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Rechtssache C-310/09

Ministre du Budget, des Comptes publics et de la Fonction publique

gegen

Accor SA

(Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Frankreich])

„Freier Kapitalverkehr – Steuerliche Behandlung von Dividenden – Nationale Regelung, nach der für Dividenden, die von gebietsansässigen Tochtergesellschaften einer Muttergesellschaft ausgeschüttet werden, eine Steuergutschrift erteilt wird – Verweigerung der Steuergutschrift für von gebietsfremden Tochtergesellschaften ausgeschüttete Dividenden – Weiterverteilung der Dividenden durch die Muttergesellschaft an deren Anteilseigner – Anrechnung der Steuergutschrift auf den von der Muttergesellschaft bei der Weiterverteilung geschuldeten Steuervorabzug – Verweigerung der Erstattung des von der Muttergesellschaft entrichteten Steuervorabzugs – Ungerechtfertigte Bereicherung – Für die Besteuerung der gebietsfremden Tochtergesellschaften verlangte Nachweise“

Leitsätze des Urteils

1.        Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Freier Kapitalverkehr – Steuerrecht – Körperschaftsteuer

(Art. 49 AEUV und 63 AEUV)

2.        Unionsrecht – Unmittelbare Wirkung – Mit dem Unionsrecht unvereinbare nationale Abgaben – Erstattung – Verweigerung – Voraussetzung – Unmittelbar auf den Erwerber abgewälzte Abgabe

3.        Freier Kapitalverkehr – Beschränkungen – Steuerrecht – Besteuerung von Dividenden

(Art. 63 AEUV)

1.        Die Art. 49 AEUV und 63 AEUV stehen die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bezweckenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, wonach eine Muttergesellschaft auf den Steuervorabzug, den sie bei der Weiterverteilung der von ihren Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden an ihre Anteilseigner zu entrichten hat, die Steuergutschrift anrechnen kann, die mit der Ausschüttung dieser Dividenden verbunden ist, sofern diese von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, wonach dieses Recht jedoch nicht besteht, wenn diese Dividenden von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, da diese Rechtsvorschriften in diesem Fall nicht zur Erteilung einer mit der Ausschüttung dieser Dividenden durch diese Tochtergesellschaft verbundenen Steuergutschrift berechtigen.

(vgl. Randnr. 69, Tenor 1)

2.        Führt eine die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bezweckende nationale Steuerregelung als solche nicht dazu, dass der Steuerschuldner die von ihm ohne rechtlichen Grund entrichtete Steuer auf einen Dritten abwälzt, so verwehrt es das Unionsrecht dem betreffenden Mitgliedstaat, die Erstattung der von einer Muttergesellschaft gezahlten Beträge mit der Begründung abzulehnen, dass entweder diese Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Muttergesellschaft führen würde oder dass der von dieser abgeführte Betrag für sie keine buchhalterische oder steuerliche Belastung darstelle, sondern auf die Gesamtheit der für die Weiterverteilung an ihre Anteilseigner in Betracht kommenden Beträge angerechnet werde.

Die einzige Ausnahme vom Recht auf Erstattung von unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Abgaben betrifft den Fall, in dem eine zu Unrecht erhobene Abgabe unmittelbar vom Abgabenpflichtigen auf den Erwerber abgewälzt wurde.

(vgl. Randnrn. 74, 76, Tenor 2)

3.        Nach den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ist es nicht unzulässig, dass die Erstattung der Beträge an eine Muttergesellschaft, die sicherstellen soll, dass die von deren in einem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden und die von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden, die jeweils von der Muttergesellschaft weiterverteilt werden, steuerlich gleichbehandelt werden, davon abhängig gemacht wird, dass der Steuerschuldner die Angaben macht, über die nur er verfügt und die sich hinsichtlich jeder streitigen Dividende insbesondere auf den tatsächlich angewandten Steuersatz und auf den Steuerbetrag beziehen, der tatsächlich auf die von den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften des Steuerschuldners erwirtschafteten Gewinne entrichtet wurde, während für im genannten Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaften solche Angaben, die der Verwaltung bekannt sind, nicht verlangt werden. Die Vorlage der genannten Angaben kann jedoch nur verlangt werden, sofern es sich, insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der genannten Mitgliedstaaten über die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Eintragung der zu zahlenden Körperschaftsteuer sowie die Aufbewahrung von Verwaltungsunterlagen, nicht als praktisch unmöglich oder als zu schwierig erweist, den Nachweis der Zahlung der Steuer durch die in den anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften zu erbringen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

(vgl. Randnr. 102, Tenor 3)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

15. September 2011(*)

„Freier Kapitalverkehr – Steuerliche Behandlung von Dividenden – Nationale Regelung, nach der für Dividenden, die von gebietsansässigen Tochtergesellschaften einer Muttergesellschaft ausgeschüttet werden, eine Steuergutschrift erteilt wird – Verweigerung der Steuergutschrift für von gebietsfremden Tochtergesellschaften ausgeschüttete Dividenden – Weiterverteilung der Dividenden durch die Muttergesellschaft an deren Anteilseigner – Anrechnung der Steuergutschrift auf den von der Muttergesellschaft bei der Weiterverteilung geschuldeten Steuervorabzug – Verweigerung der Erstattung des von der Muttergesellschaft entrichteten Steuervorabzugs – Ungerechtfertigte Bereicherung – Für die Besteuerung der gebietsfremden Tochtergesellschaften verlangte Nachweise“

In der Rechtssache C-310/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Conseil d’État (Frankreich) mit Entscheidung vom 3. Juli 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 4. August 2009, in dem Verfahren

Ministre du Budget, des Comptes publics et de la Fonction publique

gegen

Accor SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Ilešič, E. Levits (Berichterstatter) und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Accor SA, vertreten durch J.-P. Hordies, B. Boutemy und C. Smits, avocats,

–        der französischen Regierung, vertreten durch E. Belliard, G. de Bergues, J.-S. Pilczer und B. Beaupère-Manokha als Bevollmächtigte,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Hathaway als Bevollmächtigten im Beistand von K. Bacon, Barrister,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und J.-P. Keppenne als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Dezember 2010

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG und 56 EG.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ministre du Budget, des Comptes public et de la Fonction publique (Minister für den Haushalt, die öffentliche Rechnungsführung und den öffentlichen Dienst) und der Accor SA (im Folgenden: Accor) über deren Antrag auf Erstattung des von ihr für die Jahre 1999 bis 2001 entrichteten Steuervorabzugs für Mobilien („précompte mobilier“).

 Rechtlicher Rahmen

3        Art. 145 des Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch, im Folgenden: CGI) in der Fassung der Loi n° 88-1149 de Finances pour 1989 (Gesetz Nr. 88-1149 über den Haushalt für 1989) vom 23. Dezember 1988 (JORF vom 28. Dezember 1988, S. 16320) bestimmte:

„(1)      Die in den Art. 146 und 216 niedergelegte Steuerregelung für Muttergesellschaften ist anwendbar auf Gesellschaften und sonstige Einrichtungen, die der Körperschaftsteuer zum Normalsatz unterliegen und Beteiligungen halten, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

b)      Beträgt der Einstandspreis für die an der emittierenden Gesellschaft gehaltene Beteiligung weniger als 150 Mio FRF, müssen die Beteiligungstitel mindestens 10 % des Kapitals der emittierenden Gesellschaft entsprechen; dieser Einstandspreis und dieser prozentuale Anteil sind zum Zeitpunkt der Ausschüttung der Erträge aus der Beteiligung zu ermitteln. …

…“

4        Durch die Loi n° 2000-1352 de Finances pour 2001 (Gesetz Nr. 2000-1352 über den Haushalt für 2001) vom 30. Dezember 2000 (JORF vom 31. Dezember 2000, S. 21119) wurde die in Art. 145 Abs. 1 Buchst. b CGI festgelegte Untergrenze abgeändert, nach dessen vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 geltenden Fassung die Beteiligungstitel mindestens 5 % des Kapitals der emittierenden Gesellschaft entsprechen mussten.

