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Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

BOBEK

vom 22. Mai 2019(1)

Rechtssache C-329/18

Valsts ieņēmumu dienests

gegen

SIA Altic

(Vorabentscheidungsersuchen der Augstākā tiesa [Oberstes Gericht, Lettland])

„Vorabentscheidungsersuchen – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Recht auf Vorsteuerabzug – Versagung – Lieferung durch Vertragspartner, die an Mehrwertsteuerbetrug beteiligt sind – Sorgfaltspflicht des Steuerpflichtigen – Relevanz der Einhaltung von sektorspezifischen Verpflichtungen durch den Steuerpflichtigen – Verordnung (EG) Nr. 178/2002 – Rückverfolgbarkeitsverpflichtung – Verordnung (EG) Nr. 852/2004 – Verordnung (EG) Nr. 882/2004 – Registrierung von Lebensmittelunternehmern“






I.      Einleitung

1.        Die SIA Altic erwarb Rapssaatgut von zwei anderen Unternehmen und zog die aufgrund dieses Geschäftsvorgangs entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer ab. Eine anschließende Überprüfung durch die lettischen Steuerbehörden ergab, dass diese Unternehmen fiktiv waren. Die Steuerbehörden waren daher der Auffassung, dass die Geschäfte nicht durchgeführt worden seien und wiesen die SIA Altic an, die entsprechende Mehrwertsteuer zu zahlen. Die SIA Altic beantragte die Nichtigerklärung dieser Entscheidung. Die nationalen Gerichte erster und zweiter Instanz entschieden zu ihren Gunsten.

2.        Die Augstākā tiesa (Oberstes Gericht, Lettland) hat in dem eine Rechtsfrage betreffenden Rechtsmittelverfahren Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(2) in Verbindung mit den Anforderungen sektorspezifischer Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Lebensmittelrechts. Diese Zweifel betreffen das Vorbringen der lettischen Steuerbehörden, dass die SIA Altic die Beteiligung ihrer Vertragspartner an einem Mehrwertsteuerbetrug hätte kennen müssen, da sie im Lebensmittelsektor tätig sei und daher verpflichtet sei, ihre Geschäftspartner gemäß dem in diesem Sektor geltenden höheren Standard im Einklang mit den Verpflichtungen, die durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002(3), die Verordnung (EG) Nr. 852/2004(4) und die Verordnung (EG) Nr. 882/2004(5) auferlegt würden, zu überprüfen.

3.        Der Fall gibt dem Gerichtshof die Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu den Kriterien anzupassen, nach denen – im Hinblick auf eine Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug – bestimmt wird, ob ein Wirtschaftsbeteiligter „wusste oder hätte wissen müssen“, dass er an einem Vorgang beteiligt war, der mit Mehrwertsteuerbetrug verbunden war. Insbesondere wird der Gerichtshof danach gefragt, in welchem Umfang, wenn überhaupt, sektorspezifische Verpflichtungen für Unternehmen, die in bestimmten Bereichen, etwa den vom Lebensmittelrecht erfassten, tätig sind, relevant sind für die allgemeine steuerrechtliche Beurteilung der Frage, ob ein Betreiber wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einer Transaktion im Zusammenhang mit Mehrwertsteuerbetrug beteiligt war oder nicht.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Mehrwertsteuerrichtlinie

4.        Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt: „Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)      die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

…“

5.        Art. 178 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt: „Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige folgende Bedingungen erfüllen:

a)      für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und [das] Erbringen von Dienstleistungen muss er eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 sowie 238, 239 und 240 ausgestellte Rechnung besitzen;

…“

6.        Art. 220 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt: „Jeder Steuerpflichtige stellt in folgenden Fällen eine Rechnung entweder selbst aus oder trägt dafür Sorge, dass eine Rechnung vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder in seinem Namen und für seine Rechnung von einem Dritten ausgestellt wird:

1.      Er liefert Gegenstände oder erbringt Dienstleistungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person.

…“

7.        Art. 226 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„Unbeschadet der in dieser Richtlinie festgelegten Sonderbestimmungen müssen gemäß den Artikeln 220 und 221 ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die folgenden Angaben enthalten:

4.      die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer im Sinne des Artikels 214, unter der der Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung, für die er Steuerschuldner ist, oder eine Lieferung von Gegenständen nach Artikel 138 erhalten hat;

5.      den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers;

6.      Menge und Art der gelieferten Gegenstände beziehungsweise Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen;

…“

8.        Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten können vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen.

Die Möglichkeit nach Absatz 1 darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Kapitel 3 genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen.“

B.      Verordnung Nr. 178/2002

9.        Die Erwägungsgründe 28 und 29 der Verordnung Nr. 178/2002 lauten wie folgt:

„(28)      Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Funktionieren des Binnenmarktes im Lebensmittel- oder Futtermittelsektor gefährdet sein kann, wenn Lebensmittel und Futtermittel nicht rückverfolgt werden können. Es ist daher notwendig, ein umfassendes System der Rückverfolgbarkeit bei Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen festzulegen, damit gezielte und präzise Rücknahmen vorgenommen bzw. die Verbraucher oder die Kontrollbediensteten entsprechend informiert und damit womöglich unnötige weiter gehende Eingriffe bei Problemen der Lebensmittelsicherheit vermieden werden können.

(29)      Es muss sichergestellt werden, dass ein Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmen einschließlich des Importeurs zumindest das Unternehmen feststellen kann, das das Lebensmittel oder Futtermittel, das Tier oder die Substanz, die möglicherweise in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet wurden, geliefert hat, damit bei einer Untersuchung die Rückverfolgbarkeit in allen Stufen gewährleistet ist.“

10.      Art. 3 der Verordnung Nr. 178/2002 bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

2.      ‚Lebensmittelunternehmen‘ alle Unternehmen, gleichgültig, ob sie auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind oder nicht und ob sie öffentlich oder privat sind, die eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführen;

3.      ‚Lebensmittelunternehmer‘ die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden;

15.      ‚Rückverfolgbarkeit‘ die Möglichkeit, ein Lebensmittel oder Futtermittel, ein der Lebensmittelgewinnung dienendes Tier oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist oder von dem erwartet werden kann, dass er in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet wird, durch alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen zu verfolgen;

16.      ‚Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen‘ alle Stufen, einschließlich der Einfuhr von – einschließlich – der Primärproduktion eines Lebensmittels bis – einschließlich – zu seiner Lagerung, seiner Beförderung, seinem Verkauf oder zu seiner Abgabe an den Endverbraucher und, soweit relevant, die Einfuhr, die Erzeugung, die Herstellung, die Lagerung, die Beförderung, den Vertrieb, den Verkauf und die Lieferung von Futtermitteln;

…“

11.      Art. 18 der Verordnung Nr. 178/2002 bestimmt:

„(1)      Die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Futtermitteln, von der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren und allen sonstigen Stoffen, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet werden, ist in allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen sicherzustellen.

(2)      Die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer müssen in der Lage sein, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel, Futtermittel, ein der Lebensmittelgewinnung dienendes Tier oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist oder von dem erwartet werden kann, dass er in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet wird, erhalten haben.

Sie richten hierzu Systeme und Verfahren ein, mit denen diese Informationen den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitgeteilt werden können.

(3)      Die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer richten Systeme und Verfahren zur Feststellung der anderen Unternehmen ein, an die ihre Erzeugnisse geliefert worden sind. Diese Informationen sind den zuständigen Behörden auf Aufforderung zur Verfügung zu stellen.

