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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 22. Oktober 2020(1)

Rechtssache C-593/19

SK Telecom Co. Ltd

gegen

Finanzamt Graz-Stadt

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzgerichts [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112 – Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Nichtbesteuerung – Art. 59a – Telekommunikationssektor – Mobilfunk – Roamingleistungen – Drittstaatsangehörige, die sich vorübergehend im Gebiet eines Mitgliedstaats aufhalten – Leistungsort – Möglichkeit der Verlagerung dieses Ortes in das Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats – Erfordernis einer tatsächlichen Nutzung oder Auswertung im Gebiet des Mitgliedstaats – Fall einer Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrung – Irrelevanz der steuerlichen Behandlung im Drittland“






I.      Einleitung

1.        Mit Entscheidung vom 29. Juli 2019, die am 5. August 2019 beim Gerichtshof eingegangen ist, hat das Bundesfinanzgericht (Österreich) den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Auslegung von Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112(2) ersucht.

2.        Das Vorabentscheidungsersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SK Telecom Co. Ltd, einer Gesellschaft mit Sitz in Südkorea, und dem Finanzamt Graz-Stadt (Österreich) (im Folgenden: Finanzamt) über die steuerliche Behandlung von Roamingleistungen, die diese Gesellschaft an Nutzer, die in Südkorea ansässig sind, sich aber vorübergehend in Österreich aufhalten, in der Form erbringt, dass sie ihnen Zugang zu einem Mobilfunknetz in Österreich verschafft.

3.        Mit den Vorlagefragen soll geklärt werden, ob die genannte Bestimmung es der Republik Österreich gestattet, den Ort solcher Roamingleistungen in ihr Gebiet zu verlagern, mit der Folge, dass sie der österreichischen Mehrwertsteuer unterliegen.

4.        Im Folgenden werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, diese Fragen zu bejahen.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

5.        Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen im Jahr 2011 erbracht wurden, ist auf den Ausgangsrechtsstreit die Richtlinie 2006/112 in der zuletzt durch die Richtlinie 2010/88 – deren Umsetzungsfrist nach ihrem Art. 2 am 1. Januar 2011 abgelaufen ist – geänderten Fassung anwendbar(3).

6.        Die Richtlinie 2006/112 enthält einen Titel V („Ort des steuerbaren Umsatzes“). In diesem Titel V ist Kapitel 3 dem „Ort der Dienstleistung“ gewidmet. Dieses Kapitel 3 enthält einen Abschnitt 3 („Besondere Bestimmungen“). Die Art. 59, 59a und 59b der Richtlinie 2006/112 gehören zu diesem Abschnitt 3(4).

7.        Der im Unterabschnitt 9 („Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige außerhalb der [Union]“) enthaltene Art. 59 dieser Richtlinie bestimmt:

„Als Ort der folgenden Dienstleistungen an einen Nichtsteuerpflichtigen, der außerhalb der [Union] ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der [Union] hat, gilt der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat:

...

i)      Telekommunikationsdienstleistungen;

...“

8.        Die Art. 59a und 59b der Richtlinie 2006/112 finden sich ihrerseits in Unterabschnitt 10 („Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Nichtbesteuerung“).

9.        In Art. 59a dieser Richtlinie heißt es:

„Um Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten bei Dienstleistungen, deren Erbringungsort sich gemäß den Artikeln 44, 45, 56 und 59 bestimmt,

a)      den Ort einer oder aller dieser Dienstleistungen, der in ihrem Gebiet liegt, so behandeln, als läge er außerhalb der [Union], wenn die tatsächliche Nutzung oder Auswertung außerhalb der [Union] erfolgt;

b)      den Ort einer oder aller dieser Dienstleistungen, der außerhalb der [Union] liegt, so behandeln, als läge er in ihrem Gebiet, wenn in ihrem Gebiet die tatsächliche Nutzung oder Auswertung erfolgt.

Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für elektronisch erbrachte Dienstleistungen, wenn diese Dienstleistungen für nicht in der [Union] ansässige Nichtsteuerpflichtige erbracht werden.“

10.      Art. 59b dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten wenden Artikel 59a [Absatz 1] Buchstabe b auf Telekommunikationsdienstleistungen und auf die in Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe j genannten Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an, die von einem Steuerpflichtigen, der den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der [Union] hat, an Nichtsteuerpflichtige erbracht werden, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind oder dort ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben.“

B.      Österreichisches Recht

11.      § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 (BGBl. Nr. 663/1994, im Folgenden: UStG 1994) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (BGBl. I Nr. 34/2010) bestimmt:

„ ...

(13)      Die im Abs. 14 bezeichneten sonstigen Leistungen werden ausgeführt:

a)      Ist der Empfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im [Union]sgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Drittlandsgebiet ausgeführt;

...

(14)      Sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 13 sind:

...

12.      die Telekommunikationsdienste;

...

(16)      Der Bundesminister für Finanzen kann, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich nach Abs. 6, 7, 12 oder 13 lit. a bestimmt, der Ort der sonstigen Leistung danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach

1.      statt im Inland als im Drittlandsgebiet gelegen und

2.      statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden. Das gilt nicht für Leistungen im Sinne des Abs. 14 Z 14, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, der keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im [Union]sgebiet hat.“

12.      Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen (BGBl. II Nr. 383/2003) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (BGBl. II Nr. 221/2009) lautet:

„Auf Grund des § 3a Abs. 10 Z 13 und 14 sowie Abs. 13 des [UStG] 1994 ... in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 wird verordnet:

§ 1 Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des [UStG] 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des [UStG] 1994 außerhalb des [Union]sgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.

