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Wichtiger rechtlicher Hinweis

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62000C0235

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 12. Juli 2001. - Commissioners of Customs & Excise gegen CSC Financial Services Ltd. - Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Crown Office) - Vereinigtes Königreich. - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 - Befreite Umsätze - Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen - Vermittlung - Dienstleistungen eines "Call centers". - Rechtssache C-235/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2001 Seite I-10237


Schlußanträge des Generalanwalts


1. Die Frage des High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Crown Office) (nachfolgend: High Court) an den Gerichtshof betrifft die Auslegung einer der in der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (nachfolgend: Sechste Richtlinie) vorgesehenen Befreiungen für inländische Umsätze.

2. In dem bei dem britischen Gericht anhängigen Rechtsstreit geht es um Frage, ob die Dienstleistungen, die die CSC Financial Services Limited (nachfolgend: CSC) einem Finanzinstitut erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegen. Insbesondere möchte der High Court wissen, ob ihnen die Befreiung gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie zugute kommt.

I - Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

3. CSC ist ein Unternehmen, das Finanzinstituten Vermittlungsdienste anbietet, die in der Entgegennahme und Bearbeitung von Anrufen im Auftrag dieser Institute durch ein Call center" bestehen.

4. Die Dienstleistung stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar: Ein Unternehmen annonciert seine Finanzprodukte, wobei es die Telefonnummern von CSC angibt, die mit Hilfe geschulten Personals die erbetenen Informationen erteilt und gegebenenfalls Anträge auf Zeichnung bearbeitet, ohne jedoch beratend tätig zu werden oder das Geschäft selbst durchzuführen. Bis zu diesem Zeitpunkt werden alle Kontakte zwischen dem Unternehmen, das das Produkt anbietet, und den Verbrauchern über das Call center" abgewickelt.

5. CSC erbrachte der Sun Alliance Group (nachfolgend: Sun Alliance) Dienstleistungen wie die soeben von mir beschriebenen in Bezug auf ein Finanzprodukt namens Daisy personal equity plan" oder PEP" (nachfolgend: Daisy), das einen persönlichen Anlageplan darstellte.

6. Sun Alliance gab in den Medien Anzeigen für Daisy auf, in denen sie eine Telefonnummer angab, und zwar die des Call center" von CSC. Den potenziellen Anlegern, die diese Nummer wählten, wurden vom Vermittler Informationen im Namen der Sun Alliance erteilt. Wenn sich die Anrufer für die Anlage entschieden, bearbeitete CSC die Anträge, und ihre Mitarbeiter kontrollierten, ob die Anträge ordnungsgemäß ausgefuellt worden waren, ob die Interessenten die Aufnahmevoraussetzungen erfuellten und ob ein Zahlungsbeleg beigefügt war. Entsprechend wurde bei Auflösungen verfahren.

7. Die Formalitäten für die Ausgabe und Übertragung der Wertpapiere sowie für die Auflösung der Anlage wurden von einem anderen, nicht mit CSC verbundenen Unternehmen erledigt.

8. Die Vergütung für die Dienstleistungen, die CSC der Sun Alliance erbrachte, umfasste zwei Bestandteile: einen festen und einen nach der Zahl und der Dauer der Anrufe sowie der Zahl der Verkäufe berechneten.

9. CSC erhob Klage gegen die Entscheidung der Commissioners of Customs and Excise (Behörde für indirekte Steuern, nachfolgend: Commissioners) vom 21. April 1997, in der es hieß, dass die Dienstleistungen, die CSC der Sun Alliance erbringe, nicht von der Umsatzsteuer befreit seien. Das London Value Added Tax and Duties Tribunal gab der Klage mit Urteil vom 11. Februar 1998 statt und entschied, dass sich die Befreiung nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie auf notwendige Handlungen im Vorfeld der Ausgabe oder Übertragung von Wertpapieren erstrecke.

10. Die Commissioners legten gegen diese Entscheidung Rechtsmittel beim High Court ein und machten zur Begründung geltend, dass die betreffende Vorschrift nur Umsätze erfasse, die sich auf Wertpapiere bezögen, und sich nicht auf Handlungen im Vorfeld erstrecke, die ein Dritter im Auftrag des Emittenten erbringe. CSC vertrat die Auffassung, die Dienstleistungen, die sie der Sun Alliance erbringe, seien ein spezifischer und wesentlicher Teil der Ausgabe der Daisy-Papiere, so dass es sich um Umsätze handele, die sich auf Wertpapiere bezögen und nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreit seien.

