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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 6. November 2013(1)

Rechtssache C-190/12

Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company

gegen

Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy

(Vorabentscheidungsersuchen des Wojewódzki Sąd Administracyjny w Bydgoszczy [Polen])

„Niederlassungsfreiheit – Freier Kapitalverkehr – Art. 56 EG, 57 EG und 58 EG – Besteuerung der Einkünfte juristischer Personen – Dividenden, die an in Drittstaaten ansässige Investmentfonds ausgeschüttet werden – Steuerbefreiung“





I –    Einleitung

1.        Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen möchte der Wojewódzki Sąd Administracyjny w Bydgoszczy (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Bydgoszcz) (Polen) wissen, ob es mit dem freien Kapitalverkehr vereinbar ist, dass Dividenden, die an Investmentfonds in Drittstaaten ausgeschüttet werden, und Dividenden, die an in Polen ansässige Investmentfonds ausgeschüttet werden, steuerlich unterschiedlich behandelt werden.

2.        Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen dem Investmentfonds Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company (im Folgenden: Kläger), dessen Sitz sich in den Vereinigten Staaten befindet, und dem Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy (Direktor der Finanzkammer Bydgoszcz) wegen der Weigerung dieser Behörde, eine Überzahlung pauschaler Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 und 2006, die als Steuer auf Dividenden entrichtet wurde, die von Kapitalgesellschaften mit Sitz in Polen an den Kläger ausgeschüttet worden waren, festzustellen und zu erstatten.

3.        Im Einzelnen beantragte der Kläger im Dezember 2010 bei der Steuerverwaltung die Erstattung einer Überzahlung pauschaler Körperschaftsteuer, mit der die an ihn ausgeschütteten Dividenden nach Art. 22 Abs. 1 des Gesetzes über die Körperschaftsteuer (ustawa o podatku dochodowym od osób prawnych) vom 15. Februar 1992 (im Folgenden: polnisches Körperschaftsteuergesetz) in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 Buchst. b des am 8. Oktober 1974 in Washington unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Volksrepublik [Polen] und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern auf das Einkommen (Umowa między Rządem [Polskiej] Rzeczypospolitej Ludowej a Rządem Stanów Zjednoczonych Ameryki o uniknięciu podwójnego opodatkowania i zapobieżeniu uchylaniu się od opodatkowania w zakresie podatków od dochodu) zu einem Steuersatz von 15 % belastet worden waren.

4.        Dieser Antrag wurde mit Entscheidung vom 2. Mai 2011 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger als in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässiger Investmentfonds nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 10 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes erfülle, wonach nur Investmentfonds, die ihre Tätigkeit gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über Investmentfonds (ustawa o funduszach inwestycyjnych) vom 27. Mai 2004 (im Folgenden: polnisches Investmentfondsgesetz) ausüben, von der Steuer befreit sind(2).

5.        Diese Entscheidung wurde vom Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy am 6. Dezember 2011 bestätigt; der Kläger erhob daraufhin bei dem vorlegenden Gericht Anfechtungsklage.

6.        Nachdem das vorlegende Gericht festgestellt hat, dass es sich bei den vom Kläger getätigten Investitionen um Portfolioinvestitionen handele, da die Beteiligungen am Kapital der Gesellschaften dem Kläger keinen Einfluss auf die Leitung der betreffenden Gesellschaften ermöglichten, und dass polnische Investmentfonds nicht automatisch in den Genuss der persönlichen Steuerbefreiung kämen, sondern die im polnischen Investmentfondsgesetz vorgesehenen Anforderungen beachten müssten, stellt es sich die Frage, ob wegen des engen Zusammenhangs zwischen der Steuerbefreiung und den Bestimmungen des letztgenannten Gesetzes die Niederlassungsfreiheit und nicht der freie Kapitalverkehr zur Anwendung kommen müsse.

7.        Für den Fall, dass unbeschadet dessen der freie Kapitalverkehr zur Anwendung kommen sollte, fragt sich das vorlegende Gericht, ob der eingeschränkte Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach dem polnischen Körperschaftsteuergesetz damit vereinbar sei. Seiner Ansicht nach könnte eine mögliche Einschränkung insbesondere durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sein, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, da die für die Gewährung der Steuerbefreiung erforderlichen Informationen über den Status und die Vorschriften über die Arbeitsweise der Fonds nicht in den Anwendungsbereich der Informationsaustauschverfahren fielen.

8.        Unter diesen Umständen hat der Wojewódzki Sąd Administracyjny w Bydgoszczy beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 56 Abs. 1 EG (jetzt Art. 63 AEUV) auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften durch einen Mitgliedstaat anzuwenden, die bezüglich der Rechtslage der Steuerpflichtigen differenzieren, indem sie Investmentfonds mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Rahmen einer allgemeinen persönlichen Befreiung die Befreiung von der pauschalen Körperschaftsteuer für erhaltene Dividenden gewähren, eine solche Befreiung jedoch nicht für einen Investmentfonds vorsehen, der steuerlich in den Vereinigten Staaten ansässig ist?

2.      Kann die unterschiedliche Behandlung von Fonds mit Sitz in einem Drittstaat und Fonds mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, die im nationalen Recht betreffend die persönliche Befreiung auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer vorgesehen ist, im Licht von Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG in Verbindung mit Art. 58 Abs. 3 EG (jetzt Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV in Verbindung mit Art. 65 Abs. 3 AEUV) als gerechtfertigt angesehen werden?

9.        Der Kläger, die polnische, die deutsche, die spanische, die französische, die italienische und die finnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. Alle Vorgenannten, mit Ausnahme der italienischen und der finnischen Regierung, sind in der mündlichen Verhandlung am 5. September 2013 gehört worden.

II – Beurteilung

A –    Zur ersten Vorlagefrage: Anwendbarkeit des freien Kapitalverkehrs

10.      Zwar bezieht sich die erste Vorlagefrage ihrem Wortlaut nach nur auf Art. 56 EG, aus der Begründung des Vorabentscheidungsersuchens, wie sie in Nr. 6 dieser Schlussanträge zusammengefasst worden ist, geht jedoch hervor, dass das vorlegende Gericht – in Anbetracht des engen Zusammenhangs zwischen der im polnischen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Steuerbefreiung und den im polnischen Investmentfondsgesetz geregelten Zugangsvoraussetzungen für den polnischen Investmentfondsmarkt – Zweifel hat, ob der freie Kapitalverkehr oder eher die Niederlassungsfreiheit anwendbar ist.

11.      Während nach Ansicht des Klägers, der deutschen und der italienischen Regierung sowie der Kommission der freie Kapitalverkehr anwendbar ist(3), meint die polnische Regierung, dass, wenn überhaupt, entweder die Niederlassungsfreiheit oder der freie Dienstleistungsverkehr einschlägig sei. Unter dem Aspekt der letztgenannten Freiheit und unter Berufung auf das Urteil Fidium Finanz(4) vertritt die polnische Regierung die Auffassung, dass in Drittstaaten ansässige Investmentfonds deshalb nicht in den Genuss des steuerlichen Anreizes nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 10 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes kommen könnten, weil die Investmentfonds, wenn sie Anteile polnischer Gesellschaften anböten, als Finanzmittler oder Verwalter von Portfoliovermögen tätig würden und damit eine Dienstleistung erbrächten.

12.      Ich für meinen Teil glaube nicht, dass sich die Anwendbarkeit des freien Kapitalverkehrs vernünftigerweise in Zweifel ziehen lässt.

13.      Insoweit ist zuallererst auf den Gegenstand der im Ausgangsverfahren streitigen Bestimmungen abzustellen, die nicht die Voraussetzungen für den Zugang von Investmentfonds eines Drittstaats zum Markt eines Mitgliedstaats, vorliegend den der Republik Polen, betreffen, sondern die steuerliche Behandlung der Einkünfte dieser Fonds regeln.

14.      Mit dieser einfachen Feststellung lässt sich meiner Ansicht nach bereits die Anwendbarkeit des freien Dienstleistungsverkehrs ausschließen.

15.      Im Gegensatz zu der Situation, die dem Urteil Fidium Finanz zugrunde lag, in der es um eine von deutschen Behörden gegenüber einer Schweizer Gesellschaft ausgesprochene Untersagung ging, in Deutschland ansässigen Kunden gewerbsmäßig Kredite zu gewähren, weil die Gesellschaft nicht über die nach deutschem Recht hierfür erforderliche Erlaubnis verfügte, und die der Gerichtshof dem Anwendungsbereich des freien Dienstleistungsverkehrs zugeordnet hat(5), wird nämlich dadurch, dass Investmentfonds aus Drittstaaten, die von polnischen Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden erhalten, von der Steuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 10 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes ausgeschlossen sind, diesen Wirtschaftsteilnehmern nicht der Zugang zum polnischen Markt verwehrt.

16.      Was die Abgrenzung zwischen der Niederlassungsfreiheit und dem freien Kapitalverkehr betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Behandlung von Dividenden sowohl unter Art. 43 EG betreffend die Niederlassungsfreiheit als auch unter Art. 56 EG betreffend den freien Kapitalverkehr fallen kann(6).

17.      Zudem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass innerstaatliche Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, deren Anwendung nicht vom Umfang der Beteiligung der Dividenden empfangenden Gesellschaft an der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft abhängt, sowohl unter Art. 43 EG als auch unter Art. 56 EG fallen können(7).

18.      Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von aus Drittstaaten stammenden „eingehenden“ Dividenden, d. h. von Dividenden, die von einer Gesellschaft eines Drittstaats an eine im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässige Person ausgeschüttet werden, hat der Gerichtshof bis vor sehr kurzer Zeit angenommen, dass die betreffende Person sich nicht auf Art. 56 EG berufen konnte, wenn der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ergab, dass sie über Beteiligungen verfügte, die ihr einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft des Drittstaats verschafften(8). In einem solchen Kontext kam mit anderen Worten allein die Niederlassungsfreiheit zur Anwendung. Die entsprechende Person konnte sich jedoch nicht auf diese Freiheit berufen, weil feststeht, dass der EG-Vertrag keine Erstreckung der Niederlassungsfreiheit auf Beziehungen mit Drittstaatsangehörigen vorsieht(9). In der Praxis konnte sich der Inhaber solcher Beteiligungen daher auf keine dieser beiden Verkehrsfreiheiten berufen.