(4)      Lebensmittel oder Futtermittel, die in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden oder bei denen davon auszugehen ist, dass sie in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden, sind durch sachdienliche Dokumentation oder Information gemäß den diesbezüglich in spezifischeren Bestimmungen enthaltenen Auflagen ausreichend zu kennzeichnen oder kenntlich zu machen, um ihre Rückverfolgbarkeit zu erleichtern.

(5)      Bestimmungen zur Anwendung der Anforderungen dieses Artikels auf bestimmte Sektoren können nach dem in Artikel 58 Absatz 2 genannten Verfahren erlassen werden.“

C.      Verordnung Nr. 852/2004

12.      Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 („Amtliche Kontrollen, Registrierung und Zulassung“) lautet wie folgt:

„(1)      Die Lebensmittelunternehmer arbeiten gemäß anderen anwendbaren Gemeinschaftsregelungen oder, wenn solche Regelungen nicht bestehen, gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit den zuständigen Behörden zusammen.

(2)      Insbesondere haben die Lebensmittelunternehmer der entsprechenden zuständigen Behörde in der von dieser verlangten Weise die einzelnen ihrer Kontrolle unterstehenden Betriebe, die auf einer der Stufen der Produktion, der Verarbeitung oder des Vertriebs von Lebensmitteln tätig sind, zwecks Registrierung zu melden.

…“

D.      Verordnung Nr. 882/2004

13.      Art. 31 Abs. 1 der Verordnung Nr. 882/2004 bestimmt:

„a)      Die zuständigen Behörden legen die Verfahren fest, welche die Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer bei der Beantragung der Registrierung ihrer Betriebe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, der Richtlinie 95/69/EG oder der künftigen Verordnung über Futtermittelhygiene zu befolgen haben.

b)      Sie erstellen eine Liste der Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer, die registriert wurden, und halten sie ständig auf dem neuesten Stand. Liegt eine derartige Liste bereits für andere Zwecke vor, so [kann] sie auch für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden.“

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

14.      Die SIA Altic (im Folgenden: Rechtsmittelgegnerin) erwarb Rapssaatgut von der SIA Sakorex (im Juli und im August 2011) und von der SIA Ulmar (im Oktober 2011). Das Rapssaatgut wurde nach ordnungsgemäßem Erhalt in einem Lager (Silo) des Unternehmens SIA Vendo eingelagert. Die Rechtsmittelgegnerin zog die aufgrund dieser Geschäftsvorgänge entrichtete Mehrwertsteuer als Vorsteuer ab.

15.      Eine Überprüfung durch den Valsts ieņēmumu dienests (lettische Abgabenbehörde, im Folgenden: VID) ergab, dass die SIA Sakorex und die SIA Ulmar Scheinunternehmen waren. Der VID entschied, dass die Geschäfte zwischen der Rechtsmittelgegnerin und diesen Unternehmen nicht durchgeführt worden seien, und legte der Rechtsmittelgegnerin mit Bescheid vom 14. September 2012 die Entrichtung der zuvor abgezogenen Mehrwertsteuer samt Strafzuschlag und Verspätungszinsen auf.

16.      Die Rechtsmittelgegnerin erhob eine verwaltungsgerichtliche Klage auf Nichtigerklärung dieses Verwaltungsakts. Die nationalen Gerichte erster und zweiter Instanz entschieden zu ihren Gunsten. Insbesondere erklärte die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht, Lettland) unter anderem, dass außer Zweifel stehe, dass die gegenständliche Ware in der in den Begleitdokumenten angegebenen Menge an den dort genannten Daten im Silo der SIA Vendo eingelagert worden sei. Aus dem Akteninhalt und den Erläuterungen der Rechtsmittelgegnerin gehe außerdem hervor, dass diese gutgläubig gehandelt habe. Darüber hinaus habe die Art des Geschäfts im vorliegenden Fall keine Prüfung der Fähigkeit der Vertragspartner zur Leistungserbringung erfordert, da die Verkäufer die Lieferung der Gegenstände am vertraglich vereinbarten Erfüllungsort ausgeführt hätten. Nach dem zwischen der Rechtsmittelgegnerin und der SIA Vendo geschlossenen Vertrag sei die SIA Vendo für die Richtigkeit der Angaben im Begleitdokument verantwortlich und habe die entsprechenden Rechtsfolgen zu tragen. Schließlich entschied das Gericht, dass der VID nicht dargelegt habe, welche spezifischen, gesetzlich unmittelbar vorgeschriebenen Handlungen die Rechtsmittelgegnerin zur Prüfung der Fähigkeit der Vertragspartner zur Ausführung der Warenlieferungen hätte vornehmen müssen und nicht vorgenommen habe. Folglich kam die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht) zu dem Schluss, dass die im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen keine vorsätzliche Handlung der Rechtsmittelgegnerin zwecks Erlangung eines Vorteils durch Abzug der entrichteten Vorsteuer belegten.

17.      Der VID legte gegen das betreffende Urteil ein Rechtsmittel bei der Augstākā tiesa (Oberstes Gericht), dem vorlegenden Gericht, ein.  Der VID bringt vor, die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht) sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Prüfung der Herkunft der erworbenen Gegenstände gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Gemäß der Verordnung Nr. 178/2002 müssten die Lebensmittelunternehmer in der Lage sein, jeden Stoff festzustellen, der dazu bestimmt sei oder von dem erwartet werden könne, dass er in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet werde. Sie müssten hierzu Systeme und Verfahren einrichten, mit denen diese Informationen den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitgeteilt werden könnten. Daher sei die Rechtsmittelgegnerin nach der Verordnung Nr. 178/2002 zur Vornahme einer genauen Prüfung der Vertragspartner unter Berücksichtigung ihrer Stellung in der Lebensmittelkette verpflichtet gewesen. Die Rechtsmittelgegnerin habe nicht kontrolliert, ob die Vertragspartner bei der Pārtikas un veterinārais dienests (Lebensmittelsicherheits- und Veterinäragentur, Lettland) registriert gewesen seien, und somit nicht einmal eine minimale Überprüfung ihrer Vertragspartner vorgenommen. Dies belege, dass die Rechtsmittelgegnerin gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass diese Umsätze Teil eines Mehrwertsteuerbetrugs gewesen seien.

18.      Die Rechtsmittelgegnerin vertritt hingegen die Ansicht, dass die vom VID angeführten Bestimmungen nicht anwendbar seien, da das erworbene Saatgut für die Herstellung von Brennstoffen bestimmt gewesen sei und in keiner Weise mit irgendeiner Art von Lebensmitteln in Zusammenhang gestanden habe. Daher sei es nicht gerechtfertigt, die Bestimmungen für Lebensmittelunternehmer auf die Rechtsmittelgegnerin anzuwenden.

19.      Unter diesen Umständen hat die Augstākā tiesa (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie unter Berücksichtigung des Ziels der Verordnung Nr. 178/2002, die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten (das u. a. in der Garantie der Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel zum Ausdruck kommt), dahin auszulegen, dass er einer Versagung des Vorsteuerabzugs nicht entgegensteht, wenn der Steuerpflichtige als Teil der Lebensmittelkette bei der Auswahl seines Vertragspartners keine größere (als die nach den Handelsbräuchen übliche) Sorgfalt aufgewendet hat – bestehend im Wesentlichen in der Pflicht zur Überprüfung des Vertragspartners –, wohl aber die Qualität der Lebensmittel kontrolliert und dadurch das Ziel der Verordnung Nr. 178/2002 erfüllt hat?

