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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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61999C0076

Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly vom 25. Mai 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b - Eng verbundene Umsätze - Begriff. - Rechtssache C-76/99.

Sammlung der Rechtsprechung 2001 Seite I-00249


Schlußanträge des Generalanwalts


1. In diesem Vertragsverletzungsverfahren beanstandet die Kommission die von den französischen Steuerbehörden getroffene Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Formen von Kooperationsverträgen zwischen Labors, die biologische Analysen medizinischer Proben, die Patienten auf Anordnung ihrer Ärzte entnommen wurden, vornehmen. In Fällen, in denen das Labor, das die Probe stellt, nach französischem Recht verpflichtet ist, diese zur Analyse an ein spezialisierteres Labor zu senden, unterliegt die Pauschalvergütung, die das Analyselabor dem die Probe weiterleitenden Labor zu zahlen hat, der Mehrwertsteuer. Beruht die Übersendung der Probe dagegen auf einer freien vertraglichen Vereinbarung, so ist sie von der Mehrwertsteuer befreit. Die Kommission hält diese Unterscheidung nicht für gerechtfertigt. Nach ihrer Auffassung sollten alle solche Kooperationsvereinbarungen zwischen Labors als nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie von der Mehrwertsteuer befreit angesehen werden.

I - Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt

2. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie bestimmt:

Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

...

b) die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden;

c) die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden ..."

3. Nach Artikel 261-4-1 des französischen Code général des impôts (Abgabenordnung) sind Analysen biomedizinischer Proben von der Mehrwertsteuer befreit. Nach ministeriellen Dienstanweisungen, die 1982 erlassen wurden, bezweckt diese Vorschrift die Befreiung biologischer Untersuchungen, die die Verhütung, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten beim Menschen erleichtern sollen".

4. Nach dem geänderten Artikel L. 760 Absatz 5 des französischen Code de la santé publique (Gesetzbuch über das öffentliche Gesundheitswesen) darf ein Labor eine ihm anvertraute Probe an ein anderes Labor nur aufgrund eines Vertrages über Zusammenarbeit" zur Analyse weitergeben. Derartige Verträge müssen Art und Modalitäten der Übersendung festlegen. Offenbar dürfen ungefähr neun Labors derartige Analysen vornehmen, für die sie von dem die Probe übersendenden Labor nur eine ermäßigte Gebühr (un tarif minoré") verlangen dürfen. Das letztgenannte Labor bleibt nach Artikel L. 760 Absatz 8 des Code de la santé publique dem Patienten gegenüber rechtlich verantwortlich für die Analyse und die Inrechnungstellung.

5. Über bestimmte Analysen können keine solchen Verträge über Zusammenarbeit geschlossen werden. Artikel L. 759 des Code de la santé publique bestimmt, dass biomedizinische Analysen, die bestimmte besondere Qualifikationen erfordern oder den Einsatz besonders gefährlicher Erzeugnisse oder außergewöhnlich schwieriger oder neuer Methoden notwendig machen, Speziallabors oder bestimmten Personen vorbehalten bleiben. Das Verzeichnis der hierfür zugelassenen Labors wird vom Gesundheitsminister erstellt.

6. Zur Gewährleistung einer landesweiten Versorgung können jedoch Patienten, die Spezialanalysen benötigen, sich an ein Labor oder eine Krankenschwester ihrer Wahl wenden, um zum Zweck einer solchen Analyse eine Probe entnehmen zu lassen. Das Entnahmelabor (oder die Krankenschwester) hat dann dafür zu sorgen, dass die Probe an ein Speziallabor zur Analyse gesandt wird. Von Krankenschwestern entnommene Proben werden offenbar zunächst in Apotheken gelagert, bevor sie an ein Speziallabor gesandt werden. Zwingende Verträge über Zusammenarbeit bei solchen Analysen werden im Folgenden als Pauschalverträge bezeichnet.

