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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 14. Juni 2016(1)

Rechtssache C-432/15

Odvolací finanční ředitelství

gegen

Pavlína Baštová

(Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší správní soud [Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik])

„Besteuerung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Begriff ,gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungenʻ – Pferderennen – Geldpreise – Vorsteuerabzug für erhaltene Leistungen – Betrieb eines Rennstalls – Überlassung von Sportanlagen“





1.        Von George Orwell stammt die provokante Aussage, ernsthafter Sport sei mit der „Missachtung aller Regeln“ verbunden(2). Im Gegensatz dazu gehört die Besteuerung wirtschaftlicher Tätigkeiten zu den am meisten regulierten Bereichen, nicht nur in der Union. Daher sind professionelle Sportler, zumindest bei der Abgabe ihrer Steuererklärungen und bei den entsprechenden Zahlungen an den Staat, gehalten, alle auf sie anwendbaren Regeln zu beachten.

2.        Die vorliegende Rechtssache berührt einige Fragen zur Anwendbarkeit der Regeln über die Mehrwertsteuer auf wirtschaftliche Tätigkeiten, die sportliche Aktivitäten wie etwa Pferderennen sind oder hiermit in Verbindung stehen oder die die Überlassung von Sportanlagen umfassen.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

3.        In Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie(3) heißt es:

„(1)  Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

(c)       Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;

…“

4.        In Art. 24 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Als ,Dienstleistungʻ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.

…“

5.        Art. 98 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„(1)  Die Mitgliedstaaten können einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden.

(2)       Die ermäßigten Steuersätze sind nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar.

…“

6.        Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält ein Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze gemäß Art. 98 angewandt werden können. Nr. 14 dieses Anhangs nennt die „Überlassung von Sportanlagen“.

B –    Nationales Recht

7.        Nach § 2 Abs. 1 des Zákon č. 235/2004 Sb. o dani z přidané hodnoty (Gesetz Nr. 235/2004 über die Mehrwertsteuer, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) in der im betreffenden Besteuerungszeitraum geltenden Fassung unterliegt der Steuer u. a. „die Erbringung einer Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger im Rahmen einer Wirtschaftstätigkeit in der Tschechischen Republik gegen Entgelt ausführt“.

8.        Nach § 4 Abs. 1 Buchst. a des Mehrwertsteuergesetzes bedeutet „,gegen Entgelt‘: Bezahlung mit Geld oder anderen Zahlungsmitteln oder durch die Erbringung von Sachleistungen“.

9.        Nach § 5 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes gilt als wirtschaftliche Tätigkeit die „nachhaltige Tätigkeit von Herstellern, Händlern sowie Dienstleistungserbringern, einschließlich des Bergbaubetriebs und der landwirtschaftlichen Produktion sowie nachhaltiger Tätigkeiten aufgrund besonderer Rechtsvorschriften … Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur Einkommenserzielung, sofern diese Gegenstände nachhaltig genutzt werden. …“

10.      Nach § 14 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes umfasst die Erbringung einer Dienstleistung „alle Leistungen, die nicht in einer Lieferung von Gegenständen oder in einer Übertragung von Liegenschaften bestehen. Als Erbringung einer Dienstleistung gilt auch a) die Übertragung von Rechten, b) die Einräumung eines Nutzungsrechts an einem Gegenstand oder einem Recht oder einem anderen verwertbaren Vermögenswert, c) das Entstehen und Erlöschen dinglicher Belastungen, d) die Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden.“

11.      Nach § 72 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes ist der Steuerzahler zum Vorsteuerabzug berechtigt, sofern er die erhaltenen steuerbaren Leistungen für die Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet.

12.      Nach § 47 Abs. 4 unterliegen Dienstleistungen „dem Normalsteuersatz, soweit das Gesetz nicht anderes bestimmt. Die in Anhang 2 genannten Dienstleistungen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz.“

13.      In Anhang 2 des Mehrwertsteuergesetzes wird u. a. die Dienstleistung der „Nutzung von überdachten sowie nicht überdachten Sportanlagen für sportliche Zwecke“ genannt.

II – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefrage

14.      Frau Pavlína Baštová ist als mehrwertsteuerpflichtige Person registriert. Sie betreibt unter anderem das Geschäft der Zucht und des Trainings von Rennpferden. Die zu diesem Zweck genutzten Ställe waren zum Teil von ihren eigenen Pferden und zum Teil von Pferden Dritter belegt, die sie ihr zur Vorbereitung auf Rennen anvertrauten. Zusätzlich zu den Rennpferden hatte sie auch zwei Pferde, die sie für Agrotourismus und die Ausbildung junger Pferde einsetzte, sowie Zuchtstuten und Fohlen.

15.      Ein Teil des Einkommens von Frau Baštová ergab sich aus Preisen, die ihre Pferde gewannen, und dem jeweiligen Traineranteil an von den Pferden Dritter gewonnenen Preisen. Ein anderer Teil kam aus den Zahlungen für die Vorbereitung von Pferden Dritter für die Rennen.