2.      Verpflichtet die in Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 und in Art. 31 der Verordnung Nr. 882/2004 aufgestellte Voraussetzung der Registrierung eines Lebensmittelunternehmens bei einer Auslegung im Licht von Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie den Vertragspartner dieses Unternehmens dazu, dessen Registrierung zu prüfen, und ist diese Prüfung für die Beurteilung relevant, ob dieser Vertragspartner unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Umsatzes wusste oder hätte wissen müssen, dass er in einen Umsatz mit einem Scheinunternehmen verwickelt war?

20.      Die lettische und die spanische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Beteiligten sowie die Rechtsmittelgegnerin haben an der mündlichen Verhandlung am 6. März 2019 teilgenommen.

IV.    Würdigung

21.      Diese Schlussanträge sind wie folgt aufgebaut: Nach einigen Vorbemerkungen (A) werde ich die Rechtsprechung zur erforderlichen Sorgfalt im Hinblick auf von Vertragspartnern begangenem Mehrwertsteuerbetrug darstellen (B). Dann werde ich die erste Frage prüfen, bei der es darum geht, ob die Nichteinhaltung sektorspezifischer Verpflichtungen, die einem Steuerpflichtigen obliegen, die aber nicht in den Mehrwertsteuervorschriften selbst vorgeschrieben sind, so wie die Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit nach Art. 18 der Verordnung Nr. 178/2002, zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs führen sollten (C). Anschließend werde ich zu der zweiten Frage kommen, bei der es im Wesentlichen darum geht, ob die fehlende Überprüfung, dass Vertragspartner ihrer eigenen Registrierungspflicht gemäß der Verordnung Nr. 882/2004 nachkommen, für die Beurteilung relevant ist, ob der Steuerpflichtige hätte wissen müssen, dass er an einem Vorgang mit Mehrwertsteuerbetrug beteiligt war (D).

A.      Vorbemerkungen

22.      Die in diesem Fall aufgeworfenen Probleme betreffen ausschließlich die Frage, ob einem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug wegen geltend gemachter mangelnder Sorgfalt versagt werden sollte, die im Hinblick darauf beurteilt wird, wie er sich zu Verpflichtungen verhalten hat, die ihm und seinen Vertragspartnern durch nicht steuerbezogene sektorspezifische Vorschriften auferlegt werden. Es wird daher als gegeben angesehen, dass im Übrigen die materiellen und formalen Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug erfüllt sind.

23.      Es gibt zwei weitere Feststellungen des vorlegenden Gerichts zu tatsächlichen Umständen, die ich als gegeben ansehe.

24.      Erstens ist unstreitig, dass sich die Vertragspartner der Rechtsmittelgegnerin als Scheinunternehmen erwiesen haben. Obwohl es nicht möglich war, die Herkunft der Gegenstände festzustellen, wurden die Gegenstände dennoch geliefert und waren offensichtlich von guter Qualität.

25.      Zweitens hat das vorlegende Gericht festgestellt, dass es keinen Beweis für die Behauptung der Rechtsmittelgegnerin gibt, dass das fragliche Saatgut zur Herstellung von Brennstoffen bestimmt war. Die von der Rechtsmittelgegnerin mit beiden Vertragspartnern geschlossenen Verträge enthielten eine Klausel, die bestimmte, dass die Gegenstände den Anforderungen der Lebensmittelsicherheits- und Veterinäragentur zu entsprechen haben. Außerdem sind die von der Rechtsmittelgegnerin als ihre Geschäftspartner bezeichneten Unternehmen nicht im Bereich der Brennstoffproduktion aktiv. Daher kam das vorlegende Gericht nach einer Würdigung der ihm vorliegenden Beweismittel zu dem Schluss, dass die betreffende Lieferung (und damit auch die Rechtsmittelgegnerin in Bezug auf diese Lieferung) den Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 178/2002 unterlag.

B.      Rechtsprechung zum Mehrwertsteuerbetrug und zum Recht auf Vorsteuerabzug

26.      Die Bedeutung des Vorsteuerabzugs ist vom Gerichtshof mehrfach hervorgehoben worden. Er ist als ein „Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems“(6) und als ein „integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer“ bezeichnet worden und kann grundsätzlich nicht beschränkt werden(7). Der Vorsteuerabzug ist zentral für die Neutralität des Mehrwertsteuersystems, da der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet auf diese Weise die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten, sofern diese Tätigkeiten selbst grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliegen(8).

27.      Das erklärt auch, weshalb das Recht auf Vorsteuerabzug auch nicht dadurch berührt wird, dass ein anderer Umsatz in der Lieferkette, der dem von dem betreffenden Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist, ohne dass der Steuerpflichtige hiervon Kenntnis hat oder haben kann(9).

28.      Im Einklang mit der allgemeinen Pflicht der nationalen Behörden, Mehrwertsteuerbetrug zu verhindern und zu bekämpfen, ist es diesen Behörden jedoch gestattet, das Recht auf Vorsteuerabzug (und letztendlich den Anspruch auf Erstattung) zu verweigern, wenn auf der Grundlage objektiver Beweise festgestellt wird, dass dieses Recht in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise geltend gemacht wird(10).

29.      Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern auch, wenn ein Steuerpflichtiger „wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist“(11). Unter solchen Umständen ist der Steuerpflichtige als „Beteiligter anzusehen, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt“(12). Denn in einer solchen Situation geht der Steuerpflichtige den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig(13).

30.      Die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bleibt jedoch eine Ausnahme von dem grundsätzlich bestehenden und wirklich wesentlichen Recht auf Vorsteuerabzug. Es obliegt daher der Steuerbehörde, „die objektiven Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine vom Liefernden bzw. vom Leistenden oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, rechtlich hinreichend nachzuweisen“(14).

31.      Der Gerichtshof hat mehrfach betont, dass die Zuständigkeit für die Durchführung von Kontrollen bei den zuständigen Behörden liegt, und hat davor gewarnt, die Verpflichtung zur Durchführung von Kontrollen und Überprüfungen tatsächlich auf Steuerpflichtige zu verlagern(15). Es ist nämlich an den Steuerbehörden, die eine durch den Aussteller einer Rechnung begangene Steuerhinterziehung oder Unregelmäßigkeit festgestellt haben, nachzuweisen, dass der Empfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass das Geschäft mit Mehrwertsteuerbetrug verbunden war. Dies muss auf der Grundlage objektiver Faktoren geschehen „und ohne vom Rechnungsempfänger ihm nicht obliegende Überprüfungen zu fordern“(16).

32.      Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass die Steuerverwaltung von dem Steuerpflichtigen nicht generell verlangen kann, zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen auch seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und der Abführung der Mehrwertsteuer und des Besitzes von Unterlagen nachgekommen ist(17). Ebenso hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Steuerbehörden nicht verlangen können, dass ein Steuerpflichtiger Unterlagen vorlegt, aus denen hervorgeht, dass der Lieferer seinen eigenen sektorspezifischen Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nachgekommen ist(18).

33.      Die Sorgfalt der Steuerpflichtigen ist der entscheidende Faktor. Das liegt daran, dass „Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug – sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug – einbezogen sind, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können [müssen], ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren“(19).

