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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 7. April 2005(1)

Verbundene Rechtssachen C-544/03

Mobistar SA

gegen

Commune de Fléron

und C-545/03

Belgacom Mobile SA

gegen

Commune de Schaerbeek

[Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d'État (Belgien)]

„Telekommunikation – Richtlinie 97/13/EG – Regelung einer Gemeinde, mit der eine Abgabe auf die Infrastrukturen für den Mobilfunk eingeführt wird – Rechtswidrigkeit“






1.     In den vorliegenden Rechtssachen ersucht der Conseil d'État (Belgien) den Gerichtshof um Auslegung der Artikel 49 EG und 3c der Richtlinie 90/388/EWG der Kommission vom 28. Juni 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste(2) in der durch die Richtlinie 96/2/EG(3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie). Er fragt, ob diese Bestimmungen der Regelung einer Gemeinde entgegenstehen, mit der eine jährliche Abgabe auf Antennen, Sendemasten und Sendetürme für den Mobilfunk (GSM, „Global system for mobile communications“) eingeführt wird.

I –    Einschlägige nationale Rechtsvorschriften und Ausgangsverfahren

2.     Gegenstand der Ausgangsverfahren sind zwei Verordnungen. Die erste wurde vom Gemeinderat von Schaerbeek in seiner Sitzung vom 8. Oktober 1997 erlassen. Mit ihr wurde für die Haushaltsjahre 1997 bis 1999 eine jährliche Abgabe auf „Außenantennen“ eingeführt, d. h. auf Parabolantennen und Mobilfunkantennen. Die vom Eigentümer der Antenne geschuldete Abgabe belief sich auf 100 000 BEF (2 478,94 Euro) für Mobilfunkantennen und 5 000 BEF (123,95 Euro) für Parabolantennen.

3.     Die zweite Verordnung wurde vom Gemeinderat von Fléron am 27. Januar 1998 erlassen. Mit ihr wurde ab 1. Januar 1998 für einen Zeitraum von drei Jahren eine jährliche Abgabe auf Antennen, Sendemasten und Sendetürme für den Mobilfunk eingeführt. Die ebenfalls vom Eigentümer der Antenne geschuldete Abgabe belief sich auch hier auf 100 000 BEF (2 478,94 Euro) je Antenne.

4.     Diese beiden Verordnungen sind Gegenstand von Klagen vor dem Conseil d'État, die von Mobilfunkbetreibern mit Sitz in Belgien erhoben worden sind, und zwar von der Mobistar SA und der Belgacom Mobile SA. Beide Betreiber beantragen die Nichtigerklärung der streitigen Abgaben und machen hierzu u. a. geltend, dass sie gegen Artikel 49 EG und Artikel 3c der Richtlinie verstießen, da sie rechtswidrige Beschränkungen für den Aufbau ihres Mobilfunknetzes und die freie Erbringung von Mobilfunkdiensten darstellten.

II – Gemeinschaftsrecht

5.     Mit der Richtlinie soll der Bereich der Telekommunikationsdienste liberalisiert werden. Sie erging auf der Grundlage von Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 3 EG) und verlangte zunächst die Beseitigung der besonderen oder ausschließlichen Rechte bei der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen mit Ausnahme der Satelliten-Kommunikation, des Mobilfunks und des Sprachtelefondienstes.

6.     Sie wurde anschließend mehrfach geändert, wobei in ihren Anwendungsbereich 1994 die Satelliten-Kommunikation(4), 1996 Dienste und Systeme der mobilen Kommunikation und der Personal Communications(5) und ebenfalls 1996 sämtliche Sprachtelefon- und Telekommunikationsdienste einschließlich der Errichtung und der Bereitstellung von Netzen für die Erbringung solcher Dienste(6) einbezogen wurden.

