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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MICHAL BOBEK

vom 21. Januar 2016(1)

Rechtssache C-48/15

État belge

gegen

NN (L) International, vormals ING International SA, Rechtsnachfolgerin der ING Dynamic SA

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Bruxelles [Berufungsgericht Brüssel, Belgien])

„Vorabentscheidungsersuchen ‒ Freier Dienstleistungsverkehr ‒ Freier Kapitalverkehr ‒ Jährliche Steuer auf Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA) ‒ Anknüpfungskriterium für eine Steuer ‒ Durch gebietsansässige Finanzmittler gezeichnete Nettobeträge ‒ Vergleichbarkeit ausländischer und belgischer OGA ‒ Besondere Sanktion für ausländische OGA“





I –    Einleitung

1.        Seit 1993 wird in Belgien bei Organismen für gemeinsame Anlagen (im Folgenden: OGA) eine jährliche Steuer auf den Inventarwert ihres Vermögens erhoben (im Folgenden: jährliche Steuer). Als die jährliche Steuer eingeführt wurde, waren ihr lediglich belgische OGA unterworfen. 2003 änderten die Behörden jedoch das Anknüpfungskriterium für die Besteuerung. Sie unterwarfen nicht nur belgische OGA, sondern auch ausländische OGA, die ihre Anteile in Belgien vertreiben, der jährlichen Steuer. Die Steuer wird von beiden Arten von OGA auf die Gesamtheit der am 31. Dezember des Vorjahrs in Belgien „angelegten“ Nettobeträge geschuldet. Zusätzlich zu der 2003 vorgenommenen Änderung des Anknüpfungskriteriums für die Besteuerung führten die belgischen Behörden noch eine neue besondere Sanktion für ausländische OGA ein, die die als jährliche Steuer fälligen Beträge nicht zahlen.

2.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ergeht in einem Verfahren zwischen NN (L) International, einer OGA luxemburgischen Rechts, und dem État belge (belgischer Staat). Das Verfahren betrifft die Weigerung der belgischen Steuerbehörden, die von NN (L) International für das Jahr 2005 entrichtete jährliche Steuer zu erstatten. Das vorlegende Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht der Erhebung der jährlichen Steuer bei ausländischen OGA und der Auferlegung einer besonderen Sanktion für OGA, die dieser Steuerpflicht nicht nachkommen, entgegensteht. Die Vorlagefragen betreffen insbesondere die Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG(2), der Richtlinie 85/611/EWG(3), der Dienstleistungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit. Durch diese Fragen erhält der Gerichtshof erneut Gelegenheit, sich zum Spannungsfeld zwischen der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten und ihrer Verpflichtung, die von den Verträgen garantierten Grundfreiheiten zu gewährleisten, zu äußern.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

1.      Richtlinie 69/335

3.        Ziel der Richtlinie 69/335 ist es, durch die Harmonisierung indirekter Steuern auf die Ansammlung von Kapital Hemmnisse für den freien Kapitalverkehr zu beseitigen. Nach ihrem Art. 1 erheben die Mitgliedstaaten eine harmonisierte Gesellschaftsteuer auf Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften. Ihr Art. 4 enthält zwei Listen, in denen die Vorgänge aufgeführt sind, die der Gesellschaftsteuer zwingend unterliegen, und diejenigen, die der Gesellschaftsteuer unterworfen werden können.

4.        Die Richtlinie 69/335 sieht gemäß ihrem letzten Erwägungsgrund auch die Aufhebung aller anderen indirekten Steuern mit den gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer oder die Wertpapiersteuer vor. Diese Steuern sind in Art. 10 der Richtlinie aufgeführt, der vorsieht, dass die Mitgliedstaaten – abgesehen von der Gesellschaftsteuer – keinerlei andere Steuern oder Abgaben erheben auf: „a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge; b) die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge; c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann“.

5.        Nach Art. 11 der Richtlinie 69/335 erheben die Mitgliedstaaten keine Steuer irgendwelcher Art: „a) auf die Ausfertigung, die Ausgabe, die Börsenzulassung, das Inverkehrbringen von oder den Handel mit Aktien, Anteilen oder anderen Wertpapieren gleicher Art sowie Zertifikaten derartiger Wertpapiere, ungeachtet der Person des Emittenten; b) auf Anleihen einschließlich Renten, die durch Ausgabe von Obligationen oder anderen handelsfähigen Wertpapieren aufgenommen werden, ungeachtet der Person des Emittenten, auf alle damit zusammenhängenden Formalitäten sowie auf die Ausfertigung, Ausgabe oder Börsenzulassung, das Inverkehrbringen von oder den Handel mit diesen Obligationen oder anderen handelsfähigen Wertpapieren“.

2.      Richtlinie 85/611

6.        Das Ziel der Richtlinie 85/611 ist laut zweitem Erwägungsgrund eine Koordinierung der nationalen Rechtsvorschriften betreffend die Organismen für gemeinsame Anlagen im Hinblick auf eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zwischen diesen Organismen auf Unionsebene, um so einen wirksameren und einheitlicheren Schutz der Anteilinhaber sicherzustellen. Laut viertem Erwägungsgrund legt die Richtlinie gemeinsame Mindestregelungen in den Mitgliedstaaten bezüglich der Zulassung, der Aufsicht, der Struktur, der Geschäftstätigkeit sowie der Informationspflichten für die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) fest.

7.        Art. 44 Abs. 1 der Richtlinie 85/611 sieht vor, dass „[e]in OGAW, der seine Anteile in einem anderen Mitgliedstaat vertreibt, … die in diesem Staat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu beachten [hat], die den nicht von dieser Richtlinie geregelten Bereich betreffen“. Darüber hinaus sind nach Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie die in Art. 44 Abs. 1 genannten Bestimmungen von den Mitgliedstaaten ohne Diskriminierung anzuwenden.

B –    Belgisches Recht

8.        Die jährliche Steuer auf OGA ist mit dem Gesetz vom 22. Juli 1993 betreffend Steuer- und Finanzbestimmungen in den Code des droits de succession (Erbschaftsteuergesetzbuch) eingefügt worden(4). In der Folge wurde der Anwendungsbereich der jährlichen Steuer durch das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Programmgesetz vom 22. Dezember 2003(5) ausgeweitet. Aufgrund dieser Änderung wurden ausländische OGA, die ihre Anteile in Belgien vertreiben, nach Art. 161 Abs. 3 des Erbschaftsteuergesetzbuchs in der für den Sachverhalt im Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung ebenfalls der jährlichen Steuer unterworfen.

9.        In Bezug auf die Besteuerungsgrundlage bestimmt Art. 161bis des Erbschaftsteuergesetzbuchs: „§ 1 Was die in Art. 161 Nrn. 1 und 2 genannten Anlageorganismen [d. h. die belgischen OGA] betrifft, wird die Steuer auf die Gesamtheit der am 31. Dezember des Vorjahrs in Belgien angelegten Nettobeträge geschuldet. … § 2 Was die in Art. 161 Nr. 3 genannten Anlageorganismen [d. h. die ausländischen OGA] betrifft, wird die Steuer auf die Gesamtheit der am 31. Dezember des Vorjahrs in Belgien angelegten Nettobeträge geschuldet, sobald diese bei der Kommission für das Bank-, Finanz- und Versicherungswesen angezeigt worden sind. …“

10.      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die jährliche Steuer im Jahr 2006 0,07 % der Besteuerungsgrundlage betrug.

