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Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

BOBEK

vom 22. Februar 2018(1)

Rechtssache C-665/16

Minister Finansów

gegen

Gmina Wrocław

(Vorabentscheidungsersuchen des Naczelny Sąd Administracyjny [Oberster Verwaltungsgerichtshof, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem — Richtlinie 2006/112/EG — Steuerbare Umsätze — Artikel 2 Abs. 1 Buchst. a — Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt — Artikel 14 Abs. 2 Buchst. b — Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschädigung aufgrund einer behördlichen Anordnung — Enteignung von Immobilien einer Gemeinde“






I.      Einleitung

1.        In der römischen Mythologie, war Janus der Gott des Beginns und des Endes, der Eingänge, Durchgänge und Tore, aber in der frühklassischen Periode offensichtlich auch aller Schöpfung, des Krieges, der Wasserquellen und der Sonne(2). Jenseits der Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Kompetenzen, die dem Unionsrechtler durchaus vertraut sind und die auch für die Römischen Götter, deren Gewalten im Lauf der Jahrhunderte ständigem Wandel unterlagen, immer heikel waren, gibt es ein Merkmal des Janus, an das man sich noch heute erinnert: er wurde mit zwei Gesichtern dargestellt.

2.        Im Gegensatz zu einem Gott mit einem Kopf aber zwei Gesichtern betrifft die vorliegende Rechtssache ein Gesicht, aber auf zwei verschiedenen Köpfen. Das ist, kurz gesagt, der Grund für die Mehrwertsteuer-Streitigkeit, die sich in dieser Rechtssache ergibt: nach polnischem Recht hat der Gemeindepräsident von Wrocław zwei verschiedene Funktionen. Einerseits handelt er als ausführendes Organ der (selbstverwalteten) Gmina Wrocław (Gemeinde Wrocław, Polen). Andererseits handelt er in Angelegenheiten der (mittelbaren) Staatsverwaltung auch als Repräsentant des Fiskus.

3.        Diese Doppelfunktion einiger Organe der regionalen Verwaltung, die in Abhängigkeit von ihrer besonderen Aufgabe entweder für die Selbstverwaltung oder für die Staatsverwaltung handeln, ist – sicherlich in Zentraleuropa – nichts Neues. Neu ist allerdings im Zusammenhang mit der vorliegenden Rechtssache die Frage, wie diese Praxis für Mehrwertsteuerzwecke in Fällen beurteilt werden muss, in denen das gleiche Organ, hier der Gemeindepräsident von Wrocław, im besonderen Fall der Enteignung von Immobilien auf beiden Seiten des Umsatzes auftritt, jedoch in zwei verschiedenen Funktionen handelt. Im Übrigen werden die gegenständlichen Immobilien in der Tat auch nach der formalen Eigentumsübertragung von der Gemeinde auf den Fiskus von dem gleichen Organ verwaltet: dem Gemeindepräsidenten von Wrocław.

4.        Dies ist der Kontext in dem der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Polen) die Klärung der Frage anstrebt, ob die Übertragung des Eigentums an den in Rede stehenden Immobilien von der Gemeinde Wrocław auf den Fiskus einen steuerbaren Umsatz im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt(3). Dies wirft zwei spezifische Fragen auf: Erstens, ob für das Vorliegen eines steuerbaren Umsatzes erforderlich ist, dass die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand nach Artikel 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie mit einer Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den körperlichen Gegenstand zu verfügen, im Sinne von Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie einhergeht, und zweitens, welches Verhältnis zwischen dem Begriff der Entschädigung in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und dem Begriff der Entgelt in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie besteht.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

5.        Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie schließt in seiner Liste der Umsätze, die der Mehrwertsteuer unterliegen, ein:

„Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt; …“

6.        Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„(1)      Als „Lieferung von Gegenständen“ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

(2)       Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gelten folgende Umsätze als Lieferung von Gegenständen:

a)      die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschädigung auf Grund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes;

b)       die Übergabe eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags, der die Vermietung eines Gegenstands während eines bestimmten Zeitraums oder den Ratenverkauf eines Gegenstands vorsieht, der die Klausel enthält, dass das Eigentum unter normalen Umständen spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird;

c)       die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission.“

B.      Polnisches Recht

7.        Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 des Ustawa z dnia 11 marca 2004 r. o podatku od towarów i usług (Gesetz vom 11. März 2004 über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) (4) bestimmt: „Als Lieferung von Gegenständen nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über Gegenstände zu verfügen, darunter auch die Übertragung des Eigentums an Gegenständen gegen Entschädigung auf Anordnung einer Behörde oder eines Rechtssubjekts, das im Namen einer Behörde handelt, oder kraft Gesetzes.“

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

8.        Aufgrund einer Entscheidung des Wojewoda Dolnośląski (Regionalgouverneur von Niederschlesien, Polen) wurde das Eigentum an Immobilien, die zuvor im Eigentum der Gemeinde Wrocław standen, auf den Fiskus übertragen, um eine Straße zu bauen. Mit einer gesonderten Entscheidung hat der Regionalgouverneur von Niederschlesien die Entschädigung für die Immobilien festgelegt, auf die die Gemeinde Wrocław einen Anspruch hatte, und den Gemeindepräsidenten von Wrocław (im Folgenden: Gemeindepräsident) angewiesen, diese Summe zu bezahlen.

9.        Die Gemeinde Wrocław hegte Zweifel hinsichtlich ihrer sich aus diesem Umsatz ergebenden steuerlichen Verpflichtungen und beantragte beim Minister Finansów (Finanzminister) eine Erläuterung des Steuerrechts unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände. Sie erbat Aufschluss darüber, ob die kraft Gesetzes erfolgende Übertragung des Eigentums an den Immobilien gegen Zahlung einer Entschädigung eine Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt darstellt, die der Mehrwertsteuer unterliegt. Für den Fall, dass dies so sein sollte, wollte sie wissen, welche Körperschaft auf der Mehrwertsteuerrechnung als Erwerber der Gegenstände erscheinen solle.

10.      Der Finanzminister antwortete, der betreffende Umsatz unterliege der Mehrwertsteuer, und fügte die folgenden Klarstellungen hinzu.

11.      Erstens könne der Gemeindepräsident hier nicht als Steuerpflichtiger angesehen werden, da er kein Organ sei, das selbständig eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe, und nicht im eigenen Namen handele. Folglich sei die Gemeinde die Steuerpflichtige.

12.      Zweitens ändere, obwohl der Gemeindepräsident angewiesen worden sei, die Entschädigung zu zahlen, dies nichts an der Tatsache, dass das Eigentum an den Immobilien von der Gemeinde auf den Fiskus übertragen worden sei, der vom Gemeindepräsidenten vertreten worden sei. Daher seien für Mehrwertsteuerzwecke Lieferant und Erwerber der gleiche Steuerpflichtige.

13.      Drittens liege, da das Eigentum an den Immobilien von der Gemeinde auf den Fiskus gegen Entschädigung übertragen worden sei, die Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt vor, die der Mehrwertsteuer unterliege.

