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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 11. November 2010(1)

Verbundene Rechtssachen C-436/08 und C-437/08

Haribo Lakritzen Hans Riegel BetriebsgmbH (C-436/08)

und

Österreichische Salinen AG (C-437/08)

gegen

Finanzamt Linz

(Vorabentscheidungsersuchen des Unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Linz [Österreich])

„Freier Kapitalverkehr – Portfolio-Beteiligungen − Körperschaftsteuer –Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden – Befreiungsmethode bei inländischen Dividenden − Bedingte Befreiungsmethode mit möglichem Wechsel auf die Anrechnungsmethode bei Dividenden aus dem EU-/EWR-Ausland − Nachweisschwierigkeiten hinsichtlich der ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung − Weder Befreiungs- noch Anrechnungsmethode bei Dividenden aus Drittstaaten − Rechtfertigungsmöglichkeiten − Verhältnismäßigkeit − Kohärente und systematische Verfolgung des geltend gemachten Ziels“

Inhaltsverzeichnis

I – Einleitung

II – Österreichisches Recht

III – Sachverhalte und Vorlagefragen

IV – Rechtliche Würdigung

A – Zur zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo

1. Vorbemerkungen

2. Vorliegen einer Beschränkung

3. Rechtfertigung

a) Vergleichbarkeit im Hinblick auf die Gefahr der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung

b) Vergleichbarkeit im Hinblick auf die anzuwendende Methode zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung

4. Verhältnismäßigkeit

a) Geeignetheit und Erforderlichkeit

b) Zwischenergebnis

c) Kohärente Zielverfolgung

5. Ergebnis

B – Zur ersten Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo

1. Zulässigkeit der Frage

2. Beantwortung der Frage

a) Beschränkung

b) Rechtfertigung

c) Verhältnismäßigkeit

d) Ergebnis

C – Zur dritten Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo

1. Beschränkung

2. Rechtfertigung

a) Besonderheiten bei Drittstaatenbezug

b) Einzelne Rechtfertigungsgründe

i) Aufteilung der Besteuerungsbefugnis

ii) Gegenseitigkeit

iii) Steuerliche Überwachung

c) Ergebnis

D – Zu den Vorlagefragen 4, 4.1 und 4.2 in der Rechtssache Haribo

E – Zu den beiden Vorlagefragen in der Rechtssache Österreichische Salinen

1. Zulässigkeit der Fragen

2. Beantwortung der Vorlagefragen

V – Ergebnis





I –    Einleitung

1.        In den vorliegenden Rechtssachen geht es erneut um die Besteuerung ausländischer Dividenden. Das österreichische Körperschaftsteuerrecht enthält Vorschriften, die vermeiden sollen, dass Unternehmensgewinne, die in Form von Dividenden ausgeschüttet werden, zweimal mit Körperschaftsteuer belastet werden, einmal auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft und ein weiteres Mal auf der Ebene der empfangenden Gesellschaft. Bei inländischen Dividenden wird eine solche wirtschaftliche Doppelbesteuerung dadurch vermieden, dass die Dividenden auf der Ebene der empfangenden Gesellschaft von der Körperschaftsteuer befreit sind. Bei ausländischen Dividenden hängt es dagegen vom Beteiligungsumfang, von der steuerlichen Vorbelastung und der Herkunft ab, ob eine Befreiung gewährt wird, die ausländische Körperschaftsteuer lediglich angerechnet wird oder weder noch.

2.        Bei aus anderen EU-Staaten stammenden Portfolio-Dividenden, d. h. Dividenden aus Beteiligungen unter 10 %, scheitert die Befreiung bzw. Anrechnung offenbar regelmäßig daran, dass es dem Empfänger nicht gelingt, die dafür geforderten Angaben zur Vorbelastung mit ausländischer Körperschaftsteuer zu machen. Im Ergebnis kommt es in solchen Fällen somit doch zur wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Stammt die Portfolio-Dividende aus einem EWR-Staat, der nicht zur Europäischen Union gehört, wird zudem umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe vorausgesetzt. Für Portfolio-Dividenden aus Drittstaaten ist eine Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von vornherein nicht vorgesehen. Es ist zu untersuchen, inwieweit diese besondere Behandlung ausländischer Portfolio-Dividenden mit dem freien Kapitalverkehr vereinbar ist. Dabei geht es erneut um die Frage der Gleichwertigkeit von Befreiungs- und Anrechnungsmethode(2), um etwaige Besonderheiten des Kapitalverkehrs nach und aus Drittstaaten(3) sowie um die Frage der Verhältnismäßigkeit von Beschränkungen, soweit sie auf Erwägungen gestützt werden, die zwar berechtigt sein mögen, aber nicht kohärent verfolgt werden(4).

II – Österreichisches Recht

3.        § 10 des Körperschaftsteuergesetzes 1988(5) in der durch das Budgetbegleitgesetz 2009(6) geänderten Fassung (im Folgenden: KStG), der die Überschrift „Befreiung für Beteiligungserträge und internationale Schachtelbeteiligungen“ trägt und gemäß § 26c Z 16 Buchst. b KStG auf alle offenen Veranlagungen anzuwenden ist, lautet:

„(1)      Von der Körperschaftsteuer sind Beteiligungserträge befreit. Beteiligungserträge sind:

1.      Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen.

5.      Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 aus einer Beteiligung an einer ausländischen Körperschaft, die die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz 1988 vorgesehenen Voraussetzungen des Art. 2 der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABl. EG Nr. L 255 S. 6) erfüllt und die nicht unter Z 7 fällt.

