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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 8. Juli 20101(1)

Verbunde Rechtssachen C-78/08 bis C-80/08

Amministrazione delle finanze,

Agenzia delle Entrate

gegen

Paint Graphos Scarl (C-78/08)

Adige Carni Scrl, in Liquidation

gegen

Ministero dell’Economia e delle Finanze,

Agenzia delle Entrate (C-79/08)

und

Ministero delle Finanze

gegen

Michele Franchetto (C-80/08)

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte suprema di cassazione [Italien])

„Staatliche Beihilfen – Steuervergünstigungen für Produktions- und Arbeitsgenossenschaften – Begriffe des Vorteils und der Selektivität“





1.        Dem Gerichtshof werden in den vorliegenden Rechtssachen vom nationalen Gericht mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die hauptsächlich die Frage betreffen, ob die nationale Steuerregelung über die Befreiung der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften von der Steuer als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG eingestuft werden kann(2).

2.        Die Vorlagefragen sind im Rahmen von drei Rechtsstreitigkeiten gestellt worden, die zum einen die Weigerung der italienischen Steuerverwaltung betreffen, der Paint Graphos Scarl (im Folgenden: Paint Graphos) und der Adige Carni Scrl (in Liquidation) (im Folgenden: Adige Carni) die zum maßgeblichen Zeitpunkt nach italienischem Recht für die Genossenschaften geltenden Steuerbefreiungen zu gewähren, und zum anderen die Problematik der persönlichen Besteuerung von Herrn Franchetto, der die Bescheide der nationalen Steuerverwaltung über die Berichtigung seiner Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1984 bis 1988 angefochten hat.

3.        Vorab ist festzustellen, dass die Zulässigkeit der in Rede stehenden Vorabentscheidungsersuchen überaus fraglich ist. Eine der Hauptschwierigkeiten des vorliegenden Falles besteht nämlich in der Diskrepanz zwischen der begrenzten Zahl an Informationen, die dem Gerichtshof übermittelt worden sind, und der Breite der Problematik, mit der er sich zu befassen hat, da er u. a. die Regelung der Besteuerung der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften zu prüfen hat.

4.        Wenn der Gerichtshof sich gleichwohl dazu entschließen sollte, die Fragen zu beantworten – die dann unbedingt umformuliert werden müssten –, böte das vorliegende Verfahren eine interessante Gelegenheit, die Tragweite der Begriffe des Vorteils und der Selektivität von die Besteuerung von Genossenschaften betreffenden nationalen Maßnahmen zu prüfen. Es würden sich insbesondere die Frage der Anwendung des Kriteriums der Rechtfertigung durch die innere Logik der nationalen Regelung und die Frage der Prüfung der vom italienischen Gesetzgeber im Rahmen des nationalen Systems der direkten Steuern getroffenen Entscheidungen stellen.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

5.        Art. 87 Abs. 1 EG lautet:

„Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

6.        In Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 EG (ABl. L 83, S. 1) ist bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)      ‚Beihilfen‘ alle Maßnahmen, die die Voraussetzungen des Artikels 92 Absatz 1 des Vertrags erfüllen;

b)      ‚bestehende Beihilfen‘

i)      … alle Beihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags in dem entsprechenden Mitgliedstaat bestanden, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind; …“

B –    Nationales Recht

7.        Aus den Akten geht bruchstückhaft hervor, dass die italienischen Genossenschaften zum in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt zum einen der Körperschaftsteuer (imposta sul reddito delle persone giuridiche, im Folgenden: IRPEG) und zum anderen der örtlichen Einkommensteuer (imposta locale sui redditi, im Folgenden: ILOR) unterlagen. Von 1977 bis 2004 folgte die allgemeine Besteuerung der Kapitalgesellschaften(3) in Italien dem Prinzip der Einmalbesteuerung, was sich in der Einführung eines Systems der Steuergutschriften für die Gesellschafter dieser Gesellschaften niederschlug. Nach diesem System wurde der Gewinn der Gesellschaft bei der Gesellschaft nach den für diese geltenden Steuersätzen besteuert; soweit er an die Gesellschafter/Aktionäre ausgeschüttet wurde, wurde er aber nach den progressiven Tarifen der Besteuerung der natürlichen Personen besteuert. Die Gesellschafter, die Anspruch auf eine dem Betrag der von der Gesellschaft geschuldeten Steuer entsprechende Steuergutschrift hatten, waren verpflichtet, den Unterschiedsbetrag zwischen dem auf die Gesellschaft anwendbaren Steuersatz und dem bei ihrer persönlichen Besteuerung anwendbaren progressiven Steuersatz zu entrichten(4).

8.        Aus den Akten geht auch hervor, dass mehrere besondere Steuervorschriften für Genossenschaften mit dem mutualistischen Charakter begründet sind, wodurch die Verteilung des Gewinns oder des Vermögens dieser Gesellschaften an ihre Gesellschafter beschränkt wird.

9.        Art. 11 („Produktions- und Arbeitsgenossenschaften“) des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 601 vom 29. September 1973 zur Regelung der Steuervergünstigungen(5) in der von 1984 bis 1993 geltenden Fassung (im Folgenden: DPR Nr. 601/1973) lautete:

„(1)      Die Einkünfte der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften und ihrer Konsortien sind von der Steuer auf das Einkommen juristischer Personen und der lokalen Einkommensteuer befreit, wenn der Betrag der Vergütungen, die den dauerhaft ihre Arbeit einbringenden Mitgliedern tatsächlich gezahlt werden, einschließlich der Beträge im Sinne des letzten Absatzes, 60 % des Gesamtbetrags aller übrigen Kosten mit Ausnahme der Kosten für Roh- und Hilfsstoffe nicht unterschreitet. Unterschreitet der Betrag der Vergütungen 60 %, nicht aber 40 % des Gesamtbetrags der übrigen Kosten, ermäßigen sich die Steuer auf das Einkommen juristischer Personen und die lokale Einkommensteuer um die Hälfte.

(2)      Für die Produktionsgenossenschaften gelten die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes unter der Voraussetzung, dass die Mitglieder sämtliche Anforderungen erfüllen, die für die Mitglieder von Arbeitsgenossenschaften gemäß Art. 23 des Decreto legislativo del Capo provvisorio dello Stato Nr. 1577 vom 14. Dezember 1947 mit seinen späteren Änderungen gelten.

(3)      Bei der Ermittlung der Einkünfte der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften und ihrer Konsortien können die den arbeitenden Mitgliedern als Lohnergänzung gezahlten Beträge bis zu einer Obergrenze in Höhe der laufenden Gehälter zuzüglich 20 % in Abzug gebracht werden.“

10.      Art. 14 (Voraussetzungen für die Gewährung der Vergünstigungen) des DPR Nr. 601/1973 lautete:

„(1)      Die Vergünstigungen gemäß diesem Titel gelten für die Genossenschaften und ihre Konsortien, die den in den Landesgesetzen vorgesehenen Grundsätzen der Gegenseitigkeit folgen und in den Präfekturregistern oder in der Allgemeinen Genossenschaftskartei eingetragen sind.

(2)      Die Anforderungen der Gegenseitigkeit gelten als erfüllt, wenn in der Satzung die Bedingungen des Art. 26 des Decreto legislativo del Capo provvisorio dello Stato Nr. 1577 vom 14. Dezember 1947 mit seinen späteren Änderungen ausdrücklich und zwingend vorgesehen sind und wenn diese Bedingungen während des Veranlagungszeitraums und in den fünf Jahren davor oder in dem etwa kürzeren Zeitraum seit der Genehmigung der Satzung tatsächlich eingehalten worden sind.

(3)      Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vergünstigungen werden von der Steuerverwaltung im Benehmen mit dem Arbeitsministerium oder den anderen Aufsichtsorganen festgestellt.“

II – Sachverhalt der Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

A –    Rechtssache C-78/08

11.      Nach Abschluss der von der Guardia di Finanza durchgeführten Ermittlungen stellte die Steuerverwaltung der Stadt Matera Paint Graphos, einer Genossenschaft italienischen Rechts, einen Steuerbescheid zu, mit dem für das Jahr 1993 das der Festsetzung der IRPEG und der ILOR zugrunde liegende Einkommen berichtigt wurde. Mit demselben Bescheid lehnte es die Steuerverwaltung ab, dieser Gesellschaft die Steuerbefreiungen gemäß den Art. 11, 12 und 14 des DPR Nr. 601/1973 zu gewähren. Nach einer Reihe von sowohl von Paint Graphos als auch vom Ministero dell’Economia e delle Finanze und der Agenzia delle Entrate eingelegten Rechtsmitteln ist die Rechtssache derzeit beim vorlegenden Gericht anhängig.

B –    Rechtssache C-79/08

12.      Mit Steuerbescheid vom 8. Juni 1999, ergangen gegen Adige Carni, eine Genossenschaft italienischen Rechts, hob die Steuerverwaltung von Rovigo die Gewährung der Steuervergünstigungen gemäß Art. 10 ff. des DPR Nr. 601/1973 auf, setzte für das Jahr 1993 ein höheres zu versteuerndes Einkommen und entsprechend eine höhere IRPEG und eine höhere ILOR fest. Die Steuerverwaltung beanstandete insbesondere für aus ihrer Sicht nicht existierende Umsätze ausgestellte Rechnungen; da die Steuerverwaltung den entsprechenden Betrag als Einnahme ansah und dieser von Adige Carni nicht als Einnahme verbucht worden war, ging die Steuerverwaltung davon aus, dass der Betrag unter Verstoß gegen Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 an die Mitglieder ausgezahlt wurde. Nach einer Reihe von Rechtsmitteln legte Adige Carni Kassationsbeschwerde ein, mit der sie u. a. geltend macht, dass die Ablehnung der in Rede stehenden Befreiungen nicht oder nur unzureichend begründet worden sei.

C –    Rechtssache C-80/08

13.      Die Steuerverwaltung von Monfalcone berichtigte die von Herrn Franchetto für die Jahre 1984 bis 1988 abgegebenen Einkommensteuererklärungen mit der Begründung, Herr Franchetto sei als Mitglied der Cooperativa Maricoltori Alto Adriatico rl, einer Genossenschaft italienischen Rechts, deren Unternehmensgegenstand die Zucht und der Verkauf von Mollusken gewesen sei, unabhängig auf dem Markt aufgetreten, während die Genossenschaft, auf deren Namen die Kauf- und Verkaufsrechnungen ausgestellt worden seien, bei jedem Verkauf für jeden geleisteten Dienst eine Provision erhalten und die Gewinnspanne an die Mitglieder ausgezahlt habe, anstatt sie in die entsprechende Rücklage einzustellen.