34.      Das erforderliche Maß an Sorgfalt ist kontextabhängig. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Maßnahmen, die von einem Steuerpflichtigen im konkreten Fall vernünftigerweise verlangt werden können, von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig(20). Der konkrete Sachverhalt kann in der Tat so beschaffen sein, dass von dem Steuerpflichtigen ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt wird (zum Beispiel angesichts des Wertes der Gegenstände bei einem Erwerb)(21). Wenn Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung vorliegen, können Wirtschaftsteilnehmer nach den Umständen des konkreten Falls verpflichtet sein, über ihre Geschäftspartner Auskünfte einzuholen, um sich von deren Zuverlässigkeit zu überzeugen(22).

35.      Zwei Punkte sind jedoch zu berücksichtigen. Erstens hat sich der kontextabhängige Aspekt des Sorgfaltsmaßstabs bisher um die verschiedenen Sachverhalte gedreht, aber immer innerhalb der Mehrwertsteuerrichtlinie und ihrer rechtlichen Regelung. Zweitens macht die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum erforderlichen Sorgfaltsmaßstab deutlich, dass die Steuerverwaltung selbst bei Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten von Steuerpflichtigen nicht generell verlangen kann, erstens zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die fraglichen Gegenstände verfügte oder sie liefern konnte und seinen eigenen mehrwertsteuerrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass keine Unregelmäßigkeiten vorliegen, oder zweitens über entsprechende Unterlagen zu verfügen(23).

36.      Im Ergebnis ist das Recht auf Vorsteuerabzug nur dann zu versagen, wenn die zuständigen Behörden feststellen können, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einem mit einem Mehrwertsteuerbetrug verbundenen Umsatz beteiligt war. Der Sorgfaltsmaßstab, der vom Steuerpflichtigen gefordert wird, um die Sorgfaltspflicht zu erfüllen, variiert in Abhängigkeit von den Umständen. Die Behörden müssen sich jedoch auf objektive Faktoren stützen, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einem Umsatz im Zusammenhang mit einem Mehrwertsteuerbetrug beteiligt war. Es ist ihnen nicht möglich, auf den Rechnungsempfänger die Durchführung von Kontrollen abzuwälzen, für die er nicht zuständig ist.

C.      Erste Frage: Recht auf Vorsteuerabzug und Verordnung Nr. 178/2002

37.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Bedeutung die Einhaltung der in Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vorgesehenen Rückverfolgbarkeitsverpflichtung für die Beurteilung hat, ob ein Steuerpflichtiger, der ein Unternehmer im Lebensmittelsektor ist, wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einem mit Mehrwertsteuerbetrug verbundenen Umsatz beteiligt war.

38.      Meiner Ansicht nach ist die Nichteinhaltung sektorspezifischer Verpflichtungen eines Steuerpflichtigen, wie die Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit nach Art. 18 der Verordnung Nr. 178/2002, die aber nicht durch Mehrwertsteuervorschriften selbst auferlegt werden, für sich genommen nicht entscheidend für die Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug. Anders gesagt, kann eine mögliche Nichteinhaltung solcher sektorspezifischen Verpflichtungen nicht automatisch mit der Feststellung gleichgesetzt werden, dass ein Steuerpflichtiger hätte wissen müssen, dass der Umsatz mit Mehrwertsteuerbetrug verbunden war (1). Sofern die sektorspezifischen Rechtsvorschriften einem Steuerpflichtigen tatsächlich eine eindeutige und weiter gehende rechtliche Verpflichtung zur Feststellung der Vertragspartner auferlegen, kann die Nichteinhaltung dieser sektorspezifischen Verpflichtungen als einer der objektiven Faktoren Teil der allgemeinen Bewertung sein, um zu bestimmen, was von einem Steuerpflichtigen gefordert werden kann, um sich davon zu überzeugen, dass seine Umsätze nicht mit einem Mehrwertsteuerbetrug eines seiner Lieferer verbunden sind (2).

1.      Die fehlende Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit ist nicht gleichzusetzen mit „hätte wissen müssen“ in Bezug auf einen Mehrwertsteuerbetrug

39.      Die lettische Regierung ist der Auffassung, dass, selbst wenn im vorliegenden Fall keine Beweise dafür vorlägen, dass die Rechtsmittelgegnerin gewusst habe, dass sie an einem mit Mehrwertsteuerbetrug im Zusammenhang stehenden Vorgang beteiligt gewesen sei, zahlreiche Punkte darauf hinwiesen, dass sie diese Tatsache hätte erkennen müssen. Die Rechtsmittelgegnerin habe keine Kontakte zu den Vertragspartnern hergestellt. Vielmehr hätten diese die Rechtsmittelgegnerin als Reaktion auf Anzeigen in den Medien kontaktiert. Die Rechtsmittelgegnerin habe die Gegenstände nicht direkt erhalten, sondern über einen Vermittler bezogen, der die Angaben zu den Lieferern nicht überprüft habe.

40.      Auch wenn nach nationaler Rechtsprechung keine allgemeine Verpflichtung zur Kontrolle von Geschäftspartnern bestehe, sei die Lage im Lebensmittelsektor anders. Die lettische Regierung macht geltend, dass die im Lebensmittelsektor tätigen Unternehmen aufgrund der mit der Verordnung Nr. 178/2002 eingeführten Rückverfolgbarkeitsverpflichtung verpflichtet seien, ihre Vertragspartner eingehend zu überprüfen. Darüber hinaus habe die Rechtsmittelgegnerin durch ihre Behauptung, dass das Saatgut zur Kraftstoffherstellung bestimmt gewesen sei, gezeigt, dass ihr die in der Lebensmittelindustrie geltenden höheren Anforderungen bekannt gewesen seien, und versucht, diese zu umgehen. In der mündlichen Verhandlung hat die lettische Regierung ferner erklärt, dass ihrer Ansicht nach die Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 die Verpflichtung umfasse, zu überprüfen, dass die Vertragspartner ordnungsgemäß bei der Lebensmittelsicherheits- und Veterinäragentur registriert seien.

41.      Die spanische Regierung macht geltend, dass die Rechtsmittelgegnerin der Verpflichtung zur Feststellung der Unternehmen, die das Rapssaatgut geliefert hätten, nicht nachgekommen sei. Diese Verpflichtung ergebe sich aus Art. 18 der Verordnung Nr. 178/2002. Die Nichtfeststellung des Lieferers habe zwei Konsequenzen: ein Risiko für die Lebensmittelsicherheit und dass die Rechtsmittelgegnerin keine Kenntnis davon erhalten habe, dass es sich bei den Lieferern um Scheinunternehmen gehandelt habe und es zu einem Betrug in der Mehrwertsteuerkette gekommen sei. Der Verstoß gegen materielle Anforderungen an den Steuerpflichtigen habe, auch wenn sie nicht steuerlicher Art gewesen seien, negative Auswirkungen auf die Erhebung der geschuldeten Mehrwertsteuer gehabt.

42.      Ich bin damit nicht einverstanden, und zwar sowohl auf struktureller Ebene (das heißt, dass ein möglicher Verstoß gegen sektorspezifische Verpflichtungen die notwendige Folge hätte, dass das Recht zum Vorsteuerabzug versagt wird) als auch auf der Ebene der spezifischen Verpflichtung, die Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 enthalten soll. In diesem Abschnitt werde ich erläutern, warum die Standpunkte beider Regierungen strukturell unrichtig sind. Im darauffolgenden Abschnitt werde ich erläutern, weshalb ich glaube, dass ihr Verständnis vom Umfang der konkreten mit Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 auferlegten Verpflichtung ebenfalls problematisch ist.