16.      In ihrer Steuererklärung für das vierte Quartal 2010 machte Frau Baštová den vollen Vorsteuerabzug für erhaltene steuerbare Leistungen geltend, die sich aus a) dem Trainieren der Pferde für Rennen und ihre Teilnahme daran, einschließlich der Aufwendungen für die Anmeldung, das Startgeld und die Gebühren für Hilfe bei den Rennen, b) der Beschaffung des erforderlichen Materials für die Pferde, ihres Futters und der Ausrüstung für die Reiter, c) der tierärztlichen Versorgung und der Lieferung von Arzneimitteln für Pferde, d) dem Stromverbrauch für die Ställe, e) dem Treibstoffverbrauch für den Transport, f) der Beschaffung eines Heuschwaders für die Erzeugung von Heu und Raufutter sowie der Beschaffung einer Traktorausrüstung und g) Beratungsdienstleistungen betreffend den Stallbetrieb zusammensetzten. Die erhaltenen Leistungen betrafen ihre eigenen und die anderen gehörenden Pferde.

17.      Außerdem führte Frau Baštová in derselben Steuererklärung die Mehrwertsteuer auf die Ausgangsleistung zum ermäßigten Steuersatz von 10 % auf die Dienstleistung „Betrieb eines Rennstalls“ an, die sie für fremde Pferdeeigner erbrachte.

18.      Der Finanční úřad v Ostrově (Finanzamt Ostrov) erkannte das Recht der Klägerin auf vollen Vorsteuerabzug nicht an und stimmte auch dem ermäßigten Steuersatz für die Dienstleistung „Betrieb eines Rennstalls“ nicht zu. Frau Baštová legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel bei der Finanční ředitelství v Plzni (Finanzdirektion Pilsen) ein, die teilweise Abhilfe gewährte. Sie wies jedoch das Begehren auf Vorsteuerabzug für die Beträge zurück, die auf die Teilnahme der Frau Baštová gehörenden Pferde an Rennen entfielen, da sie der Ansicht war, dass diese Teilnahme kein steuerbarer Umsatz sei. Ebenso wenig erkannte die Finanční ředitelství v Plzni die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Leistung „Betrieb eines Rennstalls“ an.

19.      Gegen die Entscheidung erhob Frau Baštová Klage beim Krajský soud v Plzni (Regionalgericht Pilsen), das die angefochtene Entscheidung aufhob und die Rechtssache an die Odvolací finanční ředitelství (Rechtsmittelstelle der Finanzdirektion) zurückverwies. Die Odvolací finanční ředitelství legte gegen diese Entscheidung beim Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht) ein auf einen Rechtsgrund gestütztes Rechtsmittel ein.

20.      Das vorlegende Gericht hat Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie und hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.a       Ist die Überlassung eines Pferdes durch seinen Eigentümer (der steuerpflichtig ist) an einen Rennveranstalter zwecks Teilnahme des Pferdes an einem Rennen eine Erbringung einer Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie und somit eine Leistung, die der Mehrwertsteuer unterliegt?

1.b      Ist bei Bejahung dieser Frage als Entgelt das Preisgeld für die Platzierung im Rennen (das jedoch nicht jedes teilnehmende Rennpferd erhält) oder die Inanspruchnahme der vom Rennveranstalter gegenüber dem Eigentümer des Pferdes erbrachten Dienstleistung – nämlich die Möglichkeit der Teilnahme des Pferdes an dem Rennen – oder eine andere Gegenleistung anzusehen?

1.c      Ist bei Verneinung dieser Frage diese Tatsache für sich genommen ein Grund für die Kürzung des Vorsteuerabzugs für erhaltene steuerbare Leistungen, die für das Trainieren eigener Rennpferde genutzt werden, oder ist die Teilnahme der Pferde am Rennen als Bestandteil der wirtschaftlichen Tätigkeit der Person anzusehen, die im Bereich der Haltung und des Trainings eigener und fremder Rennpferde gewerblich tätig ist, und können die Aufwendungen für die Haltung der eigenen Pferde sowie ihre Teilnahme an Rennen in die Gemeinkosten der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Person einbezogen werden? Falls diese Teilfrage bejaht wird, ist das Preisgeld für die Platzierung bei der Steuerbemessungsgrundlage zu berücksichtigen und ist hierfür Mehrwertsteuer zu entrichten oder handelt es sich um eine Einnahme, die keinerlei Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer hat?

2.a      Wenn für die Zwecke der Mehrwertsteuer mehrere Teildienstleistungen als einheitlicher Umsatz anzusehen sind, welche Kriterien sind dann für die Bestimmung ihres Verhältnisses zueinander heranzuziehen, also für die Bestimmung, ob es sich um gleichwertige Leistungen handelt oder um Leistungen, die in einem Verhältnis von Haupt- und Nebendienstleistung stehen? Besteht zwischen diesen Kriterien eine Hierarchie bezüglich ihrer Rangfolge und Gewichtung?

2.b      Ist Art. 98 der Mehrwertsteuerrichtlinie in Verbindung mit Anhang III dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass die Zuordnung einer Dienstleistung zum ermäßigten Steuersatz ausgeschlossen ist, wenn sie aus zwei Teilleistungen besteht, die für die Zwecke der Mehrwertsteuer als einheitlicher Umsatz anzusehen sind und diese Leistungen zugleich gleichwertig sind, wobei eine davon für sich genommen keiner der in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie angeführten Kategorien zugeordnet werden kann?

2.c      Steht bei Bejahung der Frage 2.b die Kombination der Teildienstleistung der Überlassung von Sportanlagen mit der Teildienstleistung eines Trainers von Rennpferden unter den in dieser Rechtssache vorliegenden Umständen der Zuordnung dieser Dienstleistung insgesamt zu dem in Nr. 14 des Anhangs III der Mehrwertsteuerrichtlinie angeführten ermäßigten Steuersatz entgegen?

