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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

Juliane Kokott

vom 22. Januar 2015(1)

Rechtssache C-686/13

X AB

gegen

Skatteverket

(Vorabentscheidungsersuchen des Högsta förvaltningsdomstol [Schweden])

„Steuerrecht – Nationale Ertragsteuer – Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV – Freier Kapitalverkehr gemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV – Steuerliche Nichtberücksichtigung von Gewinnen und Verlusten bei der Veräußerung einer Beteiligung – Beteiligung an einer Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat – Aufgabe der Tätigkeit der Tochtergesellschaft – Steuerliche Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts, soweit er auf einem Wechselkursverlust beruht“





I –    Einleitung

1.        Ausgangspunkt des schwedischen Steuerrechtsstreits, der dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegt, ist der Umstand, dass im Königreich Schweden Gewinne und Verluste aus der Veräußerung bestimmter Anteile an Gesellschaften im Rahmen der Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden. Für die einen günstig, ist diese Regelung für jene schlecht, die einen Verlust zu gewärtigen haben. Soweit ein solcher Verlust auf einem Wechselkursrisiko beruht und dieses Risiko vor allem bei grenzüberschreitender Tätigkeit bestehen sollte, könnten die Grundfreiheiten aber eine Berücksichtigung des Verlusts gebieten. Dies will das vorlegende Gericht klären, bevor der Kläger des Ausgangsverfahrens seine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft zur Aufgabe ihrer Tätigkeit veranlasst.

2.        Mit einer ähnlichen Konstellation hat sich der Gerichtshof schon einmal in der Rechtssache Deutsche Shell beschäftigt, die einen Wechselkursverlust im Zusammenhang mit der Aufgabe einer ausländischen Betriebsstätte betraf. Damals stellte der Gerichtshof einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit fest(2). Im vorliegenden Verfahren wird nun zu erörtern sein, inwieweit die Erkenntnisse des Urteils Deutsche Shell auf Wechselkursverluste im Zusammenhang mit der Aufgabe der Tätigkeit einer Tochtergesellschaft übertragbar sind.

II – Rechtlicher Rahmen

3.        Das Königreich Schweden erhebt eine Einkommensteuer. Dabei werden auch Erträge aus der Veräußerung von Anteilen an Aktiengesellschaften grundsätzlich besteuert.

4.        Eine Ausnahme gilt jedoch für Anteile, die von bestimmten Gesellschaften, insbesondere Aktiengesellschaften, gehalten werden und die Geschäftszwecken dienen. Gemäß Kapitel 25a § 5 Abs. 1 des schwedischen Einkommensteuergesetzes (inkomstskattelag 1999:1229) ist ein Gewinn, der bei der Veräußerung solcher Anteile entsteht, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite darf nach Abs. 2 der Vorschrift ein Veräußerungsverlust nur dann abgezogen werden, wenn ein entsprechender Veräußerungsgewinn besteuert worden wäre.

5.        Voraussetzung für die steuerliche Nichtberücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten ist nach Kapitel 24 § 14 Abs. 1 des schwedischen Einkommensteuergesetzes, dass der Anteil eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt:

„1.      Der Anteil ist nicht börsennotiert.

2.      Die Gesamtheit der Stimmen aller Anteile des Anteilseigners an dem Unternehmen, an dem er beteiligt ist, macht mindestens 10 % der allen Unternehmensanteilen entsprechenden Stimmrechte aus.

3.      Die Anteilsinhaberschaft dient der Geschäftstätigkeit, die der Anteilseigner oder ein Unternehmen ausübt, das hinsichtlich der eigentumsrechtlichen oder organisatorischen Verhältnisse als dem Anteilseigner nahe stehend angesehen werden kann.“

6.        Vergleichbare Vorschriften gelten für Ausschüttungen auf einen solchen Anteil, die ebenfalls grundsätzlich von der Besteuerung ausgenommen sind. Durch die steuerliche Nichtberücksichtigung von Ausschüttungen sowie von Veräußerungsgewinnen soll die Mehrfachbesteuerung der Gewinne von Gesellschaften vermieden werden.

III – Ausgangsrechtsstreit

7.        Der Ausgangsrechtsstreit betrifft den Antrag der schwedischen Gesellschaft X AB auf einen Vorbescheid im Rahmen ihrer Einkommensbesteuerung.

8.        X hatte im Jahr 2003 eine britische Tochtergesellschaft gegründet. Dabei wurden die Gesellschaftsanteile in US-Dollar ausgegeben. Von 2003 bis 2009 erhöhte X mehrfach ihre Kapitaleinlage bei der Tochtergesellschaft.

9.        Nach der Gründung veräußerte X außerdem Anteile an ihrer Tochtergesellschaft an ihre eigene Muttergesellschaft, so dass X inzwischen nur noch 45 % der Anteile hält.

