Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

Share

Highlight in text

Go

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 4. Juni 2020(1)

Rechtssache C-335/19

E. Sp. z o.o. Sp. k.

gegen

Minister Finansów

(Vorabentscheidungsersuchen des Naczelny Sąd Administracyjny [Oberstes Verwaltungsgericht, Polen])

„Vorabentscheidungsersuchen – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 90 und Art. 185 – Minderung der Steuerbemessungsgrundlage – Vollständige oder teilweise Nichtbezahlung des Preises – Notwendigkeit der fehlenden Insolvenz oder Liquidation des Leistungsempfängers – Korrespondierende Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs – Zeitpunkt der Berichtigung“






I.      Einführung

1.        Unter welchen Voraussetzungen kann ein Steuerpflichtiger seine Steuerschuld berichtigen, wenn ihn sein Vertragspartner nicht bezahlt hat? Das ist letztlich eine Frage, die den Gerichtshof immer wieder beschäftigt.(2) Sie wirft ein grundsätzliches Problem eines indirekten Steuersystems auf, insbesondere wenn zwei Unternehmen involviert sind. Mit der Berichtigung der Steuerschuld des Leistenden korrespondiert nämlich die Berichtigung eines bereits vorgenommenen Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers. Letzteres versagt aber regelmäßig, wenn sich der Leistungsempfänger in einem Insolvenzverfahren befindet oder gar schon liquidiert wurde. Der Staat geht dann leer aus.

2.        Der polnische Gesetzgeber schließt diese Gefährdung des Steueraufkommens aus, indem er eine Berichtigung der Steuerschuld des Leistenden nur zulässt, wenn sich der Leistungsempfänger im Moment der Berichtigung noch nicht in einem Insolvenzverfahren oder der Liquidation befindet. Damit trägt der Leistende das Risiko, eine Steuer zu schulden, die er gar nicht einsammeln konnte. Der Gerichtshof muss entscheiden, ob dies mit dessen Funktion als „Steuereinnehmer für Rechnung des Staates“(3) zu vereinbaren ist.

3.        Dem berechtigten Interesse Polens und der Union an der Vermeidung eines Ausfalls der Mehrwertsteuer kann aber auch anderweitig Rechnung getragen werden. Daher sollte der Gerichtshof dieses Vorabentscheidungsersuchen nutzen, um sich auch zum Zeitpunkt einer Korrektur des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger zu äußern, wenn dieser die Gegenleistung bislang noch nicht bezahlt hat und daher mit Mehrwertsteuer gar nicht belastet ist.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Den unionsrechtlichen Rahmen bestimmen die Art. 73, 90, 184, 185 und 273 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).(4)

5.        Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt die Bemessungsgrundlage:

„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“

6.        Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt die nachträgliche Änderung der Steuerbemessungsgrundlage und die Rechtsfolgen für den Leistenden:

„(1) Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

(2) Die Mitgliedstaaten können im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung von Absatz 1 abweichen.“

7.        Die Art. 184 und 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie betreffen die Berichtigung des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers bei nachträglichen Veränderungen. Art. 184 sieht vor:

„Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird berichtigt, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.“

8.        Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt:

„(1) Die Berichtigung erfolgt insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.

(2) Abweichend von Absatz 1 unterbleibt die Berichtigung bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wurde, in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung, Verlust oder Diebstahl sowie bei Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und Warenmuster im Sinne des Artikels 16.

Bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung erfolgt, und bei Diebstahl können die Mitgliedstaaten jedoch eine Berichtigung verlangen.“

9.        Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung etc. vor:

„Die Mitgliedstaaten können vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen.

Die Möglichkeit nach Absatz 1 darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Kapitel 3 genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen.“

B.      Polnisches Recht

10.      Diese unionsrechtlichen Vorgaben wurden im polnischen Recht durch das Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen (Ustawa o podatku od towarów i usług, Dz. U. 2011, Nr. 177, Pos. 1054 mit Änderungen, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) vom 11. März 2004 umgesetzt.

11.      Art. 89a des Mehrwertsteuergesetzes lautet:

„(1)      Der Steuerpflichtige kann die Bemessungsgrundlage und die geschuldete Steuer aus der Lieferung von Gegenständen und der Erbringung von Dienstleistungen im Inland in Bezug auf Forderungen, deren Uneinbringlichkeit glaubhaft gemacht wurde, berichtigen. Die Berichtigung betrifft auch die Bemessungsgrundlage und den Steuerbetrag, der auf den Teil des Forderungsbetrags entfällt, dessen Uneinbringlichkeit glaubhaft gemacht wurde.

(1a)      Die Uneinbringlichkeit einer Forderung gilt als glaubhaft gemacht, wenn die Forderung innerhalb von 150 Tagen nach Ablauf ihrer durch einen Vertrag oder eine Rechnung bestimmten Zahlungsfrist weder beglichen noch in irgendeiner Form veräußert wurde.

(2)      Abs. 1 findet Anwendung, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1)      Die Lieferung von Gegenständen bzw. die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt zugunsten eines Steuerpflichtigen im Sinne von Art. 15 Abs. 1, der als aktiver Mehrwertsteuerpflichtiger registriert ist und sich weder in einem Insolvenzverfahren noch in der Liquidation befindet;

3)      am Vortag der Abgabe der Steuererklärung, mit der die in Abs. 1 genannte Berichtigung vorgenommen wird,

a)      sind der Gläubiger und der Schuldner als aktive Mehrwertsteuerpflichtige registriert,

b)      befindet sich der Schuldner weder in einem Insolvenzverfahren noch der Liquidation;

5)      seit der Ausstellung der Rechnung, die die Forderung belegt, sind – ab dem Ende des Jahres der Rechnungsstellung gerechnet – weniger als zwei Jahre vergangen;

(3)      Die in Abs. 1 genannte Berichtigung kann mit der Steuererklärung für den Abrechnungszeitraum vorgenommen werden, für den die Uneinbringlichkeit einer Forderung als glaubhaft anerkannt wird, vorausgesetzt, dass sie bis zum Tag der Abgabe der Steuererklärung für diesen Zeitraum durch den Gläubiger weder beglichen noch in irgendeiner Form veräußert wurde.

