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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER
vom 16. Oktober 2003(1)


Rechtssache C-334/02



Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Französische Republik


„Vertragsverletzungsverfahren – Frankreich – Freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr – Einkommensteuer – Kapitaleinkünfte aus beweglichem Vermögen – Befugnis des Steuerpflichtigen, zwischen der Unterwerfung unter die Besteuerung oder der Unterwerfung unter einen pauschalen Steuerabzug, der der Abgeltung dient, zu wählen – Ausschluss der Einkünfte, die von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen oder wohnhaften Personen und Körperschaften gezahlt werden“






1.        Die französische Regelung der Einkommensteuer für natürliche Personen erlaubt es, Einkünfte aus bestimmten Investitionen von der Steuer zu befreien, wenn sich der Steuerpflichtige für eine Quellensteuer entscheidet, sofern der Schuldner dieser Einkünfte in Frankreich niedergelassen oder wohnhaft ist.

2.        Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt gemäß Artikel 226 Absatz 2 EG beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen hat, dass sie diese Regelung beibehält.

I – Die direkten Steuern und der freie Dienstleistungsverkehr sowie der freie Kapitalverkehr

3.        Die direkten Steuern unterliegen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die diese unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts und insbesondere der Bestimmungen auszuüben haben (2) , die den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr regeln.

4.        Die erste dieser Freiheiten, die in Artikel 49 EG (früher Artikel 59 EG-Vertrag) geregelt ist, verlangt die Beseitigung sämtlicher Diskriminierungen des Leistungserbringers, die auf seiner Staatsangehörigkeit beruhen oder damit zusammenhängen, dass er in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Leistung erbracht wird, niedergelassen ist (3) . Somit verstößt grundsätzlich jede steuerliche Maßnahme, die die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer abschreckt oder die eigenen Staatsangehörigen davon abhält, deren Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, gegen diese Freiheit (4) .

5.        Der in Artikel 56 EG (früher Artikel 73b EG-Vertrag) verankerte freie Kapitalverkehr untersagt es den Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, die Gebietsansässige davon abhalten, in einem anderen Mitgliedstaat Anlagen zu tätigen (5) , und steht damit Steuerregelungen entgegen, die diese Wirkung entfalten (6) .

II – Die in Rede stehende Steuerregelung

6.        Artikel 125 A Absatz 1 des Code général des impôts bestimmt:

„… natürliche Personen, die Zinsen, rückständige Zinsen und Einkünfte jeder Art aus staatlichen Mitteln, Schuldverschreibungen, Anteilscheinen, Briefen und sonstigen Forderungspapieren, Einlagen, Bürgschaften und laufenden Konten beziehen, deren Schuldner in Frankreich wohnhaft oder niedergelassen ist, können sich für die Unterwerfung unter einen Steuerabzug entscheiden, der die Einkommensteuer für die Einkünfte, auf die sie angewandt wird, abgilt.

Eine bei diesen Einkünften abgezogene Quellensteuer wird auf die Steuer angerechnet.

Der Abzug wird von dem Schuldner oder der Person vorgenommen, die die Einkünfte zahlt.“

7.        Artikel 125 A Absatz IIIbis regelt den Prozentsatz des Steuerabzugs, der nach Maßgabe der Erträge, auf die er angewandt wird, der Dauer des Vertrages, dem Zeitpunkt der Ausgabe der Papiere oder dem Fälligkeitszeitraum der Zinsen 15 % bis 60 % beträgt.

8.        Artikel 125-0 A Absatz II enthält die gleiche Regelung für Einkünfte aus Sparbriefen und Sparverträgen sowie Anlagen gleicher Art. In diesen Fällen beträgt der Steuersatz 7,5 % bis 60 %.

III – Das Verwaltungsverfahren

9.        Am 30. Oktober 2000 übersandte die Europäische Kommission Frankreich ein Schreiben mit der Feststellung, dass Frankreich dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen habe, dass es das Wahlrecht Steuerpflichtigen vorbehalten habe, deren Kapitalerträge von in Frankreich niedergelassenen oder wohnhaften Schuldnern geschuldet würden, und setzte eine Frist von zwei Monaten zur Äußerung.

10.      Die französische Regierung antwortete am 28. Dezember 2000. Die Kommission, die das französische Vorbringen nicht überzeugte, gab am 18. Juli 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie ihren ursprünglichen Standpunkt aufrechterhielt.

IV – Vorbringen der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

11.      Die Kommission hat am 10. Dezember 2002 beim Gerichtshof die vorliegende Klage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass die beschriebene Steuerregelung eine gegen die Artikel 49 EG und 56 EG verstoßende Beschränkung des freien Dienstleistungs- und des freien Kapitalverkehrs darstelle, da der im Allgemeinen günstigere Satz des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs nicht für Einkünfte in Frankreich wohnhafter Personen gelte, die von einem in diesem Land nicht wohnhaften oder niedergelassenen Schuldner stammten.

12.      Die französische Regierung macht geltend, dass die Regelung dafür gedacht sei, bei einem im Inland niedergelassenen Schuldner (gewöhnlich einem Geldinstitut) durchgeführt zu werden, der verpflichtet sei, in den ersten 14 Tagen jedes Monats die Beträge des Pauschalabzugs für die vorhergehenden monatlichen Zahlungen der Staatskasse zuzuführen. Die von der Kommission gerügte unterschiedliche Behandlung müsse relativiert werden, da zuweilen der Prozentsatz des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs höher als der Steuersatz sei und da für die Steuerverwaltung die Quellensteuer günstiger sei als die Unterwerfung unter die Steuerpflicht. Schließlich sei die Begrenzung des Wahlrechts durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Zahlung und die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten.