14.      Der Finanzminister stellte dementsprechend fest, die Gemeinde sei verpflichtet, für die Lieferung der enteigneten Immobilien eine Mehrwertsteuerrechnung auszustellen, in der die Gemeinde sowohl in ihrem eigenen Namen als Lieferantin als auch als Vertreter des Fiskus als Empfängerin aufzuführen sei.

15.      Da die Gemeinde Wrocław mit dieser Auslegung nicht einverstanden war, erhob sie beim Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Regionales Verwaltungsgericht, Wrocław, Polen) Klage gegen den Finanzminister.

16.      Dieses Gericht entschied, dass das Merkmal der Übertragung der wirtschaftlichen Kontrolle über die Immobilien vom Lieferanten auf den Empfänger, das erfüllt sein müsse, damit für Zwecke des Steuerrechts eine Lieferung von Gegenständen vorliege, in diesem Fall nicht gegeben sei. Dies liege daran, dass sowohl der Lieferant als auch der Empfänger ein und dieselbe Körperschaft gewesen sei: die Gemeinde Wrocław. Demzufolge entschied das Gericht, dass keine Übertragung der wirtschaftlichen und faktischen Kontrolle über die Immobilien stattgefunden habe, die Voraussetzung dafür sei, dass ein Umsatz als steuerpflichtiger Umsatz für Mehrwertsteuerzwecke nach Unionsrecht und nationalem Recht angesehen werden könne.

17.      Der Finanzminister legte dagegen beim Naczelny Sąd Administracyjny (Oberster Verwaltungsgerichtshof) Rechtsmittel ein.

18.      Dieses Gericht entschied, dass der vorliegende Sachverhalt ernsthafte Zweifel daran entstehen lasse, ob die von einer Gemeinde aufgrund behördlicher Anordnung vorgenommene Übertragung des Eigentums an Immobilien gegen Zahlung einer Entschädigung als steuerbarer Umsatz für Zwecke des Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 des nationalen Mehrwertsteuergesetzes angesehen werden könne. Mit Beschluss vom 12. Februar 2015(5) legte eine mit drei Richtern besetzte Kammer die Rechtssache einem vergrößerten, mit sieben Richtern besetzten Gremium am Obersten Verwaltungsgerichtshof mit folgender Frage vor:

„Kann die Übertragung des Eigentums an Immobilien aufgrund behördlicher Anordnung gegen Zahlung einer Entschädigung, deren wirtschaftliche Last (einschließlich der Entrichtung von Steuern) vom Enteigneten zu tragen ist, als steuerbarer Umsatz für Zwecke des Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 [des Mehrwertsteuergesetzes] angesehen werden?“

19.      Der mit sieben Richtern besetzte Gremium am Obersten Verwaltungsgerichtshof hat die Frage mit Entscheidung vom 12. Oktober 2015 bejaht(6): Die von einer Gemeinde aufgrund behördlicher Anordnung vorgenommene Übertragung des Eigentums an Immobilien gegen Zahlung einer Entschädigung stelle eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzes dar. Eine solche zivilrechtliche Übertragung des Eigentums an Immobilien sei für die Zwecke der Steuer auf Waren und Dienstleistungen eine Lieferung von Gegenständen. Damit erübrige sich die Frage, ob der Umsatz auch die Übertragung der wirtschaftlichen Kontrolle über die Immobilien umfasst habe. Außerdem stimmte das Gremium nicht mit der Auffassung überein, dass die Zahlung einer Entschädigung an die Gemeinde für die Enteignung der Immobilien durch den Fiskus keine tatsächliche Zahlung darstelle. Es sei zu bedenken, dass die Gemeinde in der Tat Mittel aus dem Haushalt des Fiskus als Zuweisungen erhalte, die ihr ermöglichten, öffentliche Aufgaben im Rahmen der staatlichen Verwaltung wahrzunehmen.

20.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens stimmen nicht mit der Entscheidung des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberster Verwaltungsgerichtshof) überein. Sie beantragten, diesem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen. Eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Obersten Verwaltungsgerichtshofs hat dem zugestimmt, das Verfahren ausgesetzt und legt folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

Stellt die Übertragung kraft Gesetzes von im Eigentum einer Gemeinde stehenden Immobilien auf den Fiskus gegen Entschädigung dann, wenn aus einer Vorschrift der nationalen Rechtsordnung folgt, dass diese Immobilien weiterhin vom Gemeindepräsidenten, der Vertreter des Fiskus und gleichzeitig ausführende Organ der Gemeinde ist, verwaltet werden, einen steuerbaren Umsatz im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie dar?

Ist für die Beantwortung der obigen Frage von Bedeutung, ob die Zahlung der Entschädigung an die Gemeinde real erfolgt oder nur eine interne Umbuchung im Rahmen des Gemeindehaushalts darstellt?

21.      Die Gemeinde Wrocław, die polnische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Verfahrensbeteiligten und darüber hinaus der Finanzminister haben in der Sitzung vom 13. Dezember 2017 mündliche Ausführungen gemacht.

IV.    Würdigung

22.      Die vorliegenden Schlussanträge sind wie folgt aufgebaut. Zuerst werde ich einige Vorbemerkungen zum konkreten Kontext der Rechtssache und zum genauen Rahmen der Fragen machen, die das vorlegende Gericht stellt (A). Als Zweites werde ich im Allgemeinen die Auslegung des Begriffs „Lieferung von Gegenständen” in Art. 14 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie und das Verhältnis zwischen den Begriffen „Entschädigung“ (Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie) und „Entgelt“ (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie) ansprechen (B). Als Drittes werde ich die spezifische Frage, die in dieser Rechtssache gestellt wurde, im Licht der Auslegung der vorgenannten Bestimmungen untersuchen (C).

A.      Vorbemerkungen

1.      Die Doppelnatur der lokalen Behörden in Polen

23.      Die vorliegende Rechtssache betrifft einen ganz besonderen Kontext. Doppelnatur und –aufgaben lokaler Behörden begründen eine gewisse Komplexität bei der Prüfung der steuerlichen Natur eines Umsatzes wie dem hier vorliegenden. Aufgrund der hilfreichen Erläuterungen des vorlegenden Gerichts und der weiteren Ausführungen der Beteiligten verstehe ich die nationalen Regeln zu diesem Bereich wie folgt:

24.      Erstens stellt Wrocław auf der Verwaltungsebene einen Stadtbezirk dar. Ein Stadtbezirk erfüllt sowohl seine eigenen Aufgaben, für die er verantwortlich ist (Selbstverwaltung oder autonome Verwaltung), als auch Aufgaben, die ihm vom Staat übertragen worden sind (staatliche Verwaltung). Die Aufgaben, die mit der Verwaltung der in dieser Rechtssache gegenständlichen Immobilien verbunden sind, fallen in den Bereich der eigenen Aufgaben des Stadtbezirks. Dies bedeutet, dass die zuvor im Eigentum der Gemeinde Wrocław stehenden Immobilien nach der Enteignung weiterhin von der gleichen Körperschaft verwaltet werden, die vom Gemeindepräsidenten von Wrocław vertreten wird.

