Available languages

Taxonomy tags

Info

References in this case

Share

Highlight in text

Go

Wichtiger rechtlicher Hinweis

|

61998C0034

Verbundene Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola vom 7. September 1999. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Rechtssachen C-34/98 und C-169/98. - Soziale Sicherheit - Finanzierung - Anwendbare Rechtsvorschriften.

Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-00995


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Gegenstand der vorliegenden Verfahren

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend: Kommission) ersucht mit zwei selbständigen Klagen vom 12. Februar 1998 (Rechtssache C-34/98) und 7. Mai 1998 (Rechtssache C-169/98) den Gerichtshof gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) um die Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48 und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG) und Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71(1) verstoßen hat, daß sie

1. den Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld (contribution pour le remboursement de la dette sociale; nachstehend: CRDS) auf die Erwerbs- und Ersatzeinkünfte der Arbeitnehmer und Selbständigen angewandt hat, die in Frankreich wohnen, aber in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten und nach der Verordnung nicht den französischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit unterliegen, und

2. den allgemeinen Sozialbeitrag (contribution sociale généralisée: CSG) auf die Erwerbs- und Ersatzeinkünfte der Arbeitnehmer und Selbständigen angewandt hat, die in Frankreich wohnen, aber in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten und nach der Verordnung nicht den französischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit unterliegen,

In beiden Rechtssachen hat die Kommission die Verurteilung der Französischen Republik in die Kosten beantragt.

2 Die uns heute beschäftigenden Kontroversen haben mit der Thematik der schrittweisen Fiskalisierung der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu tun. Die Finanzierung der sozialen Sicherheit beläuft sich auf nicht unerhebliche Beträge, die in den weitaus meisten Mitgliedstaaten etwa 20 % bis 30 % des internen Bruttosozialprodukts entsprechen, und stammt zum größten Teil (allerdings je nach den betroffenen Staaten zu sehr unterschiedlichen Anteilen) aus Pflichtbeiträgen, die auf die Einkünfte aus Erwerbstätigkeiten erhoben werden, sowie aus dem Steueraufkommen(2). Nach den Perspektiven, die eine in den 70er Jahren begonnene Diskussion hat sichtbar werden lassen, hat der zunehmende Rückgriff auf das Steueraufkommen (direkte, allgemeine oder spezielle Steuern und indirekte Steuern) mehr als einen Grund: die Notwendigkeit, die zunehmenden Kosten des sozialen Schutzes aufzubringen (man denke an die zunehmende Alterung der Bevölkerung, verbunden mit der kürzeren Dauer des Berufslebens und der Zunahme der Versorgungsleistungen)(3), und das Erfordernis einer gerechteren Ausgestaltung dieser Finanzierung. Die beiden Regelungen, um die es in den vorliegenden Rechtssachen geht, stellen, wie wir sehen werden, eine Antwort auf diese Probleme dar. Ich sagte zu Beginn, daß die beiden Rechtssachen die Thematik der schrittweisen Fiskalisierung der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit "berühren". Hier ist eine Verdeutlichung am Platze. In diesen beiden Verfahren geht es um die Freiheit der Mitgliedstaaten, diese Finanzierung mit Hilfe von Rechtsvorschriften "steuerlicher" Natur darzustellen, die die Allgemeinheit der Steuerzahler treffen. Der Gegenstand der beiden Verfahren umfaßt aber nicht die "Besteuerungs"-Freiheit in ihrer ganzen Breite, sondern nur beschränkt auf den Fall, daß diese auf die Einkünfte eines ganz spezifischen Kreises von Steuerpflichtigen zugreift, nämlich den Kreis der Wanderarbeitnehmer, die Angehörige eines anderen Mitgliedstaats sind und in Ausübung einer der vom Vertrag garantierten Grundrechte der Freizügigkeit den Rechtsvorschriften (der sozialen Sicherheit) eines oder mehrerer Mitgliedstaaten unterworfen sind oder waren.

II - Die maßgebenden Gemeinschaftsvorschriften

3 Die Artikel 48 und 52 EG-Vertrag garantieren die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Selbständigen. Die Verordnung ist vom Rat auch auf der Grundlage von Artikel 51 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 42 EG)(4) erlassen worden, um die nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit weitgehend zu koordinieren und damit soweit wie möglich die Hindernisse zu beseitigen, die solche Rechtsvorschriften für die Freizügigkeit aller unselbständig und selbständig Erwerbstätigen(5) darstellen.

Der Begriff "Rechtsvorschriften" im Sinne von Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung ("Begriffsbestimmungen") umfaßt "in jedem Mitgliedstaat die bestehenden und künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in bezug auf die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit ..."

Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung ("Persönlicher Geltungsbereich") bestimmt: "Diese Verordnung gilt für Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene."

Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung ("Sachlicher Anwendungsbereich") lautet:

"Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

a) Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft,

b) Leistungen bei Invalidität einschließlich der Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind,

c) Leistungen bei Alter,

d) Leistungen an Hinterbliebene,

e) Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten,

f) Sterbegeld,

g) Leistungen bei Arbeitslosigkeit,

h) Familienleistungen."

Gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung gilt "[d]iese Verordnung ... für die allgemeinen und besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit ..."

Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung ("Allgemeine Vorschriften"), der zu Titel II "Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften" gehört, bestimmt, daß "Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats [unterliegen] ..."

Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 (die Sonderfälle regeln) etwas anderes bestimmen, gilt gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung folgendes:

"a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat;

b) eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt."

III - Die nationale Regelung in der Rechtssache C-34/98: der CRDS

4 Der CRDS wurde durch Artikel 14-I der Ordonnance Nr. 96-50 vom 24. Januar 1996 über die Begleichung der Sozialschuld (nachstehend: Ordonnance) eingeführt(6). Zur Zahlung des CRDS sind alle natürlichen Personen verpflichtet, die ihren steuerlichen Wohnsitz für die Zwecke der Einkommensteuererhebung in Frankreich haben(7), und zwar, soweit hier von Interesse, für bestimmte Einkünfte aus Erwerbstätigkeit (z. B. Löhne) und einige Ersatzeinkünfte (z. B. Renten und Arbeitslosenunterstützung)(8). Gemäß Artikel 15-III Nr. 1 der Ordonnance sind dem CRDS auch die in Frankreich einkommensteuerpflichtigen Berufs- und Ersatzeinkünfte mit Ursprung im Ausland unterworfen, selbstverständlich vorbehaltlich der jeweiligen internationalen Doppelbesteuerungsabkommen. Die Formulare für die Einkommensteuererklärung natürlicher Personen sehen eine entsprechende Angabe der dem CRDS unterworfenen "ausländischen" Einkünfte vor(9). Der CRDS auf Einkünfte aus dem Ausland wird von der Steuerverwaltung der Französischen Republik nach den gleichen Regeln und mit den gleichen Garantien, Vorrechten und Sanktionen festgesetzt, eingezogen und überwacht wie bei der Einkommensteuer(10). Der CRDS, dessen Höhe auf 0,5 % des zu versteuernden Einkommens festgelegt ist(11), wird auf (inländische oder andere) Einkünfte vom 1. Februar 1996 bis zum 31. Januar 2009 erhoben(12).

5 Gemäß Artikel 6-I der Ordonnance fließt das Aufkommen aus dem CRDS der Kasse zur Begleichung der Sozialschuld (Caisse d'amortissement de la dette sociale; nachstehend: CADES) zu(13), die als öffentliche Einrichtung der Aufsicht des Wirtschafts- und Finanzministers und des Ministers für soziale Sicherheit untersteht(14). Gemäß Artikel 2 der Ordonnance soll die CADES hauptsächlich die Schulden der Zentralstelle der Sozialversicherungsträger (Agence centrale des organismes de sécurité sociale; nachstehend: ACOSS) in Höhe von 137 Mrd. FRF(15) (Stand: 1. Januar 1996) bei der Depositen- und Konsignationskasse (Caisse des dépôts et consignations; nachstehend: CDC)(16) begleichen. Diese Schulden beruhen darauf, daß die CDC die in den Jahren 1994 und 1995 vom allgemeinen System der sozialen Sicherheit angesammelten Defizite und dessen für das Rechnungsjahr 1996 veranschlagtes Defizit finanziert hat. In Erfuellung dieser Aufgabe hat die CADES, der ab 1. Januar 1996 die Schulden der ACOSS überschrieben worden waren (vgl. Artikel 4-I), eine Reihe von Zahlungen zum Ausgleich der Sozialschuld vorgenommen; insbesondere hat die CADES von 1996 bis 2008 jährlich 12,5 Mrd. FRF an den allgemeinen Staatshaushalt abzuführen(17). Außerdem hatte die CADES allein im Jahr 1996 maximal 3 Mrd. FRF(18) an die Zentralkasse für die Kranken- und Mutterschaftsversicherung selbständiger Erwerbstätiger außerhalb der Landwirtschaft (Caisse nationale d'assurance maladie et maternité des travailleurs non salariés des professions non agricoles; nachstehend: CANAM) zum (zumindest teilweisen) Ausgleich des Schuldenstands vom 31. Dezember 1995 und zur Finanzierung des für das Jahr 1996 veranschlagten Defizits gezahlt (vgl. Artikel 4-II). Die Mittel, die der CADES zur Verfügung stehen, um diese Zahlungen zu bewirken, beschränken sich nicht auf den CRDS auf Erwerbs- und Ersatzeinkünfte (d. h. die Abgabe, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist), sondern umfassen auch z. B. Mittel aus dem CRDS auf Einkünfte aus Vermögen (Artikel 15-I), aus dem CDRS auf die Verkäufe bestimmter Edelmetalle, Edelsteine und Kunstgegenstände (Artikel 17-I), die Emission von Obligationen (Artikel 5-I) sowie die Verwaltung und den Verkauf von Grundvermögen von Einrichtungen der sozialen Sicherheit (Artikel 9)(19).

IV - Die nationale Regelung in der Rechtssache C-169/98: der CSG

6 Der CSG wurde durch Artikel 127 des Haushaltsgesetzes 1991 Nr. 90-1168 vom 29. Dezember 1990 (Loi de finances; nachstehend: Gesetz Nr. 90-1168)(20) eingeführt. Wie beim CRDS sind alle natürlichen Personen zur Zahlung des CSG verpflichtet, die ihren steuerlichen Wohnsitz für die Zwecke der Einkommensteuererhebung in Frankreich haben(21). Der ab 1. Februar 1991 erhobene CSG (vgl. Artikel 127 des Gesetzes Nr. 90-1168) gilt, soweit hier von Interesse, für sämtliche Erwerbseinkünfte nebst Ersatzeinkünften (einschließlich der aus ausländischen Quellen oder im Ausland bezogenen), die in Artikel L. 136-2 ff. des CSS (vormals Artikel 128 ff. des Gesetzes Nr. 90-1168) aufgeführt sind. Das bedeutet, daß nach der Erweiterung der Bemessungsgrundlage durch das spätere Gesetz Nr. 96-1160 (vgl. Fußnote 8) der CSG nach einer Bemessungsgrundlage erhoben wird, die heute praktisch mit der des CRDS übereinstimmt. Selbstverständlich müssen die Einkünfte, auf die der CSG erhoben wird, in Frankreich steuerbare Einkünfte sein, wobei im Fall von im Ausland bezogenen Einkünften die maßgebenden internationalen Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen sind.

7 Anders als der CRDS wird der CSG auf Erwerbs- und Ersatzeinkünfte unmittelbar nach den Regeln und mit den gleichen Garantien, wie sie für den Einzug der Beiträge nach dem allgemeinen System der sozialen Sicherheit für die gleichen Einkunftsarten gelten, von den Stellen erhoben, die mit dem Einzug der Pflichtbeiträge nach dem allgemeinen System betraut sind(22). Wie sich der Klageschrift der Kommission entnehmen läßt, wurden, um die Anwendung der Vorschriften über den CSG auf die Arbeitnehmer zu ermöglichen, die nicht dem französischen Sozialversicherungssystem angehören, weil sie ihre Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben, diese aufgefordert, sich bei den Vereinigungen zum Einzug von Beiträgen für die soziale Sicherheit und die Familienleistungen (Unions de recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales; nachstehend: URSSAF) eintragen zu lassen(23). Angesichts der Schwierigkeiten bei der Erhebung der Abgabe beschloß die französische Regierung am 28. November 1994 bis zu einer Verbesserung der entsprechenden Modalitäten, die Erhebung des CSG bei den Beziehern von Erwerbs- oder Ersatzeinkünften mit Ursprung im Ausland auszusetzen(24).

8 Der normale Abgabensatz des CSG, der ursprünglich 1,1 % des zu versteuernden Einkommens betrug, wurde schrittweise 1993 auf 2,4 %, 1996 auf 3,4 % und 1997 auf 7,5 % (6,2 % bei Ersatzeinkünften) angehoben(25). Ursprünglich floß das gesamte Aufkommen aus dem CSG an die Zentralkasse für Familienleistungen (Caisse nationale des allocations familiales; nachstehend: CNAF) zurück(26). Gegenwärtig wird aufgrund der Bestimmungen von Artikel L. 136-8 IV des CSS das Aufkommen aus dem CSG auf Erwerbs- oder Ersatzeinkünfte an die CNAF zu dem einem Satz von 1,1 % entsprechenden Teil, dem Alterssolidaritätsfonds (Fonds de solidarité vieillesse; nachstehend: FSV)(27) zu dem einem Satz von 1,3 % entsprechenden Teil und den gesetzlichen Krankenversicherungssystemen zu dem einem Satz von 5,1 % (CSG auf Erwerbseinkünfte) bzw. 3,8 % entsprechenden Teil gezahlt. Aufgrund des Haushaltsgesetzes 1997 darf der auf Erwerbs- und Ersatzeinkünfte entfallende CSG teilweise vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden(28).

9 Der CSG soll bei schrittweiser Ersetzung degressiver Sozialversicherungsbeiträge eine Art "Steuerprogression" in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen (oder je nach steuerlicher Leistungsfähigkeit) einführen. Die Zielrichtung des Gesetzes, mit dem er eingeführt wurde, war größere Billigkeit, Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Der Allgemeinheit der Rechte auf Deckung der versicherten Risiken entspricht damit die Allgemeinheit der Finanzierungspflichten: "Der Staat hat [mit dem CSG] versucht, die Umverteilungstendenzen des Systems zu verstärken."(29) Der CSG stellt daher auf der Grundlage des Prinzips, daß gleichem Einkommen ein gleicher Beitrag entsprechen muß, ein Instrument dar, um die Methoden der Finanzierung der sozialen Sicherheit einer neuen Vision der Grundsätze der jetzt "universal" verstandenen Solidarität anzupassen, auf der das französische System der sozialen Sicherheit beruht. Der CSG tritt damit teilweise an die Stelle der Sozialversicherungsbeiträge, die bis zu seiner Einrichtung die geringeren Einkünfte exzessiv belasteten, und bewirkt zugleich eine Erhöhung der für die Ausgaben der sozialen Sicherheit vorgesehenen Einnahmen(30). Im übrigen erlaubt es die Progressivität, die für den CSG kennzeichnend ist, den Satz der Sozialversicherungsbeiträge zu senken(31). Der CSG stellt, wie die französische Regierung erläutert hat, die erste Stufe einer teilweisen Fiskalisierung der sozialen Sicherheit und damit eine Phase des Übergangs für ein System dar, das traditionell durch die geringe Bedeutung staatlicher Eingriffe gekennzeichnet war, die ihrerseits durch die Entscheidung des Gesetzgebers geprägt war, sich auch bei negativem Ergebnis des allgemeinen Systems jeglicher Initiative zu enthalten(32).