7. Nach Artikel 36 des Gesetzes Nr. 94-43 vom 18. Januar 1994, durch den Artikel L. 760 letzter Absatz des Code de la santé publique geändert wurde, hat das Labor, das im Rahmen derartiger Pauschalverträge Spezialanalysen vornimmt, die Speziallabors oder bestimmten Personen vorbehalten sind, dem Labor, das die Probe entnommen hat, für die Übersendung der Probe eine Pauschalvergütung (indemnité forfaitaire") zu zahlen. Die Höhe dieser Vergütung wird durch Ministerialverordnung festgelegt. Das (spezialisierte) Analyselabor berechnet die Analyse der Probe, die ihm das Entnahmelabor zugesandt hat, unmittelbar dem Patienten. Diese Leistung unterliegt nicht der Mehrwertsteuer. Soweit das Labor, das die Probe entnommen hat, dem Patienten die Entnahme berechnet, wird ebenfalls keine Mehrwertsteuer erhoben. Nach der Dienstanweisung 3 A-7-82 wird jedoch bei Pauschalverträgen Mehrwertsteuer für die Kosten der Übersendung (honoraires de transmission"; im Folgenden: Übersendungsvergütung) geschuldet, die das Analyselabor dem die Probe übersendenden Labor zu zahlen hat. Anders ausgedrückt, ist Mehrwertsteuer auf die Pauschalvergütung zu entrichten, die das Analyselabor dem Entnahmelabor zahlt.

II - Hintergrund

8. Auf eine Beschwerde hin forderte die Kommission die französischen Behörden in einem Schreiben vom 25. Januar 1996 auf, zu erläutern, auf welcher Grundlage Mehrwertsteuer auf die im Rahmen von Pauschalverträgen zu zahlende Vergütung erhoben werde. Die französischen Behörden zitierten in ihrer Antwort u. a. eine Entscheidung des französischen Conseil d'État, in der die für die Übersendung von Proben im Rahmen von Pauschalverträgen zu entrichtenden Beträge als Zahlungen für eine geschäftliche Unterstützung (un service d'apport d'affaires") bezeichnet werden.

9. Da die Kommission der Auffassung war, dass eine Erhebung von Mehrwertsteuer auf die im Rahmen von Pauschalverträgen zu zahlenden Pauschalvergütungen gegen Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie verstoße, sandte sie Frankreich am 7. Juli 1997 eine schriftliche Aufforderung zur Äußerung.

10. Am 5. März 1998 sandte die Kommission Frankreich eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie bei ihrem im Aufforderungsschreiben vertretenen Standpunkt blieb, dass die von den französischen Behörden getroffene Unterscheidung künstlich sei, da sie auf eine Differenzierung danach hinauslaufe, auf welche Weise das Labor, das die Probe entnehme, bezahlt werde. So werde das Entnahmelabor bei Verträgen über Zusammenarbeit dadurch bezahlt, dass das Analyselabor nur eine ermäßigte Gebühr verlange, das Entnahmelabor dem Patienten aber die volle Gebühr berechne, während es bei Pauschalverträgen durch die Vergütung bezahlt werde, die es vom Analyselabor erhalte. Die zu zahlenden Beträge würden vom Staat festgesetzt und seien nach den Informationen, die sie vom betreffenden Sektor erhalten habe, nicht übermäßig hoch. Frankreich wurde daher aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um binnen zwei Monaten seinen Verpflichtungen aus der Sechsten Richtlinie nachzukommen.

11. Frankreich antwortete mit Schreiben vom 28. Mai 1998. Seiner Auffassung nach war die Beschwerde der Kommission unbegründet. Während die Kooperation im Rahmen von Verträgen über Zusammenarbeit als klassische Form des Untervertrags angesehen werden könne, sei die Weiterleitung von Proben im Rahmen von Pauschalverträgen eine Art geschäftliche Unterstützung des Analyselabors, die unabhängig von der Dienstleistung der Analyse erfolge, die das letztgenannte Labor dem Patienten erbringe. Seine Ansicht, dass es in Pauschalverträgen um zwei gesonderte Umsätze gehe, stützte Frankreich u. a. auf die Rechtssachen Henriksen und Kommission/Vereinigtes Königreich.

12. Da die Kommission diese Auffassung nicht teilte, hat sie am 3. März 1999 Klage beim Gerichtshof erhoben. Sie beantragt,

- festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 (Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) verstoßen hat, dass sie auf die Pauschalvergütungen für die Probenentnahme für medizinische Analysen Mehrwertsteuer erhoben hat;

- der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

III - Vorbringen der Parteien

13. Die Kommission macht geltend, der Begriff eng verbundene Umsätze" im Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlung und [der] ärztliche[n] Heilbehandlung" nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie erfasse die Übersendung einer Probe durch das Labor, das diese Probe entnommen habe, an ein anderes Labor zur Analyse, da Zweck der Entnahme einer Probe deren Analyse sei. Pauschalverträge seien nicht anders zu behandeln; die Übersendung der Probe an das Labor, das befugt sei, sie zu analysieren, sei eine Nebenleistung zu der vom letztgenannten Labor vorgenommenen biomedizinischen Analyse der Probe und eng mit dieser verbunden, wenn nicht sogar deren Bestandteil; sie sei als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung" eng verbundener" Umsatz anzusehen. Frankreich berufe sich in seiner Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme zu Unrecht auf die Rechtsprechung in den Rechtssachen Henriksen und Kommission/Vereinigtes Königreich. Das letztgenannte Urteil stütze nicht die Auffassung, dass an den verschiedenen mit der ärztlichen Heilbehandlung" eng verbundenen" Umsätzen dieselben Personen beteiligt sein müssten.