(4)      Wurde die Forderung nach der Abgabe der Steuererklärung, mit der die in Abs. 1 genannte Berichtigung vorgenommen wurde, beglichen oder in irgendeiner Form veräußert, so ist der Gläubiger verpflichtet, die Bemessungsgrundlage und den Betrag der geschuldeten Steuer in der Abrechnung für den Zeitraum zu erhöhen, in dem die Forderung beglichen oder veräußert wurde. Wurde die Forderung teilweise beglichen, so sind die Bemessungsgrundlage und der Betrag der geschuldeten Steuer diesem Teil entsprechend zu erhöhen.

(5)      Der Gläubiger ist verpflichtet, gleichzeitig mit der Abgabe der Steuererklärung, mit der er die in Abs. 1 genannte Berichtigung vornimmt, den Leiter des für ihn zuständigen Finanzamts über die Berichtigung zu unterrichten sowie die berichtigten Beträge und den Schuldner zu benennen.

(7)      Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ein Verhältnis der in Art. 32 Abs. 2 bis 4 genannten Art besteht.

(8)      Der für die öffentlichen Finanzen zuständige Minister bestimmt durch Rechtsverordnung das Muster der in Abs. 5 genannten Mitteilung …“.

12.      Art. 89b des Mehrwertsteuergesetzes sieht vor:

„(1)      Wird eine Forderung, die sich aus einer Rechnung ergibt, mit der die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen im Inland belegt wird, innerhalb von 150 Tagen nach Ablauf der durch den Vertrag oder die Rechnung bestimmten Zahlungsfrist nicht beglichen, so ist der Schuldner verpflichtet, die abgezogene Vorsteuer, die sich aus dieser Rechnung ergibt, in der Abrechnung für den Zeitraum zu berichtigen, in dem der 150. Tag nach dem Ablauf der durch den Vertrag oder die Rechnung bestimmten Zahlungsfrist verstrichen ist.

(1a)      Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn der Schuldner die Forderung spätestens am letzten Tag des Abrechnungszeitraums beglichen hat, in dem der 150. Tag nach dem Ablauf der Zahlungsfrist dieser Forderung verstrichen ist.

(2)      Wird die Forderung innerhalb von 150 Tagen nach dem Ablauf ihrer durch den Vertrag oder die Rechnung bestimmten Zahlungsfrist teilweise beglichen, so bezieht sich die Berichtigung auf die Vorsteuer, die auf den nicht beglichenen Teil der Forderung entfällt. Abs. 1a findet entsprechende Anwendung.

(4)      Wird die Forderung nach Vornahme der in Abs. 1 genannten Berichtigung beglichen, so ist der Steuerpflichtige berechtigt, den Vorsteuerbetrag in der Abrechnung für den Zeitraum, in dem die Forderung beglichen wurde, um den in Abs. 1 genannten Steuerbetrag zu erhöhen. Wurde die Forderung teilweise beglichen, so kann die Vorsteuer in Bezug auf diesen Teil entsprechend erhöht werden.

(6)      Wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige die Verpflichtung aus Abs. 1 verletzt hat, setzt der Finanzamtsleiter oder die Steuerprüfbehörde eine zusätzliche Steuerschuld in Höhe von 30 % des Steuerbetrags fest, der sich aus den nicht beglichenen Rechnungen ergibt und nicht gemäß Abs. 1 berichtigt wurde. Gegen natürliche Personen, die sich mit derselben Handlung wegen einer Steuerordnungswidrigkeit oder -straftat strafbar gemacht haben, wird keine zusätzliche Steuerschuld festgesetzt.“

III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsverfahren

13.      Der dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende Rechtsstreit basiert auf einem Antrag der E. sp. z o.o. (der Klägerin im Ausgangsverfahren, im Folgenden: Klägerin) auf Erteilung einer Individualauslegung an den Minister Finansów (Finanzminister, Polen).

14.      Die Klägerin ist als aktive Mehrwertsteuerpflichtige registriert. Sie erbringt entgeltliche Steuerberatungsdienstleistungen, u. a. an fremde Wirtschaftsteilnehmer. Die Klägerin stellte einem davon eine Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer für die erbrachten und im Inland steuerbaren Steuerberatungsdienstleistungen aus. Ihr Klient war zum Zeitpunkt der Erbringung der Dienstleistung als aktiver Mehrwertsteuerpflichtiger registriert und befand sich weder in einem Insolvenzverfahren noch in der Liquidation. Bis zur Einreichung des Antrags auf Erteilung einer Individualauslegung erhielt die Klägerin nicht die in Rechnung gestellte Gegenleistung. Seit der Rechnungsstellung sind noch nicht mehr als zwei Jahre vergangen. Die gewährte Zahlungsfrist wurde jedoch um mehr als 150 Tage überschritten.

15.      Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung einer Individualauslegung war der Schuldner der Forderung noch als aktiver Mehrwertsteuerpflichtiger registriert, befand sich jedoch mittlerweile in der Liquidation. In dem Antrag auf Erteilung einer Individualauslegung wollte die Klägerin wissen, ob bei diesem Sachverhalt die Steuerbemessungsgrundlage und damit die wegen der Erbringung von Dienstleistungen im Inland geschuldete Steuer berichtigt werden kann.

16.      Mit Entscheidung vom 12. Januar 2015 stellte der Finanzminister fest, dass dies nicht möglich ist. Er begründete dies damit, dass nach Art. 89a Abs. 2 Nr. 3 des Mehrwertsteuergesetzes der Umstand, dass der Schuldner der Forderung sich in Liquidation befindet, einer Berichtigung der Steuerbemessungsgrundlage und damit der geschuldeten Steuer entgegenstehe. Da die Regelung in Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie für die Mitgliedstaaten fakultativ sei, verstoße Art. 89a des Mehrwertsteuergesetzes nicht gegen Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie.

