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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 9. November 2017(1)

Verbundene Rechtssachen C-236/16 und C-237/16

Asociación Nacional de Grandes Empresas de Distribución (ANGED)

gegen

Diputación General de Aragón

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo [Oberster Gerichtshof, Spanien])

„Vorabentscheidungsersuchen – Niederlassungsfreiheit – Regionale Abgabe für große Einzelhandelseinrichtungen – Mittelbare Beeinträchtigung, da statistisch gesehen überwiegend ausländische Handelsketten betroffen sind – Nichterfassung und Abgabenbefreiungen als unzulässige Beihilfe“






I.      Einleitung

1.        In der vorliegenden Rechtssache muss sich der Gerichtshof ein weiteres Mal mit der Frage beschäftigen, inwieweit durch abgabenrechtliche Differenzierungen eine mittelbare Verletzung der Grundfreiheiten und/oder eine unzulässige Beihilfe zu sehen ist. Dieses Verfahren ist im Zusammenhang mit zwei weiteren am Gerichtshof anhängigen Verfahren(2) zu sehen und gibt wie diese dem Gerichtshof die Gelegenheit, die Reichweite des unionsrechtlichen Beihilfeverbots zu präzisieren.

2.        Die Asociación Nacional de Grandes Empresas de Distribución (Nationale Vereinigung großer Vertriebsunternehmen, im Folgenden: ANGED) wendet sich mit ihrer Klage nämlich gegen eine besondere Abgabe auf die durch große Verkaufsflächen verursachten Umweltschäden (im Folgenden: IDMGAV) in Aragon.

3.        Darin werden durch die Kommission und ANGED eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und eine unzulässige Beihilfe insbesondere für die kleinen Einzelhandelseinrichtungen gesehen, da diese nicht von der Abgabe betroffen sind. Im Kern geht es um die Frage, inwieweit Differenzierungen innerhalb des Abgaben- und Steuerrechts beihilferechtlich relevant sind.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Den unionsrechtlichen Rahmen des Falles bilden Art. 49 in Verbindung mit Art 54 AEUV und die Art. 107 ff. AEUV.

B.      Spanisches Recht

5.        Die im Ausgangsverfahren streitbefangene Abgabe auf die durch große Verkaufsflächen verursachten Umweltschäden (Impuesto sobre el Daño Medioambiental causado por las Grandes Áreas de Venta) wurde zum 1. Januar 2006 mit Titel II des Ley de las Cortes de Aragón 13/2005, de 30 de diciembre, de medidas fiscales y administrativas en materia de tributos cedidos y tributos propios de la Comunidad Autónoma de Aragón (Gesetz 13/2005 des Parlaments von Aragon vom 30. Dezember 2005 mit Steuer- und Verwaltungsmaßnahmen auf dem Gebiet der übertragenen und der eigenen Abgaben der Autonomen Gemeinschaft Aragon) eingeführt.

6.        Die IDMGAV ist nunmehr in Kapitel III des Anhangs II (im Folgenden: TRIMCA) des Ley (de las Cortes de Aragón) 10/2015, de 28 de diciembre, de medidas para el mantenimiento de los servicios públicos en la Comunidad Autónoma de Aragón (Gesetz 10/2015 vom 28. Dezember 2015 mit Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Dienstleistungen der Autonomen Gemeinschaft Aragon) geregelt.

7.        Nach den Erwägungsgründen des Gesetzes 13/2005 wurde der Abgabetatbestand unter Bezug auf die Umweltschäden definiert, die der Geschäftsverkehr in diesen Einrichtungen erzeugt, die wegen ihrer großen öffentlichen Verkaufsflächen eine besondere Anziehungskraft auf Verbraucher ausüben und zu einer großen Anzahl von Fahrten mit Privatfahrzeugen führen. Die Abgabe werde bei denjenigen erhoben, die das Geschäft führen, das die Umweltschäden verursacht, d. h. nicht beim Eigentümer der Anlage, sondern beim Betreiber.

8.        In diesem Sinne stelle die Fläche – als Grundfläche oder Geschossfläche – den am besten geeigneten Parameter dar, um objektiv den Vorteil zu erfassen, der sich daraus ergibt, dass die für Umwelt und Raum verursachten Kosten nicht getragen werden. Die Verkaufsfläche bedeute mehr Möglichkeiten, Waren anzubieten, und damit einen größeren Andrang von Verbrauchern; die anderen Zwecken dienenden Flächen (z. B. Lager) bedeuten mehr Möglichkeiten, Waren nachzufüllen, und die Fläche für Parkplätze die Fähigkeit, Automobilverkehr anzuziehen.

9.        Nach Art. 15 TRIMCA soll die IDMGAV „die konkrete Wirtschaftskraft belasten, die in der Tätigkeit und im Verkehr bei Einzelhandelseinrichtungen zum Ausdruck kommen, die wegen ihrer Anziehungskraft für Verbraucher zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen führen und sich damit negativ auf Natur und Landnutzung in der Autonomen Gemeinschaft Aragon auswirken“.

10.      Die IDMGAV ist dabei eine Realabgabe mit nicht steuerlicher Zielsetzung, deren Aufkommen nicht in den allgemeinen Haushalt fließt (Art. 3 TRIMCA). Die mit der IDMGAV tatsächlich erzielten Einnahmen abzüglich der Kosten für Verwaltung und Zusammenarbeit werden nach Art. 5 TRIMCA zur Finanzierung von vorbeugenden Maßnahmen oder Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Umwelt verwendet.

11.      Eine Einzelhandelseinrichtung verfügt nach Art. 16 Abs. 2 TRIMCA über eine große Verkaufsfläche, wenn die öffentliche Verkaufsfläche mehr als 500 m2 beträgt.

12.      Befreit sind nach Art. 20 TRIMCA Einzelhandelseinrichtungen, deren Haupttätigkeit im ausschließlichen Verkauf folgender Waren besteht: a) Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeuge und Industriebedarf, b) Baustoffe, Sanitärgegenstände, Türen und Fenster, die ausschließlich an Gewerbetreibende verkauft werden, c) Garten- und Ackerbauerzeugnisse in Zuchtbetrieben, d) Möbel in individuellen, traditionellen und spezialisierten Geschäften, e) Kraftfahrzeugen in Ausstellungsräumen von Händlern und Reparaturwerkstätten und f) Abgabe von Kraftstoffen.

13.      Die Bemessungsgrundlage besteht in der Gesamtfläche der Einzelhandelseinrichtung mit einer großen Verkaufsfläche, die die Summe folgender Flächen ist: a) Verkaufsfläche; b) anderen Zwecken dienende Fläche (mit einer Obergrenze von 25 % der öffentlichen Verkaufsfläche); c) Fläche für Parkplätze (mit einer Obergrenze von 25 % der öffentlichen Verkaufsfläche).

14.      Der Abgabebetrag nach Art. 22 TRIMCA steigt progressiv von 10,20 Euro ab 2 000 bis 3000 m² auf 14,70 Euro ab 5 000 bis 10 000 m² und fällt dann ab 10 000 m² auf 13,50 Euro. Dabei werden die ersten 2 000 m² jedoch nicht belastet.

15.      Je nach Standort der großen Einzelhandelseinrichtung findet noch ein bestimmter Koeffizient Anwendung. Nach Art. 45 und 46 TRIMCA kann der Bruttoabgabebetrag unter bestimmten Voraussetzungen bei Investitionen in Maßnahmen zur Verhinderung oder Bekämpfung der negativen Auswirkungen der Schädigung von Land und Umwelt der Autonomen Gemeinschaft Aragon bis auf einen Sockel von 30 % gekürzt werden.

III. Ausgangsrechtsstreit

16.      Am 18. März 2007 erhob ANGED – eine nationale Vereinigung großer Vertriebsunternehmen – eine letztendlich gegen die IDMGAV gerichtete verwaltungsrechtliche Klage bei der Sala de lo Contencioso-Administrativo del Tribunal Superior de Justicia de Aragón, nämlich gegen das Decreto Legislativo (Gesetzesdekret) 1/2007 der Regierung von Aragon vom 18. September 2007 zur Genehmigung der Neufassung der Rechtsvorschriften über die Umweltabgaben der Autonomen Gemeinschaft Aragon.

17.      Mit Urteil vom 24. Januar 2014 wies die Sala de lo Contencioso-Administrativo, Sección Segunda, del Tribunal Superior de Justicia de Aragón die verwaltungsrechtliche Klage der ANGED ab.

18.      Am 14. April 2014 legte die ANGED eine Kassationsbeschwerde gegen dieses Urteil ein, mit der sie geltend macht, dass das Urteil u. a. gegen Unionsrecht verstoße, da das Gesetz 13/2005 (Decreto Legislativo 1/2007) die in Art. 49 AEUV verankerte Niederlassungsfreiheit verletze.

