Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

References to this case

Share

Highlight in text

Go

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 11. September 20071(1)

Rechtssache C-101/05

Skatteverket

gegen

A

(Vorabentscheidungsersuchen des Regeringsrätt [Schweden])

„Freier Kapitalverkehr – Beziehungen zu einem Drittstaat – Steuerrecht – Besteuerung von Dividenden, die in Form von Aktien an einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden – Begriff der ‚Beschränkung einer Kapitalbewegung‘ – Rechtfertigung – Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung“





1.     Die Freiheit des Kapitalverkehrs gilt im Gegensatz zu anderen Freiheiten nach dem EG-Vertrag nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten. Sie verbietet auch Beschränkungen von Kapitalbewegungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren hat der Gerichtshof zu entscheiden, ob diese Verkehrsfreiheit in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten die gleiche Bedeutung hat wie im Gemeinschaftsrahmen.

2.     Dieses Verfahren beruht auf einem Streit über die Gewährung einer Befreiung einer natürlichen Person mit Wohnsitz in Schweden von der Einkommensteuer für Dividenden, die sie von einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz in Form von Aktien bezogen hat, die diese an einer Tochtergesellschaft hält.

3.     Nach geltendem schwedischem Recht hängt diese Steuerbefreiung von mehreren Voraussetzungen ab. Das Königreich Schweden hat aufgrund des Standpunkts, dass es die Einhaltung dieser Voraussetzungen kontrollieren können müsse, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz im Ausland hat, festgelegt, dass diese Befreiung nur gewährt werden kann, wenn diese Gesellschaft ihren Sitz in einem Staat innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder in einem Staat hat, mit dem Schweden ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält.

4.     Es geht um die Frage, ob solche Rechtsvorschriften als eine Beschränkung des Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG zu betrachten sind und ob eine solche Beschränkung gegebenenfalls gerechtfertigt sein kann.

5.     In meinen Schlussanträgen werde ich darlegen, dass die Begriffe „Kapitalverkehr“ und „Beschränkung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG die gleiche Bedeutung sowohl für den Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten als auch für den Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten haben müssen. Ich werde daher zu dem Ergebnis kommen, dass die fraglichen nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich eine Beschränkung einer Kapitalbewegung im Sinne dieses Artikels darstellen.

6.     Anschließend werde ich prüfen, inwieweit diese Beschränkung gerechtfertigt sein kann.

7.     Die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, kann eine Beschränkung der Freiheit des Kapitalverkehrs rechtfertigen, wenn die betreffende Maßnahme zur Erreichung dieses Zieles geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist. Ich werde darlegen, dass dieser Grund für eine Beschränkung es in den Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten rechtfertigen kann, dass die Gewährung eines Steuervorteils vom Abschluss eines Abkommens abhängig gemacht wird, das einen Informationsaustausch vorsieht, falls dieser Vorteil im innerstaatlichen Recht von Voraussetzungen abhängig ist, deren Vorliegen die Steuerbehörden des betreffenden Mitgliedstaats nicht mit eigenen Mitteln nachprüfen können.

8.     Ich werde daraus den Schluss ziehen, dass die betreffende Beschränkung mit den Art. 56 EG und 58 EG vereinbar ist, wenn das nationale Gericht feststellt, dass die Befreiung von der Einkommensteuer für Dividenden, die in Form von Aktien an einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, von Voraussetzungen abhängig ist, deren Vorliegen die nationalen Steuerbehörden des Mitgliedstaats nur aufgrund von Informationen nachprüfen können, die allein die zuständigen Behörden des Staates erlangen können, in dem die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz hat.

I –    Die nationale Regelung

9.     Aufgrund des schwedischen Gesetzes Nr. 1229 von 1999(2) unterliegen Dividenden, die von einer Aktiengesellschaft an eine natürliche Person ausgeschüttet werden, normalerweise der Einkommensteuer.

10.   Gemäß Kapitel 42 § 16 des schwedischen Gesetzes gehören Dividenden, die von einer schwedischen Aktiengesellschaft in Form von Aktien einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, nicht zum zu versteuernden Einkommen, wenn

1.      die Ausschüttung proportional zu den im Besitz des Steuerpflichtigen befindlichen Aktien der Muttergesellschaft erfolgt;

2.      die Aktien der Muttergesellschaft an der Börse notiert werden;

3.      sämtliche Anteile der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden;

4.      die Anteile an der Tochtergesellschaft nach der Ausschüttung nicht von einem Unternehmen gehalten werden, das zu demselben Konzern wie die Muttergesellschaft gehört;

5.      die Tochtergesellschaft eine schwedische Aktiengesellschaft oder eine ausländische Gesellschaft ist und

6.      die Haupttätigkeit der Tochtergesellschaft in einer gewerblichen Tätigkeit oder in dem direkten oder indirekten Halten von Anteilen an solchen Gesellschaften besteht, die hauptsächlich gewerblich tätig sind und an denen die Tochtergesellschaft unmittelbar oder mittelbar Anteile mit einer Gesamtstimmenzahl hält, die mehr als die Hälfte der Stimmrechte aus sämtlichen Anteilen am Unternehmen ausmacht.

11.   Diese Vorschriften treten erstmals 1992 in Kraft und galten nur für Ausschüttungen schwedischer Aktiengesellschaften. Sie wurden 1994 aufgehoben und 1995 erneut eingeführt.

12.   Die schwedische Regierung trägt vor, dass diese Rechtsvorschriften die Umstrukturierung von Unternehmen und die Teilung von Gesellschaften erleichtern sollten. Aufgrund dieser Rechtsvorschriften könne ein Aktionär, der Ausschüttungen einer Muttergesellschaft in Form von Aktien erhalten habe, die diese an einer Tochtergesellschaft halte, die Besteuerung dieser Ausschüttungen bis zum Verkauf der erhaltenen Aktien hinausschieben.

13.   Diese Ausschüttungen werden der schwedischen Regierung zufolge nicht besteuert, weil die Anteile an der Muttergesellschaft so behandelt werden, als ob sie ihren Wert in Höhe der Anteile an der Tochtergesellschaft verloren hätten. In Wirklichkeit bewirke diese Ausschüttung lediglich, dass die mittelbaren Eigner der Tochtergesellschaft deren unmittelbare Eigentümer würden, ohne dass der Wert der gehaltenen Aktien sich ändere. Im Zeitpunkt der Ausschüttung werde der Preis für den Erwerb von Aktien der Muttergesellschaft auf diese und die Aktien an der Tochtergesellschaft aufgeteilt. Bei der Übertragung werde der Gewinn oder der Verlust an Kapital mithin aufgrund des entsprechenden Teils des Erwerbspreises bestimmt.

14.   Gemäß dem 2001 in Kapitel 42 des schwedischen Gesetzes hinzugefügten § 16a gilt die Steuerbefreiung nach Kapitel 42 § 16 auch dann, wenn die Ausschüttung in Form von Aktien durch eine ausländische Gesellschaft erfolgt, die einer schwedischen Aktiengesellschaft entspricht, wenn sie in einem Staat innerhalb des EWR oder in einem Staat ansässig ist, mit dem Schweden ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über einen Informationsaustausch enthält.

15.   Am 7. Mai 1965 schlossen die Schweiz und das Königreich Schweden ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen(3). Die Verteilung der Befugnis zur Besteuerung von Dividenden ist in Art. 10 des Abkommens geregelt(4).

16.   Das Abkommen enthält keine Vorschrift über einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten. Art. 27 sieht ein Verständigungsverfahren zwischen diesen Behörden vor, um eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung zu vermeiden und etwaige Schwierigkeiten oder Zweifel bei dessen Auslegung oder Anwendung zu beseitigen(5).

17.   Ferner ergibt sich aus Nr. 5 des beim Abschluss des Abkommens erstellten Verhandlungs- und Unterzeichnungsprotokolls, dass die Schweizer Delegation der Meinung war, die Gesichtspunkte, die Gegenstand eines Informationsaustauschs sein können sollten, müssten allein die sein, die für eine ordnungsgemäße Anwendung des Abkommens erforderlich seien und eine missbräuchliche Anwendung vermeiden hälfen. Der gleichen Nummer ist zu entnehmen, dass das Königreich Schweden diese Erklärung zur Kenntnis genommen und auf eine ausdrückliche Abkommensvorschrift über den Informationsaustausch verzichtet hat.

18.   Im Übrigen ist am 17. August 1993 zwischen der Schweiz und dem Königreich Schweden eine besondere Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung) zur Ausführung der Art. 10 und 11 des Abkommens getroffen worden(6). Diese Vereinbarung legt zum einen das Verfahren, das ein Einzelner zu befolgen hat, um eine Steuerbefreiung nach diesen Art. 10 und 11 zu erhalten, und zum anderen die Behandlung solcher Anträge durch die Steuerbehörden der Vertragsstaaten fest.

II – Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfrage

19.   A, eine in Schweden ansässige natürliche Person, besitzt Aktien der Gesellschaft X, deren Sitz sich in der Schweiz befindet und die beabsichtigt, als Gewinnausschüttung Aktien zu übertragen, die sie an einer ihrer Tochtergesellschaften hält. A beantragte beim Skatterättsnämnd (Steuerrechtsausschuss) einen Vorbescheid über die Frage, ob die Gewinnausschüttung steuerfrei ist. A gab an, dass X eine ausländische Gesellschaft sei, die einer schwedischen Aktiengesellschaft entspreche, und dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach schwedischem Recht mit Ausnahme derjenigen, die sich auf den Standort dieser Gesellschaft beziehe, erfüllt seien.

20.   In dem am 19. Februar 2003 zugestellten Vorbescheid antwortete der Skatterättsnämnd, dass die geplante Ausschüttung in Anwendung der Vertragsvorschriften über die Freiheit des Kapitalverkehrs steuerbefreit sei.

21.   Er vertrat zum einen die Auffassung, dass die Voraussetzung von Kapitel 42 § 16 des schwedischen Gesetzes, wonach eine Vorschrift über den Informationsaustausch gelten müsse, nicht erfüllt sei. Diese Voraussetzung beziehe sich auf eine Zusammenarbeit im Sinne von Art. 26 des OECD-Musterabkommens; eine solche Vorschrift finde sich in den mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Abkommen nicht.

22.   Zum anderen stellte der Skatterättsnämnd fest, dass es sich bei der betreffenden Ausschüttung um Kapitalverkehr handele und die fehlende Steuerbefreiung als eine Beschränkung im Sinne des Art. 56 EG zu betrachten sei. Diese Beschränkung sei nicht durch Art. 57 Abs. 1 EG gedeckt, da der betreffende Kapitalverkehr nicht mit einer Direktinvestition im Zusammenhang stehe.