43.      Als Vorbemerkung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Grundsatz der steuerlichen Neutralität eine Unterscheidung zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Umsätzen bei der Erhebung der Mehrwertsteuer verbietet, da die Tatsache, dass die fraglichen Tätigkeiten illegal sind, nichts an ihrem wirtschaftlichen Charakter ändert(24). Diese Feststellung gilt sowohl für Tätigkeiten, die als solche illegal sind, als auch für den Fall, dass es eine Nähe zwischen den gelieferten Gegenständen oder erbrachten Dienstleistungen und einer illegalen Tätigkeit gibt. So hat der Gerichtshof zum Beispiel in der Rechtssache Coffeeshop „Siberië“(25) entschieden, dass die Vermietung eines Tisches in einem Coffeeshop in Amsterdam an einen Dritten zum Verkauf von Cannabis in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuervorschriften fiel, auch wenn dies nach nationalem Recht eine strafbare Beteiligung an der Straftat des Handels mit „weichen Drogen“ darstellte.

44.      Im vorliegenden Fall ist die Tatsache, dass ein (seinem Gegenstand nach eindeutig rechtmäßiger) Vorgang, der in einem Kontext durchgeführt wird, in dem eine oder mehrere sektorspezifische rechtliche Verpflichtungen verletzt worden sein sollen, wesentlich weiter von jeder Illegalität entfernt und somit aus wirtschaftlicher Sicht für die Erhebung der Mehrwertsteuer erst recht irrelevant. Es besteht daher kein Zweifel, dass der fragliche Vorgang den Vorschriften über die Mehrwertsteuer unterfällt, einschließlich des Rechts auf Vorsteuerabzug.

45.      Es gibt mindestens drei grundsätzliche Argumente, weshalb der von der lettischen und der spanischen Regierung dargelegten Auslegung nicht gefolgt werden kann: den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, die Unterschiede im Aufbau und in den Zielen jedes Regelungssystems und das Problem (der potenziellen Kumulierung) von Zwangsmaßnahmen.

46.      Erstens gibt es einfach keine Rechtsgrundlage, nicht im Unionsrecht und offensichtlich auch nicht im nationalen Recht, für die automatische Einbeziehung (verschiedener) sektorspezifischer Anforderungen in das allgemeine Mehrwertsteuersystem. Nach Art. 178 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie ist die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug vom Besitz einer Rechnung abhängig und gemäß Art. 220 Abs. 1 dieser Richtlinie muss eine solche Rechnung für jede Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen ausgestellt werden, die ein Steuerpflichtiger an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt hat. In Art. 226 der Mehrwertsteuerrichtlinie sind die Angaben (abschließend) aufgeführt, die auf der Rechnung erscheinen müssen, darunter der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers. Die Verpflichtung, diese Daten aufzunehmen, obliegt dem Aussteller der Rechnung und gehört zu den formalen Anforderungen an gültige Rechnungen.

47.      Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vortrag der Rechtsmittelgegnerin in der mündlichen Verhandlung, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall ordnungsgemäß erfüllt sind und die Rechtsmittelgegnerin zudem die Registrierung ihrer Lieferer im Mehrwertsteuerregister überprüft hat.

48.      Abgesehen von dieser eindeutigen Verpflichtung im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer können die Mitgliedstaaten nach Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie über die in dieser Richtlinie vorgesehenen Pflichten hinaus weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu verhindern, solange damit keine weiteren Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung auferlegt werden und soweit sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der verfolgten Ziele notwendig ist(26).

49.      Unabhängig von der Frage, ob zusätzliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Rückverfolgbarkeit von im Lebensmittelsektor tätigen Unternehmen tatsächlich mit Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie vereinbar wären, ergibt sich aus den Antworten der lettischen Regierung auf die vom Gerichtshof in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen, dass die nationalen Rechtsvorschriften keine solchen zusätzlichen Verpflichtungen enthalten.

50.      Was vorgeschlagen wird, ist daher offenbar lediglich eine „Frage der kreativen Auslegung“ ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage im nationalen Recht oder – für diesen Bereich – im Unionsrecht. Soweit es sich um spezifische und ausdrückliche Anforderungen handelt, die sich aus dem Unionsrecht ergeben, werde ich im nächsten Abschnitt auf die Frage zurückkommen, was genau mit Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 gefordert wird(27).

51.      Zweitens ist recht klar, dass jede Regelung, das allgemeine Mehrwertsteuersystem auf der einen Seite und die verschiedenen Instrumente der Lebensmittelregulierung im Binnenmarkt auf der anderen, einem anderen Ziel und einer anderen regulatorischen Logik folgen. Die eine Regelung ist nicht da, um die andere zu stützen. Das gilt auch für die Frage der Sanktionen bei Missachtung eines der beiden Instrumente, die ebenfalls voneinander getrennt sind.

52.      Drittens liegt am Schnittpunkt der beiden vorstehenden Punkte nicht nur die Frage einer möglichen Sanktion in Form einer Verweigerung des Vorsteuerabzugs ohne angemessene Rechtsgrundlage, sondern auch die Gefahr einer tatsächlichen Kumulierung von Sanktionen nach verschiedenen Regelungen. Die von der lettischen und der spanischen Regierung vertretene Auslegung würde nämlich die Verweigerung des Rechts auf Vorsteuerabzug in eine zusätzliche Strafe umwandeln, die im Zusammenhang mit einem von einem Steuerpflichtigen in einem anderen Regelungsbereich begangenen Verstoß steht(28). Mit einem Verstoß gegen die Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 178/2002 sind bereits konkrete Konsequenzen verbunden, wie sich ohne weiteres aus Art. 17 Abs. 2 ergibt, wonach die Mitgliedstaaten Vorschriften für Sanktionen bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht festlegen.

53.      Daneben gibt es ein systematisches Argument, das die von der spanischen und der lettischen Regierung vorgebrachten Argumente meiner Ansicht nach unhaltbar macht. Sollte das Recht auf Vorsteuerabzug von der Existenz und dem Inhalt sektorspezifischer Regulierungen und konkreter Verpflichtungen abhängig gemacht werden, die mit der Mehrwertsteuer nicht im Zusammenhang stehen? Sollten automatisch unterschiedliche Sorgfaltsmaßstäbe gelten, je nachdem, was nach den einzelnen Verträgen verkauft wird? Wäre es dann möglich, dass in einigen Sektoren die Anforderungen noch unter denen liegen, die in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehen sind?

54.      Die systematischen Folgen eines solchen Ansatzes würden das Recht auf Vorsteuerabzug tatsächlich zu einem variablen Recht machen, da die Voraussetzungen für ein solches Recht davon abhängen würden, ob zusätzliche sektorspezifische Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Überprüfung der Vertragspartner bestehen.

55.      Schließlich führt die lettische Regierung für ihre Auffassung die Rechtsprechung des Gerichtshofs an, wonach „die Versagung eines Rechts oder eines Vorteils wegen missbräuchlicher oder betrügerischer Tätigkeiten nur die bloße Folge der Feststellung ist, dass im Fall von Betrug oder Rechtsmissbrauch die objektiven Voraussetzungen für die Erlangung des ersuchten Vorteils in Wirklichkeit nicht erfüllt sind und daher für diese Versagung keine spezielle Rechtsgrundlage erforderlich ist“(29). Zur Entgegnung auf dieses Argument genügt aber die Feststellung, dass sich diese Rechtsprechung auf die in den Besteuerungsregeln enthaltenen objektiven Bedingungen und nicht auf Rechtsinstrumente bezieht, die mit der Regelung der Mehrwertsteuer nicht in Verbindung stehen, wie zum Beispiel die Verordnung Nr. 178/2002.