25.      Zweitens, was den Gemeindehaushalt angeht, so hat das vorlegende Gericht erklärt, ein Stadtbezirk bestreite seine eigenen Aufgaben aus seinen eigenen Mitteln. Im Gegensatz dazu werden übertragene Aufgaben der staatlichen Verwaltung durch Zuwendungen aus dem Staatshauhalt oder dem Haushalt anderer Regierungsebenen finanziert. Nach dem Vorlagebeschluss ist die Gemeinde (der Stadtbezirk) verantwortlich für die mit der Verwaltung der hier relevanten Immobilien verbundenen Aufgaben. Da es sich dabei um eigene Aufgaben handelt, werden die damit verbundenen Kosten nicht notwendigerweise vollständig durch Zuwendungen aus dem Staatshaushalt gedeckt.

26.      Drittens, was die förmliche Vertretung der an dem Umsatz beteiligten Parteien angeht, so wurden beide Parteien, obwohl das Eigentum an den Immobilien von der Gemeinde Wrocław auf den Fiskus übertragen wurde, von dem gleichen Organ vertreten, das in verschiedenen Rollen handelte: dem Gemeindepräsidenten von Wrocław.

2.      Die Reichweite der gestellten Fragen

27.      Das vorliegende Ersuchen um Vorabentscheidung wurde vom nationalen Gericht sehr genau formuliert. Die gestellten Fragen beruhen auf einer Reihe faktischer und rechtlicher Annahmen.

28.      Insbesondere gilt nach Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie als “Steuerpflichtiger” wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig vom Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Die Nutzung von körperlichen und nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen gilt als „wirtschaftliche Tätigkeit“(7). Eine Ausnahme von der allgemeinen Definition des „Steuerpflichtigen“ nach Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie findet sich in Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie. Sie nimmt Staaten, Länder und Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts aus, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen – es sei denn, ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige würde zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen(8).

29.      Obwohl dies von der Gemeinde Wrocław wiederholt bestritten wurde, hat das vorlegende Gericht ausdrücklich festgestellt, dass an der Eigenschaft der Gemeinde als „Steuerpflichtiger” kein Zweifel besteht. Die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage betrifft ausschließlich den steuerlichen Charakter der betreffenden Übertragung des Eigentums an den Immobilien.

30.      Es obliegt dem nationalen Gericht die hier gegenständlichen Tätigkeiten im Lichte der vom Gerichtshof festgelegten Kriterien einzuordnen(9). In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass es der Verantwortung des nationalen Gerichts unterliegt den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen des ihm unterbreiteten Rechtsstreits festzulegen(10). Insbesondere ist die Bestimmung der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen Aufgabe des nationalen Gerichts und nicht der Parteien des Ausgangsverfahrens. Dies gilt nicht nur in Hinblick auf die dem Gerichtshof durch Art. 267 AEUV übertragene Rolle sondern auch wegen seiner Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit haben, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Erklärungen abzugeben(11).

31.      Es ist daher nicht die Aufgabe des Gerichtshofs faktische Feststellungen oder Auslegungen des nationalen Rechts wieder aufzunehmen, die das nationale Gericht schon vorgenommen hat und die nicht Gegenstand der Vorlagefragen sind. Dies gilt auch (oder erst recht) in Rechtssachen, in denen die korrekte Beurteilung die Anwendung des Unionsrechts auf eine recht komplexe nationale Gesetzgebung erfordert.

32.      Diese Schlussanträge fahren daher auf der Basis der Beurteilung fort, die das nationale Gericht vorgenommen hat, dass nämlich für den hier relevanten Umsatz die Gemeinde Wrocław als „Steuerpflichtige” gilt – ohne jedoch in Hinblick auf diesen speziellen Aspekt eine Position zu beziehen.

B.       „Lieferung von Gegenständen” nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie

33.      Das vorlegende Gericht bemüht sich mit seiner Frage zu ermitteln, ob der Umsatz, der Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, eine steuerpflichtige „Lieferung von Gegenständen“ im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt. Zusätzlich fragt das vorlegende Gericht, ob dem Umstand, dass die Entschädigung nur in einer internen Umbuchung im Rahmen des Gemeindehaushalts besteht, für die Beurteilung eine Bedeutung zukommt.

34.      Um eine zweckdienliche Antwort auf die erhoben Frage zu geben, werde ich zuerst den Ursprung und den Zweck von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie prüfen (1). Zweitens werde ich das Verhältnis zwischen Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie analysieren (2). Drittens werde ich auf die Frage eingehen, ob die „Entschädigung” nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a das Erfordernis des „Entgelts“ nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie erfüllt (3).

1.      Ursprung und Zweck von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie

35.      Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst einen besonderen Umsatz, der drei Voraussetzungen erfüllt. Erstens muss eine „Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand“ vorliegen. Zweitens muss die Eigentumsübertragung „auf Grund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes“ erfolgen. Drittens muss es sich um eine Eigentumsübertragung „gegen Zahlung einer Entschädigung“ handeln.

36.      Art.14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst einen ganz bestimmten Kreis von Umsätzen. Im Gegensatz zu Art. 14 Abs. 1 der Umsatzsteuerrichtlinie, der auf Umsätze abzielt, die den freien Willen der Parteien einschließen, der einem gegenseitigen Geschäft gegen Entgelt innewohnt, hat Art. 14 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie eine andere Situation im Blick: die Übertragung des Eigentums, die durch eine einseitige Entscheidung einer Behörde gegen die Zahlung einer Entschädigung herbeigeführt wird.

37.      Obwohl die vorbereitenden Materialien nicht viel Aufschluss über den Zweck von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie geben(12), erlauben Wortlaut und Logik dieser Bestimmung dennoch gewisse Schlussfolgerungen.

38.      Wie verschiedene Autoren ausgeführt haben, erscheint es plausibel anzunehmen, dass der Gesetzgeber dadurch, dass er die Enteignung gegen Entschädigung ausdrücklich zu einer steuerpflichtigen Lieferung von Gegenständen gemacht und damit zwangsweise Übertragungen von Eigentum gegen Entschädigung den gleichen Regeln wie andere Lieferungen von Gegenständen unterworfen hat, Behörden wohl davon abhalten wollte, die Enteignung einem Umsatz vorzuziehen, der die allgemeinen Kriterien für eine Lieferung von Gegenständen erfüllt(13).

39.      Dem stimme ich zu. Es erscheint in der Tat ein vernünftiger Ansatz, die öffentliche Verwaltung nicht durch Gewährung eines steuerlichen Anreizes zur Enteignung zu animieren, anstatt eine Einigung mit der betreffenden Partei zu suchen. Demzufolge sollte die Lieferung von Gegenständen in Form von Immobilien, egal ob sie auf Vertrag oder Enteignung beruht, steuerneutral sein. Jedoch müssen die unterschiedliche Logik und Terminologie des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie betont werden, die sich durch folgende Gegenüberstellung erfassen ließen: Zivilrecht – Gegenseitigkeit – Entgelt auf der einen Seite und öffentliches Recht – einseitige Entscheidung – Entschädigung auf der anderen.