§ 2. Als Telekommunikationsdienste gelten solche Dienstleistungen, mit denen Übertragung, Ausstrahlung oder Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien gewährleistet werden; dazu gehören auch die Abtretung und Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang.“

III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

13.      SK Telecom ist ein in Südkorea ansässiges Mobilfunkunternehmen.

14.      Im Jahr 2011 stellte SK Telecom einigen ihrer Kunden, die ebenfalls in Südkorea ansässig waren und sich vorübergehend in Österreich aufhielten, Mobilfunkdienstleistungen zur Verfügung.

15.      Um diesen Kunden während des Aufenthalts in Österreich die Benutzung von Mobiltelefonen zu ermöglichen, stellte ein österreichischer Netzbetreiber SK Telecom sein Netz gegen Verrechnung von Benutzungsgebühren plus österreichische Mehrwertsteuer (20 %) zur Verfügung.

16.      SK Telecom wiederum verrechnete ihren Kunden für die Nutzung des österreichischen Netzes Roaming-Gebühren.

17.      SK Telecom stellte daraufhin einen Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer, die ihr vom österreichischen Netzbetreiber in Rechnung gestellt worden war.

18.      Das Finanzamt versagte die Erstattung. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die von SK Telecom ihren Kunden verrechneten Roaming-Gebühren gemäß der österreichischen Verordnung über die Verlagerung des Leistungsorts in Österreich mehrwertsteuerpflichtig seien, weil die entsprechenden Telekommunikationsdienstleistungen in Südkorea keiner der österreichischen Mehrwertsteuer vergleichbaren Steuer unterlägen. Da SK Telecom in Österreich steuerpflichtige Umsätze durchgeführt habe, stehe ihr die Erstattung der bezahlten Mehrwertsteuer im vereinfachten Erstattungsverfahren nicht zu.

19.      Da die von SK Telecom beim Finanzamt eingebrachte Beschwerde abgewiesen wurde, stellte sie einen Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

20.      Das Bundesfinanzgericht, das in der vorliegenden Rechtssache das vorlegende Gericht ist, gab der Beschwerde von SK Telecom statt. Es wies darauf hin, dass es seine Entscheidung nicht auf eine etwaige vergleichbare Besteuerung im Drittland gestützt habe, sondern auf die Unionswidrigkeit der Verordnung über die Verlagerung des Leistungsorts, nach der sich der Ort der Erbringung der Roamingleistungen von SK Telecom in Österreich befinde.

21.      Aus den Art. 59a und 59b der Richtlinie 2006/112 ergebe sich, dass ein Mitgliedstaat eine Verlagerung des Leistungsorts in sein Gebiet nur auf Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige mit Ansässigkeit in der Union anwenden dürfe.

22.      In der Praxis bedeute diese Auslegung, dass die von SK Telecom erbrachte Dienstleistung, ihren in Südkorea ansässigen Kunden die Nutzung ihres Mobilfunkvertrags in Österreich unter Nutzung des österreichischen Mobilfunknetzes zu ermöglichen, keinen in Österreich steuerbaren Umsatz darstelle. SK Telecom könne daher die ihr vom österreichischen Netzbetreiber in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge unter Anwendung des vereinfachten Erstattungsverfahrens geltend machen.

23.      Das Finanzamt brachte gegen die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof (Österreich) ein, der diese daraufhin mit Erkenntnis vom 13. September 2018 aufhob.

24.      Während Art. 59b der Richtlinie 2006/112 dem Verwaltungsgerichtshof zufolge eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vorschreibt, in denen ein in einem Drittland ansässiges Unternehmen Telekommunikationsdienstleistungen an in einem Mitgliedstaat ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringe, sehe Art. 59a dieser Richtlinie für alle nicht von Art. 59b der Richtlinie erfassten Fälle eine fakultative Leistungsortverlagerung vor.

25.      Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs hat der österreichische Verordnungsgeber entgegen der Auffassung des Bundesfinanzgerichts berechtigterweise von der in Art. 59a der Richtlinie 2006/112 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem er die österreichische Verordnung über die Verlagerung des Leistungsorts erlassen habe.

26.      Das aufgrund der Zurückverweisung durch den Verwaltungsgerichtshof befasste Bundesfinanzgericht hat noch Zweifel an der Vereinbarkeit dieser nationalen Regelung mit Art. 59a der Richtlinie 2006/112.

27.      Unter diesen Umständen hat das Bundesfinanzgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass die Inanspruchnahme von Roaming in einem Mitgliedstaat in Form des Zugriffs auf das inländische Mobilfunknetz zur Herstellung von ein- und ausgehenden Verbindungen durch einen sich vorübergehend im Inland aufhaltenden, „nichtsteuerpflichtigen Endkunden“ ein „Nutzen und Verwerten“ im Inland darstellt, das zur Verlagerung des Leistungsorts aus dem Drittland in diesen Mitgliedstaat berechtigt, obwohl sowohl der leistende Mobilfunkbetreiber als auch der Endkunde nicht im Unionsgebiet ansässig sind und der Endkunde auch keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Unionsgebiet hat?

2.      Ist Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass der Ort von Telekommunikationsdienstleistungen wie in Frage 1 beschrieben, die nach Art. 59 dieser Richtlinie außerhalb der Union liegen, in das Gebiet eines Mitgliedstaats verlagert werden kann, obwohl sowohl der leistende Mobilfunkbetreiber als auch der Endkunde nicht im Unionsgebiet ansässig sind und der Endkunde auch keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Unionsgebiet hat, nur weil die Telekommunikationsdienstleistungen im Drittland keiner der unionsrechtlichen Mehrwertsteuer vergleichbaren Abgabe unterliegen?