11.      Art. 162 des Erbschaftssteuergesetzbuchs weitet die in dessen Buch I vorgesehene Anwendung der Sanktionen auf die durch Art. 161 eingeführte Steuer aus. Insbesondere legt Art. 162 Abs. 2 dieses Gesetzbuchs in seiner zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung eine besondere Sanktion für ausländische OGA fest: Ihnen kann durch gerichtliche Anordnung untersagt werden, in der Zukunft ihre Anteile in Belgien zu vertreiben.

III – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

12.      NN (L) International (die Rechtsmittelgegnerin) ist eine Investmentgesellschaft mit variablem Kapital(6). Ihr Gesellschaftssitz ist in Luxemburg. Der Vorlageentscheidung zufolge reichte die Rechtsmittelgegnerin ordnungsgemäß eine Erklärung über die jährliche Steuer ein, die die im Jahr 2005 in Belgien angelegten Nettobeträge betraf. Außerdem entrichtete die Rechtsmittelgegnerin diese Steuer innerhalb der gesetzlichen Frist.

13.      Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens focht die Rechtsmittelgegnerin die Rechtmäßigkeit der jährlichen Steuer an und verlangte die Erstattung der Steuer in Höhe von 185 739,34 Euro. Die jährliche Steuer verstoße gegen die Richtlinien 69/335 und 85/611 in Verbindung mit den Bestimmungen des Vertrags betreffend den freien Dienstleistungsverkehr und die Kapitalverkehrsfreiheit. Hilfsweise trug sie vor, die jährliche Steuer verstoße gegen Art. 22 des von Belgien und dem Großherzogtum Luxemburg am 17. September 1970 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (im Folgenden: Doppelbesteuerungsabkommen). Das erstinstanzliche Gericht gab dem Hilfsantrag statt. Die jährliche Steuer verstoße gegen Art. 22 des Doppelbesteuerungsabkommens und sei eine Vermögensteuer. Demzufolge entschied das erstinstanzliche Gericht, dass die jährliche Steuer von NN (L) International nicht geschuldet war. Das erstinstanzliche Gericht erklärte jedoch die Rüge, mit der ein Verstoß gegen die Richtlinie 69/335 geltend gemacht wurde, für unbegründet. Es äußerte sich nicht zu den übrigen Rügen, mit denen ein Verstoß gegen den Vertrag und die Richtlinie 85/611 geltend gemacht wurde.

14.      Die belgische Steuerbehörde hat gegen die erstinstanzliche Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt. Die angefochtene Steuer sei nicht vom Doppelbesteuerungsabkommen erfasst, und die Art. 160 ff. des Erbschaftsteuergesetzbuchs seien mit den vorerwähnten unionsrechtlichen Vorschriften vereinbar. NN (L) International hat die Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung beantragt und hilfsweise ein Anschlussrechtsmittel eingelegt, da das erstinstanzliche Gericht die Rüge eines Verstoßes gegen die Richtlinie 69/335 zurückgewiesen und sich nicht zu den Rügen eines Verstoßes gegen die übrigen unionsrechtlichen Vorschriften geäußert habe.

15.      Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Bruxelles (Berufungsgericht Brüssel) das Verfahren ausgesetzt und folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.       Ist die Richtlinie 69/335, insbesondere Art. 2 in Verbindung mit den Art. 4, 10 und 11, dahin auszulegen, dass sie Vorschriften des nationalen Rechts wie den Art. 161 und 162 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs, geändert durch das Programmgesetz vom 22. Dezember 2003, die die Steuer auf Organismen für gemeinsame Anlagen betreffen, insoweit entgegensteht, als die genannte Steuer jährlich bei Organismen für gemeinsame Anlagen, die in einem anderen Mitgliedstaat in Form einer Kapitalgesellschaft errichtet worden sind und ihre Anteile in Belgien vertreiben, auf den Gesamtbetrag ihrer in Belgien gezeichneten Anteile abzüglich des Betrags der Rückkäufe oder Rücknahmen solcher Zeichnungen erhoben wird, mit der Folge, dass die von solchen Organismen für gemeinsame Anlagen in Belgien vereinnahmten Zeichnungsbeträge der genannten Steuer unterliegen, solange sie den erwähnten Organismen weiterhin zur Verfügung stehen?

2.       Sind die Art. 49 bis 55 und 56 bis [60] EG, gegebenenfalls in Verbindung mit den Art. 10 und 293 zweiter Gedankenstrich EG, dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat daran hindern, das Anknüpfungskriterium für eine Steuer wie die in den Art. 161 ff. des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs vorgesehene einseitig zu ändern und ein persönliches Anknüpfungskriterium, das auf den Wohnsitz des Steuerpflichtigen abstellt und im internationalen Steuerrecht anerkannt ist, durch ein vorgeblich tatsächliches Anknüpfungskriterium zu ersetzen, das unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Mitgliedstaat zur Festigung seiner Steuerhoheit eine besondere Sanktion wie die in Art. 162 Abs. 3 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs vorgesehene nur gegen ausländische Wirtschaftsteilnehmer verhängt, im internationalen Steuerrecht nicht anerkannt ist?

3.       Sind die Art. 49 und 56 EG, gegebenenfalls in Verbindung mit den Art. 10 und 293 zweiter Gedankenstrich EG, dahin auszulegen, dass sie einer Steuer wie der vorstehend beschriebenen entgegenstehen, die, da sie Steuern, die in einem anderen Mitgliedstaat errichtete Organismen für gemeinsame Anlagen bereits in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zu entrichten haben, überhaupt nicht berücksichtigt, eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellt, die geeignet ist, den Vertrieb ihrer Anteile in Belgien zu behindern?

4.      Ist die Richtlinie 85/611, gegebenenfalls in Verbindung mit den Art. 10 und 293 zweiter Gedankenstrich EG, dahin auszulegen, dass sie einer Steuer wie der vorstehend beschriebenen insoweit entgegensteht, als diese das Hauptziel der Richtlinie, den Handel mit Anteilen von Organismen für gemeinsame Anlagen in der Europäischen Union zu erleichtern, beeinträchtigt?

5.      Sind die Art. 49 und 56 EG dahin auszulegen, dass sie den Belastungen durch Verwaltungsaufwand entgegenstehen, die durch die Erhebung einer Steuer wie der vorstehend beschriebenen bei in einem anderen Mitgliedstaat errichteten Organismen für gemeinsame Anlagen, die ihre Anteile in Belgien vertreiben, verursacht werden?

6.      Sind die Art. 49 und 56 EG dahin auszulegen, dass sie einer Vorschrift des nationalen Rechts wie Art. 162 Abs. 2 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs insoweit entgegenstehen, als diese Vorschrift Organismen für gemeinsame Anlagen, die in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden sind und ihre Anteile in Belgien vertreiben, einer besonderen Sanktion unterwirft, nämlich einem gerichtlich angeordneten Verbot, in Zukunft Anteile in Belgien zu vertreiben, wenn sie nicht ihre Erklärung bis spätestens 31. März eines jeden Jahres einreichen oder die vorstehend beschriebene Steuer entrichten?