14.      Das Ministero delle Finanze beantragt im Rahmen der Kassationsbeschwerde die Aufhebung der Entscheidung der Commissione tributaria centrale, die, ohne das Vorbringen von Herrn Franchetto inhaltlich zu prüfen, die Auffassung vertrat, dass die Gewährung der Steuervergünstigungen gegenüber der Genossenschaft nicht hätte abgelehnt werden dürfen, ohne dass vorher die obligatorische Stellungnahme des Arbeitsministeriums eingeholt worden ist. Das Ministero delle Finanze macht u. a. einen Verstoß gegen Art. 14 des DPR Nr. 601/1973 geltend; Adressat des Steuerbescheids sei das Genossenschaftsmitglied und nicht die Genossenschaft selbst; deshalb sei es nicht notwendig gewesen, die Stellungnahme des Arbeitsministeriums einzuholen.

D –    Vorlagefragen

15.      Zur Prüfung der Frage, ob die den Genossenschaften im Gegensatz zu den Gesellschaften mit Erwerbszweck gewährten Steuervergünstigungen mit dem Unionsrecht vereinbar sind, ist es nach Auffassung der Corte suprema di cassazione erforderlich, festzustellen, ob die Tatsache, dass die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer Steuern einsparen, eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstellt, was bedeuten würde, dass die nationalen Stellen einschließlich der Gerichte wegen der unmittelbaren Wirkung von Art. 88 Abs. 3 EG verpflichtet wären, die betreffende innerstaatliche Regelung unangewendet zu lassen und anzuordnen, dass die erhaltenen Beihilfen zurückzuzahlen sind. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts stellt sich auch die Frage, ob der Rückgriff auf die Rechtsform der Genossenschaft einen Rechtsmissbrauch darstellt.

16.      Die Corte suprema di cassazione hat deshalb beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Steuervergünstigungsmaßnahmen der Art. 10, 11, 12, 13 und 14 des DPR Nr. 601/1973 zugunsten der Genossenschaften mit den Vorschriften über den Wettbewerb vereinbar, und sind sie, vor allem angesichts eines ungeeigneten Systems der Aufsicht und der Missbrauchskorrektur, wie es im Decreto legislativo Nr. 1577 vom 14. Dezember 1947 vorgesehen ist, namentlich als staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 87 EG einzustufen?

2.      Können insbesondere, was die Frage der Einstufung der in Rede stehenden Steuervergünstigungsmaßnahmen als staatliche Beihilfen anbelangt, diese Maßnahmen gemessen an den dem Genossenschaftsunternehmen zugewiesenen Zwecken als verhältnismäßig angesehen werden, und kann bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit über die einzelne Maßnahme hinaus auch der Vorteil eine Rolle spielen, der unter Verfälschung des Wettbewerbs durch die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit gewährt wird?

3.      Das erkennende Gericht hält für die Beantwortung dieser Fragen den Umstand für erheblich, dass das Aufsichtssystem durch die Reform des Gesellschaftsrechts nach der Legge Nr. 311/2004 insbesondere in Bezug auf die überwiegend und nicht vollständig auf Gegenseitigkeit beruhenden Genossenschaften in bedeutendem Maße noch weiter abgeschwächt wurde.

4.      Kann unabhängig von der etwaigen Einstufung der in Rede stehenden Vergünstigungsmaßnahmen als staatliche Beihilfen der Rückgriff auf die Rechtsform der Genossenschaft auch über die Fälle des Betrugs oder der Scheingestaltung hinaus als Rechtsmissbrauch angesehen werden, wenn er ausschließlich oder hauptsächlich zur Steuerersparnis erfolgt?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

17.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 25. Februar 2008 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.

18.      Paint Graphos, Adige Carni, die italienische, die spanische und die französische Regierung sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften haben schriftliche Erklärungen abgegeben.

19.      Paint Graphos, Adige Carni, Herr Franchetto, die italienische, die spanische und die französische Regierung, die Kommission sowie die EFTA-Überwachungsbehörde waren in der mündlichen Verhandlung vertreten, die am 11. März 2010 stattgefunden hat(6).

IV – Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

A –    Vorbringen der Parteien

20.      Paint Graphos und Adige Carni sowie die italienische Regierung schlagen dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen für unzulässig zu erklären. Die Kommission meint, der Gerichtshof solle sich für unzuständig für die Beantwortung der Vorlagefragen erklären.

21.      Hintergrund dafür ist das Fehlen zum einen von hinreichenden Angaben zum rechtlichen und tatsächlichen Rahmen der Ausgangsverfahren, zum anderen einer klaren Begründung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen. Die Parteien haben nämlich Zweifel an der Nützlichkeit der Antwort des Gerichtshofs für die Entscheidung der Ausgangsverfahren; sie weisen auf den verfrühten, hypothetischen, gar fiktiven Charakter der Vorlagefragen hin.

22.      Nach Auffassung der Kommission und nach Auffassung der italienischen und der spanischen Regierung sind die drei ersten Fragen jedenfalls insoweit unzulässig, als sie sich auf nationale Bestimmungen bezögen, die im Rahmen der Ausgangsverfahren überhaupt nicht anwendbar seien. Nach Auffassung der Kommission gilt dasselbe für die vierte Frage; die Frage von Praktiken zur Erlangung von Vorteilen nach dem Gemeinschaftsrecht stelle sich nicht; Vorteile ergäben sich im vorliegenden Fall allein aus dem innerstaatlichen Recht, so dass der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz des Rechtsmissbrauchs keine Anwendung finde.

23.      Schließlich wird die Problematik aufgeworfen, dass ausschließlich die Kommission befugt sei, über die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu befinden. Nach Auffassung der Kommission ist deshalb auch die zweite Frage unzulässig.

B –    Würdigung

24.      Vorab ist festzustellen, dass die Zulässigkeit der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen überaus problematisch ist.

25.      Erstens sind aus den knapp gefassten Vorlageentscheidungen weder die Einzelheiten der in Rede stehenden nationalen Regelung noch die Einzelheiten des Sachverhalts der Ausgangsverfahren ersichtlich. Die Angaben des nationalen Gerichts und die verschiedenen Schriftstücke, die von den Parteien, die schriftliche Erklärungen abgegeben haben, vorgelegt worden sind, stiften im Hinblick auf den Inhalt des einschlägigen innerstaatlichen Rechts eher eine gewisse Verwirrung. Zudem wurden keine genauen Angaben zu der Besteuerung anderer Gesellschaftsformen als der Genossenschaften gemacht, obwohl diese Angaben unerlässlich wären, um die Vergleichbarkeit der Situationen beurteilen zu können, auf die es bei den Begriffen des Vorteils und der Selektivität – wesentlichen Merkmalen des Begriffs der staatlichen Beihilfe – ankommt.

26.      Noch fraglicher dürfte zweitens das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen dem Unionsrecht und der beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssachen sein. Angesichts des Gegenstands und der Natur der Ausgangsverfahren ist schwer vorstellbar, wie die Antwort des Gerichtshofs für die Entscheidung der beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten sachdienlich sein sollte. Denn in diesen Rechtssachen geht es um die Rechtmäßigkeit von Kontrollen der Steuerverwaltung, während die Fragen die Qualifizierung von steuerlichen Vorteilen im Hinblick auf Art. 87 EG betreffen. Im Übrigen weist Paint Graphos darauf hin, dass die anhängigen Verfahren die Vorschriften über die Prüfung des Einkommens und nicht die Steuersätze selbst oder deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht betreffen.

27.      Zudem ist, was den Fall von Herrn Franchetto angeht, festzustellen, dass Gegenstand dieses nationalen Rechtsstreits nicht die Besteuerung der betreffenden Genossenschaft, sondern die persönliche Besteuerung von Herrn Franchetto ist. Anders als es im Vorlagebeschluss heißt, handelte es sich bei der Genossenschaft, deren Mitglied Herr Franchetto war, wohl nicht um eine Arbeitsgenossenschaft im Sinne von Art. 11 des DPR Nr. 601/1973, sondern um eine Kleinfischereigenossenschaft im Sinne von dessen Art. 10, einer Bestimmung, deren Tragweite vom vorlegenden Gericht nicht weiter erläutert worden ist.

28.      Drittens fragt sich das vorlegende Gericht, ob die nationalen Maßnahmen im Hinblick auf die der Genossenschaft vorgegebenen Ziele verhältnismäßig sind; diese Ziele dürften in der nationalen Rechtsordnung festgelegt sein. Bei der Prüfung des Ausgleichs der von den nationalen steuerlichen Maßnahmen geschützten Interessen und der Wettbewerbsverzerrungen geht es letztlich um die Prüfung der Vereinbarkeit möglicher staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt.

29.      Viertens handelt es sich bei der dritten Vorlagefrage eher um eine Überlegung oder eine Anmerkung, die nicht als eigenständige Frage zu behandeln ist.

30.      Schließlich ist festzustellen, dass die vierte Vorlagefrage ausschließlich das innerstaatliche Recht betrifft, so dass der Gerichtshof für ihre Beantwortung nicht zuständig ist. Die Vorlagefrage betrifft nämlich den Zusammenhang zwischen dem Rückgriff auf die Rechtsform der Genossenschaft und der Erzielung einer Steuerersparnis.

31.      Angesichts dieser Probleme genügt es, in Erinnerung zu rufen, dass die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nach ständiger Rechtsprechung abgelehnt werden kann, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(7).

32.      Das vorlegende Gericht hat nämlich die genauen Gründe anzugeben, aus denen ihm die Auslegung und die Gültigkeit von Bestimmungen des Unionsrechts fraglich erscheinen. Demnach ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unerlässlich, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Rechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt(8).

33.      Außerdem ist der Gerichtshof nicht befugt, über die Vereinbarkeit einer nationalen Maßnahme mit dem Unionsrecht zu entscheiden(9). Er darf sich auch nicht zu der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt äußern; für deren Beurteilung ist ausschließlich die Kommission zuständig, die dabei der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt(10). Der Gerichtshof ist auch nicht befugt, über den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu entscheiden oder die Unionsvorschriften auf nationale Maßnahmen oder Gegebenheiten anzuwenden, da diese Fragen in die ausschließliche Zuständigkeit des nationalen Gerichts fallen(11).

34.      Nach alledem sind die Vorlagefragen allesamt für unzulässig zu erklären.

35.      Für den Fall, dass sich der Gerichtshof außerstande stehen sollte, einem derart radikalen Vorschlag zu folgen, schlage ich vor, den Schwerpunkt der Prüfung auf die erste Vorlagefrage zu legen.

36.      Insoweit geht die Corte suprema di cassazione offenbar davon aus, dass die in Rede stehenden Genossenschaften, selbst wenn sie Anspruch auf die Steuerbefreiungen hätten, nicht in den Genuss der in Rede stehenden Vergünstigungen kommen könnten, da es sich dabei um rechtswidrige staatliche Beihilfen handele.

