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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

9. Oktober 2014(*)

„Vorabentscheidungsersuchen – Wettbewerb – Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ – Grundsteuer auf unbewegliches Vermögen – Steuerbefreiung“

In der Rechtssache C-522/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado Contencioso-Administrativo n° 1 de Ferrol (Spanien) mit Entscheidung vom 12. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Oktober 2013, in dem Verfahren

Ministerio de Defensa,

Navantia SA

gegen

Concello de Ferrol

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J. L. da Cruz Vilaça,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Concello de Ferrol, vertreten durch M. Villalba López, avoué, und D. Vidal Lorenzo, abogado,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch L. Banciella Rodríguez-Miñón als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und B. Stromsky als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ministerio de Defensa (spanisches Verteidigungsministerium) und der Navantia SA (im Folgenden: Navantia) auf der einen und dem Concello de Ferrol (Gemeinde Ferrol) auf der anderen Seite wegen der Befreiung von der Grundsteuer auf ein Navantia überlassenes Grundstück.

 Rechtlicher Rahmen

3        Das Real Decreto Legislativo 2/2004 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley Reguladora de las Haciendas Locales (Real Decreto Legislativo 2/2004 zur Genehmigung der Neufassung des Gesetzes über die Regelung der örtlichen Finanzen) vom 5. März 2004 (BOE Nr. 59 vom 9. März 2004, S. 10284) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz von 2004) definiert die Grundsteuer als eine „direkte Realsteuer, die nach den in diesem Gesetz festgelegten Modalitäten auf den Wert der Grundstücke erhoben wird“.

4        Art. 61 Abs. 1 des Gesetzes von 2004 sieht vor:

„Der Steuertatbestand wird durch den Besitz folgender Rechte an außer- oder innerörtlich belegenem unbeweglichem Vermögen oder an Immobilien mit besonderen Eigenschaften erfüllt:

a)      einer Verwaltungskonzession für das unbewegliche Vermögen selbst oder für die öffentlichen Dienstleistungen, für deren Erbringung dieses Vermögen genutzt wird;

b)      eines dinglichen Baurechts;

c)      eines dinglichen Nießbrauchrechts;

d)      des Eigentumsrechts.“

5        Art. 62 („Steuerbefreiungen“) dieses Gesetzes bestimmt in Abs. 1 Buchst. a:

„Folgendes unbewegliche Vermögen ist von der Steuer befreit, wenn es

a)      im Eigentum des Staats, der Autonomen Gemeinschaften oder der lokalen Gebietskörperschaften steht und unmittelbar den Belangen der inneren Sicherheit und der Erziehungs- und Strafvollstreckungsbehörden dient oder wenn es im Eigentum des Staats steht und der Landesverteidigung dient.“

6        Art. 63 Abs. 1 und 2 des Gesetzes von 2004 sieht vor:

„1.      Der Steuer unterliegen als Steuerpflichtige die natürlichen und juristischen Personen …, die Inhaber des Rechts sind, das jeweils den Steuertatbestand erfüllt.

2.      Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden unbeschadet der für den Steuerpflichtigen bestehenden Möglichkeit Anwendung, die steuerliche Belastung nach den allgemeinen Vorschriften abzuwälzen.

Die öffentliche Verwaltung und die im vorstehenden Absatz genannten Einrichtungen oder Stellen wälzen den Teil der geschuldeten Steuer ab, der auf die Personen entfällt, die als Nichtsteuerpflichtige ihre öffentlichen Güter oder Vermögensgegenstände entgeltlich nutzen. Diese Personen müssen die Abwälzung dulden. Zu diesem Zweck bestimmt sich der abzuwälzende Betrag nach dem Teil des Katasterwerts, der der genutzten Fläche und dem unmittelbar dem jeweiligen Mieter oder Erwerber des Nutzungsrechts zuzuordnenden Gebäude entspricht.“

 Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

7        Navantia ist ein Unternehmen, dessen Kapital vollständig vom spanischen Staat gehalten wird. Ihre Tätigkeit besteht im Bau und der Wartung von Kriegsschiffen für diesen und andere Staaten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union sowie im Bau, der Instandsetzung und der Wartung verschiedener Produkte für den privaten Sektor, hauptsächlich im Schiffbau- und Energiesektor.

