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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

L. A. GEELHOED

vom 6. April 20061(1)

Rechtssache C-513/04

Mark Kerckhaert,

Bernadette Morres

gegen

Belgische Staat

(Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank van Eerste Aanleg Gent [Belgien])

„Auslegung von Artikel 56 Absatz 1 EG – Beschränkung, die sich aus einer nationalen einkommensteuerrechtlichen Vorschrift ergibt – Inländische und ausländische Dividenden – Einheitlicher Steuersatz – Höhere steuerliche Belastung von Dividenden aus Anteilen an in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften – Quellensteuer – Nichtberücksichtigung – Freier Kapitalverkehr – Diskriminierung“





I –    Einleitung

1.     Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren fragt die Rechtbank van Eerste Aanleg Gent (Gericht erster Instanz Gent, Belgien) danach, ob es gegen Artikel 56 EG verstößt, wenn ein Mitgliedstaat wie Belgien Dividenden im Mitgliedstaat ansässiger und nicht dort ansässiger Gesellschaften mit demselben Steuersatz besteuert, ohne im letzteren Fall die in diesem anderen Mitgliedstaat erhobene Quellensteuer zu berücksichtigen.

2.     Damit stellen sich erneut die Fragen nach dem Umfang des Verbotes der Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach Artikel 56 EG in Bezug auf die Besteuerung von Dividenden und indirekt danach, ob das in diesem Artikel niedergelegte Verbot als solches die Mitgliedstaaten verpflichtet, die rechtliche Doppelbesteuerung (d. h. die zweimalige Besteuerung desselben Einkommens in den Händen desselben Steuerzahlers) zu vermeiden.

II – Rechtlicher Rahmen

A –     Das französisch-belgische Doppelbesteuerungsabkommen: Hintergrund und einschlägige Vorschriften

3.     Zum maßgeblichen Zeitpunkt praktizierte Frankreich ein so genanntes System der „Anrechnung“ der Besteuerung von Dividenden (d. h., die auf der Ebene der Gesellschaft erhobene Körperschaftsteuer wurde durch die Gewährung eines „avoir fiscal“ − eines Anrechnungsguthabens − ganz oder teilweise auf die für die Dividenden auf der Ebene des Anteilseigners geschuldete Einkommensteuer angerechnet). Das System als solches zielte auf die Reduzierung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung ab, also der zweimaligen Besteuerung desselben Einkommens in den Händen verschiedener Steuerzahler. Dies kann Schedulen-Systemen der Besteuerung von Dividenden (Gesellschaftsgewinne unterliegen der Körperschaftsteuer, Dividenden werden jedoch als eine gesonderte Kategorie von Einkünften besteuert, was eine Reduzierung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung bedeutet), klassischen Systemen der Besteuerung von Dividenden (Gesellschaftsgewinne unterliegen der Körperschaftsteuer, und der ausgeschüttete Gewinn wird noch einmal auf der Ebene des Anteilseigners besteuert, was keinerlei Verringerung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung bedeutet) und Systemen der Steuerbefreiung (Dividendeneinkünfte sind von der Einkommensteuer befreit, d. h., es besteht keinerlei wirtschaftliche Doppelbesteuerung) gegenübergestellt werden(2).

4.     Artikel 15 Absatz 3 des zwischen Frankreich und Belgien am 10. März 1964 geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens in seiner geänderten Fassung (im Folgenden: französisches-belgisches DBA) sieht vor, dass von einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete Dividenden, die in Frankreich ansässige Personen zur Inanspruchnahme eines steuerlichen Anrechnungsguthabens (avoir fiscal) berechtigen würden, auch in Belgien ansässige Personen nach Abzug einer Quellensteuer auf die Bruttodividende zu einem Satz von 15 % zur Inanspruchnahme dieses Steuerguthabens berechtigen, wobei die Bruttodividende aus dem Betrag der ausgeschütteten Dividende zuzüglich des Steuerguthabens besteht.

5.     Artikel 19A Absatz 1 Unterabsatz 2 des französisch-belgischen DBA bestimmt, dass, wenn Dividenden einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft an eine in Belgien ansässige Person, die keine der Körperschaftsteuer unterliegende Gesellschaft ist, gezahlt werden und diese Dividenden in Frankreich der Quellensteuer unterlagen, die Steuer, die in Belgien auf den nach Abzug der Quellensteuer netto verbleibenden Betrag erhoben wird, ermäßigt wird um 1. die zum Normalsatz erhobene Quellensteuer („précompte mobilier“) und 2. einen Pauschalanteil an ausländischer Steuer („quotité forfaitaire d'impôt étranger“, QFIE), der nach im belgischen Recht festgelegten Bedingungen abzugsfähig ist, wobei dieser Anteil nicht niedriger als 15 % des Nettobetrages sein darf.