6.      Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 aus einer Beteiligung an einer Körperschaft eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes, die mit inländischen unter § 7 Abs. 3 fallenden Körperschaften vergleichbar ist und mit deren Ansässigkeitsstaat eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, wenn sie nicht unter Z 7 fällt.

7.      Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer internationalen Schachtelbeteiligung im Sinne des Abs. 2.

(2)      Eine internationale Schachtelbeteiligung liegt vor, wenn unter § 7 Abs. 3 fallende Steuerpflichtige oder sonstige unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften, die einem inländischen unter § 7 Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen vergleichbar sind, nachweislich in Form von Kapitalanteilen während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens einem Jahr mindestens zu einem Zehntel

1.      an ausländischen Körperschaften, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind,

2.      an anderen ausländischen Körperschaften, die die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz 1988 vorgesehenen Voraussetzungen des Artikels 2 der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABl. EG Nr. L 255 S. 6), in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,

beteiligt sind. Die genannte Frist von einem Jahr gilt nicht für Anteile, die auf Grund einer Kapitalerhöhung erworben wurden, soweit sich das Beteiligungsausmaß dadurch nicht erhöht hat.

(4)      Abweichend von Abs. 1 Z 7 sind Gewinnanteile sowie Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste und sonstige Wertänderungen aus internationalen Schachtelbeteiligungen im Sinne des Abs. 2 nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen nicht von der Körperschaftsteuer befreit, wenn Gründe vorliegen, wegen derer der Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen (§ 22 der Bundesabgabenordnung) durch Verordnung anordnet. Das Vorliegen derartiger Gründe kann insbesondere dann angenommen werden, wenn

1.      der Unternehmensschwerpunkt der ausländischen Körperschaft unmittelbar oder mittelbar darin besteht, Einnahmen aus Zinsen, aus der Überlassung beweglicher körperlicher oder unkörperlicher Wirtschaftsgüter und aus der Veräußerung von Beteiligungen zu erzielen, und

2.      das Einkommen der ausländischen Körperschaft hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bzw. hinsichtlich der Steuersätze keiner der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren ausländischen Steuer unterliegt.

(5)      Abweichend von Abs. 1 Z 5 und 6 sind Gewinnanteile nicht von der Körperschaftsteuer befreit, wenn eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

1.      Die ausländische Körperschaft unterliegt im Ausland tatsächlich direkt oder indirekt keiner der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuer.

2.      Die Gewinne der ausländischen Körperschaft unterliegen im Ausland einer der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuer, deren anzuwendender Steuersatz um mehr als 10 Prozentpunkte niedriger als die österreichische Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 1 ist.

3.      Die ausländische Körperschaft ist im Ausland Gegenstand einer umfassenden persönlichen oder sachlichen Befreiung. Eine Befreiung im Sinne der Abs. 1 und 3 bleibt unbeachtlich.

(6)      In den Fällen der Abs. 4 und 5 ist hinsichtlich von Gewinnanteilen die Entlastung von einer der Körperschaftsteuer entsprechenden ausländischen Steuer folgendermaßen herbeizuführen: Die als Vorbelastung der Ausschüttung anzusehende ausländische Steuer wird auf Antrag auf jene inländische Körperschaftsteuer angerechnet, die auf die aus der internationalen Schachtelbeteiligung bezogenen Gewinnanteile jeder Art entfällt. Die anrechenbare ausländische Steuer ist bei Ermittlung der Einkünfte den Gewinnanteilen jeder Art aus der internationalen Schachtelbeteiligung hinzuzurechnen.“

4.        Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts gilt im Rahmen der Anrechnungsmethode für den Nachweis der ausländischen Besteuerung weiterhin die zur früheren Rechtslage ergangene Information des Bundesministeriums für Finanzen(7). Danach müsse der Steuerpflichtige, um eine Anrechnung der Körperschaftsteuer zu erlangen, eine Erklärung folgenden Inhalts abgeben:

–        genaue Bezeichnung der ausschüttenden Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht;

–        genaue Angabe des Beteiligungsausmaßes;

–        genaue Angabe des Körperschaftsteuersatzes, dem die ausschüttende Gesellschaft im Sitzstaat unterliege. Unterliege sie nicht dem Normalsteuerregime des Sitzstaats (sondern z. B. einem begünstigten Steuersatz, einer persönlichen Steuerbefreiung oder weitgehenden sachlichen Steuerbefreiungen/Ermäßigungen), sei der tatsächlich anzuwendende Steuersatz anzugeben;

–        Angabe der auf Basis der obigen Parameter errechneten ausländischen Körperschaftsteuerbelastung, die auf seinen Anteil entfalle;

–        genaue Angabe des tatsächlich erhobenen Quellensteuersatzes (beschränkt mit dem DBA-Quellensteuersatz);

–        eine Berechnung der anrechenbaren Steuer.

III – Sachverhalte und Vorlagefragen

5.         Die Österreichische Salinen AG (im Folgenden: Österreichische Salinen), eine Kapitalgesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in Österreich, wies im Jahr 2002 einen Verlust aus Einkünften aus Gewerbebetrieb aus. In diesem Veranlagungsjahr bezog sie über inländische Investmentfonds Erträge, die sich auch aus Dividenden ausländischer Kapitalgesellschaften mit Sitz in Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in Drittstaaten zusammensetzten. Gemäß der damaligen Fassung des KStG stellte das zuständige Finanzamt die inländischen Dividenden von der Besteuerung frei, lehnte dies aber für die ausländischen Dividenden aus Beteiligungen unter 25 % ab.