V – Die Vertragsverletzung

A – Zur unterschiedlichen Behandlung

13.      Eine einkommensteuerpflichtige natürliche Person mit steuerlichem Wohnsitz in Frankreich (7) , die eine der in den Artikeln 125 A und 125-0 A des Code général des impôts aufgeführten Einkünfte bezieht, kann die Steuer entrichten oder diese Pflicht durch einen pauschalen Abzug erfüllen, den der Schuldner vorzunehmen und an die Staatskasse abzuführen hat. Allerdings besteht das Wahlrecht nur, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung in Frankreich hat sowie dann, wenn die Papiere, aus denen die Einkünfte stammen, in Frankreich ausgegeben worden sind (8) .

14.      Es liegt tatsächlich eine unterschiedliche steuerliche Behandlung vor; das ist unstreitig. Das Wahlrecht besteht nur, wenn die Steuerpflichtigen und die zur Zahlung der Kapitalerträge verpflichteten Personen in Frankreich wohnhaft oder niedergelassen sind (9) . Die beklagte Regierung spielt allerdings die Ungleichheit mit dem Argument herunter, dass der Steuersatz manchmal für den Steuerpflichtigen attraktiver als der Prozentsatz des Abschlags sei und dass der Zeitpunkt der Steuerentrichtung in beiden Fällen die Steuerpflicht interessanter mache.

1. Der Satz des pauschalen Steuerabzugs und der Steuersatz

15.      Die französische Regierung (10) und die Kommission (11) haben erörtert, ob der Steuersatz günstiger als der Prozentsatz des der Abgeltung dienenden Abzugs ist. Keiner verschafft einen Überblick, und natürlich gelangen sie zu keiner Einigung. Die zu berücksichtigenden Merkmale sind so zahlreich und so unterschiedlich (12) , dass es unmöglich ist, eine einheitliche und allgemeine Antwort zu geben. Fest steht jedoch, dass, wie der beklagte Mitgliedstaat selbst einräumt (13) , immer Sachverhalte vorkommen, in denen der Abzugssatz günstiger ist als der Steuersatz. Mehr noch, Steuerexperten sind der Ansicht, dass „allgemein gesagt werden kann, dass der der Abgeltung dienende Steuerabzug für den Steuerpflichtigen günstiger ist, wenn in Ermangelung einer Wahlmöglichkeit die steuerbaren Einkünfte (oder Teile von diesen) möglicherweise … bei der Einkommensteuer mit einem höheren Satz als dem des Abzugs besteuert werden“ (14) .

16.      Daher stellen die Artikel 125 A und 125-0 A des Code général des impôts unter dem Gesichtspunkt des Teiles der Einkünfte, der auf einem der beiden Wege in die öffentlichen Kassen gelangt, ein Hemmnis für die erwähnten Grundfreiheiten dar, da in bestimmten Situationen der Kauf der Produkte, deren Frucht die erwähnten Einkünfte sind, bei in Frankreich wohnhaften oder ansässigen Personen oder Einrichtungen für die Steuerpflichtigen attraktiver ist als bei den in anderen Gemeinschaftsländern ansässigen. Das ergibt sich schon daraus, wie die Kommission ausführt (15) , dass dies bei einigen Fallgestaltungen geschieht, da jede Beeinträchtigung einer dieser Freiheiten, mag sie noch so unbedeutend sein, verboten ist (16) .

2. Der Zeitpunkt der Erhebung der Steuer und die steuertechnischen Auswirkungen

17.      Dass der pauschale Abzug durch den Schuldner der Kapitalerträge aus beweglichen Gegenständen des Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt von deren Zahlung erfolgt, die Erhebung der Einkommensteuer aber im September des Jahres, das auf das Steuerjahr folgt, in dem Erträge eingenommen worden sind, so dass in diesem Fall flüssige Mittel vorliegen, die im erstgenannten Fall fehlten, bildet für sich genommen keinen objektiv messbaren steuerlichen Vorteil.

18.      Die Entscheidung für die sofortige Entrichtung eines bestimmten Prozentsatzes der Einnahmen (entsprechend dem der Abgeltung dienenden Steuerabzug) oder für die Entrichtung eines höheren Satzes einige Monate später als Einkommensteuer ist so subjektiv, dass es sich verbietet, eine Alternative allgemein als vorzugswürdig zu erachten.

19.      Selbst wenn jedoch mit dem Beklagten davon ausgegangen werden könnte, dass es steuertechnisch betrachtet für den Steuerpflichtigen besser wäre, der Einkommensteuer zu unterliegen, als den der Abgeltung dienenden Steuerabzug zu entrichten, würde das das Hemmnis für den freien Kapitalverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr nicht beseitigten, da, wie die Kommission ausführt (17) und die französische Regierung einräumt (18) , der Gerichtshof festgestellt hat, dass das Bestehen von Steuervorteilen eine gegen eine Grundfreiheit verstoßende steuerliche Behandlung nicht rechtfertigen kann (19) .