B –     Einschlägiges belgisches Steuerrecht

6.     Zur maßgeblichen Zeit praktizierte Belgien ein Schedulen-System der Dividendenbesteuerung in dem von mir oben erläuterten Sinne. Somit weicht Artikel 171 CIR 92 (Belgisches Einkommensteuergesetz 1992) von der normalen belgischen Einkommensteuerregelung für Einzelpersonen ab (d. h. der Regelung, bei der alle Einkünfte zusammen betrachtet und progressiven Steuersätzen unterzogen werden) und sieht für bestimmte Kategorien zwei unterschiedliche Steuersätze vor. Artikel 171 bestimmt, dass Dividenden im Allgemeinen(3) einem besonderen Steuersatz von 25 % unterliegen.

7.     Artikel 285 CIR 92 sah u. a. in Bezug auf Dividenden eine Anrechnung eines Pauschalanteils an ausländischer Steuer nur für von Investmentgesellschaften gezahlte oder zugewiesene Dividenden vor.

III – Sachverhalt und Vorabentscheidungsfrage

8.     Herr und Frau Kerckhaert-Morres (im Folgenden: Kläger) waren während der gesamten maßgeblichen Zeit belgische Gebietsansässige und unterlagen in Belgien der weltweiten Besteuerung ihrer gesamten Einkünfte, einschließlich der Einkünfte aus Dividenden.

9.     In den Jahren 1995 und 1996 bezogen sie von der in Frankreich ansässigen Gesellschaft Eurofers S.A.R.L. Dividenden und erhielten von den französischen Steuerbehörden ein Anrechungsguthaben (avoir fiscal) auf diese Dividenden. Nach Artikel 15 Absatz 3 des französisch-belgischen DBA wurde dieses Anrechnungsguthaben als Einkommen aus Dividenden behandelt, von dem eine französische Quellensteuer von 15 % abgezogen wurde. Nach Abzug dieser Quellensteuer belief sich das Anrechungsguthaben auf 34 566 204 BEF (856 873,81 Euro) für 1995 und 7 137 702 BEF (177 831,43 Euro) für 1996. Auf diese Einkünfte wurde kein belgischer précompte mobilier erhoben.

10.   Bei der Angabe dieser Einkünfte in ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 und 1997 beantragten die Kläger in einer Anlage zu ihren Steuererklärungen die Anrechnung des QFIE (nach Artikel 19A Absatz 1 Unterabsatz 2 des französisch-belgischen DBA) in Höhe von 15 %.

11.   Nach Artikel 171 CIR 92 wurden diese Einkünfte mit einem Satz von 25 % besteuert. Eine Anrechnung des QFIE wurde nicht vorgenommen.

12.   Die Kläger fochten diese Entscheidung der belgischen Steuerbehörden (Gewestelijke Directie Antwerpen I) bei der Rechtbank van Eerste Aanleg Gent u. a. mit der Begründung an, dass sie gegen Artikel 19A Absatz 1 Unterabsatz 2 des französisch-belgischen DBA und gegen Artikel 56 EG verstoße.

13.   Mit Beschluss vom 1. Dezember 2004 hat die Rechtbank van Eerste Aanleg dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Artikel 56 Absatz 1 EG (zur Zeit der streitigen Ereignisse: Artikel 73b Absatz 1 EG-Vertrag) so auszulegen, dass eine Beschränkung verboten ist, die sich aus einer Vorschrift des Einkommensteuerrechts eines Mitgliedstaats (im vorliegenden Fall Belgiens) ergibt, wonach Dividenden in diesem Mitgliedstaat ansässiger Gesellschaften und Dividenden in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Gesellschaften dem gleichen einheitlichen Steuersatz unterworfen werden, ohne dass im letzteren Fall die Anrechnung der in jenem anderen Mitgliedstaat erhobenen Quellensteuer vorgesehen wird?