7.     Was insbesondere den Mobilfunk angeht, so sollte die Änderung von 1996 die Betreiber in die Lage versetzen, ihr Funknetz für die in ihren Lizenzen oder Genehmigungen vorgesehenen Zwecke zu betreiben und auszubauen und die zugrunde liegenden Einrichtungen frei zu wählen(7). Dieser Schritt wurde als notwendig angesehen, um bestehende Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen und insbesondere den Betreibern solcher Netze die Kontrolle über ihre Kosten zu ermöglichen(8). Deshalb verlangte der mit der Richtlinie 96/2 eingefügte Artikel 3c der Richtlinie:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass für Betreiber von Mobilkommunikations- und Personal-Communications-Systemen alle Beschränkungen hinsichtlich des Aufbaus ihrer eigenen Infrastruktur, der Nutzung von durch Dritte bereitgestellter Infrastruktur und der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur, anderer Anlagen und Standorte, vorbehaltlich der Begrenzung der Nutzung dieser Infrastrukturen auf die in ihrer Lizenz oder Genehmigung vorgesehenen Tätigkeiten aufgehoben werden.“

8.     Ein Teil des durch diese Vorschriften geschaffenen Rechtsrahmens wurde anschließend durch die Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste(9) aufgehoben und ersetzt. Diese Richtlinie ist jedoch in zeitlicher Hinsicht vorliegend nicht anwendbar.

III – Vorabentscheidungsersuchen

9.     Der mit den Klagen von Belgacom Mobile und Mobistar befasste Conseil d'État führt aus, dass es zur Beantwortung der Frage, ob die streitigen Verordnungen insofern mit der Richtlinie 96/2 vereinbar seien, als diese Beschränkungen hinsichtlich des Aufbaus von Mobilfunknetzen verbiete, einer Auslegung des Begriffes „Beschränkung“ bedürfe.

10.   Dieser Begriff sei zwar weder in Artikel 1 noch in Artikel 3c der Richtlinie definiert, aber den Begründungserwägungen der Richtlinie 96/2 sei zu entnehmen, dass offenbar nur Beschränkungen technischer Art gemeint seien: Angesprochen würden z. B. die Aufhebung der „Beschränkungen [für die] Mobilnetzbetreiber [in Bezug auf] Betrieb und … Ausbau ihrer Netze“ (erste Begründungserwägung) und die Tatsache, dass die Vergabe von „Lizenzen … technischen Beschränkungen wie dem Verbot der Nutzung anderer Infrastrukturen … unterworfen“ sei (vierte Begründungserwägung).

11.   Jedoch lasse nichts den Schluss zu, dass die von den Mitgliedstaaten aufzuhebenden Beschränkungen ausschließlich technischer Art seien oder dass die Aufzählung der technischen Beschränkungen in den Begründungserwägungen der Richtlinie abschließend sei. Artikel 3c der Richtlinie beziehe sich nämlich ausdrücklich auf „alle“ Beschränkungen der Infrastruktur, so dass ein vernünftiger Zweifel im Hinblick auf die Frage bleibe, ob unter diese Vorschrift auch Maßnahmen fiskalischer Art fallen könnten, die Infrastrukturen der Mobilkommunikation beträfen.

12.   Der Conseil d'État fügt hinzu, dass sich auch die Frage der Vereinbarkeit der streitigen Abgaben mit dem primären Gemeinschaftsrecht, hier Artikel 49 EG, stelle.

13.   Er hat daher beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.       Ist Artikel 49 EG dahin auszulegen, dass er der Regelung einer nationalen Behörde oder einer Gebietskörperschaft entgegensteht, mit der eine Abgabe auf die Infrastrukturen für Mobilkommunikation und Personal Communications eingeführt wird, die im Rahmen der durch Lizenzen und Genehmigungen gedeckten Tätigkeiten genutzt werden?

