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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 16. Dezember 2010(1)

Rechtssache C-540/09

Skandinaviska Enskilda Banken AB Momsgrupp

gegen

Skatteverket

(Vorabentscheidungsersuchen des Regeringsrätt [Schweden])

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Richtlinie 77/388/EWG – Befreiungen – Versicherungen – Kreditgarantien – Wertpapiergeschäfte – Art. 13 Teil B – Gegen Vergütung erfolgende Dienstleistungen in Verbindung mit einer Übernahmegarantie bei der Ausgabe von Aktien (underwriting)“






1.        Der Vorlagebeschluss betrifft die mehrwertsteuerrechtliche Einordnung von Dienstleistungen in Verbindung mit einer Übernahmegarantie bei der Ausgabe von Aktien.

2.        Aktienübernahmegarantiedienstleistungen fallen im Allgemeinen an, wenn ein Underwriter gegen Vergütung den Kauf oder die Zeichnung (im Fall der Neuausgabe von Aktien) des Teils der Aktien garantiert, die auf dem Markt nicht verkauft oder gezeichnet werden können. Diese Dienstleistungen sollen also sicherstellen, dass die ausgegebenen Aktien in vollem Umfang gezeichnet werden bzw. die zum Verkauf stehenden Aktien in vollem Umfang abgesetzt werden und dass der Emittent einen bestimmten Kapitalbetrag erhält.

3.        Im vorliegenden Fall nahmen verschiedene Aktiengesellschaften derartige Übernahmegarantiedienstleistungen in Anspruch. Die die Übernahmegarantie gebende Bank (Skandinaviska Enskilda Banken, SEB) verpflichtete sich gegen eine Vergütung, Aktien zu erwerben, die innerhalb der Zeichnungsfrist nicht gezeichnet wurden.

4.        Im Kern geht es insbesondere um die Frage, ob und, wenn ja, unter welche Vorschrift des Art. 13 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie(2) diese Übernahmegarantiedienstleistung einzuordnen ist. Drei Rechtsgrundlagen in Art. 13 Teil B dieser Richtlinie kommen insbesondere in Betracht, nämlich Versicherungsumsätze in Art. 13 Teil B Buchst. a, Kreditgewährung oder Kreditsicherheiten in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 und 2 und Umsätze, die sich auf Aktien und sonstige Wertpapiere beziehen, in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5.

5.        Die Frage ist nicht ohne Weiteres zu beantworten, da sich die wirtschaftliche Realität bei Dienstleistungen der Unternehmensfinanzierung, wie sie auf den Finanzmärkten angeboten werden, dynamisch entwickelt und sich nicht ohne Weiteres in die von der Gesetzgebung vorgegebenen starren, im Voraus festgelegten Regeln einordnen lässt.

I –    Rechtlicher Rahmen

 Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie

6.        Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie regelt den Anwendungsbereich der Richtlinie. Er bestimmt, dass die „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer unterliegen.

7.        Art. 13 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie sieht bestimmte Befreiungen von der Mehrwertsteuer vor. Im vorliegenden Fall geht es um folgende, in diesem Artikel vorgesehene Befreiungen von der Mehrwertsteuer:

„a) Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden;

d) …

1. die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber;

2. die Vermittlung und die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber;

5. die Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung – die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von

–        Warenpapieren,

–        Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Art. 5 Absatz 3“(3).

 Nationale Vorschriften

8.        Nach Kapitel I § 1 Merwärdesskattelag 1994:200 (schwedisches Mehrwertsteuergesetz) ist an den schwedischen Staat Mehrwertsteuer zu entrichten für die Lieferung von Waren und Dienstleistungen im Inland, die steuerpflichtig sind und als Teil einer beruflichen Tätigkeit erfolgen. Diese Vorschrift dient der innerstaatlichen Umsetzung von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie und von Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.

9.        Gemäß Kapitel 3 § 9 Merwärdesskattelag 1994:200 sind Umsätze aus Bank- und Finanzdienstleistungen sowie Umsätze des Wertpapierhandels von der Steuer befreit. Als Wertpapierhandel werden u. a. Umsätze angesehen, die sich auf Aktien, andere Anteile oder Forderungen beziehen. Nach § 10 sind Umsätze aus Versicherungs- und Rückversicherungsdiensten von der Steuer befreit. Diese Vorschriften dienen u. a. der Umsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. a und d Nrn. 1, 2 und 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie sowie von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis c und f der Mehrwertsteuerrichtlinie.

II – Sachverhalt und Vorlagefragen

10.      Der Rechtsstreit betrifft eine Mehrwertsteuergruppe, die SEB AB Momsgrupp (im Folgenden: SEB Momsgrupp), in der eine Bank, die SEB, die Leitung innehat. Diese Bank und ein weiteres Unternehmen der SEB Momsgrupp erbrachten während des für diesen Rechtsstreit maßgebenden Zeitraums Dienstleistungen gegenüber Aktiengesellschaften, die im Begriff standen, neue Aktien auszugeben. Die von SEB erbrachte Dienstleistung bestand in einer Übernahmegarantieverpflichtung.