5        Art. 146 Abs. 2 CGI in der in den im Ausgangsverfahren fraglichen Steuerjahren geltenden Fassung sah vor:

„Führt die Weiterverteilung durch eine Muttergesellschaft zum Steuervorabzug nach Art. 223sexies, wird dieser Vorabzug gegebenenfalls um den Betrag der Steuergutschriften gemindert, die auf die … Erträge aus Beteiligungen entfallen, die innerhalb der letzten höchstens fünf abgeschlossenen Rechnungsjahre eingenommen wurden.“

6        Art. 158bis Abs. 1 CGI in der in den im Ausgangsverfahren fraglichen Steuerjahren geltenden Fassung bestimmte:

„Personen, die von französischen Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden beziehen, verfügen insoweit über ein Einkommen bestehend aus

a)      den Beträgen, die sie von der Gesellschaft erhalten,

b)      einer Steuergutschrift, die von der Staatskasse in Form eines Guthabens bereitgestellt wurde.

Diese Steuergutschrift entspricht der Hälfte der von der Gesellschaft tatsächlich ausgeschütteten Beträge.

Die Gutschrift kann nur insoweit verwendet werden, als das Einkommen in die Bemessungsgrundlage für die vom Empfänger geschuldete Einkommensteuer einbezogen ist.

Sie wird auf diese Steuer angerechnet.

Natürlichen Personen wird die Steuergutschrift erstattet, soweit ihr Betrag den von den Betreffenden geschuldeten Steuerbetrag übersteigt.“

7        Art. 216 Abs. 1 CGI sah vor:

„Die im Laufe eines Geschäftsjahres von einer Muttergesellschaft erzielten Nettoerträge aus Beteiligungen, die zur Anwendung der Regelung für Muttergesellschaften berechtigen …, können … vom Gesamtnettogewinn der Muttergesellschaft abgezogen werden …“

8        Art. 223sexies Abs. 1 Unterabs. 1 CGI in der Fassung, die auf Ausschüttungen ab 1. Januar 1999 anwendbar war, bestimmte:

„[Stammen] die von einer Gesellschaft ausgeschütteten Erträge aus Beträgen …, in Bezug auf die die Gesellschaft nicht der Körperschaftsteuer zum Normalsatz unterlag …, hat sie einen Steuervorabzug in Höhe der nach Art. 158bis Abs. 1 berechneten Steuergutschrift zu leisten. Der Vorabzug wird unabhängig von den Empfängern der Ausschüttungen auf diejenigen Ausschüttungen geschuldet, die zu der Steuergutschrift nach Art. 158bis berechtigen.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass Accor in den Jahren 1998 bis 2000 Dividendenzahlungen von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften erhalten hatte und bei der Weiterverteilung dieser Dividenden für die Jahre 1999 bis 2001 einen Steuervorabzug für Mobilien in Höhe von 323 279 053 FRF, 359 183 404 FRF bzw. 341 261 380 FRF nach Art. 146 Abs. 2 in Verbindung mit den Art. 158bis und 223sexies CGI entrichtete.

10      Mit Einspruch vom 21. Dezember 2001 beantragte Accor die Erstattung dieses Steuervorabzugs mit der Begründung, dass diese Bestimmungen des CGI mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar seien. Gegen die Zurückweisung ihres Einspruchs erhob sie Klage beim Tribunal administratif de Versailles, das ihrem Antrag mit Urteil vom 21. Dezember 2006 in vollem Umfang stattgab.

11      Nach Zurückweisung seines gegen dieses Urteil eingelegten Rechtsmittels durch das Urteil der Cour administrative d’appel de Versailles vom 20. Mai 2008 legte der Ministre du Budget, des Comptes publics et de la Fonction publique gegen das Rechtsmittelurteil Kassationsbeschwerde beim Conseil d’État ein.

12      Der Conseil d’État stellt fest, dass nach Art. 216 CGI eine französische Muttergesellschaft wegen der Dividenden, die sie von ihren Tochtergesellschaften erhalte, unabhängig vom Niederlassungsort dieser Tochtergesellschaften – und vorbehaltlich eines Anteils für Ausgaben und Aufwendungen – nicht der Körperschaftsteuer unterliege. Bei der Weiterverteilung dieser Dividenden an ihre eigenen Anteilseigner habe die Muttergesellschaft zudem nach Art. 223sexies CGI einen entsprechenden Steuervorabzug zu entrichten, gleichgültig, woher die an sie ausgeschütteten, von ihr weiterverteilten Dividenden stammten. Der Mechanismus des Steuervorabzugs selbst beeinträchtige daher nicht die Grundsätze des freien Kapitalverkehrs oder der Niederlassungsfreiheit.

13      Die Steuergutschrift, die der Muttergesellschaft nach Art. 158bis CGI wegen der Dividenden erteilt werde, die eine ihrer in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften an sie ausgeschüttet habe, werde nach Art. 146 Abs. 2 CGI auf den Betrag des bei der Weiterverteilung der genannten Dividenden an die Anteilseigner geschuldeten Steuervorabzugs angerechnet. Dagegen stehe Art. 158bis CGI der Erteilung einer Steuergutschrift an eine Muttergesellschaft wegen Dividenden, die von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaften stammten, und damit auch einer Anrechnung auf den Steuervorabzug entgegen, der bei der Weiterverteilung dieser Dividenden durch die Muttergesellschaft fällig werde. Da für Dividenden, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammten, keine den fälligen Steuervorabzug mindernde Steuergutschrift erteilt werde, mindere die Entrichtung dieses auf alle zur Verteilung stehenden Beträge angerechneten Steuervorabzugs durch die Muttergesellschaft die weiterverteilten Dividendenbeträge entsprechend.

14      In diesem Kontext hat der Conseil d’État das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.       a)     Sind die Art. 56 EG und 43 EG dahin gehend auszulegen, dass sie einer die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bezweckenden Steuerregelung,

–      nach der eine Muttergesellschaft auf den Vorabzug, der bei der Weiterverteilung der von ihren Tochtergesellschaften an sie ausgeschütteten Dividenden an ihre Anteilseigner fällig wird, die Steuergutschrift anrechnen kann, die mit der Ausschüttung dieser Dividenden verbunden ist, sofern sie von einer in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaft stammen,

–      nach der diese Anrechnung jedoch nicht für Dividenden möglich ist, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, da diese Regelung in diesem Fall nicht zur Erteilung einer mit der Ausschüttung dieser Dividenden durch diese Tochtergesellschaft verbundenen Steuergutschrift berechtigt, deshalb entgegenstehen, weil diese Regelung als solche in Bezug auf die Muttergesellschaft gegen die Grundsätze der Kapitalverkehrsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit verstößt?

         b)     Für den Fall der Verneinung von Buchst. a dieser Frage: Sind diese Artikel dahin gehend auszulegen, dass sie dieser Regelung dennoch entgegenstehen, weil auch die Situation der Anteilseigner zu berücksichtigen ist, da die Höhe der von den Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft ausgeschütteten und von dieser an ihre Anteilseigner weiterverteilten Dividenden wegen der Zahlung des Vorabzugs je nachdem, ob sich der Ort der Niederlassung dieser Tochtergesellschaften in Frankreich oder in anderen Mitgliedstaaten befindet, unterschiedlich ist, so dass diese Regelung Anteilseigner von Investitionen in diese Muttergesellschaft abschrecken, die Beschaffung von Kapital durch diese Gesellschaft somit beeinträchtigen und diese Gesellschaft davon abhalten kann, Kapital in in anderen Mitgliedstaaten als Frankreich niedergelassene Tochtergesellschaften zu investieren oder in diesen Mitgliedstaaten Tochtergesellschaften zu gründen?