2.d      Wenn die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht aufgrund der Beantwortung der Frage 2.c ausgeschlossen ist, welchen Einfluss hat es auf die Zuordnung zu dem entsprechenden Steuersatz, dass die Steuerpflichtige neben der Dienstleistung der Nutzung von Sportanlagen und der Dienstleistung einer Trainerin auch die Unterbringung, Fütterung und weitere Pflege der Pferde leistet? Sind für die Zwecke der Mehrwertsteuer alle diese Teilleistungen als eine Einheit anzusehen, die demselben Steuersatz unterliegt?

21.      Schriftliche Erklärungen haben im vorliegenden Verfahren die tschechische Regierung und die Kommission eingereicht.

III – Würdigung

A –    Erster Fragenkomplex

22.      Mit dem ersten Fragenkomplex bittet das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen um Klärung, ob i) die Eigentümerin eines Rennstalls zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Umsätzen berechtigt ist, die bei der Überlassung ihrer eigenen Pferde zwecks Teilnahme des Pferdes an einem Rennen entstehen, und ii) das bei einem Rennen gewonnene Preisgeld der Mehrwertsteuer unterliegen sollte.

23.      Die tschechische Regierung ist der Ansicht, die bloße Überlassung eines Pferdes an einen Veranstalter von Pferderennen könne nicht als Erbringung einer Dienstleistung gegen Entgelt angesehen werden, da es am Entgelt fehle. Insbesondere gelte dies für die Zuerkennung von bei Rennen ausgelobten Preisgeldern, da diese Preise nur von bestimmten Pferden gewonnen würden. Daher sei der Eigentümer des Pferdes nicht zum Vorsteuerabzug in Bezug auf erhaltene Leistungen berechtigt. Im Gegensatz dazu ist die Kommission der Ansicht, dass sowohl die Anmeldung von Pferden zu einem Rennen gegen die Zahlung einer Anmeldegebühr als auch gegebenenfalls die Zuerkennung eines Geldpreises für eine außergewöhnliche Leistung eines Pferdes in einem Rennen steuerbare Umsätze seien und demnach offensichtlich zum Vorsteuerabzug auf empfangene Leistungen berechtigten.

24.      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, werde ich meine Würdigung mit der ausdrücklich in Frage 1.c aufgeworfenen Thematik beginnen.

25.      Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, sieht das vorlegende Gericht die Überlassung von Rennpferden an Rennveranstalter durch Frau Baštová als integralen Bestandteil ihres Geschäfts an. Unabhängig von der Zuerkennung des ausgelobten Geldpreises bei Rennen ist die bloße Teilnahme ihrer Pferde an diesen Rennen (und mehr noch ihr möglicher Erfolg) geeignet, den Bekanntheitsgrad und den Ruf von Frau Baštová zu steigern. Dies hat positive Auswirkungen auf den Verkaufspreis ihrer Pferde und den Preis, den sie für das Trainieren von Pferden anderer verlangen kann.

26.      Die ist meiner Ansicht nach ein entscheidender Punkt. Wie der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat, geht aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck der Mehrwertsteuerrichtlinie klar hervor, dass jede Tätigkeit wirtschaftlicher Natur grundsätzlich steuerbar ist(4). Der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ ist weit gefasst und umfasst nach Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie insbesondere die „Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen“. Dies entspricht dem fünften Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach dem die Mehrwertsteuer „so allgemein wie möglich“ zu erheben ist.

27.      Im Licht dieser Rechtsprechung ist die Tätigkeit eines Pferdeeigners, der, wie Frau Baštová, einen Rennstall betreibt und Rennveranstaltern seine Pferde in der ernsthaften Absicht überlässt, wirtschaftlichen Nutzen aus seiner Tätigkeit als Pferdetrainer und Züchter zu ziehen sowie zusätzliche Einkünfte aus den ausgelobten Preisen zu erzielen, eine wirtschaftliche Tätigkeit nach den Mehrwertsteuerbestimmungen.

28.      Daraus folgt, dass ein Eigentümer eines Rennstalls wie Frau Baštová in Bezug auf die beim Erwerb der zur Rennvorbereitung der eigenen Pferde erworbenen Waren und Dienstleistungen anfallende Mehrwertsteuer vorsteuerabzugsberechtigt ist.

29.      Zu einem anderen Ergebnis käme ich natürlich, wenn diese Überlassung von Pferden an Rennveranstalter nicht im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit erfolgte. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn ein Pferdeeigner an Veranstaltungen einzig aus Hobbygründen oder nur zu dem Zweck teilnimmt, Vorsteuerabzug für erhaltene Leistungen in Bezug auf den Unterhalt von einzig zu privaten Zwecken genutzten Pferden geltend zu machen.

30.      Insoweit erscheint ein Hinweis auf die ständige Rechtsprechung nützlich, nach der eine Tätigkeit nur dann als wirtschaftlich anzusehen ist, wenn sie auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen gerichtet ist(5) oder, anders gesagt, gegen Entgelt erbracht wird(6). Allerdings sind keine Einnahmen erzielbar, wenn eine Tätigkeit ausschließlich unentgeltlich(7) oder ohne eine echte Aussicht auf irgendeine Art von Entgelt erfolgt. Daher ist eine Tätigkeit, auch wenn sie von einer steuerpflichtigen Person ausgeübt wird, nicht Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn sie einzig als Hobby, zum Vergnügen oder ohne irgendeine Aussicht auf einen direkten oder indirekten wirtschaftlichen Vorteil daraus ausgeübt wird. Dies hat wiederum offensichtliche Folgen für die Abzugsfähigkeit (oder Nicht-Abzugsfähigkeit) von auf erhaltene Leistungen gezahlter Mehrwertsteuer. Tatsächlich umfasst die Mehrwertsteuerrichtlinie auch Vorschriften für die Behandlung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen, die vom Steuerpflichtigen privat genutzt werden(8).