16.      NN (L) International, die belgische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die am schriftlichen Verfahren Beteiligten haben in der Sitzung vom 28. Oktober 2015 mündliche Ausführungen gemacht.

IV – Würdigung

A –    Zulässigkeit der Vorlagefragen

17.      In ihren schriftlichen Erklärungen trägt die belgische Regierung vor, dass die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen 4, 5 und 6 unzulässig seien. Was die vierte Frage angehe, würden in der Vorlageentscheidung keine spezifischen Gründe dafür angeführt, warum die jährliche Steuer gegen die Richtlinie 85/611 verstoßen sollte. Betreffend die fünfte Frage habe das vorlegende Gericht keine Bestimmungen des nationalen Rechts angeführt, die Belastungen durch Verwaltungsaufwand auferlegen würden, und habe ferner keine Angaben zu einer sich daraus ergebenden Diskriminierung von ausländischen OGA gemacht. Das letztere Argument wird auch von der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vorgetragen, obgleich sie die Zulässigkeit der Frage nicht förmlich in Abrede stellt. Darüber hinaus sei die fünfte Frage für die Entscheidung im Ausgangsverfahren irrelevant. Die sechste Frage schließlich sei unzulässig, weil Art. 162 Abs. 2 des Erbschaftsteuergesetzbuchs nichts mit dem vom nationalen Gericht zu entscheidenden Rechtsstreit zu tun habe. Die Bestimmung stehe in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens. Überdies sei die zukünftige Verhängung einer Sanktion gegen NN (L) International rein hypothetisch.

18.      Nach ständiger Rechtsprechung(7) spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen, mit denen nationale Gerichte um Auslegung des Unionsrechts ersuchen. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind.

19.      Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, sind die Unzulässigkeitsrügen betreffend die vierte und die sechste Frage nach meiner Ansicht zurückzuweisen. Ich stimme der belgischen Regierung jedoch zu, dass die fünfte Frage als unzulässig zurückzuweisen ist.

20.      Zwar trifft zu, dass in der vierten Frage, wie sie das vorlegende Gericht formuliert hat, keine spezifische Bestimmung der Richtlinie 85/611 anführt ist, deren Auslegung erbeten wird. Es wird lediglich auf die Richtlinie als solche sowie ihre Ziele hingewiesen. Der Gerichtshof kann nach ständiger Rechtsprechung(8) im Fall ungenau formulierter Fragen aus den vom vorlegenden Gericht gemachten Angaben und aus den Akten des Ausgangsverfahrens diejenigen unionsrechtlichen Vorschriften herausarbeiten, die unter Berücksichtigung des Streitgegenstands einer Auslegung bedürfen. In der vorliegenden Rechtssache hindert die Tatsache, dass die Frage lediglich einen allgemeinen Verweis auf die Richtlinie 85/611 enthält, den Gerichtshof nicht daran, dem vorlegenden Gericht die Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die diesem bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können.

21.      Was die sechste Frage betrifft, kann nicht geltend gemacht werden, sie sei für das Ausgangsverfahren irrelevant. NN (L) International stellt im Ausgangsverfahren die Rechtmäßigkeit von Art. 160 ff. des Erbschaftsteuergesetzbuchs in Abrede, d. h. derjenigen Bestimmungen, in denen die jährliche Steuer nach belgischem Recht geregelt ist. Daher muss das vorlegende Gericht in einem Verfahren entscheiden, das die Rechtmäßigkeit der Regelung über die jährliche Steuer, einschließlich der nach Art. 162 Abs. 2 des Erbschaftssteuergesetzbuchs gegen ausländische OGA zu verhängenden besonderen Sanktionen, betrifft. Diese Frage kann demnach nicht als hypothetisch oder irrelevant für die Entscheidung im Ausgangsverfahren betrachtet werden.

22.      Darüber hinaus hat die Tatsache, dass im nationalen Recht vorgesehene Sanktionen im Rahmen eines konkreten Sachverhalts nicht verhängt worden waren, den Gerichtshof in der Vergangenheit nicht daran gehindert, eine Vorlagefrage zu beantworten(9). Der Gerichtshof war häufig mit Fragen konfrontiert, die ungewisse Ereignisse oder hypothetische Situationen zum Gegenstand hatten, und hat diese Fragen für zulässig erklärt, solange sie für das Ausgangsverfahren relevant waren(10). Bildlich ausgedrückt – ist der Kern des Streits konkret und real, dann sollte das vorlegende Gericht den Gerichtshof zu den potenziellen Rändern des Kerns befragen können. Dies umso mehr, als diese Ränder scharf sind, wie im Fall von Sanktionen.

23.      Aus diesen Gründen sind die von der belgischen Regierung hinsichtlich der Zulässigkeit der Fragen 4 und 6 geäußerten Bedenken zurückzuweisen.

24.      Bei der fünften Frage verhält es sich anders. Nach ständiger Rechtsprechung(11) und auch nach Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist eine dem nationalen Gericht dienliche Auslegung des Unionsrechts nur möglich, wenn dieses die Sach- und Rechtslage, in der sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen, auf denen diese Fragen beruhen, erläutert. Die in der Vorlageentscheidung gemachten Angaben dienen dabei nicht nur dazu, dem Gerichtshof sachdienliche Antworten zu ermöglichen, sondern sie sollen auch die Regierungen der Mitgliedstaaten sowie die sonstigen Betroffenen in die Lage versetzen, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Erklärungen abzugeben(12).

25.      Aus der Vorlageentscheidung in der vorliegenden Rechtssache ergibt sich nichts, was dem Gerichtshof ermöglichen würde, genau festzustellen, welches diese vom vorlegenden Gericht in seiner fünften Frage erwähnten „Belastungen durch Verwaltungsaufwand“ sein sollen. Die gleiche Ungewissheit findet sich auch in den Erklärungen der Beteiligten: Die belgische Regierung geht davon aus, dass sich der Begriff „Belastungen durch Verwaltungsaufwand“ auf die Verpflichtung bezieht, eine Steuererklärung bei den zuständigen Behörden einzureichen. Diese Annahme wird von der Kommission geteilt. Andererseits hat NN (L) International, die sich in ihren schriftlichen Erklärungen zu diesem Punkt nicht geäußert hat, in der Sitzung kurz erwähnt, die „Belastungen durch Verwaltungsaufwand“ bezögen sich auf die internen Kosten zur Einholung der relevanten Informationen über die Identität und den Wohnort der Anteilseigner.

26.      Somit liegt dem Gerichtshof weder der tatsächliche noch der rechtliche Kontext zur Beurteilung der „Belastungen durch Verwaltungsaufwand“ vor. Die Parteien haben sich mit dieser Frage nicht angemessen befasst. Aus diesen Gründen ist die fünfte Frage meiner Ansicht nach für unzulässig zu erklären.