2.      Verhältnis zwischen Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie

40.      Die Frage des vorlegenden Gerichts und die von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Argumente drehen sich darum, ob Umsätze, die von Art. 14 Abs. 2 Bucht. a der Mehrwertsteuerrichtline erfasst werden, auch die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie erfüllen müssen, und zwar insbesondere die Bedingung, dass eine „Übertragung der Befugnis über einen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen“ vorliegen muss.

41.      Das vorlegende Gericht und die Verfahrensbeteiligten habe umfangreich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie verwiesen, in der die Bedeutung der faktischen Übertragung von Eigentum unabhängig von der rechtlichen Form der Übertragung betont wird(14). Der Gerichtshof hat festgestellt, damit ein Umsatz als Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 eingestuft werden könne, müsse er bewirken, dass auf diese Person die Befähigung übertragen wird, über diese Gegenstände faktisch so zu verfügen, als wäre sie ihr Eigentümer(15). Die Befugnis über Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen ist als die Befugnis beschrieben worden, zu entscheiden wie und wozu die Gegenstände verwendet werden sollen(16).

42.      Die Gemeinde Wrocław hat das Argument vorgetragen, damit ein Umsatz von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a erfasst werde, müsse er auch die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 erfüllen und namentlich die Befugnis zur Folge haben, wie ein Eigentümer über die Gegenstände zu verfügen.

43.      Im Gegensatz dazu tragen die polnische Regierung und die Kommission vor, Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie sei gegenüber Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie selbständig. Daher sei es für Zwecke des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a irrelevant, ob eine Übertragung der Befugnis über den Gegenstand im wirtschaftlichen Sinne zu verfügen vorliege.

44.      Ich stimme letzterem Ansatz zu.

45.      Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie im Titel „Steuerbarer Umsatz“ dient der Bestimmung dessen, was eine „Lieferung von Gegenständen“ begründet.

46.      In Absatz 1 wird die allgemeine Regel festgelegt, was eine „Lieferung von Gegenständen” ausmacht: „die Übertragung der Befähigung wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“. Absatz 2 bezieht sich auf andere Umsätze, die „[n]eben dem in Absatz 1 genannten Umsatz … als Lieferung von Gegenständen [gelten]“.

47.      Aufgrund des Wortlauts und der Struktur des Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist daher offensichtlich, dass der zweite Absatz dieser Bestimmung tatsächlich eine lex specialis zur allgemeinen Definition der Lieferung von Gegenständen in ihrem ersten Absatz darstellt.

48.      Art. 14 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie betreffen zwei eigenständige Fälle der „Lieferung von Gegenständen“ und sind unabhängig voneinander auszulegen. Art. 14 Abs. 1 enthält die allgemeinen Voraussetzungen für die Bestimmung der Lieferung von Gegenständen. Art. 14 Abs. 2 enthält eine Liste von Umsätzen, die „neben” denen von der allgemeinen Definition des Art. 14 Abs. 1 erfassten auch als „Lieferung von Gegenständen“ gelten. Die Struktur des Art. 14 ist daher entscheidend: Art. 14 Abs. 1 legt die allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Lieferung von Gegenständen fest. Demgegenüber erwähnt Art. 14 Abs. 2 bestimmte Umsätze, die einer Lieferung von Gegenständen gleichgestellt werden.

49.      Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie verwendet im Vergleich zu Art. 14 Abs. 1 verschiedene Begriffe. Art. 14 Abs. 2 Buchst. a erwähnt nicht „die Befähigung wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen”, sondern wählt klar eine andere Formulierung: „die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand … aufgrund einer … Anordnung…”.

50.      Daraus folgt, dass Art. 14 Abs. 2 Buchst. a im spezifischen Kontext der erzwungenen Übertragung des Eigentums, die im Gegensatz zu frei vereinbarten Vertragsbeziehungen steht, praktisch alle relevanten Merkmale des Art. 14 Abs. 1 verdrängt. Die oben erläuterte unterschiedliche Logik und Absicht(17) geht dementsprechend mit unterschiedlichen Begriffe einher.

51.      Es ist verständlich im besonderen Kontext der Enteignung von Gegenständen den Fokus auf das formale Element der Übertragung des Eigentums zu richten, anstatt auf die tatsächliche Befugnis über einen Gegenstand wie ein Eigentümer im wirtschaftlichen Sinne zu verfügen. In diesen Fällen ist es wahrscheinlich, dass die Behörde die Enteignung zu einem bestimmten Zweck vollzieht. Die Verwirklichung dieses bestimmten Zwecks (wie etwa der Bau einer Straße auf dem enteigneten Land) bindet die Behörde in der Weise, wie sie über den Gegenstand verfügt. Daher mag es in der Tat vorkommen, dass obwohl eine Behörde das formelle Eigentum an dem Land erworben hat, die Art und Weise, in der sie über den Gegenstand verfügt, erheblich eingeschränkt ist. Würde unter diesen speziellen Umständen die Logik der faktischen Verfügung wie ein Eigentümer angewandt, könnte dies in der Tat in Fällen der Enteignung im öffentlichen Interesse zu recht merkwürdigen Situationen führen, da für Mehrwertsteuerzwecke kein Eigentümer vorhanden wäre.

52.      Darüber hinaus mag im Wege der inneren Analogie hinzugefügt werden, dass Art. 14 Abs.2 Buchst. b, der einen anderen der weiteren Umsätze festlegt, die der Lieferung von Gegenständen gleichgestellt sind, „die Übergabe eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags, der die Vermietung eines Gegenstands während eines bestimmten Zeitraums oder den Ratenverkauf eines Gegenstands vorsieht, der regelmäßig die Klausel enthält, dass das Eigentum spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird“, erwähnt. Wie der Gerichtshof entschieden hat, stellt der Wortlaut dieser Bestimmung klar, dass sich die von Art. 14 Abs. 2 Buchst. b erfassten Umsätze, im Gegensatz zu denen, die unter Art. 14 Abs. 1 fallen, nicht auf die Übertragung der Befähigung beziehen, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen(18).

53.      Kurz gesagt, nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ist die Übertragung der Befähigung, über einen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, nicht erforderlich, während dies nach Art. 14 Abs. 1 der Fall ist. Für Zwecke des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie reicht – wenn auch die anderen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind – die Übertragung des Eigentums im Sinne der formalen Rechtsstellung an dem betreffenden Gegenstand aus, um einen solchen Umsatz als „Lieferung von Gegenständen“ anzusehen.

3.      Verhältnis zwischen Art. 14 Abs. 2 Buchst a und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie

54.      Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie stellt die Rahmenvorschrift dar, die bestimmt, welche Umsätze der Mehrwertsteuer unterliegen. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie ist einer dieser Umsätze die „Lieferung[en] von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt“.