11. Da sich der High Court über den Umfang der in der genannten Vorschrift der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung nicht sicher war, hat er dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wie ist die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung für Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", auszulegen? Insbesondere:

a) Umfasst der Ausdruck Umsatz, der sich auf Wertpapiere bezieht", nur Geschäftsvorgänge, bei denen sich die Rechte oder Pflichten der Parteien in Bezug auf das Wertpapier ändern?

b) Umfasst der Ausdruck Umsätze - einschließlich der Vermittlung -, die sich auf Wertpapiere beziehen", eine Dienstleistung, die darin besteht, potenzielle Anleger zu informieren und ihre Anträge auf Ausgabe eines Wertpapiers entgegenzunehmen und zu bearbeiten (aber nicht die Vorbereitung und Zusendung der Urkunde über den Anspruch auf das Wertpapier umfasst), wenn diese Dienstleistung von einer Person, die keine Rechte oder Pflichten aus dem Wertpapier hat, an eine Person erbracht wird, die solche Rechte oder Pflichten hat?

II - Das auszulegende Gemeinschaftsrecht

12. Abschnitt X der Sechsten Richtlinie ist den Steuerbefreiungen gewidmet. Artikel 13 betrifft die Befreiungen, die sich auf inländische Umsätze beziehen, wobei unterschieden wird zwischen solchen, die bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten betreffen (Teil A), solchen, die ihre Daseinsberechtigung aus Aspekten der Wirtschafts- und Finanzpolitik beziehen (die Mehrzahl der in Teil B enthaltenen), und solchen, die ein Teil der Lehre technische Befreiungen genannt hat (die in Teil B Buchstaben c und f sowie in Teil C genannten). Die zweite Gruppe schließt Umsätze ein, die sich auf Wertpapiere beziehen.

13. Die Bestimmung, um deren Auslegung der High Court den Gerichtshof ersucht, lautet wie folgt:

Steuerbefreiungen im Inland

...

B. Sonstige Steuerbefreiungen

Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

...

d) die folgenden Umsätze:

...

5. die Umsätze - einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung - die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von

- Warenpapieren,

- Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Artikel 5 Absatz 3."

III - Verfahren vor dem Gerichtshof

14. Die britische Regierung, CSC und die Kommission haben innerhalb der in Artikel 20 der EG-Satzung des Gerichtshofes vorgesehenen Frist schriftliche Erklärungen eingereicht.

15. Die Verfahrensbeteiligten sind in der Sitzung vom 12. Juli 2001 erschienen, um mündliche Ausführungen zu machen.

IV - Untersuchung der Vorlagefrage

16. Die vom High Court vorgelegten Fragen betreffen die Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", und insbesondere die Frage, ob dieser Ausdruck nur solche Handlungen umfasst, die den Inhalt des in dem Wertpapier verbrieften Rechtsverhältnisses ändern, oder ob sie auch Dienstleistungen wie die von CSC erbrachten einschließen.

1. Auslegungskriterien

17. Bei seiner Antwort hat der Gerichtshof als Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass grundsätzlich alle Warenlieferungen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Mitgliedstaats gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer unterliegen. Die Befreiung ist die Ausnahme und wie jede Abweichung von der Steuerpflicht eng auszulegen. Dagegen ist jede Abweichung von der Ausnahme insofern, als sie einen Rückgriff auf die allgemeine Regel voraussetzt, vom Grundsatz der engen Auslegung ausgenommen.

18. Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Vorschrift, um deren Auslegung der High Court ersucht, eine negativ formulierte Maßnahme der Wirtschaftsförderung enthält, deren Voraussetzungen ausschließlich anhand objektiver Kriterien definiert werden. Befreit werden die Umsätze, nicht diejenigen, die sie ausführen, auch wenn sie die Begünstigten sind.

19. Schließlich erfordert ein gemeinsamer Markt, auf dem ein gesunder Wettbewerb herrscht und der mit einem echten Binnenmarkt vergleichbare Merkmale aufweist, die Wahrung der Neutralität des gemeinsamen Umsatzsteuersystems, die von der Befreiungsregelung in gewisser Weise verletzt wird, weil sie gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstößt. Um Steuerbefreiungen zu vermindern und vor allem für eine schlüssige und widerspruchsfreie Besteuerung in allen Mitgliedstaaten zu sorgen, sollte daher Einigkeit darüber bestehen, dass die in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts sind.