B –    Würdigung der Vorlagefragen

27.      Zunächst ist hervorzuheben, dass die Cour d’appel de Bruxelles (Berufungsgericht Brüssel) dem Gerichtshof die sechs Fragen vorgelegt hat, bevor sie über die Qualifizierung der Steuer für die Zwecke der Anwendbarkeit des Doppelbesteuerungsabkommens entscheidet. Der Gerichtshof wird daher nicht ersucht, eine Auslegung im Hinblick auf die Qualifizierung der jährlichen Steuer vorzunehmen. Die in den vorliegenden Schlussanträgen vorgenommene Analyse der Vereinbarkeit der jährlichen Steuer mit den einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen berührt die Einstufung der Steuer für die Zwecke der Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens nicht. Dies ist Aufgabe des nationalen Gerichts.

28.      Bei der materiell-rechtlichen Würdigung der Vorlagefragen werde ich wie folgt vorgehen: Zunächst wird die Vereinbarkeit der jährlichen Steuer mit dem sekundären Unionsrecht geprüft (Fragen 1 und 4). In einem zweiten Schritt wird die jährliche Steuer im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Primärrecht behandelt, d. h. mit den auf dem Vertrag beruhenden Grundfreiheiten (Fragen 2 und 3). Zuletzt werde ich die besonderen Sanktionen, die ausschließlich gegen ausländische OGA verhängt werden, auf ihre Vereinbarkeit mit dem primären Unionsrecht prüfen (Frage 6).

1.      Zur ersten Frage: Richtlinie 69/335

29.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 2, 4, 10 und 11 der Richtlinie 69/335 dahin auszulegen sind, dass sie der Erhebung einer Steuer wie der belgischen jährlichen Steuer bei ausländischen OGA entgegenstehen. Alle Beteiligten, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind sich darüber einig, dass die erste Frage zu verneinen sei, da die Richtlinie 69/335 nicht auf die jährliche Steuer anwendbar sei.

30.      Dem stimme ich zu.

31.      Das Ziel der Richtlinie 69/335 ist die Aufhebung anderer indirekter Steuern als der Gesellschaftsteuer, die die gleichen Merkmale wie die Gesellschaftsteuer haben, d. h. derjenigen Steuern, die auf Vorgänge im Sinne dieser Richtlinie erhoben werden(13).

32.      Die Besteuerungsgrundlage in der vorliegenden Rechtssache umfasst die Gesamtheit der am 31. Dezember des Vorjahrs in Belgien angelegten Nettobeträge. Der in den schriftlichen Erklärungen der belgischen Regierung dargelegten legislativen Entstehungsgeschichte ist zu entnehmen, dass unter dem Begriff der „angelegten Nettobeträge“ das Gesamtvermögen der OGA abzüglich der Rückkäufe zu verstehen ist. Der Begriff der „in Belgien“ angelegten Beträge bezieht sich auf Übertragungen (Zeichnungen, Verkäufe), die in Belgien über ein zwischengeschaltetes Finanzinstitut ausgeführt wurden(14). Die belgische Regierung erklärt außerdem, dass der Inventarwert des Vermögens der OGA durch Faktoren wie Zeichnungsbeträge, Rückerstattungen und Schulden, Änderungen der Basiswerte, Einnahmen und Aufwendungen beeinflusst würden.

33.      Somit ist offensichtlich, dass sich eine solche Steuer nicht auf irgendeinen der Vorgänge bezieht, die nach Art. 4 der Richtlinie 69/335 der Gesellschaftsteuer unterliegen. Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, sind alle diese Vorgänge durch die Übertragung von Kapital oder von Gegenständen auf eine Kapitalgesellschaft im Mitgliedstaat der Besteuerung gekennzeichnet oder führen zu einer tatsächlichen Erhöhung des Kapitals oder des Gesellschaftsvermögens der Gesellschaften(15). Die jährliche Steuer fällt auch nicht unter das in Art. 10 der Richtlinie festgelegte Verbot, da sie keinem der in Art. 4 aufgeführten zu besteuernden Vorgänge, auf die Art. 10 Buchst. a und b der Richtlinie verweist, entspricht. Ebenso ist die jährliche Steuer nicht mit einer der Ausübung einer Tätigkeit vorangehenden Eintragung oder sonstigen Formalität im Sinne des Art. 10 Buchst. c der Richtlinie verbunden. Schließlich hat die jährliche Steuer auch keinen Bezug zu den von Art. 11 der Richtlinie erfassten Vorgängen.

34.      Daraus ergibt sich, dass die jährliche Steuer nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 69/335 fällt. Somit ist die Richtlinie 69/335 auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die erste Frage zu verneinen: Die Richtlinie 69/335 steht der Erhebung einer Steuer auf in einem anderen Mitgliedstaat errichtete OGA wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden jährlichen Steuer auf OGA nicht entgegen.

2.      Zur vierten Frage: Richtlinie 85/611

35.      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 85/611 dahin auszulegen ist, dass sie einer Steuer wie der jährlichen Steuer deshalb entgegensteht, weil diese das Hauptziel der Richtlinie, den Handel mit Anteilen von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) in der Europäischen Union zu erleichtern, beeinträchtigt.

36.      NN (L) International trägt zu dieser Frage vor, die jährliche Steuer behindere die Erreichung der Ziele der Richtlinie 85/611. Dagegen macht die belgische Regierung geltend, die Richtlinie 85/611 berühre die Befugnisse der Mitgliedstaaten im Steuerbereich nicht. In gleicher Weise trägt die Kommission vor, dass die Richtlinie 85/611 keine Steuerbestimmung enthalte und somit im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei.

37.      Ich teile die Auffassung der Kommission und der belgischen Regierung.

38.      Die Richtlinie 85/611 koordiniert die für OGAW geltenden nationalen Rechtsvorschriften. Ihr Ziel ist die Erleichterung des freien Verkehrs von Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen in der Union. Dennoch ist der Umfang der von der Richtlinie vorgesehenen Koordinierung begrenzt. Sie legt lediglich gemeinsame Mindestregelungen bezüglich der Zulassung, der Aufsicht, der Struktur, der Geschäftstätigkeit sowie der Informationspflichten für die Organismen für gemeinsame Anlagen in den Mitgliedstaaten fest(16). Insbesondere wurde die Richtlinie 85/611 auf der Grundlage von Art. 57 Abs. 2 EWG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 53 AEUV) erlassen. Letzterer berührt die Besteuerung von OGAW durch die Mitgliedstaaten nicht.

39.      Art. 44 der Richtlinie 85/611 besagt zwar, dass ein OGAW, der seine Anteile in einem anderen Mitgliedstaat vertreibt, die in diesem Staat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu beachten hat, die den nicht von dieser Richtlinie geregelten Bereich betreffen. Ferner sind diese Bestimmungen nach Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie von den Mitgliedstaaten ohne Diskriminierung anzuwenden.

40.      Art. 44 der Richtlinie bekräftigt das umfassende und allgemeine Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Gründungsorts. Er kann jedoch nicht dahin verstanden werden, dass er den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 85/611 ausweitet.