14. Die Kommission äußert sich nicht dazu, dass nach französischem Recht bestimmte Analysen genau festgelegten Labors vorbehalten sind, weist aber darauf hin, dass die Mitgliedstaaten zwar die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie festsetzen dürften, sich der materielle Gehalt der von der Befreiung erfassten Umsätze jedoch nach Gemeinschaftsrecht bestimme. Die streitige Unterscheidung verletze den Grundsatz der Neutralität, der zusammen mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit verlange, dass der Anwendungsbereich der Mehrwertsteuerpflicht und der Befreiungen von der Mehrwertsteuer so objektiv wie möglich auszulegen sei. Da kein bedeutsamer wirtschaftlicher Unterschied zwischen den beiden Arten von Kooperationsverträgen bestehe, rechtfertige die unterschiedliche Struktur dieser Verträge, die der Code de la santé publique vorschreibe, nicht die Unterscheidung, die für die Zwecke der Mehrwertsteuer zwischen ihnen getroffen werde.

15. Frankreich verteidigt sich im Wesentlichen unter Berufung auf den gefestigten Grundsatz, dass der Umfang der Befreiungen von der Mehrwertsteuer eng auszulegen sei. Bei Verträgen über Zusammenarbeit seien die zwischen dem die Probe übersendenden Labor und dem Analyselabor vereinbarten Vergütungen so berechnet, dass das Erstere einen Gewinn machen könne. Verantwortlich für die Analyse bleibe jedoch das Labor, das dem Patienten die Rechnung ausstelle und dessen Leiter den Analysebericht unterzeichne. Daraus schließt Frankreich, dass bei Verträgen über Zusammenarbeit beide Labors als an der biomedizinischen Analyse der Probe beteiligt angesehen werden könnten und die Befreiung richtigerweise Anwendung finde. Dies gelte nicht für Pauschalverträge, in deren Rahmen das Analyselabor dem Patienten die Rechnung ausstelle und dem die Probe übersendenden Labor eine Pauschalvergütung zahle, die dessen Kosten decken solle. Diese Vergütung diene der Bezahlung des Beitrags des Entnahmelabors zum Umsatz des Analyselabors und könne daher für die Zwecke der Mehrwertsteuer nicht als mit der eigentlichen Analyse der Probe eng verbunden" angesehen werden.

16. Eine Gesamtheit von Umsätzen könne für die Zwecke der Mehrwertsteuer nur dann als einheitlicher Umsatz qualifiziert werden, wenn es sich bei den betreffenden Umsätzen nicht um rechtlich gesonderte Vorgänge handele und wenn dieselben Personen beteiligt seien. Zwar sei es einfacher, darzulegen, dass zwei völlig verschiedene Umsätze, wie etwa die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich, unabhängig voneinander seien, doch bedeute dies nicht, dass zwei Dienstleistungen, die wirtschaftlich, inhaltlich und rechtlich voneinander zu lösen oder verschieden seien, als eine einheitliche Dienstleistung angesehen werden könnten.

17. Zur Identität der Parteien führt Frankreich aus, dass in der Rechtssache Henriksen die Wohnung und der Fahrzeugabstellplatz von denselben Personen ver- und gemietet worden seien. Im vorliegenden Fall seien jedoch an den Verträgen über Zusammenarbeit nur der Patient und das die Probe entnehmende Labor beteiligt, während bei den Pauschalverträgen gesonderte Beziehungen zwischen dem Patienten und dem die Probe analysierenden Labor einerseits und den beiden Labors andererseits bestuenden. Darüber hinaus falle nach dem Urteil SDC eine Tätigkeit nur dann unter die Ausnahme, wenn sie die spezifische und wesentliche Funktion der befreiten Tätigkeit besitze, was hier nicht der Fall sei.