28.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 5. August 2019 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.

29.      SK Telecom, die österreichische und die spanische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

IV.    Würdigung

30.      Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass ein Mitgliedstaat den Ort von Roamingleistungen, die die Nutzung eines in diesem Mitgliedstaat bestehenden Mobilfunknetzes ermöglichen, in sein Gebiet verlagern kann, wenn diese Roamingleistungen von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an Nutzer erbracht werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Drittland haben, sich aber vorübergehend im Gebiet des Mitgliedstaats aufhalten.

31.      Nach einer Darstellung der praktischen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache und des Zusammenhangs zwischen den Art. 59, 59a und 59b der Richtlinie 2006/112 werde ich die Gründe darlegen, aus denen ich der Ansicht bin, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts zu bejahen sind.

A.      Zur praktischen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache

32.      Bevor ich mit der Prüfung dieser beiden Fragen beginne, möchte ich jeglichen Zweifel ausräumen, der an der praktischen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache bestehen mag.

33.      Eine Roamingleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende umfasst für Mehrwertsteuerzwecke zwei Dienstleistungen.

34.      Die erste Dienstleistung betrifft nur Telekommunikationsunternehmen, nicht aber Telefonnutzer (Verhältnis „Business-to-business“ oder „B2B“). Ein im Roamingland (Österreich) tätiger Netzbetreiber öffnet gegen Zahlung einer Gebühr sein Netz für einen im Herkunftsland ansässigen Mobilfunkbetreiber (SK Telecom mit Sitz in Südkorea).

35.      Die zweite Dienstleistung betrifft das Verhältnis zwischen dem Mobilfunkbetreiber des Herkunftslands (SK Telecom) und den Telefonnutzern, die seine Dienste vertraglich in Anspruch nehmen (Verhältnis „Business-to-consumer“ oder „B2C“). Dieser Betreiber „untervermietet“ sozusagen den Netzzugang, den er zuvor im Rahmen der ersten Leistung erhalten hatte, an Nutzer, die sich im Roamingland (Österreich) aufhalten.

36.      Zwar beziehen sich die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen nur auf diese zweite Dienstleistung (zwischen SK Telecom und ihren Vertragskunden), genauer genommen auf den Leistungsort, jedoch traten diese Fragen anlässlich eines Erstattungsantrags auf, der von SK Telecom in Bezug auf die erste Leistung (zwischen SK Telecom und dem österreichischen Netzbetreiber) gestellt wurde.

37.      Der österreichische Netzbetreiber erhob nämlich bei der ersten Dienstleistung die österreichische Mehrwertsteuer. SK Telecom stellte einen Antrag auf Erstattung der österreichischen Mehrwertsteuer. Das Finanzamt versagte die Erstattung, weil auch die zweite Dienstleistung der österreichischen Mehrwertsteuer unterliege.

38.      Abhängig von den Antworten des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen kann der Ausgangsrechtsstreit – wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat – auf zwei Arten beendet werden:

–        Entweder befindet sich der Ort der zweiten Dienstleistung in Österreich. In diesem Fall muss SK Telecom für die ihren Vertragskunden verrechneten Beträge die österreichische Mehrwertsteuer entrichten, wobei sie die für die erste Leistung gezahlte österreichische Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehen kann.

–        Oder der Ort der zweiten Dienstleistung befindet sich in Südkorea. In diesem Fall wird für diese Leistung keine österreichische Mehrwertsteuer geschuldet, und SK Telecom hat Anspruch auf Erstattung der für die erste Leistung gezahlten Vorsteuer.

39.      Die Kommission hat Bedenken gegen die Erhebung der österreichischen Mehrwertsteuer auf die erste Dienstleistung geäußert. Sie hat ausgeführt, nach der allgemeinen Regel des Art. 44 der Richtlinie 2006/112 sei der Ort einer Dienstleistung zwischen Steuerpflichtigen (Verhältnis „B2B“) der Ort, an dem der Empfänger der Dienstleistung den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit habe, was im Fall von SK Telecom Südkorea sei(5).

40.      Meines Erachtens braucht sich der Gerichtshof mit dieser Problematik nicht zu befassen, da er zum einen zur ersten Dienstleistung nicht befragt wurde und zum anderen das Vorabentscheidungsersuchen hierzu keine Erläuterungen enthält.

41.      Jedenfalls ändert diese Ungewissheit in Bezug auf die Besteuerung der ersten Dienstleistung in Österreich nichts an der Relevanz der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen, da es von den Antworten des Gerichtshofs auf diese Fragen abhängt, ob die zweite Dienstleistung der österreichischen Mehrwertsteuer unterliegt.

42.      Schließlich hat SK Telecom vorgetragen, dass es „wirklichkeitsfremd“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs(6) wäre, wenn man die einzelnen von derselben SIM-Karte ausgehenden Verbindungen aufspaltete. Demnach seien die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Roamingleistungen Teil einer einheitlichen Mobilfunkdienstleistung an ihre Nutzer, die in Südkorea erbracht werde und in der Union nicht der Mehrwertsteuer unterliege.

43.      Dieses Vorbringen überzeugt mich nicht. Ich weise darauf hin, dass im Hinblick auf die Mehrwertsteuer jede Leistung in der Regel als eigene und selbständige Leistung zu betrachten ist(7). Wenn der Steuerpflichtige zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, sind diese mehrwertsteuerrechtlich somit nur dann als einheitliche Leistung anzusehen, wenn sie so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre(8).

