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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 15. Oktober 2015(1)

Rechtssache C-128/14

Staatssecretaris van Financiën

gegen

Het Oudeland Beheer BV

(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden [Oberster Gerichtshof der Niederlande, Niederlande])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerwesen – Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 5 Abs. 7 Buchst. a – Steuerbare Umsätze – Zuordnung von im Rahmen des Unternehmens erhaltenen Gegenständen für Zwecke des Unternehmens – Gleichsetzung einer Lieferung gegen Entgelt – Besteuerungsgrundlage – Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b – Selbstkostenpreis – Entrichtete und abgezogene Mehrwertsteuer – Erbpachtrecht – Jährlicher Erbpachtzins“





1.        In der vorliegenden Rechtssache, die ein vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) eingereichtes Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG(2) betrifft, wird der Gerichtshof erneut um Erläuterungen zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der als „interne Lieferungen“ bezeichneten Umsätze ersucht.

2.        Dabei handelt es sich um Umsätze, mit denen die Steuerpflichtigen Gegenstände Zwecken ihrer Unternehmen zuordnen, für deren Erwerb sie keine Mehrwertsteuer gezahlt haben, da sie sie selbst hergestellt oder, allgemeiner, „intern“ im Rahmen ihres Unternehmens erhalten haben(3). Um keine Steuervorteile für diese Steuerpflichtigen entstehen zu lassen, räumte die Sechste Richtlinie den Mitgliedstaaten die – auch in die Richtlinie 2006/112/EG(4) übernommene – Möglichkeit ein, interne Lieferungen von Gegenständen, wenn diese mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeiten des Unternehmens zugeordnet wurden, mit einer Lieferung von Waren gegen Entgelt gleichzusetzen und somit diese Zuordnung der Mehrwertsteuer zu unterstellen. Der Gerichtshof hatte bereits mehrfach Gelegenheit, sich zu Fragen der Mehrwertsteuerregelung für diese Art von Umsätzen zu äußern(5).

3.        Die in dieser Rechtssache vorgelegten Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen einem Unternehmen, der Het Oudeland Beheer BV (im Folgenden: Oudeland), und dem Staatssecretaris van Financiën (Steuerbehörde) über einen Bescheid über die Nachforderung von Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerung eines komplexen Grundstücksgeschäfts, das die Begründung eines Erbpachtrechts an einem Grundstück und an einem auf diesem noch im Bau befindlichen Gebäude, die Fertigstellung des Gebäudes und seine Vermietung beinhaltet.

4.        Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die Begründung eines Erbpachtrechts und die Kosten der Fertigstellung des Gebäudes, für die Oudeland bereits die Mehrwertsteuer unter Inanspruchnahme des Rechts auf Vorsteuerabzug gezahlt hat, in die Besteuerungsgrundlage der internen Lieferung einbezogen werden können, die in der Vermietung des Gebäudes als Bürogebäude besteht. Falls dies der Fall ist, möchte es außerdem wissen, auf welche Weise der Wert des Erbpachtrechts zum Zweck dieser Besteuerung zu bestimmen ist.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

5.        Obwohl die Richtlinie 2006/112 die Sechste Richtlinie zum 1. Januar 2007 aufgehoben und ersetzt hat, fällt der Ausgangsrechtsstreit, dessen Sachverhalt vor diesem Zeitpunkt liegt, noch unter die Sechste Richtlinie.

6.        Der Mehrwertsteuer unterliegen allgemein die Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt(6).

7.        Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie definiert als Lieferung eines Gegenstands „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“. Art. 5 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, körperliche Gegenstände als „dingliche Rechte, die ihrem Inhaber ein Nutzungsrecht an Grundstücken geben“, zu betrachten. Nach Abs. 5 dieses Artikels können die Mitgliedstaaten die Ablieferung bestimmter Bauleistungen als Lieferung ansehen.

8.        Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie, die Vorschrift betreffend die Besteuerung interner Lieferungen, bestimmt, dass die Mitgliedstaaten „die Zuordnung eines im Rahmen seines Unternehmens hergestellten, gewonnenen, be- oder verarbeiteten, gekauften oder eingeführten Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen für Zwecke seines Unternehmens, falls ihn der Erwerb eines solchen Gegenstands von einem anderen Steuerpflichtigen nicht zum vollen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigen würde“, einer Lieferung gegen Entgelt gleichstellen können.

9.        Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Sechsten Richtlinie sieht vor, dass die Lieferungen von Gegenständen – außer den in Art. 5 Abs. 4 Buchst. b der Sechsten Richtlinie bezeichneten – und die Dienstleistungen, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, jeweils mit Ablauf des Zeitraums als bewirkt gelten, auf die sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen.

10.      Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie betrifft die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer für die in Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie genannten Umsätze. Nach dieser Vorschrift ist die Besteuerungsgrundlage für solche Umsätze „der Einkaufspreis für die Gegenstände oder für gleichartige Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis, und zwar jeweils zu den Preisen, die im Zeitpunkt der Bewirkung dieser Umsätze festgestellt werden“.

11.      Nach Art. 17 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Soweit die Gegenstände für Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige nach Abs. 2 dieses Artikels befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer u. a. die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, abzuziehen (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a) wie auch die Mehrwertsteuer, die nach Art. 5 Abs. 7 Buchst. a geschuldet wird (Art. 17 Abs. 2 Buchst. c). Zu den Gegenständen, die von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, bestimmt Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie, dass „der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig [ist], der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt“.

12.      Art. 20 der Sechsten Richtlinie sieht gegebenenfalls die Berichtigung der Vorsteuerabzüge vor, u. a. wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war, oder wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, geändert haben. Was die Investitionsgüter nach Art. 20 Abs. 2 betrifft, wird eine Berichtigung vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren erstreckt. Bei Grundstücken kann dieser Zeitraum bis auf 20 Jahre verlängert werden.

B –    Niederländisches Recht

13.      Nach Art. 3 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes von 1968 (Wet op de omzetbelasting 1968) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Umsatzsteuergesetz) sind Lieferungen von Gegenständen u. a. „die Lieferung unbeweglicher Sachen durch den Hersteller, mit Ausnahme von unbebauten Grundstücken, die keine Baugrundstücke sind“ (Buchst. c), und „das Verfügen über im eigenen Unternehmen hergestellte Gegenstände für Zwecke des Unternehmens in Fällen, in denen die auf diesen Gegenständen lastende Mehrwertsteuer, sofern die Gegenstände von einem Unternehmer erworben wurden, für einen Abzug ganz oder teilweise nicht in Betracht kommt; den im eigenen Unternehmen hergestellten Gegenständen werden Gegenstände gleichgestellt, die unter Überlassung von Stoffen, einschließlich von Grund und Boden, im Auftrag hergestellt worden sind“ (Buchst. h).

14.      Nach Art. 3 Abs. 2 gilt u. a. auch die Begründung von Rechten an Grundstücken als Lieferung von Gegenständen, „es sei denn, das Entgelt zuzüglich der Umsatzsteuer ergibt einen Betrag, der geringer ist als der Wert, den diese Rechte im Wirtschaftsverkehr haben. Der Wert im Wirtschaftsverkehr entspricht mindestens dem Selbstkostenpreis – einschließlich Umsatzsteuer – des Grundstücks, auf das sich das Recht bezieht, wie es durch Begründung durch einen unabhängigen Dritten zum Zeitpunkt der Handlung entstanden wäre.“

15.      Nach Art. 8 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes gilt für Lieferungen u. a. im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. h „als Entgelt ein Betrag (ohne Umsatzsteuer), der für die Gegenstände gezahlt werden müsste, wenn diese zum Zeitpunkt der Lieferung in dem Zustand erworben oder produziert würden, in dem sie sich zu diesem Zeitpunkt befinden“.