19.      Der Gerichtshof hat mit dem Urteil vom 13. November 2012, Test Claimants in the FII Group Litigation, als Große Kammer diese Position geändert. Er hat entschieden, dass sich eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft, die von einer in einem Drittstaat niedergelassenen Gesellschaft ausgeschüttete Dividenden erhält, gegenüber einer unabhängig vom Umfang der Beteiligung anwendbaren nationalen Regelung zur steuerlichen Behandlung von aus Drittstaaten stammenden Dividenden unabhängig vom Umfang der von ihr gehaltenen Beteiligung auf Art. 56 EG berufen kann. Denn in einem derartigen Fall besteht keine Gefahr, dass die betreffende Gesellschaft die Niederlassungsfreiheit unberechtigt ausnutzt, da die in Rede stehenden steuerrechtlichen Bestimmungen nicht die Voraussetzungen für den Marktzugang einer solchen Gesellschaft in einem Drittstaat betreffen, sondern lediglich die steuerliche Behandlung von Dividenden, die sich aus den von der betreffenden Gesellschaft getätigten Investitionen ergeben(10).

20.      Dieser neue Ansatz bietet den Vorteil, dass die volle Wirksamkeit von Art. 56 EG bei Sachverhalten gewährleistet ist, bei denen nach der bis dahin geltenden Rechtsprechung Wirtschaftsteilnehmern aus Drittstaaten, die sich definitionsgemäß nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen können, obwohl keine Gefahr eines Missbrauchs einer solchen Freiheit bestand, ebenfalls die Möglichkeit vorenthalten wurde, sich auf den freien Kapitalverkehr zu berufen.

21.      Die vom Gerichtshof vorgenommene Wertung, deren wesentlicher Inhalt in Nr. 19 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegeben ist, lässt sich meines Erachtens auf den Fall „ausgehender“ Dividenden übertragen, d. h. auf Dividenden, die eine Gesellschaft eines Mitgliedstaats zugunsten ihres in einem Drittstaat ansässigen Aktionärs ausschüttet, wie es im Ausgangsverfahren der Fall ist, soweit die Auslegung von Art. 56 EG nicht auf eine unberechtigte Ausnutzung der Niederlassungsfreiheit hinauslaufen kann.

22.      Eine solche Gefahr lässt sich meines Erachtens im Ausgangsverfahren ausschließen. Denn außer dem bereits erwähnten Umstand, dass es in den einschlägigen Bestimmungen des polnischen Körperschaftsteuergesetzes nicht um die Voraussetzungen für den Zugang ausländischer Wirtschaftsteilnehmer zum polnischen Markt geht, sondern um die steuerliche Behandlung von Dividenden, steht fest, dass der Kläger in den beiden streitigen Steuerjahren lediglich eine sogenannte Portfolioinvestition getätigt hat, deren Umfang ganz offensichtlich unterhalb von 10 % des Kapitals der ausschüttenden polnischen Gesellschaften liegt und die es ihm nicht ermöglicht, auf die Verwaltung und die Kontrolle der polnischen Gesellschaften, an denen er Beteiligungen hält, Einfluss auszuüben(11).

23.      Demzufolge ist Art. 56 EG meines Erachtens dahin auszulegen, dass es möglich ist, sich gegenüber der Anwendung von Steuervorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren streitigen, nach denen Dividenden, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften an einen in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds ausschütten, nicht in den Genuss einer Steuerbefreiung kommen können, auf diese Vorschrift zu berufen.

B –    Zur zweiten Vorlagefrage: Vereinbarkeit der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung mit dem freien Kapitalverkehr

1.      Zur Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

24.      Zu den Maßnahmen, die Art. 56 Abs. 1 EG als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, gehören u. a. solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat abzuhalten(12). Das Verbot des Art. 56 Abs. 1 EG erstreckt sich unzweideutig auf Beschränkungen des freien Verkehrs von Kapital aus Drittstaaten.

25.      Im vorliegenden Fall wurden nach dem polnischen Körperschaftsteuergesetz in seiner im Ausgangsverfahren anwendbaren, d. h. in den Jahren 2005 und 2006 und bis Januar 2011 geltenden Fassung Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft an einen nicht gebietsansässigen, in einem Drittstaat niedergelassenen Investmentfonds ausschüttete, grundsätzlich durch Einbehaltung einer Quellensteuer von 19 % der Besteuerung unterworfen, sofern kein Doppelbesteuerungsabkommen einen anderen Steuersatz vorsah, während entsprechende Dividenden von der Steuer befreit waren, wenn sie an einen gebietsansässigen Fonds ausgeschüttet wurden, sofern dieser Fonds auch die Voraussetzungen des polnischen Investmentfondsgesetzes erfüllte.

26.      Diese Ungleichbehandlung betraf auch Investmentfonds, die in anderen Mitgliedstaaten als Polen ansässig sind, da der polnische Gesetzgeber, wie bereits ausgeführt, erst ab dem 1. Januar 2011 infolge der Einfügung der Nr. 10a in Art. 6 Abs. 1 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes und auf ein von der Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren hin die Befreiung von der Quellensteuer auf ausgeschüttete Dividenden auf Investmentfonds der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Mitgliedstaaten des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen), die den unter das polnische Investmentfondsgesetz fallenden Fonds vergleichbar sind, ausgedehnt hat.

27.      Folglich waren – wie die Kommission zutreffend geltend gemacht hat – allein Investmentfonds, die in Polen ansässig waren und ihre Tätigkeit gemäß dem polnischen Investmentfondsgesetz ausübten, von der Steuer befreit, während gebietsfremde Fonds systematisch davon ausgeschlossen waren, und zwar auch dann, wenn – wie im Ausgangsverfahren – zugunsten der gebietsfremden Fonds aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ein ermäßigter Steuersatz auf Dividenden zur Anwendung kam.

28.      Mit anderen Worten: Allein an polnische Investmentfonds ausgeschüttete Dividenden konnten in den Genuss der im polnischen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Befreiung von der Quellensteuer kommen.

29.      Eine solche unterschiedliche steuerliche Behandlung der Dividenden bei Investmentfonds in Abhängigkeit vor allem von dem Ort, an dem der jeweilige Investmentfonds seinen Sitz hat, ist geeignet, gebietsfremde Investmentfonds von Investitionen in in Polen ansässige Gesellschaften und in Polen ansässige Anleger vom Erwerb von Anteilen an gebietsfremden Investmentfonds abzuhalten(13).

30.      Eine solche Steuerregelung stellt daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die grundsätzlich im Widerspruch zu Art. 56 EG steht.

31.      Diese Beschränkung könnte jedoch unionsrechtlich zulässig sein, wenn die Ungleichbehandlung, aus der sie sich ergibt, Situationen betrifft, die objektiv nicht miteinander vergleichbar sind(14), was im Übrigen mehrere Regierungen, die in der vorliegenden Rechtssache Erklärungen eingereicht haben, geltend gemacht haben.

32.      Diese Regierungen stützen ihren Standpunkt, dass keine objektiv miteinander vergleichbaren Situationen vorlägen, auf das Argument, dass Investmentfonds in Drittstaaten nicht der für die Gründung und die Tätigkeit europäischer Investmentfonds geltenden Regelung unterlägen, d. h. speziell der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)(15), deren Anforderungen vom polnischen Investmentfondsgesetz, von dessen Einhaltung die Gewährung der Steuerbefreiung nach dem Körperschaftsteuergesetz abhänge, im Wesentlichen übernommen worden seien.

33.      Diese Argumentation ist meines Erachtens aus mehreren Gründen zu verwerfen.

34.      Erstens hat die Beurteilung der objektiven Vergleichbarkeit der Situationen nach der Rechtsprechung allein anhand der Unterscheidungskriterien zu erfolgen, die mit der in Rede stehenden nationalen Regelung aufgestellt worden sind(16).

35.      Im vorliegenden Fall handelte es sich vor allem – zum im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt – um das Sitzkriterium, da kein außerhalb Polens ansässiger Investmentfonds in den Genuss der im polnischen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Befreiung von der Quellensteuer auf ausgeschüttete Dividenden kommen konnte.

36.      Daher beruht die in Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegebene Argumentation der Regierungen auf der irrigen Prämisse, dass die einzige Anforderung für den Erhalt der im polnischen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Befreiung von der Quellensteuer die Erfüllung der Voraussetzungen des polnischen Investmentfondsgesetzes in Bezug auf die Gründung und die Tätigkeit dieser Fonds sei. Diese Anforderung galt nämlich letztlich erst nachrangig, und zwar ausschließlich für Investmentfonds, die in Polen ansässig waren.

37.      Zweitens ist es meines Erachtens ebenso irrig, im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, ob die Situationen objektiv miteinander vergleichbar sind, zwei grenzüberschreitende Fallgestaltungen miteinander zu vergleichen, wie es das vorlegende Gericht tut, wenn es in seinen Fragen „Investmentfonds mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union“ erwähnt, und wie es auch die meisten Regierungen tun, die in der vorliegenden Rechtssache Erklärungen eingereicht haben.

38.      Denn bei dieser Herangehensweise bleibt das Hauptunterscheidungskriterium, auf das das polnische Körperschaftsteuergesetz in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung abstellt, nämlich letztlich der Sitz des Investmentfonds in Polen, außer Betracht.

39.      Drittens ist in Anbetracht des im polnischen Körperschaftsteuergesetz aufgestellten Hauptkriteriums darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in seinem Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. entschieden hat, dass eine unterschiedliche Behandlung gebietsansässiger Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), die eine Steuerbefreiung für von ihnen bezogene Dividenden inländischer Herkunft genießen, und gebietsfremder OGAW (einschließlich in Drittstaaten niedergelassener), die einer Quellensteuer auf solche Dividenden unterliegen, nicht durch einen erheblichen in der Situation begründeten Unterschied gerechtfertigt werden kann(17).

40.      Zwar war diese Schlussfolgerung das Ergebnis der Prüfung der Frage, ob bei der Beurteilung der objektiven Vergleichbarkeit der Situationen neben der Situation der OGAW als kollektive Anlageinstrumente auch die Situation der Inhaber ihrer Anteile berücksichtigt werden musste.

41.      Der Gerichtshof hat jedoch gerade ausgeschlossen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob die in Rede stehenden steuerlichen Rechtsvorschriften diskriminierend waren oder nicht, die steuerliche Situation der Anteilsinhaber berücksichtigt wird, und zwar wegen des Unterscheidungskriteriums, auf das die betreffenden Rechtsvorschriften abstellten, nämlich den Sitz der OGAW(18).

