittstaaten ansässig sind.

81.      Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch aus der Akte, dass LCL ein Recht auf Vorsteuerabzug nicht für Umsätze fordert, die von ihrem Sitz an in Drittstaaten ansässige Empfänger erbracht werden, d. h. Ausfuhren von Finanz- und Bankdienstleistungen, die von ihrem Sitz erbracht werden, sondern die Berücksichtigung des Umsatzes, den ihre in Drittstaaten ansässigen Zweigniederlassungen erzielt haben, bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes dieses Sitzes. Da der Sachverhalt, der im Ausgangsverfahren in Rede steht, nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften fällt, können sie sich nicht auf die Antwort auf die zweite Frage des vorlegenden Gerichts auswirken.

82.      Unter diesen Voraussetzungen und soweit das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage den Gerichtshof um Klarstellung bittet, ob die Antwort auf die erste Frage betreffend die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Zweigniederlassungen auch für in Drittstaaten ansässige Zweigniederlassungen gilt, ist zu antworten, dass ein Mitgliedstaat, ebenso wie ihm nicht vorgeschrieben werden kann, im Rahmen der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs einer Gesellschaft, die in diesem Mitgliedstaat steuerpflichtig ist, den Umsatz ihrer in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Zweigniederlassungen zu berücksichtigen, aus denselben Gründen nicht verpflichtet ist, vorzusehen, dass der Umsatz der in Drittstaaten niedergelassenen Zweigniederlassungen dieser Gesellschaft berücksichtigt werden muss.

83.      Da ich vorschlage, die ersten beiden Fragen des vorlegenden Gerichts zu verneinen, bedarf es keiner Antwort auf die dritte und die vierte Frage.

V –    Ergebnis

84.      Unter Berücksichtigung der vorstehenden Untersuchung schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Conseil d’État zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Art. 17 Abs. 2 und 5 und Art. 19 der Sechsten Richtlinie 77/388 des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass sie die Mitgliedstaaten nicht verpflichten, vorzusehen, dass bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs einer Gesellschaft mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet der Umsatz der in anderen Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten ansässigen Zweigniederlassungen dieser Gesellschaft berücksichtigt wird.


1 – Originalsprache: Französisch.


2–      Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1).


3–      ABl. L 347, S. 1.


4–       Vgl. Art. 412 der Richtlinie 2006/112.


5–      C-210/04, Slg. 2006, I-2803.


6 – Vgl. nunmehr die Art. 167 bis 173 der Richtlinie 2006/112.


7–      Vgl. nunmehr die Art. 174 und 175 der Richtlinie 2006/112.


8–      Im Folgenden: Steuergesetzbuch.


9–      Im Folgenden: LCL.


10–      Vgl. u. a. Urteil FCE Bank, oben in Fn. 5 angeführt (Randnrn. 21 und 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11 – Vgl. nunmehr Art. 169 Buchst. c der Richtlinie 2006/112.


12–      Vgl. nunmehr die Art. 135 und 136 der Richtlinie 2006/112.