44.      Roamingleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die darin bestehen, in einem anderen Land als dem Herkunftsland Zugang zu einem Mobilfunknetz zu bieten, lassen sich aber objektiv von den Mobilfunkdienstleistungen trennen, die im Herkunftsland erbracht werden.

45.      Wie die spanische Regierung zutreffend ausgeführt hat, werden in der Praxis in den an die Nutzer gerichteten Rechnungen die Roamingleistungen üblicherweise getrennt vom Zugang zum lokalen Netz ausgewiesen. In diesen Rechnungen werden u. a. die Anzahl der eingehenden und der ausgehenden Anrufe sowie die im Netz des bereisten Staates mit Hilfe des Roaming verbrauchten Daten angegeben. Roaming ist also, auch wenn der Kunde hierfür einen Vertrag mit einem Betreiber seines Herkunftslands benötigt, eine von den Leistungen des Betreibers an seine Kunden für deren Zugang zum lokalen Netz verschiedene Leistung und nicht etwa akzessorisch zu diesen.

B.      Zum Zusammenhang zwischen den Art. 59, 59a und 59b der Richtlinie 2006/112

46.      Die Art. 59, 59a und 59b der Richtlinie 2006/112 enthalten besondere Anknüpfungskriterien für den Ort bestimmter Dienstleistungen(9).

47.      Zunächst ist festzuhalten, dass das vorlegende Gericht zu Recht von der Prämisse ausgeht, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Roamingleistungen „Telekommunikationsdienstleistungen“ im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie(10) darstellen. Diese Prämisse wurde von keinem der Beteiligten, die beim Gerichtshof Erklärungen eingereicht haben, bestritten.

48.      Mangels einer Ausnahme nach Art. 59a der Richtlinie 2006/112 im nationalem Recht ergibt sich aus Art. 59 Buchst. i dieser Richtlinie, dass als Ort von Telekommunikationsdienstleistungen an einen Nichtsteuerpflichtigen, der außerhalb der Union ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der Union hat, der Ort gilt, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, d. h. ein Ort außerhalb der Union.

49.      Vereinfacht ausgedrückt, sieht diese Bestimmung vor, dass Telekommunikationsdienstleistungen, die an Nichtsteuerpflichtige mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Union erbracht werden, nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.

50.      Art. 59a der Richtlinie 2006/112 eröffnet den Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen von diesem Grundsatz abzuweichen, indem sie den Ort dieser Dienstleistungen in ihr Gebiet verlagern.

51.      Aus dem Vorabentscheidungsersuchen sowie aus den Erklärungen der österreichischen Regierung und der Kommission geht hervor, dass die Republik Österreich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, indem sie die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung erlassen hat(11).

52.      Ich weise darauf hin, dass Art. 59b der Richtlinie 2006/112 diese Verlagerung des Ortes von Telekommunikationsdienstleistungen zwingend vorschreibt, wenn diese an Nichtsteuerpflichtige erbracht werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort innerhalb der Union haben. Die letztgenannte Voraussetzung ist in Bezug auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen nicht erfüllt, da sie an Personen erbracht werden, die zwar nicht steuerpflichtig sind, aber ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Union, nämlich in Südkorea, haben. Daher ist diese Bestimmung – wie die spanische Regierung und die Kommission zutreffend ausgeführt haben – für die Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts nicht relevant.

53.      Außerdem weise ich darauf hin, dass der Anwendungsbereich des durch Art. 59a der Richtlinie 2006/112 eröffneten Wahlrechts – wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat – weiter ist als jener der Verpflichtung nach Art. 59b dieser Richtlinie. Mit anderen Worten ist, wie sich aus dem Wortlaut dieser beiden Bestimmungen ergibt, die den Mitgliedstaaten durch Art. 59a der Richtlinie eröffnete Möglichkeit nicht auf die in Art. 59b der Richtlinie genannten Fälle beschränkt.

54.      Vor diesem Hintergrund sind zur Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts die Voraussetzungen zu prüfen, unter denen ein Mitgliedstaat von der durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen kann, den Ort bestimmter Dienstleistungen, insbesondere der Telekommunikation, in sein Gebiet zu verlagern.

55.      Insoweit sind zwei Voraussetzungen zu unterscheiden.

56.      Erstens muss „die tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ der Dienstleistungen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats erfolgen. Diese Voraussetzung ist Gegenstand der ersten Frage des vorlegenden Gerichts.

57.      Zweitens können die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, „um Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden“. Diese Voraussetzung ist Gegenstand der zweiten Frage.

C.      Zum Erfordernis einer tatsächlichen Nutzung oder Auswertung der Dienstleistungen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats (erste Frage)

58.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass Roamingleistungen, die die Nutzung eines in einem Mitgliedstaat bestehenden Mobilfunknetzes ermöglichen und von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an Nutzer erbracht werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Drittland haben, sich aber vorübergehend im Gebiet des Mitgliedstaats aufhalten, als „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Gebiet des Mitgliedstaats anzusehen sind.

59.      Die österreichische und die spanische Regierung sowie die Kommission schlagen im Gegensatz zu SK Telecom vor, diese Frage zu bejahen.

60.      Vor der Beantwortung dieser Frage muss ich leider – wie auch schon SK Telecom – auf etwas überraschende Inkohärenzen zwischen den Sprachfassungen des Ausdrucks „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ in Art. 59a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 hinweisen. Je nachdem, welche Sprachfassung man heranzieht, umfasst dieser Ausdruck nämlich entweder die „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ oder aber die „tatsächliche Nutzung und Auswertung“.