31.      Nach diesem Ergebnis ist noch eine weitere Frage zu behandeln, nämlich die nach der Mehrwertsteuerpflichtigkeit der bei einem Rennen gewonnenen Preisgelder. Die Antwort hierauf folgt meiner Ansicht nach aus der für den ersten Teil von Frage 1.c vorgeschlagenen Antwort.

32.      Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Teilnahme an Wettbewerben und anderen Sportereignissen oft mit der Erbringung einer Reihe verschiedener, jedoch eng miteinander verknüpfter Dienstleistungen einhergeht(9). Das heißt im Rahmen der Mehrwertsteuerregelungen, dass es zu mehreren Umsätzen zwischen einem Teilnehmer (wie etwa dem Eigentümer eines zu einem Rennen angemeldeten Pferdes) und einem Veranstalter kommen kann. Wichtig ist hierbei, dass je nach den konkreten Umständen sowohl der Eigentümer als auch der Rennveranstalter dem jeweils anderen eine oder mehrere Dienstleistungen erbringen können. Beide können also zugleich Empfänger bestimmter Dienstleistungen und Erbringer anderer sein.

33.      Es ist klar, dass das, was einen steuerbaren Umsatz ausmacht, nicht abstrakt definiert werden kann, sondern von den spezifischen Merkmalen der zwischen einem Pferdeeigner und einem Rennveranstalter geschlossenen Vereinbarung abhängt(10). Grob gesagt kann ich mir mindestens drei unterschiedliche Fallgestaltungen vorstellen.

34.      Zunächst kann es Situationen geben, in denen sich der Eigentümer eines Pferdes, der dieses zu einem Rennen anmelden möchte, damit einverstanden erklärt, dem Rennveranstalter eine Gebühr zu zahlen. Dies ist nach Angaben des vorlegenden Gerichts der Normalfall bei den Rennen, an denen Frau Baštová mit ihren Pferden teilnimmt. Meiner Ansicht nach beinhaltet ein solches Geschäft, wie es in der Rechtssache Town & County Factors der Fall war, „gegenseitige Leistungen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Die vom Eigentümer des Pferdes gezahlte Gebühr ist ein Entgelt für die Dienstleistungen, die der Rennveranstalters ihm erbringt (Organisation der Veranstaltung, Logistik und verwandte Dienstleistungen)(11).

35.      Sodann kann es Situationen geben, in denen der Eigentümer eines Pferdes unabhängig von dessen Leistung im Rennen vom Rennveranstalter ein Antrittsgeld erhält. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn das Pferd besonders berühmt ist und seine bloße Teilnahme am Rennen geeignet ist, den wirtschaftlichen Wert und das Prestige der Veranstaltung zu erhöhen. In dieser Situation ist die vom Rennveranstalter geleistete Zahlung an den Eigentümer des Pferdes ein Entgelt für die Dienstleistung des Letzteren, sein Pferd bei der Veranstaltung antreten zu lassen.

36.      Schließlich kann, wie bei den meisten Rennen, der Rennveranstalter Preise für die am besten abschneidenden Pferde vergeben. Meiner Ansicht nach führt auch diese Situation zu steuerbaren Umsätzen für die Zwecke der Mehrwertsteuer: Die vom Eigentümer eines Pferdes erhaltenen Preise sind das Entgelt für eine herausragende Leistung des Pferdes im Rennen, durch die die Veranstaltung interessanter und wertvoller wurde. Der Eigentümer des Pferdes ermöglicht es dem Veranstalter mit der Überlassung seines Pferdes für das Rennen, ein Ereignis zu organisieren, das geeignet ist, Zuschauer anzuziehen, von Medienunternehmen übertragen zu werden und das Interesse von Werbekunden und Sponsoren zu wecken(12). Der Rennveranstalter könnte sein Ereignis nicht ohne eine bestimmte Zahl von teilnehmenden Pferden organisieren und vermarkten, und es ist auch klar, dass eine höhere Leistungsfähigkeit der Pferde(13) auch den wirtschaftlichen Wert der Veranstaltung positiv beeinflusst. Es kann daher nicht bestritten werden, dass sowohl der Rennveranstalter als auch der Eigentümer des Pferdes einen direkten und individuellen Nutzen aus dem entsprechenden Geschäft ziehen(14). Infolgedessen besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der außerordentlichen Leistung eines Pferdes in einem Rennen (erbrachte Dienstleistung) und der Auszahlung des Preises (erhaltenes Entgelt).

37.      Die bloße Tatsache, dass nicht jedes an einem Rennen teilnehmende Pferd einen Preis gewinnt und dass die Zuerkennung des Preises vom Eintreten eines nicht vollständig kontrollierbaren Ereignisses abhängt, bedeutet nicht, dass das zugrunde liegende Geschäft kein Entgelt beinhaltet. Wird am Ende ein Preis zuerkannt, so ist dieser für den Empfänger ein tatsächlich erhaltenes Entgelt(15) im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie. Demnach sollten im Rahmen von Pferderennen zuerkannte Preisgelder grundsätzlich steuerbare Umsätze nach den Mehrwertsteuerbestimmungen entstehen lassen.