10.      X plant die – nicht näher erläuterte – Aufgabe der Tätigkeit ihrer britischen Tochtergesellschaft, die offenbar nach schwedischem Recht wie die Veräußerung der Beteiligung an der Tochtergesellschaft behandelt wird. Sie erwartet dadurch einen Wechselkursverlust aufgrund eines mittlerweile veränderten Wechselkurses der schwedischen Krone gegenüber dem US-Dollar. Einen solchen Verlust könnte sie nach den schwedischen Bestimmungen für Veräußerungsverluste bei Anteilen, die Geschäftszwecken dienen, nicht steuerlich geltend machen.

11.      X beantragte vor diesem Hintergrund einen Vorbescheid beim Skatterättsnämnd (Ausschuss für Steuerrecht), um zu klären, ob die Versagung der steuerlichen Berücksichtigung eines Wechselkursverlustes gegen Unionsrecht verstößt. Nachdem der Skatterättsnämnd diese Frage verneinte hatte, beschritt X den Rechtsweg.

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

12.      Der mittlerweile mit dem Rechtsstreit befasste Högsta förvaltningsdomstol hat dem Gerichtshof am 27. Dezember 2013 gemäß Art. 267 AEUV die folgende Frage gestellt:

Stehen die Art. 49 und 63 AEUV nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen der Sitzstaat den Abzug für einen Wechselkursverlust, der in den Veräußerungsverlust aus einem Geschäftszwecken dienenden Anteil an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft eingegangen ist, versagt, wenn der Sitzstaat ein System anwendet, bei dem Veräußerungsgewinne und Veräußerungsverluste aus solchen Anteilen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werden?

13.      Vor dem Gerichtshof haben die Parteien des Ausgangsverfahrens, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Königreich der Niederlande, die Portugiesische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Europäische Kommission im März und April 2014 schriftlich Stellung genommen.

V –    Rechtliche Würdigung

14.      Mit seiner Frage will das vorlegende Gericht klären, ob ein Mitgliedstaat im Rahmen der Erhebung einer Einkommensteuer Gewinne und Verluste bei der Veräußerung von Anteilen an Gesellschaften außer Acht lassen darf, ohne dadurch gegen die Niederlassungsfreiheit oder den freien Kapitalverkehr zu verstoßen. Das vorlegende Gericht hält einen Verstoß für möglich, weil infolge der Regelung auch Wechselkursverluste steuerlich nicht berücksichtigt werden.

15.      Bevor ich darauf antworten werde, ist zu betonen, dass die Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang der Gesellschaft X tatsächlich ein Wechselkursverlust entstehen kann, Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist(3). Aus den Angaben im Vorlagebeschluss ist die Entstehung eines Wechselkursverlustes noch nicht nachvollziehbar. Denn der Umstand allein, dass ein Gesellschaftsanteil in fremder Währung ausgegeben wird, führt bei Aufgabe der Tätigkeit nicht zwangsläufig zur Möglichkeit eines Wechselkursverlustes. Eine solche Möglichkeit kann ich nur dann zweifelsfrei erkennen, wenn die Anteilsinhaberin X bei Aufgabe der Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft lediglich einen Anspruch auf Auszahlung ihres Nominalkapitals in fremder Währung hätte. Besteht in diesem Fall hingegen ein Anspruch auf das Vermögen der Tochtergesellschaft, dürfte es nicht einfach sein, einen Wechselkursverlust isoliert festzustellen, selbst wenn das Vermögen im Rahmen einer Liquidation der Gesellschaft in einer fremden Währung veräußert werden sollte. Denn das Preisniveau der beteiligten Volkswirtschaften und der Wechselkurs ihrer Währungen beeinflussen sich gegenseitig, so dass reale Wertveränderungen der Vermögensgegenstände und bloße Wechselkursschwankungen nicht leicht zu differenzieren sein dürften.

16.      Im Folgenden werde ich daher – wie der Gerichtshof bereits im Urteil Deutsche Shell(4) – für die Beantwortung der Vorlagefrage unterstellen, dass im vorliegenden Fall bei der Aufgabe der Tätigkeit der Tochtergesellschaft ein Wechselkursverlust isoliert festgestellt werden kann.

A –    Anzuwendende Grundfreiheit

17.      Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Regelung wie die schwedische am Maßstab der Niederlassungsfreiheit des Art. 49 AEUV oder des freien Kapitalverkehrs gemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV zu messen ist. Grundsätzlich können nämlich im vorliegenden Fall der Beteiligung an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft beide Grundfreiheiten betroffen sein.

18.      Dafür ist zuerst der Gegenstand der nationalen Regelung zu untersuchen. Denn nach der Rechtsprechung fällt eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, allein in den Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV. Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen(5).