19.      Im Februar und Mai 2013 legte ANGED bei der Kommission eine Beschwerde gegen das Königreich Spanien ein, da die in sechs Autonomen Gemeinschaften vorgesehenen Vorschriften über die Abgabe für große Einzelhandelseinrichtungen gegen das Unionsrecht verstießen. Mit einem an das Königreich Spanien gerichteten Schreiben vom 28. November 2014 teilte die Kommission nun mit, dass sie es in Betracht ziehe, die Nichterfassung der kleinen Einzelhandelsgeschäfte und die bestimmten Fachgeschäften gewährten Befreiungen als rechtswidrige staatliche Beihilfen anzusehen. Damit scheine bestimmten Unternehmen ein selektiver Vorteil gewährt zu werden, weil sie eine Ausnahme von der Regelbesteuerung darstellten.

20.      Nunmehr hat der Oberste Gerichtshof Spaniens beschlossen, ein Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen.

IV.    Verfahren vor dem Gerichtshof

21.      Er hat dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

1.      Sind die Art. 49 und 54 AEUV dahin auszulegen, dass sie einer regionalen Abgabe entgegenstehen, die erklärtermaßen auf die Umweltschäden erhoben wird, die durch die Nutzung von Anlagen verursacht werden, die bei Einzelhandelseinrichtungen, die über eine große Verkaufsfläche und einen großen Kundenparkplatz verfügen, der Geschäftstätigkeit und dem Verkehr dienen, sofern die öffentliche Verkaufsfläche größer als 500 m2 ist, aber unabhängig davon fällig wird, ob diese Einzelhandelseinrichtungen außerhalb oder innerhalb des konsolidierten Stadtgebiets liegen, und meist Unternehmen anderer Mitgliedstaaten trifft, wobei zu berücksichtigen ist, dass (i) sie tatsächlich nicht bei Inhabern mehrerer Einzelhandelseinrichtungen unabhängig von der öffentlichen Verkaufsfläche, die diese insgesamt haben, erhoben wird, wenn keine dieser Einrichtungen eine öffentliche Verkaufsfläche von mehr als 500 m2 hat oder, falls eine oder mehrere von ihnen diese Schwelle überschreiten, die Bemessungsgrundlage 2 000 m2 nicht übersteigt, während sie aber bei Inhabern einer einzigen Einrichtung mit einer über diesen Schwellenwerten liegenden öffentlichen Verkaufsfläche tatsächlich erhoben wird, und (ii) sie ferner nicht bei Einzelhandelseinrichtungen erhoben wird, die ausschließlich Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeuge und Industriebedarf, Baustoffe, Sanitärgegenstände, Türen und Fenster (ausschließlich an Gewerbetreibende), Möbel in individuellen, traditionellen und spezialisierten Geschäften, Kraftfahrzeuge in Ausstellungsräumen von Händlern und Reparaturwerkstätten, Garten- und Ackerbauerzeugnisse in Zuchtbetrieben sowie Kraftstoffe verkaufen, und zwar unabhängig davon, wie groß ihre öffentliche Verkaufsfläche ist?

2.      Ist Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass die Nichterhebung der IDMGAV bei Einzelhandelseinrichtungen mit einer öffentlichen Verkaufsfläche von nicht mehr als 500 m2 oder bei solchen von mehr als 500 m2, deren Bemessungsgrundlage 2 000 m2 nicht übersteigt,,und bei Einzelhandelseinrichtungen, die ausschließlich Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeuge und Industriebedarf, Baustoffe, Sanitärgegenstände, Türen und Fenster (ausschließlich an Gewerbetreibende), Möbel in individuellen, traditionellen und spezialisierten Geschäften, Kraftfahrzeuge in Ausstellungsräumen von Händlern und Reparaturwerkstätten, Garten- und Ackerbauerzeugnisse in Zuchtbetrieben sowie Kraftstoffe verkaufen, eine nach dieser Bestimmung verbotene staatliche Beihilfe darstellt?

22.      Zu diesen Fragen haben im Verfahren vor dem Gerichtshof ANGED, Aragon und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen und sich an der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2017 beteiligt.

V.      Rechtliche Würdigung

A.      Zur Beschränkung der Grundfreiheiten

23.      Mit seiner ersten Vorlagefrage fragt das vorlegende Gericht, ob die Niederlassungsfreiheit einer Abgabe wie der IDMGAV entgegensteht. Zu entscheiden ist daher, ob (1) eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt, die (2) nicht gerechtfertigt ist.

24.      Hintergrund ist die Wirkungsweise der IDMGAV. Diese knüpft im Abgabentatbestand an das Vorliegen einer großen Einzelhandelseinrichtung an. Das sind solche Einrichtungen, die nominell über eine Verkaufsfläche von mindestens 500 m² verfügen. Jedoch werden dieser Fläche noch Parkplätze und andere Flächen mit jeweils maximal 25 % der Verkaufsfläche hinzugerechnet. Von dieser Gesamtfläche werden die ersten 2 000 m² nicht besteuert („Freifläche“).(3)

25.      Die Abgabe würde von 10,20 Euro pro m² bis 14,70 Euro pro m² betragen. Dabei besteht bis zu einer Gesamtfläche von 10 000 m² eine gewisse progressive Wirkung der Abgabe. Im Ergebnis haben größere Einzelhandelseinrichtungen absolut gesehen eine höhere Abgabelast zu tragen als flächenmäßig kleinere Einzelhandelseinrichtungen, wobei allen Einzelhandelseinrichtungen eine „Freifläche“ von 2 000 m² gewährt wird.

1.      Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

26.      Nach Art. 49 in Verbindung mit Art 54 AEUV umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats.(4) Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit sind nach ständiger Rechtsprechung alle Maßnahmen, die die Ausübung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen.(5)

27.      Dies ist bei Steuern und Abgaben per se der Fall. Daher kommt es meiner Auffassung nach(6) bei der Prüfung der Grundfreiheiten aufgrund solcher Belastungen darauf an, dass der grenzüberschreitende Sachverhalt gegenüber dem inländischen Sachverhalt nachteilig behandelt wird.(7)

a)      Fehlende diskriminierende Beschränkung

28.      Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an einer unterschiedlichen Behandlung. Bezüglich der Gesamtfläche von 1 m² bis 2 000 m² erfolgt hier keine unterschiedliche Behandlung von kleinen und großen, inländischen oder ausländischen Einzelhandelseinrichtungen. Alle werden mit dieser Fläche nicht durch die Abgabe belastet. Der Grenzwert wirkt hier wie ein Grundfreibetrag, der allen Einzelhändlern zugutekommt. Die kleineren Einzelhandelseinrichtungen (mit einer Verkaufsfläche unter 500 m²) werden nicht erfasst, die größeren werden zwar erfasst, hinsichtlich der Gesamtfläche von bis zu 2 000 m² aber abgabenrechtlich nicht belastet. Da diese „Grundfreibeträge“ für große wie für kleine Einzelhandelseinrichtungen gelten, fehlt es insoweit schon an einer nachteiligen Behandlung irgendeiner Einzelhandelseinrichtung. Damit scheidet insoweit eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit aus.

29.      Nur wenn man dies anders sehen sollte, stellt sich überhaupt die Frage, ob in der abgabenrechtlichen Nichterfassung der kleinen Einzelhandelseinrichtungen eine offene oder versteckte Diskriminierung zu sehen ist.

b)      Hilfsweise: offene bzw. versteckte Diskriminierung ausländischer Unternehmen

30.      Eine offene Diskriminierung ausländischer Unternehmen ist hier nicht zu erkennen. Vielmehr unterfällt jeder Inhaber einer „großen Einzelhandelseinrichtung“ dieser Abgabe mit der Gesamtfläche, die den „Freibetrag“ von 2 000 m² überschreitet. Wie der Gerichtshof(8) bereits entschieden hat, betrifft die Tatsache, dass ausländische Investoren lieber größere Einzelhandelseinrichtungen eröffnen, um damit Größenvorteile zu erzielen, die zur Durchdringung des Marktes in neuen Gebieten erforderlich sind, eher den Eintritt in einen neuen Markt als die „Staatsangehörigkeit“ des Wirtschaftsteilnehmers.(9)

31.      Verboten sind aber auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen(10) (sogenannte versteckte bzw. mittelbare Diskriminierung).

32.      In der Entscheidung Hervis Sport hat der Gerichtshof entschieden, dass es im Falle einer Steuerbemessung in Abhängigkeit von der Höhe des Umsatzes eines Unternehmens unter bestimmten Umständen faktisch zu einer Benachteiligung von Unternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten kommen könne(11). Konkret handelte es sich um eine Sondersteuer auf Einzelhandelsunternehmen, deren Satz sehr stark progressiv in Abhängigkeit vom Umsatz war. Weiterhin wurde für Unternehmen, die Teil einer Gruppe waren, der konsolidierte Umsatz, anstatt des Umsatzes des Einzelunternehmens, als Grundlage für die Einordnung in eine Steuerstufe angesehen. Der Gerichtshof entschied, dass eine mittelbare Diskriminierung vorliegen kann, wenn die meisten Unternehmen, die aufgrund ihres hohen Umsatzes unter der starken Progression der Steuer leiden, Teil einer Gruppe mit Verbindung in einen anderen Mitgliedstaat sind.(12)

1)      Überwiegende Betroffenheit nicht allein ausreichend

33.      Damit ist der vorliegende Fall aber nicht vergleichbar. Weder ist die IDMGAV stark progressiv, noch werden Konzernergebnisse zusammengerechnet. Vielmehr wird auf die Größe der jeweiligen Verkaufsfläche vor Ort abgestellt.