38.      Die von der tschechischen Regierung gegen diese Auffassung vorgebrachten Argumente halte ich nicht für überzeugend. Dass die Zahlung des Entgelts von der Erfüllung einer bestimmten Bedingung abhängt, nimmt dem Umsatz nicht seinen entgeltlichen Charakter.

39.      Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. Nimmt jemand die Dienste mehrerer Immobilienmakler für den Verkauf seines Hauses in Anspruch, so wird jeder dieser Makler Dienstleistungen für diese Person erbringen. Alle werden typischerweise in verschiedenen Medien Werbung schalten, Besichtigungen mit potenziellen Käufern organisieren und allgemein den Verkäufer in der Frage beraten, wie er seine Verkaufschancen optimieren kann. Sofern nichts Abweichendes vereinbart ist, wird normalerweise jedoch nur ein Makler vom Verkäufer (und/oder vom Käufer) eine vorher festgelegte Gebühr oder Provision zur Vergütung seiner Dienstleistungen erhalten, während die anderen unentgeltlich tätig gewesen sein werden. Trotzdem ist nicht zu bestreiten, dass der dem erfolgreichen Makler gezahlte Geldbetrag ein Entgelt für die erbrachten Leistungen ist und dass folgerichtig der entsprechende Umsatz nach den Mehrwertsteuerbestimmungen steuerbar ist.

40.      Tatsächlich hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der Mehrwertsteuerbestimmungen solche sind, die „mit der Absicht, eine Gegenleistung zu erhalten, ausgeübt werden oder bei denen eine eine Gegenleistung nicht ausgeschlossen ist“(16). Der Gerichtshof hat ebenfalls bestätigt, dass die Tatsache, dass die Gegenleistung unterschiedlich hoch sein kann, das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Erbringung einer Dienstleistung und der geschuldeten Gegenleistung nicht in Frage stellt(17).

41.      Zum Thema Pferderennen zurückkehrend ist klarzustellen, dass die Zahlung der ausgelobten Preise nicht freiwillig, sondern aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung des Rennveranstalters erfolgt. Die Anzahl und der Betrag der ausgelobten Preise sowie die Bedingungen, unter denen sie ausgezahlt werden, sind im Voraus festgelegt und den Eigentümern der Pferde bekannt, die mit der Anmeldung zu einem Rennen hierin einwilligen. Dies ist hervorzuheben: Einzig die Identität des Gewinners ist vor dem Rennen ungewiss. Ich möchte nur hinzufügen, dass die Chance, einen Preis zu gewinnen, eines der Hauptmotive von Pferdeeignern ist, ihre Pferde zu Rennen anzumelden.

42.      Alle diese Elemente hat der Gerichtshof in der Rechtssache Tolsma als wesentlich für das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Erbringung einer Dienstleistung und dem im Gegenzug erhaltenen Entgelt angesehen(18). Demnach sollte das bei einem Pferderennen erhaltene Preisgeld meiner Ansicht nach der Mehrwertsteuer unterliegen.

43.      Angesichts der vorgeschlagenen Antwort auf Frage 1.c erübrigt sich eine Beantwortung der Fragen 1.a und 1.b.

44.      Aus allen diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof den ersten Fragenkomplex wie folgt beantworten sollte: i) Soweit die Teilnahme eines Pferdes an einem Rennen Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Person ist, die im Bereich der Zucht und des Trainings von Rennpferden tätig ist, berechtigen die Ausgaben für diesen Teil zum Abzug der Mehrwertsteuervorbelastung; ii) die Zuerkennung von Preisen an die am besten abschneidenden Pferde lässt steuerbare Umsätze nach der Mehrwertsteuerrichtlinie entstehen.

B –    Zweiter Fragenkomplex

45.      Mit seinem zweiten Fragenkomplex möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Betrieb eines Rennstalls nach Nr. 14 von Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie insgesamt einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegt.

46.      Das vorlegende Gericht erklärt, dass die von Frau Baštová für andere Pferdeeigner erbrachten Dienstleistungen – im Ausgangsverfahren allgemein als „Betrieb eines Rennstalls“ bezeichnet – in Wirklichkeit aus einer Kombination verschiedener Dienstleistungen, wie Training des Pferdes, Nutzung von Sportgeräten, Vollzeitunterbringung in Ställen, Fütterung und weitere Pflege des Pferdes, bestehe. Angesichts der Umstände des Ausgangsverfahrens neigt das vorlegende Gericht der Auffassung zu, dass die von Frau Baštová gegenüber den Eigentümern der Pferde erbrachten Dienstleistungen als einheitlicher Umsatz zu sehen sind und damit einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz unterliegen. Das Gericht ist jedoch unsicher, ob eine oder mehrere dieser Dienstleistungen als Hauptleistungen und andere als Nebenleistungen anzusehen sind. Es bittet daher den Gerichtshof, die Kriterien dafür zu benennen. Dies ist insofern wichtig, als einige der erbrachten Dienstleistungen möglicherweise die Überlassung von Sportanlagen umfassen.