17.      Die Klägerin legte dagegen beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Szczecinie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Stettin, Polen) Klage ein. Gegen das abweisende Urteil hat die Klägerin Kassationsbeschwerde erhoben. Der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV folgende zwei Fragen vorgelegt:

1.      Erlauben es die Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 – insbesondere Art. 90 Abs. 2 dieser Richtlinie – unter Berücksichtigung der Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der Verhältnismäßigkeit, dass die Möglichkeit, die Steuerbemessungsgrundlage im Fall einer teilweisen oder vollständigen Nichtzahlung zu mindern, im nationalen Recht eingeschränkt wird, weil der Schuldner und der Gläubiger einen bestimmten steuerlichen Status haben?

2.      Steht das Unionsrecht insbesondere nicht der Einführung einer Regelung ins nationale Recht entgegen, die die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines „Nachlasses wegen Forderungsausfalls“ unter der Bedingung zulässt, dass zum Zeitpunkt der Erbringung der Dienstleistung bzw. Lieferung der Gegenstände und am Vortag der Abgabe der Berichtigung der Steuererklärung zum Zweck der Inanspruchnahme dieses Nachlasses

–      der Schuldner sich weder in einem Insolvenzverfahren noch in der Liquidation befindet,

–      der Gläubiger und der Schuldner als aktive Mehrwertsteuerpflichtige registriert sind?

18.      Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerin, Polen und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen.

IV.    Rechtliche Würdigung

A.      Zu den Vorlagefragen

19.      Mit den beiden Fragen, die in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission gemeinsam beantwortet werden können, möchte das vorlegende Gericht wissen, wie Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie auszulegen ist. Konkret möchte es erfahren, ob diese Bestimmung einer Vorschrift wie der des Art. 89a des Mehrwertsteuergesetzes entgegensteht. Nach Letzterer ist eine Korrektur der Bemessungsgrundlage trotz Nichtzahlung der vereinbarten Gegenleistung bei Insolvenz bzw. fehlender Registrierung des Leistungsempfängers ausgeschlossen.

20.      Soweit sich die Fragen des Gerichts allerdings darauf beziehen, dass der Schuldner der Forderung (d. h. der Leistungsempfänger) im Moment der Berichtigung nicht mehr als aktiver Steuerpflichtiger registriert ist, sind die Fragen hypothetisch und daher unzulässig.(5) Ausweislich des dem Gerichtshof mitgeteilten Sachverhalts war der Schuldner der Klägerin sowohl bei der Erbringung der Leistung als auch im Moment der Antragstellung ein als aktiv registrierter Steuerpflichtiger. Nur soweit sich die Fragen darauf beziehen, dass sich der Leistungsempfänger bereits in einem Insolvenz- oder Liquidationsverfahren befindet, sind die Fragen zulässig.

21.      Die Beantwortung dieser Fragen hängt entscheidend vom Zweck des Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie ab (dazu unter B). Dieser begrenzt die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, eine Korrektur der Bemessungsgrundlage einzuschränken. Auch wenn der Gerichtshof in einer Entscheidung einmal geäußert hat, dass Art. 90 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten im Fall der Nichtbezahlung des Kaufpreises erlaube, zu entscheiden, „ob eine solche Minderung in diesem Fall nicht zulässig ist“,(6) ist diese Entscheidung durch spätere Entscheidungen(7) fortentwickelt worden (dazu unter C). Insofern müssen die Mitgliedstaaten Einschränkungen der Berichtigung der Bemessungsgrundlage durch den leistenden Steuerpflichtigen immer rechtfertigen (dazu unter D).

22.      Im Kern geht es dem vorlegenden Gericht bei genauer Betrachtung jedoch um die Frage, ob und wie der nationale Gesetzgeber eine systembedingt auftretende Gefährdung des Mehrwertsteueraufkommens bei einer Nichtzahlung und späteren Insolvenz des Leistungsempfängers unionsrechtskonform verhindern kann. Dazu wird ergänzend auf Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie eingegangen (dazu unter E).

B.      Der Zweck der Korrektur der Bemessungsgrundlage

23.      Im Ausgangspunkt dürfte Einigkeit bestehen: Die Mehrwertsteuer wird zwar von dem leistenden Unternehmen geschuldet. Es besteht jedoch eine gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Mehrwertsteuer eine indirekte Verbrauchsteuer ist, die vom Endverbraucher zu tragen ist.(8) Das steuerpflichtige Unternehmen agiert insoweit nur als „als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates und im Interesse der Staatskasse“.(9) Die Steuerschuld des leistenden Unternehmens hat damit eine rein technische Funktion, die allein aus der indirekten Erhebungsform der Mehrwertsteuer resultiert.

24.      In materieller Hinsicht soll die Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer nicht das leistende Unternehmen, sondern die Leistungsfähigkeit des Verbrauchers besteuern, die sich in seiner Aufwendung von Vermögen zur Verschaffung eines verbrauchbaren Nutzens zeigt.(10) Dies wird besonders deutlich in der Regelung des Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Danach umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer (d. h. der Leistende) „erhält oder erhalten soll“.

25.      Konsequenterweise hat der Gerichtshof(11) mehrfach ausdrücklich entschieden, dass „der Betrag, der als Besteuerungsgrundlage für die von den Steuerbehörden zu erhebende Mehrwertsteuer dient, nicht höher sein [kann] als die Gegenleistung, die der Endverbraucher tatsächlich erbracht hat und auf deren Grundlage die von ihm letztlich getragene Mehrwertsteuer berechnet worden ist“.

26.      Wenn das leistende Unternehmen nicht vom Leistungsempfänger bezahlt wird, schuldet es daher materiell auch keine Mehrwertsteuer. Der Belastungsgrund der Mehrwertsteuer ist nicht einschlägig, denn der Unternehmer hat im Ergebnis keine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt im Sinne des Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie erbracht.

27.      Insofern sind die Befürchtungen des vorlegenden Gerichtes unbegründet, dass es im Fall einer Berichtigung der Bemessungsgrundlage bei Nichtzahlung des Preises zu einem unversteuerten Letztverbrauch kommen würde. Ohne Entgelt gibt es – jenseits der Fiktionen in den Art. 16 und 26 der Mehrwertsteuerrichtlinie – auch keinen zu besteuernden „Endverbrauch“, weil der Empfänger kein Vermögen dafür aufgewendet hat.