16.      Zur Besteuerungsgrundlage sieht Art. 8 Abs. 5 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes vor, dass in einer Verwaltungsvorschrift bestimmt werden kann, inwieweit im Fall von u. a. mit Erbpachtrechten belastetem Eigentum die damit verbundenen Lasten zum Entgelt gehören.

17.      Zu dieser Vorschrift erging der Uitvoeringsbesluit omzetbelasting 1968 (Durchführungsverordnung von 1968 zur Umsatzsteuer, im Folgenden: Durchführungsverordnung), dessen Art. 5 Abs. 1 bestimmt, dass „[f]ür die Begründung, Übertragung, den Verzicht oder die Kündigung eines Erbpachtrechts … der Wert des Erbpachtzinses … zum Entgelt [gehört], wobei das Entgelt nicht höher sein kann als der Wert des Gegenstands, auf den sich dieses Recht bezieht, im Wirtschaftsverkehr“. Abs. 5 dieses Artikels bestimmt, dass der Wert, u. a. eines Erbpachtzinses, gemäß Anhang A der Durchführungsverordnung bestimmt wird. Anhang A Buchst. b der Durchführungsverordnung bestimmt, dass der Wert des Erbpachtzinses, „der nach einer bestimmt Zeit fällig wird, auf einen jährlichen Betrag festgelegt wird, multipliziert mit der Zahl der Jahre, in denen [die Zahlungen] erfolgen müssen“, wobei jeder Euro gemäß einem in diesem Anhang vorgeschriebenen Prozentsatz zu berechnen ist.

II – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, nationales Verfahren und Vorlagefragen

18.      Am 8. März 2004 wurde Oudeland gegen einen jährlich im Voraus zu entrichtenden Betrag (im Folgenden: jährlicher Erbpachtzins) ein Erbpachtrecht an einem Grundstück einschließlich eines auf diesem Grundstück noch im Bau befindlichen Gebäudes eingeräumt. Die Erbpacht wurde für die Dauer von 20 Jahren vereinbart. Der jährliche Erbpachtzins betrug 330 000 Euro.

19.      Da die Begründung eines Erbpachtrechts in den Niederlanden für die Erhebung der Mehrwertsteuer der Lieferung eines Grundstücks gleichgestellt ist(7) und daher dieser unterliegt, wurde Oudeland für die Begründung ihres Erbpachtrechts ein Betrag von 730 455 Euro Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Dieser Betrag wurde gemäß Anhang A Buchst. b der Durchführungsverordnung unter Anwendung des maßgeblichen Steuersatzes von 19 % auf den kapitalisierten Wert (der 3 844 550 Euro entspricht) des gesamten für die Begründung des Erbpachtrechts vereinbarten Entgelts berechnet und in Form eines jährlichen Erbpachtzinses erhoben. Oudeland zahlte diesen Betrag an den Unternehmer, der das Erbpachtrecht begründet hatte und zog ihn in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für März 2004 ab.

20.      Nach der Begründung des Erbpachtrechts ließ Oudeland das Gebäude fertigstellen, das ihr als nutzungsbereites Bürogebäude übergeben wurde. Die Fertigstellungskosten des Bürogebäudes beliefen sich auf 1 571 749 Euro. Oudeland zahlte 298 632 Euro Umsatzsteuer und zog diesen gesamten Betrag unmittelbar als Vorsteuer ab. Während der Fertigstellung des Gebäudes wurde der erste jährliche Erbpachtzins für das Erbpachtrecht fällig und von Oudeland bezahlt.

21.      Nach der Übergabe vermietete Oudeland das Gebäude ab dem 1. Juni 2004. Für einen Teil des Gebäudes (der nach den Informationen des Königreichs der Niederlande 12,5 % der Fläche des Gebäudes entsprach) optierte Oudeland zusammen mit den Mietern gegen die Befreiung von der für die Vermietung unbeweglicher Sachen geltenden Umsatzsteuer(8). Die Vermietung des anderen Teils des Gebäudes, der 87,5 % der Fläche des Gebäudes entsprach, war von der Umsatzsteuer befreit.

22.      Oudeland war der Ansicht, dass die Vermietung des Gebäudes als interne Lieferung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. h des Umsatzsteuergesetzes einzuordnen sei, der auf Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie beruht. Sie zahlte daher die Umsatzsteuer für die Vermietung des Teils des Bürogebäudes, das von der Umsatzsteuer befreit war und für den sie daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Oudeland bestimmte die Besteuerungsgrundlage, indem sie die gesamten Fertigstellungskosten des Bauvorhabens ohne Umsatzsteuer zuzüglich des zum Zeitpunkt der Lieferung bereits fällig gewordenen Betrags des jährlichen Erbpachtzinses, nämlich 330 000 Euro, einbezog.

23.      Die Steuerbehörde folgte diesem Ansatz jedoch nicht und ging davon aus, dass die Besteuerungsgrundlage für die Vermietung des Gebäudes auf die Fertigstellungskosten des Bauvorhabens zuzüglich des nach Anhang A Buchst. b der Durchführungsverordnung berechneten kapitalisierten Werts der Summe der jährlichen Erbpachtzinsbeträge, nämlich einen Betrag von 3 844 500 Euro, zu stützen sei. Daher erhob sie mit einem Nachforderungsbescheid bei Oudeland einen Betrag nach, der der Differenz zwischen der von Oudeland berechneten und der von ihr berechneten Besteuerungsgrundlage entsprach. Die Steuerbehörde wies sodann einen von Oudeland gegen den Nachforderungsbescheid erhobenen Einspruch zurück.

24.      Die von Oudeland gegen diese Entscheidung erhobene Klage wies die Rechtbank te ʼs-Gravenhage (erstinstanzliches Gericht von Den Haag) ab. Der von Oudeland gegen diese Entscheidung eingelegten Berufung gab der Gerechtshof te ʼs-Gravenhage (Berufungsgericht Den Haag) statt und hob demgemäß die Entscheidung der Rechtbank te ʼs-Gravenhage, die Entscheidung der Steuerbehörde und den Nachforderungsbescheid auf. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass gemäß Art. 8 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes die Besteuerungsgrundlage der internen Lieferung den Selbstkostenpreis des von Oudeland in Erbpacht gehaltenen Grundstücks enthalte und dass in diesem Zusammenhang von dem Wert auszugehen sei, den das Grundstück für Oudeland zum Zeitpunkt der internen Lieferung gehabt habe. Dieser Wert könne nicht mit dem Wert gleichgesetzt werden, den das Grundstück zu diesem Zeitpunkt für einen Eigentümer gehabt habe, sondern müsse anhand des Erbpachtzinses bewertet werden, der vor der Fertigstellung des Gebäudes entrichtet worden sei.