42.      Wie ich bereits mehrfach erwähnt habe, ist der Ort des Sitzes des Investmentfonds das Hauptkriterium, auf das das polnische Körperschaftsteuergesetz in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung abstellt. Die vorliegende Situation kann daher meiner Ansicht nach der Situation der französischen Rechtsvorschriften gleichgestellt werden, die dem Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. zugrunde lag.

43.      Im Übrigen lässt die besonders eingehende Begründung in Bezug auf die objektive Vergleichbarkeit der Situationen gebietsansässiger OGAW und gebietsfremder OGAW, einschließlich solcher aus Drittstaaten, die in den Randnrn. 24 bis 44 jenes Urteils vorgenommen wird, keinerlei Zweifel an der Maßgeblichkeit einer solchen Vergleichbarkeit erkennen, der auf die allgemeine Erwägung gegründet wäre, dass die in Drittstaaten ansässigen Investmentfonds einer anderen Regelung für ihre Tätigkeiten unterliegen als der, die auf die im Gebiet der Union ansässigen OGAW anwendbar ist.

44.      Wie aus seiner Randnr. 42 hervorgeht, bestätigt das Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. letztlich – auch für in Drittstaaten (außerhalb des EWR) ansässige Einrichtungen – die nunmehr gefestigte Rechtsprechungslinie, wonach, wenn ein Mitgliedstaat seine Zuständigkeit für die Besteuerung von Dividenden ausübt, die an Gesellschaften ausgeschüttet werden, die in anderen Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens sind, ansässig sind, sich die gebietsfremden Empfänger dieser Dividenden hinsichtlich der Gefahr einer wirtschaftlichen Doppel- oder Kettenbesteuerung der von den gebietsansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden in einer vergleichbaren Situation befinden wie die gebietsansässigen(19).

45.      Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof sinngemäß ausgeführt hat, ist dieser Gedankengang im Stadium der objektiven Vergleichbarkeit der Situationen auch auf die vorliegende Rechtssache anzuwenden. Denn der angebliche Unterschied hinsichtlich des Regelungsrahmens für polnische Investmentgesellschaften im Verhältnis zu in Drittstaaten ansässigen Investmentgesellschaften lässt sich angemessener bei der Prüfung der Gründe des Allgemeininteresses, die die Beschränkung steuerlicher Natur möglicherweise rechtfertigen, berücksichtigen.

46.      Viertens ist schließlich festzustellen, dass im vorliegenden Verfahren nicht vorgetragen worden ist, dass die Anwendung der Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens von 1974 es in allen Fällen im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs erlauben würde, unterschiedliche Behandlung zu neutralisieren, die sich aus der Anwendung der Bestimmungen des polnischen Körperschaftsteuergesetzes oder der Bestimmungen dieses Abkommens, die eine Herabsetzung des Quellensteuersatzes bewirken, ergibt(20).

47.      Im Hinblick auf die Steuervorschriften eines Mitgliedstaats – wie das polnische Körperschaftsteuergesetz –, die als Hauptkriterium für die Unterscheidung, ob auf von polnischen Gesellschaften an Investmentfonds ausgeschüttete Dividenden Quellensteuer erhoben wird oder nicht, auf den Ort des Sitzes des jeweiligen Fonds abstellen, befinden sich demzufolge in Drittstaaten ansässige Investmentfonds in einer Situation, die objektiv mit der von Investmentfonds mit Sitz im polnischen Hoheitsgebiet vergleichbar ist.

48.      Es bleibt daher zu prüfen, ob – wie die polnische, die deutsche, die spanische und die französische Regierung geltend machen – die unterschiedliche Behandlung entweder unter die sogenannte Stillhalteklausel nach Art. 57 Abs. 1 EG fällt oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

2.      Zur Anwendbarkeit von Art. 57 Abs. 1 EG

49.      Das vorlegende Gericht hat in seinem Vorabentscheidungsersuchen weder auf Art. 57 Abs. 1 EG abgestellt noch diese Vorschrift erwähnt, und allein dieser Grund hat den Gerichtshof manchmal veranlasst, in seinen Antworten nicht auf die Auslegung dieser Vorschrift einzugehen(21).

50.      Art. 57 Abs. 1 EG war jedoch dessen ungeachtet Gegenstand schriftlicher Erklärungen der polnischen Regierung und der Kommission sowie – in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof auf dessen Ersuchen hin – mündlicher Ausführungen der Parteien.

51.      Auch wenn ich aus den nachfolgend dargestellten Gründen der Ansicht bin, dass Art. 57 Abs. 1 EG in der vorliegenden Rechtssache keine Anwendung finden sollte – und das vorlegende Gericht daher letztlich zu Recht diese Vorschrift in seinem Vorabentscheidungsersuchen nicht erwähnt hat – scheint es mir dennoch angebracht, sich mit der Anwendbarkeit von Art. 57 Abs. 1 EG auseinanderzusetzen, insbesondere deshalb, weil mehrere Regierungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof im Anschluss an die polnische Regierung die – im Gegensatz zu der Auffassung der Kommission stehende – Ansicht vertreten haben, dass das polnische Körperschaftsteuergesetz in den Anwendungsbereich dieses Artikels falle, was zur Folge hätte, dass die Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs, die dieses Gesetz in Bezug auf Drittstaaten enthält, beibehalten werden dürften.

52.      Art. 57 Abs. 1 EG erlaubt bekanntermaßen unter den dort aufgeführten Voraussetzungen und unbeschadet des in Art. 56 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots von Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern die Beibehaltung der am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften bestehenden Beschränkungen, sofern die entsprechenden Kapitalbewegungen im Zusammenhang mit „Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten“ stehen.

53.      Die Regelung eines Mitgliedstaats fällt folglich in den Anwendungsbereich von Art. 57 Abs. 1 EG, wenn sie neben ihrer Geltung für einen Drittstaat – was in Bezug auf die Vereinigten Staaten von Amerika außer Zweifel steht – die zeitlichen und inhaltlichen Kriterien erfüllt, die dieser Artikel aufstellt.

54.      Hinsichtlich des ersten Kriteriums sind sich – mit Ausnahme des Klägers – die Parteien, die sich in der mündlichen Verhandlung hierzu geäußert haben, darüber einig, dass es im vorliegenden Fall erfüllt sei. Die Quellensteuer, von der die an den Kläger ausgeschütteten Dividenden betroffen seien, sei das Ergebnis eines Zusammenwirkens des polnischen Körperschaftsteuergesetzes vom 15. Februar 1992 und des Doppelbesteuerungsabkommens von 1974, mithin von Rechtstexten, die beide aus der Zeit vor dem 31. Dezember 1993 stammten.

55.      Zwar ist es grundsätzlich Sache des nationalen Gerichts, den Inhalt der Rechtsvorschriften festzustellen, die zu einem im Unionsrecht festgelegten Zeitpunkt bestehen(22); wie jedoch der Kläger und die Kommission in ihren Erklärungen ausgeführt haben, wurde die für polnische Investmentfonds vorgesehene Steuerbefreiung erst 1997 eingeführt(23).

56.      Ich räume ein, dass diese Änderung des polnischen Körperschaftsteuergesetzes nicht die Besteuerung von Dividenden in Frage gestellt hat, die an in Drittstaaten ansässige Investmentfonds ausgeschüttet werden.

57.      Allerdings lässt sich nicht sagen, dass vor dem 31. Dezember 1993 eine „Beschränkung“ im Sinne der Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr bestanden habe, die nach diesem Datum beibehalten worden wäre. Denn am 31. Dezember 1993 wären von polnischen Gesellschaften an ausländische Einheiten ausgeschüttete Dividenden entweder mit derselben Quellensteuer belastet worden wie an in Polen ansässige Einheiten ausgeschüttete Dividenden oder mit einem ermäßigten Steuersatz in Anwendung eines zwischen der Republik Polen und dem betreffenden Staat geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens. Mit der Einführung einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von durch polnische Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden, je nachdem, ob ihre Empfänger in Polen ansässig sind oder nicht, hat die 1997 vorgenommene Ergänzung des polnischen Körperschaftsteuergesetzes somit die am 31. Dezember 1993 bestehende Steuerregelung wesentlich geändert. Diese Ergänzung beruht daher im Sinne der Rechtsprechung(24) auf einem anderen Grundgedanken als das frühere Recht, das am 31. Dezember 1993 in Kraft war, da damit eine unterschiedliche Behandlung von polnischen und nicht polnischen Einheiten eingeführt wird, die vorher unbekannt war, indem sie Erstere von der Quellensteuer und den Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit der pauschalen Steuererhebung auf an sie ausgeschüttete Dividenden befreit. Diese Änderung lässt sich meiner Ansicht nach nicht mit am 31. Dezember 1993 bestehenden Rechtsvorschriften gleichstellen.

58.      Diese Feststellung genügt, um die Anwendung von Art. 57 Abs. 1 EG in der vorliegenden Rechtssache auszuschließen.

59.      Vorsorglich sei bemerkt, dass ich jedenfalls der Ansicht bin, dass die streitige Regelung nicht die in Art. 57 Abs. 1 EG aufgestellte inhaltliche Voraussetzung erfüllt, nämlich die, dass die betreffenden Kapitalbewegungen im Zusammenhang mit „Direktinvestitionen“ oder „Finanzdienstleistungen“ stehen müssen.

60.      Der Begriff der Direktinvestitionen wird – ebenso wie übrigens der der Kapitalbewegungen – im Vertrag nicht definiert.

61.      In Anbetracht dessen hat sich der Gerichtshof bislang sowohl für die Auslegung von Art. 56 EG als auch für die von Art. 57 EG systematisch auf die Definitionen in der Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des EWG-Vertrags(25) und die zugehörigen Begriffsbestimmungen gestützt(26).

62.      Direktinvestitionen fallen in die Rubrik I dieser Nomenklatur und umfassen nach Abschnitt 2 die „Beteiligung an neuen oder bereits bestehenden Unternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen“. Den Begriffsbestimmungen zufolge sind Direktinvestitionen „Investitionen jeder Art … zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmern oder Unternehmen, für die die Mittel zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind“. Die Begriffsbestimmungen stellen hinsichtlich des Abschnitts 2 der Rubrik I, der auf Aktiengesellschaften anwendbar ist, auch klar, das „eine Beteiligung im Sinne einer Direktinvestition dann vorhanden [ist], wenn das im Besitz … eines … Inhabers befindliche Aktienpaket … [ihm] die Möglichkeit gibt, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligen“.