11.      Die SEB Momsgrupp war der Ansicht, die Übernahmegarantiedienstleistungen fielen unter die Steuerbefreiung, und berechnete für diese daher weder Mehrwertsteuer noch gab sie sie in der Steuererklärung an. Das Skatteverk (schwedische Finanzverwaltung) führte später bei der Gruppe eine Steuerprüfung durch und verfügte eine Nacherhebung von Mehrwertsteuer für den maßgebenden Zeitraum. Die SEB Momsgrupp klagte auf Aufhebung dieses Bescheids, scheiterte jedoch mit ihrer Klage sowohl vor dem Länsrätt i Stockholms län (Verwaltungsgericht Stockholm) als auch vor dem Kammarrätt i Stockholm (Oberverwaltungsgericht Stockholm).

12.      Das Verfahren vor dem Regeringsrätt (schwedischer Verwaltungsgerichtshof) betrifft im Wesentlichen die Frage, ob Übernahmegarantien von der Mehrwertsteuer befreit sind. Nach Darstellung des Regeringsrätt kann die Übernahme einer solchen Garantieverpflichtung entweder als selbständige Dienstleistung oder zusammen mit Dienstleistungen in Verbindung mit der Ausgabe von Aktien erbracht werden, wobei sie im letzteren Fall von der Mehrwertsteuer befreit ist.

13.      Vor diesem Hintergrund ersucht das Regeringsrätt den Gerichtshof um Vorabentscheidung über folgende Frage:

Ist Art. 13 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie) dahin auszulegen, dass die darin aufgeführten Steuerbefreiungen auch Dienstleistungen (Underwriting) umfassen, die darin bestehen, dass ein Kreditinstitut gegen eine Vergütung eine Garantie gegenüber einem Unternehmen gewährt, das im Begriff steht, Aktien auszugeben, wenn diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich das Kreditinstitut dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht gezeichnet werden?

III – Würdigung

A –     Das Wesen der Übernahmegarantiedienstleistung

14.      Übernahmedienstleistungen werden in verschiedenen Vorschriften des Unionsrechts als Finanzdienstleistungen eingestuft. So gilt eine Übernahmedienstleistung nach der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente als Wertpapierdienstleistung im Sinne dieser Richtlinie.(4) Darüber hinaus schreibt die Richtlinie 2006/49/EG vor, dass Kreditinstitute für eingegangene Risiken aus Übernahmegarantien über einen gewissen Betrag an Eigenkapital verfügen müssen.(5) Die Einordnung einer Tätigkeit als Finanzdienstleistung gemäß der Gesetzgebung für den Binnenmarkt bestimmt als solche aber noch nicht das rechtliche Wesen des betreffenden Geschäfts.

15.      In der mündlichen Verhandlung wurde die Frage angesprochen, was das Wesen der Übernahmegarantiedienstleistung sei und ob sie als Bestandteil der Aktienausgabe oder als Nebenleistung bei der Ausgabe von Aktien anzusehen sei (und für Steuerzwecke deshalb in gleicher Weise zu behandeln sei) oder ob es sich um eine selbständige Dienstleistung handele.

16.      Hierbei wurde deutlich, dass die Übernahmedienstleistung in den Mitgliedstaaten unterschiedlich beurteilt wird. Einige, wie z. B. Irland, betrachten die Übernahme als ein Bündel von Dienstleistungen, einschließlich der Beratung über die Ausgabe von Aktien, ihrer Vermarktung und ihres Vertriebs sowie der Garantie, dass das Finanzinstitut erforderlichenfalls selbst die Aktien übernimmt. In Schweden können Übernahmegarantiedienstleistungen jedoch unabhängig von anderen Dienstleistungen bei der Ausgabe von Aktien erbracht werden, und das geschieht auch.

17.      Es ist zwischen der SEB, Schweden und dem Skatteverk unstreitig, dass die Übernahmegarantie als selbständige Dienstleistung erbracht werden kann. Das vorlegende Gericht hat dies auch in seinem Vorlagebeschluss festgestellt. Darüber hinaus hat die SEB in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass im vorliegenden Fall zwar die Garantie für die Übernahme der Aktien der SEB gegeben wurde, dass aber die Ausgabe der Aktien von einem anderen Unternehmen durchgeführt wurde.

18.      Mithin ist die Übernahmegarantie im vorliegenden Fall eindeutig als selbständige Dienstleistung zu behandeln und nicht als Nebenleistung zu anderen bei der Ausgabe von Aktien erbrachten Dienstleistungen.

B –     Auslegung von Art. 13 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie

19.      Vor einer Prüfung der drei einschlägigen Rechtsgrundlagen erscheinen einige allgemeine Bemerkungen angebracht.

20.      Erstens sind die zu prüfenden Begriffe autonome Begriffe des Unionsrechts und müssen daher einheitlich ausgelegt werden, um eine unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten zu vermeiden(6). Diese Begriffe müssen ferner in ihrer Stellung innerhalb des allgemeinen Regelungszusammenhangs des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems betrachtet werden(7).