2.      Für den Fall der Bejahung von Buchst. a und b der ersten Frage und einer Auslegung der Art. 56 EG und 43 EG dahin gehend, dass sie einer Steuerregelung über den Vorabzug wie der vorliegend beschriebenen entgegenstehen und dass die Verwaltung infolgedessen grundsätzlich verpflichtet ist, die auf der Grundlage dieser Regelung eingenommenen Beträge zurückzuerstatten, soweit bei dieser Vereinnahmung gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen wurde: Steht das Gemeinschaftsrecht im Rahmen einer solchen Regelung, die als solche nicht dazu führt, dass der Steuerschuldner eine Steuerlast auf einen Dritten abwälzt, dem entgegen,

         a)     dass die Verwaltung die Rückzahlung der von der Muttergesellschaft entrichteten Beträge mit der Begründung verweigern kann, dass diese Erstattung zu deren ungerechtfertigter Bereicherung führen würde,

         b)     und dass, wenn dies nicht der Fall ist, gegen die Anordnung der Erstattung dieses Betrags an die Muttergesellschaft der Umstand ins Feld geführt werden könnte, dass der von dieser abgeführte Betrag für sie keine buchhalterische oder steuerliche Belastung darstellt, sondern lediglich auf die Gesamtheit der für die Weiterverteilung an ihre Anteilseigner in Betracht kommenden Beträge angerechnet wird?

3.      Unter Berücksichtigung der Antworten auf die erste und die zweite Frage: Stehen die gemeinschaftlichen Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dem entgegen, dass die Erstattung der Beträge, die sicherstellen soll, dass die zur Weiterverteilung durch die Muttergesellschaft stehenden Dividenden steuerlich gleichbehandelt werden, und zwar unabhängig davon, ob diese Dividenden aus von ihren in Frankreich oder von ihren in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Beträgen stammen, gegebenenfalls vorbehaltlich von Vereinbarungen eines zwischen der Französischen Republik und dem Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft anwendbaren bilateralen Abkommens über den Austausch von Informationen, davon abhängig gemacht wird, dass der Steuerschuldner die Angaben macht, über die nur er verfügt und die sich hinsichtlich jeder streitigen Dividende insbesondere auf den tatsächlich angewandten Steuersatz und auf den Steuerbetrag beziehen, der tatsächlich auf die von den in anderen Mitgliedstaaten als Frankreich niedergelassenen Tochtergesellschaften des Steuerschuldners erwirtschafteten Gewinne entrichtet wurde, während die der Verwaltung bekannten Nachweise betreffend in Frankreich ansässige Tochtergesellschaften nicht verlangt werden?

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung

15      Mit am 7. Januar bzw. 2. Februar 2011 eingereichten Schriftsätzen haben Accor und die französische Regierung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt.

16      Accor hat dazu geltend gemacht, der Generalanwalt habe sich in den Nrn. 73 ff. seiner Schlussanträge auf Gründe aus dem Urteil vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C-446/04, Slg. 2006, I-11753), berufen, die von den Parteien nicht erörtert worden seien.

17      Die französische Regierung hat ihrerseits den Wunsch geäußert, im Rahmen einer zweiten Sitzung auf das Vorbringen zurückzukommen, wonach der kombinierte Mechanismus der Steuergutschrift und des Steuervorabzugs, um den es im Ausgangsverfahren gehe, nur für die Anteilseigner zu einer Beschränkung des freien Kapitalsverkehrs hätte führen können; dieses Vorbringen sei in Randnr. 82 ihrer schriftlichen Erklärungen enthalten und in den Schlussanträgen des Generalanwalts geprüft worden.

18      Weiter hat die französische Regierung geltend gemacht, die Schlussanträge des Generalanwalts enthielten Ausführungen, die das innerstaatliche französische Recht nicht vollständig berücksichtigten. So sei erstens das Vermögen einer Gesellschaft von demjenigen ihrer Anteilseigner verschieden, während der Generalanwalt im Rahmen der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage die Auffassung vertrete, dass die einer Gesellschaft gewährte Erstattung des Steuervorabzugs mittelbar deren Anteilseignern zugute komme. Zweitens sei die Auffassung unzutreffend, dass den Anteilseignern nach französischem Verfahrensrecht keine Erstattungsklage zu Gebote stehe; das Bestehen einer solchen Klagemöglichkeit, die zu der Möglichkeit der Erhebung einer Haftungsklage hinzutrete, fließe vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aus der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Steuern zu erstatten.

19      Dazu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Gerichtshof gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung von Amts wegen auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen kann, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht (vgl. Urteile vom 26. Juni 2008, Burda, C-284/06, Slg. 2008, I-4571, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 16. Dezember 2010, Stichting Natuur en Milieu u. a., C-266/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 27).

20      Dagegen sehen die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und seine Verfahrensordnung für die Parteien nicht die Möglichkeit vor, zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Stellung zu nehmen (vgl. Urteil Stichting Natuur en Milieu u. a., Randnr. 28).

21      Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof der Auffassung, dass er über sämtliche Informationen verfügt, die er für die Beantwortung der Vorlagefragen benötigt, und dass diese Informationen in den vor ihm abgegebenen Erklärungen erörtert worden sind.

22      Die Anträge auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sind daher zurückzuweisen.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

23      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 49 AEUV und 63 AEUV die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bezweckenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach eine Muttergesellschaft auf den Steuervorabzug, den sie bei der Weiterverteilung der von ihren Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden an ihre Anteilseigner zu entrichten hat, die Steuergutschrift anrechnen kann, die mit der Ausschüttung dieser Dividenden verbunden ist, sofern diese von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, wonach dieses Recht jedoch nicht besteht, wenn diese Dividenden von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, da diese Rechtsvorschriften in diesem Fall nicht zur Erteilung einer mit der Ausschüttung dieser Dividenden durch diese Tochtergesellschaft verbundenen Steuergutschrift berechtigen.

24      Mit Buchst. a seiner ersten Frage begehrt das vorlegende Gericht vom Gerichtshof Aufschluss darüber, ob solche Rechtsvorschriften in Bezug auf die Muttergesellschaft eine Beschränkung der Verkehrsfreiheiten darstellen können.

25      Mit Buchst. b seiner ersten Frage möchte es für den Fall einer Verneinung von Buchst. a dieser Frage wissen, ob die Art. 49 AEUV und 63 AEUV diesen Rechtsvorschriften dennoch entgegenstehen, weil auch die Situation der Anteilseigner zu berücksichtigen sei.

26      Zwar ist Buchst. b der ersten Frage nur für den Fall einer Verneinung von Buchst. a dieser Frage gestellt worden, doch ist festzustellen, dass die Frage nach der Zweckmäßigkeit einer Berücksichtigung der Situation der Anteilseigner im Hinblick auf eine Prüfung des Bestehens einer Beschränkung bei der Muttergesellschaft aufgeworfen worden ist.

27      Das vorlegende Gericht fragt nämlich, ob die Art. 49 AEUV und 63 AEUV Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen deshalb entgegenstehen, weil sie Anteilseigner von Investitionen in das Kapital der Muttergesellschaft abschreckten, folglich die Beschaffung von Kapital durch diese Gesellschaft beeinträchtigten und damit geeignet seien, diese Gesellschaft davon abzuhalten, Kapital in in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Tochtergesellschaften zu investieren oder in diesen Mitgliedstaaten Tochtergesellschaften zu gründen.

28      Die beiden Teile der ersten Frage sind mithin gemeinsam zu beantworten.

 Zu der einschlägigen Freiheit

29      Da das vorlegende Gericht seine erste Frage sowohl in Bezug auf Art. 49 AEUV als auch auf Art. 63 AEUV gestellt hat, ist vorab zu klären, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche die in diesen Artikeln garantierten Freiheiten beeinträchtigen kann.

30      Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Behandlung von Dividenden unter Art. 49 AEUV über die Niederlassungsfreiheit und unter Art. 63 AEUV über den freien Kapitalverkehr fallen kann (Urteil vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, C-436/08 und C-437/08, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Bei der Beantwortung der Frage, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere Verkehrsfreiheit fällt, ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Dazu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, unter die Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit fällt (vgl. Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 37, und vom 21. Oktober 2010, Idryma Typou, C-81/09, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 47). Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen (Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall war die im Ausgangsverfahren fragliche Steuerregelung nach Art. 145 CGI in den Jahren 1999 und 2000 auf Gesellschaften anwendbar, die mindestens 10 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaften hielten. Diese Untergrenze der Beteiligung wurde für das Jahr 2001 auf 5 % des Kapitals der Tochtergesellschaft gesenkt.