10 Ich möchte nunmehr kurz die wesentlichen Merkmale des CRDS und des CSG zusammenfassen. Nach französischem Recht handelt es sich im einen wie im anderen Fall um Steuern. Sie sind wie die Einkommensbesteuerung natürlicher Personen "direkt" und haben einen "spezifischen Zweck", weil das Aufkommen einer besonderen Bestimmung zugeführt wird. Die beiden Steuern sollen, wenn auch in unterschiedlicher Form, das französische System der sozialen Sicherheit "alimentieren", der CRDS allgemein, weil er die von diesem System insgesamt angesammelten Schulden ausgleichen soll(33), und der CSG in spezifischer Form, da er für die Zweige der Familienleistungen (für sie ist die CNAF zuständig), die Altersleistungen (mit ihnen ist die FSV betraut) und die Leistungen bei Krankheit bestimmt ist. Der CRDS und der CSG belasten (in praktisch übereinstimmender Weise) die gesamten Erwerbs- und Ersatzeinkünfte (soweit es uns hier interessiert) aller Personen, die für die Zwecke der Einkommensbesteuerung als in Frankreich wohnhaft gelten, auch wenn diese Einkünfte aus einem anderen Mitgliedstaat stammen oder dort bezogen werden (und in Frankreich nach französischem Recht oder den Vorschriften internationaler Doppelbesteuerungsabkommen besteuert werden). Während schließlich die Erhebung des CRDS bei Einkünften mit Ursprung im Ausland mit den gleichen Modalitäten und Sanktionen wie bei der Einkommensteuer der Finanzverwaltung obliegt, wird der CSG unmittelbar von den Sozialversicherungsträgern nach den Verfahren und mit den Sanktionen eingezogen, wie sie für die Erhebung der Pflichtbeiträge gelten. Dieser besondere Aspekt des CSG hat indessen den Conseil constitutionnel nicht daran gehindert, ihn mehrfach als eine richtige Steuer einzustufen. Wegen der augenscheinlichen Ähnlichkeit der beiden Rechtssachen halte ich es für angezeigt, sie zusammen zu prüfen und für beide Klagen einheitliche Schlußanträge vorzutragen.

V - Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

11 Aus den bereits dargelegten Gründen weisen sowohl die beiden von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) erhobenen Klagen als auch das Verteidigungsvorbringen der Französischen Republik unweigerlich zahlreiche gemeinsame Aspekte auf, wie sich alsbald zeigen wird.

12 Die Uneinigkeit der Parteien beruht im Kern auf dem Fehlen einer Definition des Begriffes "Sozialbeiträge". Die Kommission steht auf dem Standpunkt, daß CRDS und CSG nicht etwa Steuern (nach der Qualifikation des französischen Rechts, wie sie von der französischen Regierung in den beiden Verfahren vertreten wird) sind, sondern normale Sozialversicherungsbeiträge und als solche in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Die Kommission stützt ihre Auffassung auf objektive Gesichtspunkte wie den Zweck und die Bestimmung der betreffenden Geldleistungen(34). Was den Zweck angeht, so verweist die Kommission darauf, daß Bemessungsgrundlage die gleichen Erwerbs- oder Ersatzeinkünfte als Ergebnis der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sind, auf die bereits die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung abstellen, die in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 13 der Verordnung gezahlt werden. Was ihre Bestimmung angeht, so seien beide "Beiträge" spezifisch dazu gedacht, die soziale Sicherheit zu finanzieren. Der CRDS betrifft nach Meinung der Kommission dieses System insgesamt und begünstigt daher zweifellos die in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung aufgeführten Bereiche(35). Zwar betreffe der CSG nur bestimmte Bereiche der sozialen Sicherheit der Französischen Republik, diese stimmten jedoch mit einigen der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung genannten Bereiche überein: Leistungen bei Krankheit (Buchstabe a), Leistungen bei Alter (Buchstabe c) und Familienleistungen (Buchstabe h). Der CSG dürfe nicht nur bei der Erhebung der Einkommensteuer teilweise vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden, sondern werde auch von den gleichen Versicherungsträgern nach den gleichen Modalitäten eingezogen, wie sie für die Erhebung der Pflichtbeiträge vorgesehen seien.

13 Diese Beiträge - so die Kommission weiter -, die auf die aus dem oder im Ausland bezogenen Erwerbs- und Ersatzeinkünfte jeder Person erhoben würden, die für die Zwecke der Einkommensbesteuerung in Frankreich ihren steuerlichen Wohnsitz habe, wirkten sich auf die Einkünfte von Arbeitnehmern aus, die in den persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung fielen, und damit auf alle Arbeitnehmer, "für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Angehörige eines Mitgliedstaats sind" (Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung). Es handele sich im wesentlichen um die Arbeitnehmer, die zwar in Frankreich ihren Wohnsitz hätten, aber eigene Erwerbs- oder Ersatzeinkünfte aus einem anderen Mitgliedstaat bezögen, in dem sie Erwerbstätigkeiten ausübten (oder ausgeübt hätten), weil sie von der durch den Vertrag garantierten Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätten. Die Gesamtgruppe der Erwerbstätigen, die unter die Verordnung fielen und von den beiden Klagen betroffen seien, die sie anhängig gemacht habe, erschöpfe sich mit Sicherheit nicht in den Grenzgängern im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung(36), noch, wie die französische Regierung meine (vgl. unten), in den Kategorien der "Grenzerwerbstätigen", wie sie in den Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen seien, die die Französische Republik mit den angrenzenden Mitgliedstaaten abgeschlossen habe(37).

14 Gemäß Artikel 13 der Verordnung - einer Kollisionsnorm, die das anwendbare Recht festlege - seien die Erwerbstätigen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fielen, den Rechtsvorschriften nur des Mitgliedstaats unterworfen, in dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgingen (oder, wenn es sich um einen Arbeitnehmer handele, des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber seinen Sitz oder Wohnsitz habe). Diese Vorschrift bedeute folglich, daß Erwerbstätige, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich hätten, ihre Erwerbstätigkeit aber in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft ausübten (oder ausgeübt hätten) (bzw. bei Arbeitgebern beschäftigt seien oder gewesen seien, die dort ihren Sitz oder Wohnsitz gehabt hätten), die Erhebung von Pflichtbeiträgen auf die betreffenden Einkünfte nur in diesem Staat zu erwarten hätten. Nach Auffassung der Kommission beeinträchtigt die Erhebung des CRDS und des CSG zusätzlich zu den bereits in einem anderen Mitgliedstaat auf der gleichen Bemessungsgrundlage(38) erhobenen Beiträgen die mit Artikel 13 der Verordnung angestrebte Koordinierung, weil sie eine doppelte "Beitragsleistung" darstelle und damit dem dort verankerten Grundsatz des Kumulierungsverbots widerspreche. Im Kern mache Frankreich, indem es auf die "ausländischen" Einkünfte von "Wanderarbeitnehmern" "Beiträge" erhebe, damit von einem Recht Gebrauch, das ihm nicht zustehe (vgl. Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung). Schließlich führe die undifferenzierte Anwendung derselben Vorschriften auf Personen - in Frankreich Wohnende, die nicht Wanderarbeitnehmer sind, und in Frankreich Wohnende, die eine Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben oder ausgeübt haben -, die sich unter dem Blickwinkel der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit (einschließlich der Vorschriften über die Beitragsleistung) in objektiv unterschiedlichen Situationen befänden, zu einer Diskriminierung, die gegen die Artikel 48 und 52 des Vertrages verstoße.

15 Die französische Regierung führt aus, die auf der Grundlage von Artikel 51 erlassene Verordnung koordiniere lediglich die nationalen Vorschriften der sozialen Sicherheit, nehme aber damit nicht den Staaten ihre Organisationsfreiheit, die ihnen weiter verbleibe, wenn harmonisierende Maßnahmen der Gemeinschaft fehlten (und das gelte ebensogut für das Steuerrecht). Die Ausgestaltung der Koordinierung lasse wichtige Unterschiede zwischen den jeweiligen nationalen Vorschriften unberührt. Die Verordnung biete zwar Definitionen für den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich der Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit, enthalte aber keine Definition des Ausdrucks "Sozialbeiträge". Da "[d]ie materiellen und verfahrensmäßigen Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten ... durch Artikel 51 nicht berührt [werden]"(39), sei diese Unterlassung insoweit kennzeichnend, als sie den Willen des Rates beim Erlaß der Verordnung erkennen lasse, in den Bereich der Modalitäten der Finanzierung dieser Systeme nicht einzugreifen, da er anderenfalls eine ganze Reihe von Vorschriften steuerlicher Natur in die Verordnung aufgenommen hätte. Damit müsse man notwendig zu dem Schluß gelangen, daß die beanstandeten Vorschriften, die ausgesprochen steuerlicher Natur seien, auch wenn sie zur Finanzierung eines Systems der sozialen Sicherheit im weiten Sinne bestimmt seien, nicht in den Geltungsbereich der Verordnung fielen, sondern zur eigenen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehörten. Die französische Regierung verteidige die typisch fiskalische Natur des CRDS und des CSG und somit ihre Nichtzugehörigkeit zu den in Artikel 4 der Verordnung genannten Zweigen der Sozialversicherung, zumal Tatbestandsmerkmal ihrer Entstehung ausschließlich der steuerliche Wohnsitz sei, unabhängig von der Eigenschaft des Steuerpflichtigen als "Erwerbstätiger" und ferner von seiner Zugehörigkeit zum (oder Eintragung beim) französischen System der sozialen Sicherheit(40). Was insbesondere den CRDS angehe, so lasse die entsprechende Entrichtung, die im übrigen nach den gleichen Modalitäten wie bei der üblichen Einkommensteuer erfolge, keinen Anspruch auf eine Gegenleistung entstehen (wie sie typisch für die normalen Pflichtbeiträge sei), weil nicht nur das Aufkommen lediglich zur Begleichung der allgemeinen Sozialschuld bestimmt sei (nicht aber zur konkreten Finanzierung irgendeines spezifischen Zweiges der sozialen Sicherheit im Hinblick auf die Erbringung von Sozialleistungen), sondern letztlich nach der "Zwischenstation" bei der CADES in den Staatshaushalt gelange. Außerdem sei die CADES, die erste Empfängerin des CRDS, kein Versicherungsträger, sondern eine Finanzeinrichtung, deren Zweck keinesfalls die Erbringung von Leistungen sei, welcher Art diese auch seien. In ganz ähnlicher Weise sei für den CSG das Fehlen jeder unmittelbaren Gegenleistung im Bereich der Sozialleistungen festzustellen (und diese Sitiation entspreche der nach Entrichtung der Einkommensteuer).

16 Frankreich macht weiterhin geltend, daß die Auswirkung der betreffenden Steuern auf die Freizügigkeit der Personen wegen der geringen Höhe des Steuersatzes insbesondere beim CRDS unbedeutend sei. Was den "persönlichen Bereich" der streitigen Steuern angeht, will die französische Regierung ausschließen, daß CRDS und CSG sämtliche Wanderarbeitnehmer betreffe, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich beibehalten hätten (wie die Kommission meine), da sie größtenteils der französischen Besteuerung der Einkünfte aus ausländischen Quellen (darunter CRDS und CSG) wegen des allgemeinen Grundsatzes der Doppelbesteuerungsabkommen entgingen, wonach das Besteuerungsrecht dem Staat zustehe, in dessen Hoheitsgebiet die Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Daraus ergibt sich, wenn ich es recht verstehe, eine Übereinstimmung der anwendbaren steuerrechtlichen Vorschriften mit der allgemein in Artikel 13 der Verordnung vorgesehenen Lösung. Nur ausnahmsweise und darüber hinaus auf besonderen Antrag der Betroffenen wegen der günstigeren französischen Besteuerung sähen die bilateralen Steuerabkommen, an denen Frankreich beteiligt sei, vor, daß "Grenzarbeitnehmer" (vgl. Fußnote 37), die in Frankreich wohnten, aber in einem anderen Staat eine Erwerbstätigkeit ausübten, in bezug auf die Einkünfte aus einer solchen Tätigkeit der Besteuerung in Frankreich unterlägen; nur diese seien folglich "Wanderarbeitnehmer", die von den umstrittenen Steuern betroffen seien. Ferner sei der Umstand, daß das in den Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Besteuerungssystem naturgemäß für den CRDS und den CSG gelte, eine Bestätigung ihrer eigentlichen Natur als Steuer und nicht als Beitrag. Schließlich seien CRDS und CSG auch nicht diskriminierend, weil sie zwar sowohl die "seßhaften" als auch die "Wander"-Arbeitnehmer beträfen, aber aufgrund eines objektiven Tatbestandsmerkmals erhoben würden, das für alle Betroffenen gleich sei, nämlich aufgrund des steuerlichen Wohnsitzes im französischen Hoheitsgebiet (Entstehungstatbestand der Steuer) ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Steuerpflichtigen(41).

VI - Rechtliche Prüfung

A - Unerheblichkeit der Aussetzung der Erhebung des CSG durch die französischen Behörden

17 Ein Hinweis soll vorab einem Aspekt gelten, der zwar von der Kommission berührt, aber im Verteidigungsvorbringen der französischen Regierung zum CSG nicht behandelt wurde. Wir haben es hier mit einem Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages zu tun, so daß es absolut bedeutungslos ist, daß der beklagte Mitgliedstaat am Tag nach dem Erhalt des Aufforderungsschreibens der Kommission, mit dem das der Rechtssache C-169/98 vorausgegangene Verwaltungsverfahren eingeleitet wurde, einseitig die Erhebung dieser Abgabe bei "Grenzarbeitnehmern" (vgl. Nr. 7 dieser Schlußanträge) ausgesetzt hat. Die Aussetzung der Steuererhebung könnte ein von dem betreffenden Staat etwa begangenes Unrecht nicht heilen, wenn in dessen Rechtsordnung eine mit unmittelbar geltendem Gemeinschaftsrecht unvereinbare Regelung in Geltung bliebe. Es blieben tatsächliche Unklarheiten bestehen, die die Rechtsuchenden bezüglich der ihnen eröffeneten Möglichkeiten, sich auf das Gemeinschaftsrecht zu berufen, in einem Zustand der Ungewißheit ließen(42). Ich möchte übrigens darauf hinweisen, daß die französische Regierung die Aussetzung der Erhebung des CSG mit ihrer Absicht begründet hat, neue Erhebungsmodalitäten festzulegen (was die Vermutung nahelegt, daß die Erhebung früher oder später doch stattfinden wird), und nicht damit, daß sie von der Berechtigung der Beanstandungen der Kommission überzeugt gewesen wäre, denen sie ja auch in ihren Schriftsätzen in diesem Verfahren entschieden entgegentritt. Außerdem hat die französische Regierung in ihrer Gegenerwiderung erneut bestätigt, daß die Verlängerung der Aussetzung der Erhebung des CSG für die letzten fünf Jahre in Wirklichkeit auf das erwartete Urteil des Gerichtshofes in dieser Frage zurückzuführen ist. Diese 1994 beschlossene Aussetzung soll daher nicht den Beanstandungen der Kommission Rechnung tragen (und könnte dies auch nicht).

B - Sind CRDS und CSG direkte Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge? Unerheblichkeit dieser Frage

18 Damit komme ich zur Begründetheit der Klagen. Die Prüfung des Vorbringens der Parteien macht sichtbar, daß Hauptstreitpunkt die Qualifikation des CRDS und des CSG zum Zweck ihrer Subsumtion unter die Verordnung ist. Nach meiner Auffassung stellt sich das Problem, das hier dem Gerichtshof vorliegt, etwas anders dar, als dies beide Parteien vorgebracht haben, um dann doch zu entgegengesetzten Ergebnissen zu kommen.