25.      Die Steuerbehörde legte gegen diese Entscheidung Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht ein.

26.      In dem Rechtsstreit, der bei diesem Gericht anhängig ist, geht es um die Frage, wie die Besteuerungsgrundlage für die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehende interne Lieferung zu bestimmen ist. Der Rechtsstreit betrifft insbesondere die Frage, ob diese Besteuerungsgrundlage nur die zum Zeitpunkt der internen Lieferung gezahlten jährlichen Erbpachtzinsbeträge oder vielmehr den gesamten Wert der Begründung des Erbpachtrechts, der dem kapitalisierten Wert dieser Zinsbeträge entspricht, beinhalten muss.

27.      In diesem Zusammenhang stellt das vorlegende Gericht zum einen fest, dass nach dem Urteil Gemeente Vlaardingen(9) in einem Fall wie dem vorliegenden die Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer aus der Gesamtsumme des Grundstückswerts, des Werts der sich darauf gegebenenfalls befindenden Gebäude und der Herstellungskosten bestehe, soweit der Steuerpflichtige die auf diese Werte und Kosten entfallende Mehrwertsteuer noch nicht entrichtet habe. Fraglich sei jedoch, ob dieses Urteil dahin auszulegen sei, dass von der Besteuerungsgrundlage die Selbstkostenelemente, auf die die Mehrwertsteuer gezahlt worden sei, ausgeschlossen werden müssten, selbst wenn der Steuerpflichtige die auf diese Elemente gezahlte Mehrwertsteuer gemäß den Bestimmungen des nationalen Rechts als Vorsteuer vollständig abzogen habe.

28.      Wenn diese Selbstkostenelemente in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden müssten, stelle sich die Frage, wie diese Besteuerungsgrundlage zu bestimmen sei, was die Festlegung des Werts des Erbpachtrechts betrifft. Zu klären sei u. a., wie der Wert der sukzessiv geschuldeten jährlichen Erbpachtzinsbeträge in die Besteuerungsgrundlage einer internen Lieferung Eingang finden müsse.

29.      Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass bei einer Lieferung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie der Selbstkostenpreis von Grundstücken oder anderen Stoffen oder Materialien, für die der Steuerpflichtige beim Erwerb Mehrwertsteuer entrichtet hat – vorliegend durch die Begründung eines dinglichen Rechts zur Nutzung einer unbeweglichen Sache – nicht zur Besteuerungsgrundlage gehört? Gilt etwas anderes, wenn der Steuerpflichtige diese Mehrwertsteuer aufgrund der nationalen Rechtsvorschriften – unabhängig davon, ob diese insoweit mit der Sechsten Richtlinie vereinbar sind – bei der Anschaffung abgezogen hat?

2.      Ist in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das Grundstück mit dem im Bau befindlichen Gebäude durch die Begründung eines dinglichen Rechts im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Rechtlinie erworben wurde, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass der Wert eines Erbpachtzinses, d. h. der Wert der während der Laufzeit oder aber der während der Restlaufzeit des dinglichen Rechts jährlich zu entrichtenden Beträge, zur Besteuerungsgrundlage einer Lieferung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie gehört?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

30.      Der Vorlagebeschluss ist am 18. März 2014 beim Gerichtshof eingegangen. Oudeland, die niederländische Regierung und die Europäische Kommission haben Erklärungen eingereicht und sich in der Sitzung vom 16. Juli 2015 geäußert.

IV – Rechtliche Würdigung

A –    Vorbemerkungen

31.      Vor Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts sind zunächst die für interne Lieferungen geltende Mehrwertsteuerregelung sowie die Gründe für die Existenz und der Zweck dieser Regelung, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben, darzustellen.

32.      Aus Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie, jetzt Art. 18 Buchst. a der Richtlinie 2006/112, ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten einer Lieferung gegen Entgelt die als „interne Lieferungen“ bezeichneten Umsätze gleichstellen und daher der Mehrwertsteuer unterstellen können, wenn ein Steuerpflichtiger einen im Rahmen seines Unternehmens hergestellten, gewonnenen, be- oder verarbeiteten, gekauften oder eingeführten Gegenstand den Zwecken seines Unternehmens zuordnet, falls ihn der Erwerb eines solchen Gegenstands von einem anderen Steuerpflichtigen nicht zum vollen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigen würde.

33.      In diesem Fall ist die Besteuerungsgrundlage für solche Umsätze nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie, jetzt Art. 74 der Richtlinie 2006/112, entweder der Einkaufspreis für die Gegenstände oder für gleichartige Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis, und zwar jeweils zu den Preisen, die zum Zeitpunkt der Bewirkung dieser Umsätze festgestellt werden. Der Vorlageentscheidung zufolge ist unstreitig, dass die Besteuerungsgrundlage im vorliegenden Fall auf der Grundlage des Selbstkostenpreises festgesetzt ist. Auch ist unstreitig, dass dieser Selbstkostenpreis den Preis der Begründung des Erbpachtrechts und den Preis der Fertigstellungsarbeiten des Gebäudes einschließt.

34.      Es ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie Fälle betrifft, in denen die sowohl nach dieser als auch nach der Richtlinie 2006/112 im Allgemeinen vorgesehene Abzugsregelung nicht zur Anwendung kommen kann. Soweit Gegenstände für die Zwecke einer auf der Ausgangsstufe besteuerten wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet werden, ist in Anwendung dieser Regelung ein Abzug der Steuer, mit der sie auf der Vorstufe belastet waren, geboten, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Werden hingegen von einem Steuerpflichtigen bezogene Gegenstände für die Zwecke steuerbefreiter Umsätze verwendet, kann es nicht zum Abzug der Steuer kommen, mit der sie auf der Vorstufe belastet waren. Die in Rede stehende Bestimmung betrifft insbesondere diesen Fall, nämlich eine Situation, in der der Abzug eines Vorsteuerbetrags auf der folgenden Stufe ausgeschlossen ist, weil die auf dieser Stufe ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit von der Mehrwertsteuer befreit ist(10).

35.      Diese Bestimmung ermöglicht den Mitgliedstaaten insbesondere, ihr Steuerrecht so zu gestalten, dass die Unternehmen, die wegen der Ausübung einer von der Mehrwertsteuer befreiten Tätigkeit die Mehrwertsteuer, die sie beim Erwerb von Unternehmensgegenständen gezahlt haben, nicht abziehen können, im Vergleich zu ihren Mitbewerbern, die die gleiche Tätigkeit mit Gegenständen ausüben, die sie ohne Zahlung von Mehrwertsteuer durch eigene Erzeugung oder allgemeiner im Rahmen ihres Unternehmens erhalten haben, nicht benachteiligt werden. Damit diese Mitbewerber die gleiche Steuerlast tragen wie diejenigen, die ihre Gegenstände von Dritten erworben haben, ermöglicht die in Rede stehende Bestimmung den Mitgliedstaaten, die Zuordnung von im Rahmen des Unternehmens erhaltenen Gegenständen für Zwecke der Ausübung von mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeiten des Unternehmens einer gegen Entgelt erfolgten Lieferung gleichzustellen und folglich diese Zuordnung der Mehrwertsteuer zu unterstellen(11).