61.      Dieser Ausdruck geht zurück auf den früheren Art. 9 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG(12). Bereits diese Bestimmung war in den verschiedenen Sprachfassungen insofern uneinheitlich formuliert, als teils das Bindewort „oder“ und teils das Bindewort „und“ verwendet wurde(13). Ich weise darauf hin, dass diese Bestimmung vom Gerichtshof im Urteil Athesia Druck – das Leistungen auf dem Gebiet der Werbung betraf – ausgelegt worden ist, ohne dass darin jedoch auf die Problematik der voneinander abweichenden Sprachfassungen eingegangen wurde(14).

62.      In ihrem Vorschlag für eine Neufassung der Sechsten Richtlinie 77/388, der zur Annahme der Richtlinie 2006/112 führen sollte, scheint mir die Kommission eine Harmonisierung aller Sprachfassungen vorgeschlagen zu haben, indem sie die Verwendung des Bindeworts „oder“ befürwortete(15).

63.      Merkwürdigerweise gewann das „oder“-Lager bei der Annahme der Richtlinie 2006/112 zwar entsprechend dem Vorschlag der Kommission viele Befürworter, errang aber keinen vollständigen Sieg. Denn die englische, die niederländische und die schwedische Sprachfassung von Art. 58 (späterer Art. 59a) dieser Richtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung blieben dem „und“-Lager treu(16).

64.      Um das Ganze noch zu verkomplizieren, wurden mit der Annahme der Richtlinie 2008/8 mehrere Sprachfassungen – u. a. die italienische und die portugiesische Sprachfassung – ins „und“-Lager verschoben. Somit verteilen sich die Sprachfassungen von Art. 59a (ehemals Art. 58) der Richtlinie 2006/112 nunmehr auf ein „oder“-Lager und ein „und“-Lager(17).

65.      Ich weise darauf hin, dass diese Diskrepanz weiterhin besteht, also auch noch in der durch die Richtlinie (EU) 2020/285(18) geänderten Fassung der genannten Richtlinie.

66.      Meines Erachtens ist es im Interesse der Rechtssicherheit unumgänglich, diese Diskrepanz zwischen den Sprachfassungen von Art. 59a der Richtlinie 2006/112 aufzulösen.

67.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs – insbesondere zum Mehrwertsteuerrecht – müssen die Bestimmungen des Unionsrechts im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Rechtstexts der Union voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört(19).

68.      Nach dieser Rechtsprechung gibt es meines Erachtens vier Gründe für eine Auslegung von Art. 59a der Richtlinie 2006/112 dahin, dass er eine tatsächliche Nutzung oder Auswertung der betreffenden Dienstleistungen im Gebiet des Mitgliedstaats verlangt.

69.      Erstens entspricht diese Auslegung dem ausdrücklichen Willen der Kommission zum Zeitpunkt ihres Vorschlags für eine Neufassung der Sechsten Richtlinie 77/388, alle Sprachfassungen zugunsten des Ausdrucks „die tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ zu harmonisieren, wie ich in Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe. Mir scheint, dass der Unionsgesetzgeber – d. h. im Fall dieser Richtlinie der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament – diesem Willen nicht widersprochen hat, so dass das Fortbestehen der Diskrepanz zwischen den Sprachfassungen das Ergebnis etwas unglücklicher Übersetzungen dieses Ausdrucks sein könnte.

70.      Zweitens entspricht diese Auslegung dem Willen des Unionsgesetzgebers, als Ort der Dienstleistungen grundsätzlich den Ort zu bestimmen, an dem der tatsächliche Verbrauch erfolgt(20). Wie die österreichische Regierung zutreffend festgestellt hat, entspricht dieser Wille darüber hinaus dem vom Mehrwertsteuerausschuss (im Folgenden auch: MwSt-Ausschuss) hierzu vertretenen Standpunkt(21): „Der MwSt-Ausschuss ist fast einstimmig der Auffassung, dass als Ort der tatsächlichen Nutzung und Auswertung von Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und elektronischen Dienstleistungen der Ort gelten soll, an dem der Dienstleistungsempfänger die für ihn erbrachte Dienstleistung tatsächlich nutzen kann. In der Regel ist dies der Ort, an de[m] die Dienstleistung erbracht wird.“

71.      Drittens ist diese Auslegung wegen des Verhältnisses zwischen den Begriffen „Nutzung“ und „Auswertung“ semantisch geboten. Die Académie française definiert „exploitation“ (Auswertung) als „die Handlung, einen Gegenstand auszuwerten, zu verwerten, zu verwalten, um daraus Gewinn zu erzielen“. Gemäß dieser üblichen Definition scheint es mir nicht möglich zu sein, einen Vermögenswert auszuwerten, ohne ihn zu nutzen. Mit anderen Worten setzt jede Auswertung eine Nutzung voraus, wobei Letztere eine allgemeinere Bedeutung hat.

72.      Daher hätte das Wort „Nutzung“ im Ausdruck „tatsächliche Nutzung und Auswertung“ (der stets eine Auswertung erfordern würde) keine praktische Wirksamkeit, sehr wohl aber im Ausdruck „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ (der sich entweder auf die bloße Nutzung oder auf die Auswertung beziehen würde).

73.      Viertens schließlich ergibt sich die Auslegung zugunsten des Ausdrucks „Nutzung oder Auswertung“ aus dem Kontext, in den sich Art. 59a der Richtlinie 2006/112 einfügt. Der Begriff „Auswertung“ hat eine wirtschaftliche Konnotation, wie die oben angeführte Definition der Académie française zeigt. Nach Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie begründet aber jede wirtschaftliche Tätigkeit, von Ausnahmen abgesehen, die Mehrwertsteuerpflicht. Daher würde der Ausdruck „tatsächliche Nutzung und Auswertung“ wohl dazu führen, an Nichtsteuerpflichtige erbrachte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich des Art. 59a dieser Richtlinie auszuschließen, da Nichtsteuerpflichtige die betreffenden Dienstleistungen nicht „auswerten“.