34.      Dabei kann es meines Erachtens nicht ausreichen, allein auf eine überwiegende Betroffenheit ausländischer Unternehmen abzustellen – so der Ansatz der Kommission und von ANGED –, um eine versteckte Diskriminierung im Rahmen der Grundfreiheiten bejahen zu können(13). Dies würde z. B. einem Mitgliedstaat die Einführung einer Unternehmensteuer untersagen, wenn in dem Mitgliedstaat aufgrund der historischen Entwicklung mehr als 50 % ausländische Unternehmen aktiv wären. Allein, dass – mehr oder minder zufällig – von der Einführung einer Steuer betroffene Personen im großen Umfang oder gar mehrheitlich aus anderen Mitgliedstaaten stammen, kann daher als solches noch keine versteckte Diskriminierung darstellen.

2)      Voraussetzungen einer versteckten Diskriminierung

35.      Daher sind die genauen Voraussetzungen einer versteckten Diskriminierung zu klären. Hier stellt sich zum einen die Frage, wie stark die Korrelation zwischen dem gewählten Unterscheidungskriterium und dem Sitz einer Gesellschaft sein muss, um eine Ungleichbehandlung aufgrund des Sitzes annehmen zu können. Der Gerichtshof hat hier bislang sowohl auf eine Übereinstimmung in den meisten Fällen(14) als auch auf ein bloßes Übergewicht der Betroffenheit Gebietsfremder abgestellt(15) oder spricht sogar nur von einer bloßen Gefahr der Benachteiligung.(16) Feststehen dürfte bislang lediglich, dass eine 100%ige Übereinstimmung des Kriteriums mit dem Sitz der Gesellschaft nicht zu fordern ist.(17)

36.      Zum anderen ist nicht nur das nach der Rechtsprechung erforderliche Maß an Korrelation unsicher, sondern auch die Frage, ob diese Korrelation typischerweise(18) bestehen oder aus dem Wesen des Unterscheidungskriteriums folgen muss, wie dies mehrere Urteile indizieren,(19) oder auch auf eher zufälligen tatsächlichen Verhältnissen beruhen kann.(20)

37.      Meiner Meinung nach sind für die Annahme einer versteckten Diskriminierung im Steuerrecht engere Voraussetzungen nötig. Sie soll hier lediglich solche Fälle erfassen, die rein formal betrachtet keine Diskriminierung darstellen, aber wie eine solche wirken.(21) Eine versteckt diskriminierende Regelung muss meines Erachtens daher ihrem Wesen nach(22) oder in weit überwiegendem Maße insbesondere ausländische Unternehmen betreffen, wie dies möglicherweise in der Rechtssache Hervis Sport(23) der Fall war.

38.      Bei der Anknüpfung an eine gewisse Verkaufsfläche, deren Grenzwert lediglich dazu führt, dass in einem Jahr (von 15 denkbaren Jahren) in einer anderen Region (mit ganz anderen Grenzwerten)(24) nach Maßgabe eines Schreibens der Kommission von 2004 ca. 61,5 % der betroffenen Einzelhandelsgeschäfte von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten betrieben werden (bzw. Gesellschafter aus anderen Mitgliedstaaten haben), kann dies jedoch nicht angenommen werden.

39.      Zudem ist unklar, wie die „Herkunft“ dieser Unternehmen(25) bestimmt wurde. Insbesondere im Steuerrecht wird die Herkunft eines Unternehmens grundsätzlich nach dessen Sitz im Sinne einer Ansässigkeit und nicht etwa nach der Nationalität der Gesellschafter bestimmt. Da ANGED eine nationale Vereinigung großer Vertriebseinrichtungen in Spanien ist, könnten deren Mitglieder auch als spanische Unternehmen verstanden werden. Und selbst wenn auf die Gesellschafter einer Gesellschaft abgestellt werden würde, indiziert das vorliegende Zahlenmaterial nichts anderes, was aber das nationale Gericht zu bewerten hat.(26) Die Zahlen deuten nämlich nicht darauf hin, dass hier Unternehmen anderer Mitgliedstaaten ihrem Wesen nach oder in weit überwiegendem Maße im Vergleich zu spanischen Unternehmen benachteiligt werden.

2.      Hilfsweise: Rechtfertigung

40.      Sollte entgegen den obigen Ausführungen dennoch eine versteckte Diskriminierung angenommen werden, so wäre zu prüfen, ob diese gerechtfertigt ist. Diese Prüfung erfasst aber nur die Nichterfassung kleinerer Einzelhandelseinrichtungen. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich nämlich nicht, dass von den Befreiungen innerhalb der IDMGAV (Art. 20 TRIMCA) überwiegend inländische Unternehmen profitieren.

41.      Eine Beschränkung von Grundfreiheiten kann aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu erreichen und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles notwendig ist.(27)

a)      Zwingende Gründe des Allgemeinwohls

42.      Die IDMGAV dient der Raumordnung und dem Umweltschutz (siehe oben, Nr. 7). Dabei sollen die Einrichtungen belastet werden, die wegen ihrer Anziehungskraft für Verbraucher zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen führen und sich damit negativ auf Natur und Landnutzung in Aragon auswirken. Raumplanerische Ziele(28) und der Umweltschutz(29) sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs als Rechtfertigungsgründe anerkannt.

43.      Darüber hinaus soll an die konkrete Wirtschaftskraft, die „in der Tätigkeit und im Verkehr bei Einzelhandelseinrichtungen“ zum Ausdruck kommt, angeknüpft und diese abgeschöpft werden. Ob auch eine unterschiedliche Wirtschaftskraft (mithin die unterschiedliche Fähigkeit, finanzielle Lasten zu tragen) als Rechtfertigungsgrund für eine Beschränkung einer Grundfreiheit angesehen werden kann, musste der Gerichtshof meines Erachtens bislang noch nicht entscheiden. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass wie z. B. bei einem progressiven Tarif auch eine unterschiedliche Wirtschaftskraft eine unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung rechtfertigen könnte.(30)

b)      Verhältnismäßigkeit der Beschränkung

44.      Die Beschränkung muss weiterhin geeignet sein, die Erreichung des Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels – hier die Auswirkungen auf den Raum und die Umwelt, die mit der Errichtung großer Einzelhandelseinrichtungen verbunden sein können, zu kompensieren – erforderlich ist.(31)

1)      Geeignetheit der Abgabe

45.      Eine nationale Regelung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.(32)

46.      Dabei verfügt der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen in einem Bereich, in dem von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in dem er komplexe Prüfungen durchführen muss. Folglich ist eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das die zuständigen Organe verfolgen, offensichtlich ungeeignet ist.(33)

47.      Darüber hinaus achtet der Gerichtshof auch den Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten beim Erlass allgemeiner Gesetze.(34) Insbesondere werden auch von einem Abgabe- und Steuergesetzgeber politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt. Auch(35) muss er komplexe Prüfungen durchführen. In Ermangelung einer gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung verfügt der nationale Gesetzgeber auf dem Gebiet des Abgaben- und Steuerrechts über ein gewisses Ermessen bei der Festlegung einer Abgabe für Einzelhandelseinrichtungen. Folglich genügt es dem Kohärenzgebot, wenn die IDMGAV zur Erreichung des Ziels nicht offensichtlich ungeeignet ist.

48.      Die IDMGAV belastet besonders flächenmäßig große Einzelhandelseinrichtungen. Dies basiert erkennbar auf der Annahme, dass diese ein erhöhtes Kunden- und Lieferverkehrsaufkommen generieren. Dass aus diesem erhöhten Kunden- und Lieferverkehrsaufkommen höhere Lärm- und Luftemissionen und damit höhere Umweltbelastungen resultieren können, ist plausibel. Somit erscheint ein Gesetz, das Handelseinrichtungen mit höheren Lärm- und Luftemissionen stärker mittels einer Abgabe belastet, geeignet, einen Anreiz zu schaffen, eher kleinere Einzelhandelsunternehmen zu betreiben, die – jede für sich – geringere Emissionen verursachen.

49.      Da kleinere Unternehmen auch raumplanerisch einfacher zu integrieren sind, ist dies auch dem Gedanken einer sinnvollen und gerechten Verteilung des limitierten Raumes zuträglich. Insofern ist das Gesetz auch geeignet, dem Umweltschutz zu dienen und raumplanerische Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.(36)

50.      Dass die IDMGAV nicht zwischen der Errichtung eines Einzelhandelsunternehmens im städtischen oder ländlichen Raum unterscheidet, ist insoweit unschädlich. Unabhängig von ihrer Lage ziehen große Einzelhandelseinrichtungen einen höheren Liefer- und Kundenverkehr nach sich als kleinere Einzelhandelseinrichtungen. Gleiches gilt für die fehlende Zusammenrechnung mehrerer Verkaufseinrichtungen ein und desselben Inhabers.