6.        Der mit der Klage („Berufung“) gegen den Steuerbescheid befasste Unabhängige Finanzsenat sah darin eine nicht gerechtfertigte Verletzung des freien Kapitalverkehrs und behandelte die ausländischen Dividenden in analoger Anwendung der für inländische Dividenden geltenden Vorschrift als steuerbefreite Erträge, wobei keine Anrechnung der Quellensteuer erfolgte.

7.        Der daraufhin vom Finanzamt angerufene Verwaltungsgerichtshof folgte dem nicht. Zwar bejahte auch er in seinem Urteil vom 17. April 2008 eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Von mehreren gemeinschaftsrechtskonformen Lösungen sei aber diejenige zu wählen, die in das Konzept des österreichischen Gesetzgebers am wenigsten eingreife. Dies sei die Anrechnungsmethode, denn nur sie führe bei niedrigerem Steuerniveau im Ausland zur gleich hohen Besteuerung wie bei inländischen Dividenden. Eine Wertungsentscheidung in diesem Sinne habe der Gesetzgeber auch selbst getroffen, indem er für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften, die keine operative Tätigkeit ausübten, ausdrücklich die Anrechnungsmethode vorgesehen habe. Auch die hier fraglichen ausländischen Minderheitsbeteiligungen über einen Investmentfonds stellten kein operatives Engagement dar. Daher sei statt der Befreiungsmethode die vom Gerichtshof grundsätzlich als gleichwertig anerkannte Anrechnungsmethode anzuwenden. Der Rechtsstreit befindet sich nunmehr im Stadium des fortgesetzten Verfahrens vor dem vorlegenden Gericht.

8.         Die Haribo Lakritzen Hans Riegel BetriebsgmbH (im Folgenden: Haribo), ebenfalls eine Kapitalgesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in Österreich, bezog im Veranlagungsjahr 2001 Erträge aus inländischen Investmentfonds mit Dividenden aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union und aus Drittstaaten. Gestützt auf die damalige Rechtslage lehnte es das zuständige Finanzamt ab, die Auslandsdividenden als steuerbefreit zu behandeln. Dagegen legte Haribo beim vorlegenden Gericht Berufung ein.

9.        Mit Entscheidungen vom 29. September 2008, die am 3. Oktober 2008 beim Gerichtshof eingegangen sind, hat der Unabhängige Finanzsenat dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die das KStG in der Fassung gemäß BGBl. 797/1996 bzw. 161/2005 betrafen. Nachdem der Gerichtshof das vorlegende Gericht angesichts der Änderung des KStG im Jahr 2009 um Klarstellung nach Art. 104 § 5 der Verfahrensordnung ersucht hatte, hat es seine Fragen mit Schreiben vom 30. Oktober 2009, das am 3. November 2009 beim Gerichtshof eingegangen ist, neu formuliert.

10.      In der Rechtssache C-436/08 (Haribo) lauten die Vorlagefragen nun wie folgt:

1.         Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn ausländische Portfoliobeteiligungen aus EWR-Staaten nur im Fall bestehender Amts- und Vollstreckungshilfen steuerfrei sind, obwohl die Steuerbefreiung bei Internationalen Schachtelbeteiligungen (auch für Drittstaatsdividenden und selbst beim Switchover auf die Anrechnungsmethode) nicht an diese Voraussetzungen geknüpft ist?

2.         Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn für ausländische Portfoliodividenden aus EU-/EWR-Staaten die Anrechnungsmethode anzuwenden ist, sofern die Voraussetzungen für die Befreiungsmethode nicht vorliegen, obwohl sowohl der Nachweis der Voraussetzungen für die Befreiungsmethode (vergleichbare Besteuerung, Höhe des ausländischen Steuersatzes, Nichtvorliegen persönlicher oder sachlicher Befreiungen der ausländischen Körperschaft) als auch die für die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer erforderlichen Daten vom Anteilsinhaber nicht oder kaum zu erbringen sind?

3.         Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn im Gesetz für Erträge aus Drittstaatsbeteiligungen weder eine Befreiung von der Körperschaftsteuer noch eine Anrechnung der entrichteten Körperschaftsteuer gewährt wird, sofern das Beteiligungsausmaß unter 10 % (25 %) liegt, während Erträge aus Inlandsbeteiligungen unabhängig vom Beteiligungsausmaß steuerbefreit sind?

4.         Sofern Frage 3 bejaht wird: Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn eine nationale Behörde zur Beseitigung der Diskriminierung von Drittstaatsbeteiligungen die Anrechnungsmethode anwendet, wobei der Nachweis der im Ausland entrichteten (KSt) Steuervorbelastung aufgrund der geringen Beteiligungshöhe nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erbracht werden kann, weil dieses Ergebnis nach einer Entscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs dem (hypothetischen) Willen des Gesetzgebers am nächsten kommt, während sich bei bloßer Nichtanwendung der diskriminierend wirkenden 10%(25%)igen Beteiligungsgrenze für Drittstaatsdividenden eine Steuerbefreiung ergeben würde?

4.1      Sofern Frage 4 bejaht wird: Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn Erträgen aus Drittstaatsbeteiligungen die Befreiung versagt wird, sofern das Beteiligungsausmaß unter 10 % (25 %) liegt, obwohl die Befreiung der Erträge bei über 10%(25%)igen Beteiligungen nicht an das Vorliegen einer umfassenden Amts- und Vollstreckungshilfe geknüpft ist?