37.      Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen, insbesondere mit der ersten Vorlagefrage, möchte das vorlegende Gericht die Vereinbarkeit der Bestimmungen der nationalen Steuerregelung über die Genossenschaften mit dem Unionsrecht durch den Gerichtshof prüfen lassen. Es macht hierzu breite Ausführungen zur Entwicklung des italienischen Steuerrechts auf diesem Gebiet, das in den Ausgangsverfahren zu einem großen Teil überhaupt nicht anwendbar ist, wobei es auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und auf verschiedene Mitteilungen der Kommission über die Anwendung der für staatliche Beihilfen geltenden Bestimmungen auf nationale steuerliche Maßnahmen Bezug nimmt.

38.      Der Gerichtshof ist gemäß Art. 234 EG zwar nicht befugt, durch Vorabentscheidung über die Auslegung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu entscheiden(12); er kann dem vorlegenden Gericht aber alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts geben, die es diesem ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit einer nationalen Maßnahme mit diesem Recht zu befinden(13). Was staatliche Beihilfen anbelangt, kann er dem vorlegenden Gericht vor allem die Hinweise zur Auslegung geben, anhand deren dieses feststellen kann, ob eine nationale Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne des Unionsrechts angesehen werden kann(14).

39.      Mit den vom vorlegenden Gericht gemachten rechtlichen und tatsächlichen Angaben verfügt der Gerichtshof im vorliegenden Fall meines Erachtens über ein Mindestmaß an Angaben, um – teilweise – über das Vorabentscheidungsersuchen entscheiden zu können, wobei die erste Vorlagefrage dahin umzuformulieren ist(15), dass der Gerichtshof sich im Hinblick auf die in Rede stehende Steuerregelung zu den Merkmalen des Begriffs der staatlichen Beihilfe äußern soll. Nach dieser Prüfung wird es Sache des vorlegenden Gerichts sein, auf der Grundlage der Hinweise des Gerichtshofs über die Frage zu entscheiden, ob eine möglicherweise bestehende Steuervergünstigung für die Genossenschaften eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellen kann.

40.      Im Übrigen wird es im Rahmen dieser Umformulierung angebracht sein, sich auf diejenigen nationalen Bestimmungen zu beschränken, die in den Ausgangsverfahren anwendbar sind. Da das vorlegende Gericht in den drei Vorlagebeschlüssen bestätigt, dass es um Produktions- und Arbeitsgenossenschaften geht, schlage ich vor, die Prüfung der ersten Vorlagefrage auf Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 zu beschränken.

41.      Schließlich ist anzumerken, dass der Gerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die nationalen Gerichte ebenso wie die Kommission befugt sind, den Begriff der staatlichen Beihilfe auszulegen(16). Also ist das nationale Gericht, wenn es Zweifel bei der Auslegung dieses Begriffs hat, befugt, den Gerichtshof anzurufen. Die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof darf aber nicht dazu führen, dass das Gleichgewicht der den Organen der Union zugewiesenen Befugnisse ausgehebelt wird. Auf dem Gebiet der Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ist die Tätigkeit des nationalen Richters im Vergleich zum Handlungsbereich der Kommission nur von untergeordneter Bedeutung.

V –    Vorbemerkungen zu den Genossenschaften

A –    Zu den Merkmalen der Genossenschaften und zu deren steuerlicher Behandlung

42.      Genossenschaften sind Zusammenschlüsse von natürlichen oder juristischen Personen mit ausgeprägt personenbezogenem Charakter, die besonderen Funktionsprinzipien folgen, wie dem Prinzip der demokratischen Struktur und Kontrolle und dem Prinzip der gerechten Verteilung des Nettojahresgewinns(17).

43.      Die Besonderheit der Genossenschaften wird deutlich an dem Begriff des mutualistischen Sondervorteils, der auf zwei verschiedene Weisen realisiert werden kann, nämlich als unmittelbarer Sondervorteil oder als aufgeschobener Sondervorteil, also Rückvergütung. Bei Genossenschaften kann ferner unterschieden werden zwischen dem Gewinn aus Mitgliedergeschäft und dem Gewinn aus Geschäften mit Dritten(18).

44.      Bei Mitgliedergeschäften wird der Gewinn in zwei Stufen auf die Mitglieder verteilt. Der unmittelbare Gewinn wird realisiert durch eine Behandlung auf der Grundlage des gezahlten Preises oder den beim Kauf eines Guts durch das Mitglied gewährten Preisnachlass. Der aufgeschobene Gewinn wird realisiert durch eine Rückvergütung, bei der es sich um einen in regelmäßigen Abständen je nach den Beziehungen zur Genossenschaft und dem Kapitalanteil von der Genossenschaft an die Mitglieder ausgezahlten Betrag handelt.

45.      Das System der Besteuerung der Genossenschaften ist streng an deren Kapitalstruktur und dem dieser zugrunde liegenden Wirtschaftssystem ausgerichtet. Daraus ließe sich demnach schließen, dass diese Gesellschaften in einem ihnen eigenen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen agieren.

46.      Die Komplexität der Frage der Besteuerung der Einkünfte der Genossenschaften zeigt sich an der Vielfalt der in den verschiedenen Mitgliedstaaten verfolgten Ansätze(19). Im Schrifttum wird deshalb die Auffassung vertreten, dass diese steuerliche Heterogenität die gesellschaftsrechtliche Heterogenität widerspiegele und offenbar zur Erreichung der Ziele notwendig sei, die, trotz der Entwicklung, die die Genossenschaften wettbewerbsbedingt durchlaufen hätten, gegenüber den Gesellschaften mit Erwerbszweck nach wie vor ein Fall für sich darstellt(20).

47.      So finden nach bestimmten nationalen Regelungen auf Genossenschaften die allgemeinen Vorschriften über die Besteuerung der Gesellschaften Anwendung(21). Andere Mitgliedstaaten gehen nach dem Ansatz der Befreiung vor, indem sie zum einen das System „der Transparenz“ anwenden, das darauf beruht, dass den Mitgliedern der von der Genossenschaft erzielte Gewinn zugerechnet wird, und zum anderen nur die Einkünfte aus Mitgliedergeschäften von der Steuer befreien, die ihrerseits verpflichtet sind, persönlich die Steuer auf den verteilten Gewinn zu entrichten(22). Einige nationale Regelungen erlauben einen Abzug der Rückvergütung von der Besteuerungsgrundlage oder behandeln das verteilte Einkommen als Dividende und sehen dafür einen ermäßigten Steuersatz vor(23). Schließlich besteht noch die Möglichkeit, den an die Mitglieder verteilten Gewinn als Dividende anzusehen und darauf einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden(24).

48.      Oft ist die Besteuerung der Genossenschaft an die Verpflichtung gebunden, sich genossenschaftstypisch zu verhalten. Genossenschaften, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, müssen beachtliche steuerliche Konsequenzen hinnehmen. Es ist deshalb nicht immer möglich, die Unterschiede der Prinzipien der Besteuerung der Genossenschaften gegenüber der Besteuerung der Kapitalgesellschaften im Allgemeinen zu erkennen, um feststellen zu können, ob diese Unterschiede bedingt sind durch das Ziel, die Genossenschaften zu begünstigen, oder durch ihren besonderen Charakter(25).

49.      In Italien haben sich die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften zum einen als Form der Zusammenarbeit zwischen Handwerkern (die erste 1855 zwischen Glasherstellern in Altare) und zum anderen als Form der Organisation von Arbeitern ohne besondere Qualifikation herausgebildet. Letztere wurden gegründet – die erste 1883 in Ravenna –, um es unter struktureller oder saisonaler Arbeitslosigkeit leidenden Mitgliedern zu erleichtern, einen Arbeitsplatz zu finden, anfangs vor allem im Bausektor, inzwischen aber in den verschiedensten Bereichen. Hierzu ist anzumerken, dass in Italien eine Trennung besteht zwischen den im landwirtschaftlichen Bereich oder im Bereich der Fischerei tätigen und den übrigen Produktions- und Arbeitsgenossenschaften(26).

50.      Im vorliegenden Fall ist, was die zu dem im Ausgangsverfahren maßgebenden Zeitpunkt anwendbaren Bestimmungen des italienischen Rechts angeht, aus der Vorlageentscheidung ersichtlich, dass die Genossenschaften in den Genuss völliger oder teilweiser Befreiung von einer ganzen Reihe von Steuern kamen, um ein besonderes wirtschaftliches Ziel zu erreichen, das nach Art. 45 der italienischen Verfassung wegen der sozialen Funktion und des mutualistischen Charakters der Genossenschaft anerkannt ist.

51.      Nach Art. 26 des Decreto Legislativo del Capo Provvisorio dello Stato Nr. 1557 vom 14. Dezember 1947 (Legislativdekret des vorläufigen Staatsoberhaupts, im Folgenden: Legge Basevi) galten die Merkmale des mutualistischen Charakters als erfüllt, wenn die Satzung der Genossenschaft folgende Bestimmungen enthielt: erstens das Verbot der Ausschüttung von Dividenden, die den Betrag übersteigen, der sich ergibt, wenn auf das tatsächlich eingezahlte Kapital der gesetzliche Zinssatz angewandt wird, zweitens das Verbot der Verteilung der Rücklage unter den Mitgliedern während des Bestehens der Genossenschaft, drittens für den Fall der Auflösung der Genossenschaft die Übertragung des gesamten Vermögens der Genossenschaft abzüglich des eingezahlten Kapitals und etwaiger Dividenden zugunsten gemeinnütziger Zwecke mit mutualistischem Charakter.

52.      Wie das vorlegende Gericht ausführt, sind für die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften Mitglieder typisch, die als Unternehmer oder Angestellte für die Genossenschaft tätig sind. Bei diesen Genossenschaften üben die Mitglieder ihre eigene berufliche Tätigkeit wie im vorliegenden Fall im Rahmen der Genossenschaft aus, und der dank ihrer Arbeitsleistung generierte Überschuss kann als Sondervergütung verteilt werden(27).

53.      Nach den Angaben der Verfahrensbeteiligten, die im vorliegenden Verfahren schriftliche Erklärungen abgegeben haben, wird die Besteuerungsgrundlage bei einer Genossenschaft genauso bestimmt wie bei anderen Gesellschaften. Es handelt sich im Prinzip um einen Satz des vom Unternehmen im Veranlagungszeitraum erzielten Nettogewinns. Weiter ergibt sich aus den Akten, dass alle Gesellschaften berechtigt sind, gezahlte Gehälter von den zu versteuernden Einkünften abzuziehen.