36.      Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Zweck der Bestimmung, die den Mitgliedstaaten ermöglicht, die internen Lieferungen der Mehrwertsteuer zu unterstellen, darin liegt, Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen, indem die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der dem Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt, sichergestellt wird(12). Mit dieser Bestimmung wird speziell bezweckt, im Mehrwertsteuerbereich jede tatsächliche Ungleichheit zwischen den Steuerpflichtigen, die ihre Gegenstände von einem anderen Steuerpflichtigen erworben haben, und denjenigen, die sie im Rahmen ihres Unternehmens erworben haben, zu beseitigen. Sie bezweckt, einen Steuerpflichtigen, der Gegenstände Zwecken einer mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit zuordnet, die er im Rahmen seines Unternehmens erhalten hat, der gleichen Steuerlast zu unterstellen wie seine Mitbewerber, die die gleiche befreite Tätigkeit mit Gegenständen ausüben, die vollständig von einem Dritten erworben wurden(13).

37.      Die vom vorlegenden Gericht geltend gemachten Vorlagefragen sind unter Berücksichtigung dieser in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zu beantworten.

B –    Zur ersten Vorlagefrage

38.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs. 7 Buchst. a und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen sind, dass auf die von einem Steuerpflichtigen für Zwecke einer mehrwertsteuerbefreiten wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommene Zuordnung einer unbeweglichen Sache, die auf einem Grundstück errichtet wurde, an dem der Steuerpflichtige ein dingliches Recht erworben hat, das ihm das Recht zur Nutzung dieses Grundstücks und dieser unbeweglichen Sache gibt, die er von einem Dritten hat fertigstellen lassen, Mehrwertsteuer erhoben werden kann, wobei Besteuerungsgrundlage der Wert des erworbenen dinglichen Rechts und die Fertigstellungskosten der unbeweglichen Sache sind, wenn der Steuerpflichtige die auf diesen Wert und diese Kosten entfallende Mehrwertsteuer bereits entrichtet, jedoch auch schon in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen hat.

39.      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit dieser Vorlagefrage um Erläuterungen der Bedeutung des Urteils Gemeente Vlaardingen(14) ersucht. Dieses Urteil betraf eine dem vorliegenden Fall vergleichbare Sache, in der eine Gemeinde Dritte mit dem Umbau von in ihrem Eigentum stehenden Sportplätzen – eine mehrwertsteuerbefreite Tätigkeit – beauftragt und diese danach an sie vermietet hatte. In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass die beiden oben genannten Bestimmungen der Sechsten Richtlinie im Fall der Zuordnung durch einen Steuerpflichtigen von Plätzen, die in seinem Eigentum stehen und die er durch einen Dritten hat umbauen lassen, für Zwecke einer mehrwertsteuerbefreiten wirtschaftlichen Tätigkeit der Erhebung von Mehrwertsteuer auf der Grundlage der Summe aus dem Wert des Grund und Bodens, auf dem sich diese Plätze befinden, und den Kosten für den Umbau dieser Plätze nicht entgegenstehen, sofern dieser Steuerpflichtige die auf diesen Wert und diese Kosten entfallende Mehrwertsteuer noch nicht entrichtet hat(15).

40.      Die Frage des vorlegenden Gerichts betrifft nun die Bedeutung des vom Gerichtshof in diesem Urteil verwendeten Ausdrucks „die auf diesen Wert und diese Kosten entfallende Mehrwertsteuer noch nicht entrichtet hat“ und geht insbesondere dahin, ob von der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer die Selbstkostenelemente – im vorliegenden Fall der Wert des Erbpachtrechts und die Kosten der Fertigstellung des Gebäudes –, auszuschließen sind, für die der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer entrichtet, jedoch auch in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen hat.

41.      Während die niederländische Regierung und Oudeland übereinstimmend der Ansicht sind, dass im Fall des Abzugs der auf die Selbstkostenelemente für die interne Lieferung entrichteten Mehrwertsteuer keine materielle Doppelbesteuerung oder eine wiederholte Besteuerung vorliege, so dass diese Elemente in der Besteuerungsgrundlage der Lieferung berücksichtigt werden könnten, trägt die Kommission demgegenüber vor, Art. 5 Abs. 7 Buchst. a und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie seien auf den vorliegenden Sachverhalt überhaupt nicht anwendbar, da Oudeland die auf diese Lieferung und die Fertigstellung des Gebäudes entfallende Mehrwertsteuer bereits entrichtet habe. Die mehrwertsteuerrechtliche Situation von Oudeland hätte mittels des in Art. 20 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Mechanismus der Berichtigung der Vorsteuerabzüge korrigiert werden müssen.

42.      Zunächst ist die Frage der – von der Kommission bestrittenen – Anwendbarkeit der Bestimmungen über interne Lieferungen in einem Fall wie dem vorliegenden zu behandeln. Nach Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie und der einschlägigen Rechtsprechung unterliegen diese Bestimmungen drei kumulativen Voraussetzungen(16). Erstens muss der Steuerpflichtige den Gegenstand im Rahmen seines Unternehmens erhalten haben, wozu auch der Fall gehört, dass er das Material oder das Grundstück für die Herstellung eines Gebäudes durch einen Dritten zur Verfügung stellt. Zweitens muss der Steuerpflichtige diesen Gegenstand Zwecken seines Unternehmens zugeordnet haben. Drittens würde ihn der vollständige Erwerb dieses Gegenstands von einem anderen Steuerpflichtigen nicht zum vollen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigen. Wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Verwendung des Gegenstands für Unternehmenszwecke als steuerpflichtige Lieferung behandelt werden(17).

43.      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, konkret zu bestimmen, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind. Jedoch scheint nichts in den Akten gegen diese Schlussfolgerung zu sprechen, und sowohl das vorlegende Gericht als auch die Parteien des Ausgangsverfahrens halten die hier in Rede stehende Bestimmung für anwendbar. Zunächst wurde das Gebäude, das von einem Dritten auf einem Grundstück und mit Material fertiggestellt wurde, die von Oudeland zur Verfügung gestellt worden waren, im Rahmen des Unternehmens erlangt(18). Sodann wurde dieser Gegenstand durch seine Vermietung Zwecken des Unternehmens zugeordnet. Da das Gebäude darüber hinaus auch für andere Zwecke als steuerbare Umsätze genutzt wurde, wäre es nicht möglich gewesen, die gesamte Vorsteuer vollständig abzuziehen, wenn es vollständig von einem anderen Steuerpflichtigen erworben worden wäre.

44.      Wenn der Umsatz den Bestimmungen über die Besteuerung interner Lieferungen unterworfen werden kann, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Mehrwertsteuer wie folgt auf diesen Umsatz zu erheben ist.

45.      Zunächst muss die gesamte Mehrwertsteuer, die der Steuerpflichtige auf der Vorstufe beim Erwerb der Gegenstände für die Zwecke der auf der folgenden Stufe vorgenommenen Zuordnung gezahlt hat, das Recht auf Abzug dieser Steuer nach Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie eröffnen(19). Daraus folgt, dass Oudeland die Mehrwertsteuer zu Recht zunächst entrichtet und danach als Vorsteuer von den mit der Begründung des Erbpachtrechts und der Fertigstellung des Gebäudes verbundenen Kosten abgezogen hat.

46.      Sodann unterliegt die Zuordnung des Gegenstands selbst der Mehrwertsteuer, und die Höhe der vom Steuerpflichtigen insoweit geschuldeten Mehrwertsteuer ist gemäß Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie auf der Grundlage des Gesamtwerts jedes Bestandteils zu berechnen, wobei die Mehrwertsteuer für diese Bestandteile nicht zuvor erhoben worden sein darf(20).