IV – Erörterung

14.   Vorab weise ich darauf hin, dass die Frage des nationalen Gerichts nur die Vereinbarkeit der in Rede stehenden belgischen Rechtsvorschriften mit Artikel 56 EG und nicht mit Artikel 43 EG aufwirft. Aus dem Vorlagebeschluss wird nicht deutlich, in welcher Art und Weise die Kläger zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt an Eurofers beteiligt waren. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass, wie der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat, ein Steuerpflichtiger, der in einem Mitgliedstaat ansässig ist und eine Beteiligung am Kapital einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft hält, „die ihm einen solchen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleiht, dass er deren Tätigkeiten bestimmen kann“, von seiner Niederlassungsfreiheit im Sinne von Artikel 43 EG Gebrauch macht(4). Das nationale Gericht hat zu entscheiden, ob dieses Kriterium im Fall der Kläger erfüllt ist. Ist dies nicht der Fall, so sind die streitigen Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit Artikel 56 EG hin zu prüfen.

15.   Doch gilt im vorliegenden Fall für die Prüfung anhand von Artikel 43 EG und Artikel 56 EG meines Erachtens dasselbe. Auch wenn ich mich im Folgenden hauptsächlich der Vereinbarkeit der streitigen belgischen Rechtsvorschriften mit Artikel 56 EG zuwenden werde (was die vom nationalen Gericht vorgelegte Frage ist), gelten daher für die Prüfung an Artikel 43 EG dieselben Erwägungen.

16.   Die Frage ist, ob es gegen Artikel 56 EG verstößt, wenn Belgien einen pauschalen Steuersatz von 25 % auf alle an belgische Gebietsansässige ausgeschütteten Dividenden unabhängig von deren Quelle anwendet und es somit im vorliegenden Fall ablehnt, die Quellensteuer von 15 %, die im Quellenstaat, Frankreich, erhoben wurde, zu berücksichtigen.

17.   Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dass diese ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen(5). Wie ich in meinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Test Claimants in the ACT Group Litigation und Test Claimants in the FII Group Litigation(6) ausgeführt habe, sind die Artikel 43 EG und 56 EG verletzt, wenn die von einem Mitgliedstaat auf seine Steuerpflichtigen angewandte Ungleichbehandlung keine unmittelbare und logische Folge des Umstands ist, dass beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts für Steuerpflichtige bei grenzüberschreitenden Sachverhalten andere steuerliche Verpflichtungen als bei rein inländischen Sachverhalten gelten.

18.   Mit anderen Worten: Diese Artikel verbieten Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs, die über das hinausgehen, was sich unvermeidlich aus der Tatsache ergibt, dass Steuersysteme national sind, sofern diese Beschränkungen nicht gerechtfertigt und verhältnismäßig sind(7). Dies bedeutet insbesondere, dass eine nachteilige steuerliche Behandlung nur dann unter die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit fällt, wenn sie sich aus einer unmittelbaren oder verdeckten Diskriminierung aufgrund der Vorschriften eines Gesetzgebers ergibt und nicht nur aus Unterschieden oder der Aufteilung der Besteuerungszuständigkeiten auf zwei oder mehr Steuersysteme von Mitgliedstaaten oder aus dem Nebeneinander nationaler Steuerverwaltungen(8).

19.   Übt ein Mitgliedstaat seine weltweite (Wohnsitzstaat) Besteuerungszuständigkeit aus, so bedeutet dieser Grundsatz im Wesentlichen, dass er Einkünfte seiner Gebietsansässigen aus ausländischen Quellen folgerichtig nach Maßgabe dessen zu behandeln hat, wie er seine Besteuerungsgrundlage aufgeteilt hat. Soweit er seine Besteuerungsgrundlage dahin aufgeteilt hat, dass Einkünfte aus ausländischen Quellen einbezogen werden − d. h. durch deren Behandlung als steuerbare Einkünfte −, darf er nicht zwischen Einkünften aus ausländischer Quelle und inländischen Einkünften unterscheiden(9). Insbesondere sollten die Rechtsvorschriften nicht zur Folge haben, dass Einkünfte aus ausländischen Quellen weniger günstig behandelt werden als Einkünfte aus inländischen Quellen. Soweit sich z. B. der Sitzstaat dafür entscheidet, die wirtschaftliche Doppelbesteuerung der Dividenden seiner Gebietsansässigen zu vermeiden, muss er für Einkünfte aus Dividenden aus ausländischer Quelle dieselbe Abhilfe gewähren und entrichtete ausländische Körperschaftsteuer zu diesem Zweck anrechnen(10).