47.      Die tschechische Regierung und die Kommission schlagen dem Gerichtshof vor, die Frage dahin gehend zu beantworten, dass der Betrieb eines Rennstalls nach Nr. 14 von Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht insgesamt einem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

48.      Dem stimme ich zu.

49.      Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung unter bestimmten Umständen verschiedene formal unterschiedliche Dienstleistungen, die getrennt erbracht werden könnten, als einheitlicher Umsatz anzusehen sind, wenn sie nicht unabhängig voneinander sind. Ein einheitlicher Umsatz liegt vor, wenn zwei oder mehr dem Kunden vom Steuerpflichtigen erbrachte Elemente oder Handlungen so eng verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dies ist der Fall, wenn ein oder mehrere Elemente als Hauptleistung anzusehen sind, während ein oder mehrere andere Elemente als Nebenleistung oder -leistungen einzustufen sind, die steuerlich wie die Hauptleistung behandelt werden(19).

50.      Auf der Grundlage der Angaben in der Vorlageentscheidung erscheint mir die Position des vorlegenden Gerichts im Bezug auf die Unteilbarkeit der von Frau Baštová erbrachten Dienstleistungen vernünftig. Beim Erwerb dieser Dienstleistungen geht es den Eigentümern der Pferde nicht nur um das Training ihrer Pferde oder die Erlaubnis zur Nutzung der Frau Baštová gehörenden Sportanlagen, sondern auch um eine Vollzeitunterbringung und umfassende Betreuung der Tiere. Ungeachtet dessen, dass jede dieser Dienstleistungen grundsätzlich einzeln erbracht werden könnte, wünschen anscheinend die Kunden von Frau Baštová, die den auf den „Betrieb eines Rennstalls“ bezogenen Vertrag schließen, genau diese Verbindung all dieser Dienstleistungen(20). Anders gesagt stellen sich alle diese Dienstleistungen als so eng miteinander zusammenhängend dar, dass sie sowohl vom Dienstleistungserbringer (Frau Baštová) und, wichtiger noch, von den jeweiligen Kunden (den Eigentümern) als Teile eines einzigen Pakets angesehen werden(21).

51.      Dies vorausgeschickt bleibt es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, abschließend zu bestimmen, ob alle diese Dienstleistungen für die Bestimmung des Steuersatzes ein einheitliches Ganzes ergeben. Sollte das Gericht seine vorläufige Sicht zu dieser Frage bestätigen, müsste es dann bestimmen, ob einige dieser Dienstleistungen als Hauptleistungen im Rahmen der Mehrwertsteuerbestimmungen anzusehen sind. Tatsächlich argumentiert Frau Baštová, dass die Überlassung von Sportanlagen die Hauptleistung sei und infolgedessen der Gesamtumsatz dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen müsse.

52.      In diesem Zusammenhang ist auf die Feststellung des Gerichtshofs hinzuweisen, dass eine Leistung insbesondere dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung angesehen wird, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen(22). Zur Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenleistungen hat der Gerichtshof auch Elemente herangezogen wie die Bedeutung der verschiedenen Leistungen für den Kunden, die für die Erbringung benötigte Zeit und den auf die einzelne Leistung entfallenden Anteil an den vom Erbringer zu tragenden Gesamtkosten(23).

53.      Vor diesem Hintergrund scheint der vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Ansatz sinnvoll, nach dem insbesondere der relative Wert der einzelnen Leistungen und die für ihre Erbringung benötigte Zeit zu prüfen seien. Allerdings würde ich in diesem Zusammenhang auch die Hinweise nicht außer Acht lassen, die sich aus den von Frau Baštová für die Erbringung der einzelnen Leistungen zu tragenden Kosten ergeben (die im Allgemeinen, wenn auch nicht notwendigerweise, den Wert dieser Leistungen widerspiegeln), wie auch die Bedeutung, die die Kunden diesen Leistungen beimessen.

54.      Bevor ich näher auf diesen Punkt eingehe, halte ich es an dieser Stelle jedoch für notwendig, Bedeutung und Reichweite von Nr. 14 von Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie zu klären, nach dem auf die „Überlassung von Sportanlagen“ ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewandt werden kann.

55.      Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Mitgliedstaaten abweichend von dem Grundsatz, dass der Normalsatz gilt, einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Jedoch können die ermäßigten Mehrwertsteuersätze nach dieser Vorschrift nur auf die in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen angewandt werden(24). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung sind Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen(25). Zudem hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass die in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie verwendeten Begriffe entsprechend ihrer gewöhnlichen Bedeutung auszulegen sind(26).

56.      Demgemäß bin ich der Ansicht, dass der Begriff „Überlassung von Sportanlagen“ sich auf Tätigkeiten bezieht, die unmittelbar mit der Sportausübung durch natürliche Personen zusammenhängen. Die Überlassung der Sportanlagen dient somit der sportlichen Betätigung natürlicher Personen. Durch Nr. 14 von Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie wie auch durch deren Art. 132 Abs. 1 Buchst. m(27) soll somit meiner Ansicht nach die sportliche Betätigung(28) weiter Teile der Bevölkerung gefördert werden(29). Anders gesagt soll diese Vorschrift Menschen zu – gelegentlicher oder organisierter – körperlicher Betätigung ermutigen, die dazu beiträgt, körperliche Fitness und geistiges Wohlbefinden zum Ausdruck zu bringen oder diese zu verbessern, soziale Beziehungen zu formen oder in Wettbewerben Ergebnisse zu erzielen(30).