41.      Erstens muss Art. 44 im Kontext der Richtlinie 85/611 als Ganzer gesehen werden. Zwar basiert die durch die Richtlinie geschaffene Koordinierung auf den Grundsätzen der Herkunftslandkontrolle und der gegenseitigen Anerkennung(17), jedoch erkennt Art. 44 Abs. 1 die Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten in den nicht von dieser Richtlinie geregelten Bereichen an und wahrt diese. Vor diesem Hintergrund muss Art. 44 dahin verstanden werden, dass er die Befugnisse der Mitgliedstaaten in allen nicht ausdrücklich von der Richtlinie erfassten Bereichen – einschließlich Steuern – bekräftigt.

42.      Vor allem jedoch kann das in Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 85/611 festgelegte und von NN (L) International herangezogene Diskriminierungsverbot ungeachtet der Auslegung des Anwendungsbereichs von Art. 44 Abs. 1 als Bekräftigung des bereits in den Verträgen festgelegten Grundsatzes der Nichtdiskriminierung angesehen werden. Daher ist die Frage, ob die jährliche Steuer und die besonderen Sanktionen gegen ausländische OGA diskriminierend sind, stattdessen anhand der Regelungen des Vertrags betreffend die Grundfreiheiten zu beurteilen.

43.      Somit ist die Richtlinie 85/611 in der vorliegenden Rechtssache nicht hilfreich. Die in Art. 10 EG (im Wesentlichen ersetzt durch Art. 4 Abs. 3 EUV) festgelegte allgemeine und ihrem Wesen nach eher abstrakt gefasste Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit ändert an diesem Ergebnis nichts(18). Das Gleiche gilt für Art. 293 EG (aufgehoben durch den Vertrag von Lissabon). Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass mit letztgenannter Vorschrift kein unmittelbar geltender Rechtssatz aufgestellt, sondern nur den Rahmen für Verhandlungen abgesteckt werden soll, die die Mitgliedstaaten, soweit erforderlich, untereinander einzuleiten haben. Im Rahmen dieser Argumentation hat der Gerichtshof wiederholt ausgeführt, dass diese Bestimmung, selbst wenn die Beseitigung der Doppelbesteuerung zu den Vertragszielen gehört, dem einzelnen nicht aus sich heraus Rechte gewähren kann, auf die er sich vor den nationalen Gerichten berufen kann(19).

44.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vierte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 85/611/EWG dahin auszulegen ist, dass sie einer Steuer wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden jährlichen Steuer auf OGA nicht entgegensteht.

3.      Zur zweiten und zur dritten Frage: Vereinbarkeit der jährlichen Steuer mit den Grundfreiheiten

45.      Mit der zweiten und der dritten Frage – die nach meiner Ansicht zusammen geprüft werden können – möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die anwendbaren Vertragsbestimmungen betreffend die Dienstleistungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit in Verbindung mit den Art. 10 und 293 EG der jährlichen Steuer auf ausländische OGA entgegenstehen. Die Zweifel des vorlegenden Gerichts ergeben sich insbesondere aus der Tatsache, dass die belgischen Behörden das Anknüpfungskriterium, das ehemals auf den Wohnsitz des Steuerpflichtigen abstellte, durch ein „tatsächliches“ Anknüpfungskriterium ersetzt haben. Zudem haben die belgischen Behörden die besondere Sanktion nur für ausländische Wirtschaftsteilnehmer eingeführt.

a)      Die einschlägige Grundfreiheit

46.      Das nationale Gericht bezieht sich in seinen Fragen auf Art. 49 bis 55 und Art. 56 bis 60 EG (jetzt Art. 56 AEUV bis 62 AEUV, Art. 63 AEUV bis 66 AEUV und Art. 75 AEUV), ohne anzugeben, wie diese Bestimmungen im Ausgangsverfahren jeweils anwendbar sind. Wie die Kommission darlegt, ist jedoch offensichtlich, dass die zeitlich relevanten Bestimmungen die Art. 49, 56 und 58 (jetzt Art. 56 AEUV, 63 AEUV und 65 AEUV) waren.

47.      Um festzustellen, unter welche Grundfreiheit eine nationale Regelung fällt, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den Gegenstand dieser Regelung abzustellen(20).

48.      Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften führen eine jährliche Steuer auf OGA auf der Grundlage der Nettobeträge ein, die mit der Anzahl der Anteile, die im Mitgliedstaat der Besteuerung gezeichnet wurden, multipliziert werden. Daher könnte die jährliche Steuer als potenzielles Hindernis sowohl für den freien Kapitalverkehr als auch für den freien Dienstleistungsverkehr angesehen werden. Zu beachten ist jedoch, dass der Gerichtshof eine streitige Maßnahme nur im Hinblick auf eine dieser beiden Freiheiten prüft, wenn sich herausstellt, dass eine von ihnen der anderen gegenüber völlig zweitrangig ist(21). Um dies zu beurteilen, hat der Gerichtshof mangels einer im AEU-Vertrag enthaltenen Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ entschieden, dass Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG(22) eine nicht abschließende Aufzählung enthält, die Hinweischarakter hat, da sie Geschäfte aufzählt, die unter den Kapitalverkehr fallen können(23). Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der Erwerb von an der Börse gehandelten und von nicht an der Börse gehandelten Anteilscheinen von ausländischen Organismen durch Gebietsansässige zu den Kapitalbewegungen gehört, die in Buchst. A der Rubrik IV des Anhangs I ausdrücklich als „Transaktionen mit Anteilscheinen von Organismen für gemeinsame Anlagen“ genannt sind(24).

49.      In der vorliegenden Rechtssache ist offensichtlich, dass die jährliche Steuer an den Erwerb von Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen durch Gebietsansässige im Sinne der in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgeführten Nomenklatur anknüpft. Daher macht NN (L) International in ihren schriftlichen Erklärungen geltend, es könne davon ausgegangen werden, dass die jährliche Steuer primär den freien Kapitalverkehr betreffe(25).

50.      Demnach ist meines Erachtens zur Beurteilung der Vereinbarkeit der jährlichen Steuer mit den Verträgen unter den in dieser Rechtssache gegebenen Umständen bei der Analyse in erster Linie auf die Kapitalverkehrsfreiheit und nicht auf die Dienstleistungsfreiheit abzustellen(26).

b)      Zur Frage, ob die Steuer eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt

51.      NN (L) International trägt vor, das in den anwendbaren belgischen Rechtsvorschriften verwendete Anknüpfungskriterium berücksichtige die international anerkannten Anknüpfungskriterien für die Besteuerung nicht. Ferner macht die Rechtsmittelgegnerin geltend, die jährliche Steuer führe zu einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Dies sei deshalb der Fall, weil sie den OGA finanzielle Belastungen auferlege, die die Gewinne der Anteilseigner möglicherweise beeinträchtigten. Daher sei die jährliche Steuer geeignet, ausländische OGA davon abzuhalten oder darin zu beschränken, ihre Anteile in Belgien zu vertreiben, besonders wenn man berücksichtige, dass in Luxemburg ansässige OGA bereits einer Zeichnungssteuer in diesem Mitgliedstaat unterlägen. Die Kommission trägt jedoch vor, dass die jährliche Steuer als solche keine diskriminierende Behandlung darstelle, da die belgischen OGA derselben steuerlichen Behandlung unterlägen(27). Die belgische Regierung argumentiert, es sei erforderlich, den Grundsatz der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, und ruft in Erinnerung, dass die Doppelbesteuerung eine Folge der parallelen Ausübung der Steuerhoheit sei. Ferner sei der Zweck der Anwendung der jährlichen Steuer auf ausländische OGA gerade, sicherzustellen, dass für die verschiedenen Anlageprodukte auf dem belgischen Markt gleiche Bedingungen herrschten.