20.   Da im vorliegenden Fall die Kläger zum fraglichen Zeitpunkt belgische Gebietsansässige waren, handelte Belgien in seiner Eigenschaft als Wohnsitzstaat, als es seine Besteuerungskompetenz in Bezug auf sie ausübte.

21.   Es ist klar, dass die in Rede stehenden belgischen Vorschriften nicht unmittelbar zwischen Dividenden aus ausländischen Quellen und solchen aus inländischen unterscheiden: Nach Artikel 171 CIR unterlagen alle Dividenden einem besonderen Einkommensteuersatz von 25 %(11). Ich möchte hinzufügen, dass – im Gegensatz zu den Rechtssachen Manninen, Verkooijen und Lenz(12) – dies kein Fall ist, in dem sich Belgien dafür entschieden hat, die wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Dividenden aus inländischen Quellen zu vermeiden, ohne eine entsprechende Abhilfe für Dividenden aus ausländischen Quellen zu gewähren: Nach dem in Belgien geltenden Schedulen-System der Besteuerung von Dividenden unterliegen Gesellschaftsgewinne der Körperschaftsteuer, und (inländische wie ausländische) Dividenden unterliegen als eine gesonderte Kategorie von Einkünften einer zusätzlichen Steuer.

22.   Gleichwohl bleibt damit noch die Frage, ob die belgischen Rechtsvorschriften auf eine mittelbare Diskriminierung hinauslaufen − d. h., ob sie trotz der rechtlich gleichen Anwendung auf Dividenden aus ausländischen Quellen tatsächlich diskriminierende Wirkung entfalten. Anders gesagt, beschränken die Vorschriften den freien Kapitalverkehr in einer Weise, die über die Beschränkungen hinausgeht, die sich unvermeidlich aus der Tatsache ergeben, dass Steuersysteme national sind?

23.   Hierzu tragen die Kläger vor, dass die Gesamtsteuerlast auf Dividenden aus französischen Quellen tatsächlich größer sei als die auf Dividenden aus belgischen Quellen lastende, da Erstere einer Quellensteuer von 15 % (in Frankreich) unterworfen seien und obendrein mit der allgemeinen belgischen Dividendensteuer von 25 % belegt würden. Dies beschränke den freien Kapitalverkehr in einer Artikel 56 EG zuwiderlaufenden Art und Weise.

24.   Ich halte dieses Vorbringen aus den folgenden Gründen für nicht überzeugend.

25.   Zunächst kann ich angesichts des vorliegenden Sachverhalts nicht verstehen, wie vorgebracht werden kann, bei Betrachtung im Zusammenhang mit der französischen Regelung sei die Wirkung der belgischen Steuerregelung, dass ein belgischer Gebietsansässiger, der Dividenden aus französischen Quellen erhalte, weniger günstig behandelt werde als ein belgischer Gebietsansässiger, der gleichwertige Dividenden aus belgischen Quellen erhalte. Das Gegenteil ist vielmehr zutreffend. Tatsächlich berechtigen nach Artikel 15 Absatz 3 des französisch-belgischen DBA die von einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft gezahlten Dividenden, die zur Inanspruchnahme eines avoir fiscal (anzurechnendes Steuerguthaben) berechtigen würden, auch in Belgien ansässige Einzelpersonen zur Inanspruchnahme eines solchen Guthabens. Das von Frankreich gewährte avoir fiscal, das einen Teil des französischen Systems der Anrechnung zur Reduzierung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden darstellte, belief sich auf 50 % der ausgeschütteten Dividende. Obwohl Frankreich die ausgeschüttete Dividende und das avoir fiscal jeweils mit einer Quellensteuer von 15 % besteuerte, war die tatsächliche Wirkung des Vorgangs nach der französischen Regelung daher die, dass in Belgien ansässige Anteilseigner bei Dividenden aus französischen Quellen einen höheren Betrag erhielten als bei genau dem gleichen von einer belgischen Gesellschaft ausgeschütteten Dividendenbetrag. Dies kann unter Verwendung des von der belgischen Regierung angeführten Beispiels folgendermaßen dargestellt werden:


Dividende aus französischer Quelle

Dividende aus belgischer Quelle

Bruttodividende

1 000,00

1 000,00

15%ige französische Quellensteuer

– 150,00

____

850,00

50 % avoir fiscal (Steuerguthaben)