47.      Genau in diesem Stadium stellt sich die Frage des vorlegenden Gerichts. Können angesichts dessen, dass Oudeland bereits die Mehrwertsteuer auf die Begründung des Erbpachtrechts und die Fertigstellung des Gebäudes entrichtet, sie aber auch als Vorsteuer abgezogen hat, diese Selbstkostenelemente des zugeordneten Gegenstands für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer für die Zuordnung dieses Gegenstands, auf den sich die interne Lieferung bezieht, berücksichtigt werden?

48.      Wie der Gerichtshof im Urteil Gemeente Vlaardingen festgestellt hat, kann von der Möglichkeit einer Gleichstellung einer internen Lieferung mit einer Lieferung gegen Entgelt kein Gebrauch gemacht werden, um Mehrwertsteuer auf den Wert von Gegenständen zu erheben, die der betreffende Steuerpflichtige dem Dritten, der sie fertiggestellt oder verbessert hat, zur Verfügung gestellt hat, sofern dieser Steuerpflichtige bereits im Rahmen einer vorhergehenden Besteuerung Mehrwertsteuer auf diesen Wert entrichtet hatte(21). Eine solche wiederholte Besteuerung wäre nämlich zunächst mit dem wesentlichen Merkmal der Mehrwertsteuer unvereinbar, wonach sie sich auf den Mehrwert der betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen bezieht und die bei einem Geschäft fällige Steuer unter Abzug der Steuer berechnet wird, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist. Darüber hinaus wäre eine solche wiederholte Besteuerung auch mit dem Ziel dieser Gleichstellungsmöglichkeit unvereinbar, das zwar darin liegt, den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, im Fall der Zuordnung von Gegenständen für die Zwecke mehrwertsteuerbefreiter Tätigkeiten Mehrwertsteuer zu erheben, aber keineswegs bedeutet, dass sie auf den gleichen Teil des Werts dieser Gegenstände mehrmals Mehrwertsteuer erheben dürfen(22).

49.      Wie Oudeland und die niederländische Regierung im Wesentlichen vortragen, ergibt sich aus diesen Erwägungen, dass es dem Gerichtshof um die Vermeidung einer mehrfachen Besteuerung ging, d. h. einer materiellen und nicht nur formalen Doppelbesteuerung. Es gibt jedoch keine wiederholte Besteuerung, wenn entsprechend dem vom Gerichtshof angesprochenen wesentlichen Merkmal des Mehrwertsteuersystems, die Mehrwertsteuer, die auf die in die Besteuerungsgrundlage der internen Lieferung aufgenommenen Selbstkostenelemente entrichtet worden ist, als Vorsteuer abgezogen worden ist. Nur wenn der Steuerpflichtige weiterhin mit der auf diese Elemente entfallenden Mehrwertsteuer belastet ist, weil er sie nicht als Vorsteuer abgezogen hat, müssen diese Elemente nicht in der Besteuerungsgrundlage der internen Lieferung berücksichtigt werden.

50.      Eine solche Auslegung wird im Übrigen durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt. Zum einen hat der Gerichtshof im Urteil Gemeente ʼs-Hertogenbosch nicht mehr den Begriff „entrichtet“ verwendet, sondern ausgeführt, dass die Mehrwertsteuer für die in der Besteuerungsgrundlage zu berücksichtigenden Bestandteile zuvor nicht „erhoben“ worden sein darf(23). Zum anderen hat der Gerichtshof in jüngerer Zeit im Urteil Property Development Company(24) festgestellt, „dass die Besteuerungsgrundlage nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie in keinem Fall einen Wert enthalten kann, auf den der Steuerpflichtige bereits Mehrwertsteuer entrichtet hat, ohne dass er sie anschließend hätte abziehen können“(25). Daraus folgt, dass die Werte, auf die der Steuerpflichtige bereits die Mehrwertsteuer entrichtet, sie aber als Vorsteuer abgezogen hat, sehr wohl in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden können.

51.      Daher steht der Umstand, dass die Beträge der auf die Begründung des Erbpachtrechts sowie die Fertigstellung des Gebäudes entfallenden Mehrwertsteuer entrichtet worden sind, der Berücksichtigung dieser Selbstkostenelemente in der Besteuerungsgrundlage der Lieferung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie nicht entgegenstehen, soweit die auf diese Elemente entfallende Mehrwertsteuer als Vorsteuer abgezogen worden ist.

52.      Es ist noch darauf hinzuweisen, dass, da das Gebäude nur zum Teil mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeiten zugeordnet wurde (im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu 87,5 % der Fläche des Gebäudes), der Vorsteuerabzug nur in diesem Umfang ausgeschlossen ist. Für den Rest, soweit die betreffenden Gegenstände für steuerpflichtige Umsätze genutzt werden, nämlich 12,5 % der Fläche des Gebäudes, ist Oudeland nach Art. 17 Abs. 2 und 5 der Sechsten Richtlinie grundsätzlich berechtigt, die Mehrwertsteuer, die sie aufgrund der internen Lieferung entrichtet hat, von der von ihr geschuldeten Steuer abzuziehen(26).

53.      Zurückzuweisen ist noch das Vorbringen der Kommission, die unter ausdrücklichem Verweis auf das Urteil Gemeente Leusden und Holin Groep(27) meint, dass die mehrwertsteuerrechtliche Situation von Oudeland mittels des in Art. 20 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Mechanismus der Berichtigung der Vorsteuerabzüge hätte korrigiert werden müssen.

54.      Im Urteil Gemeente Leusden und Holing Groep hat der Gerichtshof festgestellt, dass es sich bei der Gleichstellung mit einer entgeltlichen Lieferung gemäß Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie und der Berichtigung der Vorsteuer für Investitionsgüter gemäß Art. 20 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie um zwei Mechanismen handelt, die die gleiche wirtschaftliche Wirkung haben, nämlich die, einen Steuerpflichtigen zur Zahlung von Beträgen zu zwingen, die den Vorsteuerabzügen entsprechen, zu deren Vornahme er nicht berechtigt war, die sich aber in den Zahlungsmodalitäten voneinander unterscheiden. Während nämlich Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie von einer einmaligen Zahlung ausgeht, sieht Art. 20 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie hinsichtlich der Investitionsgüter auf mehrere Jahre aufgeteilte Berichtigungen vor(28).

55.      Aus diesem Urteil ergibt sich jedoch auch, dass die beiden Mechanismen zwar die gleiche wirtschaftliche Wirkung haben, dass sie aber nicht den gleichen Zweck verfolgen. Nur die Bestimmung des Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie betrifft nämlich die Zuordnung eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen für Zwecke seines Unternehmens. Daraus folgt, dass in einem Fall, in dem diese Bestimmung gilt, nur Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie als Grundlage dafür dienen kann, von einem Steuerpflichtigen die Beträge zu verlangen, die dem ursprünglich vorgenommenen Vorsteuerabzug hinsichtlich eines Grundstücks entsprechen, das danach Gegenstand einer von der Mehrwertsteuer befreiten Vermietung wird(29).