8        Navantia besitzt auf dem Gebiet des Concello de Ferrol eine Werft mit einer Fläche von 932 348 m2. Durch Vereinbarung vom 6. September 2001 stellte der spanische Staat Navantia die dem Werftgelände entsprechende in seinem Eigentum stehende Grundstücksparzelle in Form einer Überlassung des Nutzungsrechts für einen Euro pro Jahr zur Verfügung (im Folgenden: Vereinbarung von 2001).

9        Der Concello de Ferrol erhob die Grundsteuer auf diese Parzelle, die für das Jahr 2010 590 308,77 Euro betrug, für die Steuerjahre vor 2008.

10      Da der spanische Staat Navantia lediglich das Nutzungsrecht überlässt, hat er gemäß Art. 61 Abs. 1 Buchst. d des Gesetzes von 2004 als Eigentümer dieses Grundstücks die Grundsteuer zu entrichten. Nach der Vereinbarung von 2001 wälzt er diese Steuer auf Navantia ab, so dass letztlich diese die Steuerlast zu tragen hat.

11      Für das Steuerjahr 2008 und die darauffolgenden Steuerjahre beantragten der spanische Staat und Navantia beim Concello de Ferrol auf der Grundlage von Art. 62 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes von 2004 die Befreiung von der Grundsteuer auf die Parzelle, auf der sich die Werft befindet, was abgelehnt wurde. Diese Ablehnung wurde vor den zuständigen Gerichten angefochten; dieser Rechtsstreit ist Gegenstand des Ausgangsverfahrens.

12      Mit Urteil vom 22. Oktober 2012 hob das Tribunal Superior de Justicia de Galicia (oberstes Gericht Galiciens) ein früheres Urteil des Juzgado Contencioso-Administrativo n° 1 de Ferrol vom 25. November 2011, mit dem dieser die bei ihm erhobene Klage abgewiesen hatte, auf und stellte fest, dass die beantragte Steuerbefreiung zu gewähren sei. Die Rechtssache wurde daher an das vorlegende Gericht zurückverwiesen.

13      Der Juzgado Contencioso-Administrativo n° 1 de Ferrol ist der Auffassung, dass die beantragte Steuerbefreiung eine gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßende staatliche Beihilfe für Navantia darstellen könnte, da diese Befreiung aus öffentlichen Mitteln einem dem Staat gehörenden Unternehmen gewährt werde und den Wettbewerb verfälschen könne oder zu verfälschen drohe.

14      Navantia würde als durch die beantragte Befreiung letztlich Begünstigte nämlich insoweit einen selektiven Vorteil erhalten, als sich die normalerweise zu tragende – und von ihren privaten Wettbewerbern im Bereich des Schiffbaus getragene – steuerliche Belastung mittels eines Einnahmenverlusts für den Concello de Ferrol verringere. Diese Stärkung der Wettbewerbsstellung von Navantia auf den von ihren militärischen und zivilen Tätigkeiten betroffenen Märkten könne zum einen den Wettbewerb verfälschen und zum anderen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

15      Vor diesem Hintergrund hat der Juzgado Contencioso-Administrativo n° 1 de Ferrol beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist die Navantia gewährte Befreiung vom Impuesto de Bienes Inmuebles (Steuer auf unbewegliches Vermögen) mit Art. 107 AEUV vereinbar, und ist es mit Art. 107 AEUV vereinbar, dass ein Mitgliedstaat (das Königreich Spanien) eine Steuerbefreiung für ein in seinem Eigentum stehendes Gelände vorsieht, das einer privaten, vollständig vom Staat gehaltenen Kapitalgesellschaft überlassen wird, die dort für den Handel zwischen Mitgliedstaaten in Betracht kommende Waren und Dienstleistungen anbietet?