500,00

15%ige französische Quellensteuer

– 75,00

____

425,00

Gesamtbetrag, der der 25%igen belgischen Dividendensteuer unterliegt

1 275,00

1 000,00

25%ige belgische Dividendensteuer

– 318,75

– 250,00

Nettodividende nach Steuern

956,25

750,00


26.   Daraus wird deutlich, dass belgische Gebietsansässige, die Dividenden aus französischen Quellen erhalten, im Vergleich zu denen, die Dividenden aus belgischen Quellen erhalten, nicht schlechter gestellt sind; im Gegenteil bedeutet die kombinierte Wirkung der französischen und der belgischen Steuerregelung, dass sie insgesamt besser gestellt sind. Es kann daher keine Rede von einer Diskriminierung oder Beschränkung im Sinne des Artikels 56 EG sein. Der vorliegende Fall ist vielmehr ein gutes Beispiel für die Gefahren, die auftreten können, wenn bei der Prüfung, ob die Vorschriften eines Mitgliedstaats mit den Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit in Einklang stehen, die Lage eines einzelnen Wirtschaftsteilnehmers im Rahmen der Gesetzgebung nur eines Mitgliedstaats oder lediglich eines Ausschnitts daraus geprüft wird. Bei einem derartigen Ansatz besteht die Gefahr, dass die Realität des wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sich dieser Wirtschaftsteilnehmer betätigt, und das zwischen dem Sitzstaat und dem Quellenstaat bei der Aufteilung der Besteuerungskompetenz erreichte Gesamtgleichgewicht nicht erfasst werden(13).

27.   Obwohl die tatsächliche (günstige) Wirkung des rechtlichen Rahmens für die Kläger meines Erachtens angesichts des vorliegenden Sachverhalts entscheidend ist, möchte ich die folgende zusätzliche Bemerkung machen.

28.   Für den Fall, dass die französische Regelung kein an belgische Gebietsansässige, die Dividenden aus französischen Quellen erhalten, zu gewährendes avoir fiscal vorgesehen hätte, hätte dies − ceteris paribus − zu einer rechtlichen Doppelbesteuerung dieser Gebietsansässigen geführt und für sie möglicherweise eine im Vergleich zu belgischen Gebietsansässigen, die Dividenden aus belgischen Quellen erhalten, insgesamt größere Steuerlast bedeutet.

29.   Ein solcher potenzieller Nachteil für belgische Gebietsansässige, die französische Dividenden erhalten, wäre aber nicht Folge eines Verstoßes Belgiens gegen die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit.

30.   In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit nicht selbst die Sitzstaaten verpflichten, eine Doppelbesteuerung, die sich aus der Verteilung der Besteuerungsgrundlage auf zwei Mitgliedstaaten ergibt, zu vermeiden.

31.   Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation bemerkt habe, ist die Möglichkeit einer rechtlichen Doppelbesteuerung in Ermangelung einer Vorrangregelung zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten eine unvermeidliche Folge der im internationalen Steuerrecht allgemein akzeptierten Methode der Aufteilung der Besteuerungskompetenz zwischen Staaten − d. h. der Unterscheidung zwischen Sitzstaatbesteuerung (weltweite Besteuerung der Gebietsansässigen) und Quellenstaatbesteuerung (territoriale Besteuerung der Nichtgebietsansässigen)(14). Nach dem Gemeinschaftsrecht liegt die Befugnis zur Festlegung der Kriterien für die Besteuerungskompetenz und ihrer Verteilung allein bei den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des internationalen Steuerrechts. Gegenwärtig lassen sich im Gemeinschaftsrecht keine alternativen Kriterien und keine Grundlage für die Aufstellung solcher Kriterien finden.

32.   So hat der Gerichtshof im Urteil Gilly zunächst ausgeführt, dass die Aufteilung der Besteuerungskompetenz auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit nicht als Diskriminierung gewertet werden könne und sich dies „in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen und insbesondere nach Artikel [293] des Vertrages aus der Befugnis der Vertragsparteien [ergibt], die Kriterien für die Aufteilung ihrer Steuerhoheit untereinander festzulegen, um Doppelbesteuerungen zu beseitigen. Für die Mitgliedstaaten ist es ferner nicht [sachwidrig], sich für die Zwecke der Aufteilung der Steuerhoheit an der völkerrechtlichen Praxis und dem von der OECD erarbeiteten Musterabkommen zu orientieren …“(15) Der Gerichtshof hat diese Erwägungen u. a. in seinem Urteil D bestätigt(16).