2.       Steht Artikel 3c der Richtlinie, soweit mit dieser Vorschrift „alle Beschränkungen“ aufgehoben werden sollen, der Regelung einer nationalen Behörde oder einer Gebietskörperschaft entgegen, mit der eine Abgabe auf die Infrastrukturen für Mobilkommunikation und Personal Communications eingeführt wird, die im Rahmen der durch Lizenzen und Genehmigungen gedeckten Tätigkeiten genutzt werden?

IV – Analyse

14.   Obwohl die beiden vom Conseil d'État gestellten Fragen ausschließlich Artikel 49 EG und Artikel 3c der Richtlinie betreffen, schließe ich mich den Ausführungen vor dem Gerichtshof an, dass der Ausgangsrechtsstreit auch unter Berücksichtigung einer anderen hier anwendbaren Rechtsquelle zu lösen ist, und zwar der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste(10).

15.   Wie aus den Begründungserwägungen(11) dieser Richtlinie hervorgeht, gehört sie zu den Maßnahmen, die der Gesetzgeber getroffen hat, um für die vollständige Liberalisierung der Telekommunikationsdienste und -infrastrukturen ab 1. Januar 1998 zu sorgen. Zu diesem Zweck schafft die Richtlinie 97/13 einen gemeinsamen Rahmen für die Systeme der Allgemein- und Einzelgenehmigungen der Mitgliedstaaten für Telekommunikationsdienste: Um den Markteintritt neuer Betreiber spürbar zu erleichtern(12), fordert sie, dass diese Systeme auf objektiven, transparenten, nichtdiskriminierenden und verhältnismäßigen Kriterien beruhen(13). Im Hinblick darauf enthält sie fiskalische Bestimmungen, die den Wettbewerb fördern und die finanziellen Belastungen begrenzen sollen, die die Mitgliedstaaten den Unternehmen im Bereich der Telekommunikation auferlegen können.

16.   Beschließen die Mitgliedstaaten, wie hier geschehen, Mobilfunkbetreibern, die Inhaber einer Einzelgenehmigung sind(14), Abgaben aufzuerlegen, so sind sie folglich verpflichtet, die Richtlinie 97/13 zu beachten. Diese Richtlinie ist daher für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten relevant, da schon sie allein den Conseil d'État veranlassen könnte, die Anwendung der streitigen Gemeindeverordnungen auszuschließen. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes(15) schlage ich deshalb vor, dem Conseil d'État alle zur Auslegung dieser Richtlinie nötigen Hinweise zu geben.

A –    Zur Richtlinie 97/13

17.   Die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 97/13 finden sich in ihren Artikeln 6 und 13.

18.   Artikel 6 trägt die Überschrift „Gebühren bei den Verfahren für Allgemeingenehmigungen“. Er bestimmt:

„Unbeschadet der finanziellen Beiträge zur Erbringung des Universaldienstes gemäß dem Anhang stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass von den Unternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren nur die Gebühren erhoben werden, die die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Allgemeingenehmigung anfallenden Verwaltungskosten abdecken. Die Gebühren sind mit ausreichenden Einzelheiten in geeigneter Form zu veröffentlichen, damit die Kenntnisnahme ohne Schwierigkeiten möglich ist.“

19.   Artikel 11 der Richtlinie 97/13 trägt die Überschrift „Gebühren und Abgaben für Einzelgenehmigungen“. Er lautet:

„(1)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von dem Unternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren nur die Gebühren erhoben werden, die die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Einzelgenehmigungen anfallenden Verwaltungskosten abdecken. Die Gebühren für eine Einzelgenehmigung müssen in Relation zu dem damit verbundenen Aufwand stehen und sind mit ausreichenden Einzelheiten in geeigneter Form zu veröffentlichen, damit die Kenntnisnahme ohne Schwierigkeiten möglich ist.