19 Zunächst scheint mir die Verteidigungslinie der französischen Regierung nicht stimmig zu sein. Zwar ist mir der Grundsatz nicht unbekannt, daß "das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt [läßt]"(43). Ich muß jedoch auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes hinweisen, wonach "... die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, ... diese ihre Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben ... müssen"(44). Davon abgesehen müssen die Mitgliedstaaten bei Ausübung ihrer Befugnisse zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit das geltende Gemeinschaftsrecht beachten(45), auch wenn dieser Bereich (ebenso wie die direkten Steuern) nicht harmonisiert worden ist(46). Außerdem hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß "die Tatsache, daß eine Vorschrift in einem Gesetz enthalten ist, das nicht in den Geltungsbereich der Verordnung fällt, nicht zwangsläufig zur Folge hat, daß diese Vorschrift ebenfalls nicht in diesen Geltungsbereich fällt"(47). Mir scheint daher der Standpunkt, daß die direkten Steuern als solche in keiner Weise in Konflikt mit Artikel 13 der Verordnung geraten können, nicht annehmbar zu sein. Diese Vorschrift legt eine Hauptregel für die gemeinschaftliche Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit fest, die durch die Verordnung aktualisiert wird, mit der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (vgl. Artikel 51), eines der grundlegenden Prinzipien der Gemeinschaft, verwirklicht werden soll(48). Die Mitgliedstaaten können keine steuerlichen oder sozialen Vorschriften erlassen, die hierzu in Widerspruch stehen, und damit die Ausübung dieser Grundfreiheit der Arbeitnehmer behindern oder von ihr abschrecken(49). Anders als die französische Regierung möchte ich daher ausschließen, daß es im Bereich der sozialen Sicherheit eine Art "fiskalische Immunität" der Mitgliedstaaten geben könnte.

20 Andererseits bin ich ebenfalls ratlos angesichts der Argumentation der Kommission, mit der diese belegen möchte, daß die Anwendung des CRDS und des CSG durch den französischen Gesetzgeber in bestimmten Fällen mit Artikel 13 der Verordnung unvereinbar wäre. Die Kommission kommt zu diesem Ergebnis, indem sie den streitigen Abgaben die Natur von Beiträgen statt der von Steuern zuschreibt. Mit dieser Argumentation aber wird die Untersuchung unseres Falles mit einer unnötigen Komplikation befrachtet. Der Begriff des Sozialbeitrags ist nämlich in der Verordnung nicht definiert. Die Beitragsnatur der in den französischen Vorschriften vorgesehenen Belastungen anhand von Beurteilungskriterien wie etwa der Bestimmung der gezahlten Beträge greift insoweit auf bestimmte Urteile des Gerichtshofes im Bereich der sozialen Sicherheit und der Umsatzsteuer zurück. Diese Rechtsprechung stützt sich indessen auf Definitionen, die der Gemeinschaftsgesetzgeber selbst geschaffen hat(50). Wie dem auch sei, die Einstufung einer vorgeschriebenen Zahlung als Sozial- oder Versicherungsbeitrag wegen der Zweckbestimmung des Aufkommens aus der Steuer ist jedenfalls ein Gedanke, der in der Rechtsprechung des Gerichtshofes keinen sicheren Rückhalt findet. Im Urteil AGF Belgium(51) hat der Gerichtshof in Wirklichkeit entschieden, daß die bloße Tatsache, daß indirekte Steuern wie Prämienzuschläge in der Kraftfahrversicherung zu einer Finanzierung von Sozialeinrichtungen beitragen sollen, es nicht erlaubt, sie als Sozialbeiträge anzusehen (Randnr. 15). Nicht nur findet die These der Kommission in der Verordnung selbst keine definitorische Stütze, die aber den Urteilen des Gerichtshofes, auf die die Kommission sich stützt, sehr wohl zugrunde liegt, sondern wir sehen uns hier auch mit einem Problem konfrontiert, das einen recht komplexen Bereich der Gesetzgebung betrifft, dessen Koordinierung zwar vorgesehen, aber doch nicht so weit gediehen ist, tiefgreifende materielle und verfahrensmäßige Unterschiede bei den im nationalen Rahmen festzustellenden Lösungen zu beseitigen(52). Der Grundsatz der Rechtssicherheit, der übrigens von der französischen Regierung mehrfach genannt wurde, spricht dagegen, die Auslegung zur Kategorienbildung anhand von Kriterien wie etwa in unserem Fall des Zweckes oder der Bestimmung der Abgabe vorzunehmen, um den vorliegenden Fall einzustufen und den Anwendungsbereich der Verordnung demgemäß nach dem bevorzugten Klassifikationsschema zu formen. Vergessen wir außerdem nicht, daß die Methoden der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit eine reiche und unterschiedliche Kasuistik bieten: Der Versuch einer Einstufung einzelner Abgabenformen in allgemeine Kategorien könnte sich sehr wohl als unfruchtbar erweisen(53). Es sei hier nur an einige einschlägige Urteile des Gerichtshofes erinnert. Im Urteil Klomp(54) hat der Gerichtshof anerkannt, daß "Beiträge, die der Finanzierung eines Sozialversicherungssystems dienen, [in einer Form erhoben werden können], die der Steuererhebung entlehnt ist". Im Urteil Rousseau Wilmot(55) hat der Gerichtshof einen "sozialen Solidaritätsbeitrag", der zu Lasten von Handelsgesellschaften mit einem Satz von 0,1 % des Jahresumsatzes zu eindeutig sozialen Zwecken eingeführt worden war, als "Abgabe nichtsteuerlicher Art" eingestuft. Erst kürzlich hat der Gerichtshof im Urteil AGF Belgium bestimmte Abgaben als "Steuern" behandelt, die das vorlegende Gericht wohl eher als "Sozialabgaben" verstanden wissen wollte(56). Sachkundige, die sich mit der Materie der Finanzierung von Sozialsystemen befaßt haben, haben ferner festgestellt, daß die Staaten "Grenztechniken $zwischen Beiträgen und Abgaben [anwenden] ..., so daß deren Unterscheidung komplex wird`"(57), und daß "[sich] Beispiele für solche Tendenzen in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden finden"(58). Schließlich hat der Gerichtshof, der sich vollständig bewußt war, daß Sozialleistungen nicht ausschließlich durch Pflichtbeiträge finanziert werden(59), entschieden, daß die Art der Finanzierung von Sozialleistungen keinen Einfluß auf ihre Qualifizierung als unter die Verordnung fallende Leistung hat(60).

21 Welcher Schluß läßt sich nun aus diesen Feststellungen ziehen? Die Mitgliedstaaten müssen ihre Befugnisse im Bereich der direkten Besteuerung unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts ausüben. Ich sehe daher keine Notwendigkeit, als Vorbedingung für die etwaige Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 13 der Verordnung den Nachweis zu erbringen, daß eine direkte Steuer in Wirklichkeit einen Beitrag im eigentlichen Sinne darstellt, wenn nach der unzweideutigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, wie sie in Nummer 19 dieser Schlußanträge dargestellt wurde, die Prüfung des etwaigen Vorliegens einer Verletzung der genannten Vorschrift nichts mit der Qualifizierung der betreffenden Abgabe - als "Steuer" oder als "Beitrag" - zu tun hat. Diese Rechtsprechung erlegt auf jeden Fall den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, das Gemeinschaftsrecht (einschließlich der Verordnung) zu wahren, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie ihre eigenen Zuständigkeiten im Bereich der direkten Besteuerung und nicht in dem der sozialen Sicherheit wahrnehmen.

C - Geltungsbereich der Verordnung und damit von Artikel 13

22 Mir scheint nach alledem, daß die Lösung der Problematik, die die Kommission und die Französische Republik entzweit, eher in einem anderen Verständnis der Verordnung insgesamt und insbesondere von Artikel 13 zu suchen ist, das in den beiden Klageschriften auch angedeutet ist. Die gleiche Kommission, die auf der Natur der betreffenden Abgaben als "Beitrag" besteht, versäumt es doch nicht, zugleich auf den in der Verordnung verwendeten weiten Begriff der "Rechtsvorschriften", auf die dem Artikel 13 der Verordnung zugrunde liegende Ratio legis sowie darauf hinzuweisen, daß die Verordnung, wie ihre Rechtsgrundlage (insbesondere Artikel 51) zeige, einen Beitrag zur Verwirklichung der Freizügigkeit leisten wolle. Das Ergebnis ist augenscheinlich, daß jeder Verstoß gegen den Geist (und nicht gegen den Buchstaben) von Artikel 13 letztlich zu einer Verletzung der Artikel 48 und 52 führt(61). In der Vergangenheit hat der Gerichtshof einen ähnlichen Auslegungsansatz gewählt, um Sachverhalte zu beurteilen, die die Verordnung wie im vorliegenden Fall schweigend übergeht. Ich verweise insbesondere auf das Urteil Aldewereld zur Situation eines Arbeitnehmers, der seiner Erwerbstätigkeit außerhalb der Gemeinschaft nachgeht - dieser Fall ist in den Vorschriften des Titels II der Verordnung, zu denen Artikel 13 gehört, nicht vorgesehen. Der Gerichtshof hat in diesem Urteil die Frage des anwendbaren Rechts nach Maßgabe des mit diesen Vorschriften "verfolgten Zweckes" beantwortet(62). Demnach haben wir zu prüfen, ob die betreffenden Abgaben - unabhängig von ihrer Einstufung - in irgendeiner Beziehung dem Geltungsbereich der Verordnung und damit von Artikel 13 zugeordnet werden können. Daß die Verordnung (und folglich Artikel 13) keinerlei nützliche Definition für eine unmittelbare Lösung der Fragen enthält, über die sich die Kommission und die Französische Republik nicht einig sind, schließt es gewiß nicht aus, daß der Gerichtshof die streitige Vertragsverletzung des beklagten Mitgliedstaats feststellt. "[D]ie auf Feststellung einer Vertragsverletzung gerichtete Klage [hat] objektiven Charakter, und ... es [ist] im Rahmen eines solchen Verfahrens Aufgabe des Gerichtshofes ..., festzustellen, ob die gerügte Vertragsverletzung vorliegt oder nicht"(63), naturgemäß aufgrund konkreter Anhaltspunkte, die die Klägerin beizubringen hat.

23 Unter den Gemeinschaftsvorschriften, auf die sich die Kommission beruft, findet sich Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung. Er enthält eine recht allgemein gehaltene Definition des Begriffes "Rechtsvorschriften", die die Grundlage der Regelung von Artikel 13 bildet (vgl. Nr. 3 dieser Schlußanträge). Im wesentlichen handelt es sich um jede Vorschrift "in bezug" auf die Zweige der sozialen Sicherheit, für die die Verordnung gilt. Außerdem ist diese Begriffsbestimmung nach Auffassung des Gerichtshofes "durch ihren weiten Inhalt gekennzeichnet ... [und] ist so zu verstehen, daß sie sich auf sämtliche einschlägigen nationalen Vorschriften bezieht"(64). Hinzu kommt, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes die Bestimmungen des Titels II der Verordnung (darunter Artikel 13) nicht nur bezwecken, daß die "Kumulierung anwendbarer nationaler Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden"(65), sondern "... ein geschlossenes System von Kollisionsnormen [bilden], das dem Gesetzgeber des einzelnen Mitgliedstaats die Befugnis nimmt, Geltungsbereich und Anwendungsvoraussetzungen seiner nationalen Rechtsvorschriften im Hinblick darauf zu bestimmen, welche Personen ihnen unterliegen und in welchem Gebiet sie ihre Wirkung entfalten sollen"(66).

24 Es sind daher zu berücksichtigen: die Pflicht der Mitgliedstaaten, bei der Ausübung der Befugnisse zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit die geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zu beachten (vgl. Fußnote 45), der sehr weite Begriff der "Rechtsvorschriften" im Sinne von Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung, der Zweck von Artikel 13, zu verhindern, daß der Wanderarbeitnehmer wegen der Häufung mehrerer Rechtsvorschriften Komplikationen welcher Art auch immer erfährt (und dessen vom Vertrag garantierte Freizügigkeit damit beeinträchtigt würde)(67), sowie die genannte "Wirkung", die die Kollisionsnormen auf die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit haben. Wenn dem aber so ist, dann neige ich zu der Annahme, daß in den Geltungsbereich der Verordnung (und damit von Artikel 13) eine Maßnahme fällt, die trotz der Einstufung als "steuerliche" Maßnahme durch die nationale Rechtsordnung im gegebenen Fall Elemente der Verbindung mit dem System der sozialen Sicherheit aufweist oder dieses im Sinne von Artikel 13 "betrifft". Es kommt hinzu, daß Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung Finanzierungsmaßnahmen im Gegensatz zu anderen dort aufgeführten Tatbeständen(68) nicht vom Begriff der "Rechtsvorschriften" ausnimmt; andererseits sind solche Maßnahmen auch nicht in anderen besonderen Vorschriften der Verordnung geregelt(69). Es scheint mir mit anderen Worten nicht zutreffend zu sein, wenn man "steuerliche" Finanzierungsmaßnahmen vom Kreis der ohne Zweifel in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Maßnahmen der Organisation eines bestimmten Systems der sozialen Sicherheit ausschließt, zu denen auch nach Auffassung Frankreichs die Maßnahmen der Finanzierung durch "Beiträge" gehören. Die richtige Auslegung der Verordnung gebietet es, die Vorschriften über die Ermittlung der anzuwendenden Rechtsvorschriften kohärent auszulegen(70). Damit lasse ich die Einstufung dieser Finanzierungsmaßnahmen durch die nationale Rechtsordnung unbeachtet. Diesem Verständnis des Artikels 13 steht sicherlich die Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht entgegen, in der die Vorschriften der Verordnung in ganz anderer Weise als restriktiv ausgelegt werden (vgl. Fußnote 64). Und nicht nur das. In dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes ist gerade im Zusammenhang mit der Auslegung der Verordnung häufig betont worden, daß "... das Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts innerhalb der Gemeinschaft mit sich bringt, daß sich die in diesem Recht verwendeten Begriffe nicht nach Maßgabe der Besonderheiten des jeweiligen innerstaatlichen Rechts verändern dürfen, sondern daß sie auf objektiven Kriterien beruhen müssen, die in einem gemeinschaftlichen Rahmen festgelegt worden sind"(71). Im vorliegenden Fall ist meines Erachtens das maßgebende objektive Kriterium angesichts der Schwierigkeiten, die die Materie dem Auslegenden bereitet (vgl. Nr. 20 dieser Schlußanträge), die Herausarbeitung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen den betreffenden Maßnahmen und dem französischen System der sozialen Sicherheit.

25 Im vorliegenden Fall hat die Kommission hinreichend belegt, daß zwischen CSG und CRDS einerseits und dem französischen System der sozialen Sicherheit andererseits ein Zusammenhang besteht, dem zufolge diese in vollem Umfang zu den "Rechtsvorschriften" der französischen sozialen Sicherheit im Sinne des Artikels 1 Buchstabe j der Verordnung gehören. Dieser Zusammenhang besteht im Kern in der besonderen Zweckbestimmung der Aufkommen aus dem CSG und dem CRDS. Diese Zweckbestimmung könnte nicht klarer sein. Gerade wegen der genauen Zweckbestimmung, der sie dienen, kann von beiden Abgaben gesagt werden, daß sie Zweige der sozialen Sicherheit "betreffen", die zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung gehören. Im Sinne einer ordnungsgemäßen Auslegung der Verordnung hat übrigens der Gerichtshof selbst auf die mit einer bestimmten nationalen Vorschrift verfolgten "Ziele" abgestellt, wenn diese sich einer strengen Einstufung entzog, die eine sichere Zuordnung zu den Bestimmungen der Verordnung ermöglicht hätte(72). Um weiter zu belegen, daß der Gerichtshof bei der Ermittlung des Geltungsbereichs der Verordnung von Einstufungen absieht und eher auf den Sachgehalt der von ihm zu prüfenden nationalen Maßnahmen abstellt, kann auf die Entscheidung des Gerichtshofes hingewiesen werden, daß selbst eine nationale Vorschrift, die nicht in den Geltungsbereich der Verordnung fällt, sich der Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht entziehen kann, falls nur zwischen der fraglichen Vorschrift und "... den Gesetzen zur Regelung der in Artikel 4 der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführten Zweige der sozialen Sicherheit [ein Zusammenhang besteht, der] unmittelbar und hinreichend relevant [ist]"(73). Im vorliegenden Fall besteht meines Erachtens aus den dargelegten Gründen in der Tat ein solcher Zusammenhang.