23.   Der Skatterättsnämnd stellte sich dann auf den Standpunkt, dass diese Einschränkung, die darauf zurückgehe, dass es dem Skatteverk (Finanzamt) selbst nicht möglich sei, die Einhaltung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu überprüfen, außer Verhältnis zu diesem Ziel stehe, auch wenn die Vorschriften der Richtlinie 77/799/EWG des Rates(7) im Rahmen der Beziehungen zur Schweiz nicht anwendbar seien. Die Vereinbarung scheine der schwedischen Steuerverwaltung gewisse Möglichkeiten zu bieten, Auskünfte einzuholen, die zur Durchführung der schwedischen Steuerrechtsvorschriften erforderlich seien; außerdem könne dem Steuerpflichtigen A Gelegenheit gegeben werden, selbst nachzuweisen, dass sämtliche Voraussetzungen nach schwedischem Recht erfüllt seien.

24.   Das Skatteverk hat diesen Bescheid beim Regeringsrätt (Oberverwaltungsgericht) (Schweden) angefochten.

25.   Das Skatteverk machte geltend, dass die Vertragsvorschriften über die Freiheit des Kapitalverkehrs bei Kapitalbewegungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, insbesondere Ländern, die sich einem Informationsaustausch zu Zwecken steuerlicher Kontrolle widersetzten, nicht ausreichend klar seien. Angesichts der sehr begrenzten Möglichkeiten, Informationen zu erhalten, müsse die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung wegen des Rechts der Mitgliedstaaten zur Aufrechterhaltung einer wirksamen Steuerkontrolle als zulässig angesehen werden. Ein solcher Grund sei in der Rechtsprechung als ein im Allgemeininteresse liegender Grund anerkannt worden, der eine Beeinträchtigung der Ausübung der Vertragsfreiheiten rechtfertigen könne.

26.   A machte dagegen geltend, dass die betreffende Beschränkung nicht gerechtfertigt sei, weil der betreffende Steuerpflichtige verpflichtet werden könne, den Nachweis zu erbringen, dass sämtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt seien.

27.   Das vorlegende Gericht hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Verbieten es die Vorschriften über den freien Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und einem Drittland, in einem Fall wie dem vorliegenden bei A die Gewinnausschüttungen von X zu besteuern, weil X nicht in einem Staat innerhalb des EWR oder in einem Staat ansässig ist, mit dem [das Königreich] Schweden ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält?

III – Untersuchung

28.   Vorab sei darauf hingewiesen, dass bis heute die direkten Steuern, zu denen die Besteuerung von Dividenden gehört, zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der durch den Vertrag eingeführten Verkehrsfreiheiten, ausüben müssen(8).

29.   Es ist weiter darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarkeit der streitigen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht entsprechend dem Antrag des vorlegenden Gerichts an der Elle der Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr zu messen ist.

30.   Der Rechtsprechung ist nämlich zu entnehmen, dass eine nationale Regelung, die den Bezug von Dividenden einer Steuer unterwirft, deren Satz vom Ursprung der Dividenden, ob aus inländischer oder ausländischer Quelle, abhängt, ohne dass dabei der Umfang der Beteiligung des Anteilseigners an der ausschüttenden Gesellschaft berücksichtigt wird, sowohl unter Art. 43 EG über die Niederlassungsfreiheit als auch unter Art. 56 EG über den freien Kapitalverkehr fallen kann(9).

31.   Es steht ebenfalls fest, dass das Kapitel des Vertrags über das Niederlassungsrecht keine Bestimmung enthält, die dessen Anwendungsbereich auf Sachverhalte erstreckt, die die Niederlassung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats oder einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft in einem Drittland betreffen(10).

32.   Da der im Ausgangsverfahren vorliegende Sachverhalt den Fall betrifft, dass eine Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat Dividenden an einen Aktionär mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat ausschüttet, kann nur eine Anwendung der Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr in Frage kommen.

33.   Mit seiner Vorabentscheidungsfrage will das vorlegende Gericht im Kern wissen, ob die Art. 56 EG und 58 EG dahin auszulegen sind, dass es sich bei einer Regelung, wonach Dividenden, die in Form der Übertragung von Aktien an einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, bei Erfüllung mehrerer Voraussetzungen nur dann von der Einkommensteuer befreit werden können, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft in einem Land des EWR oder in einem Staat ansässig ist, mit dem der Mitgliedstaat ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält, um eine Beschränkung des Kapitalverkehrs handelt, und, falls ja, ob diese Beschränkung gerechtfertigt ist.

34.   Diese Frage umfasst zwei Teilfragen. Zunächst haben wir zu ermitteln, ob die betreffende Regelung als eine Beschränkung des Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG zu verstehen ist. Dann ist, wenn diese erste Teilfrage zu bejahen ist, zu prüfen, ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt sein kann.

35.   Vor der Prüfung dieser beiden Fragen dürfte es nützlich sein, zum einen den Inhalt der Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr und die Hauptstufen seiner Entwicklung in Erinnerung zu rufen und zum anderen kurz den Stand der geltenden Vorschriften über den Informationsaustausch bei den direkten Steuern auf Gemeinschaftsebene und in den Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten darzulegen.

A –    Die Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr

36.   Die Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr umfassen einen Grundsatz, der in Art. 56 EG festgelegt ist, und Einschränkungen dieses Grundsatzes, die in den Art. 57 EG bis 60 EG vorgesehen sind.

1.      Die Anerkennung des Grundsatzes des freien Kapitalverkehrs

37.   Der Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten einerseits und diesen Staaten und den Drittstaaten andererseits ist zunehmend liberalisiert worden.

38.   Im Vertrag von Rom zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft war der Kapitalverkehr innerhalb und nach außerhalb der Gemeinschaft in verschiedenen Vorschriften von geringer Verbindlichkeit geregelt. Innerhalb der Gemeinschaft waren die Mitgliedstaaten gemäß Art. 67 EWG-Vertrag (später Art. 67 EG-Vertrag, dann aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) lediglich verpflichtet, während der Übergangszeit Beschränkungen des Kapitalverkehrs schrittweise zu beseitigen, „[s]oweit es für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes notwendig ist“. Für den auswärtigen Bereich sah Art. 70 EWG-Vertrag (später Art. 70 EG-Vertrag, dann aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) lediglich eine schrittweise Koordinierung der Devisenpolitik der Mitgliedstaaten gegenüber dritten Ländern vor.

39.   Angesichts der geringen Verbindlichkeit des Art. 67 des Vertrags vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass dieser Vorschrift am Ende der Übergangszeit anders als bei den Artikeln des Vertrags zur Begründung der übrigen Verkehrsfreiheiten keine unmittelbare Wirkung zukomme, erkannte allerdings an, dass die Freiheit des Kapitalverkehrs ebenfalls eine der „Grundfreiheiten“ des Vertrags darstelle(11).

40.   Mit der Richtlinie 88/361/EWG des Rates(12) wurde eine wichtige Etappe erreicht. Diese Richtlinie sah die vollständige und bedingungslose Liberalisierung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten vor, da ihr Art. 1 bestimmte, dass die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten beseitigen. Die Frist für die Erfüllung dieser Pflicht durch die Mitgliedstaaten lief am 1. Juli 1990 ab. In seinem Urteil vom 23. Februar 1995, Bordessa u. a.(13), hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 1 der Richtlinie 88/361 unmittelbare Wirkung zukomme.

41.   Für den auswärtigen Bereich waren die Vorschriften der Richtlinie 88/361 weniger verbindlich, da sich nach ihrem Art. 7 die Mitgliedstaaten lediglich zu bemühen hatten, in dem Verfahren, das sie auf die Transfers im Zusammenhang mit dem Kapitalverkehr mit Drittländern anwenden, den gleichen Liberalisierungsgrad wie bei Transaktionen mit den Gebietsansässigen der anderen Mitgliedstaaten zu erreichen.

42.   Der Vertrag über die Europäische Union stellte die zweite wichtige Etappe in diesem Liberalisierungsprozess dar. Formell betrachtet sah dieser Vertrag ab dem 1. Januar 1994 die Ersetzung der Art. 67 bis 73 EWG-Vertrag (später Art. 73 EG-Vertrag, dann aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) durch die Art. 73b bis 73g EG-Vertrag (später Art. 56 EG bis 60 EG) vor.

43.   In materieller Hinsicht hat der EU-Vertrag aus dem freien Kapitalverkehr eine durch den Vertrag garantierte Grundfreiheit für den Kapitalverkehr nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auch zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern gemacht. So sind gemäß Art. 73b Abs. 1 EG-Vertrag (jetzt Art. 56 Abs. 1 EG) „[i]m Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels … alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten“.

44.   Angesichts der Genauigkeit und Voraussetzungslosigkeit dieser Vorschrift hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Dezember 1995, Sanz de Lera u. a.(14), entschieden, dass der Grundsatz des freien Kapitalverkehrs unmittelbare Wirkung habe, da er Beschränkungen sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verbiete(15).

45.   Der am 1. Mai 1999 in Kraft getretene Vertrag von Amsterdam hat die Artikel des Vertrags neu nummeriert und in Art. 56 Abs. 1 EG die Vorschriften des Art. 73b Abs. 1 des Vertrags übernommen.

2.      Die Beschränkungen des Grundsatzes des freien Kapitalverkehrs

46.   Die Beschränkungen des Grundsatzes des freien Kapitalverkehrs umfassen zwei Arten von Vorschriften, zum einen die Schutzmaßnahmen und zum anderen die Ausnahmevorschriften.

a)      Die Schutzmaßnahmen

47.   Die Schutzmaßnahmen sind in den Art. 59 EG und 60 EG festgelegt. Sie betreffen nur dritte Länder. Sie sind vorübergehender Natur und sollen eine Antwort auf außergewöhnliche Umstände geben.

48.   Art. 59 EG sieht eine Antwort auf wirtschaftliche Schwierigkeiten vor. Nach dieser Vorschrift kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank, falls Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend stören oder zu stören drohen, gegenüber dritten Ländern Schutzmaßnahmen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten treffen, wenn diese unbedingt erforderlich sind.

49.   Art. 60 EG wiederum ist politischer Natur. Er gestattet dem Gemeinschaftsgesetzgeber Vergeltungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Kapitalverkehrs, wenn die Gemeinschaft im Rahmen einer gemeinsamen Aktion, die aufgrund der Vorschriften des Vertrags über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik beschlossen wurde, entschieden hat, die Wirtschaftsbeziehungen mit einem oder mehreren dritten Ländern auszusetzen, einzuschränken oder einzustellen.

b)      Die Ausnahmevorschriften

50.   Sie sind in den Art. 57 EG und 58 EG enthalten.

51.   Art. 57 EG betrifft ebenfalls nur die Beziehungen zu dritten Ländern und behandelt die Kapitalbewegungen, die als besonders sensibel gelten. Es handelt sich um Kapitalbewegungen im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten. Art. 57 Abs. 1 EG sieht die Aufrechterhaltung nationaler oder gemeinschaftlicher Beschränkungen für solche Kapitalbewegungen vor, die am 31. Dezember 1993 in Kraft waren.