54.      Die Frage der Besteuerung der Genossenschaften ist von den Parteien über die im Vorabentscheidungsersuchen aufgeworfene Problematik hinaus unter einem viel weiteren Blickwinkel als nur im Hinblick auf die Befreiungen gemäß Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 erörtert worden. Meines Erachtens hat insbesondere die Kommission ihr Vorbringen in den schriftlichen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung neu ausgerichtet, indem sie die Frage nach dem Fehlen der Besteuerung der von der Gewinnverteilung ausgeschlossenen Rücklagen der Genossenschaften nach italienischem Recht aufgeworfen hat.

55.      Hierzu ist meines Erachtens festzustellen, dass es auf diese Frage bei den Produktions- und Arbeitsgenossenschaften nur ankommen kann, soweit der betreffenden Genossenschaft die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Befreiungen nicht gewährt worden sind. Meines Erachtens sollte der Gegenstand der Beurteilung durch den Gerichtshof aber auf die Frage beschränkt werden, ob die Befreiungen für die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften gemäß Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 die Merkmale des Begriffs der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG erfüllen können.

B –    Zu Art. 11 des DPR Nr. 601/1973

56.      Nach Art. 11 Abs. 1 des DPR Nr. 601/1973 wird den Genossenschaften die Befreiung des Einkommens von der Steuer gewährt, wenn die Gehälter nicht weniger als 60 % aller anderen Kosten mit Ausnahme der Kosten der Rohstoffe und Lieferungen ausmachen. Eine solche Befreiung setzt also die Möglichkeit voraus, das Verhältnis zwischen dem in der Arbeitsleistung bestehenden Beitrag der Mitglieder und dem Beitrag anderer Produktionsfaktoren – z. B. Kapital, Arbeitsleistungen Dritter –, einschließlich der allgemeinen Betriebskosten und der Kosten für Güter und Ausrüstung, zu bestimmen. Anhand einer solchen Größe lassen sich die tatsächlich gezahlten Gehälter im Verhältnis zu allen anderen Kosten der Genossenschaft kontrollieren(28). Wenn der Betrag der Gehälter zwischen 60 % und 40 % liegt, ermäßigen sich die oben genannten Steuern um die Hälfte(29).

57.      Im Übrigen findet die Steuererleichterung gemäß Art. 11 Abs. 1 des DPR Nr. 601/1973 nur Anwendung, wenn die Genossenschaften die Voraussetzungen gemäß Art. 23 der oben genannten „Legge Basevi“ erfüllen.

58.      Nach Art. 11 Abs. 3 des DPR Nr. 601/1973 werden angestellten Mitgliedern als Sondervergütung gezahlte Beträge vom Einkommen der Genossenschaft bis zur Höhe von 120 % der aktuellen Gehaltssätze abgezogen, da diese Beträge Rückvergütungen entsprechen, d. h. den Mitgliedern zustehenden aufgeschobenen Sondervorteilen, und somit die Natur der der Genossenschaft zugerechneten Kosten teilen. Im italienischen Schrifttum wird deshalb die Meinung vertreten, dass dieser Abzug keine Abweichung von der allgemeinen Regelung der Besteuerung der Gesellschaften und anderer Wirtschaftseinheiten darstellt(30).

59.      Meines Erachtens wird mit dieser Bestimmung die Möglichkeit beschränkt, den Überschuss der Genossenschaft in Form einer vom zu versteuernden Einkommen der Genossenschaft abziehbaren Sondervergütung auf die Mitglieder zu verteilen.

60.      Wie die italienische Regierung in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, erhält das Genossenschaftsmitglied eine Vergütung für die für die Genossenschaft geleistete Arbeit, und dieses Einkommen unterliegt der progressiven Einkommensteuer. Die den Genossenschaftsmitgliedern als Sondervergütung gezahlten Beträge werden bei der Steuer als gehaltsähnliche Einkünfte abgezogen. Denn sie sind bei dem für die Genossenschaft als Arbeitnehmer tätigen Genossenschaftsmitglied zu versteuern(31).

VI – Zur Einstufung einer steuerlichen Regelung als staatliche Beihilfe

A –    Zu den allgemeinen Merkmalen des Begriffs der staatlichen Beihilfe

61.      Der Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit, ohne Subventionen im strengen Wortsinn zu sein, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen(32).

62.      Daraus folgt, dass eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine Abgabenbefreiung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Abgabepflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG ist(33).

63.      Was die Genossenschaften angeht, sind, wie aus der Mitteilung der Kommission vom 23. Februar 2004(34) hervorgeht, einige Mitgliedstaaten, darunter die Italienische Republik, der Auffassung, dass die sich aus dem speziellen Charakter des genossenschaftlichen Vermögens ergebenden Einschränkungen eine besondere steuerliche Behandlung rechtfertigen. Die Kommission hat die Mitgliedstaaten deshalb aufgefordert, den Grundsatz zu beachten, dass der Schutz oder die Vorteile, die einer bestimmten Unternehmensform gewährt werden, zu den rechtlichen Einschränkungen, dem zusätzlichen gesellschaftlichen Nutzen und den sonstigen Beschränkungen, die mit dieser Unternehmensform verbunden sind, in einem angemessenen Verhältnis stehen und nicht zu unlauterem Wettbewerb führen sollten.

64.      Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass die mit staatlichen Maßnahmen verfolgten Ziele nicht genügen, um diese von vornherein von der Einordnung als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 87 EG auszunehmen(35). Art. 87 Abs. 1 EG unterscheidet nämlich nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern beschreibt diese nach ihren Wirkungen(36).

65.      Die Durchführung dieses recht einfachen Ansatzes bereitet im Zusammenhang mit der Besteuerung der in vielerlei Rechtsformen vorkommenden Unternehmen doch einige Schwierigkeiten. Bei kleinen und mittleren Unternehmen können mehr oder weniger gleiche Tätigkeiten in der Form einer Personengesellschaft(37), einer Kapitalgesellschaft mit Erwerbszweck(38), einer Genossenschaft oder gar als Einzelkaufmann ausgeübt werden.

66.      Obwohl sich die Rechtsformen der Unternehmen in den Mitgliedstaaten ihrer Art nach sehr ähneln, bestehen beachtliche Unterschiede insbesondere hinsichtlich des Verständnisses der Rechtspersönlichkeit und sogar der Rechtsfähigkeit(39) der Unternehmen.

67.      Die Besteuerung der verschiedenen Rechtsformen erfolgt entweder nach dem herkömmlichen Prinzip der Doppelbesteuerung; in diesem Fall wird das durch die wirtschaftliche Tätigkeit erzielte Einkommen sowohl beim Unternehmen als auch beim Unternehmensinhaber besteuert. Bei Systemen der Einmalbesteuerung werden hingegen alle Einkünfte aus einer solchen Tätigkeit entweder beim Unternehmen besteuert – dann sind die an die Gesellschafter ausgezahlten Einkünfte von der Steuer befreit – oder beim Gesellschafter – dann werden sie beim Unternehmen nicht besteuert. Es gibt natürlich mehrere Abwandlungen, die gewisse Elemente beider Modelle in sich vereinen.

68.      So besteht bei der Identifizierung der Schlüsselbegriffe des Vorteils und der Selektivität im Zusammenhang mit den vom nationalen Gesetzgeber beim Erlass der Steuervorschriften getroffenen Entscheidungen eine gewisse Gefahr des Anscheins konzeptueller Klarheit, die die Prüfung der in Rede stehenden Problematik letztlich aber erschwert.

69.      Insbesondere kommt es meines Erachtens sowohl bei der Prüfung des Begriffs des Vorteils als auch bei der des Begriffs der Selektivität auf das Vorhandensein einer Rechtfertigung durch das Wesen oder die Struktur des Steuersystems an.

70.      In beiden Fällen geht es nämlich darum, eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen eines Steuersystems gegenüber der theoretischen Situation des Fehlens einer solchen Behandlung zu prüfen, wobei auch die Tragweite und die Gründe für eine solche Entscheidung des nationalen Gesetzgebers zu bewerten sind. Zur Straffung habe ich mich dafür entschieden, die Prüfung der Frage des Bestehens eines Vorteils eher formal anzugehen und die Merkmale, die als solche auch das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Vorteils in Frage stellen könnten, im Rahmen der Selektivität zu erörtern.

B –    Zum Vorteil

71.      Ein Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG besteht nur, wenn die Maßnahme eine Verringerung der Steuerlast gegenüber der normalen Situation gemäß dem Steuersystem vorsieht. Der zentrale Begriff bei der Bestimmung des Vorteils im Rahmen einer steuerlichen Regelung ist somit derjenige eines allgemeinen Systems der Besteuerung(40).

72.      Um bestimmen zu können, ob es sich um einen Vorteil handelt, ist dabei das allgemeine Niveau der Besteuerung zu ermitteln, das für juristische Personen in einem nationalen Steuersystem gilt. Da es sich dabei um einen überaus komplexen Vorgang handelt, ist also die Lage des begünstigten Unternehmens mit derjenigen anderer Unternehmen zu vergleichen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden(41).

73.      Überdies ist begrifflich zwischen dem rein formalen und dem wirklichen Vorteil zu unterscheiden. Trotz der Feststellung einer bestimmten Art von Vorteil, z. B. in Form einer Verringerung der Steuerlast, ist nämlich zu prüfen, ob es sich bei diesem nicht um ein Mittel handelt, die Anwendung einer steuerlichen Bestimmung zugunsten einer anderen auszuschließen. Zum Beispiel kann eine Steuerbefreiung dazu führen, dass eine bestimmte Tätigkeit nach einer anderen Regelung besteuert wird(42). Die steuerliche Vergünstigung kann auch durch aus der rechtlichen Struktur einer bestimmten Form einer juristischen Person folgende Verpflichtungen ausgeglichen oder gerechtfertigt werden, was den Charakter eines wirtschaftlichen Vorteils ausschließt(43).

74.      Im vorliegenden Fall wird nach Art. 11 Abs. 1 des DPR Nr. 601/1973 das zu versteuernde Einkommen von Produktions- oder Arbeitsgenossenschaften je nach dem Anteil der Arbeitsleistung der Genossenschaftsmitglieder an der durch die Tätigkeiten der Genossenschaft erzielten Wertschöpfung ganz oder teilweise von der Steuer befreit. Der Umfang der Steuerbefreiung ist gestaffelt. Die oben genannte Bestimmung regelt nicht die Abzugsfähigkeit der Gehälter der Genossenschaftsmitglieder, die tatsächlich gezahlt werden müssen, da sich diese Abzugsfähigkeit aus den allgemeinen Bestimmungen über die Berechnung des zu versteuernden Einkommens einer juristischen Person ergibt.