34      Daraus folgt, dass die im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Rechtsvorschriften nicht nur auf Gesellschaften anwendbar waren, die Dividenden auf der Grundlage einer Beteiligung erhielten, die einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der ausschüttenden Tochtergesellschaft verleiht und es ermöglicht, deren Tätigkeiten zu bestimmen, sondern auch auf Gesellschaften, die Dividenden auf der Grundlage einer Minderheitsbeteiligung bezogen, die keinen solchen Einfluss verleiht.

35      Zum Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ist zum einen festzustellen, dass die Vorlageentscheidung keine Angaben über die Art der Beteiligungen von Accor am Kapital ihrer Dividenden ausschüttenden Tochtergesellschaften enthält.

36      Zum anderen macht Accor in ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen geltend, dass das Ausgangsverfahren Dividenden betreffe, die von Tochtergesellschaften bezogen worden seien, die in anderen Mitgliedstaaten als der Französischen Republik ansässig seien und von ihr kontrolliert würden, während die französische Regierung daneben Beteiligungen anführt, die Accor keinen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der ausschüttenden Tochtergesellschaften verliehen und nicht die Bestimmung von deren Tätigkeiten ermöglichten.

37      Insoweit ist zu beachten, dass es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit nicht Sache des Gerichtshofs, sondern des nationalen Gerichts ist, die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen festzustellen und daraus die Folgerungen für seine Entscheidung zu ziehen (vgl. u. a. Urteile vom 16. September 1999, WWF u. a., C-435/97, Slg. 1999, I-5613, Randnr. 32, vom 23. Oktober 2001, Tridon, C-510/99, Slg. 2001, I-7777, Randnr. 28, und vom 11. Dezember 2007, Eind, C-291/05, Slg. 2007, I-10719, Randnr. 18).

38      Unter diesen Umständen ist die erste Vorlagefrage unter Berücksichtigung des Gegenstands der im Ausgangsverfahren fraglichen Rechtsvorschriften im Licht sowohl des Art. 49 AEUV als auch des Art. 63 AEUV zu beantworten.

 Zur Niederlassungsfreiheit

39      Mit der Niederlassungsfreiheit, die Art. 49 AEUV den Unionsbürgern zuerkennt und die für sie die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen unter den gleichen Bedingungen wie den im Mitgliedstaat der Niederlassung für dessen eigene Angehörige festgelegten umfasst, ist gemäß Art. 54 AEUV für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäischen Union haben, das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben (vgl. insbesondere Urteile vom 21. September 1999, Saint-Gobain ZN, C-307/97, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 35, vom 23. Februar 2006, Keller Holding, C-471/04, Slg. 2006, I-2107, Randnr. 29, und vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, C-196/04, Slg. 2006, I-7995, Randnr. 41).

40      Auch wenn die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit ihrem Wortlaut nach die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sichern sollen, verbieten sie es doch auch, dass der Herkunftsmitgliedstaat die Niederlassung eines seiner Staatsangehörigen oder einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat behindert (vgl. insbesondere Urteile vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96, ICI, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 21, sowie Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, Randnr. 42).

41      Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, dass mit der fraglichen Regelung eine unterschiedliche Behandlung zwischen den von einer gebietsansässigen und den von einer gebietsfremden Tochtergesellschaft ausgeschütteten Dividenden eingeführt wird.

42      So wird einer Muttergesellschaft, die von einer gebietsansässigen Tochtergesellschaft Dividenden bezieht, wegen dieser Dividenden eine Steuergutschrift in Höhe der Hälfte der von dieser gebietsansässigen Tochtergesellschaft ausgeschütteten Dividendenbeträge erteilt, während eine solche Steuergutschrift für die von einer gebietsfremden Tochtergesellschaft ausgeschütteten Dividenden nicht erteilt wird.

43      Dazu ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung die Mitgliedstaaten bei der Errichtung ihres Steuersystems, vor allem bei der Einführung eines Mechanismus zur Vermeidung oder Abschwächung der mehrfachen Belastung oder wirtschaftlichen Doppelbesteuerung, die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Anforderungen erfüllen müssen, insbesondere diejenigen, die in den Vertragsbestimmungen über die Verkehrsfreiheiten vorgesehen sind (vgl. Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 45).

44      Nach der Rechtsprechung verletzt es somit unabhängig davon, welcher Mechanismus zur Vermeidung oder Abschwächung der mehrfachen Belastung oder wirtschaftlichen Doppelbesteuerung eingesetzt wird, die im Vertrag gewährleisteten Verkehrsfreiheiten, wenn ein Mitgliedstaat Dividenden aus ausländischen Quellen weniger günstig behandelt als Dividenden aus inländischen Quellen, es sei denn, diese Ungleichbehandlung betrifft Situationen, die nicht objektiv vergleichbar sind, oder ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juli 2004, Lenz, C-315/02, Slg. 2004, I-7063, Randnrn. 20 bis 49, vom 7. September 2004, Manninen, C-319/02, Slg. 2004, I-7477, Randnr. 20 bis 55, und Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 46).

45      Die Situation einer Muttergesellschaft, die Dividenden aus ausländischen Quellen bezieht, ist in Bezug auf eine Steuerregelung, die die Besteuerung ausgeschütteter Gewinne vermeiden oder abschwächen soll, derjenigen einer Muttergesellschaft, die Dividenden aus inländischen Quellen erhält, insofern vergleichbar, als es grundsätzlich in beiden Fällen zu einer mehrfachen Belastung der erzielten Gewinne kommen kann (vgl. Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 62).

46      Es trifft zwar zu, wie die französische Regierung hervorhebt, dass zum einen eine Muttergesellschaft sowohl hinsichtlich der von ihren gebietsansässigen Tochtergesellschaften bezogenen als auch hinsichtlich der von ihren gebietsfremden Tochtergesellschaften stammenden Dividenden von der Körperschaftsteuer befreit war und dass zum anderen diese Gesellschaft die Steuergutschriften, die auf die von ihren gebietsansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden entfielen, nicht auf den Betrag der Körperschaftsteuer anrechnen konnte, den sie sonst zu zahlen hatte.

47      Die Steuergutschriften waren jedoch, wie die französische Regierung außerdem einräumt, bei der Weiterverteilung der bezogenen Dividenden verwendbar. So konnte eine Muttergesellschaft diese Steuergutschriften auf den Steuervorabzug anrechnen, zu dessen Entrichtung sie bei der Weiterverteilung der Dividenden verpflichtet war.

48      Demgemäß befreite dieser Mitgliedstaat zwar die von gebietsfremden Tochtergesellschaften bezogenen Dividenden bei der Muttergesellschaft von der Steuer, er unterwarf sie jedoch einer weniger günstigen Behandlung als die von gebietsansässigen Tochtergesellschaften stammenden Dividenden.

49      Anders als bei den von gebietsansässigen Tochtergesellschaften stammenden Dividenden war es nämlich nach den im Ausgangsverfahren fraglichen Rechtsvorschriften nicht möglich, die Besteuerung bei der ausschüttenden Tochtergesellschaft zu vermeiden, obwohl sowohl die von gebietsansässigen als auch die von gebietsfremden Tochtergesellschaften bezogenen Dividenden bei ihrer Weiterverteilung dem Steuervorabzug unterlagen. Bei der Verteilung von Dividenden, die von gebietsansässigen Tochtergesellschaften bezogen wurden, wurde demgemäß die Steuergutschrift auf den geschuldeten Steuervorabzug angerechnet, ohne dass dieser den Gesamtbetrag der zur Verteilung stehenden Dividenden schmälerte. Hingegen hatte bei den von gebietsfremden Tochtergesellschaften bezogenen Dividenden die Anwendung des Steuervorabzugs die Wirkung, dass der Gesamtbetrag der zur Verteilung stehenden Dividenden gemindert wurde, da die Muttergesellschaft für diese nicht in den Genuss einer Steuergutschrift kam.