13 – Der Rapporteur public des Ausgangsverfahrens vor dem Conseil d’État, der zu dem Ergebnis kam, dass der „Grundsatz der Neutralität“ der Mehrwertsteuer für die These eines „globalen Pro-rata-Satzes“ zu sprechen scheine, betonte die Bedeutung einer Frage, die „die Grundlagen des Gemeinsamen Mehrwertsteuersystems berühre“, und empfahl infolgedessen dem obersten französischen Verwaltungsgericht, dem Gerichtshof die vorliegenden Fragen zu stellen. Siehe Legras, C., Le prorata de TVA peut-il être mondialisé, Schlussanträge vor dem Conseil d’État, 11. Juli 2011, Nr. 301849, Sté. Crédit Lyonnais, RFJ, 2011, Nr. 10, Études et doctrines, S. 917. Siehe auch Guichard, M., und Stemmer, W., Prestations intra-entreprises et TVA, Droit fiscal, 2007, Nr. 11, S. 273; Amand, C., und Lenoir, V., Prorata de déduction de la TVA par les intermédiaires financiers: le chiffre d’affaires des opérations de crédit est-il constitué par les intérêts bruts ou la marge brute?, Banque & Droit, 2005, Nr. 101, S. 10; Bouchard, J.-C., und Courjon, O., Le prorata et le principe de neutralité, Droit fiscal, 2006, Nr. 48, S. 2058; Stemmer, W., TVA. Prorata mondial: entre le marteau et l’enclume!, Droit fiscal, 2011, Nr. 30, Akt. Nr. 241; Sniadower, C., Faut-il craindre la mondialisation? À propos de la décision Sté Le Crédit Lyonnais sur le calcul du prorata de déduction de la TVA, Droit Fiscal, 2011, Nr. 44, Comm. Nr. 573; Grundt, V., und Hamacher, R., Le prorata de déduction de TVA par les organismes financiers en Allemagne, Droit fiscal, 2007, Nr. 15, S. 404.


14 – Wie der Rapporteur public vor dem Conseil d’État in seinen Schlussanträgen, oben in Fn. 13 angeführt, betonte, hatte der Conseil d’État selbst die Entscheidung getroffen, zu der der Gerichtshof in seinem Urteil FCE Bank gekommen war. Vgl. Urteile vom 9. Januar 1981, Société Timex Corporation (Nr. 10145, Droit fiscal, 1981, Nr. 23, comm. Nr. 1237), und vom 29. Juni 2001, Banque Sudameris (Nr. 176105, RJF 10/01, Nr. 1217, Schlussanträge Goulard G., S. 811, Droit Fiscal, 2001, Nr. 46, comm. Nr. 1056); vgl. zu dieser Rechtsprechung u. a. Guichard, M., und Stemmer, W., a. a. O., Sniadower, C., a. a. O.


15–      Randnr. 37 des Urteils. Außerdem wird in Randnr. 41 des Urteils klargestellt, dass eine Zweigniederlassung kein vom Sitz der Gesellschaft verschiedenes Rechtssubjekt sein darf.


16–      Randnr. 41 des Urteils.


17–      Randnr. 34 des Urteils.


18–      Randnr. 35 des Urteils.


19–      Randnr. 37 des Urteils. Vgl. dazu auch die Schlussanträge des Generalanwalts Léger, Nrn. 38 ff.


20 – Die Regierung des Vereinigten Königreichs erklärt insoweit und stützt sich dabei auf konkrete Beispiele, dass, unter Berücksichtigung der verschiedenen Faktoren, die bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes zum Tragen kämen, der Verlust des Vorsteuerabzugs zufällig sei.


21–      Vgl. Urteil vom 14. Februar 1985, Rompelman (268/83, Slg. 1985, 655, Randnr. 19).


22–      Vgl. u. a. Urteile vom 21. September 1988, Kommission/Frankreich (50/87, Slg. 1988, 4797, Randnr. 15), vom 26. April 2005, Goed Wonen (C-376/02, Slg. 2005, I-3445, Randnr. 26), sowie vom 12. Juli 2012, EMS-Bulgaria Transport (C-284/11, Randnrn. 43 und 44).


23 – Gemäß dem in Art. 4 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. Nr. 71, S. 1301/67) vorgesehenen Ziel; vgl. insoweit auch den siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1).


24 – Gemäß Art. 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG, oben in Fn. 23 angeführt; vgl. u. a. Urteil vom 3. Oktober 2006, Banca popolare di Cremona (C-475/03, Slg. 2006, I-9373, Randnr. 21).


25 – Zur Übergangsregelung der Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen in Art. 28c Teil A Buchst. a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388 siehe insbesondere Urteile vom 6. Juli 1995, BP Soupergaz (C-62/93, Slg. 1995, I-1883, Randnr. 16), vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, Slg. 2006, I-6161, Randnr. 49), sowie vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, Randnrn. 27 und 28).