75.      Wenn der Gerichtshof sich für einen formalen Ansatz entscheiden sollte, würde die in Rede stehende Befreiung also ohne Zweifel einen Vorteil darstellen. In Abweichung von der allgemein auf juristische Personen anwendbaren Regelung wird das zu versteuernde Einkommen der betreffenden Genossenschaften von der Steuer befreit.

76.      Dennoch frage ich mich, ob ein solcher formaler Ansatz angesichts der wirtschaftlichen Wirkungen der in Rede stehenden Bestimmung der richtige ist.

77.      Denn es versteht sich von selbst, dass die Anwendung einheitlicher Regeln auf die verschiedenen Gesellschaftsformen nicht möglich ist, ohne dass vorher Ermessensentscheidungen über die Besteuerung der Wirtschaftsfaktoren, die zur Bildung des Einkommens beigetragen haben, getroffen worden sind. Die Mitgliedstaaten verfügen im Rahmen der Steuerpolitik über einen beachtlichen Ermessensspielraum im Hinblick auf das Ob und den Umfang der Besteuerung der Produktionsfaktoren(44).

78.      Wirtschaftlich betrachtet scheint mir die Befreiung gemäß Art. 11 Abs. 1 des DPR Nr. 601/1973 aber keinen Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darzustellen. Es ergibt sich nämlich aus den Akten, dass das allgemeine System der Besteuerung von juristischen Personen auf mutualistisch ausgerichtete Gesellschaften von einigen Ausnahmen abgesehen keine Anwendung findet. Ich habe den Eindruck, dass die allgemeinen Vorschriften über die Besteuerung der juristischen Personen auf Genossenschaften nur insoweit anwendbar sind, als in ihnen die Kriterien für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage und die Berechnung des zu versteuernden Einkommens geregelt sind. Für die Besteuerung als solche gelten aber Ausnahmevorschriften, die auf alle Genossenschaften oder bestimmte Arten von Genossenschaften oder Genossenschaften eines bestimmten Wirtschaftszweigs anwendbar sind. Demnach wäre die allgemeine Regelung insgesamt auf eine Genossenschaft nur dann anwendbar, wenn die Genossenschaft die Kriterien gemäß den strengen Bestimmungen über ihren mutualistischen Charakter nicht erfüllt hat, also wenn sie sich nicht genossenschaftstypisch verhalten hat.

C –    Zur Selektivität

79.      Art. 87 Abs. 1 EG verbietet staatliche Beihilfen, die eine „Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ bedeuten, also selektive Beihilfen. Zur Beurteilung der Selektivität einer Maßnahme ist zu prüfen, ob sie im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung bestimmte Unternehmen gegenüber anderen, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, begünstigt(45). Das Merkmal der Selektivität gehört zum Begriff der staatlichen Beihilfe(46).

80.      Trotz einer umfangreichen Rechtsprechung wird der Begriff der Selektivität nicht einheitlich verstanden, insbesondere was steuerliche Maßnahmen betrifft.

81.      Nach den Mitteilungen der Kommission hat die Tatsache, dass bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige mehr als andere in den Genuss derartiger steuerlicher Maßnahmen gelangen, nicht zwangsläufig zur Folge, dass diese in den Anwendungsbereich der für staatliche Beihilfen relevanten Wettbewerbsvorschriften fallen(47). Andererseits können sich Maßnahmen als selektiv erweisen, ohne formal auf bestimmte Sektoren beschränkt zu sein(48). Maßnahmen, die allen Wirtschaftszweigen offenstehen, können dennoch als selektiv eingestuft werden, wenn die Zahl der potenziellen Begünstigten durch die Fördervoraussetzungen de facto eingeschränkt wird(49).

82.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können zum einen Beihilfen in Form von Beihilfeprogrammen einen ganzen Wirtschaftszweig betreffen und gleichwohl unter Art. 92 Abs. 1 (nach Änderung Art. 87 Abs. 1 EG) des Vertrags fallen; zum anderen ist eine Maßnahme, die die Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs teilweise von den finanziellen Lasten freistellen soll, die sich aus der normalen Anwendung des allgemeinen Sozialversicherungssystems ergeben, ohne dass diese Befreiung durch das Wesen und die Struktur dieses Systems gerechtfertigt ist, als Beihilfe anzusehen(50).

83.      Nach dem Wortlaut von Art. 87 Abs. 1 EG sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar Beihilfen, die bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen. Der Vertrag enthält aber nichts zum Kriterium der Rechtsform der juristischen Person.

84.      Zwar kann der Rückgriff auf eine bestimmte Rechtsform einer juristischen Person für einen bestimmten Wirtschaftszweig oder ein bestimmtes Unternehmen typisch sein. In diesem Fall fallen das Kriterium der Rechtsform der juristischen Person und das Kriterium des Vertrags, nach dem eine Maßnahme verboten ist, die bestimmte Unternehmen oder Sektoren begünstigt, zusammen oder gehen besser gesagt ineinander auf(51).

85.      In der Rechtssache Cassa di Risparmio di Firenze u. a.(52) vertrat die Kommission die Auffassung, dass die nationale Regelung, da sie bestimmte Unternehmen aufgrund ihrer Rechtsform (Stiftungen oder juristische Personen des öffentlichen Rechts) und bestimmte spezielle Bereiche (Bildung, Gesundheitswesen usw.), in denen diese tätig seien, begünstige, auf den ersten Blick das Merkmal der Selektivität erfülle.

86.      Der Gerichtshof hat dazu festgestellt, dass die in Rede stehende Maßnahme nicht für alle Wirtschaftsteilnehmer gelte. Sie könne daher nicht als allgemeine steuer- oder wirtschaftspolitische Maßnahme angesehen werden(53), da die betreffende steuerliche Vergünstigung aufgrund der Rechtsform des Unternehmens – juristische Person des öffentlichen Rechts oder Stiftung – und für Bereiche gewährt werde, in denen dieses Unternehmen seine Tätigkeit ausübe. Die Abweichung liege nicht in der Konzeption der Maßnahme oder im Besteuerungsverfahren begründet, sondern beruhe auf der Absicht des nationalen Gesetzgebers, im sozialen Bereich als verdienstvoll angesehene Einrichtungen finanziell zu begünstigen(54).

87.      Ein solcher Ansatz bezüglich der Rechtsform eines Unternehmens ist also nicht als Regel anzusehen, die ausnahmslos Geltung beanspruchte. Meines Erachtens können deshalb steuerliche Maßnahmen, mit denen der Form und der Struktur der juristischen Person Rechnung getragen wird, als nicht selektiv eingestuft werden, soweit sie durch das Wesen und die Struktur des Systems gerechtfertigt sind.

88.      Der Begriff der staatlichen Beihilfe ist vom Gerichtshof nämlich dahin ausgelegt worden, dass er staatliche Maßnahmen, die eine Differenzierung zwischen Unternehmen bei Abgaben vornehmen, dann nicht umfasst, wenn diese Differenzierung aus dem Wesen und der Struktur der Regelung der betreffenden Abgaben folgt(55). In einem solchen Fall kommt eine Einstufung als staatliche Beihilfe nicht in Betracht.

89.      Was den Bereich der Steuern angeht, kann eine Maßnahme, die eine Ausnahme von der Anwendung des allgemeinen Steuersystems darstellt, nach der Rechtsprechung durch das Wesen und die Struktur des Steuersystems gerechtfertigt sein, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweisen kann, dass sie unmittelbar auf den Grund- oder Leitprinzipien seines Steuersystems beruht. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen den mit einer bestimmten Steuerregelung verfolgten Zielen, die außerhalb dieser Regelung liegen, und den dem Steuersystem selbst inhärenten Mechanismen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind(56).

90.      In ihrer Entscheidungspraxis hat die Kommission eine Rechtfertigung durch das Wesen und die Struktur des Systems angenommen bei der Progressivität der Steuer, bei der Nichtbesteuerung beim Nichtanfallen von Gewinn, bei der besonderen Behandlung von Organisationen ohne Erwerbszweck(57). Das galt auch in dem Fall, dass für landwirtschaftliche Nutzflächen in Abweichung von den allgemeinen Grundsteuervorschriften Steuerbefreiungen oder -erleichterungen gewährt wurden(58). Der Vorteil wurde so gerechtfertigt mit der besonderen Bedeutung des Grundeigentums in der Landwirtschaft.

91.      Der Gerichtshof hat eine Rechtfertigung durch das Wesen und die Struktur des nationalen Versicherungsbesteuerungssystems angenommen in dem besonderen Fall der Anwendung des höheren Steuersatzes auf einen bestimmten Anteil der zuvor dem Regelsatz unterliegenden Versicherungsverträge(59).

92.      Beim Kriterium des Wesens oder der Struktur des Systems liegt die Schwierigkeit aber darin, dass die Maßnahme, wenn sie nach Auffassung des Gerichtshofs vom allgemeinen nationalen Steuersystem abweicht, als selektiv eingestuft wird. Diese Rechtsprechung etabliert also einen status quo, bei dem keine Maßnahme als durch das Wesen und die Struktur des Systems gerechtfertigt angesehen werden kann(60).

93.      Insoweit kommt es nämlich nicht auf die Ziele, sondern auf die innere Logik des nationalen Steuersystems an.

94.      Bei Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 handelt es sich um eine komplexe Maßnahme, die mehrere steuerliche Lösungen umfasst, mit denen eine differenzierte steuerliche Behandlung der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften eingeführt werden soll.(61)

95.      Trotz dieses auf den ersten Blick abweichenden Charakters ist nicht unbedingt gesagt, dass die steuerlichen Vergünstigungen für die Produktions- und Arbeitsgenossenschaft selektiv sind. In Anbetracht der horizontalen Ausrichtung dieser Gesellschaften, d. h. der Vielfalt der Wirtschaftszweige, in denen sie tätig sein können, ist die Selektivität der in Rede stehenden Maßnahme meines Erachtens durchaus fraglich. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das System der diesen Gesellschaften gewährten Befreiungen grundsätzlich selektiv ist, könnte dieses jedenfalls immer noch durch seine Struktur und sein Wesen gerechtfertigt sein.

96.      Hierzu ist festzustellen, dass die Voraussetzung der Selektivität nach der Rechtsprechung(62) erfüllt ist, wenn die Maßnahme bestimmte Unternehmen gegenüber anderen, die sich in derselben tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, begünstigt, auch wenn die Beihilfen einen gesamten Wirtschaftszweig betreffen.

97.      Dazu wäre zunächst zu prüfen, ob die mutualistisch ausgerichteten Genossenschaften und die anderen Gesellschaften mit Erwerbszweck sich in einer vergleichbaren Situation befinden. Dann müsste die Situation einer Produktions- und Arbeitsgenossenschaft im Hinblick auf die Anwendung von Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 mit derjenigen der anderen Gesellschaften mit Erwerbszweck und derjenigen der anderen Genossenschaften verglichen werden.