18. In ihrer Erwiderung bestreitet die Kommission die Erheblichkeit des Umstands, dass die Verantwortlichkeit für die Analyse im Rahmen der Sonderverträge beim Analyselabor liege. Unter Bezugnahme auf die Rechtssache CPP macht sie geltend, dass aus der Sicht des Patienten entscheidend sei, dass die Übersendung der Probe nicht an sich ein Ziel sei, sondern vielmehr ein wesentlicher Schritt bei der Durchführung der Analyse. Die Kommission warnt davor, durch Analogie von einer Befreiung auf eine andere Befreiung zu schließen; in erster Linie sei vom konkreten Fall auszugehen. Das Urteil SDC stütze ihre Ansicht, dass es wichtig sei, das Wesen der erbrachten Dienstleistung, in diesem Fall die Analyse, zu betrachten. Die Weiterleitung der Probe sei eine notwendige technische Unterstützung.

19. In seiner Gegenerwiderung trägt Frankreich unter Bezugnahme auf das Urteil CPP vor, dass zu vermuten sei, dass es sich um gesonderte Umsätze handele, wenn wie im vorliegenden Fall bei der Weiterleitung von Proben im Rahmen von Pauschalverträgen für bestimmte Leistungen gesonderte Preise gezahlt würden. Folgte man der Auffassung der Kommission, so fiele zudem jede Tätigkeit, die letztlich die Ausführung einer befreiten Tätigkeit ermögliche oder erleichtere, unter diese Befreiung.

IV - Prüfung

20. Im vorliegenden Fall wird hauptsächlich über die Tragweite des Grundsatzes gestritten, dass Befreiungen von der Mehrwertsteuer eng auszulegen sind. Die Parteien stimmen darin überein, dass die medizinische Analyse von Blut oder anderen dem Patienten entnommenen Körperfluessigkeiten als mit der Krankenhausbehandlung und [der] ärztliche[n] Heilbehandlung" eng verbundener Umsatz" im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie befreit ist. Einigkeit herrscht auch darüber, dass die Entnahme von Proben ebenfalls befreit ist. Verschiedener Meinung sind die Parteien darüber, welches die genaue Grundlage für die letztgenannte Befreiung ist. Nach Ansicht der Kommission sollte die Entnahme der Probe als Umsatz angesehen werden, der mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbunden" sei, während Frankreich in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass sie als ärztliche Handlung (en tant qu'acte médical") befreit sei. Diese Meinungsverschiedenheit ist jedoch im vorliegenden Fall unbeachtlich, da die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der ... ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden", nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c befreit sind. Die entscheidende Frage ist daher, ob aufgrund des Erfordernisses, Befreiungen eng auszulegen, die strukturellen und rechtlichen Unterschiede zwischen Verträgen über Zusammenarbeit und Pauschalverträgen den Standpunkt der französischen Behörden rechtfertigen, dass die Übersendung der Probe bei Pauschalverträgen als gesonderte Handlung und somit als der Mehrwertsteuer unterworfen angesehen werden könne.

21. Meines Erachtens ist der Grundsatz der engen Auslegung zwar von Bedeutung, wenn es um den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuerbefreiungen geht, doch ist er keineswegs der einzige wichtige Grundsatz. So hat der Gerichtshof im Urteil CPP festgestellt, dass die in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe [sind], die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen". Im Urteil Bulthuis-Griffioen hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Befreiungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar[stellen]" und dass dies auch für spezielle Bedingungen gelten [muss], von denen die Gewährung dieser Befreiungen abhängig gemacht wird, und insbesondere für diejenigen, die die Eigenschaft oder Identität des Wirtschaftsteilnehmers betreffen, der die von der Befreiung erfassten Leistungen erbringt". In jüngerer Zeit hat der Gerichtshof im Urteil Gregg, obwohl er sich dort mit dem persönlichen Anwendungsbereich der Begriffe der anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art" und der andere[n] ... als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte[n] Einrichtungen" in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben b und g befasste, eine enge Auslegung abgelehnt, die zwei natürliche Personen, die ein Unternehmen in Form einer unincorporated partnership" betreiben, vom Anwendungsbereich der betreffenden Befreiungen ausschließen würde.