52.   Art. 57 Abs. 2 EG gestattet dem Rat, neue Maßnahmen in Bezug auf die gleichen Kapitalbewegungen zu beschließen. Nach dieser Vorschrift beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wenn er die Freiheit des Kapitalverkehrs erweitern, und einstimmig, wenn er sie beschränken will.

53.   Art. 58 EG wiederum legt die Kompetenzen fest, die den Mitgliedstaaten vorbehalten sind und ihnen gestatten, den Kapitalverkehr sowohl mit anderen Mitgliedstaaten als auch mit Drittländern einzuschränken. Dieser Artikel bestimmt:

„(1) Artikel 56 berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

a)      die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,

b)      die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

(2) Dieses Kapitel berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit diesem Vertrag vereinbar sind.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen.“

54.   Der Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass zu den Maßnahmen, die Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften verhindern sollen, insbesondere diejenigen gehören, die die Wirksamkeit steuerlicher Überprüfungen sicherstellen sollen(16).

55.   Außerdem ist die Aufzählung der rechtfertigenden Maßnahmen in Art. 58 Abs. 1 Buchst. b EG nicht abschließend. Der Gerichtshof hat zugestanden, dass die Freiheit des Kapitalverkehrs wie die übrigen Verkehrsfreiheiten aus anderen Gründen beschränkt werden könne, die als zwingender Grund oder zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses einzustufen sind(17). Mehrfach ist entschieden worden, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, ebenfalls ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist, der eine Beschränkung der Freiheit des Kapitalverkehrs rechtfertigen kann(18).

56.   Was immer auch als Grund ins Feld geführt werden mag, stets muss die betreffende Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist.

57.   Schließlich hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation(19), festgestellt, es lasse sich nicht ausschließen, dass ein Mitgliedstaat beweisen könne, dass eine Beschränkung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern aus einem bestimmten Grund gerechtfertigt sei, auch wenn dieser Grund keine überzeugende Rechtfertigung für eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten darstellen würde.

B –    Die geltenden Vorschriften über den steuerlichen Informationsaustausch

1.      Der steuerliche Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten

58.   Der steuerliche Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten wird in erster Linie in der Richtlinie 77/799 geregelt.

59.   Die Richtlinie wurde erlassen, um den beiden folgenden Befunden entgegenzuwirken. Zum einen führen die Praktiken der Steuerhinterziehung und der Steuerflucht über die Grenzen der einzelnen Mitgliedstaaten hinaus zu Haushaltseinnahmeverlusten, verstoßen gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und können das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes beeinträchtigen. Da es sich hierbei um ein internationales Problem handelt, sind innerstaatliche Maßnahmen, deren Wirkungen nicht über die Grenzen eines Staates hinausreichen, unzulänglich und reicht auch die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen auf der Grundlage bilateraler Abkommen nicht aus(20).

60.   Die Richtlinie 77/799 legt fest, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sich nach dieser Richtlinie gegenseitig alle Auskünfte erteilen, die für die zutreffende Festsetzung der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geeignet sein können. Nach dieser Richtlinie und nach Maßgabe der Rechtsprechung kann ein Mitgliedstaat die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats um alle Auskünfte ersuchen, die er für erforderlich hält, um den genauen Betrag der Einkommensteuer zu ermitteln, die ein Steuerpflichtiger nach seinem nationalen Recht schuldet(21).

61.   Es handelt sich indessen nicht um eine unbegrenzte Verpflichtung. Die Richtlinie 77/799 verpflichtet nämlich den ersuchten Mitgliedstaat nicht zu Ermittlungen oder zur Übermittlung von Auskünften, wenn sein Recht oder seine Verwaltungspraxis die zuständige Behörde weder zu solchen Ermittlungen noch zur Beschaffung oder Verwertung solcher Auskünfte für die eigenen steuerlichen Zwecke des auskunftgebenden Staates ermächtigt.

62.   In der gleichen Richtung hat die Richtlinie 2003/48/EG des Rates(22) ein System des automatischen Austauschs bestimmter Informationen über die Auszahlung von Zinsen geschaffen.

2.      Der steuerliche Informationsaustausch zwischen Drittländern und den Mitgliedstaaten

63.   Bezüglich des Informationsaustauschs zwischen Drittländern und den Mitgliedstaaten zu steuerlichen Zwecken sind Maßnahmen, die denen gleichwertig sind, die in der Richtlinie 2003/48 in dem besonderen Bereich dieser Richtlinie vorgesehen sind, durch Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, den Fürstentümern Andorra, Liechtenstein und Monaco sowie der Republik San Marino andererseits festgelegt worden(23).

64.   Außerhalb dieser besonderen Abkommen ergibt sich der Informationsaustausch zwischen Drittländern und den Mitgliedstaaten zu steuerlichen Zwecken weiterhin aus bilateralen oder multilateralen Abkommen. Dies gilt z. B. für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und dem EWR angehörenden Ländern, d. h. der Republik Island, dem Fürstentum Liechtenstein und dem Königreich Norwegen. Diese Länder werden durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992(24) nicht verpflichtet, Akte des abgeleiteten Rechts über den steuerlichen Informationsaustausch wie die Richtlinie 77/799 in ihr nationales Recht zu übernehmen.

65.   Art. 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung liefert die Rechtsnorm, die bei dieser Art von Abkommen am meisten verwandt wird(25). In seiner Fassung vom 29. April 2000 lautet er wie folgt:

„1.      Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden, erforderlich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. …

2.      Absatz 1 ist nicht so auszulegen, als verpflichte er einen Vertragsstaat,

a)      Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen;

b)      Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren dieses oder des anderen Vertragsstaats nicht beschafft werden können;

c)      Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung dem Ordre public widerspräche.“

66.   Mit Blick auf diese Darstellung werde ich untersuchen, ob das schwedische Gesetz als eine Beschränkung des Kapitalverkehrs anzusehen ist und gegebenenfalls, ob sich diese Beschränkung rechtfertigen lässt.

C –    Zum Vorliegen einer Beschränkung einer Kapitalbewegung

67.   Die erste Frage, die es zu beantworten gilt, befasst sich mit dem Problem, ob Rechtsvorschriften, nach denen die Befreiung von der Einkommensteuer auf Dividenden, die in Form von Aktien an einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, nur dann gewährt werden kann, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft entweder in einem Land des EWR oder in einem Staat ansässig ist, mit dem der Mitgliedstaat ein Steuerabkommen abgeschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält, eine Beschränkung einer Kapitalbewegung darstellen.

68.   Das Skatteverk und die schwedische, die deutsche, die französische und die niederländische Regierung schlagen vor, diese Frage zu verneinen. Nach Auffassung dieser Regierungen sollte Art. 56 Abs. 1 EG nicht die gleiche Bedeutung für dritte Länder wie im Gemeinschaftsrahmen haben. Zur Stützung dieses Standpunkts führen sie mehrere Argumente an, die sich wie folgt zusammenfassen lassen.

69.   Zum einen habe die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern nicht den gleichen Zweck wie die Liberalisierung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten. Bei den Beziehungen zu dritten Ländern gehe es nicht um die Verwirklichung des Binnenmarkts, sondern um die Sicherstellung der Glaubwürdigkeit der einheitlichen Gemeinschaftswährung auf den Weltfinanzmärkten und die Aufrechterhaltung der Finanzzentren von weltweiter Bedeutung in den Mitgliedstaaten.

70.   Zum anderen beruhe die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern auf einem einseitigen Schritt der Gemeinschaft, dem nicht notwendig eine Gegenleistung dieser Länder folge. Es würde daher die Verhandlungsposition der Gemeinschaft gegenüber diesen Ländern schwächen, wenn man Art. 56 Abs. 1 EG gegenüber dritten Ländern die gleiche Bedeutung gäbe wie im Gemeinschaftsrahmen. Eine so weite Auslegung stünde auch im Widerspruch zu den Assoziierungsabkommen, bei denen die Vorschriften über den freien Kapitalverkehr eine weniger große Bedeutung hätten.

71.   Schließlich müsse die Auslegung des Art. 56 Abs. 1 EG, was die Beziehungen zu Drittländern betreffe, berücksichtigen, dass diese nicht durch Gemeinschaftsrecht gebunden seien, insbesondere nicht durch die Richtlinie 77/799. Es sei auch zu beachten, dass sich der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit mit dem der Niederlassungsfreiheit überschneiden könne. Es müsse daher vermieden werden, dass die Auslegung des Art. 56 Abs. 1 EG, soweit sie die Beziehungen zu dritten Ländern betreffe, es Wirtschaftsteilnehmern, die nicht die Voraussetzungen dafür erfüllten, sich auf die Freiheit der Niederlassung in einem Mitgliedstaat berufen zu können, ermögliche, diese Voraussetzungen zu umgehen.

72.   Die schwedische, die deutsche, die französische und die niederländische Regierung leiten daraus ab, dass der Begriff „Kapitalverkehr“, wie er in Art. 56 Abs. 1 EG verwendet sei, nicht die Ausschüttung von Dividenden einer Gesellschaft mit Sitz in einem Drittland umfasse, und dass das schwedische Gesetz keine Beschränkung im Sinne dieser Vorschrift darstelle.

73.   Diese Betrachtungsweise teile ich nicht. Wie A und die Kommission bin ich der Auffassung, dass die Begriffe „Kapitalverkehr“ und „Beschränkung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG für die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern die gleiche Bedeutung wie für die innergemeinschaftlichen Beziehungen haben müssen, und zwar aus den folgenden Gründen.

74.   Erstens ist auf den Inhalt des Art. 56 Abs. 1 EG zu verweisen. Diese Vorschrift stellt den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten einerseits und zwischen diesen und Drittländern andererseits mit den gleichen Worten auf. Angesichts der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift kommt ihrem Inhalt meines Erachtens bei der Auslegung der Tragweite des Art. 56 Abs. 1 EG bezüglich des Kapitalverkehrs auf nichtgemeinschaftlicher Ebene entscheidende Bedeutung zu.

75.   Wie ich bereits ausgeführt habe, wurde nämlich bis zum EU-Vertrag der Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten einerseits und zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern andererseits in unterschiedlichen Vorschriften verschiedenen Inhalts geregelt. Außerdem ist bereits in der Richtlinie 88/361 der Grundsatz des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten in klaren und keine Bedingungen enthaltenden Worten bestätigt worden. Dass die Mitgliedstaaten im Vertrag von Maastricht entschieden haben, diesen Grundsatz sowohl innerhalb der Gemeinschaft als auch in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern im selben Artikel und mit denselben Worten zu verankern, zeigt meines Erachtens ihren Willen an, dieser Verkehrsfreiheit auf inner- wie auf nichtgemeinschaftlicher Ebene den gleichen Stellenwert einzuräumen.