4.2      Sofern Frage 4 verneint wird: Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn Erträgen aus Drittstaatsbeteiligungen die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer versagt wird, sofern das Beteiligungsausmaß unter 10 % (25 %) liegt, obwohl eine − für bestimmte Fälle angeordnete − Steueranrechnung bei Erträgen aus Drittstaatsbeteiligungen im Fall einer über 10%(25%)igen Beteiligung nicht an das Vorliegen einer umfassenden Amts- und Vollstreckungshilfe geknüpft ist?

11.      In der Rechtssache C-437/08 (Österreichische Salinen) lauten die Vorlagefragen nun folgendermaßen:

1.      Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn für Auslandsdividenden in den Fällen des Methodenwechsels die Anrechnungsmethode anzuwenden ist, aber in Bezug auf die anzurechnende Körperschaftsteuer bzw. die anzurechnende Quellensteuer nicht gleichzeitig ein Anrechnungsvortrag für die Folgejahre oder eine Gutschrift im Verlustjahr zugelassen wird?

2.      Verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn für Drittstaatsdividenden die Anrechnungsmethode anzuwenden ist, weil dieses Ergebnis nach einer Entscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs dem (hypothetischen) Willen des Gesetzgebers am nächsten kommt, aber nicht gleichzeitig ein Anrechnungsvortrag oder eine Gutschrift im Verlustjahr zugelassen wird?

12.      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. Januar 2009 sind die beiden Rechtssachen zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

13.      Am Verfahren vor dem Gerichtshof haben sich Haribo, die österreichische, die deutsche, die italienische, die niederländische und die finnische Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Europäische Kommission beteiligt, wobei die italienische und die finnische Regierung nur schriftlich Stellung genommen haben.

IV – Rechtliche Würdigung

14.      Die zweite Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo wirft die Grundsatzfrage nach der Gleichwertigkeit von Befreiungs- und Anrechnungsmethode zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden auf. Wäre eine solche Gleichwertigkeit ungeachtet der Unmöglichkeit, die anzurechnende ausländische Körperschaftsteuer nachzuweisen, zu bejahen, so spräche nichts dagegen, dass Portfolio-Dividenden aus anderen EU-/EWR-Staaten nur bedingt befreit sind und im Übrigen die Anrechnungsmethode auf sie Anwendung findet, während inländische Portfolio-Dividenden immer von der Körperschaftsteuer befreit sind. Da die Antwort auf diese Frage Einfluss darauf haben kann, wie die anderen Vorlagefragen zu beantworten sind, ist sie an erster Stelle zu prüfen.

A –    Zur zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo

15.      Mit seiner zweiten Frage in der Rechtssache Haribo möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es gegen Art. 56 Abs. 1 EG(8) verstößt, wenn inländische Körperschaften auf Portfolio-Dividenden aus anderen EU-/EWR-Staaten regelmäßig Körperschaftsteuer zahlen müssen, weil es ihnen nicht oder kaum gelingt, die für die Befreiung oder zumindest eine Anrechnung verlangten Angaben zur ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung zu machen, während inländische Portfolio-Dividenden immer befreit sind.

1.      Vorbemerkungen

16.      Nach dem Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation(9) muss ein Mitgliedstaat, der bei inländischen Dividenden eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermeidet, für ausländische Dividenden eine gleichwertige Behandlung vorsehen. 

17.      Der Gerichtshof hat keine grundsätzlichen Bedenken dagegen geäußert, dass auf inländische Dividenden die Befreiungsmethode und auf ausländische die Anrechnungsmethode angewandt wird. Diese beiden Methoden hält er für gleichwertig, sofern der Steuersatz für ausländische Dividenden nicht höher ist als bei inländischen Dividenden und der im Ausland gezahlte Betrag bis zur Höhe der inländischen Steuer angerechnet wird.(10)

18.      Der Gerichtshof hat zwar eingeräumt, dass ein Anrechnungssystem, verglichen mit einem Befreiungssystem, den Steuerpflichtigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand abverlangt, da die tatsächlich im Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft gezahlte Steuer nachgewiesen werden muss. Darin allein liege aber keine unzulässige Ungleichbehandlung, denn dieser besondere Verwaltungsaufwand hänge mit der Funktionsweise eines Steuergutschrift-Systems zusammen.(11)

19.      Dem Urteil lässt sich nicht entnehmen, auf welcher Prüfungsebene der Gerichtshof zu diesem Ergebnis gekommen ist − bei der Prüfung, ob überhaupt eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs(12) vorliegt, bei der Prüfung, ob die Situationen vergleichbar sind oder die Ungleichbehandlung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, oder im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung.

20.      Die Prüfungsebene spielt für die Qualität der etwaigen Gleichwertigkeit von Freistellungs- und Anrechnungsmethode aber eine große Rolle. Sollte nämlich die Feststellung des Gerichtshofs, dass ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand zum Wesen der Anrechnungsmethode gehört, dahin zu verstehen sein, dass dieser untrennbare Zusammenhang bereits das Vorliegen einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit ausschließt, so würde man die Augen verschließen vor den Konsequenzen, die die Anwendung der Anrechnungsmethode in der Praxis haben kann.