63.      Speziell auf der Grundlage dieser Definitionen unterscheidet der Gerichtshof bei Kapitalbewegungen zwischen sogenannten „Direktinvestitionen“ in Form der Beteiligung an einem Unternehmen durch den Besitz von Aktien, die die Möglichkeit verschafft, sich tatsächlich an seiner Verwaltung und seiner Kontrolle zu beteiligen, und „Portfolioinvestitionen“, bei denen Wertpapiere auf dem Kapitalmarkt allein in der Absicht einer Geldanlage erworben werden, ohne auf die Verwaltung und die Kontrolle des Unternehmens Einfluss nehmen zu wollen(27).

64.      Auch wenn diese beiden Arten von Investitionen unter den Begriff der Kapitalbewegungen fallen, so sind doch nur Direktinvestitionen, einschließlich der Ausschüttung der sich daraus ergebenden Dividenden(28), Gegenstand der in Art. 57 Abs. 1 EG zugelassenen Ausnahme.

65.      Man könnte daher daran denken, eine allgemeine Abgrenzung zwischen diesen beiden Kategorien von Investitionen vorzunehmen, insbesondere im Interesse der Rechtssicherheit.

66.      Ein solches Vorhaben wäre jedoch vergeblich, da sehr viel von den Umständen abhängt, die der jeweiligen Rechtssache eigen sind.

67.      Im Ausgangsverfahren findet das polnische Körperschaftsteuergesetz zwar unterschiedslos auf die Ausschüttung von Dividenden durch polnische Gesellschaften Anwendung, unabhängig vom Umfang der an diesen Gesellschaften gehaltenen Beteiligung(29). Es steht jedoch fest, dass es allein um die Quellenbesteuerung des Ertrags von Beteiligungen geht, die vom vorlegenden Gericht selbst nur als Ausdruck sogenannter Portfolioinvestitionen beschrieben werden.

68.      Eine Berufung auf Art. 57 Abs. 1 EG dürfte daher im Ausgangsverfahren nicht möglich sein.

69.      Diese Bewertung wird nicht durch die beiden zusätzlichen – von der polnischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof vorgebrachten – Argumente entkräftet, dass der Begriff „Direktinvestitionen“ eine weitere Bedeutung habe, von der der Gerichtshof in Randnr. 21 des Urteils VBV – Vorsorgekasse(30) ausgegangen sei, und dass die in Rede stehenden Kapitalbewegungen, wenn nicht mit „Direktinvestitionen“, so doch mit der „Erbringung von Finanzdienstleistungen“ verbunden seien, die ebenfalls von Art. 57 Abs. 1 EG erfasst sei.

70.      Hinsichtlich des ersten Arguments ist festzustellen, dass das Urteil VBV – Vorsorgekasse, in dem es allein um die Auslegung von Art. 63 AEUV (ehemals Art. 56 EG) ging, eine nationale Regelung betraf, nach der ein Angehöriger eines Mitgliedstaats beim Erwerb von Anteilscheinen eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Kapitalanlagefonds Einschränkungen unterlag, und nicht, wie im Ausgangsverfahren, die Besteuerung von Dividenden, die eine Gesellschaft eines Mitgliedstaats an einen gebietsfremden Investmentfonds ausgeschüttet hat. Zwar hat der Gerichtshof in Randnr. 21 jenes Urteils angenommen, dass ein solcher Erwerb eine „Direktinvestition“ und somit Kapitalverkehr im Sinne von Art. 63 AEUV darstellt. Er hat sich jedoch – nicht ganz eindeutig, wie ich einräume – auf die mit „Geschäfte mit Anteilscheinen von Organismen für gemeinsame Anlagen“ überschriebene Rubrik IV der Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361 – und nicht auf die „Direktinvestitionen“ betreffende Rubrik I dieser Nomenklatur – sowie auf Randnummern zweier früherer Urteile(31) bezogen, in denen die genannte Rubrik I ausgelegt worden war und denen zufolge sich eine Direktinvestition durch die Möglichkeit auszeichnet, sich tatsächlich an der Verwaltung und der Kontrolle einer Gesellschaft zu beteiligen.

71.      Ich habe daher den Eindruck, dass der Gerichtshof in Randnr. 21 des Urteils VBV – Vorsorgekasse nicht beabsichtigt hat, eine Unterscheidung zwischen Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen vorzunehmen oder den Anwendungsbereich des ersten Begriffs zu erweitern, sondern allenfalls klarstellen wollte, dass der Erwerb von Anteilscheinen eines Kapitalanlagefonds eine Investition darstellt, die unter den Begriff „Kapitalverkehr“ im Sinne von Art. 63 AEUV und der Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361 fällt.

72.      Im Übrigen ist zwar wegen des weiten Anwendungsbereichs von Art. 63 AEUV eine gewisse „Unschärfe“ bei der Verwendung der Bezeichnungen für die verschiedenen Kategorien der unter diesen Artikel fallenden Kapitalbewegungen hinnehmbar; dies kann jedoch nicht für Direktinvestitionen gelten, die in Art. 64 Abs. 1 AEUV (ehemals Art. 57 Abs. 1 EG) aufgeführt sind, der als Ausnahme von einer durch das Unionsrecht vorgesehenen Freiheitsregelung, die zudem besonders weit ist, eine enge Auslegung erfahren muss(32).

73.      Das zweite Argument der polnischen Regierung ist, dass die Kapitalbewegungen, die Gegenstand der vom polnischen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Beschränkung seien, wenn sie nicht den „Direktinvestitionen“ zugeordnet würden, mit der „Erbringung von Finanzdienstleistungen“ verbunden seien, nämlich den Dienstleistungen, die der Investmentfonds an seine Anteilsinhaber erbringe.

74.      Zunächst ist festzustellen, dass weder der EG-Vertrag noch die Rechtsprechung noch die Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361 den Begriff „Erbringung von Finanzdienstleistungen“ definieren; die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 88/361 beschränken sich darauf, eine bestimmte Anzahl von Finanzgeschäften wie Kontokorrent- und Termingeschäfte, Darlehen und Finanzkredite sowie Transferzahlungen in Erfüllung von Versicherungsverträgen anzuführen und die unter diese Richtlinie fallenden „Finanzinstitutionen“ wie Banken, Versicherungsgesellschaften, Kapitalanlagegesellschaften und sonstige Institutionen ähnlicher Art zu erwähnen. Meines Erachtens ist jedoch richtigerweise davon auszugehen, dass es bei diesen Dienstleistungen um solche geht, die die genannten Institutionen ihren Kunden erbringen.

75.      Sodann umfasst der Anwendungsbereich von Art. 57 Abs. 1 EG in Anbetracht des Wortlauts dieser Vorschrift allein Situationen, die unter den freien Kapitalverkehr im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen fallen, und nicht umgekehrt die Erbringung von Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit Kapitalbewegungen. Infolgedessen bin ich der Ansicht, dass der Gegenstand der unter Art. 57 Abs. 1 EG fallenden nationalen Maßnahmen in erster Linie Kapitalbewegungen sind und nicht die Erbringung von Finanzdienstleistungen. Wäre dem nicht so, fielen diese Maßnahmen in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr. Diese Bestimmungen erstrecken sich jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht auf die Beziehungen mit Drittstaaten.

76.      Schließlich – und dies ist zweifellos die schwierigste Frage – geht es darum, die Natur der Verbindung zu bestimmen, die zwischen den betreffenden Kapitalbewegungen und der Erbringung von Finanzdienstleistungen bestehen muss. Soll in den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 57 Abs. 1 EG jede Beschränkung von Kapitalbewegungen gegenüber Drittstaaten fallen, die in Verbindung mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen steht, was zur Folge hätte, dass fast alle Finanzgeschäfte darunter fielen, oder muss diese Vorschrift enger ausgelegt werden?

77.      Die letztgenannte Option erscheint mir aus zwei Gründen vorzugswürdig. Zum einen erfasst Art. 57 Abs. 1 EG seinem Wortlaut nach Kapitalbewegungen, sofern sie „im Zusammenhang mit“(33) der Erbringung von Finanzdienstleistungen stehen, d. h., sofern sie jene implizieren bzw. nach sich ziehen. Zum anderen ermöglicht es eine einschränkende Auslegung des Vorbehalts in Art. 57 Abs. 1 EG auch, die praktische Wirksamkeit der in Art. 56 EG aufgenommenen Freiheit gegenüber allen zu wahren.

78.      Im vorliegenden Fall ist der Gegenstand des polnischen Körperschaftsteuergesetzes die Besteuerung von Dividenden, die in Drittstaaten ansässigen Investmentfonds zufließen, ohne dass insoweit die Beziehung zwischen den Anteilsinhabern des Fonds und dem Fonds selbst irgendeinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage oder den Steuersatz hätte. Somit betrifft die nationale Maßnahme keine Kapitalbewegungen in Verbindung mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen durch den Investmentfonds an seine Anteilsinhaber, unabhängig davon, ob diese im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder in dem eines Drittstaats ansässig sind. Im Übrigen zieht die Beteiligung eines Investmentfonds eines Drittstaats am Kapital von Gesellschaften eines Mitgliedstaats für sich genommen keine Erbringung von Finanzdienstleistungen nach sich.

79.      Ich bin daher der Auffassung, dass die betreffenden Kapitalbewegungen, d. h., der von dem Investmentfonds vorgenommene Erwerb von Beteiligungen am Kapital polnischer Gesellschaften, die an ihn Dividenden ausgeschüttet haben, die nach dem polnischen Körperschaftsteuergesetz besteuert wurden, nicht im Sinne von Art. 57 Abs. 1 EG im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen stehen.

80.      Infolgedessen bin ich – im Gegensatz zu der von der polnischen Regierung in ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof vertretenen Ansicht – der Meinung, dass eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht in den Anwendungsbereich von Art. 57 Abs. 1 EG fällt. 

81.      Es bleibt nunmehr zu prüfen, ob die betreffende Beschränkung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann.

3.      Zur Rechtfertigung der Beschränkung

82.      Die Regierungen, die in der vorliegenden Rechtssache Erklärungen abgegeben haben, haben eine Reihe von Gründen angeführt, die ihrer Ansicht nach die im polnischen Körperschaftsteuergesetz enthaltene Beschränkung rechtfertigen, darunter vorrangig den der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, dem sich auch die Kommission anschließt. Diese Regierungen vertreten ferner die Ansicht, dass die unterschiedliche Behandlung auch wegen der Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu wahren und eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis sicherzustellen, beibehalten werden dürfe. Der deutschen Regierung zufolge ist auch die Sicherung des Steueraufkommens eine zulässige Rechtfertigung für eine Beschränkung gegenüber Drittstaaten.