(2)       Ungeachtet des Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten ihren nationalen Regulierungsbehörden für den Fall, dass auf knappe Ressourcen zurückgegriffen werden soll, gestatten, Abgaben zu erheben, die die Notwendigkeit widerspiegeln, die optimale Nutzung dieser Ressourcen sicherzustellen. Diese Abgaben müssen nichtdiskriminierend sein und insbesondere der Notwendigkeit Rechnung tragen, die Entwicklung innovativer Dienste und den Wettbewerb zu fördern.“

20.   Inhalt und Reichweite dieser Bestimmungen sind vom Gerichtshof im Urteil vom 18. September 2003 in den Rechtssachen Albacom und Infostrada präzisiert worden(16).

21.   In diesen Rechtssachen wurde die Gültigkeit eines italienischen Gesetzes(17) in Frage gestellt, mit dem ein Beitrag für die Errichtung und die Bereitstellung von Telekommunikationsnetzen und für die Erbringung von Sprachtelefondiensten sowie Mobil- und Personalkommunikationsdiensten eingeführt wurde. Der Beitrag war von den Inhabern von Konzessionen für Telekommunikationsdienste oder von Einzelgenehmigungen zu zahlen. Er wurde nach einem Prozentsatz des Umsatzes bemessen, der sich auf die im Vorjahr erbrachten Dienste und Leistungen bezog, und zwar 3 % für 1999, 2,7 % für 2000, 2,5 % für 2001, 2 % für 2002 und 1,5 % für 2003.

22.   Albacom und Infostrada, zwei Unternehmen mit Einzelgenehmigungen, wandten sich gegen den streitigen Beitrag, da er gegen Artikel 11 der Richtlinie 97/13 verstoße.

23.   Der um Vorabentscheidung ersuchte Gerichtshof hat festgestellt, dass der streitige Beitrag zu keinem der in den Artikeln 6 und 11 der Richtlinie 97/13 vorgesehenen Fälle gehörte: Weder bezweckte er, die wegen des Genehmigungsverfahrens anfallenden Verwaltungskosten zu decken, noch sollte er die Nutzung knapper Ressourcen sicherstellen oder den Universaldienst im Sinne dieser Bestimmungen finanzieren(18).

24.   Die italienische Regierung machte geltend, dass der streitige Beitrag gleichwohl nicht verboten sei. Da Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 97/13 die Mitgliedstaaten ermächtige, im Fall knapper Ressourcen zusätzliche Belastungen aufzuerlegen, müsse es ihnen auch möglich sein, zusätzliche Belastungen aufzuerlegen, die wie im dortigen Fall als Beitrag zu den Investitionen bestimmt seien, die der Staat vornehme, um die Liberalisierung im Telekommunikationssektor sicherzustellen(19).

25.   Der Gerichtshof hat dieses Vorbringen aus zwei Gründen zurückgewiesen. Zum einen ist Artikel 11 der Richtlinie 97/13 restriktiv auszulegen(20). Artikel 11 Absatz 1 sieht nämlich ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass von den Unternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren nur die Gebühren erhoben werden, die die im Zusammenhang mit der Genehmigungserteilung anfallenden Verwaltungskosten decken; gegenüber dieser allgemeinen Bestimmung führt Artikel 11 Absatz 2 einen Vorbehalt ein, der strikt auf den Fall „knapper Ressourcen“ beschränkt ist.

26.    Stünde es den Mitgliedstaaten frei, die finanziellen Belastungen festzusetzen, die den Telekommunikationsunternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren auferlegt werden können, so würde zum anderen dem mit der Richtlinie 97/13 geschaffenen gemeinsamen Rahmen seine praktische Wirksamkeit genommen(21). Denn dieser Rahmen soll Natur und Ausmaß der finanziellen Belastungen angleichen, die die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Genehmigungsverfahren den Unternehmen des betreffenden Sektors auferlegen können; dies hat zum Ziel, die Hindernisse für den freien Verkehr der Telekommunikationsdienste zu beseitigen und den Markteintritt neuer Betreiber spürbar zu erleichtern(22). Dürfte die Italienische Republik den streitigen Beitrag beibehalten, so liefe dies auf die Wiedereinführung eines erheblichen Hindernisses für den Liberalisierungsprozess hinaus und wäre daher mit den Zielen der Richtlinie 97/13 nicht vereinbar.