21.      In den vorliegenden Rechtssachen, in denen Haribo und Österreichische Salinen über inländische Investmentfonds ausländische Portfolio-Dividenden erhalten haben, ist es nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts nämlich nicht oder kaum möglich, die ausländische Besteuerung nachzuweisen. Dies ist von den Verfahrensbeteiligten zwar kontrovers diskutiert worden, der Gerichtshof kann diese tatsächliche Frage aber nicht selbst beurteilen. Letztlich ist es Sache des vorlegenden Gerichts, die notwendigen Feststellungen zu treffen. Der Gerichtshof ist grundsätzlich gehalten, die Auslegung, um die er ersucht wird, auf der Grundlage der vom vorlegenden Gericht festgestellten Tatsachen vorzunehmen.(13)

2.      Vorliegen einer Beschränkung

22.      Zunächst ist daher zu prüfen, ob die fragliche Regelung zu einer grundsätzlich verbotenen Beschränkung des freien Kapitalverkehrs führt. Zu den Maßnahmen, die durch Art. 56 Abs. 1 EG als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, gehören bekanntlich solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten.(14)

23.      Da selbst Beschränkungen von geringer Tragweite oder geringfügiger Bedeutung unter das Beschränkungsverbot fallen(15), kommt man meiner Meinung nach nicht umhin, jedenfalls bei einer Sachverhaltskonstellation, wie sie nach den Schilderungen des vorlegenden Gerichts hier gegeben ist, eine nach Art. 56 Abs. 1 EG grundsätzlich verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs anzunehmen.

24.      Denn anders als bei inländischen Portfolio-Dividenden wird die Anwendung der Befreiungsmethode auf Portfolio-Dividenden aus anderen EU-/EWR-Staaten an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, bei deren Nichtvorliegen die Anrechnungsmethode anzuwenden ist, obwohl sowohl der Nachweis dieser Voraussetzungen als auch die für die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer erforderlichen Daten vom Anteilsinhaber nicht oder kaum zu erbringen sind. Da es somit trotz bereits erfolgter Besteuerung der Unternehmensgewinne im Ausland regelmäßig zu einer vollen Besteuerung der ausländischen Dividenden im Inland kommt, ist es für einen gebietsansässigen Anleger weniger attraktiv, statt einer inländischen eine ausländische Portfolio-Beteiligung zu erwerben oder zu halten.

3.      Rechtfertigung

25.      Es ist weiter zu prüfen, ob diese Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach den Bestimmungen der Art. 57 bis 60 EG dennoch gestattet oder durch einen von der Rechtsprechung anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

26.      Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG gestattet den Mitgliedstaaten zwar, Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Kapitalanlageort steuerlich unterschiedlich zu behandeln. Nach Art. 58 Abs. 3 EG darf dies jedoch nicht zu willkürlichen Diskriminierungen führen.

27.      Eine nationale Steuerregelung wie die hier fragliche kann daher nur dann mit den Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar sein, wenn die unterschiedliche Behandlung entweder Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.(16)

a)      Vergleichbarkeit im Hinblick auf die Gefahr der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung

28.      Folglich ist zu prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung von in Österreich ansässigen Kapitalgesellschaften je nachdem, ob sie inländische oder EU-/EWR-Portfolio-Dividenden beziehen, an Situationen anknüpft, die im Hinblick auf das Ziel, das mit § 10 Abs. 1 KStG verfolgt wird, nicht miteinander vergleichbar sind.(17)

29.      § 10 Abs. 1 KStG soll eine Doppelbesteuerung der Gewinne von Körperschaften dadurch verhindern, dass die Dividenden auf der Ebene der empfangenden Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit sind.

30.      Nach ständiger Rechtsprechung befinden sich Aktionäre, die Dividenden aus dem Ausland beziehen, und Aktionäre, die inländische Dividenden beziehen, hinsichtlich einer Steuerregelung, die die Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gesellschaftsgewinne vermeiden oder abschwächen soll, grundsätzlich in der gleichen Situation. Denn in beiden Fällen kann es zu einer mehrfachen Belastung der erzielten Gewinne kommen.(18)

31.      Daraus folgt, dass dann, wenn bei inländischen Dividenden eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermieden wird, eine solche Doppelbesteuerung auch bei gleichartigen ausländischen Dividenden zu vermeiden ist.

b)      Vergleichbarkeit im Hinblick auf die anzuwendende Methode zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung

32.      Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Dividenden auch hinsichtlich der Methode zu bejahen ist, nach der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermieden werden soll.(19)

33.      Entschließt sich ein Mitgliedstaat, inländische Dividenden von der Körperschaftsteuer zu befreien − nicht weil er allgemein auf die Besteuerung ausgeschütteter Unternehmensgewinne verzichten will, sondern weil er auf diese Weise deren wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermeiden will −, so ist anzunehmen, dass das angestrebte Besteuerungsniveau bereits durch die Erhebung von Körperschaftsteuer bei der ausschüttenden Gesellschaft sichergestellt ist. Dieser innere Zusammenhang mag zwar im Einzelfall teilweise oder ganz fehlen, wenn nämlich die ausschüttende Körperschaft ihrerseits von bestimmten Steuervergünstigungen profitiert. Für die hier durchzuführende Prüfung ist meiner Meinung nach aber nicht die Einzelfallbetrachtung, sondern die Gesamtschau des Systems entscheidend.