98.      In ihren schriftlichen Erklärungen hat die Kommission geltend gemacht, dass sich die rein mutualistisch ausgerichteten Produktions- und Arbeitsgenossenschaften und die Gesellschaften mit Erwerbszweck hinsichtlich der den für die Genossenschaft als Arbeitnehmer tätigen Genossenschaftsmitgliedern als Gehälter gezahlten Beträge, einschließlich etwaiger Sondervergütungen, nicht in derselben tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden.

99.      Die Auffassung der Kommission fand insoweit Zustimmung bei der französischen Regierung, die geltend macht, dass es logisch sei, Gesellschaften, die ihren Gewinn an ihre Gesellschafter ausschütteten, und die anderen Einheiten, wie die Genossenschaften, die satzungsbedingt keine solchen Ausschüttungen vornehmen könnten, nicht gleichzubehandeln.

100. Wie die Vertreterin von Adige Carni in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, beschränkt sich die Beteiligung der Aktionäre oder Gesellschafter (Mitglieder) einer Kapitalgesellschaft auf die Einlage von Kapital. Hingegen zeichnet sich eine Genossenschaft durch das Gegenseitigkeitsverhältnis oder einen wechselseitigen Austausch aus. Der Unterschied in der Besteuerung beruht auf dem Unterschied hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse. Im Übrigen hat die Vertreterin von Adige Carni geltend gemacht, dass es nicht um ein Problem der Doppelbesteuerung gehe; nach der Struktur des zu dem in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Steuersystems habe das Ziel der nationalen Regelung in der Einmalbesteuerung des Einkommens bestanden, entweder bei der Genossenschaft oder beim Genossenschaftsmitglied.

101. Hierzu ist festzustellen, dass die Steuerbefreiung gemäß Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 offenbar dazu führt, dass das befreite Einkommen weder beim Genossenschaftsmitglied noch bei der Genossenschaft besteuert wird. Nur wenn die Genossenschaft die an die Genossenschaften gestellten Anforderungen nicht erfüllt, kommt die allgemeine Regelung der Besteuerung der juristischen Personen zum Tragen.

102. Nach der im Ausgangsverfahren zeitlich anwendbaren Regelung bestand der wesentliche Unterschied zwischen einer Gesellschaft mit Erwerbszweck und einer Genossenschaft darin, dass bei der Gesellschaft mit Erwerbszweck Gegenstand der Einmalbesteuerung – entweder beim Gesellschafter oder bei der Gesellschaft – ein Gewinn war, den die Aktionäre später realisieren konnten, z. B. bei der Ausschüttung von Dividenden, beim Verkauf von Aktien oder bei der Auflösung des Unternehmens. Es handelte sich also um eine Art Abschlag auf den Kapitalertrag.

103. Die dem Begriff des „shareholder value“ als Grundprinzip der Kapitalgesellschaften mit Erwerbszweck zugrunde liegende Theorie beruht auf der Annahme, dass das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich betrachtet nach wie vor den Gesellschaftern gehört.

104. Hingegen können sich die Mitglieder der Genossenschaft nach der gesellschaftsrechtlichen Regelung der mutualistisch ausgerichteten Genossenschaften diese Art von Gewinn zu keinem Zeitpunkt zueignen. Ein Abschlag, der mit derjenigen zu vergleichen wäre, der bei einer Kapitalgesellschaft zulässig ist, ist somit ausgeschlossen. Die Anhäufung des Kapitals bei der Genossenschaft kommt den Mitgliedern der Genossenschaft nicht zugute.

105. Was die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften angeht, ist daran zu erinnern, dass mit Art. 11 Abs. 1 des DPR Nr. 601/1973 im Hinblick auf die Beachtung der strengen Voraussetzungen des mutualistischen Charakters diejenigen Produktions- und Arbeitsgenossenschaften von der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung ausgeschlossen werden sollen, deren zu versteuerndes Einkommen durch andere Produktionsfaktoren generiert wird als die Arbeitsleistung der Genossenschaftsmitglieder, die verpflichtet sind, in Form ihrer Arbeitsleistung einen Beitrag zur Tätigkeit der Genossenschaft zu leisten(63). Soweit das Einkommen einer Produktions- und Arbeitsgenossenschaft aber als durch Beiträge in Form von Arbeitsleistung der Genossenschaftsmitglieder generiert angesehen werden kann, wird dieses Einkommen nicht besteuert.

106. Eine solche Konstellation ist schwer vorstellbar bei der allgemeinen Besteuerungsregelung unterliegenden juristischen Personen mit Erwerbszweck, da zum einen ihre Gesellschafter nicht verpflichtet sind, für die Gesellschaft Arbeitsleistungen zu erbringen, und zum anderen der Gewinn einer solchen Gesellschaft an die Gesellschafter ausgeschüttet werden kann.

107. Schließlich möchte ich den Gerichtshof auf eine Problematik aufmerksam machen, die einen Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit der Situation der Kapitalgesellschaften und der Situation der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften betrifft. Auf diesen Gesichtspunkt kommt es meines Erachtens an, insbesondere im Hinblick auf die Stellungnahme der Kommission, die in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass, soweit die Steuer nicht vom Gesellschafter geschuldet sei, der Gewinn der Gesellschaft der Steuer unterliegen müsse, wenn die in Rede stehende Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe eingestuft werden solle.

108. Wie bereits ausgeführt wird mit Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 versucht, eine schematische Unterscheidung einzuführen zwischen dem „internen“ oder mutualistischen Einkommen, das durch die Arbeitsleistung der Mitglieder der Genossenschaft generiert wird, und dem „externen“ Einkommen, das auf das Kapital und Beziehungen zu Dritten zurückzuführen ist und nicht unter die Befreiung fällt. Denn die durch die anderen Produktionsfaktoren generierten Überschüsse, die dem von der Genossenschaft tatsächlich erzielten Betriebseinkommen entsprechen, werden von Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 nicht erfasst.

109. Bei Kapitalgesellschaften zählt die Kapitaleinlage des Gesellschafters in den meisten Fällen bei der Gesellschaft nicht zum steuerpflichtigen Einkommen; vielmehr wird bei der Gesellschaft der Gewinn besteuert, der durch dieses Kapital erwirtschaftet wird. Ein Beitrag in Form einer Sacheinlage wie der Leistung von Diensten ist bei Kapitalgesellschaften im Übrigen in der Regel ausgeschlossen.

110. Bei einer Produktions- und Arbeitsgenossenschaft besteht eine der Hauptpflichten der Mitglieder der Genossenschaft darin, dauernd ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Der durch die Arbeitsleistung der Mitglieder der Genossenschaft bei dieser generierte Mehrwert bleibt, soweit er die diesen gezahlten Gehälter übersteigt, bei der Genossenschaft. Wirtschaftlich betrachtet hat dieser Anteil des Überschusses, für den keine Vergütung gezahlt worden ist und den das Mitglied der Genossenschaft im Vermögen der Genossenschaft belassen muss, die Natur einer Kapitaleinlage. So betrachtet müsste dieser Anteil bei der Genossenschaft von der Steuer befreit sein.

111. Nach alledem ist die Steuerregelung für die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften, wie sie insbesondere in Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 vorgesehen ist, nicht als selektiv einzustufen, da sich diese Genossenschaften nicht in einer Situation befanden, die mit der Situation der Gesellschaften mit Erwerbszweck und der Situation der anderen Genossenschaften vergleichbar wäre.

112. Jedenfalls kann die in Rede stehende Regelung durch das Wesen oder die Struktur des nationalen Steuersystems, wie es auf die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften Anwendung findet, erklärt werden. Die Steuererleichterungen für die Produktions- und Arbeitsgenossenschaften ergeben sich nämlich meines Erachtens unmittelbar aus den Grund- und Leitprinzipien des italienischen Steuersystems.

113. Da im vorliegenden Fall meines Erachtens zumindest eines der konstitutiven Merkmale des Begriffs der staatlichen Beihilfe nicht erfüllt ist und diese Merkmale kumulativ zu erfüllen sind, sind die anderen Merkmale des Art. 87 Abs. 1 EG nicht zu prüfen.

114. Sollte der Gerichtshof meinem Vorschlag nicht folgen wollen, wären hingegen die Problematik der Voraussetzungen der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und die einer etwaigen Wettbewerbsverzerrung zu prüfen. Insofern sind der Rechtsprechung des Gerichtshofs meines Erachtens ausreichende Hinweise für das vorlegende Gericht zu entnehmen(64). Jedenfalls wird es Sache des nationalen Richters sein, unter Berücksichtigung der Auslegungshinweise, wie sie sich aus der Rechtsprechung ergeben, den Sachverhalt dahin gehend zu würdigen, ob die beiden oben genannten Bedingungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

115. Zu prüfen bleiben allerdings noch die Frage etwaiger bestehender Beihilfen und die Frage der Anwendbarkeit des De-minimis-Grundsatzes.

VII – Zu den Begriffen „bestehende Beihilfen“ und de minimis

A –    Zum Begriff der bestehenden Beihilfe

116. Nach der Rechtsprechung entspricht der Begriff der staatlichen Beihilfe, sei sie eine bestehende oder eine neue, einer objektiven Situation. Dieser Begriff kann nicht vom Verhalten oder von den Erklärungen der Organe abhängen(65).

117. In ihren schriftlichen Erklärungen machen die italienische Regierung sowie Paint Graphos und Adige Carni geltend, dass es sich bei den besonderen steuerlichen Maßnahmen für Genossenschaften um „bestehende Beihilfen“ handele, da sie bereits in der italienischen Regelung vorgesehen gewesen seien, die vor dem Inkrafttreten der Römischen Verträge im Jahr 1957 gegolten habe(66).

118. Die italienische Regierung führt dazu näher aus, dass die vor dem Inkrafttreten der Römischen Verträge im Jahr 1957 geltende Regelung eine steuerliche Regelung vorgesehen habe, nach der die Genossenschaften von der normalerweise für die Gesellschaften mit Erwerbszweck geltenden Besteuerung in vollem Umfang befreit gewesen seien, wobei in den Genuss der Steuerbefreiung natürlich nur die mutualistisch ausgerichteten Genossenschaften gekommen seien, entsprechend dem zu dieser Zeit durch die Legge Basevi vorgesehenen Grundsatz(67).

119. Auch die Kommission weist darauf hin, dass die Genossenschaften nach italienischem Recht seit 1957 die Möglichkeit gehabt hätten, vom zu versteuernden Betrag den gesamten Jahresgewinn abzuziehen, eine Vergünstigung, die insgesamt betrachtet seitdem immer weiter abgenommen habe. Die Kommissionsdienststellen haben im Übrigen festgestellt, dass mit den Änderungen, die bei den in Rede stehenden Maßnahmen seit dem Inkrafttreten des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erfolgten, technische Änderungen erfolgen sollten, um das System der Besteuerung der Genossenschaften an die durch die Reformen von 1973, 1986 und 2004 geänderte allgemeine Besteuerung anzupassen.