26 In bezug auf die Verbindung, die zwischen den betreffenden Abgaben und dem in Rede stehenden System der sozialen Sicherheit besteht, will aber die französische Regierung zwei Unterscheidungen getroffen sehen. Auch wenn sie im Kern einräumt, daß der CSG zu den aktuell verfügbaren Finanzmitteln bestimmter Zweige der sozialen Sicherheit beiträgt, meint sie doch, das gleiche gelte nicht für den CRDS, weil diese Abgabe letztlich für den allgemeinen Haushalt bestimmt sei, um die vom gesamten französischen System der sozialen Sicherheit angehäuften Schulden abzutragen (ein "bloßer Mechanismus zur Rückzahlung eines Finanzdefizits"). Diese These der Beklagten überzeugt mich nicht. Zwar ist richtig, daß die CADES als reines Finanzunternehmen nicht für die Verwaltung von Mitteln der sozialen Sicherheit im strengen Sinne zuständig ist und jedes Jahr das Aufkommen aus dem CRDS an die Staatskasse abzuführen hat; diese Zahlungen haben aber den Zweck, die Defizite von Trägern der sozialen Sicherheit oder von Einrichtungen auszugleichen, die wie ACOSS und CDC für die Verwaltung von Vorsorge- und Rentenleistungen verantwortlich sind, und dieser Schuldenstand, der im Zusammenhang mit der Einführung des CRDS durch Gesetz auf die CADES übertragen worden ist, ist insbesondere auf die Erbringung von Leistungen der sozialen Sicherheit in den 90er Jahren zurückzuführen. Ohne eine "steuerliche" Finanzierung hätten diese Schulden wahrscheinlich durch eine Finanzierung mittels Beiträgen (Erhöhung der Beiträge zur sozialen Sicherheit) finanziert werden müssen, oder es hätte, wäre die bisherige Finanzierung beibehalten worden, eine Senkung oder Begrenzung der Leistungen der sozialen Sicherheit vorgenommen werden müssen. Übrigens ist es genau das, was beim CSG eintritt: Dieser hat zum Teil Beiträge zur sozialen Sicherheit ersetzt (die gesenkt worden sind), und zwar dem steigenden Finanzbedarf des französischen Sozialsystems Rechnung getragen, zugleich aber Erhöhungen dieser Beiträge vermieden (vgl. Nr. 9 dieser Schlußanträge). Meines Erachtens kann daher der "Kunstgriff", die von der ACOSS angesammelten Schulden auf die CADES zu übertragen, nichts am Wesen des betreffenden "Finanzmechanismus" ändern und darf und kann den CRDS nicht dem Geltungsbereich der Verordnung entziehen. Eine solche Neuorganisation der Finanzierungsinstrumente eines Systems der sozialen Sicherheit unterliegt stets der allgemeinen Regelung von Artikel 13 der Verordnung, der sonst jede praktische Wirksamkeit verlieren würde. Finanzierungsinstrumente wie CSG und CRDS ganz der Geltung der Verordnung zu entziehen, liefe auf die Schaffung eines alternativen "Beitragssystems" hinaus, das die Ziele der Verordnung selbst in Frage stellen würde.

27 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die Ordonnance, mit der der CRDS eingeführt wurde, Teil einer allgemeinen Reform des französischen Systems der sozialen Sicherheit ist, die sich angesichts der in den 90er Jahren angesammelten Schulden als unumgänglich erwiesen hatte. Diese Reform hat, wie die Kommission bemerkt, nach dem ausdrücklichen Hinweis des Gesetzgebers geholfen, das "zukünftige Gleichgewicht" und die "soziale und wirtschaftliche Effizienz" des französischen Sozialsystems sicherzustellen (vgl. Fußnote 19), das heißt aber, daß ohne die strukturellen Initiativen wie den CRDS dieses System heute nicht mehr in der Lage wäre, seine Aufgaben wirksam zu erfuellen. Meines Erachtens ist das mit der Einführung des CRDS erzielte Ergebnis - die Ermöglichung eines ordnungsgemäßen Funktionierens eines Systems der sozialen Sicherheit und die fortdauernde Erbringung entsprechender Leistungen an die Berechtigten - der Beweis für den Zusammenhang, der zwischen dem in Rede stehenden speziellen Finanzierungsinstrument (Steuer mit genauer Zweckbestimmung) und dem französischen Gesamtsystem der sozialen Sicherheit besteht. Im übrigen fällt ein Instrument wie der CRDS immer dann in den Geltungsbereich der Verordnung, wenn es die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Verordnung genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit "betrifft". Schließlich muß ich entschieden dem Einwand der französischen Regierung entgegentreten, daß der CRDS gleichwohl nicht unter die Verordnung falle, weil er keinen der in Artikel 4 genannten Zweige spezifisch betreffe, sondern das Gesamtsystem der sozialen Sicherheit. Diese Denkweise der Beklagten erscheint mir erneut formalistisch. Für mich liegt es auf der Hand, daß eine Maßnahme, wenn sie das Gesamtsystem der sozialen Sicherheit berührt, notwendig auch die einzelnen Zweige betrifft, die in der Verordnung zum Zweck der Festlegung ihres sachlichen Geltungsbereichs aufgeführt werden. Alles andere würde eine allzu leichte Umgehung von Vorschriften wie Artikel 13 ermöglichen. Folglich sind CRDS und CSG ihrem Wesen nach und für die Zwecke der Verordnung "Soziallasten", die Teil der französischen "Rechtsvorschriften" für den Bereich der sozialen Sicherheit sind(74).

D - Das Fehlen einer unmittelbaren Gegenleistung für die Erhebung von CRDS und CSG

28 Frankreich weist weiter, um die eigentlich steuerliche Natur von CRDS und CSG zu belegen und damit nachzuweisen, daß sie nicht unter die Verordnung fallen, darauf hin, daß jede unmittelbare Gegenleistung in Form von Leistungen der sozialen Sicherheit fehle; nur wirkliche Beiträge begründeten das Recht auf eine derartige Gegenleistung. Ich bin anderer Auffassung.

29 Wie ich bereits gesagt habe, fallen unter Artikel 13 der Verordnung auch Maßnahmen der Organisation eines bestimmten Systems der sozialen Sicherheit, die zu seiner Finanzierung getroffen werden, unabhängig davon, ob sie steuerlicher Art und keine Beitragserhebungen sind oder ob sie auf der Grenze zwischen den beiden Arten der Finanzierung liegen. Das Vorliegen einer unmittelbaren Gegenleistung hat hier aber keine Bedeutung; zwar fehlt es im Fall der "Fiskalisierung" der genannten Finanzierung in bezug auf die fragliche Abgabe an einer richtigen unmittelbaren Gegenleistung; das reicht aber nicht aus, um eine Steuermaßnahme, die die soziale Sicherheit in dem oben dargelegten Sinne berührt oder "betrifft", den Kollisionsnormen für die Bestimmung des anwendbaren Rechts zu entziehen. Dem steht auch die Rechtsprechung des Gerichtshofes, auf die sich die französische Regierung gleichwohl beruft, in keiner Weise entgegen, wonach als "Beiträge" nur Zahlungen gelten, die die Gegenleistung für eine bestimmte Dienstleistung darstellen(75), und zwar aus mehr als einem Grund. Erstens dürfte das von der französischen Regierung angeführte Urteil AGF Belgium nicht einschlägig sein; es bezieht sich nämlich bei der Unterscheidung von Steuern, die dazu dienen, die allgemeinen Lasten der öffentlichen Verwaltung zu decken, und Gebühren, die die Gegenleistung für eine bestimmte Dienstleistung darstellen, überhaupt nicht auf "Beiträge zur sozialen Sicherheit"(76), sondern auf andere Abgabenformen, die alle fiskalischer Natur sind. Zweitens erschöpfen, wie ich bereits ausgeführt habe, nationale Maßnahmen, die "Beitragsleistungen" einführen, die Kategorie der "Rechtsvorschriften" im Sinne von Artikel 13 der Verordnung, soweit es die Finanzierungsinstrumente für die Systeme der sozialen Sicherheit betrifft, keineswegs. Da feststeht, daß der CSG teilweise an die Stelle von eigentlichen Beiträgen tritt und Erhöhungen der bestehenden Beiträge zu vermeiden hilft, der CRDS aber vermutlich Beitragserhöhungen oder Begrenzungen bei der Erbringung von Leistungen der sozialen Sicherheit überfluessig macht (vgl. Nr. 26 dieser Schlußanträge), würde eine Bestätigung der Auffassung der französischen Regierung paradoxerweise dazu führen, die Auferlegung von neuen "Soziallasten" zuungunsten von Wanderarbeitnehmern, die gar nicht dem französischen System der sozialen Sicherheit angehören und zuvor in Frankreich keinerlei Beiträge zu leisten hatten, zu legitimieren; damit würden im Ergebnis die von der Verordnung geschützten Wanderarbeitnehmer (ohne Gegenleistung) Steuern unterworfen werden, die allgemein dazu bestimmt sind, die von den seßhaften französischen Arbeitnehmern geschuldeten Beiträge (mit Gegenleistung) zu verringern(77).

30 Die These der französischen Regierung ist darüber hinaus, was den CSG angeht, widersprüchlich. Zum einen soll die steuerliche Natur der Abgabe belegt werden, die sich darin zeigen soll, daß sie anders als ein normaler Sozialversicherungsbeitrag keinen Anspruch auf irgendeine Gegenleistung begründet, zum anderen wird aber geltend gemacht, daß diese Steuer "ein Instrument der nationalen Solidarität [ist], so daß die Einkünfte von jedermann einen Beitrag zum sozialen Schutz aller leisten sollen", und das Ganze in einer allgemeinen Optik, mit der eine Progressivität des "Beitrags" nach Maßgabe des zu versteuernden Einkommens des einzelnen verfestigt werden soll ("gleichem Einkommen entspricht ein gleicher Beitrag", vgl. Nr. 9 dieser Schlußanträge)(78). Wenn dies aber so ist, wird der soziale Schutz immer weniger durch die unmittelbare Verknüpfung charakterisiert, die die Französische Republik unbedingt zwischen den von den französischen Arbeitnehmern entrichteten Beiträgen und den entsprechenden Leistungen feststellen will(79).

E - Prüfung der Vereinbarkeit von CRDS und CSG mit Artikel 13 der Verordnung

31 Nach alledem ist klar, daß die betreffenden Soziallasten gegen Artikel 13 verstoßen. Zum einen treffen sie, wie die Kommission ausgeführt hat, alle diejenigen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich haben, gegebenenfalls also auch die Wanderarbeitnehmer, die in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung fallen. Zum anderen werden CRDS und CSG auf der gleichen Bemessungsgrundlage erhoben wie die Sozialbeiträge des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet diese Erwerbstätigen eine Erwerbstätigkeit ausüben (oder ausgeübt haben). Diese Bemessungsgrundlage ist das Ergebnis der Ausübung der Freizügigkeit, die vom Vertrag garantiert wird. Im Urteil Perenboom hat der Gerichtshof entschieden: "Wird ein Arbeitnehmer für ein und dasselbe Arbeitseinkommen mit Sozialabgaben belastet, die sich aus der Anwendung der Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten ergeben, obgleich er nur nach den Rechtsvorschriften eines dieser Staaten die Versicherteneigenschaft besitzen kann, so unterliegt dieser Arbeitnehmer einer Doppelbelastung, die im Widerspruch zu [Artikel 13 der Verordnung] steht. ... [D]as Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers aus [einer in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit] [ist] daher keine Bemessungsgrundlage für eine - sei es auch nur teilweise - Beitragserhebung nach diesen Rechtsvorschriften [des Wohnsitzmitgliedstaats]; es unterliegt daher nicht den Soziallasten, die sich aus deren Anwendung ergeben."(80) Für Erwerbstätige, die endgültig jede Erwerbstätigkeit aufgegeben haben (und die Anspruch auf Ersatzeinkünfte haben, die ebenfalls dem CRDS und dem CSG unterliegen), gilt der Grundsatz, daß - stets auf der Grundlage der Vorschriften von Titel II der Verordnung - "von einem Rentenberechtigten nicht aufgrund der Tatsache, daß er in einem Mitgliedstaat wohnt, Pflichtversichertenbeiträge zur Deckung von Leistungen verlangt werden dürfen, die zu Lasten eines Trägers eines anderen Mitgliedstaats gehen"(81).

32 Erneut sei gesagt, daß es Artikel 13 jede praktische Wirksamkeit nehmen würde, wenn man die betreffenden Abgaben außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung ansiedeln und sie damit den Anforderungen dieses Artikels, wie er in den Urteilen Perenboom und Noij ausgelegt wurde, entziehen würde(82). Die Bestimmungen über die Ermittlung des anzuwendenden Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit (darunter Artikel 13) "... sind im Lichte ihres Zwecks auszulegen, [der] ... insbesondere auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit in der Herstellung größtmöglicher Freizügigkeit der Wanderarbeitnehmer [besteht], die eine der Grundlagen der Gemeinschaft darstellt"(83). Außerdem verstoßen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes nationale Rechtsvorschriften, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit außerhalb des Hoheitsgebiets des betreffenden Mitgliedstaats benachteiligen oder sonst ungünstig beeinflussen, gegen die Artikel 48 und 52(84); das gilt selbstverständlich auch für nationale Rechtsvorschriften, die die Finanzierung der sozialen Sicherheit betreffen(85). Nach alledem scheint es mir aber zweifelsfrei zu sein, daß die Erhebung von "Soziallasten" - gleich welcher Art - durch einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem der Wanderarbeitnehmer einer Erwerbstätigkeit nachgeht (oder nachgegangen ist), ohne weiteres eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellt, da sie ihnen den Mut nimmt, sich auf die ihnen vom Vertrag garantierten Rechte zu berufen.

F - Beurteilung der Wirkungen von CRDS und CSG

33 Nach Auffassung der Französischen Republik muß die Bedeutung jedes möglichen Hindernisses infolge der Anwendung der beiden Abgaben relativiert werden. Sie führt hierfür die Geringfügigkeit des Satzes (beim CRDS 0,5 %, beim CSG hingegen 7,5 % bzw. 6,2 % je nach Bemessungsgrundlage, also niedriger als der Satz normaler Abgaben) sowie den Umstand an, daß die beiden Abgaben nur einen geringen Teil der Wanderarbeitnehmer trägen, die zwar einer Erwerbstätigkeit im Ausland nachgingen, ihren steuerlichen Wohnsitz aber in Frankreich beibehalten hätten. Die internationalen Doppelbesteuerungsabkommen Frankreichs nach dem Vorbild der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorbereiteten Musterbesteuerungsabkommen für Einkünfte und Vermögen sähen allgemein vor, daß Einkünfte aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit in dem Vertragsstaat zu versteuern seien, in dem sie erzielt würden, oder in dem Staat, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt werde (vgl. Artikel 14 und 15). Das bedeutete, daß Einkünfte aus einer in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit von Erwerbstätigen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich beibehalten hätten, den beiden betreffenden Abgaben nicht unterworfen werden dürften. Nur ausnahmsweise sähen die von Frankreich mit den angrenzenden Staaten abgeschlossenen Abkommen vor, daß die Einkünfte einer bestimmten Kategorie von Wandersteuerschuldnern, den "Grenzerwerbstätigen" (vgl. Fußnote 37), im Wohnsitzstaat und nicht in dem Staat zu versteuern seien, in dem die Tätigkeit ausgeübt werde (vgl. Nr. 13 dieser Schlußanträge). CRDS und CSG beträfen daher nur einen geringen Teil der von der Verordnung erfaßten Arbeitnehmer. Damit soll wohl gesagt werden, daß die beiden Abgaben in keiner Weise zu beanstanden seien.

34 Der Standpunkt der französischen Regierung begegnet indessen zweierlei Bedenken. Erstens hört nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes eine nationale Maßnahme nicht deshalb auf, unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht zu sein, weil sie der Freizügigkeit der Personen oder einer anderen vom Vertrag garantierten Grundfreiheit nur ein "geringfügiges" Hindernis in den Weg stellt (vgl. Fußnote 67). Zweitens läßt die Argumentation, soweit sie auf die Bestimmungen der Abkommen abstellt, denen Frankreich angehört, die unterschiedliche Behandlung außer acht, die die Abkommen Ersatzeinkünften im Vergleich zu Einkünften aus Erwerbstätigkeit angedeihen lassen. Anders als diese sind Ersatzeinkünfte grundsätzlich im Wohnsitzstaat zu versteuern. Das gilt für Altersrenten oder für alle anderen Einkünfte als die (aus Erwerbstätigkeit), die in anderen Abkommensbestimmungen geregelt sind(86). Das bedeutet, daß CRDS und CSG die Ersatzeinkünfte aller Erwerbstätigen treffen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich beibehalten haben, und nicht nur die der "Grenzerwerbstätigen".