2. Der Ausdruck Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen"

20. Der Ausdruck bedarf einer doppelten Auslegung, und zwar einer grammatischen und einer teleologischen.

21. Was die grammatische Auslegung angeht, so hatte ich bereits in meinen Schlussanträgen in der vorerwähnten Rechtssache SDC Gelegenheit, einige Erwägungen anzustellen. Dort habe ich ausgeführt, dass die Umsätze", auf die sich Artikel 13 Teil B Buchstabe d der Sechsten Richtlinie bezieht, tatsächliche vertragliche Rechtsgeschäfte sind.

22. Die romanischen Sprachfassungen verwenden ein wenig aussagekräftiges Wort, das vom lateinischen Verb operari" stammt, das betätigen", verrichten" oder arbeiten" bedeutet.

23. Die englische Fassung der Sechsten Richtlinie enthält ein Wort, das ebenfalls einen lateinischen Ursprung hat, aber spezifischer und deshalb aussagekräftiger ist. Es handelt sich um den Ausdruck transactions", der sich vom lateinischen Wort transactus" ableitet, dem Partizip des Verbs transigere", das seinerseits seinen Ursprung in agere" hat. Wörtlich bedeutet es durch etwas hindurchführen". In der deutschen Fassung erscheint der Ausdruck Umsätze", der auf Umschlag" und Transaktionen" verweist. Im Spanischen besagt der Begriff transacciones" in seiner zweiten Bedeutung eine Abmachung, ein Geschäft, eine geschäftliche Vereinbarung. Per definitionem verändert jedes Geschäft die zuvor bestehende Rechtslage und ist folglich geeignet, Rechte und Pflichten zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Nicht umsonst ist das Rechtsgeschäft eine der Quellen von Verpflichtungen.

24. Wenn ich diesen formellen Aspekt verlasse und mich einem anderen, wesentlicheren zuwende wie dem des Zieles, das der Gemeinschaftsgesetzgeber damit verfolgt, dass er eine Steuerbefreiung gewährt, sofern es sich bei der steuerbaren Tätigkeit um einen der Umsätze handelt, auf den sich Artikel 13 Teil B Buchstabe d der Sechsten Richtlinie bezieht, so stelle ich fest, dass die Befreiung keinen anderen Grund haben kann als den, Transaktionen von der Besteuerung auszunehmen, die wegen ihrer Häufigkeit und Gewohnheitsmäßigkeit ein zentraler Bestandteil der Finanzsysteme und folglich des Wirtschaftslebens der Mitgliedstaaten sind. Es geht darum, eine Belastung bestimmter Leistungen zu vermeiden, die das Funktionieren des Marktes behindern könnte.

25. In Anbetracht des dargelegten Zweckes der Vorschrift dürfen meines Erachtens nur diejenigen Umsätze von der Steuer befreit werden, deren Befreiung zur Erreichung dieses Zweckes unverzichtbar ist, d. h. diejenigen, die geeignet sind, die Rechtslage dadurch zu ändern, dass Rechte und Pflichten begründet, geändert oder zum Erlöschen gebracht werden. Neutrale Tätigkeiten ohne Außenwirkung können besteuert werden, da ihre Besteuerung keine Auswirkung auf das Finanzsystem hat.

26. Ich habe oben ausgeführt, dass die Mehrwertsteuerbefreiungen gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstoßen und deren Neutralität in Frage stellen, weil sie die Pflicht zur Weitergabe der Steuer aufheben. Diese Wirkung, die dem Hauptzweck des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zuwiderläuft, ist auf ein Minimum zu reduzieren, so dass sie auf Transaktionen beschränkt bleibt, bei denen die Erhebung der Mehrwertsteuer zu einer unerwünschten Belastung der wirtschaftlichen Tätigkeit führen könnte.

27. Aus den beiden Gründen, sowohl im Hinblick auf den Wortsinn als auch in Bezug auf den Zweck der Bestimmungen, um deren Auslegung der Gerichtshof ersucht wird, bin ich der Auffassung, dass Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie Transaktionen darstellen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf das Wertpapier zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen.

28. Der Aufwand, den CSC in ihren schriftlichen Erklärungen betrieben hat, um dem Urteil SDC Aussagen zu entnehmen, die es nicht enthält, verdient Anerkennung. Sie entnimmt ihm den Gedanken, dass, damit einem Bestandteil eines befreiten Umsatzes ebenfalls die Befreiung zugute komme, es sich um eine spezifische, wesentliche und identifizierbare Tätigkeit handeln müsse, und meint, ihre der Sun Alliance erbrachten Dienstleistungen hätten diese Eigenschaften. Das Urteil sagt jedoch etwas anderes aus. Für den Gerichtshof sind Tätigkeiten von der Steuer befreit, die dadurch, dass sie die Rechtslage ändern, in Wirklichkeit die Funktion des von der Steuer befreiten Umsatzes erfuellen, d. h. diesen Umsatz selbst darstellen. Es ist ganz klar, dass die Dienstleistungen, die CSC der Sun Alliance erbringt, nicht in diese Kategorie fallen.