34.      In der Rechtssache Manninen(20) war ein solcher innerer Zusammenhang von Befreiung auf Aktionärsebene und Besteuerung auf Gesellschaftsebene vollständig gegeben. Zwar wurde dort die wirtschaftliche Doppelbesteuerung inländischer Dividenden formal nicht durch Befreiung vermieden, sondern durch Erteilung einer Steuergutschrift in Höhe des für Gesellschaftsgewinne geltenden Körperschaftsteuersatzes. Da der Einkommensteuersatz für Kapitaleinkünfte aber gleich hoch war, kam dieses System einer Befreiung der Dividenden gleich. Die finnischen Rechtsvorschriften sahen jedoch ausdrücklich eine Ergänzungssteuer für den Fall vor, dass die von der ausschüttenden Gesellschaft entrichtete Steuer unter dem Betrag der Steuergutschrift zugunsten des Aktionärs lag. Damit war gewährleistet, dass das bei inländischen Dividenden angestrebte Besteuerungsniveau auch tatsächlich erreicht wurde.

35.      In der Rechtssache Test Claimants in the FII Group Litigation wurde der Zusammenhang zwischen der für inländische Dividenden geltenden Befreiung und der Besteuerung auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft vom Gerichtshof nur am Rande erörtert. Die Klägerinnen jenes Ausgangsverfahrens hatten geltend gemacht, dass die Befreiung inländischer Dividenden unabhängig davon gelte, ob und in welcher Höhe die ausschüttende Gesellschaft Steuer entrichtet habe.(21)

36.      Der Gerichtshof gab dem vorlegenden Gericht deswegen auf, zu prüfen, ob für die ausschüttende Gesellschaft und die Empfängergesellschaft die Steuersätze wirklich gleich sind und unterschiedliche Besteuerungsniveaus nur in bestimmten Fällen aufgrund einer Änderung der Besteuerungsgrundlage infolge bestimmter ausnahmsweise gewährter Entlastungen vorkommen.(22) Daraus schließe ich, dass der Gerichtshof seine Feststellungen zur Gleichwertigkeit von Befreiungs- und Anrechnungsmethode(23) nicht schon dann nicht mehr gelten lassen wollte, wenn es in Einzelfällen vorkommen konnte, dass inländische Dividenden befreit waren, obwohl die zugrunde liegenden Gewinne nicht mit der vollen Körperschaftsteuer vorbelastet waren.(24)

37.      In den vorliegenden Rechtssachen weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die effektive Steuerbelastung inländischer Dividenden in Österreich durch die im KStG normierten vielfältigen Entlastungswirkungen nicht nur in Einzelfällen niedriger sein könne als der nominelle Steuersatz. Beispielhaft erwähnt es die Möglichkeit des Verlustvortrags sowie der Gruppenbesteuerung.

38.      Diese allgemein üblichen Möglichkeiten, die Steuerbelastung zu reduzieren, indem Verluste der Vergangenheit in die Besteuerungsgrundlage einbezogen und Gewinne und Verluste einer Unternehmensgruppe auf konsolidierter Basis besteuert werden können, können meiner Meinung nach jedoch nicht den engen Zusammenhang zwischen Befreiung und Besteuerung, der einem Befreiungssystem zugrunde liegt, auflösen. Gleiches gilt für ausnahmsweise gewährte persönliche oder sachliche Befreiungen von der Körperschaftsteuer. Erst wenn sich aufgrund einer Gesamtbetrachtung des Systems zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Befreiung und Vorbelastung nur scheinbar besteht oder sogar offensichtlich fehlt, wäre festzustellen, dass das System in Wirklichkeit nicht der Beseitigung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung dient.

39.      Das vorlegende Gericht hat daher zu prüfen, ob bei Betrachtung des österreichischen Körperschaftsteuersystems als Ganzem zwischen der Befreiung inländischer Dividenden von der Körperschaftsteuer und der Besteuerungssituation auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaften ein echter Zusammenhang besteht. Sollte dem nicht so sein, so wäre es von vornherein willkürlich und damit unzulässig, anders als bei inländischen Dividenden bei EU-/EWR-Dividenden eine unbedingte Befreiung zu verweigern.

40.      Für die weitere Prüfung gehe ich davon aus, dass dem in Österreich für Inlandssachverhalte geltenden Befreiungssystem ein innerer Zusammenhang zwischen Befreiung und Vorbelastung in dem beschriebenen Sinne zugrunde liegt.

41.      Was nun Dividenden aus dem Ausland anbelangt, so ist es aus Sicht der Steuerbehörden regelmäßig fraglich, ob sie überhaupt und, wenn ja, in welcher Höhe mit Körperschaftsteuer vorbelastet sind. So ist es ist ohne Weiteres möglich, dass die zugrunde liegenden Gewinne im Ausland gar keiner(25), einer gänzlich andersartigen oder einer niedrigeren Besteuerung auf der Ebene der ausschüttenden Körperschaft unterworfen werden. Würde dennoch auf ausländische Dividenden bedingungslos die Befreiungsmethode angewandt, so wäre eine Einfachbesteuerung nicht gewährleistet. Eine unterschiedslose Anwendung der Befreiungsmethode hätte außerdem zur Folge, dass ausländische Dividenden nicht nur gleich, sondern möglicherweise besser behandelt werden als inländische Dividenden.

42.      Hier ist daran zu erinnern, dass die wirtschaftliche Doppelbesteuerung ausländischer Dividenden dadurch zustande kommt, dass zwei Staaten ihre Besteuerungshoheit auf die Gewinne eines Unternehmens parallel ausüben, indem der eine die ausschüttende Gesellschaft und der andere die vereinnahmende Gesellschaft der Körperschaftsteuer unterwirft. Aus der Kapitalverkehrsfreiheit ergibt sich insoweit kein Rangverhältnis zwischen der Besteuerungsbefugnis verschiedener Mitgliedstaaten oder auch Drittstaaten.