20.      Um die Anwendung in der Rechtsprechung zu verhindern, macht Frankreich geltend, dass der steuertechnische Vorteil, den die spätere Entrichtung der Einkommensteuer bedeutet, Bestandteil der Regelung des pauschalen, der Abgeltung dienenden Abzugs sei; diese bilde ein kohärentes Ganzes, so dass sie vom Anwendungsbereich dieser Rechtsprechung nicht erfasst werde. Der Aufschub bei der Entrichtung der Steuer gegenüber dem Zeitpunkt, zu dem der Abzug praktiziert wird, sei also dazu bestimmt, den Nachteil auszugleichen, den diejenigen erleiden, die, da sie keine Wahlmöglichkeit haben, stets der Einkommensteuer unterliegen.

21.      Dies triff nicht zu. Es geht hier nicht darum, ob die einen dem Abzug und die anderen der Entrichtung der Steuer unterliegen, wobei die Lage der Ersteren günstiger als die der Letztgenannten ist. Die Frage ist eine ganz andere: Einigen wird die Wahlmöglichkeit eingeräumt und anderen nicht, so dass die Steuerpflichtigen, die Kapitalerträge von in Frankreich niedergelassenen Einrichtungen beziehen, wählen können, ob bei ihnen sofort ein Abzug vorgenommen wird oder ob sie in einigen Monaten die Steuer entrichten, während diejenigen, die Verträge mit in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen schließen, diese Möglichkeit nicht haben. Unter diesem Blickwinkel ist die momentane Liquidität, die die (freiwillige oder unfreiwillige) Unterwerfung unter die Steuer dem Steuerpflichtigen verschafft, eine Vergünstigung, die nichts mit der Regelung des der Abgeltung dienenden Abzugs zu tun hat und nicht dazu gedacht ist, eine unterschiedliche Behandlung auszugleichen.

22.      Selbst wenn es sich jedoch um eine Vergünstigung handelte, würde das Hemmnis nicht beseitigt, das die in Rede stehenden französischen Bestimmungen für die Freiheiten, die die Kommission in der Klage anführt, errichten.

23.      Die Entscheidung des französischen Gesetzgebers, die Steuer im September des auf das Steuerjahr, in dem die steuerbaren Erträge erzielt werden, folgenden Jahres zu erheben, hat selbstverständlich nichts mit der Befugnis zu tun, sich für den in den Artikeln 125 A und 125-0 A des Code général des impôts geregelten Abzug zu entscheiden. Auf der anderen Seite ist mit der Bestimmung, dass der Abzug von dem zur Zahlung der Einkünfte Verpflichteten an der Quelle vorgenommen wird, nicht bezweckt, diejenigen, die sich für diese Regelung entscheiden, gegenüber denjenigen zu benachteiligen, die zur Entrichtung der Steuer verpflichtet sind. Die beklagte Regierung erklärt, der Zweck der Regelung bestehe darin, die Finanzierungsinstrumente für die Bildung von Ersparnissen zu kontrollieren und die Erhebung dieser Art öffentlicher Einkünfte durch die Staatskasse zu sichern; die Lehre fügt den Zweck der „Ermunterung der Sparer, ihre Mittel eher in französischen Werten als in ausländischen anzulegen“ (20) , hinzu.

24.      Ich meine daher, dass die in den verschiedenen Artikeln des Code général des impôts geregelte Wahlmöglichkeit eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs darstellt, da sie die in Frankreich ansässigen Steuerpflichtigen davon abhält, ihre Ersparnisse in von ausländischen Einrichtungen angebotenen Kapitalanlagen anzulegen, und diese Unternehmen daran hindert, diese Erzeugnisse in Frankreich anzubieten, da ihre Erträge allgemein steuerlich weniger günstig als die von in dem erwähnten Land niedergelassenen oder wohnhaften Wettbewerbern verschafften Erträge behandelt werden.

B – Zu den Erwägungen des Allgemeininteresses, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen sollen: die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten

25.      Nach Ansicht der Französischen Republik erklärt sich die von der Kommission beanstandete Regelung aus der Notwendigkeit, die Zahlung der Steuern und die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten. Wenn der Schuldner der Kapitalerträge seinen Sitz nicht im Inland habe, könne die Steuerverwaltung die Bedingungen für die Anwendung des pauschalen Abzugs nicht gewährleisten, vor allem, wenn er seine Niederlassung in einem Mitgliedstaat habe, der das Bankgeheimnis praktiziere oder dessen Recht den Umfang der Verfahren über den Informationsaustausch begrenze.

26.      Hier muss die Erwägung aus dem Urteil Bachmann außer Betracht bleiben, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die damals in Rede stehende Steuerbestimmung aus Gründen der Kohärenz der Steuerregelung, nicht aber durch die Notwendigkeit der Gewährleistung der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle gerechtfertigt sei (21) . Fest steht, dass die Gemeinschaftsrechtsprechung Hemmnisse für die Grundfreiheiten hinnimmt, wenn es um die Effizienz der Steuerverwaltung geht (22) , insbesondere dann, wenn das Ziel in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung besteht, denn in diesem Fall finden die Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs eine Rechtsgrundlage in Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b EG (früher Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe b EG-Vertrag) (23) .