50      Unter diesen Umständen hatte die Muttergesellschaft, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft Dividenden bezog, entweder die um den Betrag des Steuervorabzugs geschmälerten Dividenden auszuschütten, deren Gesamtbetrag niedriger war als bei der Weiterverteilung von Dividenden von in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften, oder aber, wie der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, auf ihre Rücklagen zurückzugreifen, um einen Betrag zu erreichen, der dem im Rahmen des Steuervorabzugs für Mobilien zu entrichtenden Betrag entsprach, und auf diese Weise den Gesamtbetrag der ausgeschütteten Dividenden zu erhöhen.

51      Angesichts der Benachteiligung von Dividenden, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft bezogen werden, gegenüber Dividenden, die von einer gebietsansässigen Tochtergesellschaft bezogen werden, wurden Muttergesellschaften möglicherweise davon abgehalten, ihre Tätigkeiten über in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Tochtergesellschaften auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. September 2003, Bosal, C-168/01, Slg. 2003, I-9409, Randnr. 27, und Keller Holding, Randnr. 35).

52      Die französische Regierung räumt zwar ein, dass Dividenden, die von einer in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaft, und solche, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft ausgeschüttet worden seien, hinsichtlich der Möglichkeit für die Empfängermuttergesellschaft, die Steuergutschrift auf den von ihr bei der Weiterverteilung dieser Dividenden an ihre eigenen Anteilseigner zu zahlenden Steuervorabzug anzurechnen, unterschiedlich behandelt worden seien, sieht in dieser unterschiedlichen Behandlung jedoch keine Beschränkung für die Muttergesellschaft.

53      Zum einen ergebe sich die Inanspruchnahme der Steuergutschrift aus einer selbständigen Entscheidung der zuständigen Organe der Muttergesellschaft und nicht aus der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung, da die mit den betreffenden Dividenden verbundene Steuergutschrift erst durch die Entscheidung dieser Muttergesellschaft, die von einer französischen Tochtergesellschaft ausgeschütteten Dividenden weiterzuverteilen, auf den Steuervorabzug anrechenbar gemacht worden sei. So macht die französische Regierung unter Berufung auf das Urteil vom 27. Januar 2000, Graf (C-190/98, Slg. 2000, I-493, Randnrn. 24 und 25), geltend, die möglicherweise nachteilige Wirkung der im Ausgangsverfahren fraglichen Bestimmungen hänge von einer Entscheidung der zuständigen Organe der Muttergesellschaft ab, die so hypothetisch sei, dass in diesen Bestimmungen keine Beschränkung der Verkehrsfreiheiten erblickt werden könne.

54      Zum anderen sei der von der Muttergesellschaft ausgezahlte Betrag unabhängig von der Herkunft der Dividenden derselbe, da der Steuervorabzug auf das an die Anteilseigner zu verteilende Ergebnis angerechnet worden sei.

55      Gebietsfremde Anteilseigner könnten indessen aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen, die die Französische Republik mit sämtlichen Mitgliedstaaten der Union geschlossen habe, die Erstattung des von der die Dividenden ausschüttenden Muttergesellschaft erhobenen Vorabzugs erlangen, so dass die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung ihre Situation nicht beeinträchtige.

56      Soweit es um gebietsansässige Anteilseigner der ausschüttenden Muttergesellschaft gehe, sei zwar das Fehlen einer Steuergutschrift, die auf den Vorabzug anrechenbar gewesen wäre, der von dieser Muttergesellschaft bei der Weiterleitung von durch ihre gebietsfremden Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden zu zahlen gewesen sei, als Hindernis für die Kapitalbeschaffung bei den französischen Anteilseignern anzusehen, doch betreffe diese Beschränkung jedenfalls einen rein internen Kapitalverkehr zwischen einer französischen Muttergesellschaft und ihren französischen Anteilseignern, der keinen Auslandsbezug aufweise und nicht unter das Unionsrecht falle.

57      Dem ist nicht zu folgen.

58      Erstens trifft es zwar zu, dass die Steuergutschrift, die auf die von den gebietsansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden entfiel, nur verwendet werden konnte, wenn die Muttergesellschaft die Weiterverteilung dieser Dividenden beschloss, doch ergeben sich sowohl die je nach dem Niederlassungsort der die Dividenden ausschüttenden Tochtergesellschaft unterschiedliche Behandlung als auch die Möglichkeit, die etwaige Steuergutschrift auf den bei der Weiterverteilung dieser Dividenden zu zahlenden Steuervorabzug anzurechnen, unstreitig unmittelbar aus den im Ausgangsverfahren fraglichen französischen Rechtsvorschriften.

59      Daher hing die Möglichkeit für eine Muttergesellschaft, eine bei der Weiterverteilung der Dividenden auf den Vorabzug anrechenbare Steuergutschrift in Anspruch zu nehmen, nicht von einem künftigen hypothetischen Ereignis ab, sondern von einem Umstand, der per definitionem mit der Ausübung der Niederlassungsfreiheit, nämlich mit dem Ort der Niederlassung ihrer Tochtergesellschaft, zusammenhing.

60      Zweitens ist festzustellen, dass, selbst wenn sich die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung, wie die französische Regierung meint, nicht auf die Situation gebietsfremder Anteilseigner auswirken sollte, schon der Umstand, dass diese Regelung für eine Muttergesellschaft ein Hindernis für die Kapitalbeschaffung bei ihren gebietsansässigen Anteilseignern darstellen konnten, den beschränkenden Charakter der Bestimmungen dieser Regelung bestätigt.

61      Der Umstand, dass gebietsansässige Anteilseigner möglicherweise vom Erwerb von Anteilen an einer Muttergesellschaft abgehalten wurden, weil die Dividenden, die von den in einem anderen Mitgliedstaat als der Französischen Republik ansässigen Tochtergesellschaften dieser Muttergesellschaft stammten, nicht so hoch sein würden wie die Dividenden gebietsansässiger Tochtergesellschaften, konnte nämlich wiederum die Muttergesellschaft davon abhalten, ihre Tätigkeiten durch gebietsfremde Tochtergesellschaften auszuüben.

62      Es ist festzustellen, dass ein solcher Sachverhalt dadurch, dass er einen Bezug zum innergemeinschaftlichen Handel aufweist, unter die Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten fallen kann (Urteil Keller Holding, Randnr. 24) und dass die im Ausgangsverfahren fraglichen Bestimmungen des CGI, indem sie Sachverhalte mit Gemeinschaftsbezug gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten steuerlich benachteiligten, eine durch die Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich verbotene Beschränkung darstellen (vgl. Urteil vom 27. November 2008, Papillon, C-418/07, Slg. 2008, I-8947, Randnr. 32).

63      Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur statthaft, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. (vgl. u. a. Urteil vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha, C-303/07, Slg. 2009, I-5145, Randnr. 57). Weder das vorlegende Gericht noch die Beteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, haben jedoch Angaben gemacht, die diese Beschränkung rechtfertigen könnten. Daher ist festzustellen, dass Art. 49 AEUV Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht.

 Zum freien Kapitalverkehr

64      Die Ausführungen in den vorstehenden Randnummern finden in gleicher Weise auf den Fall Anwendung, dass eine Muttergesellschaft Dividenden auf der Grundlage einer Beteiligung erhalten hat, die ihr keinen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen ihrer ausschüttenden Tochtergesellschaft verleiht und es ihr nicht ermöglicht, deren Tätigkeiten zu bestimmen.

65      Durch die in Randnr. 41 des vorliegenden Urteils angeführte unterschiedliche Behandlung konnten nämlich die in Frankreich ansässigen Muttergesellschaften davon abgehalten werden, ihr Kapital in in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften anzulegen, und diese Behandlung konnte zudem eine beschränkende Wirkung für die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften haben, da sie diese bei der Beschaffung von Kapital in Frankreich behinderte.

66      Da Kapitaleinkünfte ausländischer Herkunft steuerlich weniger günstig behandelt wurden als Dividenden, die von in Frankreich niedergelassenen Gesellschaften ausgeschüttet wurden, waren Anteile von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Gesellschaften für in Frankreich niedergelassene Muttergesellschaften weniger attraktiv als Anteile von Gesellschaften mit Sitz in diesem Mitgliedstaat (vgl. Urteil vom 6. Juni 2000, Verkooijen, C-35/98, Slg. 2000, I-4071, Randnr. 35, Manninen, Randnrn. 22 und 23, und Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 64).