51.      Die fehlende Differenzierung zwischen Einrichtungen im städtischen und im ländlichen Raum (und eventuell auch die fehlende Zusammenrechnung) zeigt nur, dass die Abgabe eventuell unter Umweltgesichtspunkten noch besser ausgestaltet werden könnte, um die genannten Ziele noch zielgenauer zu verwirklichen. Dies führt aber nicht dazu, dass die vorliegende Abgabe offensichtlich ungeeignet ist, den genannten Zielen zu dienen.

2)      Erforderlichkeit der Abgabe

52.      Zu klären ist daher, ob die Abgabe – anknüpfend an eine Gesamtfläche von 2 000 m² – auch erforderlich ist, um diese Ziele zu erreichen.

53.      Bei der Prüfung der Erforderlichkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu beachten, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen.(37)

54.      In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass es zwar Sache des Mitgliedstaats ist, der sich auf einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses beruft, um eine Beschränkung einer der Grundfreiheiten zu rechtfertigen, darzutun, dass seine Regelung zur Erreichung des angestrebten legitimen Ziels geeignet und erforderlich ist. Aber diese Beweislast reicht – schon im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens – nicht so weit, dass dieser Mitgliedstaat positiv belegen müsste, dass sich dieses Ziel mit keiner anderen vorstellbaren Maßnahme unter den gleichen Bedingungen erreichen ließe.(38) Dieser Gedanke muss erst recht für ein Vorabentscheidungsverfahren gelten.

55.      Grenzwerte haben dabei die Besonderheit, dass immer hinterfragt werden kann, warum z. B. nicht 1 000 m2 oder 3 000 m2 statt der gewählten 2 000 m2 in das Gesetz aufgenommen wurden. Diese Frage stellt sich aber bei jedem Grenzwert und kann meines Erachtens nur durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber beantwortet werden. Anders als die Kommission meint, muss der Gesetzgeber dabei nicht empirisch nachweisen, wie er diesen Grenzwert festgesetzt hat, und es kommt auch nicht darauf an, ob dieser Grenzwert aus Sicht der Kommission überzeugend oder gar „richtig“ ist, sofern er nicht offenkundig verfehlt ist. Letzteres ist hier nicht erkennbar.

56.      Ein höherer Grenzwert wäre vielleicht ein milderes Mittel, aber aus Sicht des Mitgliedstaates nicht gleich geeignet. Dass größere Einzelhandelsgeschäfte größere Herausforderungen an die städtebauliche Planung und die Berücksichtigung umweltrechtlicher Belange stellen, ist nicht offensichtlich von der Hand zu weisen; ebenso, dass die Größe von Einzelhandelseinrichtungen einen größeren Umsatz und damit auch eine größere Wirtschaftskraft (mithin eine höhere finanzielle Leistungsfähigkeit) indiziert. Dass größere Einzelhandelsgeschäfte auch in stärkerem Maße von der Infrastruktur einer Stadt profitieren als kleinere Einzelhandelsgeschäfte, kann auch nicht als offensichtlich fehlerhaft beurteilt werden. Folglich ist die Verkaufsfläche von Einzelhandelseinrichtungen ein relevanter Faktor zur Erreichung der Gesetzesziele.

57.      Auch die fehlende Zusammenrechnung mehrerer Einzelhandelseinrichtungen desselben Inhabers ist insofern unbedenklich. Wenn das Gesetzesziel auf die Auswirkungen der einzelnen Einzelhandelseinrichtung ausgerichtet ist, dann ist das – aus Sicht des Gesetzgebers – geeignete Mittel auch das Abstellen auf die Größe eben jener Einzelhandelseinrichtung vor Ort.

58.      Schließlich sind – anders als die Kommission und ANGED meinen – baurechtliche Erfordernisse bei der Errichtung einer Einzelhandelseinrichtung nicht gleichermaßen geeignet, einen finanziellen Anreiz zu liefern, lieber kleinere Einzelhandelseinrichtungen zu eröffnen.

3)      Angemessenheit der Abgabe

59.      Die Beschränkungen einer Grundfreiheit müssen darüber hinaus auch dem verfolgten Ziel angemessen sein.(39) Dies verlangt, dass die Beschränkung und ihre Folgen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten (schützenswerten) Zielen stehen dürfen.(40) Im Ergebnis bedingt dies eine konkrete Folgenabwägung unter Würdigung der abstrakten Bedeutung des geschützten Rechtsguts (hier der Umweltschutz und die Raumordnung) und des beeinträchtigten Rechtsguts(41) (hier hypothetisch der Wahrnehmung einer Grundfreiheit).

60.      Hier steht die Abgabe nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Zwecken. Zum einen ist die Belastung nicht so hoch, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht mehr möglich wäre (sogenannte erdrosselnde Wirkung). Insbesondere werden die ersten 2 000 m² gar nicht besteuert, und die Abgabe ist von der Bemessungsgrundlage der spanischen Ertragsteuer nach Auskunft der Behörden abziehbar. Zum anderen werden Ermäßigungen angeboten, wenn die Einzelhandelseinrichtung in bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung oder Bekämpfung der negativen Auswirkungen der Schädigung von Land und Umwelt investiert (vgl. Art. 45 und 46 TRIMCA). Des Weiteren sind der Umweltschutz und auch die Raumplanung für das Zusammenleben einer Gesellschaft Rechtsgüter von hoher, im Fall des Umweltschutzes (ausdrücklich in Art. 11 AEUV, Art. 3 Abs. 3 EUV und in Art. 37 der Charta angesprochen) von sehr hoher Bedeutung(42). Im Ergebnis wäre selbst eine (versteckte) Beschränkung der Niederlassungsfreiheit damit gerechtfertigt.

B.      Zum Vorliegen einer Beihilfe

61.      Bezüglich der zweiten Frage ist zu prüfen, ob in den Regelungen der TRIMCA eine nach Art. 107 Abs. 1 AEUV unzulässige Beihilfe zu sehen ist.

1.      Berufung auf das Vorliegen einer Beihilfe zur Vermeidung einer Abgabenschuld

62.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, dass die Schuldner einer Abgabe sich nicht darauf berufen können, dass die Befreiung anderer Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstelle, um sich der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen.(43)

63.      Etwas anderes würde allerdings gelten, wenn die Abgabe und die vorgesehene Befreiung integraler Bestandteil einer Beihilfemaßnahme wären. Dafür muss nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehen, dass das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird und deren Umfang und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt unmittelbar beeinflusst.(44)

64.      Insofern kann festgestellt werden, dass das Aufkommen aus dieser Abgabe nicht für spezifische Beihilfen zugunsten von Handelsunternehmen verwendet wird. Es wird vielmehr zur Finanzierung von vorbeugenden Maßnahmen oder Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Umwelt verwendet (vgl. Art. 5 TRIMCA). Damit ist ausgeschlossen, dass die erzielten Einnahmen ein spezielles Unternehmen oder eine konkrete Branche begünstigen können, da sie ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgen und der Gesellschaft insgesamt zugutekommen.

65.      Demnach ist festzustellen, dass die Unternehmen, die diese Abgabe zu entrichten haben, sich vor den nationalen Gerichten nicht auf die Rechtswidrigkeit der gewährten „Abgabenbefreiung“ berufen können, um sich der Entrichtung dieser Abgabe zu entziehen oder deren Erstattung zu erwirken. Wenn sie sich aber nicht darauf berufen können, dann erübrigen sich alle weiteren Ausführungen zu dem eventuellen Vorliegen einer Beihilfe. Die Kontrolle der Zulässigkeit der Beihilfe in Gestalt einer Nichterfassung kleinerer Einzelhandelsgeschäfte bliebe dann der Kommission in einem ganz normalen Beihilfeverfahren nach Art. 108 AEUV vorbehalten.

66.      Da das vorlegende Gericht allerdings nicht die Abgabenbescheide, sondern das zugrunde liegende Gesetz in einer Art und Weise überprüft, die auch für andere Personen als ANGED Bedeutung haben könnte, dürften weitere Ausführungen zu Art. 107 AEUV zumindest nützlich für das vorlegende Gericht sein.

2.      Der Beihilfetatbestand

67.      Dies unterstellt, ist zu prüfen, ob (1) in der Nichterfassung der Inhaber kleinerer Einzelhandelsgeschäfte oder (2) in der Abgabenbefreiung bestimmter größerer Einzelhandelsgeschäfte eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV zu sehen ist.