57.      Eine Auslegung des Begriffs „Überlassung von Sportanlagen“, die diesen auf alle anderen in der Vorlageentscheidung genannten Tätigkeiten (u. a. Vollzeitunterbringung von Pferden in Ställen, Fütterung und weitere Tätigkeiten der Pferdepflege) sowie Einrichtungen und Ausstattung (wozu Reitausrüstung, Futter, Reinigungsprodukte, Ställe und Boxen, Führanlage, Weiden, Waschplatz, Ruhebereiche und Speicher gehören könnten) erstrecken würde, würde den Anwendungsbereich dieser Ausnahme übermäßig ausweiten(31).

58.      Diese Auslegung wäre auch mit der gewöhnlichen Bedeutung des Begriffs „Überlassung von Sportanlagen“ in der Alltagssprache unvereinbar. Mir scheint, dass dieser Begriff allgemein in dem Sinne zu verstehen ist, dass er sich auf die Nutzung von Anlagen auf Grundstücken(32), gleich ob dauerhafter (wie Schwimmbäder, Rennstrecken, Sporthallen und Fitnesscenter) oder vorübergehender Art (wie öffentliche Plätze, Strände oder Grundstücke, die vorübergehend als Sportstätten für ein bestimmtes Ereignis eingerichtet werden)(33), durch natürliche Personen bezieht, die tatsächlich trainieren oder an einem Wettbewerb teilnehmen.

59.      Mag demnach die Überlassung von Anlagen, wie beispielsweise einer Trainingsstrecke für Reiter, in den Anwendungsbereich der Ausnahme nach Nr. 14 des Anhangs III der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen, so kann dies nicht in Bezug auf alle für den Betrieb eines Rennstalls nötigen Tätigkeiten gesagt werden(34), wie sie vom vorlegenden Gericht beschrieben werden. Insbesondere liegt keine Überlassung von Sportanlagen vor, wenn ein Pferd vom Personal nur gefüttert, gesäubert oder versorgt wird oder wenn es schlicht im Stall oder auf der Koppel ausruht. Der Grund dafür ist nicht nur, dass keine Sportanlagen überlassen werden, sondern auch, dass hier niemand irgendeine Form von Sport ausübt.

60.      Das nationale Gericht muss dies berücksichtigen, wenn es Wert, Dauer, Kosten und Bedeutung der die Überlassung von Sportanlagen ausmachenden Dienstleistungen gegen Wert, Dauer, Kosten und Bedeutung der anderen Dienstleistungen abwägt.

61.      Nach meinem Verständnis der Verfahrensunterlagen überwiegt die Überlassung von Sportanlagen nach Wert, Dauer, Kosten und Bedeutung nicht die anderen Dienstleistungen. Tätigkeiten wie Fütterung sowie Vollzeitunterbringung und allgemeine Pflege von Pferden erscheinen mir nicht als Dienstleistungen von relativ geringem Wert: Alle scheinen sie entscheidend dafür zu sein, das Wohlergehen der Pferde und ihre Fitness zu sichern, um beste Leistungen bei sportlichen oder anderen Aktivitäten zu gewährleisten. Jedenfalls erfordern sie sicherlich bedeutende Investitionen seitens des Stalleigentümers, die sich vermutlich im Preis jeder dieser Dienstleistungen widerspiegeln würden, wenn Frau Baštová den Gesamtpreis nach den verschiedenen Leistungen aufschlüsseln würde. Auch sind diese Leistungen meiner Ansicht nach für den durchschnittlichen Pferdeeigner nicht von geringerer Bedeutung(35): Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Eigentümer nicht besonders um die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Tiere besorgt sein sollten. Schließlich gehe ich davon aus, dass ein Pferd in Frau Baštovás Rennstall die Zeit überwiegend in den Innen- und Außenruhebereichen, den Ställen, Futterplätzen usw. verbringt. Dies sind alles Bereiche, die, wie oben gezeigt, nicht als „Sportanlagen“ im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie angesehen werden können.

62.      Aus allen diesen Gründen schlage ich vor, den zweiten Fragenkomplex dahin gehend zu beantworten, dass, vorbehaltlich der Überprüfung durch das nationale Gericht, der Betrieb eines Rennstalls nicht insgesamt einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz nach Nr. 14 von Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen kann.

IV – Ergebnis

63.      Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

–        Soweit die Teilnahme eines Pferdes an einem Rennen Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Person ist, die im Bereich der Zucht und des Trainings von Rennpferden tätig ist, berechtigen die Ausgaben für diesen Teil zum Abzug der Mehrwertsteuervorbelastung. Die Zuerkennung von Preisen an die am besten abschneidenden Pferde lässt steuerbare Umsätze nach der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem entstehen.

–        Vorbehaltlich der Überprüfung durch das nationale Gericht kann der Betrieb eines Rennstalls nicht insgesamt einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz nach Nr. 14 von Anhang III der Richtlinie 2006/112 unterliegen.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – „The Sporting Spirit“, The London Tribune, Dezember, 1945.


3 – Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).


4 – Vgl. u. a. Urteil vom 29. Oktober 2015, Saudaçor (C-174/14, EU:C:2015:733, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


5 – Vgl. Urteil vom 20. Juni 2013, Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr (C-219/12, EU:C:2013:413, Rn. 18).


6 – Vgl. Urteile vom 13. Dezember 2007, Götz (C-408/06, EU:C:2007:789, Rn. 18), und vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland (C-246/08, EU:C:2009:671, Rn. 37).