55.      Damit ein Umsatz nach dieser Vorschrift der Mehrwertsteuer unterliegt, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muss eine „Lieferung von Gegenständen” vorliegen. Zweitens muss diese Lieferung von Gegenständen „gegen Entgelt“ erfolgen. Drittens muss die Lieferung im Gebiet eines Mitgliedstaats geschehen. Viertens muss sie von „einem Steuerpflichtigen als solchem“ getätigt werden.

56.      Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst nur die erste dieser von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie festgelegen Voraussetzungen. Er definiert lediglich die „Lieferung von Gegenständen”. Hingegen schweigt diese Vorschrift zu den anderen Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie (dem Entgelt, der territorialer Voraussetzung und der Eigenschaft des Steuerpflichtigen, der als solcher handelt). In der Tat, im Gegensatz zu Art. 16 bis 18 der Mehrwertsteuerrichtlinie, die sich auf Umsätze beziehen, die als „Lieferungen von Gegenständen gegen Entgelt” behandelt werden müssen oder können, bestimmt Art. 14 lediglich Umsätze, die als „Lieferung von Gegenständen“ anzusehen sind.

57.      Daraus folgt logischerweise, dass Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie die übrigen drei Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie unberührt lässt. Daher kann nicht angenommen werden, dass in jeder Situation, in der eine „Lieferung von Gegenständen“ im Sinne des Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorliegt, ein Entgelt gegeben ist.

58.      Diese Feststellung führt zu dem zweiten Aspekt, den die Vorlagefrage des nationalen Gerichts beinhaltet: Welches Verhältnis besteht zwischen dem in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie erwähnten Begriff der „Entschädigung“ und dem Begriff des „Entgelts“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie? Sind beide Begriffe eigenständig? Oder ist die Entschädigung als eine Art (d. h. als logischer Unterfall) des Entgelts anzusehen?

59.      Nach der Auslegung des Begriffs “Entgelt” in der Rechtsprechung wird eine Lieferung von Gegenständen bewirkt, wenn zwischen dem gelieferten Gegenstand und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht(19). Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang liegt nur vor, „wenn zwischen dem Lieferer und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung, die der Lieferer erhält, den tatsächlichen Gegenwert für den gelieferten Gegenstand bildet“ (20). Der Gerichtshof hat entschieden, dass „diese Gegenleistung … den subjektiven, nämlich tatsächlich erhaltenen Wert und nicht einen nach objektiven Kriterien geschätzten Wert [darstellt]“(21).

60.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs „muss diese Gegenleistung in Geld ausgedrückt werden können” und wo „dieser Wert nicht aus einem zwischen den Beteiligten vereinbarten Geldbetrag besteht, muss er als subjektiver Wert derjenige Wert sein, den der Empfänger der Dienstleistung, die die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen darstellt, den Dienstleistungen beimisst, die er sich verschaffen will, und dem Betrag entsprechen, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist“(22). Der Umstand, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit zu einem Preis über oder unter dem normalen Marktpreis ausgeführt wird, wurde vom Gerichtshof als unerheblich angesehen, wenn es um die Qualifizierung einer entgeltlichen Leistung geht(23).

61.      Die Diskussion ob der Begriff „Entschädigung” in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a alle Voraussetzungen erfüllt, die nach der oben angeführten Rechtsprechung eine Gegenleistung begründen, ist meines Erachtens von eingeschränkter Bedeutung. In der Tat hat die Kommission zu Recht darauf hingewiesen, dass die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs in Hinblick auf Begriff des „Entgelts” entwickelten Kriterien, die die Beteiligten in dieser Rechtssache ausführlich erörtern, im besonderen Zusammenhang mit der Auslegung des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a entwickelt worden sind, nämlich in Hinblick auf Umsätze, die allgemein von Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst werden, oder in Hinblick auf die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie.

62.      Meines Erachtens handelt es sich bei der in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a erwähnten „Entschädigung” um eine besondere Art des Entgelts im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie. Entschädigung kann als standardisierte Form des Entgelts unter den besonderen Umständen der Enteignung angesehen werden.

63.      Aus diesem Grund ist es von eingeschränkter Bedeutung, ob der objektiv unterschiedliche Begriff der Entschädigung alle individuellen Kriterien erfüllt, die der Gerichtshof im Lauf der Jahre zum Begriff des Entgelts entwickelt hat. Unterschiede in Logik und Zweck beider Begriffe mögen notwendige Anpassungen und Unterschiede rechtfertigen.

64.      Jedoch werde ich, ob es nun hilfreich ist oder nicht, zum Abschluss dieses Abschnitts auf zwei mögliche Einwände gegen die Unterschiedlichkeit dieser beiden Begriffe eingehen und darauf aufbauend zeigen, dass der Begriff Entschädigung, wenn man ihn so verstehen will, leicht unter den Oberbegriff des Entgelts passt. Beim ersten Einwand handelt es sich um die Rechtsprechung, nach der ein Ausgleich für einen Schaden nicht generell ein “Entgelt” nach sich zieht, und der zweite folgt aus der Rechtsprechung zum Erfordernis der „gegenseitigen Leistung.

65.      Wenden wir uns dem ersten möglichen Einwand zu, so hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen und der Auslegung des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtline wiederholt befunden, dass die Zahlung eines Schadensersatzes nicht die Bedingungen erfüllt, um als Entgelt angesehen zu werden. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Summe, die als Anzahlung – als feste Stornierungsgebühr – und damit als Ersatz für den Verlust gezahlt wurde, der im Zusammenhang mit einem Vertrag über die Erbringung von Hoteldienstleistungen bei Nichterfüllung durch den Gast entsteht, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt steht und daher nicht der Mehrwertsteuer unterliegt(24). Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass auch der gerechte Ausgleich, der in Zusammenhang mit dem Schaden steht, der sich für die Rechteinhaber aus der ohne ihre Genehmigung erfolgenden Vervielfältigung ihrer geschützten Werke ergibt, keinen unmittelbaren Gegenwert für irgendeine Dienstleistung darstellt(25).

66.      Meines Erachtens unterscheidet sich der Schadenersatz, um den es in diesen Rechtssachen ging, schlichtweg von der Entschädigung, die in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie erwähnt wird. Die oben angeführten Urteile ergingen im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen. Im Gegensatz zur Lieferung von Gegenständen gibt es im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen keine dem Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ähnliche Bestimmung, d. h. keine Bestimmung, die den Eigentumswechsel gegen Zahlung einer Entschädigung regelt. Unter Berücksichtigung der ausdrücklichen Einbeziehung der Übertragung des Eigentums gegen Entschädigung nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie würde es keinen Sinn machen, die von dieser Vorschrift erfassten Umsätze dadurch vom Begriff der „steuerbaren Umsätze“ nach Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie auszunehmen, dass der Begriff der Entschädigung als nicht unter den Gesamtbegriff des „Entgelts“ fallend definiert wird. Wie im Schrifttum richtig ausführt wird, mag die Einführung des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a in die Mehrwertsteuerrichtlinie gerade darauf abgezielt haben, die möglichen konzeptuellen Probleme durch Auflistung dieses in dieser Vorschrift enthaltenen besonderen Umsatzes als Lieferung von Gegenständen zu überwinden(26).