74.      Eine solche Auslegung wäre aus mindestens zwei Gründen mit dem Regelungszusammenhang, in dem diese Bestimmung steht, unvereinbar. Zum einen schließt Art. 59a Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 gezielt bestimmte Dienstleistungen, die an Nichtsteuerpflichtige erbracht werden, von ihrem Anwendungsbereich aus, was logischerweise bedeutet, dass solche Dienstleistungen grundsätzlich unter diese Bestimmung fallen. Zum anderen erlaubt Art. 59a den Mitgliedstaaten, von Art. 59 dieser Richtlinie abzuweichen, der sich ausschließlich auf Dienstleistungen bezieht, die an Nichtsteuerpflichtige erbracht werden.

75.      Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Art. 59a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 unbestritten Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige abdeckt. Nichtsteuerpflichtige „werten“ die an sie erbrachten Dienstleistungen jedoch nicht „aus“, was eine wirtschaftliche Tätigkeit implizieren würde, sondern „nutzen“ sie lediglich. Folglich ist diese Bestimmung notwendigerweise dahin auszulegen, dass sie „die tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ von Dienstleistungen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats verlangt.

76.      Aus dem Vorstehenden schließe ich, dass Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er die tatsächliche Nutzung oder Auswertung von Dienstleistungen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats verlangt.

77.      Meines Erachtens besteht aber kein Zweifel daran, dass Roamingleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats tatsächlich genutzt werden.

78.      Ich weise darauf hin, dass sich diese Roamingleistungen lediglich auf die Nutzung eines im betreffenden Mitgliedstaat bestehenden Mobilfunknetzes durch Nutzer beziehen, die sich vorübergehend in diesem Mitgliedstaat – d. h. im Ausgangsverfahren in Österreich – aufhalten, also ohne den Teil der Telekommunikationsdienstleistungen, der die Nutzung eines Mobilfunknetzes im Herkunftsdrittland – d. h. im Ausgangsverfahren in Südkorea – umfasst(22).

79.      Drei Aspekte sprechen meines Erachtens stark für eine tatsächliche Nutzung der Roamingleistungen im betreffenden Mitgliedstaat.

80.      Erstens befindet sich das genutzte Mobilfunknetz in diesem Mitgliedstaat. Zweitens halten sich die Nutzer, denen Zugang zu diesem Netz gewährt wird, vorübergehend in diesem Mitgliedstaat auf. Drittens können solche Roamingleistungen – wie die spanische Regierung angemerkt hat – nur im Gebiet dieses Mitgliedstaats in Anspruch genommen werden. Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens begehren in Südkorea ansässige Nutzer nämlich nur deshalb Zugang zu einem österreichischen Mobilfunknetz, weil sie sich im österreichischen Gebiet aufhalten.

81.      Außerdem erfolgt – wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat – der Zugang koreanischer Kunden zum österreichischen Mobilfunknetz in gleicher Weise wie der Zugang eines österreichischen Kunden zu diesem Netz, was ein klares Indiz für eine tatsächliche Nutzung in Österreich ist.

82.      Ich bin daher davon überzeugt, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen tatsächlich im österreichischen Gebiet genutzt werden.

83.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage wie folgt zu beantworten: Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die die Nutzung eines in einem Mitgliedstaat bestehenden Mobilfunknetzes ermöglichen und von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an Nutzer erbracht werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Drittland haben, sich aber vorübergehend im Gebiet des Mitgliedstaats aufhalten, als „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Gebiet des Mitgliedstaats anzusehen sind.

D.      Zum Erfordernis der Vermeidung von Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen (zweite Frage)

84.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass das Erfordernis der Vermeidung von „Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen“ erfüllt ist, wenn Roamingleistungen wie die in der ersten Frage beschriebenen im betreffenden Drittland keiner der Mehrwertsteuer vergleichbaren Steuer unterliegen.

85.      Im Einklang mit dem Vorbringen des vorlegenden Gerichts selbst sowie der spanischen Regierung und der Kommission vertrete ich die Auffassung, dass die etwaige Besteuerung im betreffenden Drittland – d. h. im Ausgangsverfahren in Südkorea – für die Anwendung dieser Bestimmung nicht relevant ist.

86.      Jede andere Auslegung liefe nämlich darauf hinaus, die Anwendung harmonisierter Steuervorschriften auf Unionsebene von der steuerlichen Behandlung in einem Drittland abhängig zu machen. Obwohl eine solche Unterordnung an sich nicht undenkbar ist, muss sie meines Erachtens auf einer ausdrücklichen und eindeutigen Entscheidung des Unionsgesetzgebers beruhen. Dies ist jedoch bei Art. 59a der Richtlinie 2006/112, der Drittländer nicht erwähnt, nicht der Fall.

87.      Diese Auslegung wird gestützt durch den vom Mehrwertsteuerausschuss hierzu vertretenen Standpunkt(23): „Der MwSt-Ausschuss ist einstimmig der Auffassung, dass die Inanspruchnahme der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, in ihrem Gebiet tatsächlich genutzte und ausgewertete Dienstleistungen zu besteuern, nicht davon abhängt, welcher steuerlichen Behandlung die Dienstleistungen außerhalb der Gemeinschaft unterliegen. Insbesondere soll die Tatsache, dass eine Dienstleistung in einem Drittland nach den dort gültigen Vorschriften besteuert wird, einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, diese Dienstleistung zu besteuern, wenn die tatsächliche Nutzung und Auswertung in seinem Gebiet erfolgt.“

88.      Der Ausdruck „Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen“ bezieht sich in Wahrheit auf die steuerliche Behandlung auf Unionsebene. Mit anderen Worten setzt die Inanspruchnahme der durch Art. 59a der Richtlinie 2006/112 eröffneten Möglichkeiten durch einen Mitgliedstaat voraus, dass ein Fall von Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrung auf Unionsebene vorliegt.