68.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Qualifizierung als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass es sich erstens um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handelt. Zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.(45)

a)      Zum Begriff des Vorteils

69.      Zu der Frage, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelungen dem Begünstigten einen Vorteil gewähren, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, als staatliche Beihilfen gelten.(46)

70.      Auch eine steuerliche Vergünstigung, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Steuerpflichtigen, kann unter Art. 107 Abs. 1 AEUV fallen.(47)

71.      Als Beihilfen gelten dabei insbesondere Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen.(48)

72.      Hinsichtlich der Nichtbesteuerung kleinerer Einzelhandelseinrichtungen ist festzustellen, dass ausweislich des TRIMCA nur Einzelhandelseinrichtungen ab einer Fläche von 2 000 m² (zu diesem Grenzwert siehe oben, Nr. 24) mit der Abgabe belastet werden sollen. Hintergrund ist, dass ab dieser Größe eine gewisse Wirtschaftskraft (stark typisierend) vermutet wird (vgl. Art. 15 TRIMCA). Unter den normalen Marktbedingungen und auch nach dem Willen des spanischen Regionalgesetzgebers werden kleinere Einzelhandelseinrichtungen (unterhalb des sich aus Art. 22 TRIMCA ergebenden Grenzwerts von 2 000 m² Gesamtfläche) nicht mit einer Abgabe belastet. Folglich werden für diese auch keine Belastungen vermindert, die kleinere Einzelhandelseinrichtungen normalerweise zu tragen hätten. Selbst größere Einzelhandelseinrichtungen haben bezüglich der ersten 2 000 m² ihrer Verkaufsfläche keine Belastungen zu tragen. Insoweit fehlt es wieder an einer Ungleichbehandlung (dazu bereits oben, Nrn. 28 und 29) und an einem wirtschaftlichen Vorteil, den kleinere Einzelhandelseinrichtungen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätten.

73.      Die Nichterfassung der kleinen Einzelhandelseinrichtungen kann daher keine Beihilfe darstellen. Allenfalls die Befreiung bestimmter größerer Einzelhandelseinrichtungen (nach Art. 20 TRIMCA betrifft dies u. a. Verkäufer von Maschinen, Baustoffen oder von Möbeln etc.) von der an sich einschlägigen Abgabe kann als ein solcher Vorteil verstanden werden. Dieser müsste dann noch selektiv sein.

b)      Selektivität des Vorteils

74.      Insofern ist zu prüfen, ob (1) in der Abgabenbefreiung bestimmter größerer Einzelhandelsgeschäfte eine „Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV zu sehen ist, also im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein „selektiver Vorteil“ vorliegt.

75.      Hilfsweise – sollte der Gerichtshof auch in der Nichterfassung kleinerer Einzelhandelseinrichtungen einen Vorteil erblicken, den diese unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätten – ist auch zu prüfen, ob (2) in der Nichterfassung der Inhaber kleinerer Einzelhandelsgeschäfte ein solch „selektiver Vorteil“ zu sehen ist.

1)      Selektivität im Steuerrecht bzw. Abgabenrecht

76.      Die Prüfung dieser Selektivität bereitet bei steuerrechtlichen wie auch bei abgabenrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten erhebliche Schwierigkeiten.(49)

77.      In der Rechtsprechung des Gerichtshofs wird als Ausgangspunkt beständig wiederholt, dass eine Steuerregelung dann nicht selektiv ist, wenn sie unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbar ist.(50) Aufgrund des Umstands allein aber, dass eine Steuerregelung nur denjenigen Unternehmen einen Vorteil gewährt, die ihre Voraussetzungen erfüllen, kann auch nach der Rechtsprechung die Selektivität der Regelung noch nicht festgestellt werden.(51)

78.      Der Gerichtshof hat deshalb bei steuerrechtlichen Vorteilen für die Feststellung ihrer Selektivität spezielle Voraussetzungen aufgestellt. Danach ist letztlich entscheidend, ob die Voraussetzungen für den steuerrechtlichen Vorteil nach den Maßstäben des nationalen Steuersystems diskriminierungsfrei gewählt sind.(52) Dazu soll in einem ersten Schritt die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende allgemeine oder „normale“ Steuerregelung ermittelt werden. Anhand dieser allgemeinen oder „normalen“ Steuerregelung soll dann in einem zweiten Schritt beurteilt werden, ob der mit der fraglichen Steuermaßnahme gewährte Vorteil selektiv ist.

79.      Dies kommt in Betracht, wenn diese Maßnahme vom allgemeinen System insofern abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich aber im Hinblick auf das mit der Steuerregelung dieses Mitgliedstaats verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.(53) Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Begünstigung aber durch das Wesen oder die allgemeinen Zwecke des Systems, zu dem sie gehört, gerechtfertigt sein, insbesondere wenn eine Steuerregelung unmittelbar auf Grund- oder Leitprinzipien des nationalen Steuersystems beruht.(54)

80.      Eine solche besondere Prüfung ist bei Steuerregelungen zur Feststellung ihrer Selektivität erforderlich, weil sich steuerrechtliche Vorteile – anders als Subventionen im engeren Sinne in Form von Geldleistungen – im Rahmen eines Steuersystems ergeben, dem die Unternehmen in einer allgemeinen Art und Weise ständig und zwangsläufig unterworfen sind. Steuersysteme enthalten dabei in vielfältiger Weise Differenzierungen, die in der Regel nur dazu dienen, die genaue Zielrichtung der Steuer umzusetzen. Solche „begünstigenden“ Differenzierungen, die keine Subventionen im engeren Sinne sind, können aber nach der Rechtsprechung nur dann als Beihilfe eingeordnet werden, wenn sie diesen nach Art und Wirkung gleichstehen.(55)

81.      Nur wenn also ein Mitgliedstaat sein vorhandenes Steuersystem dazu verwendet, um Geldleistungen zu Zwecken zu verteilen, die außerhalb des Steuersystems liegen, besteht auch ein Grund, diese steuerrechtlichen Vorteile den Subventionen im engeren Sinne gleichzustellen.(56)

82.      Der Gerichtshof nimmt insoweit eine Kohärenzprüfung vor, wobei Inkohärenz letztlich Missbrauch indiziert. Bloß wird dieses Mal nicht gefragt, ob der Steuerpflichtige missbräuchliche Gestaltungen wählt, um sich der Steuer zu entziehen. Vielmehr wird gefragt, ob der Mitgliedstaat – objektiv betrachtet – sein Steuerrecht „missbraucht“, um die Subventionierungen einzelner Unternehmen am Beihilferecht vorbei durchzuführen.

83.      Aus dieser Erkenntnis folgt, dass zunächst eine im Rahmen des mitgliedstaatlichen Steuersystems nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung notwendig ist, um die Selektivität eines steuerrechtlichen Vorteils im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV festzustellen. Insoweit ist entscheidend, ob diese Differenzierung aus der Natur oder dem inneren Aufbau der Regelung folgt, zu der sie gehört.(57)

84.      Darüber hinaus müsste es sich bei dieser nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gemäß dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV entweder um eine Differenzierung zugunsten eines bestimmten Unternehmens oder eines bestimmten Produktionszweigs handeln. Deshalb hat der Gerichtshof insbesondere im Gibraltar-Urteil festgestellt, dass eine Steuerregelung die begünstigten Unternehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe kennzeichnen muss.(58)

85.      Diese Feststellung wurde in der Entscheidung World Duty Free Group(59) auf den ersten Blick zwar etwas relativiert.(60) Hier wurde eine steuerrechtliche Regelung, die für alle Steuerpflichtigen steuerrechtliche Vorteile (kurze Abschreibungszeit) vorsah, die ausländische Unternehmen mit einem Firmenwert erwarben, deshalb als selektiv eingestuft, weil andere Steuerpflichtige, die inländische Unternehmen erwarben, den Firmenwert nur über einen längeren Zeitraum abschreiben konnten. Da Steuerpflichtige an sich keine bestimmten Unternehmen oder Produktionszweige darstellen, liefe das Tatbestandsmerkmal des Art. 107 Abs. 1 AEUV dann ins Leere.(61) Allerdings betraf diese Entscheidung einen besonderen Fall der „Exportförderung“ der einheimischen Unternehmen für Investitionen im Ausland zulasten ausländischer Unternehmen, die dem Rechtsgedanken des Art. 111 AEUV widerspricht. Daher können spezifische Exportsubventionen das Selektivitätskriterium erfüllen, auch wenn sie für alle Steuerpflichtigen gelten.

2)      Zum selektiven Charakter der einzelnen Ungleichbehandlungen

86.      Das vorlegende Gericht hält eine selektive Begünstigung durch die vorliegende Regelung in mehrfacher Hinsicht für möglich, nämlich durch die unterschiedliche Behandlung von Einzelhandelseinrichtungen in Abhängigkeit von ihrer Größe und die Abgabenbefreiung bestimmter Einzelhandelseinrichtungen.

87.      Damit hat das vorlegende Gericht im Ergebnis verschiedene „normale“ Abgabenregelungen als Grundlage gewählt. Vermutet es nämlich die Selektivität der Nichterfassung kleinerer Einzelhandelseinrichtungen, geht es von einem Bezugssystem aus, wonach alle Einzelhandelseinrichtungen zu erfassen wären. Sofern die befreiten größeren Einzelhandelseinrichtungen angesprochen werden, wäre das Bezugssystem alle größerenEinzelhandelseinrichtungen.