21.      Zweitens sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Steuerbefreiungen in Art. 13 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie einschränkend auszulegen, da es sich um Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz handelt, dass alle Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterliegen.(8)

22.      Drittens sind die Gründe, die für die Steuerbefreiung der Finanzgeschäfte maßgebend waren, nicht eindeutig, da die Gesetzesmaterialien diese Frage nicht behandeln. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs indessen dient die Steuerbefreiung der Finanzgeschäfte dazu, Schwierigkeiten bei der Festlegung der Bemessungsgrundlage und des Betrags der abzugsfähigen Mehrwertsteuer zu umgehen sowie Kostensteigerungen bei den Verbraucherkrediten zu vermeiden.(9)

1.      Versicherungsumsätze

23.      Versicherungsumsätze sind nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie von der Steuer befreit. Nach diesem Artikel „befreien die Mitgliedstaaten … die Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden“, von der Steuer.

24.      Weder die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie noch die Versicherungsrichtlinien enthalten eine Definition des Begriffs „Versicherungsumsätze“.(10) Der Gerichtshof hat sich mit dem Begriff erstmals in der Rechtssache CPP(11) befasst und festgestellt, dass ein wesentliches Merkmal eines Versicherungsumsatzes darin besteht, dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen.(12)

25.      Der Begriff „Versicherungsumsatz“ war somit weit genug, um eine Leistung durch einen Steuerpflichtigen zu umfassen, der nicht selbst der Versicherer war, der aber Leistungen eines Versicherers, der die Deckung des versicherten Risikos übernahm, verschaffte.(13)

26.      Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass es hauptsächlich auf das Wesen des Umsatzes und nicht auf die Person, die die Leistung erbringt, ankommt; das bedeutet, dass auch eine Person, die keine Versicherungsgesellschaft ist, eine Versicherungsdienstleistung erbringen kann.

27.      Die SEB macht geltend, dass diese Kriterien vorliegend erfüllt seien und die Umsätze als nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie von der Steuer befreit angesehen werden müssten.

28.      Demgegenüber ist das Skatteverk der Auffassung, Merkmal eines Versicherungsumsatzes sei eine Entschädigung für entstandenen Verlust. Im vorliegenden Fall fehle es an der Entschädigung für einen Verlust, daher seien die betreffenden Dienstleistungen nicht nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie befreit.

29.      Das Element des Verlusts hatte Generalanwalt Fennelly in seine Definition des Versicherungsumsatzes in der Rechtssache CCP aufgenommen, doch wurde es im Urteil des Gerichtshofs in dieser Rechtssache nicht aufgegriffen.(14)

30.      Nach meiner Ansicht liegt der entscheidende Unterschied zwischen einem Versicherungsumsatz und dem vorliegenden Fall in der Situation, die besteht, nachdem sich das Risiko realisiert hat.

31.      Beim Versicherungsumsatz geht es, wenn sich das Risiko realisiert, allein um Zahlung des vereinbarten Betrags oder um die vereinbarte konkrete Leistung, wie etwa eine Hilfeleistung für die versicherte Person zulasten des Versicherers.(15) Dabei erhält der Versicherer keinen neuen Wert.(16) Sein Gewinn entsteht in dem Zeitabschnitt vor Eintritt des Risikos.

32.      Im vorliegenden Fall dagegen erhält die Bank, wenn das Risiko eintritt, einen Anspruch auf die Aktien zu dem vorher vereinbarten Preis. Dies beinhaltet zwar das Risiko eines Wertverlusts der Aktien und die Aktivierung der für die Übernahme der Aktien erforderlichen Finanzmittel. Bei einem solchen Sachverhalt kann aber nicht von vornherein von einem endgültigen Verlust ausgegangen werden. Nach meiner Ansicht ergibt sich aus diesen Unterschieden, dass der vorliegende Fall mit einem Versicherungsumsatz nicht vergleichbar ist.

33.      Die hier streitigen Übernahmegarantieleistungen können daher nicht als Versicherungsumsatz im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie angesehen werden.

2.      Kreditgewährung und Kreditsicherheiten

34.      Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 und 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie enthalten eine Steuerbefreiung für die „Gewährung … von Krediten“ und „die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien“.

35.      Die SEB macht geltend, die von ihr erbrachte Übernahmegarantiedienstleistung sei nach diesen Bestimmungen von der Mehrwertsteuer befreit, da diese denselben Zwecken diene wie eine derartige Garantie, nämlich einen bestimmten erforderlichen Kapitalbetrag aufzubringen, und da sie vom Standpunkt des Kapitalgebers oder Sicherungsgebers dieselben Risiken enthalte wie die Gewährung eines Kredits.