56.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 7 Buchst. a und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen sind, dass auf die von einem Steuerpflichtigen für Zwecke einer mehrwertsteuerbefreiten wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommene Zuordnung einer unbeweglichen Sache, die auf einem Grundstück errichtet wurde, an dem der Steuerpflichtige ein dingliches Recht erworben hat, das ihm das Recht zur Nutzung dieses Grundstücks und dieser unbeweglichen Sache gibt, die er von einem Dritten hat fertigstellen lassen, Mehrwertsteuer erhoben werden kann, wobei Besteuerungsgrundlage der Wert des erworbenen dinglichen Rechts und die Fertigstellungskosten der unbeweglichen Sache sind, wenn der Steuerpflichtige die auf diesen Wert und diese Kosten entfallende Mehrwertsteuer bereits entrichtet, sie jedoch auch schon in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen hat.

C –    Zur zweiten Vorlagefrage

57.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Gerichtshof in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Steuerpflichtige ein Grundstück mit einem noch im Bau befindlichen Gebäude durch die Begründung eines dinglichen Rechts erworben hat, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Wert dieses dinglichen Rechts, der in die Besteuerungsgrundlage einer Lieferung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie einzubeziehen ist, dem Gesamtwert aller jährlichen Erbpachtzinsbeträge, d. h. dem gesamten Wert der jährlich für die gesamte Laufzeit des dinglichen Rechts zu zahlenden Beträge, entsprechen muss oder dem Wert der gemäß dem jährlichen Erbpachtzins für die Restlaufzeit des Erbpachtrechts zu entrichtenden Beträge oder aber dem Wert der bereits fälligen jährlichen Erbpachtzinsbeträge.

58.      Das vorlegende Gericht stellt zunächst fest, dass die Sechste Richtlinie keine Regelung hinsichtlich der Besteuerungsgrundlage der in ihrem Art. 5 Abs. 3 Buchst. b genannten dinglichen Rechte vorsehe. Zum einen sei denkbar, dass der Wert der sukzessiv für den Erwerb eines Erbpachtrechts geschuldeten Beträge nicht zum Selbstkostenpreis des Gebäudes gehöre, da diese Beträge die Gegenleistung für ein vorübergehendes Nutzungsrecht darstellten und von dessen Inhaber nicht auf einmal zum Zeitpunkt des Erwerbs dieses Rechts, sondern über die Jahre verteilt geschuldet seien.

59.      Zum anderen könnte jedoch, wenn der Mitgliedstaat dem Beispiel des Königreichs der Niederlande folgend von der Möglichkeit, ein dingliches Recht einem körperlichen Gegenstand gleichzustellen, Gebrauch gemacht habe und wenn gemäß der nationalen Regelung die Begründung und Übertragung während des Bestehens eines solchen dinglichen Recht keine Steuer entstehen lasse, die nach Maßgabe des Zeitraum der Nutzung des Gebäudes geschuldet sei, sondern eine Steuer, die auf einmal auf die Summe der Beträge geschuldet werde, die für den gesamten Zeitraum oder den verbleibenden Zeitraum vereinbart worden seien (in Form eines „kapitalisierten Zinses“), dies zur Folge haben, dass der Selbstkostenpreis zum Zeitpunkt der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. h des Umsatzsteuergesetzes genannten Lieferung den Wert der als Erbpachtzins zu entrichtenden Beträge beinhalten müsse. Das vorlegende Gericht fragt auch nach der Vereinbarkeit einer solchen nationalen Regelung mit Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie.

60.      Oudeland ist der Ansicht, dass die zukünftigen Erbpachtzinsbeträge nicht berücksichtigt werden könnten, um den Selbstkostenpreis für den Steuerpflichtigen zu bestimmen, da Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie ausdrücklich vorsehe, dass der Selbstkostenpreis zu dem Zeitpunkt zu bestimmen sei, zu dem die interne Lieferung stattfinde. Die niederländische Regierung ist hingegen der Ansicht, dass der kapitalisierte Wert der Zinsbeträge für die gesamte Dauer des Bestehens des Erbpachtrechts zu berücksichtigen sei, der den Wert der gesamten Gegenleistung für das Erbpachtrecht darstelle, wie sie zwischen den Parteien bei der Begründung dieses Rechts vereinbart worden sei.

61.      Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie aufgestellte Regel, nach der die Besteuerungsgrundlage bei den u. a. in Art. 5 Abs. 7 Buchst. a dieser Richtlinie genannten Umsätzen „der Einkaufspreis für die Gegenstände oder für gleichartige Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis [ist], und zwar jeweils zu den Preisen, die im Zeitpunkt der Bewirkung dieser Umsätze festgestellt werden“, von der allgemeinen Regel des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie abweicht, nach der die Besteuerungsgrundlage für die der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätze die Gegenleistung für Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen bildet, die Gegenstand dieser Umsätze sind(30).

62.      Darüber hinaus geht aus Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b eindeutig hervor, dass nur dann, wenn es keinen Einkaufspreis für die Gegenstände oder gleichartige Gegenstände gibt, die Besteuerungsgrundlage einer Zuordnung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie der „Selbstkostenpreis“ ist, der zu dem Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem der Umsatz erfolgt(31). Das Kriterium des Selbstkostenpreises ist daher ein Kriterium zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage, dem sich ein „doppelter Residualcharakter“ zuschreiben ließe, da es nur gilt, wenn weder das allgemeine Kriterium der Gegenleistung noch das subsidiäre Kriterium des Einkaufspreises des Gegenstands oder vergleichbarer Gegenstände anwendbar sind(32).

63.      Wie ich bereits in Nr. 33 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt habe, ist, da im vorliegenden Fall unstrittig ist, dass ein Einkaufspreis für einen dem Gebäude vergleichbaren Gegenstand fehlt, dem vorlegenden Gericht zufolge auf den Selbstkostenpreis abzustellen ist, der das maßgebliche Kriterium für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der in Rede stehenden Zuordnung ist.

64.      Die Rechtsprechung liefert einige Hinweise, was die Anwendung dieses Kriteriums betrifft. So sind, um den Selbstkostenpreis bestimmen zu können, alle Wertfaktoren im Einzelnen zu prüfen, die zu diesem Preis geführt haben(33). Darüber hinaus ist für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie auf den Gesamtwert jedes der zu berücksichtigenden Bestandteile abzustellen(34). Sodann ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass der Selbstkostenpreis zu dem Zeitpunkt bestimmt werden muss, zu dem der steuerbare Umsatz stattfindet, zu dem also die Zuordnung des Gegenstands zu der mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit erfolgt(35).

65.      Darüber hinaus ist, worauf die niederländische Regierung zu Recht hinweist, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie, wenn er zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage einer Zuordnung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie herangezogen wird, im Licht des spezifischen Zwecks dieser Vorschrift zu lesen, wie er in den Nrn. 34 bis 36 der vorliegenden Schlussanträge dargestellt worden ist, nämlich der Verfälschung des Wettbewerbs vorzubeugen, indem die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen nach dem Grundsatz der Steuerneutralität sichergestellt wird.

66.      Schließlich ist im vorliegenden Fall auch der Umstand zu berücksichtigen, dass gemäß der auf Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie gestützten nationalen Bestimmung(36) die Begründung des Erbpachtrechts der Lieferung eines Gegenstands gleichgestellt worden ist.