G - Die Diskriminierungswirkung von CRDS und CSG

35 Die Kommission macht schließlich geltend, die betreffenden Abgaben, die gleichermaßen auf alle angewandt würden, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich hätten, diskriminierten die Wanderarbeitnehmer, weil die für sie kennzeichnende objektiv unterschiedliche Situation nicht berücksichtigt werde. Diese Erwerbstätigen fielen nämlich, anders als diejenigen, die Frankreich nicht verlassen hätten, um anderswo einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, in den Geltungsbereich der Verordnung. Mir scheint, daß die Kommission nur denselben Verstoß, den sie bereits im Hinblick auf Artikel 13 der Verordnung beanstandet hat, hier unter dem Blickwinkel der Artikel 48 und 52 rügt.

36 Die herangezogene Vertragsbestimmung will in der Tat die Situation des Wanderarbeitnehmers anders behandeln als die des seßhaft gebliebenen Arbeitnehmers und damit vermeiden, daß der erstgenannte dem System der sozialen Sicherheit des Wohnsitzstaats unterworfen wird, falls dieser nicht der Staat ist, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Mit dem Verbot der Kumulierung der Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten will die Verordnung die Situation des Wanderarbeitnehmers eindeutig unterscheiden. Dies geschieht natürlich, um die Komplikationen zu vermeiden, denen er möglicherweise deshalb begegnet, weil er, anders als derjenige, der seinen Herkunftsstaat nicht verlassen hat, den nationalen Rechtsvorschriften mehrerer Staaten unterworfen ist (oder war), wenn er seine Erwerbstätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt hat (vgl. Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung). Diese Verordnung führt demnach eine Differenzierung durch und sieht wegen der besonderen Situation, in der sich der Wanderarbeitnehmer befindet, eine angemessene normative Koordinierung vor. Die zehnte Begründungserwägung ist insoweit ganz klar: "Um die Gleichbehandlung aller im Gebiet eines Mitgliedstaats erwerbstätigen Arbeitnehmer und Selbständigen am besten zu gewährleisten, ist es zweckmäßig, im allgemeinen die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden, in dessen Gebiet der Betreffende seine Arbeitnehmer- oder Selbständigentätigkeit ausübt" (Hervorhebung von mir). Der vom Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Festlegung des anzuwendenden Rechts zugrunde gelegte Tatbestand ist nicht so sehr der "steuerliche Wohnsitz" als vielmehr der Ort, an dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird (oder wurde). Offenbar führt daher die unterschiedslose Anwendung des CRDS und des CSG auf alle Erwerbstätigen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich haben, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, die ihrer Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat nachgehen, entgegen Artikel 13 - der die Kumulierung der Rechtsvorschriften untersagt - und letztlich auch entgegen Artikel 48 und 52, an die sich die Verordnung als Instrument zu deren Verwirklichung anlehnt (vgl. Artikel 51 als Rechtsgrundlage), zu einer Diskriminierung der letztgenannten Arbeitnehmer.

37 Zum Schluß sei noch bemerkt, daß im vorliegenden Fall auch die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu diskriminierenden nationalen Steuervorschriften (sie sind nach Artikel 95 EG-Vertrag [nach Änderung jetzt Artikel 90 EG] verboten) hilfreich sein kann(87). Genauer gesagt, mag auch sowohl bei CRDS als auch bei CSG der Entstehungstatbestand der Steuer objektiv und unterschiedslos für alle gelten, die in Frankreich wohnen, so ist doch nicht zu leugnen, daß die Verpflichtung der Wanderarbeitnehmer, zur Finanzierung eines Systems der sozialen Sicherheit beizutragen, dem sie nicht angehören, sie im Ergebnis gegenüber Nichtwanderarbeitnehmern diskriminiert, die allein die Leistungen dieses Systems in Anspruch nehmen können.

Ergebnis

38 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich daher dem Gerichtshof vor,

- beiden Klagen stattzugeben und festzustellen, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48 und 52 (nach Änderung jetzt Artikel 39 und 43 EG) und aus Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, verstoßen hat, daß sie

1. den Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld auf die Erwerbs- und Ersatzeinkünfte der Arbeitnehmer und Selbständigen angewandt hat, die in Frankreich wohnen, aber in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten und daher nach der Verordnung nicht den französischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit unterliegen;

2. den allgemeinen Sozialbeitrag auf die Erwerbs- und Ersatzeinkünfte der Arbeitnehmer und Selbständigen angewandt hat, die in Frankreich wohnen, aber in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten und daher nach der Verordnung nicht den französischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit unterliegen;

- der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

(1) - Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 1; nachstehend: Verordnung), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung. Die Verordnung wurde nach der Konsolidierung durch die Verordnungen (EG) Nr. 1223/98 des Rates vom 4. Juni 1998 (ABl. L 168, S. 1), (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 209, S. 1) und (EG) Nr. 307/99 des Rates vom 8. Februar 1999 (ABl. L 38, S. 1) geändert.

(2) - 1988 entsprachen beispielsweise die Steuereinnahmen, bezogen auf sämtliche Komponenten der Finanzierung der sozialen Sicherheit, 77,5 % in Dänemark, 18,2 % in Frankreich, 25,2 % in Deutschland, 14,6 % in den Niederlanden und 43,4 % im Vereinigten Königreich (vgl. A. Euzeby, Le financement de la protection sociale dans les pays de la CEE: problèmes et perspectives, Travaux du congrès "Quel avenir pour l'Europe sociale: 1992 et après?", Brüssel, 16. und 17. November 1990, Verlag Ciaco, 1992, S. 133, Tabelle 3, insbesondere S. 157).

(3) - Die Leistungen der sozialen Sicherheit zählen zu den Ausgaben, die am stärksten die Schwankungen des "Gewichts" der gesamten öffentlichen Ausgaben im Verhältnis zum internen Bruttosozialprodukt der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bestimmen (G. Sigillò Massara, "I finanziamento della sicurezza sociale nella CEE: problemi e prospettive", in: Il sistema previdenziale europeo, Herausgeber R. Pessi, CEDAM, Mailand, 1993, S. 135, insbes. S. 136 mit Angabe von OECD-Daten).

(4) - Die Verordnung ist ferner auf der Grundlage von Artikel 235 EG-Vertrag (jetzt Artikel 308 EG) erlassen worden.

(5) - Die Verordnung, die ursprünglich nur für Arbeitnehmer galt, ist nachträglich auf Selbständige durch die Verordnung (EWG) Nr. 1390/81 des Rates vom 12. Mai 1981 zur Ausdehnung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, auf die Selbständigen und ihre Familienangehörigen (ABl. L 143, S. 1), ausgedehnt worden. Da der EG-Vertrag keine spezifischen Handlungsbefugnisse für eine solche Ausdehnung enthält, sind Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1390/81 die Artikel 2 (nach Änderung jetzt Artikel 2 EG), 7 (aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam), 51 und 235 EG-Vertrag.

(6) - JORF vom 25. Januar 1996, S. 1226.

(7) - Vgl. Artikel 14-I der Ordonnance, der auf Artikel L. 136-1 des Sozialgesetzbuchs (Code de la securité sociale; nachstehend: CSS) verweist; der aktuelle Artikel 136-1 des CSS (vormals Artikel 127 des Gesetzes 90-1168 zur Einführung des CSG; vgl. unten, Fußnote 20) ist durch das Haushaltsergänzungsgesetz für 1993 Nr. 93-859 vom 22. Juni 1993 geändert worden. Steuerlichen Wohnsitz in Frankreich haben die Personen, die die Voraussetzungen von Artikel 4 B des Code général d'impôts (Steuergesetzbuch) erfuellen, d. h. "Personen, die in Frankreich ihren Wohnsitz oder ihren Hauptaufenthalt haben, die in Frankreich eine abhängige oder selbständige Berufstätigkeit ausüben, falls sie nicht den Nachweis erbringen, daß es sich um eine Nebentätigkeit handelt, und die in Frankreich das Zentrum ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit haben" (Übersetzung von mir). Ebenso wie der CSG (vgl. Fußnote 21) gilt der CRDS aber nicht für die Einkünfte aus der Berufstätigkeit von (unselbständigen oder selbständigen) Erwerbstätigen in Frankreich, die zwar den französischen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit unterliegen, ihren steuerlichen Wohnsitz aber in einem anderen Mitgliedstaat haben.

(8) - Die Einkünfte, die vom CRDS erfaßt werden, sind weitgehend die gleichen wie die, die dem CSG unterliegen (vgl. Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Ordonnance Nr. 96-50, der auf die in den Artikeln L. 136-2 bis L. 136-4 des CSS über den CSG genannten Erwerbs- und Ersatzeinkünfte verweist. Die Artikel L. 136-1 bis L. 136-5 des CSS entsprechen der Eingliederung der Gesetzesvorschriften zur Einführung des CSG in das CSS [vgl. Artikel 7 des Gesetzes Nr. 93-936 vom 22. Juli 1993, JORF vom 23. Juli 1993, S. 10374; nachstehend: Gesetz 93-936]). Ursprünglich betraf der CRDS eine Reihe von Einkünften, die nicht dem CSG unterlagen. Zu den nicht vom CSG, wohl aber vom CRDS erfaßten Erwerbseinkünften gehörten z. B. die Beiträge der Arbeitgeber zu ergänzenden Sozial- und Rentensystemen, Entschädigungen bei Änderung oder Aufhebung von Arbeitsverträgen und ergänzende Familienzulagen für Arbeitnehmer mit Kindern, während zu den ausschließlich vom CRDS erfaßten Ersatzeinkünften die Leistungen bei Arbeitslosigkeit, bei Alter oder bei Invalidität zugunsten von der Einkommensteuer befreiten Arbeitnehmer gehörten, ferner die -mutterschafts- und -arbeitsunfallgelder sowie die Wohnzulagen (vgl. Artikel 14 der Ordonnance und den Bericht an den Präsidenten der Republik zur Ordonnance vom 24. Januar 1996 über die Begleichung der Sozialschuld, JORF vom 25. Januar 1996, S. 1225, insbes. S. 1226). In der Folge wurde aufgrund der Artikel 9 ff. des Gesetzes Nr. 96-1160 vom 27. Dezember 1996 über die Finanzierung der sozialen Sicherheit für das Jahr 1997 (JORF vom 29. Dezember 1996, S. 19369; nachstehend: Gesetz Nr. 96-1160) die Besteuerungsgrundlage für die Berechnung des CSG durch Änderungen der Artikel L. 136-1 ff. des CSS erweitert. Bei den Erwerbseinkünften hat diese Erweiterung dazu geführt, daß diese Grundlage nun mit der des CRDS übereinstimmt, während bei den Ersatzeinkünften die gegenwärtige Erweiterung der Besteuerungsgrundlage für den CSG weniger weit geht als beim CRDS, da Familienleistungen und Wohnzulagen nicht berücksichtigt werden (vgl. den Regierungsbericht im Anhang des Gesetzes Nr. 96-1160, der die Orientierungen der Gesundheits- und Sozialpolitik und die Zielvorgaben für die allgemeinen Bedingungen des Finanzausgleichs darstellt, JORF vom 29. Dezember 1996, S. 19376, Abschnitt 3.2.1). Die nahezu vollständige Anpassung der Besteuerungsgrundlage des CSG an die des CRDS hat eine Vereinfachung des Quellenabzugs bei den Löhnen der Arbeitnehmer ermöglicht, der vom Arbeitgeber vorzunehmen ist (a. a. O.).

(9) - Artikel 15-III Nr. 1 der Ordonnance.

(10) - Vgl. Artikel 136-6 III des CSS, auf den Artikel 15-I Absatz 3 der Ordonnance verweist (der an sich den CRDS auf Einkünfte aus Vermögen betrifft, der nicht Gegenstand der Rechtssache C-34/98 ist), auf den wiederum Artikel 15-III über den CRDS auf "ausländische" Einkünfte verweist.

(11) - Artikel 19 der Ordonnance.

(12) - Vgl. Artikel 14-I und 15-III der Ordonnance. Die Kommission hat zu verstehen gegeben, daß das Gesetz zur Finanzierung der sozialen Sicherheit für das Jahr 1998 den zeitlichen Anwendungsbereich des CRDS bis zum Januar 2014 ausgedehnt habe.

(13) - Die CADES ist gemäß Artikel 1 der Ordonnance gegründet worden.

(14) - Organisation und Verwaltung, Finanzen und Rechnungsführung der CADES sind eingehend im Dekret Nr. 96-353 vom 24. April 1996 über die CADES geregelt (JORF vom 26. April 1996, S. 6395; nachstehend: Dekret).

(15) - Das entspricht 20,6 Mrd. EUR. 1996 betrugen die Zinsen auf diese Schuld 8,2 Mrd. FRF, was 1,25 Mrd. EUR entspricht (vgl. den Bericht an den Präsidenten der Republik, zitiert in Fußnote 8, S. 1225).

(16) - Vgl. Artikel 4-I der Ordonnance. Die CDC ist eine nationale öffentliche Einrichtung mit Sonderstatut, ursprünglich "gesetzlich, ausschließlich und zwingend" bestimmt zur Hinterlegung und Verwaltung privater Mittel, später eigenständig und für fremde Rechnung verantwortlich für die Geschäftsführung und Verwaltung einer Reihe von Fonds geworden, deren Überwachung im öffentlichen Interesse liegt (Spar-, Vorsorge-, Ruhestands-, Sozial- und Notariatsfonds usw.; vgl. M. Pomey: "Le régime juridique de la Caisse des dépôts et consignations", in: La Revue Administrative, 1974, Nr. 157, S. 18). Die CDS ist auch mit der unmittelbaren Zahlung bestimmter Unterstützungsleistungen betraut (vgl. Urteile vom 6. Juni 1985 in der Rechtssache 157/84, Frascogna I, Slg. 1985, 1739, und vom 9. Juli 1987 in der Rechtssache 256/86, Frascogna II, Slg. 1987, 3431).

(17) - Das entspricht etwa 1,9 Mrd. EUR; vgl. Artikel 4-III der Ordonnance.

(18) - Das entspricht 0,45 Mrd. EUR.

(19) - Zu den Einnahmen und Ausgaben der CADES im einzelnen vgl. die Artikel 9 und 10 des Dekrets. Der CRDS folgte auf eine ganze Reihe außergewöhnlicher, aber letztlich erfolgloser Maßnahmen, die das in den 90er Jahren aufgetretene Defizit der sozialen Sicherheit decken sollten, und wurde im Rahmen einer umfassenden Reform des französischen Systems der sozialen Sicherheit von strukturellen und dringlichen Ausgleichsmaßnahmen begleitet wie der Ordonnance Nr. 96-51 vom 24. Januar 1996 über dringliche Maßnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts der sozialen Sicherheit (JORF vom 25. Januar 1996, S. 1230; diese Ordonnance soll das finanzielle Gleichgewicht der Zweige Krankheit und Familie wiederherstellen). In dem Bericht zu dieser Ordonnance an den Präsidenten der Republik heißt es: "Die von der Regierung vorgelegte Reform des sozialen Schutzes umfaßt strukturelle Maßnahmen zur Stärkung des künftigen Gleichgewichts der Systeme der sozialen Sicherheit auf soliden Grundlagen. Denn dieses Gleichgewicht ist die Garantie für die Dauerhaftigkeit dieser Systeme und ihre soziale und wirtschaftliche Effizienz" (JORF vom 25. Januar 1996, S. 1229; Übersetzung von mir).