19.      Nach Kapitel 24 § 14 Abs. 1 des schwedischen Einkommensteuergesetzes findet die schwedische Regelung u. a. bei nicht börsennotierten Anteilen unabhängig von der Beteiligungshöhe Anwendung. Damit ist sie weder allein auf Beteiligungen anwendbar, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben, noch lediglich auf Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen.

20.      In einer solchen Situation sind die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles zu berücksichtigen, um zu klären, ob die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Situation von Art. 49 AEUV oder von Art. 63 Abs. 1 AEUV erfasst wird(6). Die Niederlassungsfreiheit ist dabei spezieller, weil sie gemäß Art. 49 Abs. 2 AEUV nur Beteiligungen betrifft, welche die Gründung und Leitung einer Gesellschaft ermöglichen.

21.      Vorliegend war X zunächst alleinige Anteilsinhaberin ihrer britischen Tochtergesellschaft. Soweit es um die Gründung der Tochtergesellschaft geht, befindet sich X somit eindeutig im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit.

22.      Das vorliegende Verfahren betrifft jedoch die Versagung der steuerlichen Berücksichtigung eines Wechselkursverlustes anlässlich der Aufgabe der Tätigkeit der Tochtergesellschaft. Zu diesem Zeitpunkt hat X ihren Anteil an der Tochtergesellschaft bereits auf 45 % reduziert. Nach dem Verlust der Mehrheit der Anteile könnte sich die Frage stellen, ob X nun keinen sicheren Einfluss mehr auf die Entscheidungen der Tochtergesellschaft ausüben und ihre Tätigkeiten bestimmen kann, so dass X von der Niederlassungsfreiheit nicht mehr geschützt wäre.

23.      Dennoch halte ich im vorliegenden Fall die Niederlassungsfreiheit für vorrangig anwendbar. Denn erstens kann schon die Aussicht auf Nachteile bei der Aufgabe der Tätigkeit von der Gründung einer Tochtergesellschaft abhalten, bei der sich X in jedem Fall im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit befand. Zweitens verlangt der Gerichtshof nicht zwingend eine Mehrheit der Anteile, um den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit zu eröffnen. So hat er in einem Fall eine Beteiligung in Höhe von 34 % ohne Weiteres genügen lassen, um einen „sicheren Einfluss“ anzunehmen(7). In einer anderen Rechtssache genügte ihm hierzu unter bestimmten Umständen sogar ein Anteil von nur wenig mehr als 25 %(8).

24.      Im Ergebnis ist also im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 49 AEUV zu prüfen, die aus Gründen der Spezialität die Anwendung der Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr gemäß Art. 63 Abs. 1 AEUV verdrängt.

B –    Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

25.      Somit stellt sich die Frage, ob es gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 49 AEUV verstößt, wenn bestimmte schwedische Gesellschaften bei Veräußerungsverlusten im Zusammenhang mit bestimmten Anteilen an einer Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, einen dabei entstehenden Wechselkursverlust im Rahmen ihrer Einkommensbesteuerung nicht geltend machen können.

26.      Nach Art. 54 AEUV steht das Recht der freien Niederlassung in der Union auch Gesellschaften zu. Art. 49 Abs. 2 AEUV verbietet insbesondere Beschränkungen der Gründung und Leitung von Tochtergesellschaften in einem anderen Mitgliedstaat. Es entspricht dabei ständiger Rechtsprechung, dass die Niederlassungsfreiheit nicht nur dem Aufnahmestaat, sondern auch dem Herkunftsstaat verbietet, die Niederlassung einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat zu behindern(9).

27.      Der Herkunftsstaat Schweden könnte somit eine Gesellschaft wie X, die seiner Einkommensteuer unterliegt, bei der Gründung oder Leitung einer Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat behindern, indem er ihr die steuerliche Anerkennung eines Wechselkursverlustes verweigert, der im Rahmen der Aufgabe der Tätigkeit der Tochtergesellschaft entsteht.

28.      Nach ständiger Rechtsprechung sind als Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen(10). Der Gerichtshof nimmt eine Beschränkung durch eine Regelung des Herkunftsstaats regelmäßig dann an, wenn die grenzüberschreitende gegenüber der inländischen Niederlassung benachteiligt wird(11). Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch den Herkunftsstaat liegt somit dann vor, wenn die grenzüberschreitende gegenüber der inländischen Niederlassung diskriminiert wird. Dies kann offen (dazu unter 1) oder versteckt (dazu unter 2) geschehen. Ob im vorliegenden Fall darüber hinaus auch durch eine diskriminierungsfreie Beschränkung des Herkunftsstaats gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen werden kann, ist unter 3 zu erörtern.