88.      Je nach betrachteter Ungleichbehandlung ist damit ein anderes Bezugssystem betroffen. Daraus wird deutlich, dass – wie es auch der Gerichtshof bereits im Gibraltar-Urteil festgestellt hat(62) – die Bestimmung einer „normalen“ Besteuerung nicht entscheidend sein kann. Entscheidend ist – wie auch der Gerichtshof in der Entscheidung World Duty Free erneut betont hat(63) – allein die Prüfung der jeweiligen Ungleichbehandlung im Hinblick auf das mit dem Gesetz verfolgte Ziel.

89.      Zu klären ist damit nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, ob die Regelungen des TRIMCA Ungleichbehandlungen zur Folge haben, die ihren Grund nicht im konkreten Abgabengesetz selbst finden, sondern außerhalb davon liegende Zwecke – mithin sachfremde Zwecke – verfolgen.(64)

i)      Betrachtung des Gesetzesziels

90.      Dies bedingt zunächst eine nähere Betrachtung des Gesetzesziels. Wie oben in Nr. 42 ausgeführt, ist das Ziel des Gesetzes der Umweltschutz, die Raumordnung und eine Kostenbeteiligung der Unternehmen, die eine besondere Wirtschaftskraft aufgrund der Nutzung großer Verkaufsflächen – bei einer typisierenden Betrachtung – vermuten lassen. Hinzu kommt eine gewisse „Umverteilungsfunktion“, wenn wirtschaftlich stärkere Akteure finanziell stärker als wirtschaftlich schwächere Akteure belastet werden.

ii)    Abgabenbefreiung besonderer flächenintensiver Einzelhandelseinrichtungen

91.      Bezüglich der in Art. 20 TRIMCA genannten Abgabenbefreiung ist zu berücksichtigen, dass Verkäufer von Maschinen, Baustoffen, Möbeln, Fenstern und Türen, Gartenerzeugnissen in Zuchtbetrieben und Kraftfahrzeugen aufgrund ihres Sortiments in der Regel eine größere Verkaufs- und Lagerfläche benötigen. Insofern ist im Vergleich zu großen Einzelhandelseinrichtungen mit einem kleinteiligeren Sortiment die typisierende Vermutung einer stärkeren Wirtschaftskraft bei größerer Verkaufsfläche nicht vollständig einschlägig.

92.      Hinzu kommt die Tatsache, dass solche Einzelhandelseinrichtungen in besonderem Maße auf eine größere Fläche angewiesen sind, so dass sie die Abgabe besonders trifft. Da das Verhältnismäßigkeitsprinzip insbesondere im Abgabenrecht zu beachten ist, ist eine Berücksichtigung dieser besonderen Belastung durch den nationalen Gesetzgeber durchaus nachvollziehbar(65) und nicht offensichtlich sachfremd im Hinblick auf das Ziel, eine besondere Wirtschaftskraft zu belasten.

93.      Auch im Hinblick auf das Ziel des Umweltschutzes ist – anders als ANGED wohl meint – zu berücksichtigen, dass die genannten Abgabepflichtigen aufgrund ihres Warensortiments nicht ein gleich hohes Kundenaufkommen pro m² anziehen wie andere Einzelhandelseinrichtungen. Ein Fenster- und Türenladen wird in der Regel von einem Kunden weniger häufig besucht als ein Lebensmitteldiscounter mit der gleichen Fläche. Dabei wirkt sich diese geringere Kundenfrequentierung wohl auch auf einen geringeren Lieferverkehr aus. Die in Art. 20 TRIMCA genannten Einzelhandelseinrichtungen verkaufen in der Regel an andere Unternehmen, die größere Mengen kaufen, dafür aber die Verkaufsflächen seltener frequentieren. Ob dies tatsächlich zutrifft, kann dabei offenbleiben. Da der nationale Gesetzgeber diesbezüglich eine Prognoseentscheidung treffen muss, kann diese nur auf ihre offensichtliche Fehlerhaftigkeit (zum Prüfungsmaßstab siehe bereits oben, Nr. 47) hin überprüft werden. Ein solch offenkundiger Fehler ist hier aber nicht zu sehen.

94.      Im Hinblick auf das Ziel der Raumordnung ist zwar auf den ersten Blick nicht erkennbar, warum Baustoffmärkte befreit werden sollten. Dies ist aber unschädlich, da es ausreicht, wenn die Ungleichbehandlung aus einem der Gesetzesziele heraus gerechtfertigt werden kann. Dies ist hier bezüglich einer Belastung nach Maßgabe der Wirtschaftskraft und der Berücksichtigung negativer Umwelteinflüsse der Fall.

95.      Lediglich die Befreiung von Verkäufern von Möbeln in individuellen, traditionellen und spezialisierten Geschäften ist auf den ersten Blick im Hinblick auf die genannten Gesetzesziele nicht ganz erklärbar. Warum diese Einzelhandelseinrichtungen einen geringeren Liefer- oder Kundenverkehr anziehen oder eine niedrigere Wirtschaftskraft aufweisen sollten, erschließt sich nicht sofort. Ob sich „normale“ Möbelfachgeschäfte und die in Art. 20 TRIMCA aufgeführten Möbelfachgeschäfte daher nicht doch in einer insoweit vergleichbaren Situation befinden, muss aber das vorlegende Gericht(66) entscheiden.

96.      Wenn „normale“ Möbelfachgeschäfte und die in Art. 20 TRIMCA aufgeführten Möbelfachgeschäfte auch unter Berücksichtigung eines Prognosespielraums tatsächlich und rechtlich vergleichbar im Hinblick auf die Gesetzesziele (Beeinträchtigung der Umwelt, der Raumordnung, Anknüpfen an die Wirtschaftskraft nach Maßgabe eines Kunden- und Lieferaufkommens pro Quadratmeter) sind, stellt die vorliegende Abgabenbefreiung eine Begünstigung für die befreiten Verkäufer von Möbeln dar. Diese Ungleichbehandlung wäre dann nicht durch Grund- oder Leitprinzipien des Abgabensystems gerechtfertigt. Dann wäre die Regelung insoweit selektiv und einer Subvention im engeren Sinne gleichzustellen (dazu oben, Nr. 80).

iii) Hilfsweise: Nichterfassung kleinerer Einzelhandelsunternehmen

97.      Darüber hinaus moniert das vorlegende Gericht im Ergebnis auch die vollständige Nichterfassung der Einzelhandelseinrichtungen mit einer Gesamtfläche von weniger als 2 000 m². Ein selektiver Vorteil kommt nach der Rechtsprechung aber nur in Betracht, wenn diese Maßnahme vom allgemeinen System insofern abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich aber im Hinblick auf das mit der Steuerregelung dieses Mitgliedstaats verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.(67)

98.      Hier liegt zwischen kleineren und größeren Einzelhandelseinrichtungen schon keine Ungleichbehandlung vor, weil auch die großen Einzelhandelseinrichtungen mit ihren ersten 2 000 m² Gesamtfläche nicht durch die Abgabe belastet werden (vgl. dazu oben, Nr. 72). Insofern erhalten alle Einzelhandelseinrichtungen diesen „Vorteil“ der Nichtbelastung. Selbst wenn die kleinen Einzelhandelseinrichtungen in den Anwendungsbereich der Abgabe mit einbezogen werden würden, würden sie ebenso wie die großen Einzelhandelsunternehmen nicht bezüglich ihrer Gesamtfläche von 1 m² bis 2 000 m² belastet. Darüber hinaus befinden sich kleine und große Einzelhandelseinrichtungen nicht in einer vergleichbaren Situation (dazu Nrn. 100 ff.). Aber auch wenn eine Ungleichbehandlung unterstellt werden würde, ist diese Differenzierung gerechtfertigt (dazu Nrn. 102 ff.).

–       Vergleichbare tatsächliche und rechtliche Situation?

99.      Insbesondere im Urteil World Duty Free Group hat der Gerichtshof betont, dass sich die Begünstigten im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden müssen und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann.(68)

100. Folglich ist die tatbestandliche Nichterfassung von Inhabern kleinerer Einzelhandelsgeschäfte (einzeln oder als Teil einer kollektiven Einzelhandelseinrichtung) für sie kein selektiver Vorteil im Sinne des Beihilfebegriffs nach Art. 107 Abs. 1 AEUV. Denn diese Differenzierung ist dem Gesetzesziel immanent. Letzteres besteht darin, nachteilige Folgen für Umwelt und Raumplanung durch größere Einzelhandelseinrichtungen zu reduzieren, indem ein Anreiz für den Betrieb kleinerer Einzelhandelseinrichtungen geschaffen wird, die nicht mit der Abgabe belastet werden. Daher ist auch die fehlende Zusammenrechnung mehrerer Einzelhandelseinrichtungen desselben Inhabers nicht nur nachvollziehbar, sondern konsequent und dem Gesetzesziel geschuldet.