(20) - JORF vom 30. Dezember 1990 (Artikel 127, S. 16387). Nach Einführung der Abgabe sind die Vorschriften über den CSG durch das Gesetz 93-936 (vgl. Fußnote 8) in das CSS übernommen worden. Bereits zweimal hat der Conseil constitutionnel (Verfassungsgerichtshof der Französischen Republik) Gelegenheit gehabt, auf der Grundlage des französischen Rechts die Rechtsnatur des CSG als eigentliche Steuer zu bestätigen (vgl. Urteile Nr. 90-285 vom 28. Dezember 1990, JORF vom 30. Dezember 1990, S. 16609, und Nr. 96-384 vom 19. Dezember 1996, JORF vom 29. Dezember 1996, S. 19380).

(21) - Vgl. Artikel 136-1 des CSS (früher Artikel 127 des Gesetzes 90-1168). Zu den dem CSG Unterworfenen bemerkt die französische Regierung, daß der CSG wie der CRDS (vgl. Fußnote 7) nicht die Einkünfte aus der Berufstätigkeit von (unselbständigen oder selbständigen) Erwerbstätigen in Frankreich erfaßt, die zwar den französischen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit unterliegen, ihren steuerlichen Wohnsitz aber in einem anderen Mitgliedstaat haben.

(22) - Vgl. Artikel 136-5 I des CSS (früher Artikel 131-I des Gesetzes Nr. 90-1168).

(23) - Gemäß Artikel L. 136-5 I Absatz 2 des CSS (früher Artikel 131-I Absatz 2 des Gesetzes Nr. 90-1168) sind die URSSAF und die allgemeinen Sozialversicherungskassen berechtigt, nach den im CSS vorgesehenen Verfahren Kontrollen der Abführung des CSG durchzuführen.

(24) - Die Erhebung des CSG bei a) Grenzgängern, b) Arbeitnehmern als einzigen Vertretern ihrer Arbeitgeber, die ihren Sitz nicht in Frankreich haben, und c) Beziehern von Renteneinkünften in Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit im Ausland hatte - so die französische Regierung - einige besondere Schwierigkeiten mit sich gebracht, so etwa die Pflicht, sich bei einem französischen Sozialversicherungsträger einzuschreiben (während der CRDS unmittelbar an die Finanzverwaltung entrichtet wird, an die die Steuererklärung zu richten ist) oder periodisch eine Erklärung über die im Ausland erzielten und in FRF umgerechneten Einkünfte abzugeben.

(25) - Die einzelnen Abgabensätze wurden jeweils durch Artikel 134-I des Gesetzes Nr. 90-1168, Artikel 8-III des Gesetzes Nr. 93-936, Artikel 37 des Gesetzes Nr. 96-1160 und Artikel L. 136-8 I und II des CSS festgelegt. Der angeführte Bericht an die Regierung zum Gesetz Nr. 96-1160 beziffert für das Haushaltsjahr 1997 das gesamte Aufkommen aus dem CSG mit 44,2 Mrd. FRF (das sind etwa 6,7 Mrd. EUR), wobei 74 % dem CSG auf Erwerbseinkünfte, 19 % dem CSG auf Ersatzeinkünfte und 7 % dem CSG auf Einkünfte aus Vermögen zuzurechnen sind (JORF vom 29. Dezember 1996, S. 19378).

(26) - Vgl. Artikel 134-II des Gesetzes 90-1168.

(27) - Der FSV wurde nach Artikel 1 des Gesetzes Nr. 93-936 errichtet und ist jetzt in Artikel L. 135-1 des CSS geregelt.

(28) - Vgl. Artikel 94 des Gesetzes Nr. 96-1181 vom 30. Dezember 1996 (JORF vom 31. Dezember 1996, S. 19490).

(29) - G. Sigillò Massari, a. a. O., S. 166, mit besonderem Hinweis auf den CSG. Der französische Fall scheint kein Einzelfall zu sein. Laut Williams sind "im letzten Teil dieses Jahrhunderts ... die Techniken der Einkommensbesteuerung herangezogen worden, um Gelder für die soziale Sicherheit einzunehmen" (D. Williams: "Asscher: the European Court and the power to destroy", in: EC Tax Review, 1997, S. 4, insbes. S. 6, Übersetzung von mir).

(30) - Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Die soziale Sicherheit in Europa, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 1995, S. 32.

(31) - Zum Beispiel trat neben die Erhöhung des Satzes des CSG um einen Prozentpunkt (von 2,4 % auf 3,4 %, vgl. Fußnote 8 dieser Schlußanträge), der für die Krankenversicherung bestimmt war, eine gleichzeitige Senkung der Sozialversicherungsbeiträge auf Erwerbseinkünfte um 1,3 % (vgl. den zitierten Bericht der Regierung zum Gesetz Nr. 96-1160, Nr. 3.22, der auf die Artikel 17 bis 26 dieses Gesetzes verweist).

(32) - Vgl. G. Sigillò Massara, a. a. O., S. 144 und 145, der hierzu ausführt: "Die Tendenz, öffentliche Mittel zur Finanzierung von Leistungen an alle Bürger einzusetzen, verstärkt sich, soweit es um Familienleistungen geht, in zahlreichen Ländern, darunter in Deutschland, Dänemark, Italien, Irland, den Niederlanden und im Vereinigten Königreich. Frankreich ist dieser Richtung nur teilweise gefolgt, indem es mit dem Haushaltsgesetz für 1991 die Contribution sociale généralisée (CSG), eine zweckgebundene Steuer auf einer breiten Besteuerungsgrundlage, eingeführt hat, deren Aufkommen zusammen mit dem von den Arbeitgebern geschuldeten Beitrag an die Zentralkasse für Familienleistungen [die CNAF] geht" (S. 163, Fußnoten weggelassen). Bei der Suche nach größerer Rationalität in der Wahl der Form für die Aufbringung der Mittel hat man in einigen Staaten ferner mehr oder weniger umfassend zu Formen indirekter Besteuerung gegriffen, im allgemeinen mit einer Festlegung des Bestimmungszwecks. "In Griechenland stammen 27 % der Finanzierung der Rentenkassen der Rechtsanwälte ... aus der indirekten Besteuerung von Tabaken, Lotteriegewinnen und Kraftfahrzeugführerscheinen. In Belgien wird ein Teil der indirekten Steuern auf Tabak und ein Zuschlag von 10 % auf Versicherungsprämien für Kraftfahrzeuge an die Systeme der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer gezahlt (vgl. Urteil vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-191/94, AGF Belgium, Slg. 1996, I-1859), während in Frankreich die Erwerbstätigen in der Landwirtschaft einen Teil der Steuern auf alkoholische Getränke zugewiesen erhalten" (Sigillò Massara, a. a. O., S. 160, Fußnoten weggelassen). In Frankreich sind weiter 1997 indirekte Steuern auf Tabake und alkoholische Getränke eingeführt worden, um die CNAMTS (Caisse nationale de l'assurance maladie des travailleurs salariés, nationale Arbeitnehmerkrankenkasse) und den FSV zu finanzieren (vgl. Artikel 27 ff. des Gesetzes Nr. 96-1160 und den entsprechenden Bericht der Regierung, JORF, S. 19380).

(33) - Eine ähnliche Begradigung ist auch ganz allgemein für die CANAM in Aussicht genommen, für die nur ein geringer Teil der Mittel der CADES vorgesehen sind (vgl. Nr. 5 dieser Schlußanträge). Die französische Regierung bestreitet, wie wir noch sehen werden, die Behauptung, daß der CRDS die soziale Sicherheit "alimentieren" soll, weil ihrer Meinung nach dieser Beitrag als durchlaufender Posten bei der Finanzeinrichtung CADES letztlich für den allgemeinen Staatshaushalt bestimmt ist.

(34) - Das von der Kommission vorgeschlagene Auslegungskriterium geht auf das Kriterium zurück, das der Gerichtshof bei der Prüfung heranzieht, ob bestimmte Sozialleistungen in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung fallen: "Denn die Unterscheidung zwischen den vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ausgenommenen und den in diesen Bereich fallenden Leistungen beruht ... hauptsächlich auf den Wesensmerkmalen der einzelnen Leistungen, insbesondere ihrer Zweckbestimmung und den Voraussetzungen für ihre Gewährung" (vgl. u. a. Urteile vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 207/78, Even, Slg. 1979, 2019, Randnr. 11, vom 27. März 1985 in der Rechtssache 249/83, Hoeckx, Slg. 1985, 973, Randnr. 11, und in der Rechtssache 122/84, Scrivner und Cole, Slg. 1985, 1027, Randnrn. 18 und 19, vom 3. Juni 1992 in der Rechtssache C-45/90, Paletta, Slg. 1992, I-3423, Randnr. 16, vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C-78/91, Hughes, Slg. 1992, I-4839, Randnr. 14, vom 10. März 1993 in der Rechtssache C-111/91, Kommission/Luxemburg, Slg. 1993, I-817, Randnr. 28, vom 2. August 1993 in der Rechtssache C-66/92, Acciardi, Slg. 1993, I-4567, Randnr. 13, vom 10. Oktober 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-245/94 und C-312/94, Hoever und Zachow, Slg. 1996, I-4895, Randnr. 17, und vom 5. März 1998 in der Rechtssache C-160/96, Molenaar, Slg. 1998, I-843, Randnr. 19). Einen ähnlichen Ansatz, der auf einer Untersuchung der "Wesensmerkmale" der Steuer (wie der Besteuerungsgrundlage und des Umstands, daß sie für alle Phasen der Produktion und des Vertriebs gilt) beruht, wählt der Gerichtshof bei der Prüfung eines etwaigen Verstoßes der Mitgliedstaaten gegen das Verbot nach Artikel 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemmessungsgrundlage, ABl. L 145, S. 1) -, Steuern, Abgaben und Gebühren einzuführen, die den "Charakter von Umsatzsteuern" haben; vgl. z. B. Urteile vom 31. März 1992 in der Rechtssache C-200/90 (Dansk Denkavit und Poulsen Trading, Slg. 1992, I-2217, Randnrn. 12 bis 14), vom 7. Mai 1992 in der Rechtssache C-347/90 (Bozzi, Slg. 1992, I-2947, Randnrn. 14 bis 17), vom 1. Dezember 1993 in der Rechtssache C-234/91 (Kommission/Dänemark, Slg. 1993, I-6273, Randnr. 6) und vom 19. Februar 1998 in der Rechtssache C-318/96 (SPAR, Slg. 1998, I-785, Randnrn. 22 bis 29).

(35) - Was die CANAM betrifft (vgl. Nr. 5 dieser Schlußanträge), so werden Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung erfaßt.

(36) - Hiernach ist der Begriff "Grenzgänger" wie folgt definiert: "Jeder Arbeitnehmer oder Selbständige, der seine Berufstätigkeit im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehrt; der Grenzgänger, der von dem Unternehmen, dem er gewöhnlich angehört, innerhalb des Gebietes des gleichen oder in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, oder der dort eine Dienstleistung erbringt, behält jedoch bis zur Hoechstdauer von vier Monaten die Eigenschaft eines Grenzgängers, selbst wenn er während dieser Zeit nicht täglich oder mindestens einmal wöchentlich an seinen Wohnort zurückkehren kann."

(37) - Die Definition des Grenzerwerbstätigen in diesen bilateralen Abkommen ist weder homogen, noch stimmt sie mit der in Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung überein. Die Kommission hat beispielsweise darauf hingewiesen, daß das Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland die Qualität eines "Grenzerwerbstätigen" demjenigen französischen Erwerbstätigen zuspricht, der in Frankreich nicht mehr als 20 km von der deutschen Grenze entfernt wohnt und in Deutschland nicht mehr als 30 km von der französischen Grenze entfernt einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

(38) - Die vorliegenden Verfahren betreffen allerdings nicht den CRDS und den CSG, soweit sie auf Erwerbs- oder Ersatzeinkünfte erhoben werden, die in Frankreich bezogen werden (oder aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Frankreich stammen). Was insbesondere den CRDS angeht, so betrifft ihn das Verfahren C-34/98 in den Fällen nicht, in denen er auf andere Einkunftsarten wie etwa die aus Vermögen erhoben wird (vgl. Nr. 5 dieser Schlußanträge).

(39) - Urteil vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, Slg. 1986, 1, Randnr. 20).

(40) - Die französische Regierung verweist zur Bestätigung der steuerlichen (und nicht beitragsähnlichen) Natur des CRDS darauf, daß diejenigen Erwerbstätigen befreit seien, die zwar ihrer Erwerbstätigkeit in Frankreich nachgingen, steuerlich aber ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hätten. Das scheint kennzeichnend zu sein, weil die Behandlung dieser Abgaben eindeutig eine andere ist als die der Pflichtbeiträge, bei denen allein - so die französische Regierung - die Grundsätze von Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Verordnung zu beachten seien (wonach die Beiträge in dem Staat zu erbringen sind, in dem man arbeitet), soweit sie in deren Geltungsbereich fielen.

(41) - Nach einem in allen Rechtsordnungen anerkannten steuerrechtlichen Grundsatz und vorbehaltlich der Anwendung der entsprechenden Bestimmungen internationaler Doppelbesteuerungsabkommen sind Personen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in einem bestimmten Staat haben, dort bezüglich aller ihrer Einkünfte in der gesamten Welt einer sogenannten "unbeschränkten" Steuerpflicht unterworfen, anders als diejenigen, die nicht dort wohnen und steuerpflichtig nur bezüglich der Einkünfte sind, die sie in dem genannten Staat beziehen.

(42) - Vgl. statt vieler Urteil vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C-185/96 (Kommission/Griechenland, Slg. 1998, I-6601, Randnrn. 30 und 32).

(43) - Urteile vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96 (Kohll, Slg. 1998, I-1931, Randnr. 17) und in der Rechtssache C-120/95 (Decker, Slg. 1998, I-1831, Randnr. 21); vgl. auch Urteile vom 12. Juli 1979 in der Rechtssache 266/78 (Brunori, Slg. 1978, 2705), vom 7. Februar 1984 in der Rechtssache 238/82 (Duphar u. a., Slg. 1984, 523, Randnr. 16), vom 28. November 1991 in der Rechtssache C-186/90 (Durighello, Slg. 1991, I-5773, Randnr. 14), vom 17. Februar 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-159/91 und C-160/91 (Poucet und Pistre, Slg. 1993, I-637, Randnr. 6) und vom 17. Juni 1997 in der Rechtssache C-70/95 (Sodemare u. a., Slg. 1997, I-3395, Randnr. 27).

(44) - Urteil vom 29. April 1999 in der Rechtssache C-311/97 (Royal Bank of Scotland, Slg. 1999, I-2651, Randnr. 19); vgl. auch Urteile vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-246/89 (Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1991, I-4585, Randnr. 12), vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93 (Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnr. 21), vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-80/94 (Wielockx, Slg. 1995, I-2493, Randnr. 16), vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-107/94 (Asscher, Slg. 1996, I-3089, Randnr. 36), vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-250/95 (Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471, Randnr. 19), vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-118/96 (Safir, Slg. 1998, I-1897, Randnr. 21) und vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96 (Imperial Chemical Industries, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 19).

(45) - Vgl. z. B. Urteile vom 23. September 1982 in der Rechtssache 275/81 (Koks, Slg. 1982, 3013, Randnr. 10) und in der Rechtssache 276/81 (Kuijpers, Slg. 1982, 3027, Randnr. 14), vom 12. Juni 1986 in der Rechtssache 302/84 (Ten Holder, Slg. 1986, 1821, Randnr. 21), vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 60/85 (Luijten, Slg. 1986, 2365, Randnr. 14), Decker (zitiert in Fußnote 43, Randnr. 23) und Kohll (zitiert in Fußnote 43, Randnr. 19) sowie die entsprechenden Schlußanträge von Generalanwalt Tesauro (Nrn. 17 bis 25) und Urteil vom 26. Januar 1999 in der Rechtssache C-18/95 (Terhoeve, Slg. 1999, I-345, Randnr. 34). Vgl. auch Urteile vom 24. September 1987 in der Rechtssache 43/86 (De Rijke, Slg. 1987, 3611, Randnr. 12), vom 21. Februar 1991 in der Rechtssache C-245/88 (Daalmeijer, Slg. 1991, I-555, Randnr. 15), vom 30. Januar 1997 in der Rechtssache C-340/94 (De Jaeck, Slg. 1997, I-461, Randnr. 36) und vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-20/96 (Snares, Slg. 1997, I-6057, Randnr. 45); dort hat der Gerichtshof klargestellt, daß die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit so auszuüben sind, daß nicht zwischen Inländern und Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten unterschieden wird und damit eines der grundlegenden Prinzipien des Gemeinschaftsrechts, wie es in Artikel 6 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG) und in Artikel 3 der Verordnung verankert ist, gewahrt bleibt.