56.      Im Ergebnis hat der mögliche Verstoß gegen die Verordnung Nr. 178/2002 keine automatische und unmittelbare Konsequenz für das Recht auf Vorsteuerabzug. Die Formulierung „wusste oder hätte wissen müssen“ wird in der Rechtsprechung des Gerichtshofs dazu verwendet, innerhalb des Mehrwertsteuerkontexts einen allgemeinen Sorgfaltsstandard festzulegen. Sie erlaubt es nicht, einen Verstoß gegen irgendeine Verpflichtung, die dem Steuerpflichtigen mit irgendeinem Regulierungsinstrument auferlegt wurde, mit einem Verstoß gegen die im Mehrwertsteuerrecht geltende Sorgfaltspflicht gleichzusetzen.

2.      Ein potenziell zu berücksichtigendes Element

57.      Allerdings können der jeweilige Sektor, in dem ein Steuerpflichtiger tätig ist, und die sektorspezifischen Verpflichtungen, denen er unterliegt, bei der Beurteilung der Frage eine Rolle spielen, ob ein Steuerpflichtiger unter angemessener Berücksichtigung aller relevanten Umstände des jeweiligen Falls hätte wissen müssen, dass er an einem Umsatz beteiligt war, der mit Mehrwertsteuerbetrug verbunden ist.

58.      Wie die Kommission zu Recht geltend macht, können Verstöße gegen die Verpflichtungen aus sektorspezifischen Vorschriften aus dem Lebensmittelrecht nur als ein Element neben anderen objektiven Faktoren betrachtet werden, wenn es darum geht, festzustellen, ob der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einem Vorgang im Zusammenhang mit Mehrwertsteuerbetrug beteiligt war. Wie die Kommission ausführt, ist bei Vorgängen, die die Lebensmittelkette betreffen, ein besonders hohes Maß an Sorgfalt erforderlich.

59.      Vor diesem Hintergrund können sich die nationalen Behörden zusammen mit weiteren relevanten Faktoren auf das Verhalten des Steuerpflichtigen stützen, indem sie auf die spezifischen Verpflichtungen verweisen, die dem regulatorischen Kontext entsprechen, in dem diese Person ihre wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

60.      Aus einem einfachen Grund ist mir trotzdem noch nicht ganz klar, inwiefern eine solche allgemeine Aussage für eine nationale Steuerbehörde hilfreich wäre: Meiner Ansicht nach ist der genaue Anwendungsbereich der Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 enger als von der lettischen Regierung vorgeschlagen.

61.      Art. 18 der Verordnung Nr. 178/2002 und die Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit, die darin enthalten ist, wurden eingeführt, damit „gezielte und präzise Rücknahmen vorgenommen bzw. die Verbraucher oder die Kontrollbediensteten entsprechend informiert und damit womöglich unnötige weiter gehende Eingriffe bei Problemen der Lebensmittelsicherheit vermieden werden können“(30). Aus diesem Grund bestimmt Art. 18 Abs. 2, dass Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer in der Lage sein müssen, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel, Futtermittel, ein der Lebensmittelgewinnung dienendes Tier oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist oder von dem erwartet werden kann, dass er in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet wird, erhalten haben. Die Vorschrift bestimmt weiter, dass sie hierzu Systeme und Verfahren einrichten, mit denen diese Informationen den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitgeteilt werden können.

62.      Wie das vorlegende Gericht richtig bemerkt, wird die mit Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 eingeführte Verpflichtung zur Feststellung nicht weiter ausgeführt. Diese Bestimmung gibt nicht vor, wie die Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden soll. Sie legt nicht fest, welche Maßnahmen Händler ergreifen müssen oder welche Informationen überprüft werden müssen.

63.      Daher muss der Umfang der Verpflichtung wörtlich genommen werden: die Verpflichtung, jede Person festzustellen, von der sie etwas erhalten haben, bedeutet nach meinem Verständnis, die Verpflichtung, in der Lage zu sein, auf Anfrage den individuellen und unmittelbaren Lieferanten, von dem der Händler Lebensmittel erworben hat, festzustellen. Nicht mehr und nicht weniger. Die Fähigkeit zur Feststellung bezieht sich normalerweise auf den Namen und die Adresse der betreffenden Person(31). Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 eine systematische Verpflichtung zur Überprüfung der jeweiligen Registrierung bei den zuständigen Behörden vorschreibt.

64.      Wird die Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit aus Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 als Verpflichtung verstanden, den Namen und die Adresse der unmittelbaren Lieferer festzustellen, so kann ein Verstoß dagegen neben anderen relevanten Faktoren im Rahmen der Gesamtbewertung der von einem Steuerzahler geforderten Sorgfaltspflicht berücksichtigt werden(32).

65.      Zutreffend ist, dass die Angaben, die der Aussteller für die Zwecke der Mehrwertsteuer in die Rechnung aufzunehmen hat, in Bezug auf Name und Anschrift mit den wesentlichen Angaben übereinstimmen, die im Rahmen der Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 zu überprüfen sind, um den unmittelbaren Lieferer in der Lebensmittelkette festzustellen.

66.      Im Einklang mit den im vorangegangenen Abschnitt dieser Schlussanträge dargelegten Erwägungen muss jedoch betont werden, dass diese Übereinstimmung es nicht ermöglicht, die beiden unterschiedlichen Verpflichtungen zusammenzufassen.

67.      In einigen Fällen könnte es plausibel sein, dass ein umsichtiger Lebensmittelunternehmer zusätzliche Überprüfungen zur Feststellung seines Vertragspartners hätte durchführen müssen, um die Anforderung der Rückverfolgbarkeit zu erfüllen, so dass das Versäumnis, dies zu tun, als ein Element berücksichtigt werden könnte, das schließlich zusammen mit anderen Tatsachenfeststellungen zu dem Schluss führt, dass ein solcher Händler von einem Mehrwertsteuerbetrug wusste oder hätte wissen müssen. In anderen Fällen, insbesondere in Ermangelung anderer tatsächlicher Hinweise, wird eine solche Feststellung jedoch nur einen begrenzten oder gar keinen Wert haben: Die Rückverfolgbarkeitsverpflichtung hat per se wenig mit Mehrwertsteuerbetrug zu tun. Mehrwertsteuerbetrug kann von einem Unternehmen begangen werden, das alle Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit ordnungsgemäß erfüllt. Umgekehrt kann auch ein Unternehmen, das in einem bestimmten Fall aus irgendwelchen Gründen die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit nicht erfüllt, unter dem Gesichtspunkt der Mehrwertsteuer trotzdem eine rechtmäßige und legitime Tätigkeit ausüben.

68.      Im Ergebnis kann die Nichteinhaltung des nach der Verordnung Nr. 178/2002 für die Rückverfolgbarkeitsverpflichtung erforderlichen Sorgfaltsmaßstabs für die Verweigerung des Rechts auf Vorsteuerabzug nur relevant sein, wenn sie nach den jeweiligen Umständen einen der objektiven Faktoren darstellt, die darauf hinweisen, dass der Steuerpflichtige trotz der Tatsache, dass der jeweilige Umsatz die objektiven Kriterien für eine „Lieferung von Gegenständen“ erfüllte, wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einem mit einer Steuerhinterziehung verbundenen Umsatz beteiligt war(33).