27.      Dieser Zweck des Allgemeininteresses ist jedoch kein Blankoscheck, der den Mitgliedstaaten ausgestellt worden wäre, um die erwähnten Freiheiten zu beschneiden, sondern er ist, wie jede Ausnahme von einem Grundprinzip der Gemeinschaft, eng auszulegen und unter Wahrung der Erfordernisse des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit anzuwenden (24) . Daher reichen Schwierigkeiten bei den Tätigkeiten der steuerlichen Verwaltung und Kontrolle nicht aus, um die Grundfreiheiten beschränkende Regelungen zu legitimieren, die absolut und unter Außerachtlassung weniger wirksamer, aber auch weniger belastender Möglichkeiten, mit denen das gleiche Ziel erreicht werden könnte, erlassen worden sind (25) . Nur dann, wenn das Hemmnis für die Gewährleistung der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle unerlässlich ist, ist eine Rechtfertigung im Gemeinschaftsrecht möglich.

28.      Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das vollständige Verbot für in Frankreich ansässige Steuerpflichtige, die Kapitalerträge von außerhalb Frankreichs wohnhaften oder niedergelassenen Personen oder Gesellschaften beziehen, sich für die Regelung des Pauschalabzugs zu entscheiden, nicht durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten, und insbesondere die Schwierigkeit des Nachweises, dass alle Voraussetzungen für die Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes des Abzuges (Art des Ertrags, Art des Vertrages, Zeitpunkt der Ausgabe, Zeit der Fälligkeit der Zinsen) genau erfüllt sind, gerechtfertigt. Wie im Urteil Baxter u. a. (26) darf nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Steuerpflichtige durch die Vorlage von Unterlagen nachweist, dass alle Voraussetzungen für die Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes als pauschaler Steuerabzug zum Zweck der Abgeltung erfüllt sind, anstatt ihn der Einkommensteuer zu unterwerfen. Auf diese Weise verlagert sich die unverzichtbare steuerliche Kontrolle von der zahlenden Einrichtung auf den Anleger, der zur Abführung der Steuer verpflichtet ist.

1. Die Schwierigkeiten der Steuerverwaltung

29.      Zu Recht trägt die französische Regierung vor, dass die vorstehenden Erwägungen eine Änderung bei der Regelung des Abzugs und eine Verlagerung der Pflicht zur Abführung an die Staatskasse von der Finanzierungseinrichtung, die die Erträge zu zahlen hat, auf den Steuerpflichtigen voraussetzt, der als Anleger diese Erträge erhält (27) . Wie ich bereits ausgeführt habe, gehören Zahlungsweise und -zeitpunkt nicht zu den Grundlagen der in den Artikeln 125 A und 125-0 A des Code général des impôts aufgestellten Wahlregelung. Wie Generalanwalt Tizzano in einer vergleichbaren Rechtssache ausgeführt hat, setzt die Abgeltungsermittlung keinen Abzug an der Quelle voraus; Beurteilungsmodalitäten wie einer Selbstabführung, die ihre Anwendung bei von ausländischen Einrichtungen gewährten Kapitalerträgen erlauben, steht nichts entgegen (28) .

30.      Die Nachteile, die sich für die Steuerverwaltung aus der Ersetzung einer einfachen, auf einer umfassenden vorherigen Kontrolle beruhenden Methode, die kein Betrugsrisiko bietet, durch eine andere, nachfolgende und stichprobenweise, ergeben würden, reichen nicht aus, um ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr zu rechtfertigen, wie es die in Rede stehende französische Regelung darstellt. Nachdem nachgewiesen ist, dass das verfolgte Ziel mit anderen Instrumenten erreicht werden kann, steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem entgegen, dass bloße Schwierigkeiten in der Verwaltung als absolute Gründe angeführt werden, die eine diskriminierende Behandlung rechtfertigen sollen, die, da sie gegen die erwähnten Freiheiten verstößt, nur dann zulässig sein könnte, wenn erhebliche Argumente für sie sprächen.

31.      Die beklagte Regierung räumt ein, dass diese praktischen Störungen sich dadurch vermeiden ließen, dass die Selbstabführung von Kapitalerträgen, die von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Gesellschaften stammten, zum Zweck des der Abgeltung dienenden Abzugs jährlich vorgenommen und mit der Einkommensteuererklärung zusammengelegt werde, doch würde dieses Vorgehen die Ausgewogenheit der Regelung durchbrechen und in Bezug auf die Steuererhebung die Steuerpflichtigen, die in von inländischen Einrichtungen angebotene Anlagen investiert hätten, gegenüber denjenigen diskriminieren, bei denen der erwähnte, der Abgeltung dienende Abzug an der Quelle vorgenommen werde (29) . Das trifft nicht zu: Dass bei der gegenwärtigen Ausgestaltung der Wahlregelung der Zeitpunkt, zu dem der Prozentsatz abgezogen wird, ein anderer ist als der Zeitpunkt, zu dem die Steuer veranlagt und gezahlt wird, ist der Regelung nicht inhärent, sondern eine Folge der Form der Verwaltung. Mit anderen Worten, der Aufschub der Erfüllung der Verpflichtung derjenigen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, beruht nicht auf der Notwendigkeit, ihnen einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass sie bei Unterwerfung unter die Steuerpflicht ohne Wahlmöglichkeit einen höheren Satz entrichten, sondern ist ein Hilfsmittel, um die Schwierigkeiten zu umgehen, die die Kontrolle der im Ausland erzielten Erträge mit sich bringt (30) , die, wie ich ausgeführt habe, kein Hemmnis für den freien Kapital- und Dienstleistungsverkehr rechtfertigen, wie ich es zuvor beschrieben habe.