120. In der mündlichen Verhandlung haben Adige Carni, Paint Graphos, die italienische Regierung und die Kommission die Auffassung vertreten, dass die in Rede stehenden Maßnahmen, wenn es sich dabei überhaupt um staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 EG handeln sollte, bestehende Beihilfen im Sinne vom Art. 1 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 659/1999 seien.

121. Auf den ersten Blick könnte man also durchaus annehmen, dass die in Rede stehenden Maßnahmen, wenn sie die Kriterien von Art. 87 Abs. 1 EG erfüllen sollten, bestehende Beihilfen sein können.

122. Da aber die Regelung von 1954(68) durch die Besteuerung sowohl des Vermögens als auch des Einkommens gekennzeichnet war, bei der durch das DPR Nr. 601/1973 eingeführten Regelung aber nur das Einkommen steuerpflichtig war und bestimmte Grenzen für die Anwendung der Steuervergünstigungen im Hinblick auf das Kapital der Genossenschaft bestanden, ist meines Erachtens nur das nationale Gericht in der Lage, die etwaige Kontinuität zwischen den oben genannten Regelungen umfassend zu beurteilen. In diesem Zusammenhang wird es insbesondere zu prüfen haben, ob die Erleichterung der Steuerlast zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Römischen Verträge mit derjenigen vergleichbar war oder darüber hinausging, die mit dem DPR Nr. 601/1973 eingeführt worden ist. Nur dann hätten wir es im vorliegenden Fall mit bestehenden Beihilfen zu tun.

B –    Zum De-minimis-Grundsatz

123. In ihren Schriftsätzen wirft Paint Graphos die Problematik des De-minimis-Grundsatzes auf. Sie nimmt hierbei auf die verschiedenen zwischen 1984 und 1993 verfassten Berichte und Mitteilungen der Kommission Bezug(69) und macht geltend, dass der Betrag der ersparten Steuern im Hinblick auf den Satz der Körperschaftsteuer einerseits und die zur Zeit der Erklärung der in Rede stehenden Einkommen geltenden Schwellenwerte für die Anwendung des De-minimis-Grundsatzes andererseits jedenfalls unter dem Schwellenwert liege, der während der durch die Berichtigungen betroffenen Jahre gegolten habe.

124. Es ist daran zu erinnern, dass die De-minimis-Regel den Erfordernissen einer Verwaltungsvereinfachung sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Dienststellen der Kommission, die ihren Personaleinsatz auf Fälle von wirklicher Bedeutung auf Unionsebene konzentrieren können muss, entspricht(70).

125. Selbst wenn der De-minimis-Grundsatz auf die in Rede stehenden Genossenschaften anwendbar sein sollte – was meines Erachtens nicht ausgeschlossen ist –, wäre die Anwendung dieses Grundsatzes im vorliegenden Fall nicht gerade einfach, insbesondere im Hinblick auf das in zeitlicher Hinsicht anwendbare Recht.

126. Hierzu ist meines Erachtens festzustellen, dass, wenn das nationale Gericht der Meinung sein sollte, dass der Anspruch auf die Befreiungen angefochten worden ist und somit die betreffenden Genossenschaften nicht wirklich in den Genuss der Steuervergünstigungen kommen konnten, die Einstufung der Maßnahme als De-minimis-Beihilfe nach den Kriterien zu erfolgen hat, die zu dem Zeitpunkt gelten, zu dem ihre Eigenschaft als staatliche Beihilfe endgültig feststeht und die sich daraus eventuell ergebende Steuervergünstigung für das Unternehmen berechnet ist, d. h. gemäß der Verordnung Nr. 1998/2006.

127. Wenn das vorlegende Gericht aber die Auffassung vertreten sollte, dass die Genossenschaften bereits in den Genuss der Befreiungen gekommen sind – was meines Erachtens ausgeschlossen ist, da die betreffenden Steuerbescheide nicht rechtskräftig geworden sind –, müsste die Prüfung nach den in den Mitteilungen der Kommission festgelegten Kriterien erfolgen, die zu dem in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt galten.

VIII – Ergebnis

128. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        die von der Corte suprema di cassazione zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen für unzulässig zu erklären;

–        hilfsweise, nur die erste Vorlagefrage für zulässig zu erklären und auf diese zu antworten, dass eine Steuerregelung für Produktions- und Arbeitsgenossenschaften wie die in Art. 11 des DPR Nr. 601/1973 vorgesehene, mit der, auch wenn es sich um eine schematische Anwendung handelt, das Einkommen, das dem durch die Arbeitsleistung der Mitglieder generierten Genossenschaftsüberschuss entspricht, von der Steuer befreit werden soll, soweit sie sich unmittelbar aus den Grund- und Leitprinzipien des für die Besteuerung der Genossenschaften geltenden Steuersystems ergibt, nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG anzusehen ist.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Da es im Ausgangsverfahren um die Auslegung eines Dekrets vom 29. September 1973 geht, werden die Bestimmungen des EG-Vertrags nach der Nummerierung vor dem Inkrafttreten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union angeführt.


3 – In Italien werden Genossenschaften als Kapitalgesellschaften und nicht wie in mehreren anderen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten als Personenvereinigungen angesehen. Ursprünglich, bevor in Italien die speziellen Vorschriften für die Genossenschaften erlassen wurden, wurde eine Genossenschaft eher als Gesellschaft mit variablem Kapital eingestuft. Vgl. Klingberg, W., Genossenschaften und Genossenschaftsrecht in Italien, Veröffentlichung des Instituts für Genossenschaftswesen an der Philipps-Universität Marburg, Marburg/Lahn 1957, S. 49 f.


4 – Nach dem derzeit für Kapitalgesellschaften geltenden System unterliegen diese der Körperschaftsteuer (imposta sul reddito delle societa, IRES), bei der es sich um eine proportionale Steuer mit festem Steuersatz handelt. Die Gesellschafter zahlen die Einkommensteuer für natürliche Personen (imposta sul reddito delle persone fisiche), bei der es sich um eine progressive Steuer auf die an sie ausgeschütteten Dividenden oder Gewinne handelt, wobei das Einkommen in Höhe von 40 % steuerpflichtig ist. Die Dividenden oder Gewinne der Gesellschafter werden somit in Höhe von 60 % befreit, um eine mehrfache Besteuerung zu vermeiden.


5 – Supplemento ordinario zur GURI Nr. 268 vom 16. Oktober 1973, S. 3.


6 – In einer Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung sind die Verfahrensbeteiligten aufgefordert worden, sich bei ihrem mündlichen Vortrag auf die Frage zu konzentrieren, ob und – wenn ja – unter welchen Bedingungen Steuervergünstigungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellen können. Ferner wurde der italienischen Regierung eine Frage zu den bestehenden Beihilfen gestellt.


7 – Urteile des Gerichtshofs vom 16. Juli 1992, Lourenço Dias (C-343/90, Slg. 1992, I-4673, Randnr. 20), und vom 19. November 2009, Filipiak (C-314/08, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8 – Urteil vom 9. März 2000, EKW und Wein & Co (C-437/97, Slg. 2000, I-1157, Randnr. 52).


9 – Vgl. u. a. Urteil vom 26. Januar 2010, Transportes Urbanos y Servicios Generales (C-118/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10 – Vgl. Urteil vom 23. März 2006, Enirisorse (C-237/04, Slg. 2006, I-2843, Randnr. 23).


11 – Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 2006, Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti (C-451/03, Slg. 2006, I-2941, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12 – Urteil vom 26. September 1996, Allain (C-341/94, Slg. 1996, I-4631, Randnr. 11).


13 – Vgl. Urteile Enirisorse (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 24) und Transportes Urbanos y Servicios Generales (oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 23).


14 – Vgl. Urteil vom 10. Juni 2010, Fallimento Traghetti del Mediterraneo (C-140/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


15 – Urteile vom 8. März 2007, Campina (C-45/06, Slg. 2007, I-2089, Randnr. 30), vom 23. September 2008, Bartsch (C-427/06, Slg. 2008, I-7245, Randnr. 31), und vom 5. März 2009, Kattner Stahlbau (C-350/07, Slg. 2009, I-1513, Randnr. 24).


16 – Urteile vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig (78/76, Slg. 1977, 595, Randnr. 14), vom 21. November 1991, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon (C-354/90, Slg. 1991, I-5505, Randnr. 10), vom 11. Juli 1996, SFEI u. a. (C-39/94, Slg. 1996, I-3547, Randnr. 49), und vom 5. Oktober 2006, Transalpine Ölleitung in Österreich (C-368/04, Slg. 2006, I-9957, Randnr. 39).


17 – Cathiard, C., „La société coopérative européenne“, La semaine juridique. Entreprise et affaires, Nr. 1, 2009, S. 34.


18 – Bassi, A., Le società cooperative, UTET, Turin 1995, S. 30.


19 – Vgl. zur Besteuerung der Genossenschaften in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu der Zeit, als diese noch zwölf Mitgliedstaaten zählte, Stracke, B., Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, Erich Schmidt Verlag, Bielefeld 1997.


20 – Lolli, R., „Social Cooperatives in the Context of Recent Italian Regulation“, Droit comparé des coopératives européennes, Larcier, Luxemburg 2009, S. 89.


21 – Alguacil Marí, M. P., „Il trattamento fiscale delle cooperative alla luce del regime europeo degli Aiuti di Stato“, Rivista di diritto tributario internazionale (International tax law review), 1/2004, S. 51. Der Verfasser zählt zu dieser Gruppe Irland und die meisten Genossenschaften in Österreich und in Griechenland.


22 – Alguacil Marí, M. P., a. a. O. (Fn. 21), zählt zu dieser Kategorie u. a. die Portugiesische Republik, was die Verbrauchergenossenschaften angeht, die Bundesrepublik Deutschland und die Hellenische Republik, was die landwirtschaftlichen Genossenschaften angeht, und die Italienische Republik, was die landwirtschaftlichen Genossenschaften und die Fischereigenossenschaften angeht.


23 – Alguacil Marí, M. P., a. a. O. (Fn. 21), führt u. a. die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Dänemark, die Republik Finnland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland an.


24 – Alguacil Marí, M. P., a. a. O. (Fn. 21), führt als Beispiele für diese Gruppe u. a. die Portugiesische Republik und das Königreich Spanien an.


25 – Vgl. Mannio, L., Osuuskunnat ja verotus, Edita, Helsinki 2004, S. 73.