28.      Von diesem materiellen Belastungsgrund ist die Besteuerungstechnik zu unterscheiden. Nach Art. 63 der Mehrwertsteuerrichtlinie tritt der Steueranspruch bereits zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. Nicht entscheidend ist, dass der Empfänger auch die Gegenleistung gezahlt hat (sogenanntes Sollprinzip). Diese Technik der Steuerentstehung basiert erkennbar auf der Vermutung, dass üblicherweise die vereinbarte Gegenleistung im Anschluss an eine Lieferung oder sonstige Leistung auch zeitnah bezahlt wird.

29.      Wenn aber materiell-rechtlich nur der tatsächliche Aufwand des Empfängers für Waren oder Diensleistungen besteuert wird, die Besteuerungstechnik aber auf den vereinbarten Aufwand abstellt, müssen beide Systeme zu irgendeinem Zeitpunkt in Einklang gebracht werden. Dies stellt Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sicher, indem die zunächst entstandene Steuerschuld des leistenden Unternehmens entsprechend zu korrigieren ist.

30.      Folgerichtig entspricht es einer ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie Ausdruck eines fundamentalen Grundsatzes der Mehrwertsteuerrichtlinie ist, nach dem die Bemessungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist. Aus diesem Grundsatz folgt, dass die Steuerverwaltung als Mehrwertsteuer keinen höheren als den dem Steuerpflichtigen gezahlten Betrag erheben darf.(12)

31.      Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie stellt mithin das notwendige Gegenstück zu der in Art. 63 der Mehrwertsteuerrichtlinie verankerten Besteuerungstechnik (dem sogenannten Sollprinzip) dar.(13) Es verpflichtet den Mitgliedstaat zu einer entsprechenden Minderung der Steuerbemessungsgrundlage.(14)

C.      Keine Befugnis der Mitgliedstaaten, eine Minderung der Bemessungsgrundlage im Fall der Nichtzahlung auszuschließen

32.      Konsequenterweise hat der Gerichtshof bereits in seinem Urteil Goldsmiths entschieden, dass eine Abweichung von diesem fundamentalen Grundsatz aus Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie gerechtfertigt werden muss, damit die von den Mitgliedstaaten auf Basis von Art. 90 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie erlassenen Maßnahmen das Ziel der Steuerharmonisierung nicht zunichtemachen.(15)

33.      Allerdings hat der Gerichtshof in dem Urteil Almos Agrárkülkereskedelmi – auf das das vorlegende Gericht und vor allem Polen abstellen – ausgeführt, dass sich die Steuerpflichtigen im Fall der Nichtbezahlung des Preises nicht auf ein Recht zur Minderung ihrer Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer gemäß Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie berufen können, wenn der betreffende Mitgliedstaat von der Ausnahme nach Art. 90 Abs. 2 dieser Richtlinie Gebrauch machen wollte.(16) In diesem Urteil hat die Siebte Kammer des Weiteren ausgeführt, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten „die Entscheidung überlassen [wollte], zu bestimmen, ob der Fall der Nichtbezahlung des Kaufpreises … ein Recht auf entsprechende Minderung der Steuerbemessungsgrundlage unter den von ihm festgelegten Bedingungen eröffnet oder ob eine solche Minderung in diesem Fall nicht zulässig ist“.(17)

34.      Wie jedoch der Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung Di Maura(18) und in späteren Entscheidungen(19) ausgeführt hat, darf dieses Urteil nicht so verstanden werden, dass die Mitgliedstaaten jede Verminderung der Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer ausschließen könnten.

35.      Art. 90 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ermöglicht es den Mitgliedstaaten zwar, im Fall der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung des Preises von Art. 90 Abs. 1 abzuweichen. Aus den Gesetzgebungsmaterialen zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift ergibt sich aber zum einen, dass diese Befugnis nur vorgesehen wurde, um Missbräuche zu verhindern.(20) Zum anderen beruht – wie der Gerichtshof bereits entschieden hat(21) – diese Abweichungsbefugnis im Fall der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung allein auf der Erwägung, dass es unter bestimmten Umständen und aufgrund der Rechtslage in dem betreffenden Mitgliedstaat schwierig sein kann, nachzuprüfen, ob die Gegenleistung endgültig oder nur vorläufig nicht erbracht wurde.

36.      Daraus folgt, dass die Ausübung einer solchen Abweichungsbefugnis gerechtfertigt werden muss, damit die von den Mitgliedstaaten zu ihrer Durchführung erlassenen Maßnahmen das mit der Mehrwertsteuerrichtlinie verfolgte Ziel der Steuerharmonisierung nicht zunichtemachen.(22) Daraus folgt auch, dass die Abweichungsbefugnis es den Mitgliedstaaten nicht erlaubt, die Verminderung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage im Fall der Nichtbezahlung einfach ohne Weiteres auszuschließen.(23)

37.      Würde zugelassen, dass die Mitgliedstaaten jede Verminderung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage ausschließen könnten, liefe dies auch dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zuwider. Aus diesem ergibt sich insbesondere, dass der Unternehmer in seiner Eigenschaft als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden muss.(24) Hinzu treten noch, wie ich bereits in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Di Maura ausgeführt habe,(25) die Grundrechte des leistenden Steuerpflichtigen. In diese darf immer nur in einer verhältnismäßigen Art und Weise eingegriffen werden (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 der Charta).(26)

38.      Der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann dabei eine gewisse Differenzierung entnommen werden, ob und wie Einschränkungen der Berichtigung der Bemessungsgrundlage im Sinne des Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie gerechtfertigt werden können. Der Gerichtshof trennt nämlich zwischen materiellen Aspekten (für Abweichungen(27) im Sinne von Art. 90 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie) und formellen Aspekten (für Bedingungen(28) im Sinne von Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie). Dabei müssen jedoch sowohl Abweichungen als auch Bedingungen, die die Mitgliedstaaten vorsehen, verhältnismäßig sein.(29)