32.      Ich kann den Standpunkt des beklagten Mitgliedstaats (31) nicht verstehen, dass bei der Einführung eines Systems der Selbstabführung der Steuersatz für alle, für diejenigen, die sich für den Abzug entscheiden, und für diejenigen, die steuerpflichtig bleiben, gleich sein soll, so dass die Wahlregelung ihre Berechtigung verlöre, da alle gleichzeitig den gleichen Prozentsatz zahlen würden. Das Argument berücksichtigt zwei Folgen, die meines Erachtens nicht unvermeidlich sind: Weder muss die Selbstabführung für den der Abgeltung dienenden Abzug gleichzeitig mit der Einkommensteuererklärung erfolgen, noch zwingt diese Gleichzeitigkeit dazu, dass der Prozentsatz der Steuer in beiden Fällen der gleiche ist.

33.      In Wirklichkeit ergibt sich aus den Artikeln 125 A und 125-0 A des Code général des impôts und der Lehre unabhängig davon, welches letztlich der Zweck und die Gründe dafür sind, das Wahlrecht der Steuerpflichtigen auszuschließen, die Anlagen im Ausland tätigen, dass es im Ergebnis für den französischen Steuerpflichtigen attraktiver ist, seine Ersparnisse in Anlagen zu investieren, die von in Frankreich ansässigen Gesellschaften angeboten werden.

2. Die Amtshilfe und die Möglichkeiten nach der Richtlinie 77/799/EWG (32)

34.      Der Gerichtshof hat wiederholt an die Möglichkeiten erinnert, die diese Richtlinie bietet (33) , auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, um von einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft alle Auskünfte zu erhalten, die er benötigt, um gemäß den von ihm selbst anzuwendenden Rechtsvorschriften die von einem Steuerpflichtigen geschuldete Einkommensteuer festzusetzen und erheben zu können (34) .

35.      Die französische Regierung hält dem dreierlei entgegen. Erstens führt sie aus, dass die erwähnte Norm und ganz allgemein die Gemeinschaftsregelung der Amtshilfe (35) von begrenztem Interesse seien, wenn es darum gehe, die Voraussetzungen des der Abgeltung dienenden Abzugs nachzuweisen, da der punktuelle Rückgriff auf die nachträgliche Amtshilfe nicht eine durchgängige vorherige Kontrolle ersetzen könne. Zu diesem Nachteil habe ich bereits in den Nummern 29 ff. Stellung genommen, auf die ich Bezug nehme.

36.      Die zweite Schwierigkeit bestehe darin, dass die Amtshilfe derjenigen Mitgliedstaaten wirkungslos sei, die das Bankgeheimnis hätten. Dieser Umstand ist jedoch für die vom beklagten Mitgliedstaat geltend gemachten Zwecke aus zwei Gründen unerheblich. Erstens, weil das Gemeinschaftsrecht bereits davon ausgeht, dass bestimmte Angaben nicht mitzuteilen sind (36) , und der Gerichtshof trotz dieses Umstands ihre Brauchbarkeit als Instrument im Dienste einer wirksamen steuerlichen Überwachung anerkannt hat (37) . Zweitens, weil der Umstand, dass in einigen Fällen die Informationen nicht amtlich geprüft werden können, es nicht rechtfertigt, dass Steuerpflichtige, die Kapitalerträge von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Einrichtungen beziehen, vollständig und allgemein von dem französischen Wahlsystem ausgeschlossen werden. Wie ich bereits ausgeführt habe, steht dies außer Verhältnis zum Normzweck, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die französischen Steuerbehörden von Steuerpflichtigen, die sich für den der Abgeltung dienenden Abzug entscheiden, die Beweise dafür verlangen können, dass die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung vorliegen (38) .

37.      Der dritte und letzte der von der Französischen Republik angeführten Nachteile besteht angeblich darin, dass die Entscheidung darüber, ob auf Einkünfte aus Lebensversicherungen der pauschale Abzug – gegebenenfalls zu welchem Prozentsatz – anwendbar ist, neben der Besteuerungsgrundlage auch die Vertragsbedingungen zu berücksichtigen seien, die nicht den Behörden aller Mitgliedstaaten zur Verfügung stünden. Diese Aussage ist eine Wiederholung der vorherigen allgemeinen Ausführungen in Bezug auf diese besondere Art von Anlagen. Mögliche Schwierigkeiten bei der Beschaffung der erforderlichen Daten oder mögliche Mängel bei der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten können keine Beschränkung der absolut und zwingend proklamierten Grundfreiheiten rechtfertigen. Ich kann nicht umhin, an dieser Stelle an die zutreffenden Ausführungen von Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Danner zu erinnern, in denen er an die unerlässliche Zusammenarbeit zwischen dem Mitgliedstaat der Besteuerung und den im Ausland niedergelassenen Versicherungsunternehmen erinnert hat, von denen ein redliches Verhalten zu erwarten sei, denn sie seien „Unternehmen von gewissem Ansehen und gewisser Beständigkeit … [, die] von dem Staat, in dem sie niedergelassen sind, streng überwacht werden“ (39) . Die Vermutung oder die Gefahr einer Steuerhinterziehung kann kein Verbot der Ausübung einer vom EG-Vertrag garantierten Grundfreiheit rechtfertigen (40) .

38.      Nach allem bin ich der Ansicht, dass die von der beklagten Regierung vorgetragenen Gründe die von der Kommission gerügte französische Regelung nicht rechtfertigen.