26 – Vgl. zur Geschichte der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften in Italien, Klingberg, W., a. a. O. (Fn. 3), S. 21 bis 27. Mit dem 1911 erlassenen Gesetz wurde eine Sonderregelung für die Verteilung des Überschusses von an öffentlichen Bauaufträgen interessierten Produktions- und Arbeitsgenossenschaften eingeführt (ebd., S. 123 f.).


27 – Nach Auffassung von Stracke ist Ziel dieser für die südeuropäischen Mitgliedstaaten typischen Produktions- und Arbeitsgenossenschaften, den Mitgliedern den Zugang zur Beschäftigung zu erleichtern. Mit ihrer steuerlichen Sonderbehandlung soll durch die Anhäufung des gemeinsamen Genossenschaftskapitals die Dauerhaftigkeit dieser Genossenschaften gefördert werden. Vgl. Stracke, B., a. a. O. (Fn. 19), S. 46.


28 – Stillitani, G., „La piccola società cooperativa: applicazione delle agevolazioni fiscali“, Sistema Leggi d’Italia, Dottrina, 2008. Vgl. auch Stracke, B., a. a. O. (Fn. 19), S. 180 f.


29 – Rechnerisch bedeutet dies eine Befreiung von 50 % der Einkünfte.


30 – Pistolesi, F., „Le agevolazioni fiscali per le cooperative“, TributImpresa, Nr. 3/2005.


31 – Nach Art. 50 des Testo unico delle imposte sui redditi (Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 917 vom 22. Dezember 1986, Approvazione del testo unico delle imposte sui redditi) stehen den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Vergütungen gleich, die die für die Genossenschaft als Arbeitnehmer tätigen Genossenschaftsmitglieder erhalten, soweit sie einen Betrag von 120 % der üblichen Gehälter nicht übersteigen.


32 – Urteile vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C-143/99, Slg. 2001, I-8365, Randnr. 38), vom 20. November 2003, GEMO (C-126/01, Slg. 2003, I-13769, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 15. Juli 2004, Spanien/Kommission (C-501/00, Slg. 2004, I-6717, Randnr. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission (C-66/02, Slg. 2005, I-10901, Randnr. 77), und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C-182/03 und C-217/03, Slg. 2006, I-5479, Randnr. 86).


33 – Urteile vom 15. März 1994, Banco Exterior de España (C-387/92, Slg. 1994, I-877, Randnr. 14), und Italien/Kommission, oben in Fn. 32 angeführt, Randnr. 78.


34 – Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Förderung der Genossenschaften in Europa, KOM(2004) 18 endg.


35 – Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission (C-487/06 P, Slg. 2008, I-10505, Randnr. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).


36 – Ebd., Randnr. 85.


37 – Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft.


38 – Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft.


39 – Im italienischen Recht wird offenbar zwischen der „soggettività giuridica“ (Rechtsfähigkeit) und der „personalità giuridica“ (Rechtspersönlichkeit) unterschieden. Vgl. Magrini, P. P., Italienisches Gesellschaftsrecht: Das neue Recht und seine erweiterten Aufbau- und Finanzierungsformen, München 2004, S. 8.


40 – Rossi-Macanico, P., „The specificity criterion in fiscal aid review: proposals for state aid control of direct business tax measures“, EC Tax Review, Vol. 16, 2007, issue 2, S. 90 f.


41 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Fn. 32 angeführt, Randnr. 41, vom 29. April 2004, GIL Insurance u. a. (C-308/01, Slg. 2004, I-4777, Randnr. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 3. März 2005, Heiser (C-172/03, Slg. 2005, I-1627, Randnr. 40).


42 – Das ist offenbar bei der Befreiung gemäß Art. 10 des DPR Nr. 601/1973 für landwirtschaftliche Tätigkeiten der Fall. Wie aus den Schriftsätzen von Paint Graphos hervorgeht, ist der tatsächliche Gewinn der Genossenschaften nämlich nach den allgemeinen Regeln für die Festsetzung der IRES (imposta sul reddito delle società, Körperschaftsteuer) in voller Höhe zu versteuern. Mithin unterläge ein Landwirt, der seine Erzeugnisse bei einer Genossenschaft einbringt, allein wegen des Umstands, dass er landwirtschaftliche Nutzflächen besitzt, wie jeder andere Landwirt, auf der Basis des Katastergewinns nach wie vor der IRPEF (imposta sul reddito delle persone fisiche, Einkommensteuer für natürliche Personen), und zudem unterläge die Genossenschaft – und über sie das Genossenschaftsmitglied – nach wie vor der IRES auf Einkünfte aus der Verarbeitung, dem Verkauf usw. ihrer Erzeugnisse, während ein unabhängiger Landwirt keinerlei Steuern auf diese Art von Einkünften entrichtet. Mit der in Rede stehenden Befreiung soll also diese Ungleichbehandlung ausgeglichen werden, die – wenn sie nicht korrigiert würde – von der Verwendung der Genossenschaft als Form der Vereinigung von Landwirten völlig abhalten würde. Im Übrigen folgt die Besteuerung der Personengesellschaften oft dem oben genannten Prinzip der Transparenz, nach dem die Gesellschaft von der Steuer befreit ist, aber ihre Einkünfte bei den Gesellschaftern besteuert werden – unabhängig davon, ob sie ausgeschüttet worden sind oder nicht.


43 – Rossi-Macanico, P., a. a. O. (Fn. 40), S. 92 f. Der Verfasser stellt fest, dass es sich bei den durch die Logik des Steuersystems bedingten Unterscheidungen nicht um Ausnahmen handele und dass diese folglich keine zu rechtfertigenden Vorteile darstellten.


44 – Meines Erachtens besteht dieser Ermessensspielraum z. B. hinsichtlich der Einstufung bestimmter Bestandteile des Einkommens des Inhabers/Gesellschafters eines Unternehmens als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder Kapitaleinkünfte oder hinsichtlich des Erlasses verschiedener Steuertabellen.


45 – Vgl. Urteil British Aggregates/Kommission, oben in Fn. 35 angeführt, Randnr. 82.


46 – Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission (C-88/03, Slg. 2006, I-7115, Randnr. 54).


47 – Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 1998 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensteuerung (ABl. C 384, S. 3, Nr. 14): „So haben zum Beispiel Maßnahmen, die die Besteuerung der Arbeit für sämtliche Unternehmen vermindern, für arbeitsintensive Industriezweige eine verhältnismäßig größere Bedeutung als für kapitalintensive Industriezweige, ohne jedoch unbedingt staatliche Beihilfen darzustellen. Desgleichen begünstigen Steueranreize für Investitionen in Umweltschutz, Forschung und Entwicklung oder Ausbildung nur solche Unternehmen, die derartige Investitionen tätigen, und stellen trotzdem nicht unbedingt staatliche Beihilfen dar.“


48 – Vgl. Entscheidung der Kommission vom 17. Februar 2003 über die Beihilferegelung, die Belgien zugunsten von Koordinierungsstellen mit Sitz in Belgien durchgeführt hat (ABl. L 282, S. 25).


49 – Bericht der Kommission vom 9. Februar 2004 über die Umsetzung der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensteuerung.


50 – Urteil vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission (C-75/97, Slg. 1999, I-3671, Randnr. 33).


51 – Zum Beispiel gibt es Rechtsformen von juristischen Personen, die für bestimmte wirtschaftliche Sektoren wie den Bank- und den Versicherungssektor typisch und auf diese beschränkt sind. Vgl. Nr. 20 der Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 1998.


52 – Urteil vom 10. Januar 2006 (C-222/04, Slg. 2006, I-289).


53 – Ebd., Randnr. 135.


54 – Ebd., Randnr. 137.


55 – Vgl. Urteil British Aggregates/Kommission, oben in Fn. 35 angeführt, Randnr. 83.


56 – Urteil Portugal/Kommission, oben in Fn. 46 angeführt, Randnr. 81.


57 – Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 1998, Nrn. 24 bis 27.


58 – Entscheidungen Beihilfe Nr. N 20/2000 (Niederlande) und Beihilfe Nr. 3/99 (Dänemark), abrufbar auf der Website des Generalsekretariats der Europäischen Kommission: http://ec.europa.eu/competition/elojade/isef/index.cfm?clear=1&policy_area_id=3.


59 – Urteil GIL Insurance u. a., oben in Fn. 41 angeführt.


60 – Vgl. in diesem Sinne Lenaerts, K., „State Aid and Direct Taxation“, EU competition law in context: Essays in honour of Virpi Tiili, 2009, S. 305.


61 – Bei der in Rede stehenden Maßnahme handelt es sich offenbar um eine Ausprägung eines im italienischen Steuerrecht geltenden allgemeinen Grundsatzes, nach dem die Kapitalisierung der Genossenschaften gefördert und die Gewinnverteilung eingedämmt werden soll. Vgl. Stracke, B., a. a. O. (Fn. 19), S. 176 bis 183.


62 – Urteile Belgien/Kommission, oben in Fn. 50 angeführt, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Fn. 41 angeführt, Heiser, oben in Fn. 41 angeführt, und Italien/Kommission, oben in Fn. 32 angeführt.


63 – Eine solche Verpflichtung ist kennzeichnend für Personengesellschaften, die in mehreren Mitgliedstaaten keine selbständigen besteuerungsfähigen Einheiten darstellen; vielmehr wird das Gesellschaftseinkommen den Gesellschaftern zugerechnet und dort besteuert, auch wenn dieses Einkommen noch nicht an diese verteilt worden ist. Trotz ihrer Eigenschaft als juristische Personen weisen Genossenschaften mehrere Merkmale von Personengesellschaften auf. Vgl. Stracke, B., a. a. O. (Fn. 19), S. 16 bis 19, und Mannio, L., a. a. O. (Fn. 25), S. 69.


64 – Vgl. Urteil Cassa di Risparmio die Firenze u. a., oben in Fn. 52 angeführt, Randnrn. 140 f.


65 – Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a. (C-89/08 P, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 72).


66 – Vgl. Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 659/1999.


67 – Dieses Gesetz regelte bis 2003 die steuerlichen Bestimmungen, mit denen die Beachtung der Bedingung des mutualistischen Zwecks überprüft werden sollte – einer notwendigen Bedingung für die Anwendung der besonderen steuerlichen Maßnahmen zugunsten der Genossenschaften.


68 – Gesetz Nr. 603 vom 6. August 1954, Istituzione di una imposta sulle società e modificazioni in materia di imposte indirette sugli affari, GURI Nr. 182 vom 11. August 1954.


69 – Vgl. XIV. Bericht über die Wettbewerbspolitik (1985), Nr. 203 a. E., und Mitteilung der Kommission über „de minimis“-Beihilfen (ABl. C 68, S. 9).


70 – Urteil vom 7. März 2002, Italien/Kommission (C-310/99, Slg. 2002, I-2289, Randnr. 94).