36.      Das Skatteverk ist der Ansicht, dass der vorliegende Fall nicht unter diese Bestimmungen falle, da er anders gestaltet sei. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie betreffe üblicherweise ein Darlehen oder eine Zahlung, deren Gegenleistung in der vereinbarten Zinszahlung bestehe. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie betreffe lediglich finanzielle Verpflichtungen, die als Verpflichtung zu einer Geldzahlung, wie etwa die Rückzahlung an einen Gläubiger, zu verstehen seien. Der vorliegende Fall enthalte mehr als nur eine einfache Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme und sei daher keine finanzielle Verbindlichkeit im Sinne der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie.

37.      Was Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie angeht, hat der Gerichtshof bereits ausdrücklich festgestellt, dass diese Vorschrift sich keineswegs ausschließlich auf Darlehen und Kredite von Banken und Finanzinstituten bezieht.(17) Darüber hinaus hat er ausgeführt, dass die Definition weit genug ist, um auch einen von einem Lieferanten von Gegenständen in Form eines Zahlungsaufschubs gewährten Kredit zu erfassen.(18)

38.      Nach meiner Auffassung lässt sich aus dem vorliegenden Sachverhalt keine Kreditgewährung herleiten, da es sich um eine andere Art des Umsatzes handelt.

39.      Bei einer Kreditgewährung erwartet der Kreditgeber die Rückzahlung des gewährten Geldbetrags nebst Zinsen, was zusammen die Gegenleistung darstellt. Im vorliegenden Fall zahlt die Bank dem Unternehmen kein Geld, wenn sich das Risiko nicht realisiert. Sollte sich aber das Risiko realisieren, wird die Bank keineswegs die Rückzahlung des gewährten Geldes mit Zinsen verlangen. Die Bank zahlt lediglich einen Betrag im Gegenzug für die Aktien, die sie erhält und die sie dann verkauft, um ihr Geld wieder hereinzubringen.(19) Daher ist es dieser gegenseitige Austausch von Aktien gegen Geld, der das Geschäft im Wesen völlig anders sein lässt als eine Kreditgewährung.

40.      Was Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie angeht, weist dieser einige Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachfassungen auf. Die englische Fassung spricht von „credit guarantees“ (Kreditsicherheiten), während die französische Fassung weiter gefasst ist und lediglich von Garantien spricht.(20) Um seine Bedeutung zu ermitteln, muss auf den Kontext abgestellt werden, in dem dieser Satz vorkommt, und der Systematik der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie Rechnung getragen werden.(21)

41.      Die Gesetzesmaterialien lassen nicht erkennen, welche Sprachfassung die Zielsetzung dieser Vorschrift besser wiedergibt. Der Vorschlag für die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie besagt lediglich, die sonstigen Steuerbefreiungen beträfen verschiedene Bereiche, wie Versicherungen Kreditgeschäfte, Zahlungsverkehr und Börse, wo sie aus für alle Mitgliedstaaten gültigen allgemeinpolitischen Erwägungen gerechtfertigt erschienen(22). Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie wurde in diese Richtlinie aufgenommen, ohne in dem Vorschlag oder irgendeinem Abänderungsvorschlag aufgeführt worden zu sein.

42.      Gleichwohl sehe ich keinen Grund dafür, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ausschließlich auf Kreditsicherheiten zu beschränken. Art. 13 Teil B Buchst. d der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bezieht sich auf Bank- und Finanzdienstleistungen und befreit beinahe alle Tätigkeiten von Einrichtungen, die derartige Dienstleistungen erbringen. Da diese Einrichtungen sowohl Kreditsicherheiten als auch Garantien im weiteren Sinne anbieten können, sollte Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie in einem weiteren Sinne verstanden werden. „Kreditsicherheiten“ im Sinne der englischen Fassung sind lediglich ein Beispiel oder eine Form der in dieser Vorschrift ebenfalls aufgeführten allgemeineren „Sicherheiten und Garantien“.(23) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die fragliche Vorschrift eine Befreiung vorsieht und daher eng auszulegen ist, da eng nicht notwendig restriktiv bedeutet.(24)

43.      Die potenziell umfassende Tragweite einer solchen Auslegung wird eingeschränkt durch die Grenzen, die dieser Vorschrift in der Rechtsprechung des Gerichtshofs gezogen wurden. Nach dieser Rechtsprechung muss die Dienstleistung, um als ein von der Steuer befreiter Umsatz angesehen zu werden, bei umfassender Betrachtung ein eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer in dieser Vorschrift beschriebenen Dienstleistung erfüllt.(25) Dies bedeutet, dass sie in ihrer Gesamtheit in den Bereich der Finanzgeschäfte fallen muss.(26)

44.      Es stellt sich daher die Frage, ob das Eingehen einer Verpflichtung, nicht verkaufte, neu ausgegebene Aktien zu zeichnen, in ihrer Gesamtheit in den Bereich der Finanzgeschäfte fällt.