29. Nur Handlungen, die unmittelbar auf das in dem Wertpapier verbriefte Rechtsverhältnis einwirken und Auswirkungen auf seinen Inhalt haben können, wie die Ausgabe, die Veräußerung, die Indossierung, die Bezahlung oder die Einlösung, fallen in den Anwendungsbereich der von mir untersuchten Steuerbefreiung. Andere Handlungen bleiben, auch wenn sie zum Hauptgeschäft beitragen, von der Befreiung ausgeschlossen. Ein klarer Beweis dafür ist die in der streitigen Vorschrift erfolgte Einschränkung dahin gehend, dass der Steuervorteil nicht für Tätigkeiten gilt, die in der Verwahrung oder Verwaltung von Wertpapieren bestehen. Beide, die Verwahrung und die Verwaltung, sind wertpapierbezogene Rechtsgeschäfte, die nicht auf den Inhalt des in den Wertpapieren verbrieften Rechtsverhältnisses einwirken können.

30. Die Ausnahme ist die Vermittlung" in Bezug auf Wertpapiere, die zwar von der Steuer befreit ist, aber, wie ich noch darlegen werde, subjektiv und objektiv so eng mit den Umsätzen verbunden ist, die die in dem Wertpapier verbrieften Rechte begründen, ändern oder zum Erlöschen bringen, dass ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich des Steuervorteils völlig gerechtfertigt erscheint.

3. Die Dienstleistungen der Erteilung von Informationen über die Wertpapiere und der Bearbeitung der Zeichnungsanträge

31. Somit kommt die Bestimmung, um deren Auslegung der High Court ersucht, nur Dienstleistungen zugute, die Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf das Wertpapier begründen, ändern oder zum Erlöschen bringen. Nunmehr ist zu untersuchen, ob Dienstleistungen, die in der Erteilung von Informationen über ein Finanzprodukt sowie gegebenenfalls in der Annahme und Bearbeitung von Anträgen auf Zeichnung der entsprechenden Wertpapiere bestehen, in diese Kategorie fallen.

32. Insoweit ist es unerheblich, dass die Dienstleistungen von einem Dritten erbracht werden, der im Rahmen eines fremden Rechtsverhältnisses tätig wird. Aus dem objektiven Charakter der Befreiung folgt, dass entscheidend für ihre Anwendung die Art der Transaktion ist und nicht die Frage, wer sie ausführt. Nichts spricht dagegen, dass eine natürliche oder juristische Person, die nicht Inhaber der Rechte und Pflichten ist, die in dem Wertpapier verbrieft sind, in den Genuss der Steuerbefreiung kommen kann, wenn sie von der Steuer befreite Umsätze erzielt.

33. Folglich ist die vom High Court in den letzten Teil der zweiten Frage eingefügte Bedingung überfluessig. Bei seiner Antwort braucht der Gerichtshof nur die Art der Dienstleistungen zu berücksichtigen, unabhängig davon, wer sie erbringt.

34. Eine Tätigkeit, die in der Erteilung von Informationen über ein Finanzprodukt und in der Bearbeitung der Zeichnungsanträge besteht, ohne Beratung und ohne Mitwirkung an der Ausgabe oder an der Auflösung der Anlagen, ist vorbereitender Art und nicht geeignet, auf den Inhalt des in dem Wertpapier verbrieften Rechtsverhältnisses einzuwirken. Deswegen ist im Einklang mit der Antwort, die ich für die erste Frage des High Court vorschlage, die zweite Frage zu verneinen.

35. Der gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreite Umsatz ist nämlich das Rechtsgeschäft zwischen Sun Alliance und dem Zeichner von Daisy-Wertpapieren, ob es sich nun um deren Ausgabe, um die Änderung einiger objektiver und subjektiver Elemente des Anlageplans oder um die Auflösung der Anlage handelt. Wenn zu den vertraglichen Befugnissen von CSC diejenigen gehören, die erforderlich sind, um im Namen von Sun Alliance einige solcher Rechtsgeschäfte auszuführen, habe ich nicht den geringsten Zweifel, dass sie von der Mehrwertsteuer befreit sind. Wenn dem jedoch nicht so ist, die Mitwirkung von CSC also in einer bloßen Nebenleistung besteht und dem Abschluss der betreffenden Rechtsgeschäfte vorausgeht, dann erstreckt sich die Steuerbefreiung meines Erachtens nicht auf sie.