39.      Eine materielle Abweichung im Fall der Nichtzahlung des Preises muss sich dabei zwingend auf die Unsicherheit beziehen, „ob die Gegenleistung endgültig oder nur vorläufig nicht erbracht wurde“.(30)

40.      In formeller Hinsicht können hingegen allgemeinere Bedingungen aufgestellt werden, die die genaue Erhebung der Steuer sicherstellen und Steuerhinterziehungen verhindern. Insoweit hat der Gerichtshof z. B. schon entschieden, dass eine Bestätigung des Erhalts einer berichtigenden Rechnung(31) durch den Leistungsempfänger oder die Mitteilung über die geplante Berichtigung der Bemessungsgrundlage(32) an den Leistungsempfänger grundsätzlich mögliche Bedingungen für eine Minderung der eigenen Steuerschuld sein können.

D.      Zur Rechtfertigung der Einschränkung der Berichtigung der Bemessungsgrundlage

41.      Im vorliegenden Fall hat der polnische Gesetzgeber die Berichtigung der Bemessungsgrundlage (und damit auch der Steuerschuld) des leistenden Unternehmens davon abhängig gemacht, dass der Leistungsempfänger sowohl im Moment der Leistungserbringung als auch am Vortag der Abgabe der berichtigten Steuererklärung noch ein registrierter Steuerpflichtiger ist, der sich weder in einem Insolvenzverfahren noch in der Liquidation befindet.

42.      Dies stellt offensichtlich nicht bloß eine formelle, allgemeine Bedingung für die Berichtigung der Bemessungsgrundlage durch den leistenden Steuerpflichtigen dar. Zum einen hat er auf dieses Merkmal überhaupt keinen Einfluss, weswegen es schon nicht als bloße Formalie betrachtet werden kann. Zum anderen schließt dieses Erfordernis per se eine Korrektur der Bemessungsgrundlage aus, wenn Lieferungen oder Dienstleistungen an ein Unternehmen erbracht werden, welches zwar noch existent ist, sich aber in einem Insolvenz- oder Liquidationsverfahren befindet.

43.      Die Mehrwertsteuerrichtlinie geht aber von der Steuerpflicht solcher Lieferungen und Dienstleistungen aus. Entsprechend geht Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie als fundamentaler Grundsatz (dazu oben, Nr. 30) von einer Möglichkeit der Berichtigung der Bemessungsgrundlage solcher Lieferungen und Dienstleistungen aus, wenn die Gegenleistung ganz oder teilweise nicht bezahlt wird. Der Ausschluss dieser Möglichkeit für solche Lieferungen und Dienstleistungen ist damit – anders als Polen meint – keine bloß formelle Bedingung, sondern eine materielle Abweichung.

44.      Um zulässig zu sein, müsste sich diese materielle Abweichung im Fall der Nichtzahlung des Preises daher auf die Unsicherheit beziehen, „ob die Gegenleistung endgültig oder nur vorläufig nicht erbracht wurde“.(33) Dies ist jedoch nicht der Fall.

45.      Ähnlich wie der Gerichtshof bereits in der Rechtssache A-PACK CZ s. r. o. ausgeführt hat(34) und wie auch die Kommission zutreffend betont, ist die Tatsache, dass sich der Leistungsempfänger in einem Insolvenzverfahren befindet, vielmehr ein Umstand, der die Endgültigkeit der Nichtbezahlung bestätigen kann. Gleiches gilt für die Tatsache, dass sich der Leistungsempfänger in Liquidation befindet. Eine Beschränkung der Berichtigung der Bemessungsgrundlage in Fällen, in denen nahezu sicher ist, dass die vereinbarte Gegenleistung auch endgültig ausbleibt, ist mithin weder möglich noch verhältnismäßig.

46.      Dies gilt umso mehr, als nach polnischem Recht Grundvoraussetzung für eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage eine Frist von 150 Tagen ist, in denen trotz Fälligkeit nicht gezahlt wurde. Ob eine Vorfinanzierung der Mehrwertsteuer über fünf Monate in jedem Fall als verhältnismäßig angesehen werden kann, kann hier dahinstehen. Denn in einem Fall, in dem die Gegenleistung 150 Tage lang nicht gezahlt wurde und sich der Leistungsempfänger bereits in Liquidation befindet, besteht keine Unsicherheit mehr darüber, dass die Nichtzahlung endgültig ist.

47.      Auch Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie erlassen dürfen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, dürfen ebenfalls nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgehen und die Neutralität der Mehrwertsteuer nicht in Frage stellen.(35) Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, geht eine verschuldensunabhängige Haftung des Steuerpflichtigen ab einem bestimmten Stichtag (hier die Eröffnung des Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens) über das hinaus, was erforderlich ist, um die Ansprüche des Fiskus zu schützen.(36) Eine verschuldensunabhängige Haftung läge aber vor, wenn der leistende Steuerpflichtige seine Steuerschuld trotz Nichtzahlung des Preises nicht berichtigen könnte.

48.      Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wie die Einschränkung der Berichtigung der Steuerschuld ab Eintritt eines bestimmten Ereignisses, auf das das leistende Unternehmen keinen Einfluss hat, geeignet sein sollte, einen Mehrwertsteuermissbrauch zu bekämpfen.

49.      Im Ergebnis erlaubt Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie daher den Mitgliedstaaten nicht, die Berichtigung der Steuerschuld des leistenden Steuerpflichtigen auszuschließen, weil sich der Leistungsempfänger im Moment der Leistungsausführung oder im Moment der Berichtigung bereits in einem Insolvenzverfahren oder der Liquidation befindet.

E.      Zur Vermeidung einer Gefährdung des Steueraufkommens

50.      Im Kern geht es dem polnischen Gesetzgeber – worauf das vorlegende Gericht hinweist – primär um die Vermeidung einer Gefährdung des Steueraufkommens aufgrund der geringen Zahlungsfähigkeit des Leistungsempfängers. Polen argumentiert daher im vorliegenden Verfahren im Wesentlichen mit dem Funktionieren des Mehrwertsteuersystems und dem Schutz der Finanzinteressen von Polen und auch der Union.