43.      Nur wenn sich ein Mitgliedstaat entschließt, bei inländischen Dividenden eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung zu vermeiden oder abzuschwächen, ergibt sich aus der Kapitalverkehrsfreiheit(26) die Verpflichtung, für ausländische Dividenden eine gleichwertige Behandlung vorzusehen.(27) Bei der Gestaltung seines Systems zur Vermeidung oder Abschwächung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung darf ein Mitgliedstaat aber daran festhalten, dass auch ausländische Dividenden insgesamt mindestens auf inländischem Niveau mit Körperschaftsteuer belastet sind.(28)

44.      Da sich die unbedingte Befreiungsmethode bei ausländischen Dividenden nicht eignet, diese Besteuerung sicherzustellen, sind die hier untersuchten Situationen in Bezug auf die zu verwendende Methode zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung nicht vergleichbar.

4.      Verhältnismäßigkeit

45.      Auch wenn es insoweit an einer Vergleichbarkeit fehlt, so muss doch die in Rede stehende beschränkende Maßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Sie muss geeignet sein, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen.(29)

a)      Geeignetheit und Erforderlichkeit

46.      Die bedingte Befreiungsmethode mit möglichem Wechsel auf die Anrechnungsmethode ist geeignet, sicherzustellen, dass der in der Vermeidung oder der Abschwächung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung liegende Steuervorteil nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn und soweit die inländische Erhebung von Körperschaftsteuer überhaupt zu einer Doppelbesteuerung führen würde.

47.      Fraglich ist jedoch, ob sie nicht über das dazu Erforderliche hinausgeht. Denn die hier in Rede stehende österreichische Regelung führt bei ausländischen EU-/EWR-Portfolio-Dividenden nicht nur zu erhöhtem Verwaltungsaufwand, sondern regelmäßig zu einer Besteuerung im Inland, da die Voraussetzungen für die Anwendung der Befreiungsmethode oder die erfolgreiche Anwendung der Anrechnungsmethode laut dem vorlegenden Gericht nicht oder kaum zu erfüllen sind.

48.      Damit stellt sich die Frage, wer letztlich das Risiko zu tragen hat, dass sich die nötigen Informationen über die ausländische Besteuerungssituation der Gewinne, die den Dividenden zugrunde liegen, nicht zusammentragen lassen.

49.      Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts obliegt in Österreich ungeachtet des Amtswegigkeitsprinzips letztlich dem Steuerpflichtigen die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Befreiung oder Vergünstigung. Um in den Genuss der Befreiungsmethode zu gelangen, muss der Anleger eine vergleichbare ausländische Besteuerung, die Höhe des ausländischen Steuersatzes sowie das Nichtvorliegen persönlicher oder sachlicher Befreiungen der ausländischen Körperschaft nachweisen können. Wenn ihm das nicht möglich ist und er folglich nur die Anrechnungsmethode in Anspruch nehmen kann, muss er die für die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer erforderlichen Daten nachweisen. Gelingt ihm auch das nicht, wird auf die ausländischen EU-/EWR-Portfolio-Dividenden in Österreich Körperschaftsteuer erhoben.

50.      Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs haben die österreichische, die deutsche, die italienische und die niederländische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission insoweit geltend gemacht, dass die Steuerverwaltung im Rahmen der Steuerfestsetzung hinreichende Nachweise verlangen können muss. Die Befreiung oder die in der Anrechnung liegende Steuervergünstigung dürfe verweigert werden, wenn diese Nachweise nicht erbracht würden.

51.      In der Tat hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass nichts die Steuerbehörden daran hindert, vom Steuerpflichtigen selbst alle Nachweise zu verlangen, die ihnen für die Beurteilung der Frage notwendig erscheinen, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder -vergünstigung erfüllt sind, und gegebenenfalls bei Nichtvorlage dieser Nachweise die beantragte Steuerbefreiung oder -vergünstigung zu verweigern.(30)

52.      Zudem hat der Gerichtshof festgestellt, dass die nationalen Finanzbehörden nach der Amtshilfe-Richtlinie 77/799(31) zwar die Möglichkeit haben, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen, dass sie hierzu aber nicht verpflichtet sind. Es ist Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, zu beurteilen, in welchen konkreten Fällen ihm Informationen über Umsätze von auf seinem Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen fehlen, und zu entscheiden, ob es in diesen Fällen gerechtfertigt ist, einen anderen Mitgliedstaat um Auskunft zu ersuchen.(32)

53.      Es ist zwar nicht auszuschließen, dass, wie die Kommission geltend gemacht hat(33), eine nationale Steuerbehörde unter besonderen Umständen verpflichtet sein könnte, die erforderlichen Informationen selbst zu beschaffen, nämlich dann, wenn sie anders als der Steuerpflichtige ohne größeren Aufwand Zugang dazu hat. Diese Verpflichtung könnte auch die Nutzung von Amtshilfeinstrumenten und insbesondere der Amtshilfe-Richtlinie 77/799(34) umfassen. Wie aber die Kommission selbst vorgetragen hat, gibt es im Fall Haribo keine Anhaltspunkte dafür, dass hier eine solche besondere Situation gegeben sein könnte. Es ist letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, dies zu prüfen.