52.      Zunächst ist hervorzuheben, dass die Besteuerung von OGA in der Europäischen Union nicht harmonisiert ist. Tatsächlich bestehen in den Mitgliedstaaten im Bereich der Steuern erhebliche Unterschiede(28). Bei Berücksichtigung dieser Realität müssen Ausgangspunkt und auch Leitprinzip der Analyse sein, anzuerkennen, dass die Besteuerung von OGA in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt und dass Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten die logische Folge sind.

53.      Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt(29), dass dieser Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten Grenzen hat: Nationale Steuervorschriften können die Grundfreiheiten nicht einschränken. Zu den Maßnahmen, die Art. 56 Abs. 1 EG (jetzt Art. 63 Abs. 1 AEUV) als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, gehören solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder dort Ansässige von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten(30).

54.      Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den speziellen Bereich der Steuern hat der Gerichtshof eine durch Art. 56 Abs. 1 EG verbotene Beschränkung häufig in Fällen festgestellt, in denen die nationalen Maßnahmen zu einer Ungleichbehandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden führten(31). Umgekehrt hat der Gerichtshof dort, wo die steuerliche Regelung nicht zwischen Steuerpflichtigen, deren Situation als vergleichbar angesehen wird, unterscheidet und keine Nachteile mit sich bringt(32), eine solche Beschränkung verneint(33).

55.      Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist offensichtlich, dass, wie die Kommission vorgetragen hat, die nationalen Rechtsvorschriften angewendet werden, ohne zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden OGA zu unterscheiden. Darüber hinaus führt die Anwendung der jährlichen Steuer nicht dazu, dass ausländische OGA letztlich eine höhere Steuerlast in Belgien tragen als belgische OGA.

56.      NN (L) International macht jedoch geltend, dass die Anwendung der jährlichen Steuer auf ausländische OGA zu einer verbotenen Diskriminierung führe, da gebietsansässige und gebietsfremde OGA, deren Situation nicht vergleichbar sei, gleichbehandelt würden.

57.      Ich bin anderer Meinung. Richtig ist auf abstrakter Ebene zwar, dass Ungerechtigkeit spätestens seit Aristoteles nicht nur dann entsteht, wenn ähnliche Sachverhalte unterschiedlich behandelt werden, sondern auch, wenn objektiv unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden(34). Das Problem ist jedoch, dass mich auf der konkreten Ebene und in diesem bestimmten Fall die von NN (L) International dafür vorgetragenen Argumente, dass ausländische und belgische OGA sich im Hinblick auf die Zahlung der jährlichen Steuer nicht in einer vergleichbaren Lage befänden, nicht überzeugen.

58.      Gewiss wurden nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der direkten Steuern wie der Einkommensteuer und der Vermögensteuer dann, wenn objektive Unterschiede zwischen Steuerpflichtigen Auswirkungen haben können, häufig angenommen, dass im Besteuerungsstaat Gebietsansässige und Gebietsfremde sich im Hinblick auf die Anwendung bestimmter Steuervorteile und Steuerregelungen nicht in einer vergleichbaren Lage befinden(35). Dies kann jedoch nicht so weit gehen, dass generell eine unterschiedliche Behandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden verlangt wird und die Mitgliedstaaten somit gezwungen werden, steuerliche Sonderregelungen für Gebietsfremde zu schaffen. Um zu ermitteln, ob die Lage von gebietsansässigen mit der von gebietsfremden Steuerpflichtigen vergleichbar ist, ist daher ihre objektive Lage im Licht ihrer Stellung in Bezug auf die streitige Regelung zu prüfen. Die belgischen Rechtsvorschriften unterwerfen den Inventarwert der in ihrem Hoheitsgebiet im vorangegangenen Kalenderjahr vertriebenen OGA-Anteile derselben Art von Steuer. Somit sind inländische und ausländische Unternehmen, die die gleichen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben, den gleichen Bedingungen unterworfen.

59.      Der Aspekt, auf den sich NN (L) International dafür beruft, dass ausländische und belgische OGA nicht in einer vergleichbaren Situationen seien, ist die Tatsache, dass in Luxemburg ansässige OGA bereits einer Zeichnungssteuer in diesem Mitgliedstaat unterliegen. Der Gerichtshof hat jedoch in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Nachteile, die sich aus der parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben, keine Beschränkungen der Verkehrsfreiheiten darstellen, sofern eine solche Ausübung nicht diskriminierend ist(36). Dementsprechend sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, ihr Steuersystem den Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um die Doppelbesteuerung zu beseitigen(37).

60.      Für die Zwecke der Besteuerung wirtschaftlicher Aktivitäten im belgischen Hoheitsgebiet sind inländische und ausländische OGA vollständig vergleichbar. Der einzige Unterschied besteht in dem Bereich, der ausdrücklich ausgenommen wurde: der parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse der Mitgliedstaaten. Somit kann die beanstandete Steuerregelung nach meiner Ansicht keine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen.

61.      Schließlich kann – wie bereits in Nr. 43 dieser Schlussanträge ausgeführt – der Rückgriff auf Art. 10 EG (im Wesentlichen ersetzt durch Art. 4 Abs. 3 EUV) und Art. 293 EG (aufgehoben durch den Vertrag von Lissabon) zu keinem anderen Ergebnis führen.

62.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 56 Abs. 1 EG einer steuerlichen Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die gebietsansässige und gebietsfremde OGA einer jährlichen Steuer auf der Grundlage der in seinem Hoheitsgebiet gezeichneten Nettobeträge unterwirft, nicht entgegensteht.

4.      Die besondere, nur für ausländische OGA geltende Sanktion

63.      Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 49, 56 und 58 EG dahin auszulegen sind, dass sie Art. 162 Abs. 2 des belgischen Erbschaftsteuergesetzes entgegenstehen. Diese Vorschrift unterwirft OGA, die in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden sind und ihre Anteile in Belgien vertreiben, einer besonderen Sanktion: Reichen sie ihre Erklärung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist ein oder entrichten die jährliche Steuer nicht, kann ihnen gerichtlich verboten werden, „in Zukunft“ ihre Anteile in Belgien zu vertreiben.

64.      NN (L) International und die Kommission tragen vor, die durch Art. 162 Abs. 2 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs auferlegte Sanktion stelle eine Diskriminierung aufgrund des Gründungsorts dar, da es eine ähnliche Sanktion für belgische OGA nicht gebe. Die Kommission hat in der Sitzung erklärt, sie beabsichtige, wegen dieser Frage ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Dagegen trägt die belgische Regierung vor, es bestehe eine gleichartige Sanktion für nationale OGA. Art. 133ter des Erbschaftsteuergesetzbuchs sehe u. a. die Möglichkeit vor, die Niederlassungen eines Unternehmens zu schließen, falls ein Unternehmensleiter, Gesellschafter oder Mitarbeiter dieses Unternehmens wegen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Erbschaftsteuergesetzbuchs verurteilt worden sei. Die belgische Regierung hat in der Sitzung bestätigt, dass die in Art. 133ter vorgesehenen Sanktionen auch auf ausländische OGA angewendet werden könnten. Diese oder andere Arten von Sanktionen wie etwa finanzielle Sanktionen ließen sich aber nur sehr schwer gegen ausländische OGA durchsetzen. Aus diesem Grund habe man eine besondere Sanktion für ausländische OGA für erforderlich gehalten. Die belgische Regierung trägt außerdem vor, die Ungleichbehandlung belgischer und ausländischer OGA sei nach Art. 58 EG erlaubt und gerechtfertigt, da eine wirksame Steuerkontrolle und Beitreibung von Steuern gewährleistet werden müsse.