76.   Das Vorbringen der Regierungen, die sich am vorliegenden Verfahren beteiligt haben, dass die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern nicht den gleichen Zweck habe wie die Freiheit des Kapitalverkehrs innerhalb der Union, scheint mir diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen.

77.   Der Vertrag schweigt sich über die Gründe aus, deretwegen der Geltungsbereich dieser Freiheit auf dritte Länder ausgedehnt wurde. Es ist allgemein anerkannt, dass diese Ausdehnung im Zusammenhang mit der Entwicklung der Währungspolitik der Gemeinschaft zu sehen ist. Wenn indessen die Mitgliedstaaten gewollt hätten, dass dieser unterschiedliche Zweck im Umfang der betreffenden Liberalisierung zum Ausdruck kommt, was ihre Beziehungen zu dritten Ländern betrifft, dann hätten sie ganz folgerichtig den Grundsatz der Freiheit des Kapitalverkehrs in der Gemeinschaft und auf nichtgemeinschaftlicher Ebene in unterschiedlichen Worten zum Ausdruck bringen müssen, wie es zuvor der Fall war. Dass sie trotz dieser unterschiedlichen Zweckrichtung beschlossen haben, diese Freiheit des Kapitalverkehrs mit denselben Worten und in demselben Artikel des Vertrags zu verankern, kann meines Erachtens nur durch die Absicht erklärt werden, ihm in beiden Fallgestaltungen den gleichen Geltungsumfang zuzuweisen.

78.   Zweitens finde ich eine Bestätigung dieser Ansicht in den übrigen Artikeln des Kapitels, das von der Freiheit des Kapitalverkehrs handelt.

79.   Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat nämlich in den Art. 57 EG, 59 EG und 60 EG ausdrücklich wirtschaftliche und politische Schutzklauseln sowie Ausnahmen vorgesehen, die besonders für diese Freiheit des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern gelten. Mithin sollen diese Vorschriften sowie die des Art. 58 EG die Unterschiede in Zweckrichtung und rechtlichem Kontext des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern berücksichtigen, und nicht Art. 56 Abs. 1 EG. Es ist mit anderen Worten gerade deshalb, weil der letztgenannte Artikel die gleiche Bedeutung in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern wie im innergemeinschaftlichen Rahmen aufweist, notwendig geworden, diese Schutzklauseln und Ausnahmen für die nichtgemeinschaftlichen Beziehungen vorzusehen.

80.   Art. 57 Abs. 2 Satz 1 EG, wonach der Rat „[u]nbeschadet der anderen Kapitel dieses Vertrages sowie seiner Bemühungen um eine möglichst weitgehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern“ mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern beschließen kann(26), belegt meines Erachtens entgegen der deutschen Regierung nicht, dass Art. 56 Abs. 1 EG in seiner nichtgemeinschaftlichen Dimension eine geringere Bedeutung hätte.

81.   Art. 57 Abs. 2 Satz 1 EG ist im Zusammenhang mit Abs. 1 dieses Artikels zu sehen, der die Beibehaltung derjenigen Beschränkungen für dritte Länder gestattet, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden.

82.   Die letztgenannte Vorschrift erlaubt somit die Beibehaltung dieser geltenden Beschränkungen ohne zeitliche Begrenzung. Art. 57 Abs. 2 Satz 1 EG ist daher meines Erachtens so zu verstehen, dass er der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten gestattet, mit dritten Ländern ein Abkommen mit Vorschriften über den freien Kapitalverkehr zu schließen, dessen Klauseln einheitlich in allen Mitgliedstaaten gelten, ohne dass die Beschränkungen des Art. 57 Abs. 1 EG gegen sie ins Feld geführt werden könnten. Art. 57 Abs. 2 Satz 1 EG stellt somit die Rechtsgrundlage dar, die es dem Gemeinschaftsgesetzgeber gestattet, die Anwendung dieser nationalen oder gemeinschaftlichen Beschränkungen im Rahmen eines Abkommens mit einem dritten Land auszuschließen(27).

83.   Schließlich erlaubt Art. 57 Abs. 2 Satz 2 EG dem Rat, Maßnahmen zur Beschränkung des freien Kapitalverkehrs gegenüber einem oder mehreren Drittländern zu beschließen, was der Gemeinschaft im Rahmen von Verhandlungen mit diesem oder diesen Ländern ein Druckmittel an die Hand gibt.

84.   Drittens bin ich der Meinung, dass dieser Auslegung nicht die Hindernisse entgegenstehen, die das Skatteverk sowie die schwedische, die deutsche, die französische und die niederländische Regierung vorgebracht haben.

85.   So bin ich zum einen nicht der Auffassung, dass sie die Stellung der Gemeinschaft in ihren Verhandlungen mit einem dritten Land schwächt oder im Widerspruch zu den Klauseln eines Assoziierungsabkommens über den Kapitalverkehr zwischen ihr und dem dritten Land, das Partei des Abkommens ist, steht.

86.   Die Freiheit des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern, wie sie Art. 56 EG geschaffen hat, erfährt nämlich, wie wir gesehen haben, in den Art. 57 EG bis 60 EG mehrere Begrenzungen. Es handelt sich insbesondere um die Aufrechterhaltung der am 31. Dezember 1993 in Kraft befindlichen nationalen oder gemeinschaftlichen Beschränkungen für bestimmte Kapitalbewegungen. Anführen lassen sich auch die Einschränkungen dieser Verkehrsfreiheit, die durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verhinderung von Verstößen gegen ihre Gesetze insbesondere im Steuerrecht verursacht werden, wie sie in Art. 58 Abs. 1 Buchst. b EG geregelt sind. Schließlich kann es sich um nationale Maßnahmen handeln, die aus einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind.

87.   Wie wir konkreter im zweiten Teil meiner Untersuchung sehen werden und wie dem Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation zu entnehmen ist, muss dem Grund für eine Beschränkung, der mit der Notwendigkeit zusammenhängt, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, in Bezug auf die Kapitalbewegungen nach oder von dritten Ländern eine weitere Bedeutung als im innergemeinschaftlichen Rahmen zuerkannt werden, insbesondere weil die Pflichten, die den Mitgliedstaaten durch Gemeinschaftsakte des abgeleiteten Rechts bezüglich des Informationsaustauschs auferlegt werden, für diese Länder nicht verbindlich sind.

88.   Angesichts aller dieser Beschränkungen der Regelung von Art. 56 Abs. 1 EG scheint mir die Verhandlungsmacht der Gemeinschaft gegenüber dritten Ländern nicht geschwächt zu sein, weil diese noch die Verpflichtungen übernehmen müssen, die erforderlich sind, damit im Rahmen der Übereinkünfte, insbesondere der Assoziierungsabkommen, mit der Gemeinschaft diese Beschränkungen wegfallen.

89.   Ich bin zum anderen auch nicht der Meinung, dass diese meine Auslegung des Art. 56 Abs. 1 EG eine natürliche oder juristische Person, die die Voraussetzungen dafür, sich auf die Vorschriften des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit zu berufen, nicht erfüllt, in die Lage versetzen könnte, diese Voraussetzungen zu umgehen.

90.   Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Ausgangsverfahren eine solche Gefahr nicht besteht. Die besagte Kapitalbewegung besteht darin, dass eine Muttergesellschaft mit Sitz in einem Drittland Dividenden in Form von Aktien einer ebenfalls in einem Drittland ansässigen Tochtergesellschaft an einen Aktionär mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat ausschüttet. Eine solche Kapitalbewegung könnte mithin gegebenenfalls diesem Aktionär eine Beteiligung an einer ausländischen Tochtergesellschaft der ausschüttenden Muttergesellschaft verschaffen, deren Größe ihn in die Lage versetzen könnte, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser Tochtergesellschaft auszuüben. Hingegen würde sie nicht einem Aktionär mit Wohnsitz in einem Drittland die Möglichkeit verschaffen, die Kontrolle einer Tochtergesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat zu übernehmen.

91.   Außerdem hat der Gerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung die Abgrenzung der jeweiligen Anwendungsbereiche der Niederlassungsfreiheit und der Freiheit des Kapitalverkehrs verdeutlicht.

92.   Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass, falls die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats anzuwenden sind, wenn ein Angehöriger des betreffenden Mitgliedstaats am Kapital einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat eine Beteiligung hält, die es ihm ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, wie dies etwa bei einem nationalen Gesetz über kontrollierte ausländische Gesellschaften(28) oder Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Unterkapitalisierung(29) der Fall sein kann, die betreffenden Rechtsvorschriften an der Elle der Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit und nur anhand dieser gemessen werden dürfen(30).

93.   Bei einer solchen Fallgestaltung stellen sich die möglichen beschränkenden Wirkungen derartiger Rechtsvorschriften auf die Freiheit des Kapitalverkehrs als unvermeidliche Folge einer etwaigen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar und rechtfertigen somit nicht die Prüfung der betreffenden Vorschriften anhand der Art. 56 EG bis 60 EG. Die Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr sind mit anderen Worten bei einer solchen Fallgestaltung nicht anwendbar und können daher nicht ins Feld geführt werden, um die für einen Staatsangehörigen eines Drittlands mit Wohnsitz außerhalb der Union bestehende Unmöglichkeit, sich auf die Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit zu berufen, zu umgehen.

94.   Dagegen kann eine nationale Regelung, die den Bezug von Dividenden einer Steuer unterwirft, deren Satz vom Ursprung der Dividenden, ob aus inländischer oder aus ausländischer Quelle, abhängt, ohne dabei den Umfang der Beteiligung des Anteilseigners an der ausschüttenden Gesellschaft zu berücksichtigen, unter die Freiheit des Kapitalverkehrs fallen. Es ist daher denkbar, dass sich ein Aktionär, der Staatsangehöriger eines Drittlands mit Wohnsitz außerhalb der Union ist und eine erhebliche Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat hält, gegenüber dieser Regelung auf Art. 56 Abs. 1 EG berufen könnte.

95.   Der Umstand, dass der Umfang seiner Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat ihm erlaubt, einen sicheren Einfluss auf deren Entscheidungen auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, scheint nämlich angesichts des Inhalts von Art. 57 Abs. 1 EG für sich genommen kein ausreichender Grund dafür zu sein, die Anwendung des Art. 56 Abs. 1 EG auszuschließen. Diese Vorschrift gestattet es, wie wir gesehen haben, den Mitgliedstaaten, die am 31. Dezember 1993 geltenden Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern beizubehalten, wenn dieser die „Niederlassung“ betrifft. Dieser Vorschrift lässt sich daher entnehmen, dass der Kapitalverkehr mit dritten Ländern die Niederlassung implizieren kann.