45.      Der Gerichtshof hat bisher zur Frage, was genau ein Finanzgeschäft darstellt, noch keine Hinweise gegeben. In der Rechtssache Velvet & Steel stellte die Übernahme der Verpflichtung, ein Haus zu renovieren, von der Natur der Sache her kein Finanzgeschäft dar. In der Rechtssache Tiercé Ladbroke wurde entschieden, dass die Annahme von Wetten im Namen des Vollmachtgebers, der ein Wettunternehmen betreibt, kein Finanzgeschäft darstellt. Schließlich wurde in der Rechtssache Swiss Re Holding die Übertragung eines Bestands von Lebensrückversicherungsverträgen nicht als Finanzgeschäft betrachtet.(27)

46.      Die Frage, was ein Finanzgeschäft ist, muss im wirtschaftlichen Kontext des Geschäfts beurteilt werden. Im Gegensatz zu der Rechtssache Velvet & Steel, in der das Geschäft nicht im Bereich der Finanzmärkte stattfand, ist dies hier bei der Erbringung von Übernahmedienstleistungen eindeutig der Fall. Bestätigt wird diese Auffassung durch die Richtlinie 2004/39, in der die Übernahme von Emissionen als Wertpapierdienstleistung im Sinne der Richtlinie bezeichnet wird.(28) Nach meiner Ansicht sind Geschäftsvorgänge von Finanzinstituten in Bezug auf Unternehmensfinanzierung als Tätigkeiten im Bereich der Finanzgeschäfte anzusehen, wobei Nebenleistungen, die auch von Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden können, die nicht zum Finanzsektor gehören, wie z. B. Vermarktungs- oder Rechtsberatung, möglicherweise hiervon auszunehmen sind. Übernahmegarantiedienstleistungen fallen als solche in den Bereich der Finanzgeschäfte.

47.      Nunmehr ist zu prüfen, ob die Übernahmegarantiedienstleistung die Voraussetzungen einer Garantie erfüllt. Dieser Begriff wird in der Richtlinie nicht definiert und ist auch in der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht behandelt worden.

48.      Meiner Auffassung nach ist eine Garantie im Kern die Zusicherung, dass der Garantiegeber im Fall der Säumnis eines Dritten die erforderliche Leistung, gewöhnlich eine Zahlung, die die säumige Partei unterlassen hat, erbringen wird. Garantien können auch selbständig sein, d. h. unabhängig von den Leistungen eines Dritten, wie etwa Garantien für den wirtschaftlichen Erfolg eines Projekts („Verlustschutz“). Solche Garantien liegen jedoch am äußersten Rand des Begriffsspektrums.

49.      In der vorliegenden Rechtssache ist kein „Dritter“ ersichtlich, für den die SEB eine Garantie übernommen haben könnte, auch wenn die Garantie offensichtlich Situationen abdeckt, in denen die ursprüngliche Zusage eines Investors, Aktien zu zeichnen, von diesem nicht eingehalten wird. Säumig ist hier der Markt als solcher. Meiner Ansicht nach kann der Begriff der Garantie in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht so weit ausgedehnt werden, dass er solche Situationen erfasst.

50.      Übernahmegarantiedienstleistungen, wie sie im vorliegenden Fall beschrieben werden, sind daher meines Erachtens nicht unter Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 und 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie einzuordnen und können daher nicht auf dieser Grundlage befreit werden.

3.      Umsätze, die sich auf Aktien beziehen

51.      Schließlich ist Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie zu prüfen, dem zufolge die Mitgliedstaaten Umsätze, die sich auf Aktien beziehen, von der Steuer befreien. Der Begriff „Umsätze …, die sich auf Aktien … beziehen“ ist bisher in drei Fällen ausgelegt worden(29), wobei allerdings nicht eindeutig ist, welches Kriterium konkret anzuwenden ist, um festzustellen, ob ein Geschäft einen Umsatz darstellt, der sich auf Aktien bezieht. In der ersten Rechtssache, SDC, hat der Gerichtshof in Bezug auf Wertpapiertransaktionen ausgeführt, dass es sich um Handlungen handeln muss, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern.(30) In einem späteren Urteil, in der Rechtssache CSC, hat der Gerichtshof, wohl unter analoger Anwendung der Auslegungskriterien in der Rechtssache SDC, hinsichtlich der Umsätze, die sich auf Aktien beziehen, entschieden, dass der Umsatz geeignet seien muss, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen.(31) Schließlich hat der Gerichtshof in der Rechtssache AB SKF unter Hinweis auf die genannten Rechtssachen festgestellt, dass ein Verkauf von Aktien die rechtliche und finanzielle Lage der am Geschäft beteiligten Parteien ändert und dass er daher unter die Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie fallen kann.(32)

52.      Meiner Auffassung nach sind die Auslegungskriterien, die in der Rechtssache CSC Financial Servies angewandt werden, besser geeignet, um die geschäftliche und wirtschaftliche Realität der Umsätze, die sich auf Aktien beziehen, zu erfassen, weil die Umsätze auf dem Primärmarkt stets potenziellen Charakter in dem Sinne haben, dass Aktien rechtlich gesehen erst am Ende der Aktienausgabe zur Entstehung gelangen.