 Zur Vorlagefrage

16      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine nach dieser Vorschrift verbotene staatliche Beihilfe vorliegt, wenn eine dem Staat gehörende Grundstücksparzelle, die einem vollständig von diesem gehaltenen Unternehmen überlassen wurde, das dort Waren herstellt bzw. Dienstleistungen anbietet, die auf dem Wettbewerb offenstehenden Märkten Gegenstand des Handels zwischen Mitgliedstaaten sein können, von der Grundsteuer befreit wird.

17      Zunächst ist anzumerken, dass dem Gerichtshof nicht die Frage gestellt wird, ob es mit Art. 107 AEUV vereinbar ist, wenn ein Mitgliedstaat einem privaten Unternehmen ein Grundstück zu einem symbolischen Preis überlässt.

18      Zu der vorgelegten Frage ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV, soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

19      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Qualifizierung als „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind (Urteil Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      So muss es sich, damit eine nationale Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV qualifiziert werden kann, erstens um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln, zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden und viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteil Kommission/Deutsche Post, EU:C:2010:481, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Als Erstes ist die dritte dieser Voraussetzungen zu prüfen, wonach dem Begünstigten mit der fraglichen Maßnahme ein Vorteil gewährt werden muss. Als staatliche Beihilfen gelten nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (Urteil Kommission/Deutsche Post, EU:C:2010:481, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Als Beihilfen gelten namentlich Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C-399/10 P und C-401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 101).

23      Folglich ist eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine steuerliche Vergünstigung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Steuerpflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dagegen stellen steuerliche Vorteile aus einer unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbaren allgemeinen Maßnahme keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Art. 107 AEUV dar (Urteil P, C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte, dass zum einen Navantia nach der Vereinbarung von 2001 dem spanischen Staat die Grundsteuer erstatten muss, die gemäß den Art. 60 und 61 des Gesetzes von 2004 für die Navantia überlassene Parzelle, auf der deren Werft liegt, an den Concello de Ferrol zu zahlen ist, und dass zum anderen die in Art. 62 desselben Gesetzes vorgesehene streitige Steuerbefreiung zur Folge hat, dass keinerlei Zahlung dieser Steuer erfolgt, weder vom spanischen Staat an den Concello de Ferrol, noch folglich von Navantia an den spanischen Staat.

25      Außerdem steht fest, dass nach Art. 61 Abs. 1 des Gesetzes von 2004 jedes Unternehmen, das auf einem privaten oder öffentlichen Grundstück tätig ist und eine der in dieser Vorschrift aufgezählten Voraussetzungen erfüllt, der Grundsteuer unterliegt. Der Concello de Ferrol macht insoweit geltend, dass fast alle Unternehmen eine dieser Voraussetzungen erfüllten und dass allein der besondere Mechanismus der Überlassung des Nutzungsrechts durch die Vereinbarung von 2001 es Navantia ermögliche, nicht als Steuerpflichtige eingestuft zu werden.

26      Im Übrigen ergibt sich, wie der Concello de Ferrol ausführt, aus Art. 63 Abs. 2 des genannten Gesetzes, dass in atypischen Fällen wie dem des Ausgangsverfahrens, in denen die Nutzung eines Grundstücks nicht mit einem der Rechte einhergeht, die den Tatbestand für die Entstehung der Grundsteuer erfüllen, eine gesetzliche Verpflichtung für den spanischen Staat besteht, diese Steuer auf den Nutzer des Grundstücks abzuwälzen. Durch die Vereinbarung von 2001 wird diese gesetzliche Verpflichtung erfüllt.

27      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Grundsteuer eine Steuer darstellt, die Navantia normalerweise zu zahlen hätte, und dass die ihr gewährte Befreiung bewirkt, dass die Belastung, die ein Unternehmen in ihrer Lage normalerweise tragen muss, direkt und ohne dass es weiterer Maßnahmen bedürfte, verringert wird. Folglich verschafft diese Steuerbefreiung Navantia ersichtlich einen wirtschaftlichen Vorteil.