96.   Selbst wenn sich aber ein Aktionär, der Staatsangehöriger eines Drittlands ist und seinen Wohnsitz außerhalb der Union hat und dessen Beteiligung am Kapital einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft einen solchen Umfang aufweist, auf Art. 56 EG berufen kann, lässt sich doch die Gefahr einer Umgehung der Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit bei dieser Fallgestaltung auch gemäß Art. 58 Abs. 2 EG beseitigen. Diese Vorschrift berechtigt die Mitgliedstaaten meines Erachtens, beschränkende Maßnahmen bezüglich der Ausschüttung von Dividenden an solche Aktionäre zu beschließen.

97.   Aufgrund dieser Erwägungen bin ich der Auffassung, dass die Begriffe „Kapitalverkehr“ und „Beschränkung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG sowohl in den Beziehungen der Mitgliedstaaten zu den Drittländern als auch in den innergemeinschaftlichen Beziehungen die gleiche Auslegung erfahren müssen.

98.   Angesichts dieser Prämisse dürfte erstens nicht ernsthaft zu bestreiten sein, dass eine Ausschüttung von Dividenden in Form von Aktien einer Tochtergesellschaft eine Kapitalbewegung im Sinne dieser Vorschrift ist.

99.   Der Gerichtshof hat nämlich in seinem Urteil vom 6. Juni 2000, Verkooijen(31), entschieden, dass der Bezug von Dividenden in Form von Aktien einer gebietsfremden Gesellschaft durch einen Angehörigen eines Mitgliedstaats, der in dessen Hoheitsgebiet seinen Wohnsitz hat, eine Kapitalbewegung im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 88/361 ist. Er hat diese Betrachtungsweise darauf gestützt, dass ein solcher Bezug notwendig eine Beteiligung an neuen oder bestehenden Unternehmen im Sinne von Titel 1 Nr. 2 der Nomenklatur im Anhang dieser Richtlinie voraussetze.

100. Eine solche Betrachtungsweise ist übertragbar, wenn die ausgeschütteten Dividenden die Form von Aktien einer Tochtergesellschaft annehmen, weil eine solche Ausschüttung, wie die Kommission bemerkt, voraussetzt, dass der Begünstigte Anteile an der ausschüttenden Gesellschaft besitzt. Außerdem entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass insoweit, als Art. 56 EG im Kern den Inhalt von Art. 1 der Richtlinie 88/361 übernommen hat, die Nomenklatur des „Kapitalverkehrs“ in ihrem Anhang ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt behält, wenn es um die Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ geht(32).

101. Zweitens ist nicht zweifelhaft, dass das schwedische Gesetz eine Beschränkung dieser Kapitalbewegung darstellt. Da dieses Gesetz nämlich den Vorteil der Steuerbefreiung für Dividenden versagt, die von Gesellschaften ausgeschüttet werden, die ihren Sitz in Ländern haben, die nicht Mitglied des EWR sind und kein Abkommen mit dem Königreich Schweden geschlossen haben, das einen Informationsaustausch vorsieht, hält es die Steuerpflichtigen dieses Mitgliedstaats davon ab, ihr Kapital in Gesellschaften mit Sitz in diesen Drittländern zu investieren.

102. Das besagte Gesetz ist zugleich ein Hindernis für die Kapitalsuche durch solche Unternehmen in Schweden. Es stellt sich auch unter diesem Aspekt als eine Beschränkung dar, weil diese Gesellschaften berechtigt sind, sich auf die Vorschriften des Vertrags über den freien Kapitalverkehr zu berufen, wie dies der Rechtsprechung zu entnehmen ist(33).

103. Bei Rechtsvorschriften, nach denen die Befreiung von der Einkommensteuer auf Dividenden, die in Form von Aktien einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, nur gewährt werden kann, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Land des EWR oder in einem Staat hat, mit dem der Mitgliedstaat ein Steuerabkommen abgeschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält, handelt es sich mithin um eine Beschränkung des Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG.

104. Jetzt ist zu prüfen, ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt sein kann.

D –    Zur Rechtfertigung dieser Beschränkung

105. Das Skatteverk, die schwedische Regierung und mehrere andere Regierungen machen geltend, dass die betreffende Beschränkung durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen. Die italienische Regierung wiederum meint, dass diese Beschränkung durch Art. 57 Abs. 1 EG gedeckt sei.

106. Ich werde zunächst prüfen, ob diese Beschränkung zu den in Kraft befindlichen Maßnahmen nach Art. 57 Abs. 1 EG gehört, weil es, sollte dies der Fall sein, nicht erforderlich wäre, nachzuprüfen, ob sie aufgrund von Art. 58 EG gerechtfertigt ist.

1.      Zur Anwendung von Art. 57 Abs. 1 EG

107. Art. 57 Abs. 1 EG gestattet es den Mitgliedstaaten, Beschränkungen des Kapitalverkehrs, der im Zusammenhang mit Direktinvestitionen steht, aufrechtzuerhalten, falls sie bereits am 31. Dezember 1993 in Geltung waren. Anders als die italienische Regierung bin ich nicht der Auffassung, dass diese Vorschrift auf das schwedische Gesetz Anwendung finden kann.

108. Gewiss ergibt sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts, dass die nationalen Vorschriften, die die Steuerbefreiung von Dividenden vorsahen, bereits am 31. Dezember 1993 in Kraft waren und nur für Dividenden galten, die von schwedischen Gesellschaften ausgeschüttet wurden, so dass Gesellschaften mit Sitz in dritten Ländern davon ausgeschlossen waren. Somit könnte man die Meinung vertreten, dass insoweit die nationalen Rechtsvorschriften bereits die Steuerbefreiung von Dividenden der Gesellschaften mit Sitz in Drittländern ausschlossen, die nicht mit dem Königreich Schweden ein Abkommen geschlossen hatten, das einen Informationsaustausch vorsah.

109. Das vorlegende Gericht hebt indessen auch hervor, dass diese Rechtsvorschriften 1994 aufgehoben und dann ab 1995 wieder eingeführt wurden. Angesichts dieser Aufhebung lassen sich die schwedischen Rechtsvorschriften nicht als „Beschränkungen, die am 31. Dezember 1993 … bestehen“ im Sinne des Art. 57 Abs. 1 EG ansehen, und zwar unabhängig davon, ob die fragliche Kapitalbewegung mit einer Direktinvestition im Sinne ebendieser Vorschrift im Zusammenhang steht.

110. Diese Vorschrift muss nämlich innerhalb des Systems ausgelegt werden, zu dem sie gehört. Art. 57 Abs. 1 EG stellt eine Ausnahme vom Grundsatz des Art. 56 Abs. 1 EG dar. Er muss daher eng ausgelegt werden. Außerdem ergibt sich aus Art. 57 Abs. 2 Satz 2 EG, dass jede neue Beschränkung nur vom Rat, und zwar einstimmig, beschlossen werden kann.

111. Mithin setzt der Begriff „Beschränkungen, die am 31. Dezember 1993 … bestehen“ meines Erachtens voraus, dass der rechtliche Rahmen, in den sich die betreffende Beschränkung einfügt, seit dem 31. Dezember 1993 ununterbrochen Teil der nationalen Rechtsordnung gewesen ist. Art. 57 Abs. 1 EG ermächtigt die Mitgliedstaaten, die in dieser Vorschrift genannten Beschränkungen ohne zeitliche Begrenzung aufrechtzuerhalten, ermächtigt sie aber nicht, abgeschaffte Beschränkungen wieder einzuführen.

112. Mit der Aufhebung dieser Beschränkung hat der Mitgliedstaat nämlich zu erkennen gegeben, dass er sie in seinen Beziehungen zu dritten Ländern nicht mehr für notwendig hält. Ließe man zu, dass er eine solche Beschränkung zu jedem beliebigen Zeitpunkt wieder einführen könnte, würde das dem in Art. 56 EG verankerten Grundsatz und den Art. 57 Abs. 2 EG und 58 EG bis 60 EG zuwiderlaufen, nach denen der Erlass von wirtschaftlichen oder politischen Schutzmaßnahmen von sehr strengen Voraussetzungen abhängig ist und jede neue Maßnahme, die für die Freiheit des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern einen Rückschritt darstellen würde, vom Rat nur einstimmig getroffen werden kann.

113. Diese Betrachtungsweise scheint mir mit der Rechtsprechung übereinzustimmen. Im Urteil Konle hat der Gerichtshof den Begriff der „bestehenden Rechtsvorschriften“ in Art. 70 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge(34) ausgelegt, der der Republik Österreich die vorübergehende Beibehaltung ihrer bestehenden Rechtsvorschriften für Zweitwohnsitze gestattete. Er hat diese Auslegung im Rahmen von Rechtsvorschriften über die Besteuerung von Dividenden in den genannten Urteilen Test Claimants in the FII Group Litigation(35) und Holböck(36) herangezogen.

114. Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass nicht jede nationale Maßnahme, die nach dem 31. Dezember 1993 erlassen wurde, allein deshalb ohne Weiteres von der Ausnahmeregelung des Art. 57 Abs. 1 EG ausgeschlossen wird. Der Gerichtshof hat eingeräumt, dass dieser Artikel auch die Vorschriften deckt, die inhaltlich mit früheren Rechtsvorschriften übereinstimmen oder sich darauf beschränken, ein Hindernis für die Ausübung von Gemeinschaftsrechten und -freiheiten, das Teil dieser Rechtsvorschriften ist, zu verringern oder zu beseitigen.

115. Weder den Gründen dieser Urteile noch dem Kontext, in dem sie erlassen wurden, ist aber zu entnehmen, dass der Begriff der „bestehenden Rechtsvorschriften“ auch dann herangezogen werden kann, wenn Rechtsvorschriften, die zu dem maßgeblichen Zeitpunkt in Geltung waren, aufgehoben und dann nach einer gewissen Zeit wieder in das nationale Recht eingefügt worden sind. In den Rechtssachen, in denen die vorgenannten Urteile Konle, Test Claimants in the FII Group Litigation und Holböck erlassen wurden, stellten die beanstandeten Rechtsvorschriften eine Änderung der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Vorschriften dar. Es gab keinen Zeitraum, in dem die ursprüngliche Beschränkung, wie im Ausgangsverfahren, aus dem nationalen Recht entfernt worden war und die beanstandeten Vorschriften noch nicht in Kraft getreten waren.

116. Ich habe auch in den Urteilen des Gerichtshofs zur Auslegung des Begriffs der „bestehenden Rechtsvorschriften“ in einem anderen rechtlichen Kontext als dem der direkten Steuern kein Beispiel gefunden, das meiner Betrachtungsweise entgegenstehen könnte.

117. Ich bin daher der Auffassung, dass die im Ausgangsverfahren streitige Beschränkung nicht nach Art. 57 Abs. 1 EG gerechtfertigt werden kann.