83.      Ich halte es nicht für unverzichtbar, diese Gründe der Reihe nach zu prüfen, da der erste von ihnen in der Tat auch meiner Auffassung nach zur Rechtfertigung der streitigen Beschränkung ausreichen könnte. Ich werde daher hauptsächlich die Rechtfertigung mit der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, analysieren; auf die anderen Gründe, die im Übrigen weit weniger überzeugend erscheinen, werde ich nur hilfsweise eingehen.

a)      Zur Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten

84.      Die Regierungen, die sich an dem Verfahren in der vorliegenden Rechtssache beteiligt haben, machen geltend, dass die nationalen Steuerbehörden, wenn die streitige Beschränkung nicht bestünde, nicht in der Lage wären, bei den zuständigen Behörden der Vereinigten Staaten zu überprüfen, ob ein in diesem Land ansässiger Investmentfonds seine Tätigkeit zu Bedingungen ausübe, die den im polnischen Investmentfondsgesetz, auf das Art. 6 Abs. 1 Nr. 10 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes verweise und mit dem die Richtlinie 85/611 umgesetzt werde, vorgesehenen gleichwertig seien. Die Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, die als zwingender Grund des Allgemeininteresses anerkannt sei(34), rechtfertige daher die Weigerung, die streitige Steuerbefreiung Investmentfonds zu gewähren, deren Sitz sich in den Vereinigten Staaten befinde; die Steuerabkommen der Republik Polen mit den Vereinigten Staaten von Amerika böten im Übrigen keine Hilfe bei der Beschaffung der erforderlichen Auskünfte.

85.      Die Kommission teilt im Wesentlichen diesen Standpunkt. Sie geht nämlich davon aus, dass Art. 6 Abs. 1 Nrn. 10 und 10a des polnischen Körperschaftsteuergesetzes beibehalten werden dürfe, da das Fehlen eines rechtlichen Mittels, das es den polnischen Steuerbehörden sowie dem vorlegenden Gericht ermöglichen würde, die von dem amerikanischen Investmentfonds vorgelegten Nachweise und Informationen zu überprüfen, um seine Vergleichbarkeit mit Investmentfonds zu beurteilen, die in Polen, in der Union oder im EWR ansässig seien, es nicht erlaube, den amerikanischen Investmentfonds den Letztgenannten gleichzustellen.

86.      Bis auf kleine Nuancen teile ich im Wesentlichen diese Argumentation.

87.      Zwar sind Investmentfonds aus Drittstaaten, wie die polnische Regierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof eingeräumt hat, in jedem Fall von der Quellensteuerbefreiung nach dem polnischen Körperschaftsteuergesetz ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn sie die Anforderungen für diese Befreiung erfüllen könnten.

88.      Hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Union hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass nicht von vornherein auszuschließen ist, dass der Steuerpflichtige zur Vorlage von Belegen in der Lage ist, anhand deren die Steuerbehörden des Mitgliedstaats eindeutig und genau prüfen können, dass er keine Steuerhinterziehung oder -umgehung zu begehen versucht(35).

89.      Innerhalb der Union kann folglich die vorbehaltlose Weigerung eines Mitgliedstaats, einem gebietsfremden Steuerpflichtigen einen Steuervorteil zu gewähren, indem er es diesem verwehrt, den Nachweis dafür beizubringen, dass er die Voraussetzungen für die Einräumung dieses Vorteils erfüllen kann, grundsätzlich nicht mit der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, gerechtfertigt werden, da eine solche Weigerung unverhältnismäßig wäre(36).

90.      Jedoch lässt sich diese Rechtsprechung, die Beschränkungen der Ausübung der Verkehrsfreiheiten innerhalb der Union betrifft, nicht in vollem Umfang und automatisch auf die Beziehungen mit Drittstaaten übertragen, da sich nach Auffassung des Gerichtshofs die Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit mit diesen Staaten – einschließlich derjenigen, die durch das EWR-Abkommen gebunden sind – in einen anderen rechtlichen Rahmen einfügt(37).

91.      Zur Verdeutlichung dieses Unterschieds hinsichtlich des rechtlichen Rahmens verweist der Gerichtshof im Allgemeinen darauf, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten innerhalb der Union über Mechanismen der gegenseitigen Amtshilfe verfügen, nämlich die Richtlinie 77/799/EWG(38), die es ihnen u. a. ermöglicht, die von gebietsfremden Steuerpflichtigen gemachten Angaben für die Zwecke der ordnungsgemäßen Besteuerung zu überprüfen, dass sich diese Mechanismen derzeit aber nicht auf Drittstaaten erstrecken und der Rahmen für die Kooperation mit den zuständigen Behörden dieser Staaten von multilateralen oder bilateralen Übereinkünften abhängt(39).

92.      In ihren schriftlichen Erklärungen hat die Kommission vorgeschlagen, dieser Rechtsprechung zu folgen, und insoweit im Wesentlichen vorgetragen, dass es im vorliegenden Fall dem vorlegenden Gericht zufolge und nach ihrer eigenen Überprüfung weder die Bestimmungen (Art. 23) des Doppelbesteuerungsabkommens von 1974(40) noch die Bestimmungen (Art. 4) des am 25. Januar 1988 in Straßburg unterzeichneten Übereinkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Europarats über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen(41), dessen Vertragspartei die Vereinigten Staaten von Amerika sind(42), ermöglichten, die erforderlichen Informationen zur Gründung und Arbeitsweise von Investmentfonds zu erhalten, die das polnische Körperschaftsteuergesetz für die Gewährung der begehrten Befreiung verlange, und dass diese Feststellung ausreiche, um die streitige unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.

93.      Dieser Gedankengang erscheint mir jedoch in der vorliegenden Rechtssache nicht stichhaltig, wie am Ende übrigens auch die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.

94.      Der Unterschied hinsichtlich des rechtlichen Rahmens zwischen der innerhalb der Union eingerichteten Zusammenarbeit einerseits und den Beziehungen mit Drittstaaten andererseits besteht nämlich im vorliegenden Fall nicht auf der Ebene der Kooperationsmechanismen im Bereich der Steuern, denn die Richtlinie 77/799 sieht ebenso wenig wie die zwischen der Republik Polen und den Vereinigten Staaten von Amerika geltenden Vertragsbestimmungen einen Mechanismus für den Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten über die Voraussetzungen für die Zulassung, die Kontrolle und die Arbeitsweise von Investmentfonds vor. Mit anderen Worten: Diese Art von Informationen, die nach dem polnischen Körperschaftsteuergesetz für die Gewährung der streitigen Befreiung verlangt wird, bleibt, wie das vorlegende Gericht zu Recht hervorgehoben hat, außerhalb des Anwendungsbereichs des Informationsaustausches nach der Richtlinie 77/799.

95.      Meines Erachtens beruht der Unterschied hinsichtlich des rechtlichen Rahmens vielmehr im Wesentlichen auf der Existenz des mit der Richtlinie 85/611 geschaffenen Systems, von dem Drittstaaten ausgeschlossen sind.

96.      Mit dieser Richtlinie werden nämlich, wie u. a. in ihrem vierten Erwägungsgrund ausgeführt wird, gemeinsame Mindestregelungen bezüglich der (für alle Mitgliedstaaten geltenden) Zulassung, der Aufsicht, der Struktur, der Geschäftstätigkeit sowie der Informationspflichten für in den Mitgliedstaaten ansässige OGAW geschaffen. Die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn die Verwaltungsgesellschaft (bei einem Organismus in Vertragsform) oder die Investmentgesellschaft (bei einem Organismus in Satzungsform) die Voraussetzungen gemäß den Abschnitten III bzw. IV dieser Richtlinie erfüllt, die die Bedingungen für die Aufnahme und die Ausübung der entsprechenden Tätigkeiten regeln. Hinsichtlich der Aufsicht über die OGAW sieht die Richtlinie 85/611 in ihrem Abschnitt IX vor, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, denen zur Erfüllung ihrer Aufgaben alle erforderlichen Zuständigkeiten und Aufsichtsbefugnisse übertragen werden müssen, zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben eng zusammenarbeiten, und erlegt ihnen die Verpflichtung auf, sich die hierfür notwendigen Auskünfte zu übermitteln. Sie sieht auch vor, dass ihre Vorschriften zum Informationsaustausch sowohl innerhalb eines Mitgliedstaats als auch zwischen Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen der Übermittlung von Auskünften zwischen den zuständigen Behörden und den im öffentlichen Auftrag mit der Überwachung der Finanzinstitute und Finanzmärkte betrauten Stellen, den Organen, die mit der Liquidation oder dem Konkurs von OGAW und Unternehmen, die an ihrer Tätigkeit mitwirken, oder ähnlichen Verfahren befasst werden, und den mit der gesetzlichen Kontrolle der Rechnungslegung von Finanzinstituten betrauten Personen nicht entgegensteht. Die Richtlinie 85/611 sieht außerdem unter den in ihrem Art. 50a genannten Voraussetzungen einen Frühwarnmechanismus für die zuständigen Behörden hinsichtlich – mindestens – aller Tatsachen oder Entscheidungen vor, die eine Verletzung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Zulassung oder der Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit der OGAW oder der Unternehmen, die an ihrer Tätigkeit mitwirken, darstellen oder die Fortsetzung der Tätigkeit des OGAW oder des Unternehmens, das an seiner Tätigkeit mitwirkt, beeinträchtigen oder die Ablehnung der Bestätigung ordnungsgemäßer Rechnungslegung oder Vorbehalte nach sich ziehen können.

97.      Selbst wenn man annimmt, dass es einem in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds möglich wäre, eine Reihe von Auskünften beizubringen, die es den Behörden eines Mitgliedstaats ermöglichten, festzustellen, dass er vergleichbaren Regeln unterworfen ist wie den, die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gelten und mit denen die Bestimmungen der Richtlinie 85/611 umgesetzt werden, können diese Behörden in Ermangelung eines gemeinsamen Rahmens, der dem innerhalb der Union anwendbaren Rahmen entspricht, die Richtigkeit der ihnen übermittelten Informationen nicht dadurch überprüfen, dass sie sich an die zuständigen Behörden des betreffenden Drittstaats wenden, und sie können von diesen Behörden auch keine Auskünfte über mögliche Änderungen in Bezug auf den Status oder die Tätigkeit des Investmentfonds erhalten. Dem kommt umso größere Bedeutung zu, als innerhalb der Union Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 85/611 die Dauerhaftigkeit des Status als OGAW nach den Bestimmungen dieser Richtlinie gewährleistet, indem er von den Mitgliedstaaten verlangt, diesen Organismen zu untersagen, sich in einen dieser Richtlinie nicht unterliegenden Organismus umzubilden, was in Drittstaaten in keiner Weise gewährleistet ist.