28      Zu den Ausführungen der spanischen Regierung, dass nach Art. 62 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes von 2004 die dort vorgesehene Befreiung nicht zugunsten von Unternehmen wie Navantia eingeführt worden sei, sondern ausschließlich zugunsten des spanischen Staates als Grundsteuerpflichtigem und dass die verfolgten Ziele mit Belangen der Landesverteidigung zusammenhingen, ist darauf hinzuweisen, dass nicht aufgrund der Beweggründe einer Beihilfemaßnahme von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass diese Maßnahme als „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einzustufen ist. Diese Vorschrift unterscheidet nämlich nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern bestimmt diese nach ihren Wirkungen (Urteile Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C-71/09 P, C-73/09 P und C-76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 94, sowie Kommission/EDF, C-124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Wie sich aus den Rn. 24 bis 26 des vorliegenden Urteils ergibt, würde die Befreiung von der Grundsteuer im vorliegenden Fall jedoch gemäß Art. 62 Abs. 1 Buchst. a und Art. 63 Abs. 2 des Gesetzes von 2004 sowie in Anwendung der Vereinbarung von 2001 bewirken, dass die Belastung, die Navantia ohne diese Befreiung tragen müsste, direkt und ohne dass es weiterer Maßnahmen bedürfte, verringert wird.

30      Soweit die spanische Regierung geltend macht, dass diese Befreiung als Ausgleich anzusehen sei, mit der die Leistungen vergütet würden, die Navantia in Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbringe, so dass diese Maßnahme Navantia keinen Vorteil verschaffe, ist festzustellen, dass sich das Bestehen einer Verbindung zwischen dieser Befreiung und eventuell von Navantia erbrachten im öffentlichen Interesse liegenden Dienstleistungen in keiner Weise aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt.

31      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die beantragte Grundsteuerbefreiung Navantia einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft.

32      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Art. 107 AEUV Beihilfen, die „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigen, also selektive Beihilfen, verbietet (Urteil P, EU:C:2013:525, Rn. 17).

33      Somit ist zwar eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine steuerliche Vergünstigung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Steuerpflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dies gilt jedoch nicht für Vorteile aus einer unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbaren allgemeinen Maßnahme, die keine staatlichen Beihilfen im Sinne dieser Vorschrift darstellen (Urteil P, EU:C:2013:525, Rn. 18).

34      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt Art. 107 Abs. 1 AEUV insoweit die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteil Portugal/Kommission, C-88/03, EU:C:2006:511, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Die Einstufung einer nationalen Steuermaßnahme als „selektiv“ setzt somit in einem ersten Schritt voraus, dass im Vorfeld die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende allgemeine oder „normale“ Steuerregelung ermittelt und geprüft wird. Anhand dieser allgemeinen oder „normalen“ Steuerregelung ist dann in einem zweiten Schritt zu beurteilen und festzustellen, ob der mit der fraglichen Steuermaßnahme gewährte Vorteil selektiv ist, wenn nämlich dargetan wird, dass diese Maßnahme vom allgemeinen System insoweit abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich im Hinblick auf das mit der Steuerregelung dieses Mitgliedstaats verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteil Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 49).

36      Insoweit ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben zum einen, dass gemäß den Art. 60 bis 63 des Gesetzes von 2004 jeder Besitz oder jede Nutzung eines Grundstücks grundsätzlich die Grundsteuerpflichtigkeit zur Folge hat. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Regelung über diese Steuer die rechtliche Bezugsregelung für die Beurteilung der Frage ist, ob die in Rede stehende Befreiungsmaßnahme selektiven Charakter hat.

37      Zum anderen wurde bereits festgestellt, dass die Nutzung der Grundstücksparzelle, auf der sich die Werft von Navantia befindet, in Abweichung von der in der vorstehenden Randnummer genannten allgemeinen Regel aufgrund der streitigen Befreiung und gemäß der Vereinbarung von 2001, da dort die Überlassung allein des Nutzungsrechts an dieser Parzelle an Navantia vorgesehen ist, von der Grundsteuer befreit ist.

38      Folglich ist zu ermitteln, ob eine Steuerbefreiung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende geeignet ist, Navantia gegenüber anderen Unternehmen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der spanischen Grundsteuerregelung – d. h. der Besteuerung des Besitzes oder der Nutzung eines Grundstücks – verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

39      Aus der Akte ergibt sich insoweit, dass die in Art. 62 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes von 2004 vorgesehene Befreiung unbeweglichen Vermögens des Staates, „das der Landesverteidigung dient“, auf alle Tätigkeiten eines Unternehmens wie Navantia angewandt werden kann, ohne dass danach unterschieden werden müsste, ob diese militärischen oder zivilen Charakter haben, was vom vorlegenden Gericht zu überprüfen ist.