1.      Offene Diskriminierung

29.      Eine offene Benachteiligung der grenzüberschreitenden Niederlassung ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Denn die schwedische Regelung, die weder Gewinne noch Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft steuerlich berücksichtigt, gilt unabhängig davon, ob es sich um Anteile an einer inländischen oder an einer ausländischen Gesellschaft handelt. Damit besteht grundsätzlich kein Unterschied in der steuerlichen Behandlung der inländischen oder der ausländischen Niederlassung mit einer Tochtergesellschaft.

2.      Versteckte Diskriminierung

30.      Allerdings verbieten die Vorschriften über die Gleichbehandlung nach ständiger Rechtsprechung nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit bzw. des Sitzes einer Gesellschaft, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen(12). Mit den Vorschriften über die Gleichbehandlung sind insbesondere die Grundfreiheiten gemeint, soweit sie ein Gebot der Inländergleichbehandlung beinhalten, wie die Niederlassungsfreiheit in Art. 49 Abs. 2 AEUV.

31.      Jene Rechtsprechung betrifft zwar zunächst nur die Pflichten des Aufnahmestaats. Denn der Herkunftsstaat behindert in aller Regel nicht dadurch eine Grundfreiheit, dass er unterschiedliche Regelungen für verschiedene Staatsangehörige aufstellt, sondern indem er für alle bei ihm Ansässigen die gleichen Regelungen vorsieht, die allerdings zwischen der Behandlung grenzüberschreitender oder inländischer Tätigkeit unterscheiden. Insofern verlangen die Grundfreiheiten aber auch vom Herkunftsstaat eine Gleichbehandlung. Außerdem kann ebenso wie bei Diskriminierungen des Aufnahmestaats aufgrund der Staatsangehörigkeit bzw. des Sitzes einer Gesellschaft auch eine versteckte Form der Benachteiligung grenzüberschreitender Tätigkeiten durch den Herkunftsstaat die Ausübung der Grundfreiheit behindern. Deshalb ist der genannte Rechtsprechungsgrundsatz in modifizierter Form auch bei der Prüfung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch den Herkunftsstaat anzuwenden.

32.      Folglich ist zu prüfen, ob mit dem Ausschluss der steuerlichen Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten bei der Veräußerung von Beteiligungen Steuerpflichtige mit Anteilen an einer Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in versteckter Form gegenüber Steuerpflichtigen mit Anteilen an einer inländischen Gesellschaft benachteiligt werden.

33.      Eine solche versteckte Benachteiligung ist entsprechend der Formel des Gerichtshofs für die versteckte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit(13) dann anzunehmen, wenn die schwedische Regelung in den meisten Fällen für Steuerpflichtige nachteilig ist, die Anteile an einer Gesellschaft veräußern, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist.

34.      Nun gibt es hierzu zwei mögliche Sichtweisen. Auf der einen Seite könnte man darauf abstellen, dass möglicherweise – die endgültige Feststellung bliebe in jedem Fall dem vorlegenden Gericht vorbehalten(14) – Wechselkursverluste eher bei Anteilen zu beklagen sind, die an einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft bestehen. Zwar steht fest, dass auch der Wert inländischer Beteiligungen ein Wechselkursrisiko beinhalten kann, und zwar nicht nur dann, wenn die Einlage auf fremde Währung lautet, sondern auch wenn die inländische Gesellschaft selbst in fremde Währungen investiert hat. Gleichwohl könnte der Anteilswert einer ausländischen Gesellschaft eher vom Wert fremder Währungen beeinflusst sein, weil sie häufiger als eine inländische Gesellschaft in Vermögensgegenstände investieren könnte, die in fremder Währung ausgedrückt werden.

35.      Auf der anderen Seite ließe eine solche Betrachtung aber völlig außer Acht, dass die vorliegende schwedische Regelung ja nicht nur Verluste aus der Veräußerung von Anteilen steuerlich unberücksichtigt lässt, sondern auch Gewinne. Die Folge ist, dass Wechselkursveränderungen, die Einfluss auf den Wert einer Beteiligung haben, sowohl im Fall von daraus resultierenden Verlusten als auch im Fall von sich daraus ergebenden Gewinnen keine steuerliche Berücksichtigung finden. Vor diesem Hintergrund wäre eine versteckte Benachteiligung der grenzüberschreitenden Niederlassung nur dann anzunehmen, wenn ausländische Beteiligungen aufgrund des Wechselkursrisikos insgesamt erheblich verlustträchtiger wären als inländische Beteiligungen.