67      Daraus folgt, dass die durch die im Ausgangsverfahren fraglichen Rechtsvorschriften bewirkte unterschiedliche Behandlung eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die nach Art. 63 AEUV grundsätzlich verboten ist.

68      Weder das vorlegende Gericht noch die Beteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, haben sich auf die in Art. 65 AEUV angeführten Gründe und die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses bezogen, die eine solche Beschränkung rechtfertigen könnten.

69      In Anbetracht sämtlicher vorstehender Ausführungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art. 49 AEUV und 63 AEUV die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bezweckenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach eine Muttergesellschaft auf den Steuervorabzug, den sie bei der Weiterverteilung der von ihren Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden an ihre Anteilseigner zu entrichten hat, die Steuergutschrift anrechnen kann, die mit der Ausschüttung dieser Dividenden verbunden ist, sofern diese von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, wonach dieses Recht jedoch nicht besteht, wenn diese Dividenden von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, da diese Rechtsvorschriften in diesem Fall nicht zur Erteilung einer mit der Ausschüttung dieser Dividenden durch diese Tochtergesellschaft verbundenen Steuergutschrift berechtigen.

 Zur zweiten Frage

70      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob dann, wenn die im Ausgangsverfahren fragliche Steuerregelung als solche nicht dazu führt, dass der Steuerschuldner die von ihm geschuldete Steuer auf einen Dritten abwälzt, das Unionsrecht es verbietet, dass die Verwaltung die Erstattung der von der Muttergesellschaft gezahlten Beträge mit der Begründung ablehnt, dass entweder diese Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Muttergesellschaft führen würde oder dass der von dieser abgeführte Betrag für sie keine buchhalterische oder steuerliche Belastung darstelle, sondern auf die Gesamtheit der für die Weiterverteilung an ihre Anteilseigner in Betracht kommenden Beträge angerechnet werde.

71      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben hat, eine Folge und eine Ergänzung der Rechte darstellt, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht in seiner Auslegung durch den Gerichtshof erwachsen (vgl. insbesondere Urteile vom 9. November 1983, San Giorgio, 199/82, Slg. 1983, 3595, Randnr. 12, und vom 8. März 2001, Metallgesellschaft u. a., C-397/98 und C-410/98, Slg. 2001, I-1727, Randnr. 84). Der Mitgliedstaat ist also grundsätzlich verpflichtet, unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Abgaben zu erstatten (Urteile vom 14. Januar 1997, Comateb u. a., C-192/95 bis C-218/95, Slg. 1997, I-165, Randnr. 20, Metallgesellschaft u. a., Randnr. 84, vom 2. Oktober 2003, Weber’s Wine World u. a., C-147/01, Slg. 2003, I-11365, Randnr. 93, und Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 202).

72      Nach ständiger Rechtsprechung verbietet es das Unionsrecht jedoch nicht, dass ein nationales Rechtssystem die Erstattung von zu Unrecht erhobenen Abgaben unter Umständen ablehnt, die zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führen würden (Urteile vom 24. März 1988, Kommission/Italien, 104/86, Slg. 1988, 1799, Randnr. 6, vom 9. Februar 1999, Dilexport, C-343/96, Slg. 1999, I-579, Randnr. 47, vom 21. September 2000, Michaïlidis, C-441/98 und C-442/98, Slg. 2000, I-7145, Randnr. 31, und vom 10. April 2008, Marks & Spencer, C-309/06, Slg. 2008, I-2283, Randnr. 41). Der Schutz der in diesem Bereich durch die Unionsrechtsordnung garantierten Rechte verlangt daher nicht die Erstattung von unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuern, Gebühren oder Abgaben, wenn die zur Zahlung dieser Abgaben herangezogene Person sie nachweislich tatsächlich auf andere abgewälzt hat (vgl. Urteil Comateb u. a., Randnr. 21, und vom 6. September 2011, Lady & Kid u. a., C-398/09, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 18).

73      Da es sich jedoch bei einer solchen Nichterstattung nach der Rechtsprechung um eine Beschränkung eines aus der Unionsrechtsordnung abgeleiteten subjektiven Rechts handelt, ist sie eng auszulegen (Urteile Weber’s Wine World u. a., Randnr. 95, und Lady & Kid u. a., Randnr. 20).

74      Wie sich aus den Randnrn. 20 und 25 des Urteils Lady & Kid u. a. ergibt, betrifft die einzige Ausnahme vom Recht auf Erstattung von unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Abgaben den Fall, in dem eine zu Unrecht erhobene Abgabe unmittelbar vom Abgabenpflichtigen auf den Erwerber abgewälzt wurde.

75      Im vorliegenden Fall weist das vorlegende Gericht selbst darauf hin, dass sich die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung, die im Übrigen einen von einer Muttergesellschaft aus Anlass der Ausschüttung von Dividenden entrichteten Steuervorabzug und nicht eine beim Verkauf von Waren erhobene Abgabe betrifft, nicht in einer Abwälzung dieses Vorabzugs auf Dritte, wie den in der vorstehend angeführten Rechtsprechung genannten Erwerber, äußert.

76      Unter diesen Umständen ist somit auf die zweite Frage zu antworten, dass das Unionsrecht dann, wenn eine nationale Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche als solche nicht dazu führt, dass der Steuerschuldner die von ihm ohne rechtlichen Grund entrichtete Steuer auf einen Dritten abwälzt, es dem betreffenden Mitgliedstaat verwehrt, die Erstattung der von der Muttergesellschaft gezahlten Beträge mit der Begründung abzulehnen, dass entweder diese Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Muttergesellschaft führen würde oder dass der von dieser abgeführte Betrag für sie keine buchhalterische oder steuerliche Belastung darstelle, sondern auf die Gesamtheit der für die Weiterverteilung an ihre Anteilseigner in Betracht kommenden Beträge angerechnet werde.

 Zur dritten Frage

77      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es nach den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität unzulässig ist, dass die Erstattung der Beträge an eine Muttergesellschaft, die sicherstellen soll, dass die von deren in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden und die von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden, die jeweils von der Muttergesellschaft weiterverteilt werden, steuerlich gleichbehandelt werden, davon abhängig gemacht wird, dass der Steuerschuldner die Angaben macht, über die nur er verfügt und die sich hinsichtlich jeder streitigen Dividende insbesondere auf den tatsächlich angewandten Steuersatz und auf den Steuerbetrag beziehen, der tatsächlich auf die von den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften des Steuerschuldners erwirtschafteten Gewinne entrichtet wurde, während für in Frankreich ansässige Tochtergesellschaften solche Angaben, die der Verwaltung bekannt sind, nicht verlangt werden.

78      Insoweit haben nach ständiger Rechtsprechung die Gerichte der Mitgliedstaaten aufgrund ihrer in Art. 4 EUV niedergelegten Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe-Zentralfinanz und Rewe-Zentral, 33/76, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5, sowie Comet, 45/76, Slg. 1976, 2043, Randnr. 12; vom 19. Juni 1990, Factortame u. a., C-213/89, Slg. 1990, I-2433, Randnr. 19, und vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007, I-2271, Randnr. 38).

79      Mangels einer Unionsregelung auf diesem Gebiet ist es mithin Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die entsprechender innerstaatlicher Klagen (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 203 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Ebenfalls Sache des vorlegenden Gerichts ist es, zu bestimmen, wie Verletzungen des Verbots einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs in der Praxis zu beheben sind.

81      Die dritte Vorlagefrage impliziert, dass dies nach Auffassung des vorlegenden Gerichts in dem Fall, in dem die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehr tatsächlich festgestellt worden sind, in der Weise geschehen soll, dass den Empfängern von Dividenden, die von in einem anderen Mitgliedstaat als Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschüttet werden, die gleiche Steuergutschrift wie den Empfängern von Dividenden, die von in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschüttet werden, erteilt wird, damit eine Gleichbehandlung zwischen Ersteren und Letzteren sichergestellt sei.