40      Demnach ist davon auszugehen, dass sich im Hinblick auf das Ziel der Besteuerung des Besitzes oder der Nutzung eines Grundstücks nicht nur Unternehmen, die Grundstücke zu teilweise mit der Landesverteidigung im Zusammenhang stehenden Zielen besitzen oder nutzen, in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation wie Navantia befinden, sondern auch Unternehmen, die Grundstücke zu ausschließlich zivilen Zwecken besitzen oder nutzen.

41      Es ist daher offensichtlich, dass Navantia gegenüber dieser letzteren Gruppe von Unternehmen in Bezug auf ihre zivilen Tätigkeiten ein Steuervorteil gewährt würde, auf den andere Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, keinen Anspruch hätten. Dieser Steuervorteil hätte daher a priori selektiven Charakter.

42      Nach ständiger Rechtsprechung erfasst jedoch der Begriff der staatlichen Beihilfe staatliche Maßnahmen, die eine Differenzierung zwischen Unternehmen vornehmen und damit a priori selektiv sind, dann nicht, wenn diese Differenzierung aus der Natur oder dem inneren Aufbau der Lastenregelung folgt, mit der sie in Zusammenhang stehen, was vom betroffenen Mitgliedstaat darzulegen ist (Urteil Portugal/Kommission, EU:C:2006:511, Rn. 52 und 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Eine Maßnahme, die eine Ausnahme von der Anwendung des allgemeinen Steuersystems darstellt, kann nämlich durch die Natur und den inneren Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt sein, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweisen kann, dass sie unmittelbar auf den Grund- oder Leitprinzipien seines Steuersystems beruht. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen den mit einer bestimmten Steuerregelung verfolgten Zielen, die außerhalb dieser Regelung liegen, und den dem Steuersystem selbst inhärenten Mechanismen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind (Urteil Portugal/Kommission, EU:C:2006:511, Rn. 81).

44      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen weder, dass die spanische Regierung irgendetwas vorgetragen hätte, was dazu geeignet wäre, nachzuweisen, dass die beantragte Steuerbefreiung unmittelbar auf den Grund- oder Leitprinzipien des Steuersystems dieses Mitgliedstaats beruht, noch, dass diese Befreiung für das Funktionieren und die Wirksamkeit dieses Steuersystems erforderlich wäre. Wie die Europäische Kommission vorgetragen hat, steht eine Befreiung der der Landesverteidigung dienenden Grundstücke des Staates dem Anschein nach nicht in direktem Zusammenhang mit den Zielen der Grundsteuer. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob angesichts aller relevanten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits eine Rechtfertigung gegeben ist.

45      Nach alledem ist festzustellen, dass die dritte Voraussetzung, nämlich das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils zugunsten des Begünstigten der beantragten Befreiungsmaßnahme, im vorliegenden Fall erfüllt sein kann.

46      Was als Zweites die erste Voraussetzung angeht, dass es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handelt, ist darauf hinzuweisen, dass nur solche Vorteile, die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden oder eine zusätzliche Belastung für den Staat darstellen, als Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen sind. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung und den in Art. 108 AEUV aufgestellten Verfahrensregeln geht nämlich hervor, dass die in anderer Weise als aus staatlichen Mitteln gewährten Vorteile nicht vom Anwendungsbereich der in Rede stehenden Bestimmungen erfasst werden (Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., EU:C:2013:175, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Folglich ist zu prüfen, ob ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen dem Vorteil, der dem Begünstigten gewährt wird, einerseits und der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder einem hinreichend konkreten wirtschaftlichen Risiko für dessen Belastung andererseits besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., EU:C:2013:175, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Insoweit wird zum einem nicht bestritten, dass die beantragte Steuerbefreiung vom spanischen Staat gewährt wurde und somit eine Maßnahme dieses Staates darstellt. Zum anderen steht fest, dass die aus dieser Befreiung resultierende Verringerung einer Belastung, die Navantia normalerweise zu tragen hätte, mit einer Schmälerung des Haushalts des Concello de Ferrol einhergehen würde.