27.   Daraus folgt, dass die Liste der finanziellen Belastungen, die die Mitgliedstaaten den Telekommunikationsunternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren oder der Genehmigungen selbst auferlegen dürfen, abschließend ist: Fällt die betreffende Belastung nicht in eine der in der Richtlinie 97/13 vorgesehenen Kategorien, so ist sie verboten.

28.   Im vorliegenden Fall steht fest, dass die streitigen Abgaben zu keinem der in den Artikeln 6 und 11 der Richtlinie 97/13 ausdrücklich vorgesehenen Fälle gehören.

29.   Die Gemeinden Schaerbeek und Fléron haben nämlich in ihren Erklärungen dargelegt, dass mit den angefochtenen Verordnungen zwei Ziele von unterschiedlicher Bedeutung verfolgt wurden(23). Das erste, vorrangig verfolgte Ziel ist rein fiskalischer Natur: Es geht für die Gemeinden darum, ausreichende Einnahmen zu erzielen, um sämtliche Ausgaben zu decken, die durch ihre Tätigkeiten entstehen. Die Gemeinde Fléron hat hierzu sogar ausgeführt, dass die streitigen Abgaben dieselben Merkmale aufwiesen wie jede andere Steuer, da sie den Abgabepflichtigen allein deswegen träfen, weil er einen bestimmten Beruf oder eine bestimmte Tätigkeit ausübe. Das zweite, nachrangig verfolgte Ziel der streitigen Verordnungen betrifft die Umwelt: Die Gemeinden wollen die Ausbreitung von Außenantennen in ihrem Gebiet verhindern und einen Ausgleich für die Beeinträchtigung erhalten, die durch diese Antennen in ästhetischer Hinsicht verursacht wird.

30.   Es ist also klar, dass die streitigen Abgaben in keine der drei in den Artikeln 6 und 11 der Richtlinie 97/13 vorgesehenen Kategorien fallen: Sie bezwecken weder, die wegen des Genehmigungsverfahrens anfallenden Verwaltungskosten zu decken, noch sollen sie zur Finanzierung des Universaldienstes beitragen oder die Nutzung „knapper Ressourcen“ im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 97/13 sicherstellen.

31.    Im Übrigen geht aus den Akten hervor, dass diese drei Kategorien von Kosten von anderen Abgaben gedeckt werden, die mit der Königlichen Verordnung vom 7. März 1995 über die Errichtung und den Betrieb von Mobilfunknetzen(24) in ihrer geänderten Fassung(25) eingeführt wurden. So sieht Artikel 15 Absatz 1 dieser Verordnung zu Lasten der Betreiber, die Inhaber einer Genehmigung sind, eine jährliche Abgabe von 10 000 000 BEF (247 893,52 Euro) zur Deckung der „für die Genehmigung anfallenden Verwaltungskosten“ und eine jährliche Abgabe von 1 000 000 BEF (24 789,35 Euro) für die „Kosten für die Bereitstellung der Frequenzen“ vor. Ferner sind nach Artikel 15a der Königlichen Verordnung die Betreiber, die Inhaber einer Genehmigung sind, verpflichtet, gemäß den geltenden Gesetzen und Verordnungen finanzielle Beiträge an einen Fonds für den Telekommunikations-Universaldienst zu leisten.

32.   Folglich fallen die streitigen Abgaben nicht in die durch die Richtlinie 97/13 zugelassenen Kategorien finanzieller Belastungen.

33.   In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften allerdings ausgeführt, dass die streitigen Abgaben als Abgaben angesehen werden könnten, mit denen die optimale Nutzung „knapper Ressourcen“ im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 97/13 – hier der Mobilfunkantennen –sichergestellt werden solle.