(46) - Mit Ausnahme, soweit es die direkte Besteuerung betrifft, der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (ABl. L 225, S. 1) und der Richtlinie 90/435/EWG vom gleichen S. 6).

(47) - Urteil vom 18. Mai 1995 in der Rechtssache C-327/992 (Rheinhold & Mahla, Slg. 1995, I-1223, Randnr. 22; Hervorhebung von mir); in gleichem Sinne Urteil vom 10. Januar 1980 in der Rechtssache 69/79 (Jordens-Vosters, Slg. 1980, 75, insbes. Randnr. 8). In der Rechtssache Kommission/Frankreich (Urteil vom 16. Januar 1992 in der Rechtssache C-57/90, Slg. 1992, I-75) hat sodann Generalanwalt Lenz die These der Beklagten, daß sich die Verordnung nicht mit den Modalitäten der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit befasse, da sie die bloße Koordinierung der nationalen Regelung im Auge habe, entschieden zurückgewiesen. Diese These (sie ähnelt stark derjenigen, die die französische Regierung in den vorliegenden Verfahren vertritt) stützte sich auf das Fehlen einer Definition des Begriffes "Beitrag" und zugleich auf die Unterschiede in der Organisation und Finanzierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit. Generalanwalt Lenz teilt die Auffassung der Kommission in bezug auf die ausschließliche Anwendbarkeit der Vorschriften nur einer Rechtsordnung und den Grundsatz der Parallelität von Beiträgen und Leistungen (vgl. jeweils Nrn. 18 und 19 des Sitzungsberichts und Nr. 22 der Schlußanträge vom 19. September 1991). Der Gerichtshof hat zu diesem Punkt nicht Stellung genommen, da nach seiner Meinung Vorruhestandsgelder und Zusatzrenten, die Gegenstand der betreffenden Finanzierung waren, nicht unter die Verordnung fielen, so daß diese Finanzierung nicht von den Bestimmungen des Titels II der Verordnung erfaßt werden konnte (Randnr. 14).

(48) - Vgl. Urteil vom 7. März 1991 in der Rechtssache C-10/90 (Masgio, Slg. 1991, I-1119, Randnr. 16).

(49) - Dann aber kann ich mich der These der französischen Regierung nicht anschließen, der Rat habe es bewußt unterlassen, in den Bereich der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit einzugreifen (vgl. Nr. 15 dieser Schlußanträge). Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung war das Besteuerungsinstrument recht verbreitet, um dann immer größere Bedeutung zu erlangen (vgl. Nr. 2 dieser Schlußanträge); das wird im übrigen durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes bestätigt, der sich mehrfach mit Sachverhalten zu befassen hatte, die zum Bereich der sozialen Sicherheit gehörten und durch öffentliche Finanzierung gekennzeichnet waren (hierzu weiter unten in dieser Fußnote). Es dürfte daher unwahrscheinlich sein, daß der Rat (obwohl er doch im Laufe der Jahre diese Verordnung mehrfach geändert hat) vom Anwendungsbereich der Verordnung - indem er einfach davon absah, eine Entscheidung in diesem Sinne zu formulieren - ein so bedeutendes Phänomen wie die fiskalische Finanzierung ausgeschlossen hat (im übrigen hat der Gemneinschaftsgesetzgeber, wenn er bestimmte Tatbestände von der Verordnung ausschließen wollte, dies ausdrücklich getan, vgl. z. B. die Artikel 1 Buchstabe j Unterabsatz 4 und 4 Absatz 2b). Unter den Urteilen, in denen der Gerichtshof Gelegenheit gehabt hat, sich mit aus Steueraufkommen finanzierten Sozialleistungen zu befassen, (und entschieden hat, daß sie in den materiellen Geltungsbereich der Verordnung fallen), verweise ich auf die Urteile vom 24. Februar 1987 in den verbundenen Rechtssachen 379/85, 380/85, 381/85 und 93/86 (Giletti, Slg. 1987, 955, Randnr. 3), vom 12. Juli 1990 in der Rechtssache C-236/88 (Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-3163, Randnr. 3) und Acciardi (zitiert in Fußnote 34). Vgl. ferner Urteil Poucet und Pistre (zitiert in Fußnote 34), in dem der Gerichtshof zwei Versicherungssysteme untersucht hat - die zum Teil "durch Bruchteile von Abgaben verschiedener Herkunft" oder "durch einen Beitrag des Staates ..., dessen Betrag im Finanzgesetz festgelegt ist", finanziert wurden (vgl. Schlußanträge von Generalanwalt Tesauro, Nr. 4 fünfter Absatz und Nr. 5 vierter Absatz), um deren etwaige Natur als "Unternehmen" im Sinne der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 und 82 EG) festzustellen, sowie Urteil Duphar (zitiert in Fußnote 43), das ein Versicherungssystem betraf, das zum Teil durch "Zahlungen des Staates" (Randnr. 16) finanziert wurde. Schließlich ist dem Gerichtshof in der Rechtssache Rousseau Wilmot (Urteil vom 27. November 1985 in der Rechtssache 295/84, Slg. 1985, 3759) der Fall einer steuerähnlichen Abgabe vorgelegt worden, die speziell zur Finanzierung von Vorsorgemitteln eingeführt worden war.

(50) - Wenn wir uns auf den Fall der Vorsorgeleistungen beschränken und berücksichtigen, daß dem Gerichtshof zufolge "[d]ie Unterscheidung zwischen Leistungen, die unter den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fallen, und Leistungen, die davon ausgeschlossen sind, in erster Linie von den Wesensmerkmalen der jeweiligen Leistung ab[hängt], insbesondere von ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung" (vgl. Fußnote 34), so ist an die Regelung von Artikel 1 Buchstaben t, u und v (Definition von "Leistungen" und "Renten", "Familienleistungen", "Familienbeihilfen" und "Sterbegeld") sowie von Artikel 4 der Verordnung zu denken ("Sachlicher Geltungsbereich" mit ausführlicher Aufzählung der betreffenden Zweige der sozialen Sicherheit); insbesondere Artikel 4 hat sich in der Rechtsprechung des Gerichtshofes häufig als grundlegend wichtig für die Feststellung erwiesen, ob eine bestimmte Leistung unter die Verordnung fällt (neben der in Fußnote 34 zitierten Rechtsprechung vgl. Urteile Frascogna I und Frascogna II, zitiert in Fußnote 16, in denen der Gerichtshof entschieden hat, daß die Leistung eher als "Vergünstigung" denn als "Sozialleistung" zu beurteilen war).

(51) - Zitiert in Fußnote 32.

(52) - Vgl. statt aller Urteil Pinna (zitiert in Fußnote 39, Randnr. 20) und Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 313/86 (Lenoir, Slg. 1988, 5391, Randnr. 13).

(53) - Im übrigen hat der Gerichtshof selbst, als er die Frage zu prüfen hatte, ob unter die Verordnung nationale Rechtsvorschriften mit einer doppelten Ausrichtung, Leistung der sozialen Sicherheit und Sozialhilfe, fallen, eingeräumt, daß - obzwar es für die Anwendung der Gemeinschaftsregelung über die soziale Sicherheit wünschenswert erscheinen mag, die gesetzlichen Systeme eindeutig danach zu unterscheiden, ob sie der sozialen Sicherheit oder der Sozialhilfe zuzurechnen sind - nicht auszuschließen ist, daß nationale Rechtsvorschriften ihrem persönlichen Geltungsbereich, ihren Zielen und ihren Einzelbestimmungen nach beiden Rechtsgebieten gleich nahestehen und sich so einer allgemeingültigen Einordnung entziehen (Urteil vom 9. Oktober 1974 in der Rechtssache 24/74, Biason, Slg. 1974, 999, Randnr. 9, und Urteil Giletti, zitiert in Fußnote 43, Randnr. 9).

(54) - Urteil vom 25. Februar 1969 in der Rechtssache 23/68 (Klomp, Slg. 1969, 43, Randnr. 20).

(55) - Zitiert in Fußnote 49.

(56) - Vgl. Randnrn. 8 und 16. In diesem Fall hat der Gerichtshof eine Umqualifizierung der Abgabe (vom Beitrag der sozialen Sicherheit zur Steuer) vorgenommen und dabei wegen des (weiten) Begriffes der Steuern in Artikel 3 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (um dessen Auslegung das vorlegende Gericht ersucht hatte) von den verfügbaren Einzelheiten des Rechts des betreffenden Mitgliedstaats abgesehen und insbesondere unmittelbar abgestellt auf "... Beiträge oder Abgaben jeder Art, die inländische Abgaben im Sinne des Gemeinschaftsrechts sind" (Randnr. 20; Hervorhebung von mir). Der Hinweis auf das "Gemeinschaftsrecht" ist als Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den in den Bestimmungen des Vertrages angeführten inländischen Abgaben zu verstehen, wonach es "für die Anwendung dieser Bestimmung (in jenem Fall Artikel 95 EG-Vertrag [nach Änderung jetzt Artikel 90 EG]) ... unerheblich [ist], ... ob es sich um eine Sonderabgabe handelt oder ob sie einem besonderen Zweck dient (vgl. Urteil vom 22. März 1977 in der Rechtssache 74/76, Iannelli, Slg. 1977, 557, Randnr. 19)" (Urteil AGF Belgium, zitiert in Fußnote 32, Randnr. 18). Ersichtlich hat der Gerichtshof in dieser Rechtssache ebenso wie in jener, in der die Natur von Sozialleistungen oder von Umsatzsteuern zu prüfen war (vgl. Fußnote 34), eine autonome Qualifikation der betreffenden Abgabe vorgenommen, da es um eigene Begriffe des Gemeinschaftsrechts ging.

(57) - G. Sigillò Massari, a. a. O., S. 165 (Hervorhebung von mir), unter Hinweis auf P. Mouton, "Methods of financing social security in industrial countries: an international analysis", in: [Verschiedene Autoren], Financing social security: the options. An international analysis, Genua, ILO, 1984, S. 29. Ein anderer Autor hat bemerkt, daß "das Bewußtsein zunehmender Verschränkung der verschiedenen Finanzierungsinstrumente der sozialen Sicherheit ... und die Gesamtbemühung um Gerechtigkeit und Stimmigkeit der Abgaben die Länder der Gemeinschaft bewogen [haben], Steuererhebung und Sozialbeiträge für den internationalen Vergleich in einem neuen Aggregat zusammenzuführen, der $Gesamtabgabenerhebung`" (G. Tamburi, "Welfare State, Sistemi di finanziamento. Politiche di convergenza dei sistemi di finanziamento della siccurezza sociale nei Paesi della Comunità europea", Akten des CNEL-Kongresses, Rom, 19. Februar 1992, S. 56, zitiert bei G. Sigillò Massara, a. a. O., S. 165). Sodann hat sich D. Pieters in bezug auf indirekte Steuern mit spezifischem Zweck (die allerdings in den vorliegenden Verfahren keine Rolle spielen) in einem im wesentlichen gleichen Sinne geäußert, wenn er meint, es sei überaus schwierig, in jedem Einzelfall die wahre Natur von Abgaben festzustellen, die für die soziale Sicherheit bestimmt seien, da zum einen die von den Mitgliedstaaten verwendeten "Etiketten" den Erfordernissen politischer Zweckmäßigkeit entsprächen und zum anderen ihre Unterschiedlichkeit eine Kategorisierung sehr erschwere ("Social security, taxation and European integration", in: De sociale zekerheid her-dacht, 1992, S. 235, insbes. S. 239).

(58) - G. Sigillò Massari, a. a. O., S. 165. Insbesondere in den Niederlanden sind "... die Erhebung der Lohnsteuer und die Erhebung der Beiträge zur allgemeinen Sozialversicherung kombiniert worden, so daß nunmehr die erste Besteuerungstranche eine Steuerkomponente und eine Sozialversicherungsbeitragskomponente aufweist" (Schlußanträge von Generalanwalt Léger zum Urteil vom 27. Juli 1996 in der Rechtssache C-107/94, Asscher, a. a. O.). Zur Rechtssache Asscher hat D. Williams bemerkt: "Die niederländischen Sozialversicherungsbeiträge umfassen zwei Typen, die besonderen und die allgemeinen Beiträge. Was immer die Natur der besonderen Beiträge sein mag, die allgemeinen Beiträge gehören jedenfalls, wenn man die Etikettierung beiseite läßt, zum allgemeinen Steuerrecht. [Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer hat darauf hingewiesen, daß die allgemeinen Sozialversicherungsbeiträge in den Niederlanden einige Ähnlichkeiten mit den Steuern aufweisen; Schlußanträge vom 30. April 1998 zum Urteil Terhoeve, zitiert in Fußnote 45, Nr. 30]. Wir haben es mit einem System zu tun, in dem die Regierung eine zweckgebundene Steuer auf das Einkommen als Finanzierungsinstrument für einen großen Teil des Haushalts der sozialen Sicherheit einsetzt und zugleich das allgemeine Steueraufkommen einschließlich der allgemeinen Einkommensteuer [ohne Zweckbindung] verwendet, um damit den restlichen Haushalt zu finanzieren" (D. Williams, zitiert in Fußnote 29, S. 4; Übersetzung von mir). Williams bemerkt, daß ein ähnliches System in Schweden verwendet wird, wo die Finanzverwaltung selbst die Sozialversicherungsbeiträge einzieht (a. a. O., S. 5, Fußnote 6).

(59) - "... die Finanzierung von Sozialeinrichtungen [kann] sowohl durch besondere Beiträge als auch durch Steuern erfolgen" (Urteil AGF Belgium, zitiert in Fußnote 32, Randnr. 15). Vgl. auch den Fall von Leistungen, deren finanzielle Last vom Arbeitgeber getragen wird und nicht von einem Sozialversicherungsträger (Urteil Paletta, zitiert in Fußnote 34, Randnrn. 3 und 18); siehe auch die verschiedenen in Fußnote 49 zitierten Urteile, in denen sich der Gerichtshof mit den aus dem Aufkommen der Steuer finanzierten Leistungen befaßt hat.

(60) - Vgl. Urteile Giletti (zitiert in Fußnote 49, Randnr. 7), Paletta (zitiert in Fußnote 34, Randnr. 18) und Acciardi (zitiert in Fußnote 34, Randnr. 18).

(61) - Vgl. statt aller Urteil vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-60/93 (Aldewereld, Slg. 1994, I-2991), in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß "die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die die Verwirklichung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft bezwecken - insbesondere die Vorschriften des Titels II der Verordnung Nr. 1408/71 [eine doppelte Beitragserhebung] verbieten ..." (Randnr. 26; Hervorhebung von mir).

(62) - Vgl. Nr. 15 dieser Schlußanträge. Für andere Fälle, in denen sich der Gerichtshof auf die Zweckbestimmung von Gemeinschaftsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit gestützt hat, um diese ordnungsgemäß auszulegen, vgl. z. B. Urteil Pinna (zitiert in Fußnote 39, Randnr. 21, letzter Satz) und Urteil Paletta (zitiert in Fußnote 34, Randnr. 24). Im übrigen gilt: "Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts nicht nur der Wortlaut dieser Vorschrift, sondern gegebenenfalls auch ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden" (Urteil vom 30. Januar 1997 in der Rechtssache C-221/95, Hervein und Hervillier, Slg. 1997, I-609, Randnr. 15, wo auf das Urteil vom 17. November 1983 in der Rechtssache 292/82, Merck, Slg. 1983, 3781, Randnr. 12, verwiesen wird).