33.   Da die allgemein akzeptierte Regel des Besteuerungsvorrangs grundsätzlich die der „Quellenstaatberechtigung“ ist (d. h., der Vorrang des Rechts auf Besteuerung der Einkünfte aus dem Quellenstaat liegt beim Quellenstaat), obliegt, soweit eine rechtliche Doppelbesteuerung vermieden werden soll, dies im Allgemeinen dem Sitzstaat. Dieser Staat hat zu entscheiden, ob und wie er eine solche Abhilfe vornimmt(17) − z. B. durch Verwendung einer Befreiungs- oder Anrechnungsmethode(18).

34.   Dazu führte der Gerichtshof im Urteil Gilly aus, dass die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit einen Mitgliedstaat nicht verpflichten, die Doppelbesteuerung zu vermeiden.

„Zwar gehört die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft … zu den Zielen des Vertrages, doch ist festzustellen, dass bis heute − abgesehen vom Übereinkommen vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (ABl. L 225, S. 10) − auf Gemeinschaftsebene keine Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahme zur Beseitigung der Doppelbesteuerung erlassen worden ist und dass die Mitgliedstaaten kein multilaterales Übereinkommen nach Artikel [293] des Vertrages mit diesem Ziel geschlossen haben.“(19)

35.   Entsprechend stellte der Gerichtshof fest, dass Artikel 293 zweiter Gedankenstrich EG − wonach die Mitgliedsaaten, soweit erforderlich, untereinander Verhandlungen einleiten, um zugunsten ihrer Staatsangehörigen die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen − nicht unmittelbar gelte. Diese Bestimmung gebe vielmehr nur an, dass die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft zu den Zielen des EG-Vertrags gehöre, ohne eine unbedingte Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu enthalten, dieses Ziel zu erreichen(20).

36.   Folglich ist der bloße Umstand, dass ein Sitzstaat wie Belgien sich möglicherweise nicht dafür entschieden hat, die rechtliche Doppelbesteuerung von Dividenden zu vermeiden, selbst kein Verstoß gegen die Artikel 43 EG oder 56 EG, solange dieser Staat der Verpflichtung nachkommt, bei der Ausübung seiner Besteuerungskompetenz nicht zwischen Einkünften aus ausländischer Quelle und Einkünften aus inländischer Quelle zu unterscheiden, einer Verpflichtung, die von mir oben beschrieben worden ist. Jede Verzerrung der wirtschaftlichen Betätigung, die sich aus einer solchen Entscheidung ergibt, wäre Folge der Tatsache, dass beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts unterschiedliche Steuersysteme nebeneinander existieren müssen, was für die Wirtschaftsteilnehmer in einigen Fällen Nachteile, in anderen Vorteile mit sich bringen kann(21).

37.   Ich möchte hinzufügen, dass der Umstand, dass Belgien möglicherweise seine Verpflichtungen aus dem französisch-belgischen DBA verletzt, wenn es keine Anrechnung der französischen Quellensteuer von 15 % vorsieht, meines Erachtens hinsichtlich des vorstehenden Ergebnisses keinen Unterschied macht. Die Prüfung der Vereinbarkeit der belgischen Vorschriften mit diesem DBA und die möglichen Wirkungen eines Verstoßes dagegen nach nationalem Recht sind allein Sache des nationalen Gerichts(22). Offenkundig bedeutet der Umstand, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats mit dem einschlägigen DBA in Einklang stehen oder danach geboten sind, nicht bereits, dass ein derartiges Verhalten mit den Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit übereinstimmt: Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer ihnen nach DBA zugewiesenen Besteuerungskompetenz gleichwohl das in den Artikeln 43 EG und 56 EG enthaltene Diskriminierungsverbot beachten müssen(23).