34.   Meines Erachtens kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Denn unabhängig davon, dass sich in der Richtlinie 97/13 der Begriff der knappen Ressourcen in erster Linie auf andere Elemente bezieht, wie z. B. die verfügbaren Nummern oder wie in der Königlichen Verordnung die Funkfrequenzen(26), steht im vorliegenden Fall fest, dass die streitigen Abgaben nicht eingeführt wurden, um dafür zu sorgen, dass sich die verschiedenen Mobilfunkbetreiber die Mobilfunkantennen teilen. Wie dargelegt, wurden diese Abgaben hauptsächlich eingeführt, um Einnahmen zu erzielen, und daneben, um die Nachteile auszugleichen, die diese Antennen hinsichtlich der Ästhetik und des Umweltschutzes mit sich bringen.

35.   In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission außerdem vorgetragen, dass das Urteil Albacom und Infostrada nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden könne. Die Artikel 6 und 11 der Richtlinie 97/13 seien nur auf Abgaben anwendbar, die „im Rahmen der Genehmigungsverfahren“ erhoben würden, und in dem betreffenden Urteil bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Besitz der Genehmigung und der streitigen Abgabe: Der fragliche Beitrag sei den Telekommunikationsunternehmen nämlich allein deshalb auferlegt worden, weil sie Inhaber einer Genehmigung seien. Hier gebe es diesen Zusammenhang jedoch nicht, da die streitige Abgabe nicht vom Inhaber der Genehmigung geschuldet werde, sondern vom Eigentümer der Antenne.

36.   Wie Mobistar bin ich der Meinung, dass diese Argumentation übertrieben formalistisch ist. Denn es liegt auf der Hand, dass in der Praxis die Personen, die Eigentümer von Mobilfunkantennen sind, auch Inhaber einer Genehmigung im Sinne der Richtlinie 97/13 sind. Die Kommission hat im Übrigen keinen Beispielsfall genannt, in dem eine Infrastruktur für Mobilfunk im Besitz einer anderen als der Person wäre, die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Mobilfunknetzes erhalten hat.

37.   Daher steht die Richtlinie 97/13 meiner Ansicht zur Beibehaltung der streitigen Abgaben entgegen.

B –    Zu Artikel 49 EG und Artikel 3c der Richtlinie

38.   Nach alledem sind die Fragen des Conseil d'État zur Auslegung des Artikels 49 EG und des Artikels 3c der Richtlinie gegenstandslos geworden.

V –    Ergebnis

39.   Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof daher vor, die Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d'État wie folgt zu beantworten:

Die Bestimmungen der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste und insbesondere deren Artikel 11 sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung einer Gemeinde entgegenstehen, mit der eine jährliche Abgabe auf die Infrastrukturen für Mobilkommunikation und Personal Communications eingeführt wird, wenn der Eigentümer der Infrastruktur Inhaber einer Genehmigung im Sinne dieser Bestimmungen ist.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 192, S. 10.


3 – Richtlinie der Kommission vom 16. Januar 1996 zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG betreffend die mobile Kommunikation und Personal Communications (ABl. L 20, S. 59).


4 – Richtlinie 94/46/EG der Kommission vom 13. Oktober 1994 (ABl. L 268, S. 15).


5 – Richtlinie 96/2.


6 – Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten (ABl. L 74, S. 13). Die Richtlinie 90/388 wurde außerdem durch die Richtlinie 95/51/EG der Kommission vom 18. Oktober 1995 hinsichtlich der Aufhebung der Einschränkungen bei der Nutzung von Kabelfernsehnetzen für die Erbringung bereits liberalisierter Telekommunikationsdienste (ABl. L 256, S. 49) und die Richtlinie 1999/64/EG der Kommission vom 23. Juni 1999 im Hinblick auf die Organisation ein- und demselben Betreiber gehörender Telekommunikations- und Kabelfernsehnetze in rechtlich getrennten Einheiten (ABl. L 175, S. 39) geändert.