22. In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache CPP hatte ich die Gelegenheit, festzustellen, dass es nicht erforderlich ist, eindeutige Steuerbefreiungen besonders eng auszulegen. Dies lässt sich an den Rechtssachen Muys en de Winter's und SDC verdeutlichen, in denen es um den Anwendungsbereich einiger Befreiungen des Artikels 13 Teil B Buchstabe d ging, der, allgemein gesagt, Kreditumsätze betrifft. Der Gerichtshof hat ungeachtet des Grundsatzes der engen Auslegung entschieden, dass, [sofern] über die Identität des Kreditgebers oder des Kreditnehmers ... nichts näher bestimmt ist, der Ausdruck ,Gewährung und Vermittlung von Krediten grundsätzlich weit genug [ist], um sich auf einen von einem Lieferanten von Gegenständen in Form eines Zahlungsaufschubs gewährten Kredit erstrecken zu können". Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache CPP ausgeführt habe, verwarf [der Gerichtshof im Urteil Muys en De Winter's] das Vorbringen der Kommission, die Bestimmung erfasse nur Darlehen und Kredite von Kreditinstituten", während er im Urteil SDC auf den ,Typ des bewirkten Umsatzes (Randnr. 31) ab[stellte] und ... unter Berufung auf das Urteil Muys en De Winter's das Vorbringen [verwarf], die Befreiungen in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummern 3 und 5 seien auf Banken oder Kreditinstitute beschränkt oder hingen in anderer Weise von der spezifischen Rechtsform des Dienstleisters ab (Randnrn. 34 f.)".

23. Der Begriff der eng verbundenen Umsätze" im Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlung und [der] ärztliche[n] Heilbehandlung" verlangt auf den ersten Blick keine besonders enge Auslegung. Die zugrunde liegende Absicht ist erkennbar, nämlich sicherzustellen, dass der Zugang zu Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen nicht durch die höheren Kosten versperrt wird, die entstuenden, wenn die Behandlungen oder die eng mit ihnen verbundenen Umsätze der Mehrwertsteuer unterworfen wären. Ich meine daher, dass sämtliche Umsätze, die unmittelbar oder eng mit der Krankenhausbehandlung und [der] ärztliche[n] Heilbehandlung" verbunden sind, unabhängig von ihrer Form als von der Befreiung erfasst anzusehen sind.

24. Was den Sachverhalt in der vorliegenden Rechtssache betrifft, so halte ich das von Frankreich in der mündlichen Verhandlung vorgetragene allgemeine Argument, dass die Übersendung medizinischer Proben als solche niemals als befreit angesehen werden könne, nicht für überzeugend. Ich stimme der Kommission darin zu, dass zu berücksichtigen ist, zu welchem Zweck die Proben entnommen werden. Die Entnahme wird von Ärzten angeordnet, die entweder gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie im Rahmen der Ausübung ihrer Berufe Heilbehandlungen" oder gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b Krankenhausbehandlung[en] und ... ärztliche Heilbehandlung[en]" durchführen. Hat ein praktischer Arzt den Verdacht, dass ein Patient an einer bestimmten Krankheit leidet, möchte er jedoch diese vorläufige Diagnose durch eine Analyse bestätigen lassen, sollte die Entnahme einer Probe, die ein entscheidender und notwendiger Schritt bei der Durchführung der verlangten Analyse ist, bei einer einfachen grammatikalischen Auslegung des Begriffes eng verbundene Umsätze" als hinreichend eng mit der von dem betreffenden Arzt durchgeführten Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung verbunden angesehen werden. Auch wenn die Analyse nicht von einem Arzt, sondern von einem anderen ordnungsgemäß ermächtigten Angehörigen der Heilberufe verlangt würde, sollte die Übersendung der entnommenen Probe nicht anders qualifiziert werden. Steht dagegen, wie in der Rechtssache D, der Zweck, für den die Analyse verlangt wird, in keinem Zusammenhang mit der Verhütung, Diagnose oder Behandlung vermuteter oder festgestellter Leiden oder Krankheiten, sollte die Befreiung keine Anwendung finden.

25. Frankreich trägt vor, dass die Übersendung von Proben im Rahmen von Pauschalverträgen nach Auffassung seiner Steuerbehörden als geschäftliche Unterstützung des Analyselabors angesehen werden könne, da das Entnahmelabor dem Analyselabor tatsächlich Geschäfte vermittle; dies schließe aus, dass die Übersendung für die Zwecke der Mehrwertsteuer als bloße Nebenleistung oder als Bestandteil der Analyse selbst angesehen werde. Zur Stützung seiner Ansicht zieht Frankreich zwei Kriterien der Rechtsprechung des Gerichtshofes heran, nämlich dass an Umsätzen, die ein einheitliches Ganzes bilden sollen, dieselben Personen beteiligt sein müssen und dass es sich nicht um rechtlich und wirtschaftlich gesonderte Umsätze handeln darf.