3.      Zwischenergebnis

69.      Im Ergebnis bin ich der Auffassung, dass die Nichteinhaltung der Rückverfolgbarkeitsverpflichtung nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 nicht automatisch und als einziges entscheidendes Kriterium zu dem Schluss führen kann, dass ein Steuerpflichtiger „hätte wissen müssen“, dass er an einem mit Mehrwertsteuerbetrug verbundenen Umsatz beteiligt war.

70.      Ich schlage daher vor, dass der Gerichtshof die erste Frage dahin beantwortet, dass Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie die nationalen Behörden daran hindert, den Vorsteuerabzug allein aus dem Grund zu versagen, dass ein an der Lebensmittelkette beteiligter Steuerpflichtiger seinen Vertragspartner nicht im Einklang mit der Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit nach Art. 18 der Verordnung Nr. 178/2002 überprüft hat. Die Nichteinhaltung der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Verpflichtungen kann zusammen mit anderen für die Umstände des Einzelfalls relevanten Faktoren im Rahmen der vom vorlegenden Gericht durchzuführenden Gesamtbewertung berücksichtigt werden, um die Sorgfalt eines Steuerpflichtigen zu bewerten.

D.      Zweite Frage: Verpflichtung zur Überprüfung der Registrierung?

71.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 und Art. 31 der Verordnung Nr. 882/2004 einen Vertragspartner, der mit einem Lebensmittelunternehmen kontrahiert, dazu verpflichten, zu prüfen, dass dieses Unternehmen ordnungsgemäß registriert ist. Das vorlegende Gericht möchte außerdem wissen, ob diese Überprüfung für die Feststellung relevant ist, ob dieser Vertragspartner wusste oder hätte wissen müssen, dass er an einem Umsatz mit einem Scheinunternehmen beteiligt war.

72.      Die lettische Regierung erklärt, dass die Wirtschaftsteilnehmer in der Lebensmittelbranche eine höhere Sorgfalt walten lassen müssten, was die Pflicht umfasse, zu überprüfen, dass ihre Geschäftspartner ordnungsgemäß registriert seien. Nach Ansicht der lettischen Regierung ergibt sich diese Verpflichtung der Steuerpflichtigen im Lebensmittelsektor aus Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 und Art. 31 der Verordnung Nr. 882/2004. Danach sei eine solche Überprüfung für die Feststellung relevant, ob ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er es mit einem fiktiven Unternehmen zu tun gehabt habe.

73.      Die Kommission hält es für ausgeschlossen, das Recht auf Vorsteuerabzug von der Bedingung abhängig zu machen, dass die Steuerpflichtigen die Registrierung ihrer Geschäftspartner in den nationalen Registern für Lebensmittelsicherheit überprüfen. Die Kommission schließt sich der Auffassung des vorlegenden Gerichts an, wonach das Fehlen einer Registrierung nicht automatisch zu dem Schluss führt, dass die wirtschaftliche Tätigkeit fiktiv ist oder dass der Geschäftsvorgang nicht mit der Person geschlossen wurde, die in den vorgelegten Dokumenten ausgewiesen ist. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Registrierung eines Geschäftspartners stelle keine Garantie dafür dar, dass der Vorgang nicht betrügerisch sei, da Betrug nicht ausschließlich bei nicht registrierten Unternehmen vorkomme. Gehe ein Steuerpflichtiger jedoch eine vertragliche Beziehung mit einer anderen Partei ein, nachdem er festgestellt habe, dass diese Partei nicht ordnungsgemäß registriert sei, so könne dieser Umstand von den zuständigen Behörden und den nationalen Gerichten berücksichtigt werden.

74.      Ich kann der Kommission nicht zustimmen.

75.      Ungeachtet des (zweifelhaften) Nutzens der Überprüfung eines solchen Registers, um Betrug zu verhindern oder aufzudecken(34), ist der Standpunkt der lettischen Regierung schlicht nicht haltbar. Die Argumente der lettischen Regierung stützen sich auf das angebliche Versäumnis der Rechtsmittelgegnerin, zu überprüfen, ob ihre Vertragspartner der Verpflichtung zur Eintragung in das Lebensmittelregister nachgekommen sind. Abgesehen davon, dass die Überprüfung, ob die Geschäftspartner ihren eigenen sektoralen Registrierungspflichten nachkommen, über die übliche Geschäftspraxis hinausgeht, gibt es keine Rechtsgrundlage für die Auferlegung einer solchen Verpflichtung.

76.      Eine solche Verpflichtung findet weder in der Verordnung Nr. 852/2004 noch in der Verordnung Nr. 882/2004 eine Rechtsgrundlage. Gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 haben die Lebensmittelunternehmer der entsprechenden zuständigen Behörde in der von dieser verlangten Weise die einzelnen ihrer Kontrolle unterstehenden Betriebe, die auf einer der Stufen der Produktion, der Verarbeitung oder des Vertriebs von Lebensmitteln tätig sind, zwecks Registrierung zu melden. In dem vorliegenden Fall würde diese Verpflichtung den Geschäftspartnern der Rechtsmittelgegnerin und nicht der Rechtsmittelgegnerin selbst obliegen.

77.      Die Verordnung Nr. 882/2004 betrifft die amtlichen Kontrollen, die die nationalen Behörden durchführen, um die Einhaltung des Lebensmittelrechts zu überprüfen. Art. 31 dieser Verordnung erlegt ausschließlich den nationalen Behörden Verpflichtungen in Bezug auf das Registrierungsverfahren für Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer auf.

78.      Wie schon in Abschnitt C dieser Schlussanträge dargelegt, folgt die Verpflichtung, zu überprüfen, dass Geschäftspartner ihren eigenen Registrierungspflichten nach dem sektorspezifischen Lebensmittelrecht nachgekommen sind, auch nicht aus der Rückverfolgbarkeitsverpflichtung gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002.

79.      Im Ergebnis ist diese Verpflichtung nicht nur nirgendwo in der Mehrwertsteuerrichtlinie zu finden, sondern sie fehlt auch in der sektorspezifischen Regulierung des Lebensmittelrechts. Im Gegensatz zur Auslegung von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002, bei der noch gewisse, wenn auch begrenzte Zweifel über den genauen Umfang der mit dieser Vorschrift auferlegten Verpflichtung in Bezug auf Frage 1 möglich waren, gibt es keinerlei Anhaltspunkte für die von der lettischen Regierung vorgeschlagene Auslegung in Bezug auf Frage 2.

80.      Es kann nur wiederholt werden, dass aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs eindeutig hervorgeht, dass die Sorgfaltspflicht und das von den Händlern geforderte Maß an Sorgfalt nicht dazu führen dürfen, dass die Zuständigkeit der Behörden zur Durchführung von Kontrollen und Überprüfungen in Bezug auf die sektorspezifischen Registrierungspflichten auf Unternehmen des Sektors verlagert wird, indem ihnen die Pflicht auferlegt wird, dafür zu sorgen, dass die Aussteller der Rechnungen diesen Verpflichtungen nachkommen. Wenn nationale Steuerbehörden, die Unregelmäßigkeiten seitens des Lieferers festgestellt haben, versuchen darzulegen, dass der Empfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug geltend gemachte Umsatz in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, ist es ihnen nicht erlaubt, vom Empfänger ihm nicht obliegende Überprüfungen zu fordern(35).