49      Die Voraussetzung, dass es sich um eine staatliche Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln muss, könnte unter diesen Umständen daher als erfüllt erachtet werden, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

50      Diese Feststellung wird durch das Vorbringen der spanischen Regierung, in dem auf die Urteile Streekgewest (C-174/02, EU:C:2005:10) und Distribution Casino France u. a. (C-266/04 bis C-270/04, C-276/04 und C-321/04 bis C-325/04, EU:C:2005:657) verwiesen wird, nicht in Frage gestellt. Diese Rechtsprechung ist nämlich für das Ausgangsverfahren ohne Belang, da sie eine andere Fallkonstellation als die dieses Verfahrens betrifft, in der die Steuer Bestandteil einer Beihilfemaßnahme ist und daher selbst eine Beihilfe darstellt. Im Ausgangsverfahren wird hingegen in keiner Weise geltend gemacht, dass die Grundsteuer selbst eine Beihilfemaßnahme darstelle, sondern nur, dass die Befreiung von dieser Steuer im vorliegenden Fall dazu führe, dass Navantia eine Beihilfe gewährt werde.

51      Was als Drittes die zweite und die vierte Voraussetzung betreffend die Auswirkungen einer Steuerbefreiung wie der des Ausgangsverfahrens auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den Wettbewerb angeht, so bedarf es für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe nicht des Nachweises einer tatsächlichen Auswirkung der fraglichen Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und einer tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung, sondern nur der Prüfung, ob die Beihilfe geeignet ist, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (Urteil Libert u. a., C-197/11 und C-203/11, EU:C:2013:288, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Der innergemeinschaftliche Handel wird insbesondere dann durch eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe beeinflusst, wenn sie die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen, konkurrierenden Unternehmen in diesem Handel stärkt (Urteil Libert u. a., EU:C:2013:288, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Schiffbausektor ein dem Wettbewerb und dem Handel zwischen den Mitgliedstaaten offenstehender Markt ist, auf dem Navantia somit im Wettbewerb mit anderen Unternehmen steht. Laut dem Vorabentscheidungsersuchen gilt dies außerdem nicht nur in Bezug auf die zivilen Tätigkeiten dieses Unternehmens, sondern auch in Bezug auf dessen Tätigkeiten im militärischen Sektor.

54      Die beantragte Steuerbefreiung ist demnach geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

55      Folglich können die vier in Rn. 20 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sein. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die fragliche Steuerbefreiung angesichts aller relevanten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits, gewürdigt im Licht der vom Gerichtshof gegebenen Auslegungshinweise, als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen ist.

56      Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine nach dieser Vorschrift verbotene staatliche Beihilfe vorliegen kann, wenn eine dem Staat gehörende Grundstücksparzelle, die einem vollständig von diesem Staat gehaltenen Unternehmen überlassen wurde, das dort Waren herstellt bzw. Dienstleistungen anbietet, die auf dem Wettbewerb offenstehenden Märkten Gegenstand des Handels zwischen Mitgliedstaaten sein können, von der Grundsteuer befreit wird. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche Befreiung angesichts aller relevanten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits, gewürdigt im Licht der vom Gerichtshof gegebenen Auslegungshinweise, als staatliche Beihilfe im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.

 Kosten

57      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nach dieser Vorschrift verbotene staatliche Beihilfe vorliegen kann, wenn eine dem Staat gehörende Grundstücksparzelle, die einem vollständig von diesem Staat gehaltenen Unternehmen überlassen wurde, das dort Waren herstellt bzw. Dienstleistungen anbietet, die auf dem Wettbewerb offenstehenden Märkten Gegenstand des Handels zwischen Mitgliedstaaten sein können, von der Grundsteuer befreit wird. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche Befreiung angesichts aller relevanten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits, gewürdigt im Licht der vom Gerichtshof der Europäischen Union gegebenen Auslegungshinweise, als staatliche Beihilfe im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.