67.      Der zweite mögliche Einwand beruht auf der Rechtsprechung, in der die Verbindung zwischen Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie auslegt und der Aspekt der „gegenseitigen Leistung“ betont wird. So hat der Gerichtshof zum Beispiel in der Rechtssache Posnania Investment, wo der streitige Umsatz in der Übertragung des Eigentums an einer Immobilie auf eine öffentliche Stelle zur Begleichung von Steuerrückständen bestand, geurteilt, dass, obwohl es eine rechtliche Beziehung zwischen Lieferer und Empfänger gab, die Verpflichtung der Steuerpflichtigen (des Lieferers) einseitiger Natur war, weil die Zahlung der Steuer nur zum gesetzlichen Erlöschen der Forderung führte und die Steuer eine obligatorische Abgabe darstellte. Der Gerichtshof hat auf dieser Grundlage entschieden, dass keine rechtliche Beziehung bestand, die zu einer gegenseitigen Leistung führte(27).

68.      Erneut, soweit diese Kategorie in Hinblick auf die andere Natur des von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie erfassten Umsatzes überhaupt relevant ist, existiert auch in Hinblick auf die Übertragung des Eigentums und die Entschädigung ein Element der „Gegenseitigkeit“ im Sinne eines „unmittelbaren Zusammenhangs“. Die eine ist die Ursache für die andere: die Entschädigung wurde gezahlt, weil die Gegenstände enteignet wurden. In der Tat bezieht sich dieses Element auf die logische Beziehung zwischen Entgelt und Lieferung: die Lieferung von Gegenständen und das Entgelt (in Form der Entschädigung) sind als unmittelbar zusammenhängend anzusehen. Wird die Lieferung nicht erbracht, wird kein Entgelt gezahlt und umgekehrt(28).

4.      Zwischenergebnis

69.      Die Anwendung des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ist von drei kumulativen Voraussetzungen abhängig. Zum ersten muss eine Eigentumsübertragung vorliegen. Zum zweiten muss diese Übertragung auf Grund behördlicher Anordnung oder kraft Gesetzes stattfinden. Zum dritten muss die Zahlung einer Entschädigung erfolgen.

70.      In Hinblick auf die erste Bedingung verlangt die Mehrwertsteuerrichtlinie nicht wie in Art. 14 Absatz 1 die Übertragung der Befähigung über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen. Für die Zwecke des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie genügt – wenn die anderen Bedingungen hinsichtlich der Entschädigung und der Art und Weise, wie der Umsatz erfolgen muss, erfüllt sind – die Übertragung des Eigentums im Sinne der formalen Rechtsstellung bezüglich der betreffenden Gegenstände um einen solchen Umsatz als „Lieferung von Gegenständen“ nach Art. 14 dieser Richtlinie anzusehen.

71.      Damit die Lieferung nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a steuerbar ist müssen auch die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie nach Maßgabe der besonderen Merkmale der erstgenannten Vorschrift erfüllt sein. Diese besonderen Merkmale des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a beeinflussen auch die Auslegung des generellen Begriffs des „Entgelts” in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a. Die tatsächlich nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a gezahlte Entschädigung ist als besondere Art des „Entgelts“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie anzusehen.

C.      Die vorliegende Rechtssache

1.      Lag eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a vor?

72.      In der vorliegenden Rechtssache hat das vorlegende Gericht Zweifel daran geäußert, dass eine Eigentumsübertragung im „wirtschaftlichen“ Sinne gegeben ist. Es erklärt, der Gemeindepräsident von Wrocław habe auf beiden Seiten des Umsatzes, als Organ für die lokale Verwaltung (die Gemeinde) und als Vertreter des Fiskus gehandelt. Die anwendbaren Vorschriften des polnischen Rechts betreffen nur die Übertragung des „rechtlichen Eigentums” und nicht die Übertragung des „wirtschaftlichen Eigentums“. Es sei daher zweifelhaft, ob eine faktische Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums stattgefunden habe. Das vorlegende Gericht weist auch darauf hin, dass der streitbefangene Umsatz die Übertragung des Eigentums nicht als Folge des frei geäußerten Willens, sondern aufgrund Gesetzes und gegen Zahlung einer Entschädigung betrifft.

73.      Der Begriff des „wirtschaftlichen Eigentums“ wird als solcher nicht in der Richtlinie erwähnt. Jedoch ergeben die Hinweise des vorlegenden Gerichts und die Diskussionen zwischen den Verfahrensbeteiligten, dass die Vorlagefrage das Problem betrifft, ob es möglich ist, das Konzept der „Übertragung der Befähigung wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“ des Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie in der Interpretation des Gerichthofs anzuwenden.

74.      Nach den allgemeinen, in den Abschnitten 40 bis 53 dieser Schlussanträge dargelegten Kriterien, gehört das Erfordernis der Übertragung der Befähigung über Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen nicht zu den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie.

75.      Folglich scheinen in der vorliegenden Rechtssache – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch das nationale Gericht – alle drei Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a für eine Lieferung von Gegenständen erfüllt zu sein.

76.      Erstens ist, wie das nationale Gericht bestätigt, unbestritten, dass das Eigentum an den Immobilien von der Gemeinde Wrocław auf den Fiskus übertragen wurde. Zu diesem Zweck ist es unerheblich, dass es der gleiche Gemeindepräsident von Wrocław war, der in zwei verschiedenen Rollen auf beiden Seiten des Umsatzes, nämlich als ausführendes Organ der Gemeinde und als Vertreter des Fiskus, handelte. Entscheidend ist für die Zwecke der relevanten Vorschrift der formale Wechsel des rechtlichen Eigentums zwischen zwei klar eigenständigen juristischen Personen.

77.      Zum zweiten erfolgte die Übertragung des Eigentums im Anschluss an die Entscheidung des Wojewoda Dolnośląski (des Regionalgouverneurs von Niederschlesien) und nach nationalem Recht(29). In dieser Hinsicht ist der Umstand, auf den das vorlegende Gericht hingewiesen hat, dass nämlich die Übertragung des Eigentums an den Immobilien nicht das Ergebnis des freien Willens der Parteien war, ebenfalls unerheblich. In der Tat, die zweite Voraussetzung nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ist gerade, dass die Eigentumsübertragung entweder kraft Gesetzes oder auf Grund behördlicher Anordnung erfolgt. Dieses Merkmal führt zu einem Unterschied zu den von Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie erfassten Umsätzen und bedeutet als solches, dass kein freier Wille oder ein gegenseitiger Vertrag vorhanden sind.