65.      Die in Art. 162 Abs. 2 des Erbschaftsteuergesetzbuchs vorgesehene besondere Sanktion gibt den Gerichten die Befugnis, in anderen Mitgliedstaaten errichteten OGA zu verbieten, ihre Aktivitäten in Belgien auszuüben, auch wenn sie dieselben Aktivitäten in ihrem Herkunftsmitgliedstaat weiterhin rechtmäßig betreiben dürfen. Aus diesem Grund ist die von Belgien nur ausländischen OGA auferlegte Sanktion mit Blick auf die in Art. 49 EG festgeschriebene Dienstleistungsfreiheit zu prüfen(38).

66.      Hervorzuheben ist, dass sich die Sanktion nach Art. 162 Abs. 2 des Erbschaftsteuergesetzbuchs, d. h. die für ausländische OGA geltende Sanktion, und die Sanktionen nach Art. 133ter dieses Gesetzbuchs, namentlich die allgemein geltenden Sanktionen, in Art und Schwere unterscheiden. Erstens können die Sanktionen nach Art. 133ter des Erbschaftsteuergesetzbuchs nur nach einer Verurteilung bestimmter Personen wegen betrügerischen Verstoßes gegen das Erbschaftsteuergesetzbuch verhängt werden. Im Gegensatz dazu setzt eine Sanktion nach Art. 162 Abs. 2 keinen Vorsatz (Steuerhinterziehung) voraus – Fahrlässigkeit ist hier offensichtlich ausreichend. Zweitens sieht Art. 133ter in zeitlicher Hinsicht vor, dass die in dieser Vorschrift vorgesehenen Sanktionen nach einem endgültigen Urteil nur für einen Zeitraum zwischen drei Monaten und fünf Jahren verhängt werden können. Anders verhält es sich jedoch bei der Dauer der Sanktion nach Art. 162 Abs. 2, für die keine gesetzlich vorgeschriebene zeitliche Begrenzung besteht. Einer ausländischen OGA könnte daher der Vertrieb ihrer Anteile in Belgien für einen unbestimmten Zeitraum untersagt werden.

67.      Somit ist offenkundig, dass sich diese beiden Sanktionsregelungen hinsichtlich des von ihnen unter Strafe gestellten Verhaltens und der Schwere und Dauer des verhängten Verbots erheblich voneinander unterscheiden. Folglich ergibt sich aus der in Art. 162 Abs. 2 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs vorgesehenen Sanktion eine Ungleichbehandlung, die nur aufgrund des Gründungsorts erfolgt. Sie stellt daher eine unmittelbare Diskriminierung dar und verstößt gegen Art. 49 EG.

68.      Eine Prüfung der belgischen nationalen Vorschriften anhand der Kapitalverkehrsfreiheit, besonders mit Blick auf die von der belgischen Regierung herangezogenen in Art. 58 EG enthaltenen Ausnahmen, führt zu keinem anderen Ergebnis.

69.      Nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG berührt Art. 56 EG nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort unterschiedlich behandeln. Nach Art. 58 Abs. 3 EG dürfen die in dieser Vorschrift genannten Maßnahmen und Verfahren jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen. Zwar kann ein zwingender Grund des Allgemeininteresses solche Maßnahmen rechtfertigen. Sie dürfen jedoch nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels durch den Mitgliedstaat notwendig ist(39).

70.      Meines Erachtens kann eine Sanktion, die potenziell zeitlich unbegrenzt gilt, das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit naturgemäß nur sehr schwer erfüllen, insbesondere das Element der Notwendigkeit.

71.      Aus diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass Art. 49 EG einer Sanktion wie der in Art. 162 Abs. 2 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs vorgesehenen, die in einem gerichtlich angeordneten Verbot, in Zukunft Anteile im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu vertreiben, besteht und nur für ausländische OGA gilt, entgegensteht.

V –    Ergebnis

72.      Nach alledem empfehle ich dem Gerichtshof, die von der Cour d’appel de Bruxelles (Berufungsgericht Brüssel) gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:

Die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital steht der Erhebung einer Steuer auf in einem anderen Mitgliedstaat errichtete Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA) wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden jährlichen Steuer auf OGA nicht entgegen.

Die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) ist dahin auszulegen, dass sie einer Steuer wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden jährlichen Steuer auf OGA nicht entgegensteht.

Art. 56 Abs. 1 EG steht einer steuerlichen Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die gebietsansässige und gebietsfremde OGA einer jährlichen Steuer auf der Grundlage der in seinem Hoheitsgebiet gezeichneten Nettobeträge unterwirft, nicht entgegen.

Art. 49 EG steht einer Sanktion wie der in Art. 162 Abs. 2 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuchs vorgesehenen, die in einem gerichtlich angeordneten Verbot, in Zukunft Anteile im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu vertreiben, besteht und nur für ausländische OGA gilt, entgegen.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 –      Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25). Diese Richtlinie ist durch die Richtlinie 2008/7/EG des Rates vom 12. Februar 2008 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 46, S. 11) aufgehoben worden. In der vorliegenden Rechtssache ist jedoch die Richtlinie 69/335 die zeitlich anwendbare Regelung.


3 –      Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 375, S. 3). Nachdem diese Richtlinie mehrfach geändert worden war, wurde sie durch die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302, S. 32), geändert durch die Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 (ABl. L 257, S. 186), ersetzt. Wiederum ist in der vorliegenden Rechtssache die Richtlinie 85/611 die zeitlich anwendbare Regelung.


4 –      Loi portant des dispositions fiscales et financières (Moniteur belge vom 26. Juli 1993, S. 17350).


5 –      Loi-programme (Moniteur belge vom 31. Dezember 2003, S. 62160).


6 –      Allgemein als „SICAV“ (société d’investissement à capital variable) bezeichnet.


7 –      Vgl. jüngst Urteil Pujante Rivera (C-422/14, EU:C:2015:743, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8 –      Urteile Haug-Adrion (251/83, EU:C:1984:397, Rn. 9), Arcaro (C-168/95, EU:C:1996:363, Rn. 21), Teckal (C-107/98, EU:C:1999:562, Rn. 34) und ČEZ (C-115/08, EU:C:2009:660, Rn. 81).


9 –      Vgl. Urteil P und S (C-579/13, EU:C:2015:369). Generalanwalt Szpunar hat in seinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache ausgeführt, dass sich weder aus dem Vorabentscheidungsersuchen noch aus den Erklärungen der Verfahrensbeteiligten ergeben habe, dass einer der Kassationsbeschwerdeführerinnen eine Geldbuße auferlegt worden sei (C-579/13, EU:C:2015:39, Rn. 99).