36.      Dies kann ich jedoch nicht erkennen. Zwar obliegt es letztlich dem vorlegenden Gericht, aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten im Königreich Schweden zu prüfen, ob insoweit eine versteckte Benachteiligung der ausländischen Niederlassung durch die schwedische Regelung festzustellen ist. Dabei hätte das vorlegende Gericht für den vorliegenden Fall auch die Besonderheit zu berücksichtigen, dass die Anteile von X an ihrer britischen Tochtergesellschaft gar nicht in der Währung des Aufnahmestaats, nämlich dem britischen Pfund, sondern in einer Drittwährung, nämlich in US-Dollar, ausgegeben wurden. Ein solches Vorgehen schließt die Annahme einer versteckten Benachteiligung grenzüberschreitender Tätigkeit zwar noch nicht aus, weil es bei einer grenzüberschreitenden Niederlassung häufiger festzustellen sein könnte als bei einer inländischen. Unabhängig davon bestehen jedoch aufgrund der im vorliegenden Verfahren vorhandenen tatsächlichen Angaben keine Hinweise darauf, dass sich ein Wechselkursrisiko häufiger realisiert als andere Risiken der wirtschaftlichen Tätigkeit, denen inländische genauso wie ausländische Gesellschaften unterliegen.

37.      Somit ist im Ergebnis anhand der vorliegenden Angaben keine versteckte Benachteiligung der grenzüberschreitenden Niederlassung durch die vorliegende schwedische Regelung zu erkennen.

3.      Diskriminierungsfreie Beschränkung

38.      Damit bleibt zu prüfen, ob eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gleichwohl anzunehmen sein könnte, weil die schwedische Regelung die Niederlassung von X in einem anderen Mitgliedstaat behindert, ohne dass sie ihn gegenüber der inländischen Niederlassung offen oder versteckt benachteiligt.

39.      Für den Aufnahmestaat gilt, dass er grundsätzlich auch durch eine Regelung, die ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit bzw. des Sitzes einer Gesellschaft anwendbar ist, die Niederlassungsfreiheit beschränken kann(15). Darüber hinaus sind nach der allgemeinen Formel als Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit alle Maßnahmen anzusehen, welche die Ausübung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen(16).

40.      Wiederholt habe ich allerdings in der Vergangenheit meine Zweifel darüber zum Ausdruck gebracht, ob im Bereich des Steuerrechts eine diskriminierungsfreie Beschränkung einer Grundfreiheit möglich ist(17). Die Erhebung jeglicher Steuer behindert wirtschaftliche Tätigkeit oder macht sie weniger attraktiv. Wenn aber eine Steuer auch in den Fällen Anlass für eine unionsrechtliche Überprüfung anhand der Grundfreiheiten geben kann, in denen sie weder offen noch versteckt diskriminierend und somit für alle Unionsbürger gleich erhoben wird, würden auch die Entscheidung eines Mitgliedstaats zur Erhebung einer Steuer auf einen bestimmten Sachverhalt und jegliche Steuererhöhungen unionsrechtlich geprägt. Damit würde im Ergebnis die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten missachtet, die ihnen nach der geltenden Kompetenzordnung der Union verbleibt. Eine gänzlich diskriminierungsfrei erhobene Steuer kann somit grundsätzlich nicht zur Beschränkung einer Grundfreiheit führen.

41.      Diese Sichtweise wird jedoch möglicherweise durch das Urteil Deutsche Shell in Frage gestellt, mit dem sich auch die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ausführlich beschäftigt haben. Dort hat der Gerichtshof – gestützt auf die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston – eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch die mangelnde steuerliche Berücksichtigung eines Wechselkursverlusts für den Fall angenommen, dass eine Gesellschaft eine Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat gründet, in dem eine andere Währung als im Herkunftsstaat gilt, und ein resultierender Währungsverlust bei der Aufgabe der Tätigkeit nur im Herkunftsstaat in Erscheinung tritt. Die Gesellschaft trage dann nämlich ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko(18). Von einer damit verbundenen Diskriminierung hat der Gerichtshof hingegen nicht gesprochen.

42.      Generalanwältin Sharpston hat ihren Entscheidungsvorschlag allerdings auf den Umstand gestützt, dass bei Transaktionen zwischen dem Stammhaus einer Gesellschaft und ihrer Zweigniederlassung ein Wechselkursrisiko ausschließlich dann bestehen kann, wenn sich die Zweigniederlassung im Ausland befindet. Folglich wurde eine versteckte Benachteiligung der grenzüberschreitenden Situation gegenüber der inländischen identifiziert und keine diskriminierungsfreie Beschränkung. Eine solche versteckte Benachteiligung ist im vorliegenden Fall nicht vorhanden. Anders als bei Transaktionen zwischen Gesellschaftsteilen kann nämlich auch der Wert einer inländischen Beteiligung einem Wechselkursrisiko unterliegen(19).

43.      Davon abgesehen überzeugt mich im Urteil Deutsche Shell das alleinige Abstellen auf einen Wechselkursverlust nicht. Wenn die fehlende steuerliche Berücksichtigung eines solchen Verlustes eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt, müsste spiegelbildlich – für den Fall, dass der Mitgliedstaat Wechselkursgewinne besteuern würde – die Besteuerung eines Wechselkursgewinns ebenso eine Beschränkung darstellen. Die paradoxe Folge wäre, dass ein Mitgliedstaat die Niederlassungsfreiheit sowohl durch die Besteuerung als auch durch die steuerliche Nichterfassung derartiger Sachverhalte beschränken würde.