89.      Was insbesondere Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 betrifft, ist offensichtlich, dass die Inanspruchnahme dieser Bestimmung nicht mit dem Willen gerechtfertigt werden kann, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, da sie in der Praxis darauf hinausläuft, die fragliche Dienstleistung im betreffenden Mitgliedstaat zu besteuern.

90.      Dagegen kann die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit durch den Willen gerechtfertigt sein, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen in der Union zu vermeiden.

91.      Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, dass die fraglichen Roamingleistungen in einem anderen Mitgliedstaat nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Daher ist der Rückgriff der Republik Österreich auf Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112, um den Ort solcher Dienstleistungen in ihr Gebiet zu verlagern, mit der Folge, dass sie der österreichischen Mehrwertsteuer unterliegen, durch den Willen gerechtfertigt, eine Nichtbesteuerung in der Union zu vermeiden.

92.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, die zweite Frage wie folgt zu beantworten: Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass das Erfordernis der Vermeidung von „Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen“ erfüllt ist, wenn Roamingleistungen wie die in der ersten Frage beschriebenen in der Union nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, was einen Fall der Nichtbesteuerung im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Dagegen ist es für die Anwendung dieser Bestimmung irrelevant, wie sich die steuerliche Behandlung in einem Drittland gestaltet.

V.      Ergebnis

93.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Bundesfinanzgerichts (Österreich) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die die Nutzung eines in einem Mitgliedstaat bestehenden Mobilfunknetzes ermöglichen und von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an Nutzer erbracht werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Drittland haben, sich aber vorübergehend im Gebiet des Mitgliedstaats aufhalten, als „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Gebiet des Mitgliedstaats anzusehen sind.

2.      Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/88 geänderten Fassung ist zudem dahin auszulegen, dass das Erfordernis der Vermeidung von „Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen“ erfüllt ist, wenn Roamingleistungen wie die in der ersten Frage beschriebenen in der Union nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, was einen Fall der Nichtbesteuerung im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Dagegen ist es für die Anwendung dieser Bestimmung irrelevant, wie sich die steuerliche Behandlung in einem Drittland gestaltet.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 (ABl. 2010, L 326, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2006/112).


3      Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 zur Änderung der Richtlinie 2006/112 (ABl. 2010, L 326, S. 1). Ich weise noch darauf hin, dass die Bestimmungen, deren Auslegung für die Beantwortung der Vorlagefragen erforderlich ist, insbesondere Art. 59a der Richtlinie 2006/112, zuletzt durch Art. 2 der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112 (ABl. 2008, L 44, S. 11) geändert worden waren.


4      Ich weise darauf hin, dass diese Bestimmungen gemäß Art. 5 der Richtlinie 2008/8 mit Wirkung vom 1. Januar 2015 wesentlich geändert wurden, insbesondere durch die Streichung von Art. 59 Abs. 1 Buchst. i, Art. 59a Abs. 2 und Art. 59b der Richtlinie 2006/112.


5      Wenn – wie die Kommission annimmt – die österreichische Mehrwertsteuer irrtümlich auf diese erste Dienstleistung erhoben wurde, hat SK Telecom selbstverständlich Anspruch auf Erstattung dieser zu Unrecht erhobenen Steuer. Ich weise darauf hin, dass sich dieser Fall von dem oben in Nr. 38 erwähnten Verfahren der „Erstattung“ der Mehrwertsteuer unterscheidet, da dieses Verfahren eine Mehrwertsteuer betrifft, die an sich ordnungsgemäß erhoben wurde, deren Erstattung SK Telecom aber beantragen kann, wenn sie in Österreich keine steuerbaren Umsätze getätigt hat.


6      Vgl. u. a. Urteile vom 25. Februar 1999, CPP (C-349/96, EU:C:1999:93, Rn. 26 bis 32), vom 27. September 2012, Field Fisher Waterhouse (C-392/11, EU:C:2012:597, Rn. 13 bis 28), und vom 27. Juni 2013, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland (C-155/12, EU:C:2013:434, Rn. 19 bis 26).


7      Vgl. u. a. Urteil vom 27. September 2012, Field Fisher Waterhouse (C-392/11, EU:C:2012:597, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8      Vgl. u. a. Urteil vom 27. Juni 2013, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland (C-155/12, EU:C:2013:434, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Nach ständiger Rechtsprechung enthalten die Art. 44 und 45 der Richtlinie 2006/112 eine allgemeine Regel für die Bestimmung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen, während die Art. 46 bis 59a dieser Richtlinie eine Reihe besonderer Anknüpfungspunkte vorsehen. Die Art. 44 und 45 der Richtlinie 2006/112 haben keinen Vorrang vor den Art. 46 bis 59a dieser Richtlinie. In jedem Einzelfall ist zu fragen, ob er einem der in den Art. 46 bis 59a der Richtlinie genannten Fälle entspricht. Anderenfalls fällt er unter die Art. 44 und 45 der Richtlinie 2006/112 (vgl. u. a. Urteile vom 8. Dezember 2016, A und B, C-453/15, EU:C:2016:933, Rn. 18, vom 13. März 2019, Srf konsulterna, C-647/17, EU:C:2019:195, Rn. 20 und 21, sowie vom 2. Juli 2020, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Hostingdienste in einem Rechenzentrum], C-215/19, EU:C:2020:518, Rn. 51 und 54).