2.      Zur Rechtfertigung aufgrund von Art. 58 EG

118. Das Skatteverk und die schwedische Regierung, die insoweit durch die dänische, die spanische, die französische und die niederländische Regierung sowie durch die Regierung des Vereinigten Königreichs unterstützt werden, machen geltend, dass die fragliche Beschränkung dadurch gerechtfertigt sei, dass es den schwedischen Steuerbehörden nicht möglich sei, bei dritten Ländern wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft die Einhaltung der Voraussetzungen zu überprüfen, von denen die Steuerbefreiung abhängig sei.

119. Nach der Darstellung der schwedischen Regierung handelt es sich um die erste, die dritte, die vierte und die letzte Voraussetzung des schwedischen Gesetzes, wonach bekanntlich die Ausschüttung proportional zu den im Besitz des Steuerpflichtigen befindlichen Aktien der Muttergesellschaft erfolgen muss, sämtliche Anteile der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden müssen, die Anteile an der Tochtergesellschaft nach der Ausschüttung nicht von einem Unternehmen gehalten werden, das zu demselben Konzern wie die Muttergesellschaft gehört, und die Haupttätigkeit der Tochtergesellschaft in einer gewerblichen Tätigkeit oder in dem direkten oder indirekten Halten von Anteilen an eine solche Tätigkeit ausübenden Gesellschaften bestehen muss. Die für die Kontrolle dieser Voraussetzungen erforderlichen Angaben könnten, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz im Ausland habe, nur von den Behörden des Sitzstaats erlangt werden.

120. Diese Beteiligten machen geltend, dass die nationalen Steuerbehörden in der Lage sein müssten, die vom Steuerpflichtigen vorgelegten Beweismittel zu überprüfen. Wenn es an Vorschriften über den Informationsaustausch zwischen den zuständigen nationalen Behörden fehle, bestehe die Gefahr eines Verstoßes gegen die Steuergesetze. Der Ausschluss der Steuerbefreiung, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz in einem dritten Staat habe, der kein Abkommen habe abschließen wollen, das einen Informationsaustausch vorsehe, sei folglich nicht unverhältnismäßig.

121. A tritt dieser Betrachtungsweise entgegen und macht geltend, dass die im Ausgangsverfahren streitige Beschränkung außer Verhältnis zu dem Ziel stehe, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, weil er selbst in der Lage sei, den Beweis dafür zu liefern, dass er die vom schwedischen Gesetz geforderten Voraussetzungen erfülle.

122. Er verweist hierzu auf den Standpunkt des Gerichtshofs in den Urteilen vom 8. Juli 1999, Baxter u. a.(37), und vom 3. Oktober 2002, Danner(38), wonach ein Mitgliedstaat einem Steuerpflichtigen einen Steuervorteil nicht mit der Begründung verweigern darf, dass er die Möglichkeit haben müsse, die Angaben des Steuerpflichtigen zu den im Ausland getätigten Geschäften zu kontrollieren.

123. Die Kommission äußert ebenfalls Zweifel, ob die im Ausgangsverfahren streitige Beschränkung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Der Beweis für die verschiedenen Voraussetzungen, die das schwedische Gesetz aufstelle, könne vom Steuerpflichtigen selbst erbracht werden; es sei dann Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob die Kontrolle durch die zuständige Steuerbehörde notwendig sei oder nicht.

124. Mit dem Skatteverk und den beteiligten Regierungen bin ich der Auffassung, dass die betreffende Beschränkung durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden kann, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen. Ich stütze diesen Standpunkt auf die folgenden Gründe.

125. Bekanntlich ist die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der eine Beschränkung des Kapitalverkehrs rechtfertigen kann. Dieser Grund kann auch mit Art. 58 Abs. 1 Buchst. b EG verknüpft werden, der Maßnahmen der Mitgliedstaaten betrifft, die Zuwiderhandlungen gegen Rechts- und Verwaltungsvorschriften verhindern sollen. Damit die Beschränkung gerechtfertigt ist, muss sie aber nach der Rechtsprechung gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen, und darf nicht über das hinausgehen, was hierfür erforderlich ist(39).

126. Diese Rechtsprechung zur Bedeutung des Art. 58 EG im Rahmen innergemeinschaftlicher Kapitalbewegungen lässt sich auf die Fälle übertragen, in denen es um die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach oder aus dritten Ländern mit diesem Artikel geht, weil dieser Artikel ebenso wie Art. 56 EG keinerlei Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten des Kapitalverkehrs trifft.

127. Im vorliegenden Fall lässt sich schwerlich bestreiten, dass der Ausschluss der Befreiung von der Einkommensteuer auf Dividenden, die von Gesellschaften mit Sitz in dritten Ländern ausgeschüttet werden, die mit dem Königreich Schweden kein Abkommen abgeschlossen haben, das einen Informationsaustausch zu Steuerkontrollzwecken vorsieht, sehr wohl geeignet ist, das verfolgte Ziel zu erreichen, d. h. sicherzustellen, dass diese Steuerbefreiung nur bei Ausschüttungen gewährt wird, die die Voraussetzungen erfüllen, die das schwedische Gesetz aufstellt.

128. Die im Zentrum der vorliegenden Rechtssache stehende Frage betrifft somit das Problem, ob die im Ausgangsverfahren streitige Beschränkung im rechten Verhältnis zu diesem Ziel steht.

129. Diese Frage stellt sich genauer gesagt deshalb, weil der Ausschluss von der Steuerbefreiung der Ausschüttungen einer Gesellschaft mit Sitz in einem dritten Land, das mit dem Königreich Schweden kein Abkommen abgeschlossen hat, das einen Informationsaustausch vorsieht, die Steuerpflichtigen, die von diesen Gesellschaften Dividenden erhalten, vollkommen daran hindert, den Beweis dafür zu erbringen, dass die vom schwedischen Gesetz aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Mithin ist zu prüfen, ob ein solcher Ausschluss, der auf der Prämisse beruht, dass die vom Steuerpflichtigen vorgelegten Beweisunterlagen nicht bei den zuständigen Behörden des Sitzstaats überprüft werden können, als eine verhältnismäßige Maßnahme anzusehen sind.

130. Ich glaube, dass diese Prämisse, wie die nachfolgende Argumentation zeigen wird, im vorliegenden Fall durchaus bestätigt worden ist. Insoweit ergibt sich aus den Dokumenten und Erläuterungen der schwedischen Regierung, dass die einzigen Auskünfte, die von den schweizerischen Behörden aufgrund der mit der Schweiz abgeschlossenen Abkommen erlangt werden können, diejenigen sind, die für eine ordnungsgemäße Anwendung des Abkommens erforderlich sind. Da indessen das Skatterättsnämnd die abweichende Meinung vertreten hat, dass die Vereinbarung mit der Schweiz Möglichkeiten biete, Auskünfte einzuholen, die für die Prüfung der Voraussetzungen des schwedischen Gesetzes erforderlich seien, wird es Sache des vorlegenden Gerichts sein, diesen Punkt nachzuprüfen.

131. Geht man somit davon aus, dass die Prämisse zutrifft, wonach die vom Steuerpflichtigen gelieferten Beweisunterlagen bei den zuständigen schweizerischen Behörden nicht überprüft werden können, so ist der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Ausschluss aus den beiden folgenden Gründen als verhältnismäßig anzusehen.

132. Erstens ist festzuhalten, dass die Möglichkeiten eines Mitgliedstaats, eine wirksame Kontrolle auszuüben, bedeutend eingeschränkt sind, wenn es ihm unmöglich ist, von den zuständigen Behörden des Sitzlands die Auskünfte zu erhalten, die für die Nachprüfung der vom Steuerpflichtigen vorgelegten Unterlagen erforderlich sind, und diese Behörden allein in der Lage sind, diese Auskünfte einzuholen. Er kann sich bei einer solchen Fallgestaltung nur auf die Beweisunterlagen des Steuerpflichtigen oder gegebenenfalls Dritter stützen.

133. Außerdem sieht sich der betreffende Mitgliedstaat, weil der Steuerpflichtige weiß, dass diese Unterlagen nicht bei den Behörden des Landes, in dem die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz hat, überprüft werden können, einer erhöhten Gefahr von Verstößen gegen seine Rechtsvorschriften ausgesetzt.

134. Unter diesen Umständen scheint es mir nicht übertrieben zu sein, wenn dieser Mitgliedstaat Sachverhalte von dem betreffenden Steuervorteil ausschließt, bei denen er nicht in der Lage ist, eine wirkliche und wirksame Kontrolle der Einhaltung der Voraussetzungen auszuüben, von denen sein Recht diesen Vorteil abhängig macht.

135. Die von A angeführte Rechtsprechung, insbesondere die Urteile Baxter u. a. und Danner, stehen dem meines Erachtens nicht entgegen.

136. Nach dieser Rechtsprechung rechtfertigt es der Umstand, dass ein Mitgliedstaat von einem anderen Mitgliedstaat nicht oder nur mit Schwierigkeiten die Auskünfte erhalten kann, die für die Prüfung der in seinem nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen erforderlich sind, im Rahmen der Gemeinschaft nicht, den Steuerpflichtigen ohne Ausnahme daran zu hindern, selbst den Nachweis zu erbringen, dass diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind.

137. Diese Unmöglichkeit oder diese Schwierigkeiten können im innergemeinschaftlichen Rahmen vorkommen. Wir haben nämlich gesehen, dass zwar nach der Richtlinie 77/799 ein Mitgliedstaat die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats ersuchen kann, ihm alle Informationen zu übermitteln, die er für erforderlich hält, um den genauen Betrag der Einkommensteuer zu ermitteln, die ein Steuerpflichtiger aufgrund seiner nationalen Rechtsvorschriften schuldet; diese Möglichkeit hat jedoch ihre Grenzen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 77/799 ist nämlich der ersuchte Mitgliedstaat nicht zu Ermittlungen oder zur Übermittlung von Auskünften verpflichtet, wenn deren Durchführung oder deren Beschaffung oder Verwertung durch ihn selbst gesetzliche Vorschriften oder seine Verwaltungspraxis entgegenstünden.

138. Bei diesen Fallgestaltungen sind nach gefestigter Rechtsprechung die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, die Gewährung eines Steuervorteils der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art a priori auszuschließen. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die nationalen Steuerbehörden vom Steuerpflichtigen Nachweise verlangen können, die sie für erforderlich halten, und gegebenenfalls diesen Steuervorteil verweigern können, wenn diese Nachweise nicht erbracht werden(40).