44.      Schließlich wäre, selbst wenn man akzeptieren wollte, dass im Steuerrecht eine diskriminierungsfreie Beschränkung einer Grundfreiheit möglich ist, im vorliegenden Fall eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit jedenfalls im Ergebnis nicht anzunehmen. Denn der Gerichtshof sieht die Niederlassungsfreiheit in diesen Fällen durch den Aufnahmestaat nicht behindert, wenn eine Regelung für alle Wirtschaftsteilnehmer gilt, sie nicht die Regelung der Bedingungen für die Niederlassung bezweckt und etwaige beschränkende Wirkungen dieser Regelung zu ungewiss und zu mittelbar sind, um geeignet zu sein, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit zu behindern(20). Entscheidend ist insoweit letztlich, ob eine diskriminierungsfreie Regelung in der Lage ist, die Investitionsentscheidung eines Wirtschaftsteilnehmers ernsthaft zu beeinflussen(21). Überträgt man diese Rechtsprechung ebenfalls auf eine Behinderung der Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch den Herkunftsstaat, so liegt im vorliegenden Fall keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch die steuerliche Unerheblichkeit eines Wechselkursverlustes vor. Denn zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung besteht ja sowohl die Aussicht auf einen etwaigen Wechselkursverlust, der steuerlich nicht geltend gemacht werden kann, als auch auf einen etwaigen Wechselkursgewinn, der nicht versteuert werden müsste. Die beschränkenden Wirkungen der mangelnden Abziehbarkeit eines etwaigen Wechselkursverlusts im Zusammenhang mit der Beteiligung sind vor diesem Hintergrund zu ungewiss und zu mittelbar, um die Ausübung der Niederlassungsfreiheit zu behindern.

45.      Im Ergebnis wird die Niederlassungsfreiheit folglich durch die vorliegende schwedische Regelung nicht beschränkt.

C –    Hilfsweise: Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

46.      Sollte der Gerichtshof entgegen meiner Auffassung im vorliegenden Fall eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aufgrund der fehlenden steuerlichen Berücksichtigung eines Wechselkursverlustes annehmen, wäre als Nächstes zu prüfen, ob diese Beschränkung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein könnte.

47.      Die Verfahrensbeteiligten haben zwei Gründe angeführt: die Wahrung der steuerlichen Kohärenz (dazu unter 1) und die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten (dazu unter 2).

1.      Steuerliche Kohärenz

48.      Nach ständiger Rechtsprechung kann die Notwendigkeit, die Kohärenz einer nationalen Steuerregelung zu gewährleisten, eine Beschränkung der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen(22). Die Mitgliedstaaten dürfen auf dieser Grundlage verhindern, dass ein Steuerpflichtiger einseitig einen steuerlichen Vorteil in Anspruch nimmt, ohne sich gleichzeitig einem korrespondierenden steuerlichen Nachteil zu unterwerfen.

 Unmittelbarer Zusammenhang zwischen Nachteil und Vorteil

49.      Eine Rechtfertigung besteht jedoch nur dann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung existiert(23). Dabei muss die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs anhand des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels beurteilt werden(24).

50.      Im vorliegenden Fall könnte ein solcher Zusammenhang bestehen zwischen der steuerlichen Belastung, die dadurch entsteht, dass Wechselkursverluste aus einer Anteilsveräußerung nicht berücksichtigt werden, und dem steuerlichen Vorteil, dass Wechselkursgewinne ebenso wenig berücksichtigt werden.

51.      Im Urteil Deutsche Shell hatte der Gerichtshof noch festgestellt, dass zwischen der steuerlichen Berücksichtigung von Währungsverlusten und Währungsgewinnen ein unmittelbarer Zusammenhang nicht besteht. Denn die Nichtberücksichtigung des erlittenen Währungsverlustes des betroffenen Steuerpflichtigen werde durch keinen steuerlichen Vorteil für ihn kompensiert(25).

52.      Im späteren Urteil K sah dies der Gerichtshof allerdings anders. Auch in der Rechtssache K war die steuerliche Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts aus einer ausländischen Investition umstritten. In diesem Fall erkannte der Gerichtshof jedoch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Berücksichtigung von Verlusten einer Kapitalanlage und der Besteuerung der mit ihr erzielten Gewinne(26). Er betonte dabei, dass sowohl Vorteil als auch Nachteil in der Person desselben Steuerpflichtigen bestanden(27), obwohl die Nichtberücksichtigung des vom Steuerpflichtigen erlittenen Veräußerungsverlusts – aufgrund der Einmaligkeit des Veräußerungsvorgangs – für ihn selbst nicht durch einen späteren steuerlichen Vorteil kompensiert werden konnte.