10      Als Telekommunikationsdienstleistung gelten nach dieser Bestimmung „Dienstleistungen zum Zweck der Übertragung, Ausstrahlung oder des Empfangs von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder andere elektromagnetische Medien, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Abtretung oder Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang, einschließlich der Bereitstellung des Zugangs zu globalen Informationsnetzen“.


11      Vgl. Nr. 12 der vorliegenden Schlussanträge.


12      Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1).


13      Die folgenden Sprachfassungen verwendeten das Bindewort „und“: vgl. u. a. die französische („l’utilisation et l’exploitation effectives“), die englische („effective use and enjoyment“), die italienische („l’effettiva utilizzazione e l’effettivo impiego“), die spanische („la utilización y la explotación efectivas“), die niederländische („het werkelijke gebruik en de werkelijke exploitatie“), die portugiesische („a utilização e a exploração efectivas“) und die schwedische („den egentliga användningen och utnyttjandet“) Sprachfassung. Die folgenden Sprachfassungen verwendeten das Bindewort „oder“: vgl. u. a. die deutsche („tatsächliche Nutzung oder Auswertung“) und die dänische („faktiske benyttelse eller udnyttelse“) Sprachfassung.


14      Urteil vom 19. Februar 2009 (C-1/08, EU:C:2009:108, Rn. 28 bis 33).


15      Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, KOM(2004) 246 endgültig, 15. April 2004, Art. 58. Vgl. u. a. die englische („effective use or enjoyment“), die deutsche („tatsächliche Nutzung oder Auswertung“), die dänische („faktiske benyttelse eller udnyttelse“), die französische („l’utilisation ou l’exploitation effectives“), die italienische („l’effettiva utilizzazione o l’effettivo impiego“), die spanische („la utilización o la explotación efectivas“), die niederländische („het werkelijke gebruik of de werkelijke exploitatie“), die portugiesische („a utilização ou a exploração efectivas“) und die schwedische („den egentliga användningen eller det egentliga utnyttjandet“) Sprachfassung.


16      Zu den das Bindewort „und“ verwendenden Sprachfassungen vgl. u. a. die englische („effective use and enjoyment“), die niederländische („het werkelijke gebruik en de werkelijke exploitatie“) und die schwedische („den faktiska användningen och det faktiska utnyttjandet“) Sprachfassung. Zu den das Bindewort „oder“ verwendenden Sprachfassungen vgl. u. a. die deutsche („tatsächliche Nutzung oder Auswertung“), die dänische („faktiske benyttelse eller udnyttelse“), die französische („l'utilisation ou l'exploitation effectives“), die italienische („l'effettiva utilizzazione o l'effettivo impiego“), die spanische („la utilización o la explotación efectivas“) und die portugiesische („a utilização ou a exploração efectivas“) Sprachfassung.


17      Zu den das Bindewort „und“ verwendenden Sprachfassungen vgl. u. a. die englische („effective use and enjoyment“), die italienische („l'effettiva utilizzazione e l'effettiva fruizione“), die niederländische („het werkelijke gebruik en de werkelijke exploitatie“), die portugiesische („a utilização e a exploração efectivas“) und die schwedische („den faktiska användningen och det faktiska utnyttjandet“) Sprachfassung. Zu den das Bindewort „oder“ verwendenden Sprachfassungen vgl. u. a. die deutsche („tatsächliche Nutzung oder Auswertung“), die dänische („faktiske benyttelse eller udnyttelse“), die französische („l'utilisation ou l'exploitation effectives“) und die spanische („la utilización o la explotación efectivas“) Sprachfassung.


18      Richtlinie des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112 (ABl. 2020, L 62, S. 13). Diese Richtlinie ist gemäß ihrem Art. 3 Abs. 1 ab dem 1. Januar 2025 anzuwenden.


19      Vgl. u. a. Urteile vom 26. September 2013, Kommission/Finnland (C-309/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:610, Rn. 49), und vom 12. Oktober 2017, Lombard Ingatlan Lízing (C-404/16, EU:C:2017:759, Rn. 21).


20      Vgl. hierzu den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/8: „Alle Dienstleistungen sollten grundsätzlich an dem Ort besteuert werden, an dem der tatsächliche Verbrauch erfolgt. ...“. Vgl. auch Urteil vom 13. März 2019, Srf konsulterna (C-647/17, EU:C:2019:195, Rn. 29). Der Vollständigkeit halber weise ich noch darauf hin, dass durch die Richtlinie 2008/8 das System, das sich aus der Richtlinie 1999/59/EG des Rates vom 17. Juni 1999 zur Änderung der Sechsten Richtlinie 77/388 (ABl. 1999, L 162, S. 63) ergab, grundlegend geändert worden ist. Folglich ist das auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 1999/59 gestützte Vorbringen von SK Telecom für die vorliegende Rechtssache nicht relevant.


21      Mehrwertsteuerausschuss, Leitlinien aus der 89. Sitzung vom 30. September 2009, Dokument B, Taxud.D.1(2010)176579, Nr. 645, abrufbar unter der Adresse https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/guidelines-vat-committee-meetings_de.pdf.


22      Vgl. Nr. 35 der vorliegenden Schlussanträge.


23      Mehrwertsteuerausschuss, Leitlinien aus der 89. Sitzung vom 30. September 2009, Dokument B, Taxud.D.1(2010)176579, Nr. 645, abrufbar unter der Adresse https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/guidelines-vat-committee-meetings_de.pdf.