26 – Vgl. u. a. Urteile BP Soupergaz, oben in Fn. 25 angeführt (Randnr. 16), vom 12. Januar 2006, Optigen u. a. (C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Slg. 2006, I-483, Randnr. 54), sowie vom 6. Dezember 2012, Bonik (C-285/11, Randnr. 28).


27–      Vgl. u. a. Urteile vom 6. April 1995, BLP Group (C-4/94, Slg. 1995, I-983, Randnr. 19), vom 8. Juni 2000, Midland Bank (C-98/98, Slg. 2000, I-4177, Randnr. 20), vom 3. März 2005, Fini H (C-32/03, Slg. 2005, I-1599, Randnr. 26), und vom 8. Februar 2007, Investrand (C-435/05, Slg. 2007, I-1315, Randnr. 23).


28 – Vgl. u. a. Urteile vom 22. Februar 2001, Abbey National (C-408/98, Slg. 2001, I-1361, Randnrn. 35 und 38 bis 40), vom 27. September 2001, Cibo Participations (C-16/00, Slg. 2001, I-6663), sowie vom 6. September 2012, Portugal Telecom (C-496/11, Randnr. 37).


29–      Vgl. u. a. Urteile vom 4. Oktober 1995, Armbrecht (C-291/92, Slg. 1995, I-2775, Randnr. 27), und vom 15. Dezember 2005, Centralan Property (C-63/04, Slg. 2005, I-11087, Randnr. 54).


30–      Vgl. Urteil vom 30. März 2006, Uudenkaupungin Kaupunki (C-184/04, Slg. 2006, I-3039, Randnr. 24).


31 – Vgl. u. a. Urteile Uudenkaupungin kaupunki, oben in Fn. 30 angeführt (Randnr. 24), vom 14. September 2006, Wollny (C-72/05, Slg. 2006, I-8297, Randnr. 20), sowie vom 22. Dezember 2010, RBS Deutschland Holdings (C-277/09, Slg. 2010, I-13805, Randnr. 35).


32 – Vgl. u. a. Urteile vom 11. Juli 1991, Lennartz (C-97/90, Slg. 1991, I-3795, Randnr. 15), vom 8. Juni 2000, Schlossstraβe (C-396/98, Slg. 2000, I-4279, Randnr. 37), sowie Centralan Property, oben in Fn. 29 angeführt (Randnr. 54).


33–      Vgl. u. a. Urteile vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C-255/02, Slg. 2006, I-1609), Fini H., oben in Fn. 27 angeführt (Randnr. 31), sowie RBS Deutschland Holdings, oben in Fn. 31 angeführt (Randnrn. 48 ff.).


34–      Vgl. Urteile Kommission/Frankreich, oben in Fn. 22 angeführt (Randnr. 15), BP Soupergaz, oben in Fn. 25 angeführt (Randnr. 18), sowie vom 8. Januar 2002, Metropol und Stadler (C-409/99, Slg. 2002, I-81, Randnr. 42).


35–      Vgl. insoweit Urteil vom 22. Juni 1993, Sofitam (C-333/91, Slg. 1993, I-3513, Randnrn. 13 und 14), Cibo Participations, oben in Fn. 28 angeführt (Randnr. 44), sowie vom 29. April 2004, EDM (C-77/01, Slg. 2004, I-4295, Randnr. 44).


36 – Vgl. z. B. Urteil Uudenkaupungin kaupunki, oben in Fn. 30 angeführt (Randnr. 24); Wollny, oben in Fn. 31 angeführt (Randnr. 20); vom 12. Februar 2009, Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (C-515/07, Slg. 2009, I-839, Randnr. 28), vom 29. Oktober 2009, SKF (C-29/08, Slg. 2009, I-10413, Randnr. 59), sowie vom 16. Februar 2012, Eon Aset Menidjmunt (C-118/11, Randnr. 44).