139. Wenn folglich im innergemeinschaftlichen Rahmen der A-priori-Ausschluss eines solchen Steuervorteils bei Unmöglichkeit der Kontrolle der nationalen Voraussetzungen bei einem anderen Mitgliedstaat als unverhältnismäßig angesehen wird, so meines Erachtens deshalb, weil diese Sachlage unter die in Art. 8 der Richtlinie 77/799 vorgesehene Ausnahme fällt. Ist diese Ausnahme anwendbar, so erscheint die Beeinträchtigung der Ausübung der Verkehrsfreiheit, die der A-priori-Ausschluss des fraglichen Steuervorteils darstellen würde, als unverhältnismäßig, weil die fehlende Hilfe seitens des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Geschäfte durchgeführt werden, zu den zulässigen Begrenzungen der in der Richtlinie 77/799 vorgesehenen Pflicht zur gegenseitigen Hilfe gehört.

140. Diese Rechtsprechung steht somit im Zusammenhang mit der Geltung einer Pflicht zur gegenseitigen Hilfe, wie sie in dieser Richtlinie vorgesehen ist, und mit dem Umstand, dass diese Pflicht nicht unbegrenzt ist. Sie ist folglich meines Erachtens nicht auf die Kapitalbewegungen von und nach einem Drittland übertragbar, wenn dieses Land, das per definitionem außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 77/799 steht, keine Pflicht zur gegenseitigen Hilfe übernommen hat.

141. Es lässt sich auch denken, dass die von A angeführte Rechtsprechung mit darauf beruht, dass der Steuerpflichtige dank anderer anwendbarer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in der Lage ist, Beweisunterlagen zur Verfügung zu stellen, die eine verlässliche und maßgebliche Grundlage für eine Kontrolle sein können.

142. So hat sich im Urteil Baxter u. a., auf das sich A beruft, der Gerichtshof mit einem französischen Gesetz konfrontiert gesehen, das die Möglichkeit, eine von Pharmaunternehmen geschuldete Sonderabgabe von der Bemessungsgrundlage abzuziehen, auf die Ausgaben für Forschungstätigkeiten beschränkte, die in Frankreich durchgeführt worden waren. Diese Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Forschungskosten hinderte somit die Gemeinschaftsunternehmen, die in Frankreich eine Zweigniederlassung unterhielten, am Abzug der in anderen Mitgliedstaaten erbrachten Forschungsausgaben. Sie ist vom Gerichtshof als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit behandelt worden. Die französische Regierung hatte als Grund angeführt, dass diese Einschränkung unerlässlich sei, damit ihre Steuerbehörden prüfen könnten, welche Ausgaben tatsächlich geleistet worden seien.

143. Der Gerichtshof hat diesen Grund als nicht durchgreifend angesehen und ausgeführt, dass sich nicht von vornherein ausschließen lasse, dass der Abgabenpflichtige Belege vorlegen könne, anhand deren die Steuerbehörden des Mitgliedstaats prüfen könnten, welche Forschungsausgaben in anderen Mitgliedstaaten tatsächlich getätigt worden seien. Angesichts des von der Kommission vertretenen Standpunkts ist wohl anzunehmen, dass der Gerichtshof berücksichtigt hat, dass der Steuerpflichtige Buchungsdaten der Muttergesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten vorlegen konnte und dass diese eine verlässliche Grundlage für eine Kontrolle darstellen konnten, weil sie nach der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates(41) und der Siebenten Richtlinie 83/349/EWG des Rates(42) hatten erstellt werden müssen.

144. Zusammengefasst gilt daher, wenn eine Pflicht zu gegenseitiger Hilfe besteht, und in gewissem Maß, weil die vom Steuerpflichtigen vorgelegten Nachweise von der Gemeinschaftsrechtsordnung erfasst werden, dass die Unmöglichkeit der Überprüfung dieser Nachweise bei einem anderen Mitgliedstaat nicht als ausreichender Grund dafür betrachtet werden kann, es diesem Steuerpflichtigen völlig unmöglich zu machen, den Nachweis zu erbringen, dass er sehr wohl die Voraussetzungen erfüllt, von denen das nationale Recht die Gewährung des betreffenden Steuervorteils abhängig macht.

145. Diese Rechtsprechung lässt sich nicht auf den Kapitalverkehr mit dritten Ländern übertragen, die keine Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfe übernommen haben und nicht dem Gemeinschaftsrecht unterliegen(43).

146. Der zweite Grund, auf den sich mein Standpunkt stützt, ist die Notwendigkeit, die dritten Länder dazu anzuhalten, Abkommen abzuschließen, die einen Informationsaustausch mit der Gemeinschaft oder zumindest mit den Mitgliedstaaten vorsehen.

147. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat es nämlich für notwendig gehalten, die Richtlinie 77/799 zu erlassen, um Praktiken der Steuerhinterziehung und der Steuerflucht zu bekämpfen, weil diese das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes beeinträchtigen könnten. Mit den Verkehrsfreiheiten geht daher auf Gemeinschaftsebene ein System gegenseitiger Hilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einher, das die ordnungsgemäße Erhebung der Steuern auf das Einkommen und das Vermögen sicherstellen soll.

148. Diese Sorge wird ebenfalls von den Vertragsstaaten der OECD geteilt, die in Art. 26 des Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ebenfalls eine Pflicht zum Austausch von Informationen vorgesehen haben, die für die Sicherstellung der Einhaltung der nationalen Steuergesetze von Bedeutung zu sein scheinen.

149. Schließlich hat es den Anschein, dass die Steuerhinterziehung trotz dieser Vorschriften zunimmt und dass der Kampf gegen ein solches Verhalten eine Verstärkung der Aktionsmittel auf gemeinschaftlicher(44) oder internationaler(45) Ebene erforderlich macht oder gemacht hat.

150. Wenn der Gerichtshof zu der Auffassung gelangen würde, dass der Ausschluss von einem Steuervorteil im Rahmen des Kapitalverkehrs mit einem dritten Land, das kein Abkommen mit dem betreffenden Mitgliedstaat abgeschlossen hat, das einen Informationsaustausch vorsieht, eine unverhältnismäßige Maßnahme ist, würden die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten unweigerlich das Druckmittel verlieren, das die dritten Länder zur Eingehung solcher Verpflichtungen anhalten kann. Dies würde den Kampf gegen die Steuerhinterziehung erschweren und ein Ungleichgewicht zum Schaden der Gemeinschaft schaffen.

151. Ich bin für mein Teil der Auffassung, dass dieses Druckmittel notwendig ist, um Steuerhinterziehung und Steuerflucht zu bekämpfen, und dass Art. 56 EG, was die Kapitalbewegungen nach oder aus den Drittländern betrifft, als eine bedingte Liberalisierung verstanden werden muss. Ein Mitgliedstaat ist daher meines Erachtens berechtigt, diese Liberalisierung von der Bedingung abhängig zu machen, dass diese Länder sich verpflichten, mit seinen nationalen Behörden eine Verwaltungszusammenarbeit und eine gegenseitige Hilfe auf einem Niveau zu pflegen, das dem innergemeinschaftlichen Niveau gemäß der Richtlinie 77/799 entspricht.

152. Dieses Erfordernis scheint mir auch deshalb annehmbar zu sein, weil die Richtlinie 77/799 dank der in ihrem Art. 8 festgelegten Grenze den Mitgliedstaaten auferlegt, gewissermaßen einen „Äquivalenzgrundsatz“ in dem Sinn zu beachten, dass sie, um eine ordnungsgemäße Festsetzung der dem ersuchenden Staat geschuldeten Steuer sicherzustellen, verpflichtet sind, zu dessen Gunsten die gleichen Ermittlungen wie die anzustellen, zu denen sie bei der Anwendung ihrer eigenen Vorschriften berechtigt wären, und keine Anstrengungen zu unternehmen, die ihnen nach ihren Rechtsvorschriften und Verwaltungspraktiken nicht erlaubt sind(46).

153. Demgemäß stehe ich auf dem Standpunkt, dass Rechtsvorschriften, nach denen die von mehreren Voraussetzungen abhängige Befreiung von der Einkommensteuer auf Dividenden, die in Form von Aktien einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, nur gewährt werden kann, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Land des EWR oder in einem Staat hat, mit dem der Mitgliedstaat ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält, durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sein können, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen.

154. Diese Schlussfolgerung muss freilich von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Eine solche Rechtfertigung kann nur zugelassen werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat nicht selbst die Einhaltung der Voraussetzungen kontrollieren kann, von denen sein nationales Recht die Gewährung des betreffenden Steuervorteils abhängig macht. Es liegt auf der Hand, dass das Fehlen eines Abkommens, das einen Informationsaustausch mit dem betreffenden dritten Land vorsieht, in dem Fall, dass die nationalen Steuerbehörden mit eigenen Mitteln eine solche Kontrolle selbst durchführen können, den Mitgliedstaat nicht daran hindert, eine wirkliche und wirksame Kontrolle der Einhaltung seiner Rechtsvorschriften vorzunehmen.

155. Im vorliegenden Fall haben das Skatteverk und die schwedische Regierung behauptet, die nationalen Steuerbehörden seien nicht in der Lage, die Erfüllung der ersten, der dritten, der vierten und der letzten Voraussetzung des schwedischen Gesetzes nachzuprüfen. Für meine Begriffe ist dies eine Tatsachenbeurteilung, für die das nationale Gericht zuständig ist. Die betreffende Beschränkung kann daher nur dann für mit den Art. 56 EG und 58 EG vereinbar erklärt werden, wenn das nationale Gericht feststellt, dass diese Voraussetzungen von den schwedischen Steuerbehörden nicht mit eigenen Mitteln nachgeprüft werden können und Informationen erforderlich machen, die allein die zuständigen Behörden des Staates erteilen können, in dem die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz hat.

156. Demgemäß schlage ich vor, auf die Vorabentscheidungsfrage zu antworten, dass die Art. 56 EG und 58 EG dahin auszulegen sind, dass Rechtsvorschriften, nach denen die Befreiung von der Einkommensteuer auf Dividenden, die in Form von Aktien einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, nur gewährt werden kann, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Land des EWR oder in einem Staat hat, mit dem der Mitgliedstaat ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellen. Eine solche Beschränkung ist durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, gerechtfertigt, wenn die Steuerbefreiung von Voraussetzungen abhängig ist, die von den nationalen Steuerbehörden nicht mit eigenen Mitteln geprüft werden können und die Informationen erfordern, die allein die zuständigen Behörden des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz hat, beschaffen können.

IV – Ergebnis

157. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Regeringsrätt vorgelegte Vorabentscheidungsfrage wie folgt zu beantworten:

Die Art. 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass Rechtsvorschriften, nach denen die Befreiung von der Einkommensteuer auf Dividenden, die in Form von Aktien einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, nur gewährt werden kann, wenn die ausschüttende Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Land des Europäischen Wirtschaftsraums oder in einem Staat hat, mit dem der Mitgliedstaat ein Steuerabkommen geschlossen hat, das eine Vorschrift über den Informationsaustausch enthält, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellen.