51.      Es geht um eine in vielen Staaten gängige Problematik. Wer trägt das Insolvenzrisiko des Leistungsempfängers bezüglich der Mehrwertsteuer – der Staat oder der Leistende? Ist der Leistungsempfänger nämlich seinerseits Steuerpflichtiger, dann führt die Änderung der Bemessungsgrundlage beim Leistenden eigentlich nach Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu einer Vorsteuerkorrektur beim Leistungsempfänger. Dieser hat den zu Unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzug – der der berichtigten Steuerschuld des Leistenden entspricht – ebenfalls zu berichtigen. Dem Staat steht dann ein Steueranspruch gegenüber dem Leistungsempfänger zu.

52.      Dieser Mechanismus versagt aber, wenn sich der Leistungsempfänger in einem Insolvenzverfahren oder der Liquidation befindet. In der Regel stehen dann nicht mehr ausreichende Geldmittel zur Verfügung, um den bereits geltend gemachten Vorsteuerabzugsbetrag an den Staat zurückzuzahlen. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts greift die Berichtigung der Steuerschuld durch den Leistenden sogar „unzulässig in das Insolvenzverfahren ein“. Dadurch werde auf Kosten des Fiskus ein Gläubiger des Schuldners befriedigt und durch den Staat ersetzt. Dies umschreibt das Risiko des Steuerausfalls für den Mitgliedstaat, auch wenn die Argumentation weitgehend ins Leere geht. Auch der Leistende wird nicht befriedigt. Seine Forderung fällt ebenso aus wie die der anderen Gläubiger. Lediglich der Staat tritt als Gläubiger hinsichtlich des Vorsteuerkorrekturanspruchs hinzu, der jedoch zumeist wertlos ist.

53.      Letztendlich resultiert dieses Steuerausfallrisiko, d. h. die Gefährdung der finanziellen Interessen der Union und Polens, jedoch allein aus einer sehr wörtlichen Auslegung des Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie. Dieser koppelt das Recht auf Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers dem Wortlaut nach allein an die Entstehung der Steuerschuld beim Leistenden. Daher wird dem Leistungsempfänger bereits ein Recht zum Vorsteuerabzug vor der Bezahlung zugestanden (sogenannter Sofortabzug).(37)

54.      An diesem Sofortabzug ist anzusetzen, um das Ausfallrisiko des Staates in Grenzen zu halten und somit dem Interesse der Mitgliedstaaten und der Union an einer effektiven Erhebung der Mehrwertsteuer Rechnung zu tragen. Den Mitgliedstaaten steht es nämlich frei, den Vorsteuerabzug bei Nichtbezahlung der Gegenleistung zeitnah zu berichtigen, statt auf den Leistungsempfänger als „Insolvenzausfallbürgen“ zurückzugreifen.

55.      Die Regelung des Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie geht nämlich von dem Gedanken aus, dass der Leistungsempfänger einer Lieferung oder Dienstleistung diese zeitnah bezahlen wird, so dass er auch zeitnah mit der Vorsteuer belastet sein wird. Es wird mithin eine zeitnahe Belastung mit Mehrwertsteuer vermutet. Ob hingegen eine Entlastung mittels des Vorsteuerabzugs über Jahre auch ohne eine Belastung mit Mehrwertsteuer erfolgen soll, dazu enthält der Wortlaut keine Aussage.

56.      Letzteres würde auch dem Zweck des Vorsteuerabzugs widersprechen. Der Vorsteuerabzug ermöglicht es nämlich nur, die Beträge abzuziehen, die der Steuerpflichtige jeweils an die eigenen Lieferer als Mehrwertsteuer auf den entsprechenden Umsatz gezahlt hat.(38) Vor einer solchen Bezahlung liegt noch keine Belastung vor,(39) und die „Vergütung“ einer Vorsteuer, die noch nicht gezahlt wurde, ist nur eine Art Subvention.(40)

57.      Darüber hinaus würde ein solches Recht auf Vorsteuerabzug über mehrere Jahre bis zur Korrektur der Steuerschuld durch das leistende Unternehmen zum Missbrauch durch den Leistungsempfänger geradezu einladen. Dies würde dem Gedanken des Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie widersprechen, der den Mitgliedstaaten erlaubt, Pflichten vorzusehen, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen. Ein solches unbefristetes Recht auf Vorsteuerabzug ohne Belastung mit Mehrwertsteuer widerspricht insbesondere der Wertung des Art. 325 AEUV, wonach die Mitgliedstaaten die finanziellen Interessen der Union zu schützen haben.

58.      Insbesondere sieht Art. 185 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs u. a. vor, wenn sich die Faktoren für den Vorsteuerabzug nach Abgabe der Steuererklärung geändert haben. Im Fall der Nichtzahlung können die Mitgliedstaaten sogar eine Berichtigung verlangen (Abs. 2). Diese Möglichkeit ist losgelöst von der Tatsache, ob der Leistende bereits seine Steuerschuld berichtigt hat. Also können die Mitgliedstaaten nach Art. 185 Abs. 2 Satz 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorsehen, dass der Leistungsempfänger, der die Gegenleistung nicht bezahlt hat und daher nicht mit Mehrwertsteuer belastet ist, verpflichtet ist, nach Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie seinen Vorsteuerabzug zum nächst möglichen Zeitpunkt zu berichtigen.

59.      Der Ablauf eines Besteuerungszeitraums ist dabei ein angemessener Zeitraum, um die dem Sofortabzug der Vorsteuer zugrunde liegende Vermutung, dass der Leistungsempfänger demnächst zahlen wird, zu überprüfen. Im Zeitpunkt der nächsten Steuererklärung für den nächsten Besteuerungszeitraum (in der Regel einen Monat später) steht fest, ob der vorgenommene Vorsteuerabzug (mangels Belastung) bislang materiell zu Unrecht erfolgt ist. Dies reduziert das systembedingte Steuerausfallrisiko auf diesen einen Besteuerungszeitraum.