82      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Steuerbehörden eines Mitgliedstaats vom Steuerpflichtigen alle Belege verlangen dürfen, die ihnen für die Beurteilung der Frage notwendig erscheinen, ob die Voraussetzungen für einen Steuervorteil nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erfüllt sind und ob dieser Vorteil demnach gewährt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2002, Danner, C-136/00, Slg. 2002, I-8147, Randnr. 50, vom 26. Juni 2003, Skandia und Ramstedt, C-422/01, Slg. 2003, I-6817, Randnr. 43, vom 27. Januar 2009, Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 54, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 95, und vom 30. Juni 2011, Meilicke u. a., C-262/09, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 45).

83      Insoweit macht Accor geltend, das System der Steuergutschrift gründe sich allein darauf, dass die ausschüttende Tochtergesellschaft der Körperschaftsteuer unterliege mit der Maßgabe, dass die Steuergutschrift stets 50 % der ausgeschütteten Dividenden betrage. Daher genüge es, nachzuweisen, dass die ausschüttende Tochtergesellschaft im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung der Körperschaftsteuer unterworfen worden sei.

84      Die Kommission hält es zwar für legitim, die von der Tochtergesellschaft in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat entrichtete Steuer zu berücksichtigen, meint jedoch, dass im Rahmen der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung zwischen dem gezahlten Steuerbetrag und der Höhe der Steuergutschrift keine genaue Entsprechung bestehe und dass es genüge, auf den im Niederlassungsstaat der Tochtergesellschaft geltenden gesetzlichen Steuersatz abzustellen.

85      Die französische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten die Auffassung, um die behauptete diskriminierende Wirkung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung zu beheben, müsse eine Steuergutschrift erteilt werden, deren Höhe es ermögliche, den im Mitgliedstaat der Niederlassung der Tochtergesellschaft gezahlten Steuerbetrag auszugleichen, und die anhand des Steuerbetrags zu berechnen sei, der für die Gewinne, die den von der Tochtergesellschaft gezahlten Dividenden zugrunde lägen, in diesem Staat zu entrichten gewesen sei. Die französische Regierung hebt hervor, dass das System der Steuergutschrift und des Steuervorabzugs darin bestanden habe, die wirtschaftliche Doppelbesteuerung der ausgeschütteten Dividenden unter Beachtung des Erfordernisses der steuerlichen Neutralität abzuschwächen, und dass bei der Abschwächung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung die Höhe der Körperschaftsteuer berücksichtigt worden sei, der die französischen Tochtergesellschaften zuvor tatsächlich unterworfen gewesen seien. So habe die Steuergutschrift den Körperschaftsteuerbetrag, der auf die den ausgeschütteten Dividenden zugrunde liegenden Gewinne zum Normalsatz erhoben worden sei, nicht übersteigen können; falls für diese Gewinne ein ermäßigter Steuersatz angewandt worden sei mit der Folge, dass die Steuergutschrift die zuvor gezahlte Körperschaftsteuer überstiegen habe, sei ein Vorabzug in Höhe des Überschusses der Steuergutschrift über die Körperschaftsteuer fällig geworden.

86      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig ist, die Frage zu beantworten, inwieweit eine genaue Entsprechung zwischen dem Steuerbetrag, der auf die der Ausschüttung der Dividenden zugrunde liegenden Gewinne gezahlt wurde, und dem Betrag der Steuergutschrift die Grundlage für die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung bildete.

87      Zu beachten ist aber, dass zwar aus der Rechtsprechung folgt, dass nach dem Unionsrecht ein Mitgliedstaat, der bei von gebietsansässigen Gesellschaften an ebenfalls Gebietsansässige gezahlten Dividenden ein System der Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung anwendet, für von gebietsfremden Gesellschaften an Gebietsansässige gezahlte Dividenden eine gleichwertige Behandlung vorsehen muss (vgl. Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 72), dass jedoch das Unionsrecht den Mitgliedstaaten nicht die Verpflichtung auferlegt, die Steuerpflichtigen, die in ausländische Gesellschaften investiert haben, gegenüber den Steuerpflichtigen zu begünstigen, die in inländische Gesellschaften investiert haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Dezember 2007, Columbus Container Services, C-298/05, Slg. 2007, I-10451, Randnrn. 39 und 40, sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 89).

88      So ist bereits entschieden worden, dass das Unionsrecht einem Mitgliedstaat nicht verbietet, die mehrfache Besteuerung der Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft bezieht, durch die Anwendung von Vorschriften zu verhindern, nach denen diese Dividenden von der Steuer befreit sind, wenn sie von einer gebietsansässigen Gesellschaft gezahlt werden, während ihre mehrfache Besteuerung durch eine Anrechnungsmethode verhindert wird, wenn sie von einer gebietsfremden Gesellschaft gezahlt werden, vorausgesetzt jedoch, dass der Steuersatz für Dividenden aus ausländischen Quellen nicht höher ist als der Satz für Dividenden aus inländischen Quellen und dass die Steuergutschrift mindestens ebenso hoch ist wie der im Staat der ausschüttenden Gesellschaft gezahlte Betrag, bis zur Höhe der im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft festgesetzten Steuer (vgl. Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnrn. 48 und 57, und Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 86, sowie Beschluss vom 23. April 2008, Test Claimants in the CFC and Dividend Group Litigation, C-201/05, Slg. 2008, I-2875, Randnr. 39).

89      Der Gerichtshof hat befunden, dass dann, wenn die den Dividenden aus ausländischen Quellen zugrunde liegenden Gewinne im Staat der ausschüttenden Gesellschaft niedriger besteuert werden als im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft, der letztgenannte Staat eine Steuergutschrift in voller Höhe der von der ausschüttenden Gesellschaft in deren Niederlassungsstaat gezahlten Steuer erteilen muss (Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 51, sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 87).

90      Werden hingegen diese Gewinne im Staat der ausschüttenden Gesellschaft höher besteuert als im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft, muss der letztgenannte Staat eine Steuergutschrift nur bis zur Höhe der von der Empfängergesellschaft zu entrichtenden Körperschaftsteuer erteilen. Er muss die Differenz, d. h. den im Staat der ausschüttenden Gesellschaft gezahlten Betrag, der die im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft zu entrichtende Steuer übersteigt, nicht erstatten (vgl. Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation, Randnr. 52, sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 88).

91      Was die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung angeht, würde die von Accor geforderte Verpflichtung eines Mitgliedstaats, den Empfängern von Dividenden, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft stammen, eine Steuergutschrift in der unveränderlichen Höhe der Hälfte dieser Dividendenbeträge zu erteilen, letztlich dazu führen, dass diesen Dividenden eine günstigere Behandlung als den vom erstgenannten Mitgliedstaat stammenden Dividenden dann zuteil würde, wenn der Steuersatz, zu dem die diese Dividenden ausschüttende Gesellschaft in ihrem Niederlassungsstaat besteuert wurde, niedriger ist als der im erstgenannten Mitgliedstaat angewandte.

92      Infolgedessen muss ein Mitgliedstaat in der Lage sein können, den im Staat der Niederlassung der ausschüttenden Gesellschaft entrichteten Körperschaftsteuerbetrag zu ermitteln, auf den sich die der Empfängermuttergesellschaft erteilte Steuergutschrift bezieht. Daher genügt es entgegen der Auffassung von Accor nicht, nachzuweisen, dass die ausschüttende Gesellschaft in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat für die den ausgeschütteten Dividenden zugrunde liegenden Gewinne besteuert wurde, ohne Angaben über die Steuerart und den Steuersatz der Steuer zu machen, die tatsächlich auf diese Gewinne erhoben wurde.

93      Deshalb können der Verwaltungsaufwand und insbesondere die Tatsache, dass die nationale Steuerbehörde Angaben zu der Steuer verlangt, die auf die Gewinne der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft in deren Niederlassungsstaat tatsächlich erhoben wurde, weder als übermäßig angesehen werden noch die Grundsätze der Äquivalenz oder der Effektivität verletzen.

94      Zum Grundsatz der Äquivalenz stellt nämlich zum einen das vorlegende Gericht in der dritten Frage selbst fest, dass bei den Dividenden, die von den in Frankreich niedergelassenen Tochtergesellschaften ausgeschüttet wurden, der tatsächlich angewandte Steuersatz und die Höhe der tatsächlich entrichteten Steuer der Verwaltung bekannt sind.