10 –      Vgl. u. a. entsprechend Urteile X und Y (C-200/98, EU:C:1999:566, Rn. 21 und 22), Bosman (C-415/93, EU:C:1995:463, Rn. 65) und Gauweiler u. a. (C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 28 und 29).


11 –      Vgl. u. a. Urteil Mulders (C-548/11, EU:C:2013:249, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12 –      Vgl. u. a. Beschluss in der Rechtssache Mlamali (C-257/13, EU:C:2013:763, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13 –      Urteil Optiver u. a. (C-22/03, EU:C:2005:143, Rn. 27).


14 –      Chambre des représentants de Belgique, Projet de loi-programme, 2003-2004, 51-0473/001, S. 157.


15 –      Urteil Nonwoven (C-4/97, EU:C:1998:507, Rn. 20).


16 –      Vgl. Erwägungsgründe 2, 3 und 4 der Richtlinie 85/611.


17 –      Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Jääskinen in der Rechtssache Gruslin (C-88/13, EU:C:2014:79, Rn. 4).


18 –      Vgl. in diesem Sinne Urteile Deutsche Grammophon Gesellschaft (78/70, EU:C:1971:59, Rn. 5) und Riseria Geddo (2/73, EU:C:1973:89, Rn. 4) sowie den Beschluss in der Rechtssache Levy und Sebbag (C-540/11, EU:C:2012:581, Rn. 26 und 28). Vgl. auch Urteil 3M Italia (C-417/10, EU:C:2012:184, Rn. 30 ff.).


19 –      Vgl. u. a. Urteil Gilly (C-336/96, EU:C:1998:221, Rn. 16) und Beschluss in der Rechtssache Levy und Sebbag (C-540/11, EU:C:2012:581, Rn. 27).


20 –      Vgl. u. a. Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation (C-35/11, (EU:C:2012:707, Rn. 90) und Wagner-Raith (C-560/13, EU:C:2015:347, Rn. 31).


21 –      Vgl. u. a. Urteile Dijkman und Dijkman-Lavaleije (C-233/09, EU:C:2010:397, Rn. 33) und Fidium Finanz (C-452/04, EU:C:2006:631, Rn. 34).


22 –      Richtlinie des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) (ABl. L 178, S. 5).


23 –      Urteil Wagner-Raith (C-560/13, EU:C:2015:347, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24 –      Urteile VBV – Vorsorgekasse (C-39/11, EU:C:2012:327, Rn. 21) und Wagner-Raith (C-560/13, EU:C:2015:347, Rn. 24).


25 –      Vgl. entsprechend Urteil Wagner-Raith (C-560/13, EU:C:2015:347, Rn. 25).


26 –      Im Übrigen würde die Analyse anhand der Dienstleistungsfreiheit zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Grundfreiheiten methodisch einheitlich geprüft werden. Vgl. in diesem Sinne Urteil Gebhard (C-55/94, EU:C:1995:411, Rn. 37). Für eine gemeinsame Prüfung nationaler Maßnahmen nach den Art. 21 AEUV, 45 AEUV, 49 AEUV, 56 AEUV und 63 AEUV, vgl. Urteil Libert u. a. (C-197/11 und C-203/11, EU:C:2013:288, Rn. 37 ff.). Vgl. auch zur Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit Urteile Columbus Container Services (C-298/05, EU:C:2007:754, Rn. 56), Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C-374/04, EU:C:2006:773, Rn. 93) und Test Claimants in the FII Group Litigation (C-446/04, EU:C:2006:774, Rn. 60).


27 –      Die Kommission behält sich ihre Position zu dem für bestimmte OGA geltenden Steuersatz nach Art. 161ter Abs. 5 vor, bezüglich dessen sie die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens angekündigt hat (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1144_en.htm). Diese Bestimmung wird jedoch vom nationalen Gericht nicht erwähnt und liegt somit außerhalb des Rahmens der vorliegenden Rechtssache.


28 –      Vgl. u. a. Adema, R., UCITS and Taxation. Towards Harmonization of the Taxation of UCITS, Kluwer Law International 2009.


29 –      Vgl. u. a. Urteil Kommission/Ungarn (C-253/09, EU:C:2011:795, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


30 –      Urteil van Caster (C-326/12, EU:C:2014:2269, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).


31 –      Aus der jüngeren Rechtsprechung vgl. Urteile Grünewald (C-559/13, EU:C:2015:109, Rn. 20 und 21), Bouanich (C-375/12, EU:C:2014:138, Rn. 55 und 56), DMC (C-164/12, EU:C:2014:20, Rn. 40 und 43) und van Caster (C-326/12, EU:C:2014:2269, Rn. 36 und 37).


32 –      Vgl. u. a. Urteil Viacom Outdoor (C-134/03, EU:C:2005:94, Rn. 37).


33 –      Vgl. u. a. Urteile X (C-686/13, EU:C:2015:375, Rn. 32 ff.), Columbus Container Services (C-298/05, EU:C:2007:754, Rn. 39 und 40) sowie Kerckhaert und Morres (C-513/04, EU:C:2006:713, Rn. 17 ff.).


34 –      Aristotle's Nicomachean Ethics. A New Translation, by Bartlett, R. C., and Collins, S. D., University of Chicago Press, 2011, Book V.3. 1131a20.


35 –      Wie Generalanwalt Wathelet kürzlich in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Timac Agro Deutschland (C-388/14, EU:C:2015:533, Rn. 33) betonte, sind Fälle, in denen der Gerichtshof entschieden hat, dass die fehlende objektive Vergleichbarkeit von Gebietsansässigen und Gebietsfremden dazu führt, dass die Ungleichbehandlung nicht diskriminierend ist, selten. Vgl. u. a. die Urteile Schumacker (C-279/93, EU:C:1995:31, Rn. 31), D. (C-376/03, EU:C:2005:424, Rn. 31 ff.), und Truck Center (C-282/07, EU:C:2008:762, Rn. 41 ff.). Dies ist bei anderen Besteuerungssystemen, die objektive Unterschiede zwischen Steuerpflichtigen nicht berücksichtigen, jedoch nicht der Fall. Vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Belgien (C-250/08, EU:C:2011:793, Rn. 57 und 58) und Kommission/Ungarn (C-253/09, EU:C:2011:795, Rn. 56 und 57).


36 –      Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Kerckhaert und Morres (C-513/04, EU:C:2006:713, Rn. 20), Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C-157/10, EU:C:2011:813, Rn. 38) und Damseaux (C-128/08, EU:C:2009:471, Rn. 27).


37 –      Vgl. u. a. Urteile Block (C-67/08, EU:C:2009:92, Rn. 31), X (C-302/12, EU:C:2013:756, Rn. 29) und Damseaux (C-128/08, EU:C:2009:471, Rn. 33 ff.).


38 –      Vgl. u. a. Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional (C-42/07, EU:C:2009:519, Rn. 48, 51 und 52).


39 –      Vgl. Urteil Kommission/Belgien (C-478/98, EU:C:2000:497, Rn. 41).