39.      Daher hat die Französische Republik meines Erachtens dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen, dass sie Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Kapitalanlagen im Sinne der Artikel 125 A und 125-0 A des Code général des impôts erzielen, vollständig die Wahl zwischen der Entrichtung der Einkommensteuer und eines der Abgeltung dienenden Steuerabzugs versagt, wenn der Schuldner dieser Erträge seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung nicht in Frankreich hat.

VI – Kosten

40.      Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung sind dem beklagten Mitgliedstaat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

VII – Entscheidungsvorschlag

41.      Nach allem schlage ich dem Gerichtshof vor, der Klage der Kommission stattzugeben und

1.festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen hat, dass sie Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Kapitalanlagen im Sinne der Artikel 125 A und 125-0 A des Code général des impôts erzielen, vollständig die Wahl zwischen der Entrichtung der Einkommensteuer und eines der Abgeltung dienenden Steuerabzugs versagt, wenn der Schuldner dieser Erträge seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung nicht in Frankreich hat;

2.der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


1 – Originalsprache: Spanisch.


2 – Vgl. Urteile vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93 (Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnr. 21), vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96 (ICI, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 19), vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-307/97 (Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 58), vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C-35/98 (Verkooijen, Slg. 2000, I-4071, Randnr. 32) und vom 8. März 2001 in den Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 (Metallgesellschaft u. a., Slg. 2001, I-1727, Randnr. 37).


3 – Urteile vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 (Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299, Randnr. 25), vom 18. Januar 1979 in den Rechtssachen 110/78 und 111/78 (Van Wesemael u. a., Slg. 1979, 35, Randnr. 27), vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 279/80 (Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 14) und vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 25).


4 – Im Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I-249) hat der Gerichtshof ausgeführt: „Bestimmungen, nach denen der Versicherer in einem Mitgliedstaat niedergelassen sein muss, damit den Versicherten in diesem Staat bestimmte Steuerabzugsmöglichkeiten zugute kommen können, halten die Versicherten nämlich davon ab, sich an die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer zu wenden, und stellen somit für Letztere eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar“ (Randnr. 31). Im Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-118/96 (Safir, Slg. 1998, I-1897) hat er festgestellt, dass eine (in diesem Fall schwedische) Regelung, die Kapitallebensversicherungen einer unterschiedlichen Besteuerung unterwirft, je nachdem, ob die Gesellschaften, bei denen sie abgeschlossen worden sind, in Schweden niedergelassen sind oder nicht, geeignet ist, in Schweden wohnhafte Steuerpflichtige davon abzuhalten, die Versicherungen bei im Ausland niedergelassenen Versicherungsgesellschaften abzuschließen, und die Letztgenannten, ihre Dienste auf dem schwedischen Markt anzubieten (Randnrn. 24 und 30).


5 – Urteil vom 26. September 2000 in der Rechtssache C-478/98 (Kommission/Belgien, Slg. 2000, I-7587, Randnr. 18) m. w. N.


6 – Im Urteil Verkooijen hat der Gerichtshof ausgeführt, dass eine Beschränkung bei der Befreiung von der Einkommensteuer für natürliche Personen bei Dividenden auf solche, die von Gesellschaften mit Sitz im Inland ausgeschüttet werden, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellt, weil sie, erstens, die eigenen Staatsangehörigen davon abschreckt, ihr Kapital in Gesellschaften anzulegen, die ihren Sitz im Ausland haben, und, zweitens, für diese ein Hindernis für die Sammlung von Kapital im Mitgliedstaat der Besteuerung darstellt, da die Dividenden, die sie ausschütten, steuerlich ungünstiger behandelt werden als die von im Inland niedergelassenen Gesellschaften ausgeschütteten und ihre Gesellschaftsanteile somit weniger attraktiv machen (Randnrn. 34 bis 36). Generalanwalt Tizzano ist in seinen Schlussanträgen vom 29. Januar 2002 in der Rechtssache C-516/99, die mit dem Urteil vom 30. Mai 2002 (Schmid, Slg. 2002, I-4573) abgeschlossen worden ist, im Zusammenhang mit einer Regelung, die für die Inhaber inländischer Kapitalanlagen nur die Wahl zwischen einer besonderen Abgeltungssteuer und der gewöhnlichen Einkommensteuer mit einer Ermäßigung des Steuersatzes um 50 % ermöglicht, während die Übrigen ohne Wahlmöglichkeit dieser Steuer unterliegen, ohne dass der Steuersatz ermäßigt wird, zum gleichen Ergebnis gelangt (Randnrn. 39 ff.).


7 – Steuerpflichtige mit Wohnsitz außerhalb Frankreichs haben keine Wahlmöglichkeit, und die Kapitaleinkünfte, die sie erzielen, unterliegen dem anteiligen Abzug. Die gleiche Regelung gilt für diese Einkünfte, wenn sie außerhalb Frankreichs gezahlt werden oder von juristischen Personen mit Gesellschaftssitz im Ausland erzielt werden (Artikel 125 A Absatz III des Code général des impôts).


8 – Anhang III Artikel 41 duodecies H des Code général des impôts.


9 – Hat der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Wohnsitz im Ausland, so wird der pauschale Abzug zwingend angewandt; ist dagegen die zahlende Einrichtung außerhalb Frankreichs niedergelassen, so ist die Steuerpflicht bindend.


10 – Nrn. 22 und 23 der Klagebeantwortung und Nrn. 10 bis 14 der Gegenerwiderung.