38.   Ich kann auch das Vorbringen der Kläger nicht akzeptieren, dass sich aus der Richtlinie über die Besteuerung von Zinserträgen ergebe, dass ein Versäumnis Belgiens, die rechtliche Doppelbesteuerung zu beseitigen, gegen Artikel 56 EG verstoße(24). Diese Richtlinie, gemäß deren Artikel 14 Absatz 1 der Mitgliedstaat, in dem der wirtschaftliche Eigentümer seinen Wohnsitz hat, ausdrücklich verpflichtet ist, „dafür [zu sorgen], dass jegliche Doppelbesteuerung, die sich aus der Anwendung der Quellensteuer nach Artikel 11 ergeben könnte, ausgeschlossen wird“, ist ein gutes Beispiel für die ausdrückliche Beseitigung der − von mir an anderer Stelle so bezeichneten − „Quasi-Beschränkung“ (einer Verzerrung aufgrund des Nebeneinanders getrennter Steuersysteme) in einem bestimmten Sektor der direkten Besteuerung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber. Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation ausführte, bedeuten die Ursachen und das Wesen dieser Quasi-Beschränkungen, dass sie nur durch das Tätigwerden des Gemeinschaftsgesetzgebers beseitigt werden können; in Ermangelung solchen Tätigwerdens sollte davon ausgegangen werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit fallen(25). Im vorliegenden Fall gibt es kein einschlägiges Gemeinschaftsrecht zur Beseitigung von Quasi-Beschränkungen.

39.   In einem letzten Punkt möchte ich darauf hinweisen, dass, wäre belgischen Gebietsansässigen kein französisches avoir fiscal gewährt worden, Frankreich jedenfalls als Quellenstaat der Verpflichtung unterläge, sicherzustellen, dass, soweit sich eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung ins Ausland fließender Dividenden aus der Ausübung seiner Besteuerungskompetenz ergäbe (z. B., wenn ein Quellenstaat Gesellschaftsgewinne erst der Körperschaftsteuer unterwirft und dann bei deren Ausschüttung der Einkommensteuer), für diese Dividenden eine Abhilfe gewährt würde, die der für an französische Gebietsansässige gezahlte Dividenden gliche. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass steuerliche Vergünstigungen, die der Quellenstaat Gebietsfremden gewährt, denjenigen gleichen sollten, die Gebietsansässigen gewährt werden, soweit der Quellenstaat ansonsten die gleiche Besteuerungskompetenz über beide Kategorien ausübt(26).

V –    Ergebnis

40.   Aus diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof die ihm von der Rechtbank van Eerste Aanleg Gent (Belgien) vorgelegte Frage wie folgt beantworten sollte:

Artikel 56 Absatz 1 EG verbietet keine Beschränkung, die sich aus einer Vorschrift des Einkommensteuerrechts eines Mitgliedstaats wie des im vorliegenden Fall in Rede stehenden belgischen Rechts ergibt, wonach Dividenden in diesem Mitgliedstaat ansässiger Gesellschaften und Dividenden in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Gesellschaften dem gleichen einheitlichen Steuersatz unterworfen werden, ohne dass im letzteren Fall eine Anrechnung der in jenem anderen Mitgliedstaat erhobenen Quellensteuer vorgesehen würde.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Siehe ferner Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss „Besteuerung von Dividenden natürlicher Personen im Binnenmarkt“, KOM(2003) 810 endg., und meine Schlussanträge vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C-374/04 (Test Claimants in Class IV oft the Act Group Litigation, Slg. 2006, I-0000, Nrn. 4 bis 7).


3 – Ausgenommen sind die von Artikel 269 Absätze 2 und 3 CIR 92 erfassten Dividenden.


4 – Vgl. Urteil vom 13. April 2000 in der Rechtssache C-251/98 (Baars, Slg. 2000, I-2787, Randnr. 22) und meine Schlussanträge vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C-374/04 (Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, Slg. 2006, I-0000, Nrn. 26 bis 30).


5 – Siehe z. B. Urteil vom 13. Dezember 2005 in der Rechtssache C-446/03 (Marks & Spencer, Slg. 2005, I-0000, Randnr. 29 und die dort zitierte Rechtsprechung).


6 – Test Claimants in the ACT Group Litigation, Nrn. 32 ff., und Schlussanträge vom 6. April 2006 in der Rechtssache C-446/04 (Test Claimants in the FII Group Litigation, Nrn. 37 ff.).


7 – Vgl. für eine umfassende Begründung insoweit Nrn. 31 bis 54 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben, Fußnote 2).


8 – Ebenda, Nr. 55.


9 – Ebenda, Nr. 58.


10 – Ebenda, Nr. 58. Vgl. Urteile vom 23. Oktober 2004 in der Rechtssache C-319/02 (Manninen, Slg. 2004, I-7477), vom 13. April 2000 in der Rechtssache C-35/98 (Verkooijen, Slg. 2000, I-4071) und vom 15. Juli 2004 in der Rechtssache C-315/02 (Lenz, Slg. 2004, I-7063).