53.      Diese unterschiedlichen Entscheidungen beruhen auf einer unterschiedlichen Sichtweise des Vorteils, der mit der steuerlichen Belastung im Zusammenhang steht. Während das Urteil Deutsche Shell einen Vorteil nur in der steuerlichen Nichtberücksichtigung eines tatsächlich bei dem Steuerpflichtigen entstandenen Gewinns akzeptieren will, reicht dem Gerichtshof im Urteil K hingegen der Vorteil aus, dass der Steuerpflichtige einen Gewinn, wenn er denn entstanden wäre, nicht hätte versteuern müssen. Mit anderen Worten betrachtet das Urteil Deutsche Shell die Situation des Steuerpflichtigen ex post, das Urteil K jedoch ex ante. So wird es der Steuerpflichtige vor Beginn seiner Investition in einen Mitgliedstaat als Vorteil ansehen, dass er einen etwaig entstehenden Gewinn nicht zu versteuern hat. Dieser Vorteil ist jedoch für ihn nicht mehr vorhanden, nachdem er seine Investition mit Verlust beendet hat.

54.      Vor dem Hintergrund des Ziels der Grundfreiheiten ist die Sichtweise des Urteils K vorzugswürdig. Die Grundfreiheiten sollen bewirken, dass ein Wirtschaftsteilnehmer im Binnenmarkt nicht von grenzüberschreitender Tätigkeit abgehalten wird. Soweit es – wie im vorliegenden Fall der Gründung einer Tochtergesellschaft – um eine Investitionsentscheidung vor Beginn der Tätigkeit geht, ist deshalb auch die Situation zu diesem Zeitpunkt entscheidend.

55.      Folglich ist die Nichtberücksichtigung eines bei der Veräußerung von Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft entstehenden Wechselkursverlusts grundsätzlich durch die Kohärenz der schwedischen Steuerregelung gerechtfertigt, weil auch ein Wechselkursgewinn nicht besteuert würde.

 Verhältnismäßigkeit

56.      Allerdings darf ein Mitgliedstaat mit einer Regelung, welche die steuerliche Kohärenz wahrt, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

57.      Insoweit stellt sich die Frage, ob das Königreich Schweden nicht die Kohärenz seines Steuersystems ebenso – und für X vorteilhafter – dadurch wahren könnte, dass es sowohl Wechselkursverluste als auch Wechselkursgewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Gesellschaften im Rahmen seiner Einkommensteuer berücksichtigt.

58.      Hierin sehe ich aber kein milderes Mittel zur Wahrung der steuerlichen Kohärenz. Denn dies würde bedeuten, dass ein Steuerpflichtiger, der einen Wechselkursgewinn erzielt, diesen nun zu versteuern hätte. Darin bestünde aber ebenfalls eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, sofern man annimmt, dass eine solche im vorliegenden Fall bei X vorhanden ist.

59.      Eine andere Sichtweise hätte darüber hinaus zur Folge, dass die Mitgliedstaaten nicht frei entscheiden könnten, welche Sachverhalte sie überhaupt besteuern. Dieses Ergebnis erschiene mir unvereinbar mit ihrer im Rahmen der Kompetenzordnung der Union bestehenden Steuerhoheit.

60.      Somit wäre die vorliegende schwedische Regelung durch das Ziel der Wahrung der steuerlichen Kohärenz gerechtfertigt, selbst wenn der Gerichtshof im vorliegenden Fall – entgegen meiner Sichtweise – eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit annehmen würde.

2.      Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten

61.      Der von einigen Verfahrensbeteiligten darüber hinaus angeführte Rechtfertigungsgrund der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten vermag eine etwaige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit hingegen nicht zu rechtfertigen.

62.      Im vorliegenden Fall ist die Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten nicht betroffen. Denn es steht außer Frage, dass ein Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an einer Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, der schwedischen Steuerhoheit unterliegt. Das Königreich Schweden übt seine Steuerhoheit insoweit aber nicht aus.

D –    Ergebnis

63.      Nach allem ist festzustellen, dass die vorliegende schwedische Regelung die Niederlassungsfreiheit nicht beschränkt. Selbst wenn man jedoch eine Beschränkung durch die schwedische Regelung annähme, wäre sie durch das Ziel der Wahrung der steuerlichen Kohärenz gerechtfertigt.

VI – Entscheidungsvorschlag

64.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage des Högsta förvaltningsdomstol wie folgt zu antworten:

Art. 49 AEUV, der in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens Anwendung findet, steht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen, nach denen der Sitzstaat einer Muttergesellschaft den Abzug für einen Wechselkursverlust, der in den Veräußerungsverlust aus einem Geschäftszwecken dienenden Anteil an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft eingegangen ist, versagt, wenn der Sitzstaat der Muttergesellschaft ein System anwendet, bei dem Veräußerungsgewinne und Veräußerungsverluste aus solchen Anteilen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werden.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – Urteil Deutsche Shell (C-293/06, EU:C:2008:129).