11 – Nrn. 3 bis 7 der Erwiderung.


12 – Art des Ertrags, Dauer des Vertrages, Zeitpunkt der Ausgabe der Papiere und Fälligkeitszeitraum der Zinsen für den anwendbaren Prozentsatz des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs (Artikel 125 A Absatz IIIbis und 125-0 A Absatz II des Code général des impôts), Besteuerungsgrundlage und Familienstand des Steuerpflichtigen (ledig, verheiratet, verwitwet, geschieden, unterhaltsberechtigte Kinder oder nicht …) neben anderen wechselnden Merkmalen für die Bestimmung des Steuersatzes (Artikel 193 ff. des Code général des impôts).


13 – In der Klagebeantwortung (Nrn. 22 und 23) macht er geltend, dass 90 % der Steuerpflichtigen einem Steuersatz von bis zu 15 % unterlägen und der durchschnittliche Höchststeuersatz 25 % betrage. Nach dem Verständnis des Beklagten betragen die Sätze des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs bei Erträgen aus Sparverträgen mit einer Dauer von weniger als acht Jahren 15 % bis 35 % und nähern sich dem erwähnten Höchstsatz an. Diese These der französischen Regierung belegt, dass es Fälle gibt, in denen sich der pauschale Steuerabzug als attraktiver als die Entrichtung der Einkommensteuer erweist, wie sie in Nr. 24 der Klagebeantwortung ausdrücklich einräumt, indem sie ausführt, dass sich die Lage des von diesem Abzug Begünstigten „in Bezug auf den Steuersatz als günstiger erweisen kann“.


14 – Mémento pratique Francis Lefebvre, Fiscal 1998, Nr. 2158.


15 – Nr. 2 der Erwiderung.


16 – Der Gerichtshof hat in den Urteilen vom 15. Februar 2000 in der Rechtssache C-34/98 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-995, Randnr. 49) und in der Rechtssache C-169/98 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-1049, Randnr. 46) die gleiche Feststellung in Anbetracht von Vorbringen der französischen Regierung getroffen, wonach ein Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld, dessen Anwendung einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellt, nur eine geringe Zahl von Arbeitnehmern betreffe und der Satz der Belastung niedrig sei. Im Urteil vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache 49/89 (Corsica Ferries France, Slg. 1989, 4441, Randnr. 8) hat der Gerichtshof die gleiche Ansicht vertreten.


17 – Nr. 21 der Erwiderung.


18 – Nr. 16 der Gegenerwiderung.


19 – Vgl. Urteil Verkooijen, Randnr. 61, und die dort aufgeführten Nachweise.


20 – Grosclaude, J., und Marchessou, P., Droit fiscal général, Editorial Dalloz, 2. Auflage, 1999, S. 167, Nr. 230 a. E.


21 – Randnrn. 18 bis 20.


22 – Urteile vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe Zentral, Slg. 1979, 649, Randnr. 8), vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-250/95 (Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471, Randnr. 31), vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-254/97 (Baxter u. a., Slg. 1999, I-4809, Randnr. 18) und Kommission/Belgien, Randnr. 39.


23 – Vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnrn. 38 und 39, wo die Rechtsprechung in den Urteilen vom 23. Februar 1995 in den verbundenen Rechtssachen C-358/93 und C-416/93 (Bordessa u. a., Slg. 1995, I-361, Randnrn. 21 und 22) und vom 14. Dezember 1995 in den Rechtssachen C-163/94, C-165/94 und C-250/94 (Sanz de Lera u. a., Slg. 1995, I-4821, Randnr. 22) wiedergegeben ist.


24 – Vgl. Randnr. 41 des Urteils Kommission/Belgien.


25 – So hat der Gerichtshof beispielsweise verneint, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der freie Dienstleistungsverkehr durch eine belgische Einkommensteuerregelung erschwert werden können, die nur den Abzug von in Belgien bezahlten Versicherungsprämien erlaubte, mit der Begründung, dass die Bescheinigungen für in den übrigen Mitgliedstaaten getätigte Zahlungen schwer zu kontrollieren seien, da nichts die nationalen Behörden daran hindern würde, vom Betroffenen die für erforderlich gehaltenen Belege zu verlangen (Urteil Bachmann, Randnr. 20). Er hat auch entschieden, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Steuerkontrollen zu gewährleisten, es nicht rechtfertigt, dass der Staat beim Abzug als berufliche Aufwendungen anerkannter Ausgaben (es handelte sich um das dänische Recht) für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen eine allgemeine Vermutung aufstellt, dass Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen an einem üblichen Urlaubsort in anderen Mitgliedstaaten diese Eigenschaft nicht haben, während sie für die gleiche Art von Tagungen an gleichartigen Orten in Dänemark nicht besteht, denn nichts hindert die Steuerbehörden daran, vom Steuerpflichtigen selbst alle genauen Belege für die Beurteilung zu verlangen, ob der Abzug vorgenommen werden kann (Urteil vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C-55/98, Vestergaard, Slg. 1999, I-7641, Randnrn. 25 und 26). Ähnlich wurde eine außerordentliche französische Abgabe beanstandet, mit der Unternehmen belastet wurden, die eine oder mehrere Arzneispezialitäten verwerteten und die es nur erlaubte, von der Besteuerungsgrundlage in Frankreich getätigte Forschungskosten abzuziehen, da diese Bestimmung, die mit der Notwendigkeit gerechtfertigt wurde, die steuerliche Überwachung zu gewährleisten, es den Steuerpflichtigen völlig unmöglich machte, den Nachweis zu erbringen, dass die Ausgaben für in anderen Mitgliedstaaten durchgeführte Forschungstätigkeiten tatsächlich getätigt worden sind (Urteil Baxter u. a., Randnrn. 19 und 20). Der Gerichtshof hat die luxemburgische Einkommensteuerregelung beanstandet, die auch für juristische Personen galt und die den Abzug des Verlustvortrags der Steuerpflichtigen, die im Großherzogtum nicht ansässig sind, dort jedoch eine Niederlassung haben, davon abhängig machte, dass sie in diesem Mitgliedstaat eine den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Buchführung über die durchgeführte Tätigkeit haben. Nach Ansicht des Gerichtshofes handelt es sich um eine unverhältnismäßige Anforderung, denn es genügt, vom Steuerpflichtigen zu verlangen, dass er klar und eindeutig beweist, dass die Verluste den dem Steuerpflichtigen in Luxemburg tatsächlich entstandenen Verlusten der Höhe nach entsprechen (Urteil Futura Participations und Singer, Randnrn. 32 ff.).