11 – Im Fall von Dividenden aus belgischen Quellen wurde der Dividendensteuersatz von 25 % als précompte mobilier erhoben, der von der ausschüttenden Gesellschaft abgeführt wurde. Der letztlich erhebliche Dividendensteuersatz für ausländische und inländische Dividenden war jedoch identisch.


12 – Vgl. z. B. Urteile Manninen, Verkooijen und Lenz (oben, Fußnote 10).


13 – Vgl. meine Schlussanträge in Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben, Fußnote 2, Nr. 72).


14 – Vgl. meine Schlussanträge in Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben, Fußnote 2, Nrn. 48 ff.).


15 – Urteil vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-336/96 (Gilly, Slg. 1998, I-2793, Randnrn. 30 und 31). Vgl. auch Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-307/97 (Saint-Gobain, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 57).


16 – Vgl. Urteil vom 5. Juli 2005 in der Rechtssache C-376/03 (D, Slg. 2005, I-0000, Randnrn. 50 bis 53).


17 – Vgl. meine Schlussanträge in Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben, Fußnote 2, Nr. 51). Vgl. auch das OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen mit Erläuterungen zu den Artikeln, OECD, Paris, 1977, in der revidierten Fassung.


18 – Im Fall der Befreiungsmethode befreit der Wohnsitzstaat des Steuerzahlers die Einkünfte seiner Einwohner aus ausländischen Quellen auf der Grundlage, dass diese Einkünfte bereits im „Quellenstaat“ (d. h. dem Staat, in dem die Einkünfte erzielt wurden) besteuert worden sind. Im Fall der Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung werden jedoch die Steuerzahler, die Einkünfte aus ausländischen Quellen erzielen, in ihrem Sitzstaat in Bezug auf ihr weltweites Einkommen, einschließlich der Einkünfte aus ausländischen Quellen, besteuert, doch kann die im Quellenstaat entrichtete Steuer mit der auf dieses Einkommen aus ausländischen Quellen entfallenden Sitzstaatsteuer verrechnet werden.


19 –      Vgl. Urteil Gilly (oben, Fußnote 15, Randnr. 23). Siehe auch Urteil D (oben, Fußnote 16, Randnrn. 50 und 51).


20 – Vgl. Urteil Gilly (oben, Fußnote 15, Randnr. 16).


21 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben, Fußnote 2, Nr. 38).


22 – Vgl. entsprechend Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer zum Urteil Gilly (oben, Fußnote 15, Nr. 25), in denen er darauf hinweist, dass der Gerichtshof nicht über die Vereinbarkeit der Bestimmungen eines DBA mit dem Gemeinschaftsrecht entscheiden und solche Bestimmungen auch nicht auslegen könne, da sie Teil eines „bilaterale[n] Abkommen[s] auf einem Gebiet [sind], für das die Gemeinschaft nicht zuständig ist und dessen Regelung ausschließlich den Mitgliedstaaten obliegt“.


23 – Vgl. z. B. das Ergebnis des Gerichtshofes im Urteil vom 19. Januar 2006 in der Rechtssache C-265/04 (Bouanich, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 56) sowie Urteile vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-385/00 (De Groot, Slg. 2002, I-11819, Randnrn. 93 und 94) und Saint-Gobain (oben, Fußnote 15, Randnrn. 57 und 58).


24 – Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl. L 157, S. 38).


25 – Oben, Fußnote 2, Nr. 38.


26 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben, Fußnote 2, Nrn. 69 und 70); Urteile vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache C-270/83 (Kommission/Französische Republik [Avoir Fiscal], Slg. 1986, 273), vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache C-330/91 (Commerzbank, Slg. 1993, I-4017), vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-250/95 (Futura, Slg. 1997, I-2471). Wie ich in der Rechtssache ACT ausführte, steht es meines Erachtens einem Mitgliedstaat in der Position Frankreichs frei, durch die Regelungen eines DBA die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus den Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit zu gewährleisten (vgl. Nr. 70 dieser Schlussanträge und Urteil Bouanich, oben, Fußnote 23, Randnr. 51). Eine Verteidigung mit dem Vorbringen, der Sitzstaat habe durch das Unterlassen der Vermeidung der betreffenden wirtschaftlichen Doppelbesteuerung gegen seine Verpflichtungen aus dem DBA verstoßen, wäre jedoch nicht möglich (vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache ACT, Nr. 71).