60.      Insofern muss der Steuergläubiger (hier Polen) nicht warten, bis sich der Leistungsempfänger in einem Insolvenzverfahren oder in der Liquidation befindet, sondern kann der Gefährdung des Steueraufkommens bereits früher zuvorkommen.

61.      Sollte der Leistungsempfänger später die Gegenleistung doch noch an den leistenden Steuerpflichtigen bezahlen, liegt eine erneute Änderung der Faktoren vor, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden. Damit findet eine erneute Berichtigung nach Art. 185 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie statt. Somit ist sichergestellt, dass der Leistungsempfänger von jeglicher Belastung mit Mehrwertsteuer befreit wird, sobald diese für ihn zu einem Kostenfaktor wird. Letzteres entspricht exakt dem Neutralitätsprinzip der Mehrwertsteuer in seiner Entwicklung und Auslegung durch den Gerichtshof.(41)

62.      Die Lösung der vom vorlegenden Gericht dargestellten Problematik bei der Nichtzahlung der Gegenleistung zwischen zwei Steuerpflichtigen ist mithin nicht in einer Einschränkung der Berichtigung der Steuerschuld beim leistenden Steuerpflichtigen, sondern in einer schnelleren Korrektur eines Vorsteuerabzugs ohne Vorsteuerbelastung beim Leistungsempfänger zu suchen.

V.      Ergebnis

63.      Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt auf die Vorlagefragen des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) zu antworten:

Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem erlaubt es den Mitgliedstaaten nicht, die Berichtigung der Steuerschuld des leistenden Steuerpflichtigen auszuschließen, weil sich der Leistungsempfänger im Moment der Leistungsausführung oder im Moment der Berichtigung bereits in einem Insolvenzverfahren oder der Liquidation befindet. Art. 185 Abs. 2 dieser Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten aber, im Fall einer nicht vollständigen Zahlung eine Korrektur des Vorsteuerabzugs bereits im nächsten Besteuerungszeitraum zu verlangen.


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Vgl. dazu bereits Urteile vom 3. Juli 2019, UniCredit Leasing (C-242/18, EU:C:2019:558), vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377), vom 6. Dezember 2018, Tratave (C-672/17, EU:C:2018:989), vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887), vom 2. Juli 2015, NLB Leasing (C-209/14, EU:C:2015:440), vom 3. September 2014, GMAC UK (C-589/12, EU:C:2014:2131), vom 15. Mai 2014, Almos Agrárkülkereskedelmi (C-337/13, EU:C:2014:328), vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C-588/10, EU:C:2012:40), und vom 3. Juli 1997, Goldsmiths (C-330/95, EU:C:1997:339).


3      Vgl. dazu nur Urteile vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 23), vom 21. Februar 2008, Netto Supermarkt (C-271/06, EU:C:2008:105, Rn. 21), und vom 20. Oktober 1993, Balocchi (C-10/92, EU:C:1993:846, Rn. 25).


4      ABl. 2006, L 347, S. 1.


5      Siehe zu dieser Rechtsfolge statt vieler: Urteil vom 14. Februar 2019, Vetsch Int. Transporte (C-531/17, EU:C:2019:114, Rn. 45).


6      Urteil vom 15. Mai 2014, Almos Agrárkülkereskedelmi (C-337/13, EU:C:2014:328, Rn. 25).


7      Insbesondere durch Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 20 ff.), vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 35 ff.), und vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 20 ff.).


8      Urteile vom 7. November 2013, Tulică und Plavoşin (C-249/12 und C-250/12, EU:C:2013:722, Rn. 34), und vom 24. Oktober 1996, Elida Gibbs (C-317/94, EU:C:1996:400, Rn. 19), sowie Beschluss vom 9. Dezember 2011, Connoisseur Belgium (C-69/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:825, Rn. 21).


9      Urteile vom 21. Februar 2008, Netto Supermarkt (C-271/06, EU:C:2008:105, Rn. 21), und vom 20. Oktober 1993, Balocchi (C-10/92, EU:C:1993:846, Rn. 25).


10      Vgl. exemplarisch: Urteile vom 3. März 2020, Vodafone Magyarország (C-75/18, EU:C:2020:139, Rn. 62), vom 11. Oktober 2007, KÖGÁZ u. a. (C-283/06 und C-312/06, EU:C:2007:598, Rn. 37 – „Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält“), und vom 18. Dezember 1997, Landboden-Agrardienste (C-384/95, EU:C:1997:627, Rn. 20 und 23).


11      Urteil vom 24. Oktober 1996, Elida Gibbs (C-317/94, EU:C:1996:400, Rn. 19), so ähnlich auch Urteile vom 16. Januar 2003, Yorkshire Co-operatives (C-398/99, EU:C:2003:20, Rn. 19), und vom 15. Oktober 2002, Kommission/Deutschland (C-427/98, EU:C:2002:581, Rn. 30), ebenso Schlussanträge des Generalanwalts Léger in der Rechtssache MyTravel (C-291/03, EU:C:2005:283, Nr. 69).


12      Urteile vom 3. Juli 2019, UniCredit Leasing (C-242/18, EU:C:2019:558, Rn. 37), vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 17), vom 6. Dezember 2018, Tratave (C-672/17, EU:C:2018:989, Rn. 29), vom 20. Dezember 2017, Boehringer Ingelheim Pharma (C-462/16, EU:C:2017:1006, Rn. 32), vom 2. Juli 2015, NLB Leasing (C-209/14, EU:C:2015:440, Rn. 35), vom 3. September 2014, GMAC UK (C-589/12, EU:C:2014:2131, Rn. 37), vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C-588/10, EU:C:2012:40, Rn. 27), und vom 3. Juli 1997, Goldsmiths (C-330/95, EU:C:1997:339 Rn. 15).