26. Meines Erachtens beruft sich Frankreich zu Unrecht auf die Rechtsprechung in den Rechtssachen Kerrutt, Henriksen und CPP. In der Rechtssache Kerrutt hatte sich der Gerichtshof damit zu befassen, ob die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen zur Errichtung eines Gebäudes durch ein Unternehmen zusammen mit der Lieferung des betreffenden Grundstücks durch ein anderes Unternehmen als einheitliche Lieferung für die Zwecke der vorübergehenden Befreiung der Lieferung von Gebäuden und Grundstücken nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b und Nummer 16 des Anhangs F der Sechsten Richtlinie angesehen werden konnten. Es überrascht nicht, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass Lieferungen ..., ... bei denen es sich um rechtlich von dem mit einem anderen Unternehmer abgewickelten Grundstücksgeschäft getrennte Vorgänge handelt, nicht zusammen mit Letzterem als eine Einheit im Sinne einer einheitlichen Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden anzusehen [sind]". Im vorliegenden Fall liegt jedoch, anders als bei den zahlreichen Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes, im Wesentlichen eine einzige Leistung vor, nämlich die medizinische Analyse einer Probe. Dass nach dem Code de la santé publique aus Gründen des Gesundheitswesens das Analyselabor gegenüber dem Patienten für die Analyse verantwortlich ist, reicht nicht, um die Weiterleitung der Probe an dieses Labor durch ein anderes Labor als gesonderten Umsatz anzusehen.

27. Auch die Rechtssache Henriksen stützt nicht die Auffassung Frankreichs. In dieser Rechtssache hatte sich der Gerichtshof damit auseinander zu setzen, ob die Vermietung von Garagen, da sie mit der Vermietung verschiedener nahe gelegener Häuser zusammenhing, im Rahmen von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie nicht unter die für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen" geltende Ausnahme von der Befreiung der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" fiel und deshalb nicht der Mehrwertsteuer unterlag. Der Gerichtshof hat den Grundsatz des Accessorium sequitur principale angewandt und entschieden, dass, wenn die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ... mit der ... Vermietung von ... Grundstücken ... eng verbunden ist, so dass beide Vermietungen einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellen", die Vermietung dieser Plätze befreit ist. Die vom Gerichtshof aufgestellte Bedingung lautet, dass die beiden Umsätze eng verbunden sind, so dass sie als Einheit angesehen werden können. Dass der Gerichtshof aufgrund des Sachverhalts in der Rechtssache Henriksen entschieden hat, dass diese Bedingung u. a. deswegen erfuellt war, weil diese beiden Gegenstände von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter vermietet werden", bedeutet nicht, dass an den fraglichen Umsätzen stets dieselben Personen beteiligt sein müssen. Ich stimme der Kommission darin zu, dass die Identität der Parteien lediglich als Indiz dafür anzusehen ist, dass die Umsätze so eng verknüpft sind, dass es gerechtfertigt ist, sie als einheitliche Leistung zu behandeln.

28. In der Rechtssache CPP, in der es darum ging, ob verschiedene Dienstleistungen, die im Rahmen eines Planes erbracht wurden, mit dem Kreditkarteninhabern gegen Entgelt Schutz gegen sich etwa aus dem Verlust oder dem Diebstahl der Karte ergebende finanzielle Verluste oder Unannehmlichkeiten geboten werden sollte, unter die Befreiung von Versicherungsumsätzen nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie fallen konnten, hat der Gerichtshof überlegt, wovon es ... im Hinblick auf die Mehrwertsteuer abhängt, ob ein Umsatz, der aus mehreren Teilen besteht, als einheitliche Leistung oder als zwei oder mehrere voneinander unabhängige Leistungen zu betrachten ist". Er hat festgestellt, dass [w]egen der Vielfalt gewerblicher Umsätze ... die Frage nach der richtigen Vorgehensweise dabei nicht für alle Fälle erschöpfend beantwortet werden [kann]" und dass bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt, eine Gesamtbetrachtung erforderlich [ist]". Dies ist für den vorliegenden Fall, in dem es um den Begriff eng verbundene" Leistungen geht, von Bedeutung, da nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a die Befreiung der Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze" die dazugehörigen Dienstleistungen ..." umfasst.