53.      Gemäß den Auslegungskriterien im Urteil CSC Financial Services muss die Veränderung nicht tatsächlich eintreten, vielmehr genügt es, dass der Vorgang geeignet ist, die Lage zwischen den Parteien zu verändern. Somit erfüllt die Tatsache, dass es für die SEB notwendig werden könnte, nicht gezeichnete Aktien zu übernehmen, diese Auslegungskriterien in ausreichendem Maße, was zu einer Mehrwertsteuerbefreiung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie führt.

54.      Sollte der Gerichtshof gleichwohl davon absehen, die in der Rechtssache CSC Financial Services angewandten Auslegungskriterien anzuwenden, und die Auffassung vertreten, dass der Vorgang eine Veränderung der finanziellen und rechtlichen Lage zwischen den Parteien bewirken muss, wäre zu prüfen, ob eine Veränderung der Lage zwischen den Parteien auch dann angenommen werden kann, wenn die Bank tatsächlich zu keinem Zeitpunkt zum Erwerb von Aktien verpflichtet sein sollte.

55.      Meines Erachtens läge auch dann eine Veränderung vor, da der Begriff der Veränderung der rechtlichen und finanziellen Lage weit auszulegen ist, so dass er alle Vorgänge erfasst, die eine rechtliche Verpflichtung begründen.(33)

56.      Im vorliegenden Fall ist bereits in dem Augenblick, in dem die SEB die Übernahmegarantiedienstleistung erbrachte, für sie eine rechtliche Verpflichtung begründet worden, nämlich die Verpflichtung, die Aktien zu übernehmen. Diese Verpflichtung führt zu einer Veränderung der rechtlichen Lage der Parteien, da das die Aktien ausgebende Unternehmen einen durchsetzbaren Rechtsanspruch gegen die SEB auf Übernahme der Aktien hat, sobald die Bedingung eintritt und die SEB die Übernahme verweigern sollte. Es ändert sich auch die finanzielle Lage zwischen den Parteien, da die SEB sicherstellen muss, dass sie genügend Finanzmittel verfügbar hat, um die Aktien zu erwerben, falls die Bedingung eintritt.(34) Ihre Lage hat sich somit infolge der Übernahmegarantiedienstleistung, die sie der ausgebenden Aktiengesellschaft erbringt, verändert.

57.      Auch vom Standpunkt der Steuerneutralität erscheint es angebracht, Übernahmegarantiedienstleistungen als Umsätze, die sich auf Aktien beziehen, zu betrachten, wie dies offensichtlich von den meisten Mitgliedstaaten gehandhabt wird. Zu demselben Ergebnis, nämlich der Befreiung von der Mehrwertsteuer, kann man auf verschiedene Weise kommen. Ein Unternehmen kann Kapital durch die Ausgabe von Aktien auf zwei Wegen aufnehmen: (i) durch die Ausgabe von Aktien, die sich an die Bank richtet, wobei deren Kommission im vereinbarten Zeichnungspreis berücksichtigt wird, oder (ii) (wie im vorliegenden Fall) durch die Ausgabe von Aktien auf dem Markt, wobei eine Bank zusichert, die Aktien zu erwerben, falls nicht alle verkauft oder gezeichnet werden sollten. Der erstgenannte Fall würde nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, da er außerhalb des Anwendungsbereichs der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie läge.(35) Die beiden Fälle unterschiedlich zu behandeln, wäre ein Verstoß gegen den in der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie verankerten Grundsatz der Steuerneutralität. Dies ist ein weiterer Grund, der dafür spricht, Übernahmegarantiedienstleistungen als nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie von der Steuer befreit anzusehen.

58.      Die SEB macht geltend, der vorliegende Fall entspreche einer Veräußerung von Verkaufsoptionen auf dem Sekundärmarkt. Dies ist jedoch meiner Ansicht nach unzutreffend, da nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1777/2005(36) „[d]er Verkauf einer Option, der in den Anwendungsbereich von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Richtlinie 77/388/EWG fällt, … eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 der genannten Richtlinie [ist]. Diese Dienstleistung ist von den der Option zugrunde liegenden Umsätzen zu unterscheiden.“

Eine Steuerbefreiung für Übernahmegarantiedienstleistungen kann somit nicht auf eine Analogie zur Verkaufsoption auf Aktien gestützt werden, da der Verkauf von Verkaufsoptionen von der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst wird, während der Verkauf von Aktien nicht von ihr erfasst wird.

59.      Als Ergebnis ist festzustellen, dass die Erbringung einer Übernahmegarantie einen Umsatz darstellt, der sich auf Aktien bezieht, und daher gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie von der Mehrwertsteuer befreit ist.