78.      Zum dritten scheint eine Zahlung der Entschädigung durch den Gemeindepräsidenten von Wrocław erfolgt zu sein, die durch eine getrennte Entscheidung des Regionalgouverneurs von Niederschlesien angeordnet wurde, mit der die Höhe der Entschädigung bestimmt wurde, zu der die Gemeinde Wrocław berechtigt war. Da jedoch die Existenz einer „tatsächlichen“ Entschädigung von den Verfahrensbeteiligten umfangreich diskutiert wurde, will ich diese spezifische Frage gesondert prüfen.

2.      ‘Tatsächliche’ Entschädigung oder Gegenleistung

79.      Die allgemeine Prüfung in den Abschnitten 54 bis 68 dieser Schlussanträge legt nahe, den Begriff der Entschädigung in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie als besondere Art des Entgelts im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie zu interpretieren.

80.      Es geht jedoch aus dem Vorlagebeschluss und den Erklärungen der Verfahrensbeteiligten hervor, dass die Zweifel des vorlegenden Gerichts nicht so sehr das logische Verhältnis zwischen den Konzepten „Entgelt” und „Entschädigung” betreffen, sondern eher die Unsicherheit, ob die Entschädigung tatsächlich gezahlt worden ist.

81.      Beide Parteien des Ausgangsverfahrens sind der Auffassung, dass kein tatsächliches Entgelt gezahlt worden sei.

82.      Nach dem Vorbringen der Gemeinde Wrocław wurden die Mittel für die Zahlung der Entschädigung, die der Regionalgouverneur von Niederschlesien festgesetzt hatte, dem Gemeindehaushalt für die Aufgaben des Stadtbezirks belastet. Gleichzeitig wurde die Einnahme der Entschädigung in dem gleichen Haushalt als Einnahme der Gemeinde ausgewiesen. Dies geschah durch eine interne Umbuchung, die den von der Gemeinde Wrocław erlittenen Verlust der Immobilien nicht ausgeglichen hat.

83.      Die Polnische Regierung hat vorgetragen, es könne nicht angenommen werden, die Bedingung des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Eigentumsübertragung und der Entschädigung sei erfüllt. Der Gemeindepräsident von Wrocław, der angewiesen war die Entschädigung zu zahlen, hat keinen eigenen Haushalt. Die Mittel zur Erledigung seiner Aufgaben stammen aus dem Haushalt der Gemeinde. Im Ergebnis erfolgt die Umsetzung der Entscheidung die Entschädigung zu zahlen durch eine Umbuchung von Mitteln, die der Gemeinde Wrocław schon für die Aufgaben des Stadtbezirks zugewiesen waren. Der Finanzminister hat in der mündlichen Verhandlung eine ähnliche Auffassung vertreten.

84.      Es ist ausschließlich Sache des vorlegenden Gerichts zu bestimmen, ob unter den besonderen Umständen der vorliegenden Rechtssache die Entschädigung tatsächlich gezahlt worden ist. Es ist in der Tat nicht Aufgabe des Gerichtshofs über die Feinheiten des polnischen Verwaltungsrechts zu urteilen, da der faktische und rechtlicher Kontext in dieser Rechtssache trotz der Einladung des Gerichtshofs, in der Sitzung zu erklären, wie das Buchführungssystem einer polnischen Gemeinde mit Doppelaufgaben tatsächlich funktioniert, ausgesprochen nebulös geblieben ist. Insbesondere bleibt unklar, ob tatsächlich Mittel vom Fiskus übertragen worden sind, und wenn dies der Fall war, zugunsten welches Haushaltspostens, oder etwa sogar, in welchem Umfang die Gemeinde überhaupt über getrennte und eigenständige Haushaltsposten für die verschiedenen Aufgaben verfügt, die ihr obliegen.

85.      Dessen ungeachtet gibt es wenigstens einige allgemeine Hinweise, die dem vorlegenden Gericht vielleicht als Richtschnur gegeben werden könnten.

86.      Zum einen schließt die Tatsache, dass eine Entschädigung durch eine Umbuchung erfolgt, ihren tatsächlichen Charakter nicht aus, da weder die Mehrwertsteuerrichtlinie noch die Rechtsprechung besondere Bedingungen für die Zahlungsmethode oder das Buchführungsverfahren aufstellen, nach denen die Entschädigung erfolgen muss.

87.      Zum zweiten muss jedoch im Sinne des unmittelbaren Zusammenhangs oder der „quid pro quo“ Logik, die jedem Umsatz innewohnt(30), im Gegenzug für die Übertragung des rechtlichen Eigentums ein Entgelt vorliegen. Gewissermaßen muss das Entgelt in umgekehrter Richtung zur Eigentumsübertragung erbracht werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Immobilien zuvor im Eigentum der Gemeinde in ihrer Eigenschaft als unabhängige Einheit der Selbstverwaltung standen, muss daher eine Gutschrift zu den eigenen Mitteln der Gemeinde vorliegen.

88.      Zum dritten ist es unabdingbar, dass die Entschädigung, die nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ein besonderer Ausdruck des nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie erforderlichen Entgelts ist, tatsächlich gezahlt wurde. Dies wird bestätigt durch Art. 14 Abs. 2 Buchst. a, der ausdrücklich die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Eines der allgemeinen Prinzipien der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet, dass der steuerbare Betrag dem tatsächlich erhaltenen Entgelt entspricht, woraus folgt, dass die Steuerbehörden keinen Mehrwertsteuerbetrag erheben dürfen, der die vom Steuerpflichtigen erhaltene Steuer übersteigt(31). In der Tat, bei einer Lieferung ohne Entgelt fehlt es an einer Besteuerungsgrundlage(32). Direkt gesagt: wird keine Zahlung empfangen, gibt es nichts zu besteuern.

V.      Ergebnis

89.      Als Ergebnis der vorstehenden Erwägungen, schlage ich die folgende Antwort auf die Frage des Naczelny Sąd Administracyjny (dem Obersten Verwaltungsgerichthof, Polen) vor:

„Die Übertragung kraft Gesetzes von im Eigentum einer Gemeinde stehenden Immobilien auf den Fiskus gegen Entschädigung stellt dann, wenn aus einer Vorschrift der nationalen Rechtsordnung folgt, dass diese Immobilien weiterhin vom Gemeindepräsidenten, der Vertreter des Fiskus und gleichzeitig ausführende Organ der Gemeinde ist, verwaltet werden, einen steuerbaren Umsatz im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem dar.“


1      Originalsprache: Englisch.


2      Vgl. z.B. Roscher, W.H., (Hrsg.), Ausführliches Lexikon der Griechischen und Römischen Mythologie. Band 2. Leipzig, Verlag von B. G. Teubner, 1890-1897, S. 29 bis 41, oder William Smith (Hrsg.), Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology. Vol. II. London, Taylor and Walton, 1846, S. 550 bis 552.


3      Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1), (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).


4      Dz. U 2004, Nr. 54, Punkt 535. konsolidierter Text, Dz. U. 2011, Nr. 177, Punkt 1054, in der jeweils gültigen Fassung.