7 – Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Gemeente Borsele (C-520/14, EU:C:2015:855, Nr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8 – Vgl. insbesondere Art. 26 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Vgl. auch die Art. 184 ff. dieser Richtlinie.


9 – Vgl. entsprechend Urteil vom 11. April 2000, Deliège (C-51/96 und C-191/97, EU:C:2000:199, Rn. 56).


10 – Vgl. hierzu Urteil vom 21. Februar 2013, Becker (C-104/12, EU:C:2013:99, Rn. 21 und 22).


11 – Urteil vom 17. September 2002, Town & County Factors (C-498/99, EU:C:2002:494, Rn. 20).


12 – Vgl. in diesem Zusammenhang Urteil vom 11. April 2000, Deliège (C-51/96 und C-191/97, EU:C:2000:199, Rn. 57).


13 – Ein schnell laufendes Pferd lässt auch meist die anderen Pferde schneller laufen. Wie schon Publius Ovidius Naso (Ovid) (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.) bemerkte: „Tum bene fortis equus reserato carcere currit / Cum, quos praetereat quosque sequatur, habet“ („Gut dann läuft ein muthiges Roß nach eröffneter Schranke / Reizen es andere an neben und vor ihm zum Lauf“) (Ars Amatoria, 3. Buch, V. 595-596, Übersetzung von Heinrich Lindemann, Leipzig, 1861).


14 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 1988, Apple and Pear Development Council (102/86, EU:C:1988:120, Rn. 14).


15 – Vgl. hierzu Urteil vom 17. September 2002, Town & County Factors (C-498/99, EU:C:2002:494, Rn. 20).


16 – Urteil vom 1. April 1982, Hong-Kong Trade Development Council (89/81, EU:C:1982:121, Rn. 11) (Hervorhebung nur hier).


17 – Urteil vom 29. Oktober 2015, Saudaçor (C-174/14, EU:C:2015:733, Rn. 37).


18 – Vgl. Urteil vom 3. März 1994, Tolsma (C-16/93, EU:C:1994:80, Rn. 17 und 19).


19 – Vgl. Urteil vom 17. Januar 2013, BGŻ Leasing (C-224/11, EU:C:2013:15, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20 – Vgl. Urteil vom 19. Juli 2012, Deutsche Bank (C-44/11, EU:C:2012:484, Rn. 24 und 25).


21 – Vgl. hierzu Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Deutsche Bank (C-44/11, EU:C:2012:276, Nr. 27).


22 – Vgl. Urteil vom 17. Januar 2013, BGŻ Leasing (C-224/11, EU:C:2013:15, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


23 – Vgl. u. a. Urteile vom 11. Februar 2010, Graphic Procédé (C-88/09, EU:C:2010:76, Rn. 32), vom 29. März 2007, Aktiebolaget NN (C-111/05, EU:C:2007:195, Rn. 36), und vom 27. Oktober 2005, Levob Verzekeringen und OV Bank (C-41/04, EU:C:2005:649, Rn. 28).


24 – Vgl. als eines von vielen Urteil vom 17. Juni 2010, Kommission/Frankreich (C-492/08, EU:C:2010:348, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25 – Ebd.


26 – Vgl. Urteil vom 4. Juni 2015, Kommission/Polen (C-678/13, EU:C:2015:358, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27 – Nach dieser Vorschrift zählen „bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“, zu den von den Mitgliedstaaten von der Steuer zu befreienden Umsätzen.


28 – Zum Begriff „Sport“ im Sinne der Mehrwertsteuerbestimmungen, der ein autonomer Begriff des Unionsrecht ist, vgl. Urteil vom 21. Februar 2013, Město Žamberk (C-18/12, EU:C:2013:95, Rn. 17).


29 – Vgl. entsprechend Urteil vom 19. Dezember 2013, The Bridport and West Dorset Golf Club (C-495/12, EU:C:2013:861, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).


30 – Vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der European Sports Charter des Ministerkomitees des Europarats vom 24. September 1992 in der geänderten Fassung.


31 – Vgl. hierzu entsprechend Urteil vom 8. März 2012, Kommission/Frankreich (C-596/10, EU:C:2012:130, Rn. 54).


32 – Während der Ausdruck „use of sports facilities“ in der englischen Fassung der Richtlinie 2006/112 hier mehrdeutig sein könnte, sind andere Sprachfassungen dieser Richtlinie durchaus klar: beispielsweise im Dänischen („sportsfaciliteter“), Deutschen („Sportanlagen“), Spanischen („instalaciones deportivas“), Französischen („installations sportives“), Italienischen („impianti sportivi“), Niederländischen („sportaccomodaties“), Portugiesischen („instalações desportivas“), Rumänischen („instalațiilor sportive“) und Schwedischen („sportanläggningar“).


33 – Vgl. Swinkels, J.J.P., „Sports under EU VATT“, International VAT Monitor, 2. Juli 2010, Nr. 4, S. 280 und 281.


34 – Vgl. hierzu entsprechend Urteil vom 8. März 2012, Kommission/Frankreich (C-596/10, EU:C:2012:130, Rn. 55).


35 – Dieses Element ist aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers zu bewerten, der nach objektiven Faktoren zu bestimmen ist. Ob einzelne Verbraucher eine andere Sicht haben, ist hierbei nicht von Belang. Vgl. hierzu Urteil vom 21. Februar 2013, Město Žamberk (C-18/12, EU:C:2013:95, Rn. 33 und 35).