IV – Ergebnis

60.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, das Vorabentscheidungsersuchen wie folgt zu beantworten:

Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass die darin aufgeführte Steuerbefreiung auch Übernahmegarantiedienstleistungen (Underwriting) umfasst, die darin bestehen, dass ein Kreditinstitut gegen eine Vergütung eine Garantie gegenüber einem Unternehmen gewährt, das im Begriff steht, Aktien auszugeben, wenn diese Garantie zum Gegenstand hat, dass sich das Kreditinstitut dazu verpflichtet, diejenigen Aktien zu erwerben, die möglicherweise in der für die Zeichnung der Aktien vorgesehenen Zeit nicht gezeichnet werden.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) (ABl. 1977, L 145, S. 1). Art. 13 Teil B Buchst. a und d der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ist jetzt Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie), die die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie mit Wirkung vom 1. Januar 2007 ersetzt (vgl. die Entsprechungstabelle in Anhang XII der Mehrwertsteuerrichtlinie). Die Mehrwertsteuerrichtlinie hat zum Ziel, die anzuwendenden Vorschriften in einer klaren und wirtschaftlichen Art und Weise und in Übereinstimmung mit dem Grundsatz besserer Rechtssetzung neu zu fassen (3. Erwägungsgrund).


3 – Art. 5 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bezieht sich auf körperliche Rechte, über die wie ein Eigentümer verfügt werden kann, und Art. 5 Abs. 3 bestimmt, was als körperlicher Gegenstand gilt, darunter Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet.


4 – Anhang I Abschnitt A Nr. 6 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. 2004, L 145, S. 1). Ich möchte anmerken, dass die verschiedenen Sprachfassungen dieser Richtlinie Ausdrücke benutzen, deren Bedeutung leicht von derjenigen des Begriffs „underwriting“ im Englischen abweichen. Die sprachlichen Probleme in diesem Rechtsgebiet wurden im Ersten Bericht festgestellt, in dem es heißt: „Da Richtlinien des Rates in den Sprachen der Mitgliedstaaten verbindlich sind, an die sie gerichtet sind, müssen sie notwendigerweise so weit wie möglich den Gebrauch von Rechtsbegriffen zu vermeiden suchen, die in verschiedenen Ländern unterschiedliche Bedeutungen haben. Leider kann diese Regel nicht immer eingehalten werden – und jedenfalls könnte ihre absolute Einhaltung durchaus [un]verständliche Formulierungen hervorbringen, die ihrerseits zu abweichenden Auslegungen führen könnten.“ (Vgl. Erster Bericht der Kommission an den Rat über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems – vorgelegt gemäß Art. 34 der Richtlinie 77/388/EWG) (KOM [83] 426 endg.)


5 – Anhang I Nr. 41 („Übernahmegarantien“) der Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung) (ABl. 2006, L 177, S. 201). In dieser Richtlinie besteht dasselbe sprachliche Problem wie in der Richtlinie 2004/39 (oben in Fn. 4 angeführt).


6 – Urteile vom 5. Juni 1997, SDC (C-2/95, Slg. 1997, I-3017, Randnr. 21), vom 3. März 2005, Arthur Andersen (C-472/03, Slg. 2005, I-1719, Randnr. 25), und vom 8. März 2001, Skandia (C-240/99, Slg. 2001, I-1951, Randnr. 23).


7 – Vgl. 11. Erwägungsgrund der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie. Vgl. ebenfalls Urteil vom 22. Oktober 2009, Swiss Re Germany Holding (C-242/08, Slg. 2009, I-10099, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8 – Urteile Skandia, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 32, Arthur Andersen, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 24, und SDC, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung.


9 – Urteil vom 19. April 2007, Velvet & Steel Immobilien (C-455/05, Slg. 2007, I-3225, Randnr. 24), und Beschluss vom 14. Mai 2008, Tiercé Ladbroke (C-231/07 und C-232/07, Randnr. 24).


10 – Vgl. z. B. die Richtlinie 84/641/EWG des Rates vom 10. Dezember 1984 zur insbesondere touristische Beistandsleistung bezüglichen Änderung der Ersten Richtlinie 73/239/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) (ABl. 1984, L 339, S. 21).


11 – Urteil vom 25. Februar 1999, CPP (C-349/96, Slg. 1999, I-973).


12 – Urteil CPP, oben in Fn. 11 angeführt, Randnr. 17. In gleichem Sinne wurde entschieden, dass Beistandsleistungen, die eine Gesellschaft ihren Mitgliedern gegen Zahlung eines festen Jahresbeitrags bei Fahrzeugpannen erbringt, Versicherungsumsätze im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie darstellen, vgl. Urteil vom 7. Dezember 2006, Kommission/Griechenland (C-13/06, Slg. 2006, I-11563).


13 – Vgl. Urteil CPP, oben in Fn. 11 angeführt, Randnr. 22.


14 – Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly, Nr. 34, in der Rechtssache CPP, oben in Fn. 11 angeführt.