(63) - Urteil vom 17. November 1993 in der Rechtssache C-73/92, Kommission/Spanien, Slg. 1993, I-5997, Randnr. 19; Hervorhebung von mir); vgl. auch Urteil vom 14. Dezember 1971 in der Rechtssache 7/71 (Kommission/Frankreich, Slg. 1971, 1003), in dem es heißt, daß "... das Verfahren zur Feststellung einer Pflichtverletzung eines Mitgliedstaates bei Meinungsverschiedenheiten über Auslegungsfragen gerade die Möglichkeit [bietet], den genauen Umfang der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu ermitteln" (Randnrn. 49 bis 51), was dem Vorschlag von Generalanwalt Roemer entsprach ("[Es] handelt sich [bei dem Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung] nur um ein objektives, die Rechtslage klärendes Verfahren ohne jede moralische Wertung ...", S. 1025; Hervorhebung von mir). Zum Schrifttum vgl. D. Simon, "Recours en constatation de manquement", Juris Classeur - Europe, Heft 380, Nr. 1, wo es heißt, daß diese "Verfahren ... objektiv [sind] und ... auf der Notwendigkeit [beruhen], die Einhaltung einer $europäischen öffentlichen Ordnung` sicherzustellen".

(64) - Urteil vom 31. März 1977 in der Rechtssache 87/76 (Bozzone, Slg. 1977, 687, Randnr. 10; Hervorhebung von mir). Mit der ihm zugrunde liegenden Betrachtungsweise steht dieses Urteil nicht allein. Der Gerichtshof sucht die Bestimmungen der Verordnung extensiv auszulegen, darunter auch Artikel 13 (vgl. z. B. Urteile Biason, zitiert in Fußnote 53, Randnrn. 12 bis 16, vom 12. Januar 1983 in der Rechtssache 150/82, Coppola, Slg. 1983, 43, Randnr. 11, Ten Holder, zitiert in Fußnote 45, Randnrn. 13 bis 15; Giletti, zitiert in Fußnote 49, Randnr. 11, und in der Rechtssache C-236/88, Kommission/Frankreich, zitiert in Fußnote 49, Randnrn. 10 und 16). Ich weise ferner darauf hin, daß der Gerichtshof im Urteil Blottner (vom 9. Juni 1977 in der Rechtssache 109/76, Slg. 1977, 1141, Randnrn. 9 bis 13) zwar festgestellt hat, daß der Begriff "Rechtsvorschriften" im Sinne von Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung sich ausschließlich auf die "bestehenden und zukünftigen" Gesetze und Verordnungen der sozialen Sicherheit bezieht, gleichwohl aber die Vorschrift so ausgelegt hat, daß diese Rechtsvorschriften "nicht so zu verstehen sind, daß sie Bestimmungen ausschließen, die zwar früher galten, im Zeitpunkt des Erlasses der genannten Gemeinschaftsverordnungen aber nicht mehr in Kraft waren", weil sonst das Ziel des Artikels 51 nicht erreicht worden wäre. Die "ausdehnende" Auslegung durch den Gerichtshof ist meines Erachtens gerade im Licht der Rechtsprechung kennzeichnend, wonach auch "die Tatsache, daß eine Vorschrift in einem Gesetz enthalten ist, das nicht in den Geltungsbereich der Verordnung fällt, nicht zwangsläufig zur Folge hat, daß diese Vorschrift ebenfalls nicht in diesen Geltungsbereich fällt" (Urteil Rheinhold & Mahla, zitiert in Fußnote 47, Randnr. 22; vgl. auch Urteil Jordens-Vosters, zitiert in Fußnote 47, Randnr. 8).

(65) - Vgl. Urteil vom 3. Mai 1990 in der Rechtssache C-2/89 (Kits van Heijningen, Slg. 1990, I-1755, Randnr. 12); vgl. auch statt vieler Urteil Luijten, zitiert in Fußnote 45, Randnr. 12, und Urteil vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-196/90 (De Paep, Slg. 1991, I-4815, Randnr. 18). Die Rechtsprechung des Gerichtshofes hat sich, wie ihr wortwörtlich zu entnehmen ist, an der achten Begründungserwägung der Verordnung orientiert.

(66) - Urteil Luijten (zitiert in Fußnote 45, Randnr. 14); vgl. auch z. B. die in Fußnote 65 zitierten Urteile Kits van Heijningen (Randnr. 12) und De Paep (Randnr. 18).

(67) - Ich spreche von Komplikationen "welcher Art auch immer", weil der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung dem Grundsatz folgt, daß auch die geringste Behinderung einer der Grundfreiheiten als Verstoß gegen den Vertrag zu betrachten ist; vgl. zum freien Warenverkehr Urteile vom 5. Juni 1986 in der Rechtssache 103/84 (Kommission/Italien, Slg. 1986, 1759, Randnr. 18) und vom 5. April 1984 in den verbundenen Rechtssachen 177/82 und 178/82 (Van de Haar, Slg. 1984, 1797, Randnr. 13); zur Freizügigkeit Urteile vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83 (Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273, Randnr. 21) und vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92 (Kraus, Slg. 1993, I-1663, Randnr. 32); zum freien Dienstleistungsverkehr Urteile vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-76/90 (Säger, Slg. 1991, I-4221, Randnr. 12) und vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92 (Schindler, Slg. 1994, I-1039, Randnr. 43); zum freien Kapitalverkehr meine Schlußanträge vom 24. Juni 1999 in der Rechtssache C-35/98 (Verkooijen, Urteil vom 6. Juni 2000, Slg. 2000, I-0000, Nr. 17); zu den vier Grundfreiheiten vgl. Urteil vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache C-48/89 (Corsica Ferries France, Slg. 1989, 4441, Randnr. 8).

(68) - Zum Beispiel die Vorschriften von Sondersystemen für selbständige Erwerbstätige, deren Schaffung der Initiative der Betreffenden überlassen ist.

(69) - Vgl. Urteil vom 2. August 1993 in der Rechtssache C-23/92 (Grana-Novoa, Slg. 1993, I-4505, Randnr. 16), in dem der Gerichtshof zwischenstaatliche Abkommen über die soziale Sicherheit vom Begriff "Rechtsvorschriften" im Sinne von Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung ausgenommen hat, weil diese "... Gegenstand besonderer Bestimmungen der Verordnung sind", wie etwa Artikel 6, der den Grundsatz aufstellt, daß "die Verordnung an die Stelle der Abkommen über die soziale Sicherheit tritt, die ausschließlich zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten ... in Kraft sind" (Randnr. 17).

(70) - Urteile De Jaeck (zitiert in Fußnote 45, Randnr. 30) und Hervein und Hervillier (zitiert in Fußnote 62, Randnr. 20).

(71) - Urteil Jordens-Vosters (zitiert in Fußnote 47, Randnr. 6; Hervorhebung von mir).

(72) - Vgl. Urteile Biason (zitiert in Fußnote 53, Randnr. 9) und Giletti (zitiert in Fußnote 49, Randnr. 9).

(73) - Rheinhold & Mahla (zitiert in Fußnote 47, Randnr. 23; Hervorhebung von mir); im gleichen Sinne auch die Schlußanträge von Generalanwalt Gulmann, Nr. 16.

(74) - Was den CSG betrifft, weise ich zur Ergänzung der Auffassung, daß dieser die französische soziale Sicherheit "betrifft", darauf hin, daß diese von Einrichtungen und nach Modalitäten erhoben wird, die für das System der sozialen Sicherheit kennzeichnend sind. Außerdem ist er wie bei normalen Beiträgen und anders als bei jeder normalen Abgabe von dem zu versteuernden Bruttoeinkommen, wenn auch nur teilweise, abziehbar.

(75) - Vgl. Urteil AGF Belgium (zitiert in Fußnote 32, Randnrn. 25 bis 28).

(76) - Die Frage nach der Natur der betreffenden Abgabe (soziale Sicherheit oder Steuer?) ist vom Gerichtshof in einem anderen Teil des Urteils geprüft worden, der der ersten Vorabentscheidungsfrage galt. Der Gerichtshof hat hierzu entschieden: "[D]ie fraglichen Abgaben [indirekte Steuern in Form von Pflichtzuschlägen zur Kraftfahrtversicherung zugunsten von Sozialeinrichtungen] [können] unabhängig davon, wie sie im nationalen Recht einzuordnen sind, nicht als Beiträge angesehen werden, die von Personen geschuldet werden, die einem System der sozialen Sicherheit unterliegen oder Mitglieder einer Sozialeinrichtung sind. Aus den Angaben im Vorlageurteil ergibt sich nämlich, daß diese Prämienzuschläge von allen Kraftfahrtversicherungsnehmern einschließlich derer, die nichts mit den begünstigten Einrichtungen zu tun haben, und folglich unabhängig davon geschuldet werden, ob der Zahlungspflichtige diesen Einrichtungen angehört" (Randnr. 16).

(77) - Ergänzt sei ferner, daß nicht in allen Staaten die Zahlung von Beiträgen zur sozialen Sicherheit einen Anspruch auf bestimmte Leistungen begründet (vgl. D. Williams, zitiert in Fußnote 29, S. 5 und 6, wo besondere Beispiele aus den britischen, irischen und schwedischen Systemen der sozialen Sicherheit angeführt werden und folgender Auffassung von Generalanwalt Léger in der Rechtssache Asscher widersprechen: "Die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen beruht auf einem Versicherungssystem: Es begründet einen Anspruch auf bestimmte Leistungen. Dagegen wird durch die Zahlung von Steuern, die mit einem Versicherungsmechanismus nichts zu tun hat, kein Anspruch auf Leistungen als solche begründet" [Nr. 82 der Schlußanträge]. Eine Aussage wie die von Generalanwalt Léger - in jeder Beziehung übereinstimmend mit der heutigen These der französischen Regierung - kann aber Williams zufolge nicht für sämtliche Systeme der sozialen Sicherheit der Europäischen Gemeinschaft gelten).

(78) - Ich weise darauf hin, daß der CRDS ebenso wie der CSG einen Zug von Solidarität aufweist, da er jeden verpflichtet, nach Maßgabe seiner Einkünfte einen Beitrag zu leisten und dabei von Qualität und Quantität der Leistungen abzusehen, die er im Laufe der Jahre erhalten hat, in denen das negative Geschäftsergebnis angewachsen ist, das nun durch den CRDS ausgeglichen werden soll.

(79) - Der Gerichtshof hat bei der Untersuchung der Merkmale eines auf dem Grundsatz der Solidarität beruhenden Systems der sozialen Sicherheit Anzeichen dafür entdeckt, daß die Beiträge in einer allgemeinen Kategorie aufgehen, die auch Zahlungen umfaßt, die keinen echten unmittelbaren und proportionalen Zusammenhang mit den Leistungen an die Berechtigten aufweisen: "Diese Solidarität bringt eine Einkommensumverteilung zwischen den Wohlhabenderen und den Personen mit sich, denen angesichts ihrer Mittel und ihrer gesundheitlichen Lage ohne eine solche Regelung die notwendige soziale Absicherung fehlen würde. ... Sie zeigt sich zudem in der Gewährung von Rentenansprüchen, denen keine Gegenleistung in Form von Beiträgen gegenübersteht und deren Höhe nicht von den geleisteten Beiträgen abhängt. Zwischen den einzelnen Systemen der sozialen Sicherheit schließlich äußert sich die Solidarität dadurch, daß sich die Systeme, die Überschüsse erwirtschaften, an der Finanzierung der Systeme mit strukturellen finanziellen Schwierigkeiten beteiligen"; Urteil Poucet und Pistre, zitiert in Fußnote 43, Randnrn. 10 bis 12; Hervorhebung von mir). In der gleichen Rechtssache hat Generalanwalt Tesauro ausgeführt: "... diese Systeme [der sozialen Sicherheit] [sind] im Unterschied zu den privaten Versicherungssystemen durch das Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen entrichteten Beiträgen und ausgekehrten Leistungen gekennzeichnet" (Nr. 9 a. E. der Schlußanträge).

(80) - Urteil vom 5. Mai 1977 in der Rechtssache 102/76 (Perenboom, Slg. 1977, 815, Tenor und Randnrn. 13 und 14; Hervorhebung von mir).

(81) - Urteil vom 21. Februar 1991 in der Rechtssache C-140/88 (Noij, Slg. 1991, I-387, Randnrn. 15, 17 und Tenor). Der Gerichtshof hat übrigens den Fall von Erwerbstätigen, die endgültig jede Erwerbstätigkeit aufgegeben haben, in den Geltungsbereich der Verordnung fallen lassen, obwohl dies in keiner Bestimmung der Verordnung vorgesehen ist (vgl. Randnr. 9). Angesichts des Zieles der Verordnung ("zur Realisierung einer möglichst vollständigen Freizügigkeit der Wanderarbeitnehmer beizutragen") hat es der Gerichtshof als Widerspruch zu diesem Ziel betrachtet, wenn "einem Arbeitnehmer ... ein Teil einer Rente, die er nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erhält, allein deshalb entzogen werden könnte, weil er in einem anderen Mitgliedstaat Wohnung genommen hat" (Randnr. 13).

(82) - Im Urteil Kits van Hijningen (zitiert in Fußnote 65) war eine ganz ähnliche Erwägung entscheidend für die Feststellung der Unvereinbarkeit einer nationalen Maßnahme mit Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (vgl. Randnr. 21).

(83) - Urteil Masgio (zitiert in Fußnote 48, Randnr. 16; Hervorhebung von mir); im gleichen Sinne Urteil vom 25. Februar 1986 in der Rechtssache 284/84 (Spruyt, Slg. 1986, 685, Randnrn. 18 und 19); vgl. auch Urteil Noij (zitiert in Fußnote 81, Randnr. 13).

(84) - Vgl. Urteile Spruyt (zitiert in Fußnote 83, Randnr. 19), vom 7. Juli 1988 in der Rechtssache 143/87 (Stanton, Slg. 1988, 3877, Randnr. 14), vom 7. Juli 1988 in den verbundenen Rechtssachen 154/87 und 155/87 (Wolf u. a., Slg. 1988, 3897, Randnr. 14), Masgio (zitiert in Fußnote 48, Randnrn. 16 und 17), vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-349/87 (Paraschi, Slg. 1991, I-4501, Randnr. 22), vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-165/91 (Van Munster, Slg. 1994, I-4661, Randnr. 27) und vom 15. Februar 1996 in der Rechtssache C-53/95 (Kemmler, Slg. 1996, I-703, Randnr. 11).

(85) - Urteil Terhoeve (zitiert in Fußnote 45, Randnr. 35).

(86) - Vgl. Artikel 18 und 21 des Musterbesteuerungsabkommens der OECD.

(87) - Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. z. B. Urteile vom 16. Dezember 1992 in der Rechtssache C-17/91, Lornoy u. a., Slg. 1992, I-6523, in der Rechtssache C-114/91, Claeys, Slg. 1992, I-6559, in den verbundenen Rechtssachen C-144/91 und C-145/91, Demoor u. a., Slg. 1992, I-6613, vom 2. August 1993 in der Rechtssache C-266/91, CELBI, Slg. 1993, I-4336, und vom 27. Oktober 1993 in der Rechtssache C-72/92, Scharbatke, Slg. 1993, I-5509) kann es "[i]n bezug auf eine Abgabe, die auf inländische und eingeführte Erzeugnisse nach denselben Kriterien erhoben wird, ... angebracht sein, den Bestimmungszweck des Aufkommens aus der Abgabe zu berücksichtigen. Wenn nämlich das Aufkommen aus einer solchen Abgabe dazu bestimmt ist, Tätigkeiten zu fördern, die speziell den belasteten inländischen Erzeugnissen zugute kommen, dann kann sich daraus ergeben, daß der Beitrag, der nach denselben Kriterien erhoben wird, dennoch insoweit eine diskriminierende Besteuerung bedeutet, als die steuerliche Belastung der inländischen Erzeugnisse durch die Vorteile, zu deren Finanzierung sie dient, aufgehoben wird, während sie für die eingeführten Erzeugnisse eine Nettobelastung darstellt" (Urteil Claeys, Randnr. 16).