Eine solche Beschränkung ist durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen sicherzustellen, gerechtfertigt, wenn die Steuerbefreiung von Voraussetzungen abhängig ist, die von den nationalen Steuerbehörden nicht mit eigenen Mitteln geprüft werden können und die Informationen erfordern, die allein die zuständigen Behörden des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz hat, beschaffen können.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Inkomstskattelagen 1999:1229 (Einkommensteuergesetz [1999:1229]; im Folgenden: schwedisches Gesetz).


3 – Im Folgenden: Abkommen.


4 – Art. 10 Abs. 1 des Abkommens bestimmt, dass Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, in dem letztgenannten Staat besteuert werden. Art. 10 Abs. 2 des Abkommens legt indessen fest, dass diese Dividenden im Staat der Ansässigkeit der ausschüttenden Gesellschaft bis zur Höhe von 15 % ihres Bruttobetrags besteuert werden können. Für den Fall, dass dies zu einer Besteuerung der Dividenden in beiden Vertragsstaaten führt, enthält Art. 25 des Abkommens eine Regelung. Danach muss eine in Schweden ansässige natürliche Person, die Dividenden von einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft bezieht, den Abzug der in der Schweiz gezahlten Einkommensteuer von ihrer Einkommensteuer in Schweden beantragen.


5 – Art. 27 lautet wie folgt:


„1. Ist eine in einem Vertragsstaat ansässige Person der Auffassung, dass die Maßnahmen eines Vertragsstaates oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung geführt haben oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht, so kann sie unbeschadet der nach innerstaatlichem Recht dieser Staaten vorgesehenen Rechtsmittel ihren Fall der zuständigen Behörde des Vertragsstaates unterbreiten, in dem sie ansässig ist.


2. Hält diese zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall durch Verständigung mit der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates so zu regeln, dass eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird.


3. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie können auch übereinkommen, wie eine Doppelbesteuerung in Fällen, die in dem Abkommen nicht behandelt werden, vermieden werden kann.


4. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der vorstehenden Absätze unmittelbar miteinander verkehren. Erscheint ein mündlicher Meinungsaustausch für die Herbeiführung der Einigung zweckmäßig, so kann ein solcher Meinungsaustausch in einer Kommission durchgeführt werden, die aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten besteht.“


6 – Art. 11 regelt die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis für Zinsen.


7 – Richtlinie vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15).


8 – Urteil vom 24. Mai 2007, Holböck (C-157/05, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9 – Ebd. (Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10 – Ebd. (Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11 – Urteil vom 11. November 1981, Casati (203/80, Slg. 1981, 2595, Randnr. 8).


12 – Richtlinie vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (ABl. L 178, S. 5).


13 – C-358/93 und C-416/93, Slg. 1995, I-361, Randnr. 34.


14 – C-163/94, C-165/94 und C-250/94, Slg. 1995, I-4821.


15 – Der Gerichtshof hat, obwohl die Ausgangsverfahren die Ausfuhr von Devisen in dritte Länder betrafen, die Auffassung vertreten, dass „Artikel 73b Absatz 1 des Vertrages, in dem der Grundsatz des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verankert ist, dem Bürger Rechte verleiht, die dieser gerichtlich geltend machen kann und die die nationalen Gerichte schützen müssen“ (Randnr. 43). Die deutsche Regierung hat in ihren schriftlichen Erklärungen in der vorliegenden Rechtssache die Meinung vertreten, dass der Gerichtshof in Randnr. 46 des Urteils Sanz de Lera u. a. die unmittelbare Wirkung des Art. 73b Abs. 1 des Vertrags auf andere als in Zusammenhang mit Direktinvestitionen stehende Kapitalbewegungen beschränkt habe. Diese Meinung teile ich nicht. Meines Erachtens hat der Gerichtshof in jener Randnr. 46 entschieden, dass das Verbot des Art. 73b Abs. 1 des Vertrags sich auf die Beschränkungen bezieht, die nicht unter Art. 73c Abs. 1 EG-Vertrag (jetzt Art. 57 Abs. 1 EG) fallen, da die letztgenannte Vorschrift die Beschränkungen des Kapitalverkehrs meint, der im Zusammenhang mit Direktinvestitionen steht, die am 31. Dezember 1993 in Geltung waren (Hervorhebung nur hier). Der Gerichtshof hat daher vom Verbot des Art. 73b Abs. 1 des Vertrags nicht alle Kapitalbewegungen, die mit einer Direktinvestition zusammenhängen, sondern nur diejenigen ausgeschlossen, die am 31. Dezember 1993 in Geltung waren. Deshalb ist auch das Urteil Sanz de Lera u. a. meines Erachtens dahin zu verstehen, dass dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs gemäß Art. 73b Abs. 1 des Vertrags unmittelbare Wirkung in den Beziehungen zu dritten Ländern und bezüglich aller Kapitalbewegungen im Sinne dieser Vorschrift zukommt.


16 – Urteil vom 26. September 2000, Kommission/Belgien (C-478/98, Slg. 2000, I-7587, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung sowie Randnr. 39).


17 – Vgl. insbesondere Urteil vom 1. Juni 1999, Konle (C-302/97, Slg. 1999, I-3099, Randnr. 40).


18 – Vgl. insbesondere Urteile vom 14. September 2006, Centro di Musicologia Walter Stauffer (C-386/04, Slg. 2006, I-8203, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 30. Januar 2007, Kommission/Dänemark (C-150/04, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


19 – C-446/04, Slg. 2006, I-11753, Randnr. 171.


20 – Erster und dritter Erwägungsgrund der Richtlinie 77/799.


21 – Urteil vom 3. Oktober 2002, Danner (C-136/00, Slg. 2002, I-8147, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22 – Richtlinie vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl. L 157, S. 38).


23 – Vgl., was die Schweizerische Eidgenossenschaft betrifft, das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48 festgelegten Regelungen gleichwertig sind (ABl. 2004, L 385, S. 30).


24 – ABl. 1994, L 1, S. 3; im Folgenden: EWR-Abkommen.


25 – Nach den auf der Website der OECD abrufbaren Informationen sind mehr als 2 000 bilaterale Abkommen auf das OECD-Modell gestützt.


26 – Art. 57 Abs. 2 Satz 1 EG bestimmt:


„Unbeschadet der anderen Kapitel dieses Vertrags sowie seiner Bemühungen um eine möglichst weitgehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern kann der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten beschließen.“


27 – Vgl. insbesondere Beschluss 2000/658/EG des Rates vom 28. September 2000 über den Abschluss des Abkommens über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits (ABl. L 276, S. 44).


28 – Vgl. insoweit Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C-196/04, Slg. 2006, I-7995, Randnrn. 31 bis 33).


29 – Vgl. Urteil vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C-524/04, Slg. 2007, I-0000, Randnrn. 26 bis 34), und Beschluss vom 10. Mai 2007, Lasertec (C-492/04, Slg. 2007, I-0000, Randnrn. 18 bis 26).


30 – Für eine Anwendung des gleichen Grundsatzes bezüglich der Abgrenzung des jeweiligen Anwendungsbereichs des freien Kapitalverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs vgl. Urteil vom 3. Oktober 2006, Fidium Finanz (C-452/04, Slg. 2006, I-9521, Randnrn. 34, 48 und 49).


31 – C-35/98, Slg. 2000, I-4071.


32 – Urteil Fidium Finanz (angeführt in Fn. 30, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


33 – Urteile Fidium Finanz (angeführt in Fn. 39, Randnr. 25) und Holböck (angeführt in Fn. 8, Randnr. 30).


34 – ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1.


35 – Randnrn. 189 bis 195.


36 – Randnrn. 40 bis 43.


37 – C-254/97, Slg. 1999, I-4809.


38 – C-136/00, Slg. 2002, I-8147.


39 – Vgl. insbesondere Urteil Centro di Musicologia Walter Stauffer (angeführt in Fn. 18, Randnr. 32).


40 – Vgl. für eine kürzliche Anwendung Urteil Kommission/Dänemark (angeführt in Fn. 18, Randnr. 54).


41 – Richtlinie vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe g des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl. L 222, S. 11).


42 – Richtlinie vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. L 193, S. 1).


43 – Im Übrigen glaube ich nicht, dass das schwedische Gesetz in der Situation eines Steuerpflichtigen wie A als unverhältnismäßig angesehen werden sollte, wenn man berücksichtigt, dass die im Ausgangsverfahren streitige Befreiung nicht ausgeschlossen ist, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz in einem Land des EWR hat, das nicht Mitglied der Europäischen Union und daher nicht verpflichtet ist, die Richtlinie 77/799 in sein nationales Recht umzusetzen. Es hat nämlich nicht den Anschein, als ob die Schweiz, die das EWR-Abkommen nicht ratifiziert hat, in einer Lage wäre, die mit derjenigen der Republik Island, des Fürstentums Liechtenstein und des Königreichs Norwegen vergleichbar ist. Die Republik Island und das Königreich Norwegen haben ein multilaterales Übereinkommen über Verwaltungshilfe mit dem Königreich Schweden abgeschlossen (das „multilaterala handräckningsavtal“), das Vorschriften über den Informationsaustausch und andere Bestimmungen über die Verwaltungshilfe in Steuersachen enthält. Das Fürstentum Liechtenstein hat meines Wissens kein Abkommen dieser Art mit dem Königreich Schweden abgeschlossen, so dass dieses meines Erachtens berechtigt gewesen wäre, von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Befreiung auch die von Gesellschaften mit Sitz in Liechtenstein ausgeschütteten Dividenden auszunehmen. Der Umstand, dass diese Dividenden nicht von der betreffenden Befreiung ausgenommen sind, kann jedoch nicht belegen, dass das schwedische Gesetz, was die Dividenden anlangt, die von einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz ausgeschüttet werden, unverhältnismäßig ist. Ferner ist die Situation einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz nicht mit der einer Gesellschaft mit Sitz in Liechtenstein vergleichbar, weil dieser Staat anders als die Schweiz nach dem EWR-Abkommen verpflichtet ist, die zur Durchführung der Verkehrsfreiheit beschlossenen Akte in sein nationales Recht umzusetzen, insbesondere die Richtlinien zur Harmonisierung des Gesellschaftsrechts und besonders die Richtlinien über die Rechnungslegung der Gesellschaften (vgl. Anhang XXII des EWR-Abkommens).


44 – Vgl. insoweit die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss hinsichtlich der Notwendigkeit der Entwicklung einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges (KOM[2006] 254 endg.).


45 – Vgl. die Änderungen des Art. 26 des Musterbesteuerungsabkommens der OECD, die vom OECD-Ausschuss für Steuerfragen am 1. Juni 2004 gebilligt wurden.


46 – Diese Grenze ist durch die Richtlinie 2004/56/EG des Rates vom 21. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 77/799 eindeutig bestätigt worden (ABl. L 127, S. 70).