15 – Zur konkreten Leistung vgl. Urteil Kommission/Griechenland, oben in Fn.12 angeführt.


16 – Es gibt bestimmte Versicherungsverträge, bei denen der Versicherer einen Anspruch auf die beschädigten Gegenstände hat, die durch den Vertrag versichert sind. Beispielsweise kann es eine Versicherungsgesellschaft vorziehen, wenn die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs zu teuer ist, das abgeschriebene Fahrzeug an sich zu nehmen und dafür dem Versicherten Schadensersatz zu leisten. Ich bin der Auffassung, dass ein solches Vorgehen, das auf eine Begrenzung des Schadens gerichtet ist, eine zusätzliche Möglichkeit darstellt und als solche rechtlich anders geartet ist als die Verpflichtung des Übernehmers, nicht gezeichnete Aktien zu einem vorher festgelegten Preis zu erwerben.


17 – Urteil SDC, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 34.


18 – Urteil SDC, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 34.


19 – In der mündlichen Verhandlung hat die SEB erklärt, dass der Aktienübernehmer rechtlich verpflichtet sei, die Aktien, die er aufgrund der Übernahmegarantie erhält, so bald wie möglich, wenngleich ohne Verlust, zu verkaufen.


20 – Die schwedische, die finnische, die slowenische und die estnische Fassung folgen dem englischen Wortlaut, während die spanische, die deutsche, die portugiesische und die niederländische Fassung der französischen folgen.


21 – Vgl. analog Urteil SDC, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 22 und die dort angeführten Entscheidungen.


22 – Vorschlag für eine Sechste Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (von der Kommission dem Rat vorgelegt am 29. Juni 1973), Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 11/73, S. 17.


23 – Vgl. Terra, B., und Kajus, J., A guide to the European VAT directives (CD-ROM), IBFD, 2004- , 9.3.2.2. „Credit Guarantees or any other security for money“.


24 – Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Zoological Society of London (C-267/00, Slg. 2002, I-3353, Nr. 19).


25 – Urteil Swiss Re Germany Holding, oben in Fn. 7 angeführt, Randnr. 45 und die dort angeführten Entscheidungen.


26 – Urteil Velvet & Steel, oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 22; Beschluss Tiercé Ladbroke, oben in Fn. 9 angeführt, Randnr. 17.


27 – Urteil Swiss Re Germany Holding, oben in Fn. 7 angeführt, Randnr. 48.


28 – Anhang I Abschnitt A Nr. 6 der Richtlinie 2004/39.


29 – Urteile des Gerichtshofs vom 29. Oktober 2009, AB SKF (C-29/08, Slg. 2009, I-10413), vom 13. Dezember 2001, CSC Financial Services (C-235/00, Slg. 2001, I-10237), und SDC, oben in Fn. 6 angeführt.


30 – In der Rechtssache SDC (oben in Fn. 6 angeführt) untersuchte der Gerichtshof Umsätze im Überweisungsverkehr im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie und entschied, dass Umsätze, die sich auf Aktien beziehen, auf dem Wertpapiermarkt bewirkte Umsätze einschließen und dass der Wertpapierhandel Handlungen umfasst, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern; vgl. Urteil SDC, Randnrn. 72 und 73.


31 – Siehe Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache CSC Financial Services, oben in Fn. 29 angeführt, Randnr. 33. Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer hat in dieser Rechtssache darauf hingewiesen, dass dies der Fall sei, wenn ein Geschäft die Rechtsbeziehung zu dem Wertpapier unmittelbar betreffe und geeignet sei, Auswirkungen auf dessen Rechtsinhalt zu haben. Als Beispiele nannte er Ausgabe, Übertragung, Indossament, Bezahlung und Einlösung eines Wertpapiers, siehe Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache CSC Financial Services, Nr. 29, oben in Fn. 29 angeführt.


32 – Vgl. Urteil AB SKF, oben in Fn. 29 angeführt, Randnr. 50.


33 – Insoweit trete ich der Auslegung durch Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache CSC Financial Services, oben in Fn. 29 angeführt, Nr. 23, bei.


34 – In der Verhandlung wies die SEB darauf hin, dass sie im Fall einer Übernahmegarantiedienstleistung einen ausreichenden Geldbetrag sicherstellen müsse.


35 – Urteil des Gerichtshofs vom 26. Mai 2005, Kretztechnik (C-465/03, Slg. 2005, I-4357). Wie Irland zutreffend ausgeführt hat, erfolgen viele, wenn nicht die meisten Umsätze, die in Art. 13 Teil B der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie aufgeführt sind, außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie, da sie nicht die Anforderungen ihres Art. 2 Abs. 1 erfüllen. Es hat daher keine Auswirkung auf sie, dass sie in Art. 13 Teil B der Richtlinie aufgeführt sind.


36 – Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2005, L 288, S. 1). Diese Verordnung ist natürlich im vorliegenden Fall zeitlich nicht anwendbar.