36. Der Begriff Nebenleistung" ist vom Gerichtshof ausgelegt und als Leistung definiert worden, die für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen". Es handelt sich zwar nicht um einen Begriff, der eine endgültige Entscheidung darüber ermöglicht, ob ein bestimmter Umsatz von der Steuer befreit ist, aber um ein brauchbares Kriterium auf dem Weg zur Lösung. Wie das Wort schon sagt, ist eine Nebensache nicht notwendig für die Hauptsache, auch wenn sie insofern nützlich ist, als sie die Hauptsache vervollständigt und verbessert. Wenn die von mir untersuchte Steuerbefreiung objektiv ist, darf sie grundsätzlich nur den im Gesetzeswortlaut umschriebenen Umsatz erfassen und nicht andere, die sich auf einen Beitrag zu dessen Bewirkung beschränken. Der Grundsatz der engen Auslegung der Steuerbefreiungen lässt diese Lösung zu, die auch auf Tätigkeiten anwendbar ist, die für die Bewirkung der von der Steuer befreiten Leistung unerlässlich sind.

37. Es muss etwas hinzukommen, das dem zweckgerichteten Charakter der Steuerbefreiungen zu entnehmen ist. Ist eine spezielle Art von Rechtsgeschäften von der Mehrwertsteuer befreit, damit ein bestimmter Zweck erreicht wird, so kann die Befreiung nur denjenigen Nebenleistungen zugute kommen, die dem gleichen Zweck dienen. Mit den eigenen Worten des Gerichtshofes sind nur solche Nebenleistungen von der Steuer befreit, die die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Leistung erfuellen, die in der die Befreiung gewährenden Norm beschrieben ist; es muss sich um Leistungen handeln, die selbst befreite Umsätze sind.

38. Dienstleistungen, die in der bloßen Information und in der Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der Wertpapiere bestehen, genügen nicht den Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit sie als Umsätze angesehen werden können, die dieselbe Funktion erfuellen wie die von der Steuer befreiten Umsätze im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie. Es handelt sich um Nebenleistungen, die aus diesem Grund nicht unverzichtbar sind, deren Inhalt unwesentlich ist und die keine Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten aus dem Wertpapier haben können. Im Urteil SDC, das ich so oft zitiert habe, hat der Gerichtshof Informationstätigkeiten im finanzwirtschaftlichen Bereich vom Anwendungsbereich der Steuerbefreiung ausgenommen. Daher bin ich im Hinblick auf die vorangehenden Erwägungen der Meinung, dass solche Umsätze nicht von der Mehrwertsteuer befreit sind.

39. Sie können auch nicht unter den Begriff Vermittlung" gefasst werden und auf diesem Weg in den Genuss des fraglichen Steuervorteils kommen. Der Begriff vermitteln" verweist auf beilegen", abtreten" und verhandeln", kurz, auf die Verfügung über eigene Rechte und Interessen, um zu einer Vereinbarung zu gelangen. Die Fähigkeit, von eigenen Rechten Gebrauch zu machen, hat nur ihr Inhaber oder derjenige, der zu seinem Vertreter bestimmt ist, sei es kraft Gesetzes (z. B. elterliche Sorge, Vormundschaft), sei es durch Rechtsgeschäft (Auftrag, sonstiger Vertrag).

40. Kurzum, ich schlage dem Gerichtshof vor, als Antwort auf die zweite Frage des High Court festzustellen, dass der Ausdruck Umsätze - einschließlich der Vermittlung -, die sich auf Wertpapiere beziehen", in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie keine Dienstleistungen umfasst, die sich auf die Erteilung von Informationen über ein Finanzprodukt und gegebenenfalls die Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der entsprechenden Wertpapiere beschränken, ohne deren Ausgabe einzuschließen.

V - Ergebnis

41. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom High Court vorgelegten Frage wie folgt zu antworten:

1. Die Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind Umsätze, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen.

2. Der Ausdruck Umsätze - einschließlich der Vermittlung -, die sich auf Wertpapiere beziehen", in der genannten Vorschrift umfasst keine Dienstleistungen, die sich auf die Erteilung von Informationen über ein Finanzprodukt und gegebenenfalls die Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der entsprechenden Wertpapiere beschränken, ohne deren Ausgabe einzuschließen.