13      Die gleiche Funktion enthalten die Art. 184 und 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie, die das Gegenstück zu dem Vorsteuerabzug nach dem sogenannten Sollprinzip gemäß den Art. 168 und 178 der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellen und einen zunächst zu hohen Vorsteuerabzug korrigieren. Insbesondere Art. 185 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie erlaubt es, sicherzustellen, dass der Vorsteuerabzug im Ergebnis an die tatsächliche Belastung mit Mehrwertsteuer angepasst wird. Der Leistungsempfänger, der mangels Zahlung der Gegenleistung nicht mit Mehrwertsteuer belastet ist, muss auch nicht über einen Vorsteuerabzug von einer (fiktiven) Belastung entlastet werden.


14      So ausdrücklich auch Urteile vom 3. September 2014, GMAC UK (C-589/12, EU:C:2014:2131, Rn. 31), und vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C-588/10, EU:C:2012:40, Rn. 26).


15      Urteil vom 3. Juli 1997, Goldsmiths (C-330/95, EU:C:1997:339, Rn. 18).


16      Urteil vom 15. Mai 2014, Almos Agrárkülkereskedelmi (C-337/13, EU:C:2014:328, Rn. 23).


17      Urteil vom 15. Mai 2014, Almos Agrárkülkereskedelmi (C-337/13, EU:C:2014:328, Rn. 25).


18      Urteil vom 23. November 2017 (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 20 ff., insbesondere Rn. 23).


19      Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 20 ff.), und vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 35 ff.).


20      Vgl. die Begründung zu Art. 12 (Besteuerungsgrundlage) auf S. 15 in dem Vorschlag der Kommission vom 20. Juni 1973, KOM(73) 950 endg.


21      Urteile vom 3. Juli 2019, UniCredit Leasing (C-242/18, EU:C:2019:558, Rn. 54 ff.), vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 19), vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 37), vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 17), und vom 3. Juli 1997, Goldsmiths (C-330/95, EU:C:1997:339, Rn. 18).


22      Vgl. Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 20), vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 38), vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 18), und vom 3. Juli 1997, Goldsmiths (C-330/95, EU:C:1997:339, Rn. 18).


23      Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 20), und vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 20 und 21).


24      Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 20), und vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 23).


25      Meine Schlussanträge in der Rechtssache Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:440, Nrn. 45 ff.).


26      Die Vorfinanzierung der Mehrwertsteuer betrifft die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Grundrecht auf Eigentum (Art. 15, 16 und 17 der Charta). Außerdem steht eine Ungleichbehandlung nach Art. 20 der Charta gegenüber Unternehmen im Raum, gegenüber denen der Steueranspruch gemäß Art. 66 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie erst mit Vereinnahmung der Gegenleistung entsteht (sogenannte Ist-Besteuerung).


27      Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 21), vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 37 ff.), und vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 22).


28      Urteile vom 3. Juli 2019, UniCredit Leasing (C-242/18, EU:C:2019:558, Rn. 38 und 39), vom 6. Dezember 2018, Tratave (C-672/17, EU:C:2018:989, Rn. 32 ff.), und vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C-588/10, EU:C:2012:40, Rn. 23 ff.).


29      Vgl. Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 26), vom 6. Dezember 2018, Tratave (C-672/17, EU:C:2018:989, Rn. 33), vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 25), und vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C-588/10, EU:C:2012:40, Rn. 28).


30      So ausdrücklich Urteil vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 23), ähnlich Urteile vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 40), und vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 22).


31      Urteil vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C-588/10, EU:C:2012:40, Rn. 25) – sofern diese ohne größeren Aufwand möglich ist.


32      Urteil vom 6. Dezember 2018, Tratave (C-672/17, EU:C:2018:989, Rn. 35 und 36). Auf die Frage einer Nachholung einer unterlassenden Information wurde dabei allerdings nicht eingegangen.


33      So ausdrücklich Urteile vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 23), vgl. auch Urteile vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 40), und vom 23. November 2017, Di Maura (C-246/16, EU:C:2017:887, Rn. 22).


34      Urteil vom 8. Mai 2019, A-PACK CZ (C-127/18, EU:C:2019:377, Rn. 24).


35      Vgl. nur Urteil vom 9. Juli 2015, Salomie und Oltean (C-183/14, EU:C:2015:454, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).


36      Urteile vom 6. Dezember 2012, Bonik (C-285/11, EU:C:2012:774, Rn. 42), und vom 21. Juni 2012, Mahagében (C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373, Rn. 48).


37      Dieser entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs – vgl. statt vieler Urteil vom 28. Juli 2011, Kommission/Ungarn (C-274/10, EU:C:2011:530, Rn. 48).


38      Z. B. Urteil vom 22. Februar 2018, T – 2 (C-396/16, EU:C:2018:109, Rn. 24 und die dort zitierte Rechtsprechung). Siehe auch Urteil vom 29. April 2004, Terra Baubedarf-Handel (C-152/02, EU:C:2004:268, Rn. 35 a. E.). Der Gerichtshof verwendet dort zwar in der deutschen Version die Formulierung „abgeführt hat“. Da er aber vom Leistungsempfänger spricht, der diese Mehrwertsteuer nicht an das Finanzamt abführt, sondern an den Leistenden zahlt, ist damit offenkundig Letzteres gemeint. Die französische Version verwendet auch die Formulierung „avoir été acquittée“, was auch zwanglos richtig als „gezahlt wurde“ übersetzt werden kann. In Rn. 36 – dort ist es auch richtig übersetzt – wird dies besonders deutlich.


39      Siehe auch Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Volkswagen (C-533/16, EU:C:2017:823, Nr. 64): Der Vorsteuerabzug ist „untrennbar mit der Zahlung der Steuer verbunden. Wenn der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer … nicht gezahlt hat, fehlt ihm juristisch wie wirtschaftlich jede Grundlage, sein Recht auszuüben.“ Siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Biosafe – Indústria de Reciclagens (C-8/17, EU:C:2017:927, Nr. 44).


40      So ganz deutlich H. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Anm. 87 – Stand: Mai 2019.


41      Urteile vom 13. März 2014, Malburg (C-204/13, EU:C:2014:147, Rn. 41), und vom 3. März 2005, Fini H (C-32/03, EU:C:2005:128, Rn. 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).