29. Meines Erachtens ergibt sich aus dem Vorgehen in der Rechtssache CPP eindeutig, dass auf das Wesen und den Zweck eines Umsatzes, und zwar aus der Sicht des Verbrauchers, abzustellen ist. Dieses Vorgehen ist auch im vorliegenden Fall möglich. Der Patient ersucht - in der Regel durch den behandelnden Arzt - um die Entnahme und Analyse einer Probe. Ihm ist es gleichgültig, ob das die Probe entnehmende Labor auch die Analyse vornimmt oder ein anderes Labor damit beauftragt, ihm gegenüber aber uneingeschränkt verantwortlich für die Analyse bleibt, oder ob es die Probe wegen der Art der Analyse an ein Speziallabor zur Untersuchung senden muss. Der bloße Umstand, dass das letztgenannte Labor die klinische Verantwortung für die Analyse übernimmt und der Patient in solchen Fällen zwei Rechnungen erhält - eine vom Analyselabor und eine vom Entnahmelabor -, reicht nicht, um die dem Patienten erbrachte einheitliche Gesamtleistung der Analyse der Probe aufzuspalten.

30. Ich meine deshalb, dass die Leistungen der Probenentnahme und der Übersendung als Nebenleistungen" angesehen werden können, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen" sollten, also der biomedizinischen Analyse. Sie erfuellen daher die Bedingung, dass sie eng verbunden" mit der ärztlichen Heilbehandlung" im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie sein müssen. Der Gerichtshof hat im Urteil CPP festgestellt, dass [e]ine Leistung ... als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen [ist], wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen". Die sterile Entnahme nicht kontaminierter Proben und ihr sicherer Transport zu dem sie analysierenden Labor sind eindeutig zwei grundlegende und wesentliche Schritte bei der Durchführung einer einwandfreien Analyse, die die im öffentlichen Interesse liegende Hauptleistung ist, um die es hier geht.

31. Zwar hat der Gerichtshof im Urteil CPP anerkannt, dass die Inrechnungstellung eines Gesamtpreises, wenngleich nicht von entscheidender Bedeutung, für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung sprechen [kann]", doch rechtfertigt dies im vorliegenden Fall nicht den von Frankreich vertretenen Umkehrschluss, dass der bloße Umstand, dass der Patient im Rahmen von Pauschalverträgen zwei Rechnungen erhalte, die gesonderte steuerliche Behandlung solcher Verträge rechtfertige. Im Zusammenhang mit den beiden Rechnungen im Rahmen von Pauschalverträgen verdient Beachtung, dass nicht vorgetragen wurde, dass der Gesamtbetrag dieser Rechnungen allgemein den der einheitlichen Rechnung überschreiten würde, die bei einem Vertrag über Zusammenarbeit ausgestellt würde. Allgemeiner gesagt scheint mir, dass sich Frankreich insbesondere nicht ganz zu Recht auf das Urteil CPP beruft. Weder in Verträgen über Zusammenarbeit noch in Pauschalverträgen gibt es ein den Leistungen in der Rechtssache CPP gleichendes Leistungsbündel, das nach Ansicht der Kommission bezüglich der Mehrwertsteuer gleichzubehandeln wäre. Vielmehr beruht die Klage der Kommission auf der einfachen Feststellung, dass die Entnahme und die Weiterleitung sicherer Proben grundlegende und wesentliche Schritte im Prozess der Erbringung der Dienstleistung der medizinischen Analyse sind. Die Rolle des Entnahmelabors ist entgegen dem Vorbringen Frankreichs nicht mit der eines Vertreters vergleichbar, der dem Analyselabor Geschäfte vermittelt. Der bloße Umstand, dass das Entnahmelabor nach dem Code de la santé publique bestimmte Analysen nicht selbst vornehmen darf, sondern die Proben in diesen Fällen an ein Speziallabor senden muss, ändert nichts daran, dass seine Arbeit mit einer ärztlichen Heilbehandlung zusammenhängt.