37 – Vgl. u. a. Urteile vom 19. Januar 1982, Becker (8/81, Slg. 1982, 53, Randnr. 44), vom 26. September 1996, Debouche (C-302/93, Slg. 1996, I-4495, Randnr. 16), sowie vom 7. Dezember 2006, Eurodental (C-240/05, Slg. 2006, I-11479, Randnr. 26).


38 – Vgl. insoweit die Beschreibung des Phänomens durch die Kommission in ihrem Konsultationspapier zur Modernisierung der Mehrwertsteuerpflichten für Finanzdienstleistungen und Versicherungsleistungen, das im Rahmen des Aufrufs zu Eingaben bei der kommenden Überprüfung der Gemeinschaftsgesetzgebung betreffend die mehrwertsteuerliche Behandlung von Finanzdienstleistungen vom März 2006 vorgelegt wurde (http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/common/consultations/tax/modernising_VAT_de.pdf).


39 – Zur Auswirkung von Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388 auf den Ausgangsrechtsstreit vgl. unten die Ausführungen zu den Zweigniederlassungen von LCL in Drittstaaten.


40–      Vgl. Urteil BLP Group, oben in Fn. 27 angeführt (Randnr. 23).


41–      Vgl. Urteil Eurodental, oben in Fn. 37 angeführt (Randnr. 33).


42 – Urteil vom 29. Oktober 2009, NCC Construction Danmark (C-174/08, Slg. 2009, I-10567, Randnrn. 39 bis 45).


43–      Vgl. u. a. Urteile vom 8. Juni 2006, L. u. P. (C-106/05, Slg. 2006, I-5123, Randnr. 48), und vom 10. April 2008, Marks & Spencer (C-309/06, Slg. 2008, I-2283, Randnr. 49).


44 – Vgl. für illegale Erzeugnisse, wie Betäubungsmittel, für die jeder Wettbewerb ausgeschlossen ist, Urteile vom 5. Juli 1988, Mol (269/86, Slg. 1988, 3627, Randnrn. 17 und 18) und Vereniging Happy Family Rustenburgerstraat (289/86, Slg. 1988, 3655, Randnrn. 19 und 20); für Gegenstände, deren Ausfuhr in bestimmte Gebiete verboten ist, Urteil vom 2. August 1993, Lange (C-111/92, Slg 1993, I-4677, Randnrn. 16 und 17).


45 – Vgl. Urteil NCC Construction Danmark, oben in Fn. 42 angeführt (Randnr. 42).


46 – Vgl. Urteil vom 19. Juli 2012, Deutsche Bank (C-44/11, Randnr. 45), sowie Nr. 60 der Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston.


47 – Vgl. u. a. Urteile vom 4. Juli 1985, Berkholz (168/84, Slg. 1985, 2251, Randnr. 14), vom 23. Januar 1986, Trans Tirreno Express (283/84, Slg. 1986, 231, Randnr. 14), vom 20. Februar 1997, DFDS (C-260/95, Slg. 1997, I-1005, Randnr. 18), vom 6. November 1997, Reisebüro Binder (C-116/96, Slg. 1997, I-6103, Randnr. 12), vom 11. September 2003, Cookies World (C-155/01, Slg. 2003, I-8785, Randnr. 46), vom 29. März 2007, Aktiebolaget NN (C-111/05, Slg. 2007, I-2697, Randnr. 43), und vom 26. Januar 2012, ADV Allround (C-218/10, Randnr. 27).


48–      Vgl. u. a. Urteil vom 27. September 2007, Collée (C-146/05, Slg. 2007, I-7861, Randnr. 37).


49–      Urteil vom 6. April 2006, EMAG Handel Eder (C-245/04, Slg. 2006, I-3227, Randnr. 40). Vgl. auch Nr. 67 meiner Schlussanträge in der Rechtssache R. (Urteil vom 7. Dezember 2010, C-285/09, Slg. 2010, I-12605) und die dort angeführten Verweise.