101. Größere und kleinere Einzelhandelseinrichtungen unterscheiden sich gerade durch ihre Verkaufsfläche und die daraus abgeleitete Wirtschaftskraft sowie das Kunden- und Lieferaufkommen pro Quadratmeter. Sie befinden sich aus Sicht des Mitgliedstaats – die hier nicht offensichtlich fehlerhaft ist – nicht in einer rechtlich und tatsächlich vergleichbaren Situation.

–       Hilfsweise: Rechtfertigung der Differenzierung

102. Sollte der Gerichtshof demgegenüber eine tatsächliche und rechtliche Vergleichbarkeit von kleinen und größeren Einzelhandelseinrichtungen annehmen, dann ist zu prüfen, ob die darin zu sehende Differenzierung gerechtfertigt werden kann.

103. Bezüglich der Größe der Verkaufsfläche kann dies meines Erachtens bejaht werden. Die Größe der Verkaufsfläche indiziert (jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft) eine gewisse Artikel- und Kundenmenge, damit einen gewissen Kunden- und Lieferverkehr und daraus folgende Lärm- und Luftemissionen und weitere Effekte, die besondere Lasten für eine Gemeinde hervorrufen. Auch kann die Größe einer Einzelhandelseinrichtung wohl auch als (grober) Indikator für einen größeren Umsatz und damit eine größere Wirtschaftskraft, mithin eine größere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, betrachtet werden.

104. Auch unter Verwaltungsverfahrensgesichtspunkten ist es nicht zu beanstanden, wenn die Anzahl der erfassten und dann auch zu kontrollierenden Einzelhandelseinrichtungen mittels eines Grenzwerts reduziert wird. Dies dient – wie auch eine fehlende Zusammenrechnung der Flächen verschiedener Einzelhandelseinrichtungen – auch der Verwaltungsvereinfachung. Selbst im unionsrechtlichen Mehrwertsteuerrecht werden die sogenannten Kleinunternehmer (d. h. Unternehmer, deren Umsatz einen gewissen „Freibetrag“ nicht überschreitet) nicht besteuert, ohne dass darin bislang ein Verstoß gegen das Beihilferecht gesehen wurde. Für die verfolgten Gesetzesziele ist darüber hinaus das Abstellen auf die Verkaufsfläche statt auf den Umsatz oder den Gewinn durchaus verständlich, da Erstere leicht feststellbar (einfache und effektive Verwaltung) und weniger umgehungsanfällig als z. B. der Gewinn ist.

c)      Ergebnis

105. Im Ergebnis stellt die Nichterfassung kleinerer Einzelhandelseinrichtungen keinen selektiven Vorteil dieser Unternehmen dar. Insofern fehlt es an einem Vorteil beziehungsweise an einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung. Deren Nichterfassung ist sachlich durch die Gesetzeszwecke des TRIMCA gedeckt.

106. Die Abgabenbefreiung für bestimmte großflächigere Unternehmen ist im Hinblick auf die verfolgten Gesetzesziele auch sachlich erklärbar.

VI.    Entscheidungsvorschlag

107. Dementsprechend schlage ich vor, die Vorlagefragen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) wie folgt zu beantworten:

1.       Die Art. 49 und 54 AEUV stehen einer Abgabe für Einzelhändler nach Maßgabe der Verkaufsfläche wie der vorliegenden nicht entgegen.

2.       Art. 107 Abs. 1 AEUV kann nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass die abgabenrechtliche Nichterfassung von Einzelhandelseinrichtungen mit einer Gesamtfläche von weniger als 2 000 m2 eine Beihilfe darstellen würde. Gleiches gilt für die Befreiung von der Abgabe für Verkäufer von: a) Maschinen, Fahrzeugen, Werkzeugen und Industriebedarf, b) Baustoffen, Sanitärgegenständen, Türen und Fenstern, die ausschließlich an Gewerbetreibende verkauft werden, c) Garten- und Ackerbauerzeugnissen in Zuchtbetrieben, d) Kraftfahrzeugen in Ausstellungsräumen von Händlern und Reparaturwerkstätten und e) Kraftstoffen.

3.       Ob auch die Befreiung der Abgabe für Einzelhandelseinrichtungen, in denen Möbel in individuellen, traditionellen und spezialisierten Geschäften verkauft werden, eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt, hängt von der Vergleichbarkeit zu den Einzelhandelseinrichtungen ab, die Möbel außerhalb der genannten Geschäfte verkaufen. Dies ist durch das vorlegende Gericht zu entscheiden.


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Dies sind die verbundenen Rechtssachen C-234/16 und C-235/16 sowie C-233/16.


3      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


4      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


5      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


6      Siehe meine Schlussanträge in den Rechtssachen C (C-122/15, EU:C:2016:65, Nr. 66), X (C-498/10, EU:C:2011:870, Nrn. 28 und 29), Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nrn. 83 und 84) sowie X (C-686/13, EU:C:2015:31, Nr. 40).


7      Vgl. auch: Urteile vom 6. Dezember 2007, Columbus Container Services (C-298/05, EU:C:2007:754, Rn. 51 und 53), Beschluss vom 4. Juni 2009, KBC-bank (C-439/07 und C-499/07, EU:C:2009:339, Rn. 80), Urteil vom 14. April 2016, Sparkasse Allgäu (C-522/14, EU:C:2016:253, Rn. 29).


8      Urteil vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172).


9      Urteil vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 61).


10      Vgl. u. a. Urteile vom 5. Dezember 1989, Kommission/Italien (C-3/88, EU:C:1989:606, Rn. 8), vom 13. Juli 1993, Commerzbank (C-330/91, EU:C:1993:303, Rn. 14), vom 14. Februar 1995, Schumacker (C-279/93, EU:C:1995:31, Rn. 26), vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C-254/97, EU:C:1999:368, Rn. 10), vom 25. Januar 2007, Meindl (C-329/05, EU:C:2007:57, Rn. 21), vom 18. März 2010, Gielen (C-440/08, EU:C:2010:148, Rn. 37), vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C-570/07 und C-571/07, EU:C:2010:300, Rn. 117 und 118), vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 30), und vom 8. Juni 2017, Van der Weegen u. a. (C-580/15, EU:C:2017:429, Rn. 33), siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nr. 34).


11      Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 39).


12      Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 39 ff.).


13      Vgl. dazu auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nr. 41).


14      Vgl. Urteile vom 7. Juli 1988, Stanton und L'Étoile 1905 (143/87, EU:C:1988:378, Rn. 9), vom 13. Juli 1993, Commerzbank (C-330/91, EU:C:1993:303, Rn. 15), vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C-254/97, EU:C:1999:368, Rn. 13), vom 22. März 2007, Talotta (C-383/05, EU:C:2007:181, Rn. 32), vgl. auch Urteile vom 3. März 1988, Bergandi (252/86, EU:C:1988:112, Rn. 28), zu Art. 95 EWG und vom 26. Oktober 2010, Schmelz (C-97/09, EU:C:2010:632, Rn. 48), zur Dienstleistungsfreiheit und vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 39 ff.).


15      Vgl. Urteil vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C-570/07 und C-571/07, EU:C:2010:300, Rn. 119).


16      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


17      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


18      Vgl. Urteile vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C-254/97, EU:C:1999:368, Rn. 13).


19      Vgl. Urteile vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C-254/97, EU:C:1999:368, Rn. 13), vom 10. September 2009, Kommission/Deutschland (C-269/07, EU:C:2009:527, Rn. 54), vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C-570/07 und C-571/07, EU:C:2010:300, Rn. 119), vom 28. Juni 2012, Erny (C-172/11, EU:C:2012:399, Rn. 41), Urteil vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs (C-514/12, EU:C:2013:799, Rn. 26), Urteil vom 2. März 2017, Eschenbrenner (C-496/15, EU:C:2017:152, Rn. 36).


20      Vgl. Urteil vom 5. Dezember 1989, Kommission/Italien (C-3/88, EU:C:1989:606, Rn. 9); vgl. auch Urteil vom 9. Mai 1985, Humblot (112/84, EU:C:1985:185, Rn. 14), zu Art. 95 EWG.


21      Siehe dazu bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nr. 40).


22      So auch im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit Urteil vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C-570/07 und C-571/07, EU:C:2010:300, Rn. 119).


23      Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47), mit meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nrn. 37 ff.).


24      Dies betraf Katalonien in dem Verfahren C-233/16 mit einem Grenzwert von 2 500 m².


25      Vgl. auch Urteil vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 60), in dem mehr auf die „Kontrolle“ und die „Anteilseigner“ und weniger auf die Ansässigkeit der Gesellschaften abgestellt wurde.


26      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


27      Urteile vom 5. Oktober 2004, CaixaBank France (C-442/02, EU:C:2004:586, Rn. 17), vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 73), und vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 42).


28      Urteile vom 1. Oktober 2009, Woningstichting Sint Servatius (C-567/07, EU:C:2009:593, Rn. 29), und vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 74).


29      Urteile vom 11. März 2010, Attanasio Group (C-384/08, EU:C:2010:133, Rn. 50), und vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 74).