3 – Vgl. ebenso Urteil Deutsche Shell (C-293/06, EU:C:2008:129, Rn. 25).


4 – Vgl. Urteil Deutsche Shell (C-293/06, EU:C:2008:129, Rn. 27).


5 – Siehe nur Urteil Kronos International (C-47/12, EU:C:2014:2200, Rn. 30 bis 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).


6 – Vgl. Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation (C-35/11, EU:C:2012:707, Rn. 93 und 94), Beker und Beker (C-168/11, EU:C:2013:117, Rn. 27 und 28), Bouanich (C-375/12, EU:C:2014:138, Rn. 29 und 30) und Kronos International (C-47/12, EU:C:2014:2200, Rn. 36 und 37).


7 – Vgl. Urteil SGI (C-311/08, EU:C:2010:26, Rn. 34 und 35).


8 – Vgl. Urteil Scheunemann (C-31/11, EU:C:2012:481, Rn. 25 bis 30).


9 – Vgl. u. a. Urteile Daily Mail und General Trust (81/87, EU:C:1988:456, Rn. 16), National Grid Indus (C-371/10, EU:C:2011:785, Rn. 35) und Nordea Bank Danmark (C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 18).


10 – Siehe nur Urteil National Grid Indus (C-371/10, EU:C:2011:785, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11 – Vgl. nur Urteile AMID (C-141/99, EU:C:2000:696, Rn. 27), Marks & Spencer (C-446/03, EU:C:2005:763, Rn. 32 bis 34), Papillon (C-418/07, EU:C:2008:659, Rn. 21 und 22), National Grid Indus (C-371/10, EU:C:2011:785, Rn. 37), DI VI Finanziaria SAPA di Diego della Valle (C-380/11, EU:C:2012:552, Rn. 34 bis 36) und Nordea Bank Danmark (C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 19).


12 – Siehe nur Urteil Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13 – Vgl. Urteil Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47).


14 – Vgl. Urteil Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 40).


15 – Vgl. nur Urteile Kommission/Niederlande (C-299/02, EU:C:2004:620, Rn. 15), Blanco Pérez und Chao Gómez (C-570/07 und C-571/07, EU:C:2010:300, Rn. 53) sowie Venturini (C-159/12 bis C-161/12, EU:C:2013:791, Rn. 30).


16 – Siehe oben, Nr. 28.


17 – Vgl. meine Schlussanträge in den Rechtssachen X (C-498/10, EU:C:2011:870, Nr. 28) und Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nrn. 83 und 84).


18 – Urteil Deutsche Shell (C-293/06, EU:C:2008:129, Rn. 30).


19 – Siehe oben, Nr. 34.


20 – Vgl. Urteil Semeraro Casa Uno u.a. (C-418/93 bis C-421/93, C-460/93 bis C-462/93, C-464/93, C-9/94 bis C-11/94, C-14/94, C-15/94, C-23/94, C-24/94 und C-332/94, EU:C:1996:242, Rn. 32); vgl zum freien Dienstleistungsverkehr das Urteil Pelckmans Turnhout (C-483/12, EU:C:2014:304, Rn. 24) und zum freien Warenverkehr das Urteil DIP u.a. (C-140/94 bis C-142/94, EU:C:1995:330, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


21 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Sky Italia (C-234/12, EU:C:2013:323, Nrn. 60 und 61).


22 – Vgl. u. a. Urteile Bachmann (C-204/90, EU:C:1992:35, Rn. 21), Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C-524/04, EU:C:2007:161, Rn. 68) und SCA Group Holding u.a. (C-39/13 bis C-41/13, EU:C:2014:1758, Rn. 33).


23 – Siehe nur Urteile Svensson und Gustavsson (C-484/93, EU:C:1995:379, Rn. 18), ICI (C-264/96, EU:C:1998:370, Rn. 29), Rewe Zentralfinanz (C-347/04, EU:C:2007:194, Rn. 62) und SCA Group Holding u.a. (C-39/13 bis C-41/13, EU:C:2014:1758, Rn. 33).


24 – Siehe nur Urteile Deutsche Shell (C-293/06, EU:C:2008:129, Rn. 39), Presidente del Consiglio dei Ministri (C-169/08, EU:C:2009:709, Rn. 47) und Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company (C-190/12, EU:C:2014:249, Rn. 92).


25 – Urteil Deutsche Shell (C-293/06, EU:C:2008:129, Rn. 40).


26 – Urteil K (C-322/11, EU:C:2013:716, Rn. 69).


27 – Vgl. Urteil K (C-322/11, EU:C:2013:716, Rn. 69 und 70).