50 – Urteil vom 6. März 2008, Nordania Finans und BG Factoring (C-98/07, Slg. 2008, I-1281, Randnr. 20, unter Übernahme der Schlussanträge des Generalanwalts Bot).


51–      In diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2008, Royal Bank of Scotland (C-488/07, Slg. 2008, I-10409, Randnr. 24).


52–      Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt (C-511/10, Randnrn. 15 und 16).


53 – Es ist hier insoweit daran zu erinnern, dass Art. 13 Teil C der Sechsten Richtlinie 77/388 den Mitgliedstaaten gestattet, ihren Steuerpflichtigen das Recht einzuräumen, bei den Umsätzen nach Art. 13 Teil B Buchst. d für eine Besteuerung zu optieren, wobei zu präzisieren ist, dass die Ausübung dieser eventuell eingeräumten Option allein dem Steuerpflichtigen zusteht; vgl. u. a. Urteile Becker, oben in Fn. 37 angeführt (Randnr. 38), Kommission/Frankreich, oben in Fn. 22 angeführt (Randnr. 18), sowie Uudenkaupungin kaupunki, oben in Fn. 30 angeführt (Randnrn. 44 bis 47).


54 – In diesem Sinne Stemmer, W., TVA. Prorata mondial: entre le marteau et l’enclume!, Droit fiscal, 2011, Nr. 30, actualité Nr. 241.


55 – Zur französischen Rechtsprechung und Lehre zu den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen vgl. u. a. Tournès, Ph, Plaidoyer en faveur de la règle des secteurs d’activité distincts, RJF, 2000, Nr. 2, S. 99.


56 – Wie sich aus dem Urteil der Cour administrative d’appel de Paris vom 8. Dezember 2006 ergibt.


57 – In diesem Sinne auch die Schlussanträge des Rapporteur public vor dem vorlegenden Gericht, S. 924.


58–      Vgl. dazu Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Italien (C-244/08, Slg. 2009, I-130*).


59 – In diesem Sinne vgl. u. a. Urteile vom 20. Juni 1991, Polysar Investments Netherlands (C-60/90, Slg. 1991, I-3111, Randnrn. 9 bis 17), vom 14. November 2000, Floridienne und Berginvest (C-142/99, Slg. 2000, I-9567, Randnr. 19), vom 8. März 2001, Skandia (C-240/99, Slg. 2001, I-1951, Randnrn. 43 und 44); Beschluss des Gerichtshofs vom 12. Juli 2001, Welthgrove (C-102/00, Slg. 2001, I-5679, Randnr. 16), sowie RBS Deutschland Holdings, oben in Fn. 31 angeführt (Randnr. 50).


60 – Vgl. Urteil Polysar Investments Netherlands, oben in Fn. 59 angeführt (Randnr. 15); vgl. auch Urteil vom 22. Mai 2008, Ampliscientifica und Amplifin (C-162/07, Slg. 2008, I-4019, Randnrn. 17 bis 23).


61 – Urteile Halifax u. a., oben in Fn. 33 angeführt (Randnr. 73), vom 9. Oktober 2001, Cantor Fitzgerald International (C-108/99, Slg. 2001, I-7257, Randnr. 33), sowie RBS Deutschland Holdings, oben in Fn. 31 angeführt (Randnrn. 53 und 54).


62 – Zu Art. 169 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112 vgl. Urteil vom 15. Juli 2010, Kommission/Vereinigtes Königreich (C-582/08, Slg. 2010, I-7195, Randnrn. 25 und 31).


63–      Urteil vom 2. Juli 2009, EGN (C-377/08, Slg. 2009, I-5685, Randnrn. 23 bis 34).


64–      Vgl. nunmehr Art. 56 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112.


65 – Vgl. nunmehr Art. 135 der Richtlinie 2006/112.