81.      In Bezug auf die von der Kommission geschilderte Situation, in der ein Steuerpflichtiger Prüfungen von sich aus durchführt und beschließt, sich mit einem Geschäftspartner einzulassen, obwohl er eine Unregelmäßigkeit festgestellt hat, kann diese Erwägung Teil der Gesamtbeurteilung der konkreten Sachverhalte durch die nationalen Gerichte und Behörden sein, um zu beurteilen, ob der Steuerpflichtige von einem Betrug wusste oder hätte wissen müssen.

82.      Daher verpflichten Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 und Art. 31 der Verordnung Nr. 882/2004 einen Lebensmittelunternehmer nicht dazu, die Registrierung seiner Geschäftspartner im betreffenden Lebensmittelregister zu überprüfen. Erst recht ist die Nichtüberprüfung einer Registrierung im Zusammenhang mit dem Recht auf Vorsteuerabzug für die Feststellung unerheblich, ob diese Partei wusste oder hätte wissen müssen, dass sie an einem Umsatz mit einem fiktiven Unternehmen beteiligt war.

V.      Ergebnis

83.      Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen der Augstākā tiesa (Oberstes Gericht, Lettland) wie folgt zu antworten:

1.       Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hindert die nationalen Behörden daran, den Vorsteuerabzug allein aus dem Grund zu versagen, dass ein an der Lebensmittelkette beteiligter Steuerpflichtiger seinen Vertragspartner nicht im Einklang mit der Verpflichtung zur Rückverfolgbarkeit gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit überprüft hat. Die Nichteinhaltung der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Verpflichtungen kann jedoch letztlich zusammen mit anderen für die Umstände des Einzelfalls relevanten Faktoren im Rahmen der vom vorlegenden Gericht durchzuführenden Gesamtbewertung berücksichtigt werden, um die Sorgfalt eines Steuerpflichtigen zu bewerten.

2.       Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene und Art. 31 der Verordnung Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz verpflichten einen Lebensmittelunternehmer nicht dazu, die Registrierung seiner Geschäftspartner im betreffenden Lebensmittelregister zu überprüfen. Die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger nicht geprüft hat, ob ein Vertragspartner in Übereinstimmung mit Art. 6 der Verordnung Nr. 852/2004 registriert ist, ist im Zusammenhang mit Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 nicht für die Prüfung der Frage relevant, ob ein Unternehmen wusste oder hätte wissen müssen, dass es an einem Umsatz mit einem fiktiven Unternehmen beteiligt war.


1       Originalsprache: Englisch.


2       Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).


3       Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. 2002, L 31, S. 1, im Folgenden: Verordnung Nr. 178/2002).


4       Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. 2004, L 139, S. 1, berichtigt in ABl. 2004, L 226, S. 3, und in ABl. 2008, L 46, S. 51, im Folgenden: Verordnung Nr. 852/2004).


5       Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. 2004, L 165, S. 1, berichtigt in ABl. 2004, L 191, S. 1, im Folgenden: Verordnung Nr. 882/2004).


6       Urteil vom 15. September 2016, Senatex (C-518/14, EU:C:2016:691‚ Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).


7       Urteil vom 6. September 2012, Tóth (C-324/11, EU:C:2012:549‚ Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8       Urteil vom 22. Oktober 2015, PPUH Stehcemp (C-277/14, EU:C:2015:719, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9       Urteil vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446‚ Rn. 45 und 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10       Urteile vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446‚ Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 19. Oktober 2017, Paper Consult (C-101/16, EU:C:2017:775‚ Rn. 43).


11       Urteil vom 18. Juli 2013, Evita-K (C-78/12, EU:C:2013:486‚ Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12       Urteil vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446‚ Rn. 56).


13       Urteil vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446‚ Rn. 57).


14       Urteil vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid (C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373‚ Rn. 49).


15       Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. Januar 2013, Stroy trans (C-642/11, EU:C:2013:54‚ Rn. 50), und vom 19. Oktober 2017, Paper Consult (C-101/16, EU:C:2017:775‚ Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16       Urteil vom 22. Oktober 2015, PPUH Stehcemp (C-277/14, EU:C:2015:719‚ Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).


17       Urteile vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid (C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373‚ Rn. 61), und vom 31. Januar 2013, LVK (C-643/11, EU:C:2013:55‚ Rn. 61).


18       Urteil vom 18. Juli 2013, Evita-K (C-78/12, EU:C:2013:486‚ Rn. 42), in dem es um die Frage ging, welche Bedeutung es für das Abzugsrecht hat, wenn der Aussteller der Rechnung keine von ihm stammenden Dokumente vorlegt, in der die Ohrmarken von Tieren genannt werden, die dem Kennzeichnungs- und Registrierungssystem gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl. 2000, L 204, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. 2006, L 363, S. 1) geänderten Fassung unterliegen.


19       Urteil vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid (C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373‚ Rn. 53, und die dort angeführte Rechtsprechung).


20       Urteil vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid (C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373‚ Rn. 59).


21       Urteil vom 14. Juni 2017, Santogal M-Comércio e Reparparação de Automóveis (C-26/16, EU:C:2017:453‚ Rn. 74).


22       Urteil vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid (C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373‚ Rn. 60).


23       Urteil vom 22. Oktober 2015, PPUH Stehcemp (C-277/14, EU:C:2015:719‚ Rn. 52, und die dort angeführte Rechtsprechung).


24       Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juni 1999, Coffeeshop „Siberië“ (C-158/98, EU:C:1999:334‚ Rn. 21 und 22), und vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446‚ Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25       Urteil vom 29. Juni 1999 (C-158/98, EU:C:1999:334).


26       Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 2017, Paper Consult (C-101/16, EU:C:2017:775‚ Rn. 49 und 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27       Unten, Nrn. 60 bis 63.


28       Argumentum ad absurdum: Warum eigentlich dort stehen bleiben? Sollte ein mutmaßlicher Sorgfaltspflichtverstoß eines Unternehmens in einem Sektor oder Bereich seiner Tätigkeit (Lebensmittelversorgung) nicht auch darüber bestimmen, ob das Unternehmen nach anderen Regelungen mit Bezug zu öffentlichen Mitteln oder sogar privaten Mitteln wie ein „sorgfältiges Unternehmen“ gehandelt hat?


29       Urteil vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C-251/16, EU:C:2017:881‚ Rn. 32).


30       28. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 178/2002.


31       Diese Auslegung wird bestätigt in „Guidance on the implementation of Articles 11, 12, 14, 17, 18 19 and 20 of Regulation No 178/2002“, angenommen vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit der Kommission. In Bezug auf Art. 18 deutet dieser Leitfaden darauf hin, dass die Lebensmittelunternehmer über ein System verfügen müssen, das es ihnen ermöglicht, die unmittelbaren Lieferer und die unmittelbaren Abnehmer ihrer Produkte festzustellen. Bei den zu erfassenden Informationen, werden der Name und die Anschrift des Lieferers genannt.


32       Umgekehrt können die strengeren Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 931/2011 der Kommission vom 19. September 2011 über die mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Rückverfolgbarkeitsanforderungen an Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. 2011, L 242, S. 2), die die Verpflichtung enthält, auch den Eigentümer der Erzeugnisse festzustellen, nicht einschlägig sein, um zu beurteilen, ob der Steuerpflichtige im vorliegenden Fall mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt hat, da diese Verpflichtungen nur Lebensmittel tierischen Ursprungs betreffen.


33       Urteil vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling (C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446‚ Rn. 59).


34       Die abschließende Bemerkung in Bezug auf die Rückverfolgbarkeit in Nr. 67 gilt hier erst recht.


35       Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2015, PPUH Stehcemp (C-277/14, EU:C:2015:719‚ Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).