7 – Erste Begründungserwägung der Richtlinie 96/2.


8 – A. a. O.


9 – ABl. L 249, S. 21.


10 – ABl. L 117, S. 15. Gemäß Artikel 25 der Richtlinie 97/13 hatten die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich waren, um dieser Richtlinie nachzukommen, „so rasch wie möglich, spätestens aber bis zum 31. Dezember 1997“ in Kraft zu setzen; ebenso hatten sie bei der Veröffentlichung der an die Genehmigungen geknüpften Auflagen und Verfahren zu verfahren. Für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten dieser Richtlinie am 27. Mai 1997 und dem Ende der Frist für ihre Umsetzung am 31. Dezember 1997 beschränke ich mich auf den Hinweis, dass die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung „während dieser Frist den Erlass von Vorschriften unterlassen müssen, die geeignet sind, das in [der] Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen“ (Urteil vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-129/96, Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, I-7411, Randnr. 45).


11 – Erste, dritte und fünfte Begründungserwägung.


12 – Fünfte Begründungserwägung.


13 – Zweite und dritte Begründungserwägung.


14 – Den Akten ist zu entnehmen, dass Mobistar und Belgacom Mobile aufgrund von Einzelgenehmigungen des Ministers für Fernmeldewesen vom 27. November 1995 für Mobistar (siehe schriftliche Erklärungen von Mobistar, Randnr. 3) und vom 2. Juli 1996 für Belgacom Mobile (siehe schriftliche Erklärungen von Belgacom Mobile, Nr. 1, und Königlicher Erlass vom 2. Juli 1996 über die Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb des Mobilfunknetzes an Belgacom Mobile, Anlage 1 zu diesen Erklärungen) das Recht zur Errichtung und zum Betrieb eines Mobilfunknetzes in Belgien erhalten haben.


15 – Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gerichtshof nämlich, um dem nationalen Gericht, das ihm eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, eine sachdienliche Antwort zu geben, auf gemeinschaftsrechtliche Vorschriften eingehen, die das vorlegende Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (vgl. u. a. Urteile vom 20. März 1986 in der Rechtssache 35/85, Tissier, Slg. 1986, 1207, Randnr. 9, vom 18. November 1999 in der Rechtssache C-107/98, Teckal, Slg. 1999, I-8121, Randnr. 39, vom 16. Januar 2003 in der Rechtssache C-265/01, Pansard u. a., Slg. 2003, I-683, Randnr. 19, und vom 22. Januar 2004 in der Rechtssache C-271/01, COPPI, Slg. 2004, I-1029, Randnr. 27).


16 – C-292/01 und C-293/01 (Slg. 2003, I-9449).


17 – Es handelte sich um Artikel 20 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 448 vom 23. Dezember 1998 über die steuerlichen Maßnahmen zu Stabilität und Entwicklung (Haushaltsgesetz für 1999) (GURI Nr. 302 vom 29. Dezember 1998, supplemento ordinario, S. 5).


18 – Urteil Albacom und Infostrada (Randnrn. 24 bis 28).


19 – A. a. O., Randnrn. 31 und 32.


20 – A. a. O., Randnrn. 33 und 34.


21 – A. a. O., Randnr. 38. Vgl. hierzu auch Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der betreffenden Rechtssache (Nr. 52).


22 – Urteil Albacom und Infostrada (Randnrn. 35 bis 37).


23 – Siehe schriftliche Erklärungen der Gemeinde Schaerbeek (S. 14 bis 17) und schriftliche Erklärungen der Gemeinde Fléron (S. 8).


24 – Belgisches Staatsblatt vom 8. April 1995.


25 – Siehe Anlage 2 der schriftlichen Erklärungen von Belgacom Mobile.


26 – Vgl. in diesem Sinne Nrn. 29 bis 32 der Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in den beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen C-327/03 und C-328/03 (ISIS Multimedia Net und Firma O2).