98.      Unter diesen Umständen ist es nach meinem Dafürhalten in Anbetracht der Kriterien, auf die das polnische Körperschaftsteuergesetz für die Gewährung der streitigen Steuerbefreiung abstellt, legitim, einem in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds diese Befreiung zu verwehren, da keine Verpflichtung zum Austausch von Informationen mit den zuständigen Behörden des betreffenden Staates besteht, die der Verpflichtung entspräche, die in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Union und den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die durch die Bestimmungen der Richtlinie 85/611 gebunden sind, gilt.

99.      Diese Schlussfolgerung wird meines Erachtens weder dadurch in Frage gestellt, dass der polnische Gesetzgeber erst ab dem 1. Januar 2011 auf ein von der Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren hin mit der Einfügung einer Nr. 10a in Art. 6 Abs. 1 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes die streitige Steuerbefreiung auf eindeutige Art und Weise auf die OGAW ausgedehnt hat, die im Gebiet eines Mitgliedstaats der Union oder eines Vertragsstaats des EWR-Abkommens ansässig sind, noch dadurch, dass die Richtlinie 85/611 keine Aussage zu der Möglichkeit eines Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Stellen im Sinne dieser Richtlinie und den Steuerbehörden eines Mitgliedstaats enthält.

100. Hinsichtlich des ersten Punktes genügt die Feststellung, dass zwar vor der Änderung des Körperschaftsteuergesetzes die abweichende Regelung, die für OGAW galt, die im Gebiet eines Mitgliedstaats der Union oder eines Vertragsstaats des EWR-Abkommens ansässig waren, mit Recht – wie im Übrigen auch die Kommission meinte – als Verstoß gegen den im EG-Vertrag verankerten freien Kapitalverkehr angesehen werden konnte, dass sich aber eine solche Feststellung meines Erachtens nicht auf die abweichende Behandlung von in Drittstaaten ansässigen Investmentfonds ausdehnen ließ, weil für die zuständigen Behörden dieser Staaten gerade keine Verpflichtung zum Austausch von Auskünften bestand, die den Verpflichtungen entsprach, die den Behörden der Mitgliedstaaten und der Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die durch die Bestimmungen der Richtlinie 85/611 gebunden sind, oblagen.

101. Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, eine Beschränkung wie die des Art. 6 Abs. 1 Nr. 10 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens nicht rechtfertigen kann, muss nicht bedeuten, dass diese Beschränkung einem in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds nicht entgegengehalten werden kann.

102. In gleicher Weise bedeutet, was den zweiten Punkt betrifft, das Schweigen der Richtlinie 85/611 zum Austausch von Informationen zwischen den nach dieser Richtlinie für die Aufsicht über die OGAW zuständigen Stellen und den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten nicht, dass auch innerhalb der Union keine ausreichenden Informationen an die Steuerbehörden übermittelt werden können, damit ein persönlicher Steuervorteil wie die streitige Steuerbefreiung gewährt werden kann.

103. Für die Gewährung eines solchen Vorteils können sich die Steuerbehörden eines Mitgliedstaats nämlich, falls sie bestimmte Informationen, die ihnen auf der Grundlage der nationalen Bestimmungen übermittelt werden, nicht unmittelbar erhalten oder überprüfen können, mit der Bestätigung der nach der Richtlinie 85/611 zuständigen Stellen ihres Mitgliedstaats begnügen, dass die von dem OGAW übermittelten Informationen zutreffend sind, gegebenenfalls nachdem diese Stellen bestimmte Auskünfte von den entsprechenden Stellen der anderen Mitgliedstaaten oder der Vertragsstaaten des EWR-Abkommens überprüft oder erhalten haben. Eine solche Möglichkeit besteht hingegen nicht im Verhältnis zu Drittstaaten.

104. Schließlich wird die in den vorliegenden Schlussanträgen vorgeschlagene Linie auch nicht dadurch entwertet, dass der Gerichtshof im Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. die Rechtfertigung mit der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, in Bezug auf die französische Steuerregelung – auch im Verhältnis zu Drittstaaten – verworfen hat. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Rechtfertigung deshalb verworfen wurde, weil die französische Regierung in keiner Weise dargetan hatte, aus welchen Gründen dieses Ziel eine Besteuerung gebietsfremder OGAW rechtfertigen sollte(43).

105. Unter diesen Umständen und in Anbetracht der Tatsache, dass der rechtliche Rahmen in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens ein anderer ist als in den Beziehungen mit Drittstaaten, bin ich der Auffassung, dass sich der betroffene Mitgliedstaat auf die Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu bewahren, berufen kann, um die im polnischen Körperschaftsteuergesetz vorgeschriebene unterschiedliche steuerliche Behandlung zu rechtfertigen, die bei der Ausschüttung von Dividenden an einen in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds Anwendung findet.

106. Ich schlage daher vor, auf die zweite Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass die Art. 56 EG und 58 EG der Anwendung von Steuervorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, wonach Dividenden, die in diesem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften an einen in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds ausschütten, keine Steuerbefreiung zugutekommen kann, da die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats – in Ermangelung eines rechtlichen Rahmens und einer Verwaltungszusammenarbeit, die dem rechtlichen Rahmen und der Verwaltungszusammenarbeit in der Union und im EWR entsprechen – nicht in der Lage sind, die eventuell von dem Investmentfonds übermittelten Auskünfte insbesondere über seine Zulassung und seine Tätigkeit auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

107. In Anbetracht dieses Antwortvorschlags ist es, wie ich bereits betont habe, nicht unbedingt erforderlich, die anderen Rechtfertigungsgründe zu prüfen, die die an dem vorliegenden Verfahren beteiligten Regierungen vorgetragen haben. Nur für den Fall, dass der Gerichtshof sich dem vorstehenden Vorschlag nicht anschließt, gehe ich kurz auf diese anderen Gründe ein.

b)      Zur Wahrung der Kohärenz des Steuersystems

108. Der polnischen Regierung zufolge steht die in Rede stehende Steuerbefreiung in einem engen Zusammenhang mit der Besteuerung von Ausschüttungen, die Investmentfonds zugunsten der an ihnen Beteiligten vornehmen. Die Kohärenz des Steuersystems werde dadurch sichergestellt, dass gewährleistet werde, dass die Einkünfte eines bestimmten Steuerpflichtigen, unabhängig von dem Mitgliedstaat, in dem er diese erzielt habe, Gegenstand einer effektiven (tatsächlichen) einheitlichen Besteuerung seien, bei der der Betrag der in anderen Mitgliedstaaten entrichteten Steuern berücksichtigt werde.

109. Die deutsche Regierung führt ergänzend im Wesentlichen aus, dass im Verhältnis zu Drittstaaten, insbesondere wenn es um Investmentfonds gehe, der Begriff der steuerlichen Kohärenz erweitert und eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Besteuerungsebenen vorgenommen werden müsse; hierbei müsse eine Ausschüttung an die im Ausland ansässigen Anteilseigner vermutet werden. Eine solche Herangehensweise bewirke einen Gleichlauf mit dem Ziel der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse und sei umso mehr gerechtfertigt, als das im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale System auf die Gleichstellung von Investmentanlagen mit Direktanlagen ausgerichtet sei. Ein weiter Begriff der Kohärenz, der die Ebenen mehrerer Steuerpflichtiger verbinde, der aber auf das Verhältnis zu Drittstaaten beschränkt sei, könne ein Ausufern dieses Rechtfertigungsgrundes verhindern.

110. Dieses Vorbringen, das im Wesentlichen dem Vorbringen der französischen Regierung in der Rechtssache Santander Asset Management SGIIC u. a. entspricht, das der Gerichtshof in seinem Urteil in jener Rechtssache verworfen hat, sollte meines Erachtens auch hier verworfen werden.

111. Damit die Wahrung der Kohärenz eines Steuersystems die Beschränkung einer Verkehrsfreiheit rechtfertigen kann, ist es nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung erforderlich, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht, wobei die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs im Hinblick auf das mit der fraglichen Regelung verfolgte Ziel beurteilt werden muss(44).

112. Ebenso wenig wie es bei der französischen Steuerregelung der Fall war, die dem Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. zugrunde lag, macht das polnische Körperschaftsteuergesetz die Befreiung von der Quellensteuer auf Dividenden von der Voraussetzung abhängig, dass die von einem Investmentfonds bezogenen Dividenden von diesem weiter ausgeschüttet werden und ihre Besteuerung bei den Anteilsinhabern dieses Fonds einen Ausgleich für die Befreiung von der Quellensteuer erlaubt(45).

113. Außerdem sehe ich nicht, aus welchem objektiven Grund diese Auslegung in Beziehungen zu Drittstaaten abgeschwächt oder in Frage gestellt werden sollte, wie es die deutsche Regierung fordert. Im Übrigen beruht diese Auffassung auf der nicht belegten Prämisse, dass die Anteilsinhaber von Investmentfonds aus Drittstaaten ebenfalls in diesen Staaten oder zumindest nicht im Inland ansässig sind, und bedeutet, dass die Kohärenz einer solchen Steuerregelung eines Mitgliedstaats, unabhängig von dem mit ihr verfolgten Ziel, in jedem Fall von der Prüfung der steuerlichen Behandlung abhängig wäre, die auf die betreffenden Anteilsinhaber im Staat ihres steuerlichen (Wohn-)Sitzes anwendbar ist. Diese Argumentation würde demnach zu einer Verfälschung der Prüfung des Grundes der Kohärenz des Steuersystems eines Mitgliedstaats führen, da diese Prüfung grundsätzlich im Hinblick auf ein und dasselbe Steuersystem durchgeführt werden muss.

114. Folglich bin ich der Auffassung, dass sich der betreffende Mitgliedstaat nicht auf das im Allgemeininteresse liegende Ziel, die Kohärenz seines Steuersystems zu wahren, berufen kann.

c)      Zur ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis und zur Sicherung des Steueraufkommens

115. Nur die deutsche Regierung hat als Gründe für die Rechtfertigung der in Rede stehenden Beschränkung die Notwendigkeit, die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen der Republik Polen und den Vereinigten Staaten von Amerika zu wahren, sowie die Sicherung des Steueraufkommens angeführt; diese Gründe sind nach meinem Dafürhalten gemeinsam zu prüfen, da sie in der Argumentation dieser Regierung sehr eng miteinander verknüpft sind.