67.      Aus diesen Erwägungen folgt, dass, um die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen sicherzustellen, die Bestimmung des gesamten Selbstkostenpreises für die Besteuerung der Zuordnung des im Rahmen des Unternehmens erworbenen Gegenstands zu einer mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit bezwecken muss, dem Betreffenden – im vorliegenden Fall Oudeland – der gleichen steuerlichen Belastung zu unterstellen wie einen Referenzmitbewerber, der die gleiche mehrwertsteuerbefreite Tätigkeit mit einem Gegenstand ausüben würde (im vorliegenden Fall dem Grundstück und dem fertiggestellten Gebäude), an dem er das Erbpachtrecht erworben und für den er die Mehrwertsteuer entrichtet hätte, die er jedoch nicht als Vorsteuer abziehen könnte, da die Tätigkeit, für die er diesen Gegenstand verwendet, mehrwertsteuerbefreit ist.

68.      In einem Fall wie dem vorliegenden besteht der gesamte Selbstkostenpreis zum einen aus dem Gesamtwert der Kosten der Fertigstellung des Gebäudes und zum anderen aus dem Gesamtwert des Selbstkostenpreises für die Begründung des Erbpachtrechts (an dem Grundstück und dem im Bau befindlichen Gebäude), der zu dem Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem das Gebäude der mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit zugeordnet wird. Der letztgenannte Wert entspricht jedoch meiner Ansicht nach dem (kapitalisierten) Wert der zum Zeitpunkt der Zuordnung des Gegenstands noch als jährlicher Erbpachtzins zu entrichtenden Beträge. Dieser Wert entspricht nämlich den Kosten, die der Referenzmitbewerber – um dieselbe mehrwertsteuerbefreite Tätigkeit auszuüben – tragen müsste, um ein Erbpachtrecht an dem Gegenstand zu begründen, das der Laufzeit des dinglichen Rechts entspricht, über das der Betreffende an dem Gegenstand zum Zeitpunkt seiner Zuordnung zu einer mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit verfügt.

69.      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung eines Erbpachtrechts, eines aus dem römischen Recht stammenden dinglichen Rechts, dadurch gekennzeichnet ist, dass dem Inhaber für eine bestimmte vereinbarte Zeit gegen ein Entgelt ein Nutzungsrecht an dem Gegenstand eingeräumt wird, das dem des Eigentümers entspricht, während jede andere Person von diesem Recht ausgeschlossen wird, und durch den Umstand, dass der Verpächter Eigentümer der vom Pächter während der Mietdauer vorgenommenen Verbesserungen und errichteten Bauten wird(37). Die Art der Entgeltzahlung kann zwischen den Parteien vereinbart werden und als einmalige Zahlung oder in Form wiederkehrender Zahlungen (wie im vorliegenden Fall in Form eines jährlichen Erbpachtzinses) erfolgen.

70.      Da es ein wesentliches Merkmal des Erbpachtrechts ist, dass es zeitlich begrenzt eingeräumt wird, liegt auf der Hand, dass der Gesamtwert der Begründung eines solchen Rechts proportional zur Dauer der Einräumung des Rechts ist. Folglich verringert sich dieser Wert im Lauf der Zeit.

71.      Hätte Oudeland z. B. das fertiggestellte Gebäude zehn Jahre nach der Begründung des Erbpachtrechts für die Dauer von 20 Jahren einer mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit zugeordnet, wäre somit der in Nr. 67 der vorliegenden Schlussanträge genannte Referenzmitbewerber ein Steuerpflichtiger, der, um die mehrwertsteuerbefreite Tätigkeit der Vermietung auszuüben, ein Erbpachtrecht (für das er Mehrwertsteuer entrichten müsste, ohne im Anschluss einen Vorsteuerabzug vornehmen zu können) nur für die Dauer von zehn Jahren hätte erwerben müssen. In einem solchen Fall wäre es nicht gerechtfertigt, dem Betreffenden, der eine Zuordnung nach Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie vornimmt (in unserem Beispiel Oudeland), die Mehrwertsteuer auf den gesamten Wert aller für die gesamte Laufzeit des Erbpachtrechts vereinbarten Erbpachtzinsbeträge entrichten zu lassen. Dieser Wert würde nämlich nicht dem Selbstkostenpreis des zum Zeitpunkt der Zuordnung bestimmten Erbpachtrechts entsprechen.

72.      Auf der Grundlage dieser Erwägungen bin ich zum einen entgegen dem Vortrag der niederländischen Regierung nicht der Ansicht, dass der kapitalisierte Wert der Erbpachtzinsbeträge über die Gesamtlaufzeit des Erbpachtrechts dem Gesamtwert des Selbstkostenpreises des Erbpachtrechts entsprechen kann, wie er zum Zeitpunkt, zu dem die Zuordnung des Gegenstands erfolgt, bestimmt wird(38). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Zuordnung des Gegenstands zum Zeitpunkt der Begründung des Erbpachtrechts stattfinden würde.

73.      Zum anderen erscheint es mir auf der Grundlage dieser Erwägungen entgegen dem Vortrag von Oudeland ausgeschlossen, dass der Selbstkostenpreis des Erbpachtrechts ausschließlich dem Wert der bereits entrichteten Erbpachtzinsbeträge entsprechen kann. Dieser Wert entspricht nämlich nicht dem Wert des Erbpachtrechts, der zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zuordnung des Gegenstands stattfindet, bestimmt wird. Insoweit ist entgegen dem Vortrag von Oudeland der Umstand, dass der Selbstkostenpreis noch nicht vollständig entrichtet worden ist, nicht maßgeblich für die Bestimmung dieses Preises, der als die Kosten zu verstehen ist, die der in Nr. 67 der vorliegenden Schlussanträge genannte Referenzmitbewerber zu tragen hätte.

74.      Was schließlich die Zweifel des vorlegenden Gerichts anbelangt, ob die niederländische Regelung, wonach bei der Begründung oder der Übertragung eines dinglichen Rechts die Mehrwertsteuer auf einmal auf die Summe der für den gesamten Zeitraum vereinbarten Beträge zu zahlen ist, mit Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie vereinbar ist, weise ich darauf hin, dass dieses Gericht selbst davon ausgeht, dass der bei ihm anhängige Rechtsstreit keinen Fall betrifft, der unmittelbar von dieser Frage erfasst ist. Daher bin ich der Ansicht, dass es für den Gerichtshof nicht zwingend erforderlich ist, diese Frage im Rahmen der vorliegenden Rechtssache zu behandeln. Insoweit beschränke ich mich auf die Feststellung, dass das Kriterium, das in der Bestimmung vorgesehen ist, um deren Auslegung im Rahmen der zweiten Vorlagefrage ersucht wird, nämlich Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie, jedenfalls der Selbstkostenpreis ist, so dass der Wert, der in die Besteuerungsgrundlage nach dieser Bestimmung einzubeziehen ist, unabhängig von den vereinbarten Zahlungsarten der Gesamtwert des Selbstkostenelements ist.

75.      Abschließend ist meiner Ansicht nach auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem der Steuerpflichtige ein Grundstück mit einem noch im Bau befindlichen Gebäude durch die Begründung eines dinglichen Rechts erworben hat, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Wert dieses dinglichen Rechts, der in die Besteuerungsgrundlage einer Lieferung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie einzubeziehen ist, dem Gesamtwert der zum Zeitpunkt der Zuordnung des Gegenstands noch verbleibenden jährlichen Erbpachtzinsbeträge entsprechen muss.