95      Zum anderen folgt, wie der Generalanwalt in Nr. 102 seiner Schlussanträge festgestellt hat, aus der in Randnr. 82 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass es nicht dem Unionsrecht zuwiderläuft, dass die Vorlage stichhaltiger Belege der betroffenen Muttergesellschaft obliegt.

96      Zwar verfügt die Empfängermuttergesellschaft selbst nicht über alle Informationen zur Körperschaftsteuer, die auf die Dividendenausschüttungen ihrer Tochtergesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat erhoben wurde, doch sind diese Angaben der Tochtergesellschaft grundsätzlich bekannt. Unter diesen Umständen hängen Schwierigkeiten der Muttergesellschaft, die erforderlichen Angaben zu der von ihrer Tochtergesellschaft entrichteten Steuer beizubringen, nicht mit der Komplexität dieser Informationen zusammen, sondern gegebenenfalls mit der fehlenden Mitwirkung der Gesellschaft, die über sie verfügt. Daher ist der fehlende Informationsfluss auf Seiten der Muttergesellschaft kein Problem, das der betroffene Mitgliedstaat auffangen müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 98).

97      Entgegen der Auffassung von Accor bedeutet außerdem der Umstand, dass die Finanzverwaltung von dem in der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15), geändert durch die Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 (ABl. L 76, S. 1, im Folgenden: Richtlinie 77/799), vorgesehenen Amtshilfeverfahren Gebrauch machen kann, nicht, dass sie gehalten wäre, die die Dividenden beziehende Muttergesellschaft von der Erbringung des Nachweises der von der ausschüttenden Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat entrichteten Steuer zu entbinden (vgl. Urteile Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 100, sowie Meilicke, Randnr. 50).

98      Da nämlich die nationalen Steuerbehörden durch die Richtlinie 77/799 ermächtigt werden, um Auskünfte zu ersuchen, die ihnen selbst nicht zugänglich sind, hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Verwendung des Wortes „kann“ in Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie erkennen lässt, dass diese Behörden zwar die Möglichkeit haben, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen, dazu aber nicht verpflichtet sind. Es ist Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, in welchen konkreten Fällen ihm Informationen über Umsätze in seinem Hoheitsgebiet ansässiger Steuerpflichtiger fehlen, und zu entscheiden, ob es in diesen Fällen gerechtfertigt ist, einen anderen Mitgliedstaat um Auskunft zu ersuchen (Urteile vom 27. September 2007, Twoh International, C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Randnr. 32, Persche, Randnr. 65, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, Randnr. 101, sowie Meilicke, Randnr. 51).

99      Zur Beachtung des Grundsatzes der Effektivität ist erstens festzustellen, dass die erforderlichen Nachweise zwar den Steuerbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats erlauben müssen, klar und genau zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Steuervorteils vorliegen, jedoch keine besondere Form aufweisen müssen, da die Beurteilung nicht zu formalistisch erfolgen darf (vgl. in diesem Sinne Urteil Meilicke u. a., Randnr. 46).

100    Zweitens ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es sich, insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Niederlassung der ausschüttenden Gesellschaft, die die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Eintragung der zu zahlenden Körperschaftsteuer sowie die Aufbewahrung von Verwaltungs- oder Buchführungsunterlagen betreffen, nicht als praktisch unmöglich oder als zu schwierig erweist, die Angaben über den tatsächlich angewandten Steuersatz und über die Steuer zu beschaffen, die auf die der Ausschüttung der Dividenden zugrunde liegenden Gewinne tatsächlich entrichtet wurde.

101    Auch müssen die genannten Angaben innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist für Verwaltungs- oder Buchführungsunterlagen, wie sie im Recht des Mitgliedstaats der Niederlassung der Tochtergesellschaft geregelt ist, angefordert werden. Wie Accor hervorhebt, könnte von ihr für die Zwecke der Inanspruchnahme der Steuergutschrift nicht verlangt werden, Unterlagen vorzulegen, die sich auf einen Zeitraum beziehen, der die Dauer der gesetzlichen Verpflichtung zur Aufbewahrung von Verwaltungs- und Buchführungsunterlagen erheblich überschreitet.

102    In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist auf die dritte Frage zu antworten, dass es nach den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität nicht unzulässig ist, dass die Erstattung der Beträge an eine Muttergesellschaft, die sicherstellen soll, dass die von deren in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden und die von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden, die jeweils von der Muttergesellschaft weiterverteilt werden, steuerlich gleichbehandelt werden, davon abhängig gemacht wird, dass der Steuerschuldner die Angaben macht, über die nur er verfügt und die sich hinsichtlich jeder streitigen Dividende insbesondere auf den tatsächlich angewandten Steuersatz und auf den Steuerbetrag beziehen, der tatsächlich auf die von den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften des Steuerschuldners erwirtschafteten Gewinne entrichtet wurde, während für in Frankreich ansässige Tochtergesellschaften solche Angaben, die der Verwaltung bekannt sind, nicht verlangt werden. Die Vorlage der genannten Angaben kann jedoch nur verlangt werden, sofern es sich, insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der genannten Mitgliedstaaten über die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Eintragung der zu zahlenden Körperschaftsteuer sowie die Aufbewahrung von Verwaltungsunterlagen, nicht als praktisch unmöglich oder als zu schwierig erweist, den Nachweis der Zahlung der Steuer durch die in den anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften zu erbringen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen im Ausgangsverfahren erfüllt sind.

 Kosten

103    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Art. 49 AEUV und 63 AEUV stehen die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bezweckenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach eine Muttergesellschaft auf den Steuervorabzug, den sie bei der Weiterverteilung der von ihren Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden an ihre Anteilseigner zu entrichten hat, die Steuergutschrift anrechnen kann, die mit der Ausschüttung dieser Dividenden verbunden ist, sofern diese von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, wonach dieses Recht jedoch nicht besteht, wenn diese Dividenden von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft stammen, da diese Rechtsvorschriften in diesem Fall nicht zur Erteilung einer mit der Ausschüttung dieser Dividenden durch diese Tochtergesellschaft verbundenen Steuergutschrift berechtigen.

2.      Führt eine nationale Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche als solche nicht dazu, dass der Steuerschuldner die von ihm ohne rechtlichen Grund entrichtete Steuer auf einen Dritten abwälzt, so verwehrt es das Unionsrecht dem betreffenden Mitgliedstaat, die Erstattung der von der Muttergesellschaft gezahlten Beträge mit der Begründung abzulehnen, dass entweder diese Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Muttergesellschaft führen würde oder dass der von dieser abgeführte Betrag für sie keine buchhalterische oder steuerliche Belastung darstelle, sondern auf die Gesamtheit der für die Weiterverteilung an ihre Anteilseigner in Betracht kommenden Beträge angerechnet werde.

3.      Nach den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ist es nicht unzulässig, dass die Erstattung der Beträge an eine Muttergesellschaft, die sicherstellen soll, dass die von deren in Frankreich ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden und die von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden, die jeweils von der Muttergesellschaft weiterverteilt werden, steuerlich gleichbehandelt werden, davon abhängig gemacht wird, dass der Steuerschuldner die Angaben macht, über die nur er verfügt und die sich hinsichtlich jeder streitigen Dividende insbesondere auf den tatsächlich angewandten Steuersatz und auf den Steuerbetrag beziehen, der tatsächlich auf die von den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften des Steuerschuldners erwirtschafteten Gewinne entrichtet wurde, während für in Frankreich ansässige Tochtergesellschaften solche Angaben, die der Verwaltung bekannt sind, nicht verlangt werden. Die Vorlage der genannten Angaben kann jedoch nur verlangt werden, sofern es sich, insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der genannten Mitgliedstaaten über die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Eintragung der zu zahlenden Körperschaftsteuer sowie die Aufbewahrung von Verwaltungsunterlagen, nicht als praktisch unmöglich oder als zu schwierig erweist, den Nachweis der Zahlung der Steuer durch die in den anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften zu erbringen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen im Ausgangsverfahren erfüllt sind.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.