116. Auch wenn sich das Vorbringen der deutschen Regierung im Wesentlichen mit den Erwägungen deckt, die den Unterschied hinsichtlich des rechtlichen Rahmens zwischen den Beziehungen innerhalb der Union und den Beziehungen, die die Mitgliedstaaten mit Drittstaaten unterhalten, betreffen und auf die ich im Zusammenhang mit der Rechtfertigung mit der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, bereits eingegangen bin, vertritt die deutsche Regierung allgemeiner die Auffassung, dass sich die Beteiligten für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten nur dann auf die Regelungen des Binnenmarkts berufen könnten, wenn in einem völkerrechtlichen Vertrag die wechselseitige Marktöffnung garantiert sei, da eine Beschränkung der Besteuerungshoheit eines Mitgliedstaats mittels der Kapitalverkehrsfreiheit automatisch zu einer Verlagerung von Steuersubstrat in einen Drittstaat führen würde.

117. Die deutsche Regierung ergänzt, die für innergemeinschaftliche Sachverhalte entwickelten Argumente des Gerichtshofs, dass sich ein Mitgliedstaat, wenn er sich dafür entschieden habe, die in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Empfängergesellschaften im Hinblick auf entsprechende Einkünfte nicht zu besteuern, nicht auf die Notwendigkeit berufen könne, eine ausgewogene Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen, um die Besteuerung von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfängergesellschaften zu rechtfertigen, oder dass die Republik Polen deshalb nicht auf ihr Recht zur Besteuerung eines Einkommens, das durch eine in ihrem Hoheitsgebiet ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit erzielt worden sei, verzichten müsse, weil die von den gebietsansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden bereits bei den ausschüttenden Gesellschaften als von diesen erzielte Gewinne besteuert worden seien, seien auf eine Situation, an der Drittstaaten beteiligt sind, nicht anwendbar.

118. In diesem Zusammenhang ist die deutsche Regierung außerdem der Auffassung, dass der Schutz des nationalen Steueraufkommens im Verhältnis zu Drittstaaten als eigenständiger Rechtfertigungsgrund anerkannt werden müsse. Denn der Binnenmarkt ziele auf eine effiziente Ressourcenallokation innerhalb der Union ab und lasse daher keine fiskalischen Sonderlasten für grenzüberschreitende Sachverhalte im Vergleich zu innerstaatlichen Sachverhalten zu, um die Steuerneutralität im Binnenmarkt zu sichern. Drittstaaten, die nicht zum Binnenmarkt gehörten, seien daher nicht verpflichtet, einen vergleichbaren Verlust an Steuersubstrat gegenüber den Mitgliedstaaten hinzunehmen. Deshalb könne der freie Kapitalverkehr die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichten, zugunsten von Drittstaaten auf Steueraufkommen zu verzichten. Im Übrigen fehle im Verhältnis zu Drittstaaten auch das institutionelle Gegengewicht der Rechtsangleichung nach den Art. 114 AEUV und 115 AEUV, die dazu beitragen könne, innerhalb des Binnenmarkts die fiskalischen Interessen der Einzelstaaten gegenüber den Marktteilnehmern zu koordinieren.

119. Diese Auffassung überzeugt mich nicht.

120. Soweit erstens diese Argumentation allgemein dahin geht, den freien Kapitalverkehr mit Drittstaaten vom Bestehen eines Gegenseitigkeitserfordernisses abhängig zu machen, ist festzustellen, dass der EG-Vertrag (wie nunmehr der AEU-Vertrag) kein solches Erfordernis vorsieht. Diese Feststellung findet sich im Übrigen ausdrücklich in allgemeiner Form in den Randnrn. 127 und 128 des Urteils Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen.

121. Zudem sieht der EG-Vertrag (wie nunmehr der AEU-Vertrag) den Erlass verschiedener Maßnahmen auf der Ebene der Union vor, wie die in Art. 57 Abs. 3 EG und Art. 59 EG vorgesehenen, die speziell auf den Kapitalverkehr mit Drittstaaten Anwendung finden und die gerade mit dem Ziel eingeführt wurden, den Willen der Hohen Vertragsparteien widerzuspiegeln, dieser Freiheit einen Rahmen zu setzen, indem Maßnahmen, die im Rahmen des Unionsrechts für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern einen Rückschritt darstellen, oder vorübergehende Schutzmaßnahmen zugelassen werden(46).

122. Das Vorhandensein solcher Bestimmungen, die speziell und abschließend den in Art. 56 EG verankerten freien Kapitalverkehr gegenüber Drittstaaten beschränken, belegt ebenfalls, dass dieser keinem zusätzlichen Gegenseitigkeitserfordernis unterworfen werden darf, das im EG-Vertrag nicht vorgesehen ist.

123. Zweitens ist festzustellen, dass der Gerichtshof in seinem Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. gestützt auf eine nunmehr gefestigte Rechtsprechung entschieden hat, dass sich ein Mitgliedstaat, wenn er sich dafür entschieden hat, die gebietsansässigen OGAW, die Dividenden inländischer Herkunft beziehen, nicht zu besteuern, nicht auf die Notwendigkeit einer ausgewogenen Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten berufen kann, um die Besteuerung der gebietsfremden OGAW, die derartige Einkünfte haben, zu rechtfertigen(47). Denn wenn sich ein Mitgliedstaat, insbesondere um eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung zu vermeiden, einseitig dazu entschließt, auf die Ausübung seiner Steuerzuständigkeit in Bezug auf Einkünfte zu verzichten, die in seinem Hoheitsgebiet Ansässige im Zusammenhang mit dort durchgeführten Tätigkeiten erzielt haben, ist es nicht kohärent, wenn er sich auf die Notwendigkeit, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zu gewährleisten, beruft, um die Ausübung seiner Steuerzuständigkeit unter identischen Umständen allein in Bezug auf von Gebietsfremden erzielte Einkünfte zu rechtfertigen.

124. Abgesehen von der Frage des Rückgangs der Steuereinnahmen, die von der deutschen Regierung im Übrigen angesprochen worden ist und auf die ich unmittelbar im Anschluss eingehen werde, sehe ich nicht, wie sich das Fehlen von Kohärenz bei einem Argument, das ein Mitgliedstaat gegenüber anderen Mitgliedstaaten anführt, in Kohärenz verwandeln könnte, wenn das Argument Drittstaaten entgegengehalten wird. Da die deutsche Regierung nicht weiter auf diesen Punkt eingegangen ist, sollte der Gerichtshof hierfür meines Erachtens auch nicht mehr Zeit aufwenden.

125. Was schließlich den Rückgang der Steuereinnahmen betrifft, hat der Gerichtshof in der Tat bereits entschieden, dass nicht auszuschließen ist, dass ein Mitgliedstaat nachweisen kann, dass eine Beschränkung des Kapitalverkehrs mit Drittstaaten aus einem bestimmten Grund gerechtfertigt ist, auch wenn dieser Grund keine stichhaltige Rechtfertigung für eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten darstellen würde(48).

126. Bis heute hat der Gerichtshof – auch hinsichtlich der Beziehungen mit anderen Drittstaaten als den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens – den Rückgang der Steuereinnahmen nicht als zwingenden Grund des Allgemeininteresses anerkannt, der eine den freien Kapitalverkehr beschränkende Maßnahme rechtfertigen könnte(49).

127. Dieser Ansatz sollte meines Erachtens nicht in Frage gestellt werden. Die polnischen Gesellschaften sind nicht nur weiterhin der Gewinnbesteuerung unterworfen, sondern der betreffende Mitgliedstaat könnte, um zum einen eine nicht diskriminierende Behandlung sämtlicher Investmentfonds, denen Dividenden zufließen, zu gewährleisten und zum anderen einen Rückgang der Steuereinnahmen zu vermeiden, längerfristig sehr wohl auf die Verhinderung der Doppelbesteuerung verzichten, da ihm das Unionsrecht derzeit nicht vorschreibt, Maßnahmen zur Beseitigung von Fällen von Doppelbesteuerung zu erlassen oder aufrechtzuerhalten(50).

128. Ich bin daher der Auffassung, dass die in Rede stehende Beschränkung nicht mit der Notwendigkeit, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis und das Steueraufkommen des betreffenden Mitgliedstaats zu wahren, gerechtfertigt werden kann.

129. In Anbetracht der Antwort, die ich für die zweite Frage des vorlegenden Gerichts vorschlage, wonach die in Rede stehende Beschränkung angesichts der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu wahren, gerechtfertigt ist, ist nicht über den Hilfsantrag der polnischen Regierung zu entscheiden, die Wirkungen des ergehenden Urteils zeitlich zu begrenzen.

III – Ergebnis

130. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Wojewódzki Sąd Administracyjny w Bydgoszczy zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

1.      Art. 56 EG ist dahin auszulegen, dass es möglich ist, sich gegenüber der Anwendung von Steuervorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren streitigen, nach denen Dividenden, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften an einen in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds ausschütten, nicht in den Genuss einer Steuerbefreiung kommen können, auf diese Vorschrift zu berufen.

2.      Die Art. 56 EG und 58 EG stehen der Anwendung von Steuervorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegen, wonach Dividenden, die in diesem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften an einen in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds ausschütten, keine Steuerbefreiung zugutekommen kann, da die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats – in Ermangelung eines rechtlichen Rahmens und einer Verwaltungszusammenarbeit, die dem rechtlichen Rahmen und der Verwaltungszusammenarbeit in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum entsprechen – nicht in der Lage sind, die eventuell von dem Investmentfonds übermittelten Auskünfte insbesondere über seine Zulassung und seine Tätigkeit auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Infolge des Erlasses des Gesetzes vom 25. November 2010, das am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, kommen auch Investmentfonds, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums ansässig sind, in den Genuss der Steuerbefreiung, wenn sie die in Art. 6 Abs. 1 Nr. 10a des polnischen Körperschaftsteuergesetzes aufgezählten Voraussetzungen erfüllen.


3 – Die spanische, die französische und die finnische Regierung haben nicht ausdrücklich zur ersten Frage Stellung genommen, sondern alle ausschließlich auf die zweite Frage aus dem Blickwinkel des freien Kapitalverkehrs geantwortet.


4 – Urteil vom 3. Oktober 2006 (C-452/04, Slg. 2006, I-9521).


5 – Urteil Fidium Finanz (Randnrn. 2 und 45 bis 47). Der Gerichtshof hat allerdings ausgeschlossen, dass sich die Gesellschaft Schweizer Rechts als in einem Drittstaat ansässige juristische Person auf den freien Dienstleistungsverkehr berufen kann.