V –    Ergebnis

76.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 5 Abs. 7 Buchst. a und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass auf die von einem Steuerpflichtigen für Zwecke einer mehrwertsteuerbefreiten wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommene Zuordnung einer unbeweglichen Sache, die auf einem Grundstück errichtet wurde, an dem der Steuerpflichtige ein dingliches Recht erworben hat, das ihm das Recht zur Nutzung dieses Grundstücks und dieser unbeweglichen Sache gibt, die er von einem Dritten hat fertigstellen lassen, Mehrwertsteuer erhoben werden kann, wobei Besteuerungsgrundlage der Wert des erworbenen dinglichen Rechts und die Fertigstellungskosten der unbeweglichen Sache sind, wenn der Steuerpflichtige die auf diesen Wert und diese Kosten entfallende Mehrwertsteuer bereits entrichtet, sie jedoch auch schon in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen hat.

2.      In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem der Steuerpflichtige ein Grundstück mit einem noch im Bau befindlichen Gebäude durch die Begründung eines dinglichen Rechts erworben hat, ist Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388 dahin auszulegen, dass der Wert dieses dinglichen Rechts, der in die Besteuerungsgrundlage einer Lieferung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie einzubeziehen ist, dem Gesamtwert der zum Zeitpunkt der Zuordnung des Gegenstands noch verbleibenden jährlichen Erbpachtzinsbeträge entsprechen muss.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) (im Folgenden: Sechste Richtlinie).


3 – Diese Art von Umsätzen wird mit verschiedenen Begriffe wie „Lieferung an sich selbst“, „gleichgestellte Lieferungen“, „Eingliederungslieferungen“ oder „Lieferungen für die Zwecke des Unternehmens“ bezeichnet. Da jedoch der Erwerb und die Zuordnung des Gegenstands unternehmensintern erfolgen, bevorzuge ich den Ausdruck „interne Lieferung“.


4 – Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1), die mit Wirkung vom 1. Januar 2007 die Sechste Richtlinie aufgehoben und ersetzt hat (vgl. u. a. Art. 18 Buchst. a der Richtlinie 2006/112).


5 – Vgl. Urteile Gemeente Leusden und Holin Groep (C-487/01 und C-7/02, EU:C:2004:263, Rn. 90 ff.), Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698), Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188) und Property Development Company (C-16/14, EU:C:2015:265).


6 – Vgl. Art. 2 der Sechsten Richtlinie sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112.


7 – Vgl. Art. 3 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (erwähnt in Nr. 14 der vorliegenden Schlussanträge). Diese Bestimmung beruht auf Art. 5 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie.


8 – Dies war gemäß Art. 11 Abs. 5 des Umsatzsteuergesetzes, der auf Art. 13 Teil C Buchst. a der Sechsten Richtlinie beruht, möglich.


9 – C-299/11, EU:C:2012:698.


10 – Urteil Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698, Rn. 25).


11 – Ebd. (Rn. 26).


12 – Schlussanträge von Generalanwalt Mazák in der Rechtssache Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:561, Nrn. 45 und 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13 – Urteil Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698, Rn. 27 und 28).


14 – Ebd.


15 – Ebd. (Rn. 37 und Tenor des Urteils).


16 – Vgl. in dieser Hinsicht Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:267, Nrn. 60 bis 62), auf die der Gerichtshof in Rn. 32 seines Urteils Gemeente ʼs-Hertogenbosch ausdrücklich hingewiesen hat (C-92/13, EU:C:2014:2188).


17 – Ebd. (Rn. 61).


18 – Diese Situation erscheint vergleichbar mit der in Rechtssachen, in denen die Urteile Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698) und Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188) ergangen sind.


19 – Urteil Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188, Rn. 34).


20 – Urteil Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188, Rn. 35), das auf das Urteil Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698, Rn. 28 bis 33) verweist.


21 – C-299/11, EU:C:2012:698, Rn. 32. Hervorhebung nur hier.


22 – Ebd.


23 – Urteil Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188, Rn. 35, angeführt in Nr. 46 der vorliegenden Schlussanträge).


24 – C-16/14, EU:C:2015:265.


25 – Ebd. (Rn. 42).


26 – Urteil Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188, Rn. 36).


27 – C-487/01 und C-7/02, EU:C:2004:263, u. a. Rn. 90 ff.


28 – Ebd. (Rn. 90 und 91). Hervorhebung nur hier.


29 – Ebd. (Rn. 92 und, e contrario, Rn. 93).


30 – Vgl. Urteil Property Development Company (C-16/14, EU:C:2015:265, Rn. 33 und 34) und entsprechend zu den Art. 73 und 74 der Richtlinie 2006/112 Urteil Marinov (C-142/12, EU:C:2013:292, Rn. 31). Die in Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der Sechsten Richtlinie genannten Umsätze bestehen nämlich u. a. in der Zuordnung von im Rahmen des Unternehmens erworbenen Gegenständen zu einer mehrwertsteuerbefreiten wirtschaftlichen Tätigkeit. In allen Fällen der Gleichstellung mit einer entgeltlichen Lieferung erhält der Steuerpflichtigen keine tatsächliche Gegenleistung, die als Besteuerungsgrundlage für die Berechnung der Mehrwertsteuer dienen kann, mit der Folge, dass die in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie genannte allgemeine Regel keine Anwendung findet.


31 – Urteil Property Development Company (C-16/14, EU:C:2015:265, Rn. 37).


32 – Vgl. zum Kriterium des Selbstkostenpreises die Erwägungen in Nr. 39 der Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr (C-219/12, EU:C:2013:152).


33 – Urteil Property Development Company (C-16/14, EU:C:2015:265, Rn. 40 a. E.).


34 – Vgl. entsprechend Urteile Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698, Rn. 28) und Gemeente ʼs-Hertogenbosch (C-92/13, EU:C:2014:2188, Rn. 35).


35 – Vgl. Urteil Gemeente Vlaardingen (C-299/11, EU:C:2012:698, Rn. 30).


36 – Art. 3 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (siehe Nr. 14 der vorliegenden Schlussanträge).


37 – Vgl. Urteil „Goed Wonen“ (C-326/99, EU:C:2001:506, Rn. 55), das den Nießbrauch betraf, bei dem es sich wie beim Erbpachtrecht ebenfalls um ein dingliches Recht handelt. Ich halte es nicht für erforderlich, auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Erbpachtrecht und der Vermietung von Gebäuden einzugehen, sondern beschränke mich darauf, auf einen grundlegenden Unterschied zwischen diesen beiden Rechtsverhältnissen hinzuweisen, der eine unterschiedliche steuerliche Behandlung rechtfertigen könnte und darin besteht, dass die Begründung eines Erbpachtrechts als dingliches Recht nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie mit einer entgeltlichen Lieferung vergleichbar ist, während die Vermietung dies nicht ist.


38 – Entsprechend meinen Ausführungen in Nr. 67 der vorliegenden Schlussanträge kann ich mich nicht dem von der niederländischen Regierung vorgeschlagenen Lösungsansatz anschließen, wonach der Referenzmitbewerber ein Steuerpflichtiger sei, der die gleiche mehrwertsteuerbefreite Tätigkeit ausübe, nachdem er das Eigentum am Gebäude vollständig von einem Dritten erworben habe. Der Wert des Erwerbs eines Erbpachtrechts an einem Gegenstand ist nämlich notwendigerweise geringer als der Wert des Erwerbs von Eigentum an diesem Gegenstand. Es handelt sich daher nicht um zwei vergleichbare Werte.