30      Siehe dazu auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C-385/12, EU:C:2013:531, Nrn. 59 ff.).


31      Nach meinem Dafürhalten ergibt sich daraus eine „Freiverkaufsfläche“ von 1 333 m², da die Hinzurechnung von Parkplatzflächen und sonstigen Flächen jeweils auf 25 % der Verkaufsfläche begrenzt ist (1.333 * 1,5 = 2 000). Insofern kann die „Freifläche“ von 2 000 m² frühestens ab einer Verkaufsfläche von 1 333 m² überschritten werden. Insofern liegt die Grenze zwischen kleinen und großen Einzelhandelseinrichtungen in Aragon nicht bei 500 m², sondern erst bei 1 333 m² (bzw. ohne Parkplätze und sonstige Lagerräume bei 2 000 m²). Aus Vereinfachungsgründen wird von einer Freifläche von 2 000 m² gesprochen.


32      Urteile vom 17. November 2009, Presidente del Consiglio dei Ministri (C-169/08, EU:C:2009:709, Rn. 42), vom 12. Juli 2012, HIT und HIT LARIX (C-176/11, EU:C:2012:454, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 11. Juni 2015, Berlington Hungary u. a. (C-98/14, EU:C:2015:386, Rn. 64).


33      Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C-491/01, EU:C:2002:741, Rn. 123 und die dort zitierte Rechtsprechung), und vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat (C-358/14, EU:C:2016:323, Rn. 79).


34      Urteil vom 24. März 1994, Schindler (C-275/92, EU:C:1994:119, Rn. 61), vom 21. September 1999, Läärä u. a. (C-124/97, EU:C:1999:435, Rn. 14 und 15), und vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C-243/01, EU:C:2003:597, Rn. 63) – alles zum Glückspielwesen; vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C-46/93 und C-48/93, EU:C:1996:79, Rn. 48 ff.), zum Lebensmittelrecht.


35      Zum vergleichbaren Prüfungsmaßstab bei der Beurteilung des Handelns von Unionsorganen und der Mitgliedstaaten vgl. auch Urteil vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C-46/93 und C-48/93, EU:C:1996:79, Rn. 47).


36      So – zu einem vergleichbaren Gesetz – auch schon Urteil vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 80).


37      So schon Urteile vom 11. Juli 1989, Schräder HS Kraftfutter (265/87, EU:C:1989:303, Rn. 21), vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C-343/09, EU:C:2010:419, Rn. 45), vom 22. Januar 2013, Sky Österreich (C-283/11, EU:C:2013:28, Rn. 50), vom 15. Februar 2016, N. (C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 54), vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C-477/14, EU:C:2016:324, Rn. 48), und vom 30. Juni 2016, Lidl (C-134/15, EU:C:2016:498, Rn. 33).


38      Vgl. Urteile vom 23. Oktober 1997, Kommission/Niederlande (C-157/94, EU:C:1997:499, Rn. 58), vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien (C-110/05, EU:C:2009:66, Rn. 66), und vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C-400/08, EU:C:2011:172, Rn. 75).


39      Urteile vom 11. Oktober 2007, ELISA (C-451/05, EU:C:2007:594, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 21. Dezember 2011, Kommission/Polen (C-271/09, EU:C:2011:855, Rn. 58).


40      Urteile vom 12. Juli 2001, Jippes u. a. (C-189/01, EU:C:2001:420, Rn. 81), vom 9. November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert (C-92/09 und C-93/09, EU:C:2010:662, Rn. 76 ff.), vom 22. Januar 2013, Sky Österreich (C-283/11, EU:C:2013:28, Rn. 50), und vom 30. Juni 2016, Lidl (C-134/15, EU:C:2016:498, Rn. 33).


41      So ähnlich auch schon Urteil vom 9. November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert (C-92/09 und C-93/09, EU:C:2010:662, Rn. 76 ff.).


42      Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission (C-487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 91).


43      Urteile vom 20. September 2001, Banks (C-390/98, EU:C:2001:456, Rn. 80), vom 27. Oktober 2005, Distribution Casino France u. a. (C-266/04 bis C-270/04, C-276/04 und C-321/04 bis C-325/04, EU:C:2005:657, Rn. 42 ff.), vom 15. Juni 2006, Air Liquide Industries Belgium (C-393/04 und C-41/05, EU:C:2006:403, Rn. 43 ff.), und vom 6. Oktober 2015, Finanzamt Linz (C-66/14, EU:C:2015:661, Rn. 21).


44      Urteil vom 25. Juni 1970, Frankreich/Kommission (47/69, EU:C:1970:60, Rn. 16/17 ff.), vom 13. Januar 2005, Streekgewest (C-174/02, EU:C:2005:10, Rn. 26), und vom 27. Oktober 2005, Distribution Casino France u. a. (C-266/04 bis C-270/04, C-276/04 und C-321/04 bis C-325/04, EU:C:2005:657, Rn. 40).


45      Urteile vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C-524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 40), vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 53), und vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania (C-74/16, EU:C:2017:496, Rn. 38).


46      Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 21), und vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania (C-74/16, EU:C:2017:496, Rn. 65).


47      Vgl. u. a. Urteile vom 15. März 1994, Banco Exterior de España (C-387/92, EU:C:1994:100, Rn. 14), vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 72), und vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 23).


48      Urteile vom 15. März 1994, Banco Exterior de España (C-387/92, EU:C:1994:100, Rn. 13), vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission (C-399/10 P und C-401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 101), vom 14. Januar 2015, Eventech (C-518/13, EU:C:2015:9, Rn. 33), und vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania (C-74/16, EU:C:2017:496, Rn. 66).


49      Siehe nur die aktuelle Vorlage des BFH (Beschluss vom 30. Mai 2017 – II R 62/14, BFHE 257, 381) zur sogenannten Konzernklausel des § 6a GrEStG im Grunderwerbsteuerrecht – anhängig unter C-374/17.


50      Vgl. nur Urteile vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C-143/99, EU:C:2001:598, Rn. 35), vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 73), vom 29. März 2012, 3M Italia (C-417/10, EU:C:2012:184, Rn. 39), vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 23), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 53 ff.).


51      Vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 29. März 2012, 3M Italia (C-417/10, EU:C:2012:184, Rn. 42), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 59).


52      Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 14. Januar 2015, Eventech (C-518/13, EU:C:2015:9, Rn. 53), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54); ausdrücklich auch außerhalb des Steuerrechts Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C-524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 53 und 55).


53      Vgl. Urteile vom 17. November 2009, Presidente del Consiglio dei Ministri (C-169/08, EU:C:2009:709), vom 8. September 2011, Paint Graphos (C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 49), vom 29. März 2012, 3M Italia (C-417/10, EU:C:2012:184, Rn. 42), vom 18. Juli 2013, P (C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 19), vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 35), vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C-524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 49 und 58), vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54), und Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Aer Lingus und Ryanair Designated Activity (C-164/15 P und C-165/15 P, EU:C:2016:990, Rn. 51).


54      Vgl. Urteile vom 8. September 2011, Paint Graphos (C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 65 und 69), vom 18. Juli 2013, P (C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 22); vgl. in diesem Sinne u. a. auch Urteile Italien/Kommission (173/73, EU:C:1974:71, Rn. 33), vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C-143/99, EU:C:2001:598, Rn. 42), vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 145), und vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 42 und 43).


55      Vgl. u. a. Urteile vom 23. Februar 1961, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde (30/59, EU:C:1961:2, S. 43), vom 15. Juni 2006, Air Liquide Industries Belgium (C-393/04 und C-41/05, EU:C:2006:403, Rn. 29), vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission (C-399/10 P und C-401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 101), und vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 22).


56      Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 18. Juli 2013, P (C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 22 bis 27).


57      Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 42), und vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania (C-74/16, EU:C:2017:496, Rn. 71).


58      Vgl. Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 104).


59      Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn.73, 74 und 86 ff.).


60      Dabei scheinen die Rn. 59 und 86 dieses Urteils nicht ganz kongruent zu sein.


61      Dies folgt meines Erachtens spätestens aus den Ausführungen in dem Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 85 und 86).


62      Vgl. Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 90 und 91 sowie 131).


63      Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54, 67 und 74).


64      So ausdrücklich Urteil vom 8. September 2011, Paint Graphos (C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 70).


65      Siehe auch Urteil vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL (C-15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 65).


66      Zu dessen Aufgabe ebenso Urteil vom 14. Januar 2015, Eventech (C-518/13, EU:C:2015:9, Rn. 57 ff.).


67      Vgl. Urteile vom 8. September 2011, Paint Graphos (C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 49), vom 18. Juli 2013, P (C-6/12, EU:C:2013:525, Rn. 19), vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 35), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54).


68      Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C-20/15 P und C-21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54), zuvor auch schon: Urteile vom 28. Juli 2011, Mediaset/Kommission (C-403/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:533, Rn. 36), vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 75 und 101), vom 14. Januar 2015, Eventech (C-518/13, EU:C:2015:9, Rn. 55), und vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL (C-15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 59).