32. Frankreich macht ferner geltend, wenn man die Übersendung einer Probe als notwendigen und hinreichend eng verbundenen Schritt auf dem Weg zur tatsächlichen Durchführung der Analyse ansehe, fielen möglicherweise sämtliche Waren, die dem Entnahme- oder dem Analyselabor geliefert würden und von diesen später für ihre Labortätigkeit genutzt würden, unter die Befreiung. Einem solchen Argument, wonach damit alle Schleusen geöffnet" würden, stimme ich nicht zu. Ich teile die Auffassung der Kommission, dass der allgemeine Grundsatz, wonach Ausnahmen von der Mehrwertsteuerpflicht eng auszulegen sind, eine derartig weite Auslegung der Befreiung ausschließt. Waren, die den Labors von Dritten geliefert werden, die nicht unmittelbar an den verschiedenen Schritten im Zusammenhang mit der Entnahme und der biomedizinischen Analyse einer Probe beteiligt sind, können daher nicht unter die Befreiung fallen. Wie der Gerichtshof in Bezug auf Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie im Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich festgestellt hat, [lässt sich, s]ieht man von den Lieferungen kleineren Umfangs ab, die bei der Heilbehandlung unbedingt notwendig sind, ... die Abgabe von Arzneimitteln und sonstigen Gegenständen, wie zum Beispiel von Brillen zum Ausgleich von Sehfehlern, die von einem Arzt oder anderen hierzu ermächtigten Personen verordnet werden, in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Dienstleistung trennen".

33. Schließlich sind in einem Mehrwertsteuerfall, in dem die im Code de la santé publique für das Gesundheitswesen getroffene Unterscheidung zwischen den beiden Arten von Kooperationsverträgen nicht in Frage steht, auch die grundlegenden wirtschaftlichen Merkmale zu berücksichtigen, auf denen der angebliche Wesensunterschied der beiden in Rede stehenden Vertragsarten beruht. Anders ausgedrückt, damit die von den französischen Steuerbehörden vorgenommene steuerliche Differenzierung gerechtfertigt ist, sollte sie auf einen plausiblen wirtschaftlichen Unterschied gestützt werden. Frankreich macht geltend, ein solcher Unterschied bestehe zwischen der Vergütung, die das Analyselabor dem Entnahmelabor im Rahmen eines Pauschalvertrags zahlen müsse, und dem für Verträge über Zusammenarbeit geltenden System der ermäßigten Gebühr, wonach das Analyselabor dem Entnahmelabor eine ermäßigte Gebühr berechne und dieses in der Rechnung, die es später dem Patienten ausstelle, die volle Gebühr für die Analyse verlange. Falls dieser Unterschied überhaupt besteht, ist er jedoch letztlich unbeachtlich. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, sind die beiden Zahlungsmethoden wirtschaftlich betrachtet identisch. Bei Pauschalverträgen erhält der Patient eine Rechnung vom Entnahmelabor, in der lediglich eine Gebühr für die Entnahme der Probe verlangt wird. Frankreich hat dem Gerichtshof in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich mitgeteilt, dass das Analyselabor die finanzielle Last der dem Entnahmelabor gezahlten Vergütung nicht in der gesonderten Rechnung abwälzen dürfe, die es dem Patienten später für die Analyse ausstellt. Somit zahlt der Patient diesem Labor anscheinend nur den vollen Betrag für die Analyse. Dagegen enthält bei Verträgen über Zusammenarbeit die Rechnung, die der Patient vom Entnahmelabor erhält, sowohl die volle Analysegebühr als auch eine Gebühr für die Entnahme der Probe. Trotzdem dienen bei Pauschalverträgen und Verträgen über Zusammenarbeit der Pauschalbetrag und die ermäßigte Gebühr demselben Zweck, nämlich der Bezahlung des Entnahmelabors für die Rolle, die es bei der Analyse spielt. Folglich gibt es für eine Differenzierung zwischen ihnen keine wirtschaftlichen Gründe.

34. Ich meine daher, dass im Rahmen der Mehrwertsteuer die unterschiedliche Struktur von Pauschalverträgen und Verträgen über Zusammenarbeit keine Grundlage für eine relevante Unterscheidung bilden kann. Dass bei Pauschalverträgen die Weiterleitung der Probe an das Analyselabor zwingend ist und dieses in einer direkten Beziehung zum Patienten steht, indem es für die Analyse und Inrechnungstellung (zumindest für den Teil des gesamten Analyseverfahrens, der die eigentliche biomedizinische Analyse enthält) rechtlich verantwortlich ist, rechtfertigt nicht die Ansicht der französischen Steuerbehörden, dass die Übersendung von Proben im Rahmen solcher Verträge für die Zwecke der Mehrwertsteuer als gesonderter Umsatz angesehen und der zu entrichtende Pauschalbetrag daher der Mehrwertsteuer unterworfen werden könne. Dem Antrag der Kommission ist daher stattzugeben.

V - Ergebnis

35. Ich schlage somit dem Gerichtshof vor,

1. festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage verstoßen hat, dass sie auf die Pauschalvergütungen für die Probenentnahme für medizinische Analysen Mehrwertsteuer erhoben hat;

2. der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.