26 – Randnr. 20.


27 – Unter Berufung auf das Urteil Safir führt die beklagte Regierung aus, dass diese Verlagerung mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar sei, weil die dem Steuerpflichtigen auferlegten Belastungen ihn davon abhalten könnten, die Anlageprodukte bei im Ausland niedergelassenen Unternehmen zu kaufen. Dieses Argument ist widersinnig, indem es eine größere Beschränkung dieser Freiheit vertritt, die nicht nur darin besteht, dass dem Steuerpflichtigen bestimmte Verpflichtungen zu dem Zweck auferlegt werden, darzulegen, dass die in der Regelung aufgestellten Anforderungen für den Erhalt der Wahlmöglichkeit erfüllt sind, sondern schlicht und einfach darin, dass jede Wahlmöglichkeit ausgeschlossen wird, so dass die abschreckende Wirkung noch intensiver ist. Die Umstände der Rechtssache Safir haben nichts mit der Pflicht zu tun, der Steuerverwaltung bestimmte Angaben zukommen zu lassen, wenn der Steuerpflichtige in den Genuss einer Steuervergünstigung kommen möchte; sie gingen für die Versicherungsnehmer von Lebensversicherungen, die diese bei Gesellschaften ohne Niederlassung in Schweden abgeschlossen hatten, weit darüber hinaus (Registrierung und Anmeldung der Prämienzahlung bei einer zentralen Einrichtung; ungünstigerer Rückkauf nach kurzer Zeit; Pflicht zur Angabe von Daten zur Steuer, der die Versicherungsgesellschaft unterliegt, wenn der Versicherungsnehmer u. a. die Befreiung oder Ermäßigung der Steuer auf die Prämien erhalten möchte). Am Ende führt alles zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: In diesem Fall verletzten die Maßnahmen im schwedischen Recht diese Verhältnismäßigkeit; allerdings überschreitet die vom Steuerpflichtigen verlangte Belastung, nämlich die Pflicht, den Behörden die genauen Angaben zu übermitteln, um in den Genuss einer Steuervergünstigung zu kommen, nicht die diesem Grundsatz innewohnenden Grenzen.


28 – Schlussanträge in der Rechtssache Schmid, Nrn. 47 und 48.


29 – Nrn. 24 und 26 der Gegenerwiderung.


30 – Vgl. Grosclaude, J., Marchessou, P., a. a. O., S. 167, Nr. 230.


31 – Nrn. 27 und 28 der Gegenerwiderung.


32 – Richtlinie des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15).


33 – Zuletzt in den Urteilen vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C-136/00 (Danner, Slg. 2002, I-8147, Randnrn. 49 ff.) und vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C-422/01 (Skandia und Ramstedt, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 42 ff.).


34 – Urteil Vestergaard, Randnrn. 26 und 28.


35 – Wie beispielsweise die Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen (ABl. L 73, S. 18), die, seit sie durch die Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 (ABl. L 175, S. 17) in „Richtlinie … über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchersteuern“ umbenannt wurde und u. a. auf Einkommen- und Kapitalsteuern Anwendung findet (Artikel 1 Absätze 1 und 2 Buchstabe g).


36 – Vgl. Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 77/799 sowie Artikel 4 Absatz 3 Buchstaben a und b der Richtlinie 76/308.


37 – Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-300/90 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-305) ausgeführt, dass die Unmöglichkeit, die Zusammenarbeit eines anderen Mitgliedstaats zu erlangen, wenn seine Rechtsvorschriften oder seine Verwaltungspraxis es der zuständigen Behörde nicht erlauben, für die eigenen Zwecke dieses Staates Ermittlungen durchzuführen oder Auskünfte zu beschaffen oder zu verwerten, nicht die Nichtanwendung einer steuerlichen Vergünstigung für in diesem Mitgliedstaat erzielte Einkünfte rechtfertigen können (Randnr. 13).


38 – Vgl. Urteile Bachmann, Randnr. 20, Kommission/Belgien (C-300/90), Randnr. 13, Danner, Randnr. 50, sowie Skandia und Ramstedt, Randnr. 43.


39 – Nr. 74.


40 – Vgl. Urteil Kommission/Belgien (C-478/98), Randnr. 45.