6 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (C-436/08 und C-437/08, Slg. 2011, I-305, Randnr. 33), vom 15. September 2011, Accor (C-310/09, Slg. 2011, I-8115, Randnr. 30), und vom 13. November 2012, Test Claimants in the FII Group Litigation (C-35/11, Randnr. 89).


7 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C-446/04, Slg. 2006, I-11753, Randnr. 36), und vom 26. Juni 2008, Burda (C-284/06, Slg. 2008, I-4571, Randnr. 71), sowie Beschluss vom 4. Juni 2009, KBC Bank und Beleggen, Risicokapitaal, Beheer (C-439/07 und C-499/07, Slg. 2009, I-4409, Randnr. 69).


8 – Vgl. u. a., auch wenn es dort ein wenig unklar formuliert ist, Urteil vom 24. Mai 2007, Holböck (C-157/05, Slg. 2007, I-4051, Randnrn. 23 bis 29), und Beschluss KBC Bank und Beleggen, Risicokapitaal, Beheer (Randnrn. 70 und 71). Vgl. auch, hinsichtlich der steuerlichen Behandlung einer Erbfolge unter zwei deutschen Staatsangehörigen, die die Übertragung einer Beteiligung von 100 % am Gesellschaftskapital einer Gesellschaft mit Sitz in Kanada einschloss, Urteil vom 19. Juli 2012, Scheunemann (C-31/11, Randnrn. 31 bis 34).


9 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Holböck (Randnr. 28) und vom 13. November 2012, Test Claimants in the FII Group Litigation (Randnr. 97).


10 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. November 2012, Test Claimants in the FII Group Litigation (Randnrn. 99 und 100).


11 – Vgl. zur Unterscheidung zwischen Direktinvestitionen und sogenannten Portfolioinvestitionen u. a. Urteil vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome (C-182/08, Slg. 2009, I-8591, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Anwendung des Steuersatzes von 15 % des Bruttodividendenbetrags aus Art. 11 Abs. 2 Buchst. b des Doppelbesteuerungsabkommens von 1974 ergibt, der in allen Fällen gilt, in denen der Investor weniger als 10 % des Kapitals der ausschüttenden polnischen Gesellschaft hält.


12 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (Randnr. 50), und vom 10. Mai 2012, Santander Asset Management SGIIC u. a. (C-338/11 bis C-347/11, Randnr. 15).


13 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnr. 17).


14 – Vgl. u. a. Urteile vom 10. Februar 2011, Missionswerk Werner Heukelbach (C-25/10, Slg. 2011, I-497, Randnr. 29), und Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnr. 23).


15 – ABl. L 375, S. 3. Diese Richtlinie ist mit Wirkung vom 1. Juli 2011 durch die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302, S. 32) aufgehoben und ersetzt worden.


16 – Vgl. Urteile Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnrn. 27 und 28 und die dort angeführte Rechtsprechung) und vom 25. Oktober 2012, Kommission/Belgien (C-387/11, Randnr. 65).


17 – Randnrn. 44 und 16. Was die Drittstaaten betrifft, handelte es sich dort um in den Vereinigten Staaten ansässige OGAW, wie aus Randnr. 6 des Urteils hervorgeht.


18 – Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnrn. 39 und 41). Wie der Gerichtshof in Randnr. 40 dieses Urteils festgestellt hat, unterschied sich die diesem Urteil zugrunde liegende Situation von der, die dem Urteil vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund (C-194/06, Slg. 2008, I-3747), zugrunde lag, in der es um eine Steuerregelung ging, die die Steuerbefreiung der OGAW von der Voraussetzung abhängig machte, dass sämtliche Gewinne dieser Organismen an ihre Anteilsinhaber ausgeschüttet werden.


19 – Vgl. u. a. Urteile vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha (C-303/07, Slg. 2009, I-5145, Randnrn. 43 und 44), vom 19. November 2009, Kommission/Italien (C-540/07, Slg. 2009, I-10983, Randnrn. 53 und 54), vom 3. Juni 2010, Kommission/Spanien (C-487/08, Slg. 2010, I-4843, Randnr. 53), und vom 20. Oktober 2011, Kommission/Deutschland (C-284/09, Slg. 2011, I-9879, Randnr. 58).


20 – Vgl. insbesondere in diesem Sinne Urteile Kommission/Italien (Randnr. 39) und Kommission/Deutschland (Randnr. 70).


21 – Vgl. in dieser Hinsicht Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnr. 54).


22 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Holböck (Randnr. 40).


23 – Vgl. die Ausführungen in Randnr. 6 der schriftlichen Erklärungen der Kommission, die diese in der mündlichen Verhandlung wiederholt hat. Nr. 10 des Art. 6 Abs. 1 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes wurde mit dem Gesetz vom 28. August 1997 eingeführt.


24 – Vgl. insbesondere Urteile Holböck (Randnr. 41), vom 18. Dezember 2007, A (C-101/05, Slg. 2007, I-11531, Randnr. 49), und vom 11. Februar 2010, Fokus Invest (C-541/08, Slg. 2010, I-1025, Randnr. 42).


25 – ABl. L 178, S. 5. Art. 67 wurde durch den Vertrag von Amsterdam aufgehoben.


26 – Vgl. u. a. Urteil Holböck (Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Orange European Smallcap Fund (Randnrn. 98 bis 102) und Glaxo Wellcome (Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil vom 10. November 2011, Kommission/Portugal (C-212/09, Slg. 2011, I-10889, Randnr. 47).


28 – Vgl. insbesondere Urteil vom 13. November 2012, Test Claimants in the FII Group Litigation (Randnr. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).


29 – Zur Erinnerung weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Holböck Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs, die in einer Regelung enthalten waren, die unterschiedslos auf Mitgliedstaaten und auf Drittstaaten anwendbar war und die Ausschüttung von Dividenden betraf, als von Art. 57 Abs. 1 EG gedeckt zugelassen hat. Die Rechtssache Holböck bezog sich jedoch auf Beteiligungen des Aktionärs an der betreffenden Gesellschaft, die es diesem ermöglichten, sich tatsächlich an der Verwaltung oder der Kontrolle dieser Gesellschaft zu beteiligen.


30 – Urteil vom 7. Juni 2012 (C-39/11).


31 – Nämlich Randnr. 37 des Urteils vom 4. Juni 2002, Kommission/Frankreich (C-483/99, Slg. 2002, I-4781) und die wortgleiche Randnr. 38 des Urteils vom gleichen Tag, Kommission/Belgien (C-503/99, Slg. 2002, I-4809).


32 – Vgl. hierzu Urteil vom 17. Oktober 2013, Welte (C-181/12, Randnr. 29), sowie Nr. 51 meiner Schlussanträge in dieser Rechtssache.


33 – Zwar scheinen einige Sprachfassungen dieses Artikels, wie die deutsche und die polnische Fassung, eher neutral zu sein; die Fassungen in spanischer („supongan“), englischer („involving“), italienischer („implichino“) und portugiesischer („envolva“) Sprache bestätigen jedoch meines Erachtens einen gewissen Kausalzusammenhang zwischen der fraglichen Kapitalbewegung und der Erbringung von Finanzdienstleistungen. Die „neutralen“ Fassungen stehen jedenfalls einer engen Auslegung von Art. 57 Abs. 1 EG im Hinblick auf die Notwendigkeit, die praktische Wirksamkeit der in Art. 56 EG verankerten Freiheit zu bewahren, nicht entgegen.


34 – Vgl. u. a. Urteil vom 6. Oktober 2011, Kommission/Portugal (C-493/09, Slg. 2011, I-9247, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


35 – Vgl. u. a. Urteile A (Randnr. 59), und vom 6. Oktober 2011, Kommission/Portugal (Randnr. 46).


36 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 6. Oktober 2011, Kommission/Portugal (Randnr. 46).


37 – Vgl. in diesem Sinne Urteile A (Randnr. 60) sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (Randnr. 65).


38 – Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Steuern auf Versicherungsprämien (ABl. L 336, S. 15) in der durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 (ABl. L 359, S. 30) geänderten und auf die im Ausgangsverfahren streitigen Steuerjahre anwendbaren Fassung (im Folgenden: Richtlinie 77/799).


39 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Kommission/Italien (Randnrn. 70 und 71) sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (Randnrn. 66 und 67).


40 – Art. 23 dieses Abkommens bestimmt u. a., dass die zuständigen Behörden die Informationen austauschen, die zur Durchführung der Bestimmungen des Abkommens, zur Verhinderung von Steuerhinterziehung oder zur Ausführung der wesentlichen Vorschriften über die Steuern, auf die das Abkommen Anwendung findet, erforderlich sind, vorausgesetzt, dass die Art der Informationen ihre Übermittlung nach dem Recht und der Verwaltungspraxis des jeweiligen Vertragsstaats in Bezug auf seine eigenen Steuern erlaubt.


41 – Dieses Übereinkommen ist am 1. April 1995 in Kraft getreten. Nach seinem Art. 4 erteilen sich die Vertragsstaaten gegenseitig alle Auskünfte, die voraussichtlich u. a. für die Veranlagung und Erhebung der Steuern sowie die Beitreibung und Vollstreckung steuerlicher Ansprüche geeignet sind. Der Text des Übereinkommens findet sich auf folgender Website: http://conventions.coe.int.


42 – Die Vereinigten Staaten von Amerika haben dieses Übereinkommen am 26. August 1989 unterzeichnet und am 13. Februar 1991 ratifiziert.


43 – Vgl. Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnr. 54).


44 – Vgl. Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


45 – Vgl. entsprechend Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. (Randnr. 52). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. Oktober 2011, Kommission/Portugal (Randnrn. 37 bis 39).


46 – Diese Auslegung wird auch durch den Wortlaut von Art. 57 Abs. 1 EG bestätigt, der im Gegensatz zu seiner Vorläuferbestimmung, Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 88/361, die Beibehaltung der betreffenden nationalen Maßnahmen gegenüber Drittstaaten nicht von „etwaigen Gegenseitigkeitsbedingungen“ abhängig macht.


47 – Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung.


48 – Vgl. u. a. Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (Randnr. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).


49 – Ebd. (Randnrn. 125 und 126).


50 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 6. Dezember 2007, Columbus Container Services (C-298/05, Slg. 2007, I-10451, Randnr. 45), und vom 8. Dezember 2011, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C-157/10, Slg. 2011, I-13023, Randnr. 31). Vgl. auch Beschluss vom 19. September 2012, Levy und Sebbag (C-540/11, Randnrn. 24 bis 29).