5      I FSK 1857/13.


6      I FPS 1/15.


7      Urteil vom 11. May 2017, Posnania Investment (C-36/16, EU:C:2017:361, Rn. 27).


8      Vgl. Urteil vom 29. September 2015, Gmina Wrocław (C-276/14, EU:C:2015:635, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Vgl. Urteil vom 14. Dezember 2000, Fazenda Pública (C-446/98, EU:C:2000:691, Rn. 23, und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Beschluss vom 20. März 2014, Gmina Wrocław (C-72/13, EU:C:2014:197, Rn. 18 bis 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10      Vgl. z.B. Urteil vom 19. Januar 2017, Revenue Commissioners (C-344/15, EU:C:2017:28, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11      Vgl. z.B. Urteil vom 6. Oktober 2015, T-Mobile Czech Republic and Vodafone Czech Republic(C-508/14, EU:C:2015:657, Rn. 28 und 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12      Eine Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie entsprechende Vorschrift war durch die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) eingeführt worden. In dem Vorschlag der Kommission (COM/1973/950/final) erwähnte Art. 5 Abs. 2 Buchst. f, der zu Art. 5 Abs. 4 Buchst. a der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie wurde, in der Entwurfsfassung „die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschädigung auf Grund einer behördlichen Anordnung, falls eine nicht behördlich angeordnete Veräußerung dieses Gegenstandes der Steuer unterliegen würde.“ Der letzte (hier kursiv wiedergegebene) Teil dieser Regelung wurde nicht in den endgültigen Text übernommen. Der Vorschlag enthielt ebenso einen Art. 12 Abs. 4, der lautete: „Bei den in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe f) genannten Umsätzen gilt der Betrag der empfangenen Entschädigung mit Ausnahme der Ersatzbeschaffungsentschädigung als Besteuerungsgrundlage.“ Diese Bestimmung wurde nicht in den endgültigen Text übernommen. Vgl. Terra, B.J.M. und Kajus, J., A Guide to the Sixth VAT Directive. Commentary to the Value Added Tax of the European Community, Volume A, IBFD Publications, 1991, S. 209.


13      Vgl. z.B. Terra, B.J.M. und Kajus, J., Introduction to European VAT (Recast), Commentaries on European VAT Directives, IBFD Publications, 2017, S. 246; oder van Doesum, A., van Kesteren H., and van Norden, G.-J., Fundamentals of EU VAT Law, Kluwer Law International, 2016, S. 111.


14      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Evita-K (C-78/12, EU:C:2013:486, Rn. 35). Der Gerichtshof hat betont, dass sich diese Vorschrift „nicht auf die Eigentumsübertragung in den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen [bezieht], sondern … jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei [umfasst], die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer.” Vgl. z.B. Urteil vom 3. September 2015, Fast Bunkering Klaipėda(C-526/13, EU:C:2015:536, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat ausgeführt, dies entspreche dem Zweck, das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf eine einheitliche Definition der steuerbaren Umsätze zu gründen und dass dieses Ziel gefährdet würde, „wenn die Feststellung, dass eine Lieferung von Gegenständen vorliegt, … von der Erfüllung von Voraussetzungen abhinge, die von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich wären, wie dies bei den Voraussetzungen für die zivilrechtliche Eigentumsübertragung der Fall ist.“ Vgl. z.B. Urteil vom 8. Februar 1990, Shipping and Forwarding Enterprise Safe (C-320/88, EU:C:1990:61, Rn. 8).


15      Urteil vom 3. September 2015, Fast Bunkering Klaipėda (C-526/13, EU:C:2015:536, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16      Vgl. dahingehend Urteil vom 6. Februar 2003, Auto Lease Holland (C-185/01, EU:C:2003:73, Rn. 34).


17      Siehe oben, Nrn. 35 bis 39.


18      Vgl. Urteil vom 4. Oktober 2017, Mercedes-Benz Financial Services UK (C-164/16, EU:C:2017:734, Rn. 31).


19      Vgl. z.B. Urteile in Urteil vom 8. November 2012, Profitube (C-165/11, EU:C:2012:692, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Vgl. z.B. Urteil vom 11. Mai 2017, Posnania Investment (C-36/16, EU:C:2017:361, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


21      Vgl. z.B. Urteil vom 7. November 2013, Tulică und Plavoşin (C-249/12 und C-250/12, EU:C:2013:722, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22      Vgl. Urteil 19. Dezember 2012 (C-549/11, EU:C:2012:832, Rn. 44 und 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).


23      Vgl. Urteil vom 2. Juni 2016,Lajvér (C-263/15, EU:C:2016:392, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Urteil vom 18. Juli 2007, Société thermale d'Eugénie-Les-Bains (C-277/05, EU:C:2007:440, Rn. 32).


25      Urteil vom 18. Januar 2017, SAWP (C-37/16, EU:C:2017:22, Rn. 30).


26      Vgl. z. B. van Doesum, A., van Kesteren, H., und van Norden, G.-J. Fundamentals of EU VAT Law, Kluwer Law International, 2016, S. 111; Terra, B.J.M., und Kajus, J., Introduction to European VAT (Recast), Commentaries on European VAT Directives, IBFD Publications, 2017, S. 246; Henkow, O., The VAT/GST Treatment of Public Bodies, Kluwer Law International, 2013, S. 67


27      Urteil vom 11. Mai 2017, Posnania Investment (C-36/16, EU:C:2017:361, Rn. 32 bis 36). Vgl. in ähnlicher Weise im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen Urteil vom 22. Juni 2016, Český rozhlas (C-11/15, EU:C:2016:470, Rn. 24 bis 26).


28      Vgl. van Doesum, A., van Kesteren, H., und van Norden, G.-J., Fundamentals of EU VAT Law, Kluwer Law International, 2016, S. 129, unter Hinweis auf Urteil vom 2. Juni 1994, Empire Stores (C-33/93, EU:C:1994:225, Rn. 16). Siehe im Gegensatz dazu Urteil vom 18 Juli 2007, Société thermale d'Eugénie-Les-Bains (C-277/05, EU:C:2007:440, Rn. 26), wo die Reservierung der Unterkunft als unabhängig von der Zahlung eines Angelds angesehen wurde und daher keine unmittelbare Verbindung zwischen Dienstleistung und Entgelt bestand.


29      Die angeführte nationale Vorschrift ist Art. 12 Abs. 4 Ustawa o szczególnych zasadach lokalizacji dróg publicznych (Gesetz über besondere Regeln für die Trassenführung öffentlicher Straßen).


30      Im Allgemeinen siehe oben, Nr. 68 dieser Schlussanträge.


31      Vgl. Urteil vom 2. Juli 2015, NLB Leasing (C-209/14, EU:C:2015:440, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 12 und 13).


32      Vgl. dahin gehend Urteil vom 21. November 2013,Dixons Retail (C-494/12, EU:C:2013:758, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).