54.      Die Nachweisverpflichtung des Steuerpflichtigen wäre dann kritisch zu sehen, wenn der Grund, dass ein Anleger ihr nicht nachkommen kann, darin liegt, dass Nachweise nach inländischem Muster verlangt werden, die für Auslandssachverhalte ungeeignet sind, ohne dass sie zwingend erforderlich wären. In seiner Antwort auf das Ersuchen um Klarstellung führt das vorlegende Gericht jedoch aus, dass dem Steuerpflichtigen die Form des Nachweises freistehe.

55.      In den vorliegenden Rechtssachen liegt das Problem vielmehr im rein tatsächlichen Bereich. So macht Haribo geltend, dass im Fall der Portfolio-Beteiligung an einer ausländischen Körperschaft über einen inländischen Investmentfonds nicht einmal in Erfahrung zu bringen sei, von welcher Körperschaft die Dividenden stammten.

56.      Meiner Meinung nach können diese Nachweisprobleme für sich gesehen die Anwendung einer nur bedingten Befreiungsmethode mit etwaigem Wechsel auf die Anrechnungsmethode, wie sie das österreichische Recht für Portfolio-Dividenden aus dem EU-/EWR-Ausland vorsieht, nicht unverhältnismäßig machen.

57.      Mit einer solchen Regelung wird nichts wirklich Unmögliches verlangt. Die erforderlichen Informationen sind tatsächlich irgendwo vorhanden, nämlich bei den jeweiligen Gesellschaften, die die Dividenden ausgeschüttet haben, und eventuell auch bei den inländischen Investmentfonds, über die die dividendenberechtigten Gesellschaftsanteile gehalten werden. Sollte die Beschaffung dieser Informationen mit erheblichem, kostenintensivem Aufwand verbunden sein, so muss sich der Anleger überlegen, was für ihn günstiger ist: der Nachweis der ausländischen steuerlichen Vorbelastung oder der Verzicht auf die Befreiung bzw. Anrechnung.

58.      Selbst wenn ein solcher Nachweis letztlich scheitern sollte, weil der Anteilsinhaber möglicherweise weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage ist, sich diese Informationen zu beschaffen, ist dies dennoch der Sphäre des Anteilsinhabers zuzurechnen.(35) Es liegt sowohl im Interesse der ausländischen Gesellschaften als auch im Interesse des inländischen Investmentfonds, das Portfolio-Investment so attraktiv wie möglich zu gestalten. Dazu gehört auch, dass dem Anteilsinhaber die Informationen zur Verfügung gestellt werden, damit er in seinem Sitzstaat von der Möglichkeit der Vermeidung oder Abmilderung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung profitieren kann.(36) Der fehlende Informationsfluss auf der Anlegerseite ist kein Problem, das der betroffene Mitgliedstaat auffangen müsste.

59.      Aufgrund dieser Risikoverteilung (objektive Beweislast) geht es nicht über das Erforderliche hinaus, wenn ein Mitgliedstaat für Portfolio-Dividenden aus EU-/EWR-Staaten an der Anwendung der Anrechnungsmethode − möglicherweise mit einer vorgeschalteten bedingten Befreiungsmethode − selbst dann festhält, wenn sie im Ergebnis nicht zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führt, weil es dem Steuerpflichtigen nicht gelingt, die ausländische steuerliche Vorbelastung nachzuweisen.

60.       Kommt für solche Portfolio-Dividenden die Anrechnungsmethode zur Anwendung, so würde es jedoch über das Erforderliche hinausgehen, wenn den Unebenheiten des inländischen Körperschaftsteuersystems nicht so weit wie möglich Rechnung getragen würde, sondern die Anrechnung statisch anhand eines Einheitssteuersatzes vorgenommen würde.

61.      Denn wie oben ausgeführt(37), garantiert auch das für inländische Dividenden geltende Befreiungssystem nicht, dass Dividenden in jedem Einzelfall nur genau in Höhe ihrer Körperschaftsteuervorbelastung von der Körperschaftsteuer befreit werden. Auch im Rahmen der Anrechnungsmethode muss es daher möglich sein, bestimmte Steuervorteile, von denen die ausschüttende Gesellschaft profitiert, an den Anteilsinhaber weiterzureichen. Profitiert die im Ausland ansässige Gesellschaft dort z. B. für Forschungstätigkeiten von einem reduzierten Körperschaftsteuersatz und würde im Inland bei einer vergleichbaren inländischen Gesellschaft ebenfalls eine solche Vergünstigung gewährt, so müsste dieser Vorteil im Rahmen der Anrechnung auch dem Empfänger der ausländischen Dividende erhalten bleiben.

b)      Zwischenergebnis

62.      Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass Befreiungs- und Anrechnungsmethode zwar nicht als wirklich gleichwertig bezeichnet werden können, dass es aber in den aufgezeigten Grenzen unionsrechtlich zulässig ist, auf inländische Portfolio-Dividenden die Befreiungsmethode und auf Dividenden aus anderen EU-/EWR-Staaten die Anrechnungsmethode anzuwenden. Gleiches gilt, wenn statt der Anrechnungsmethode zunächst eine bedingte Befreiungsmethode anwendbar ist.

c)      Kohärente Zielverfolgung

63.      In seiner neueren Rechtsprechung hat der Gerichtshof im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung wiederholt verlangt, dass die nationale Regelung, die zur Beschränkung einer Grundfreiheit führt, dem Anliegen gerecht wird, das mit ihr verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.(38) Wird sie dies nicht, so hält er sie für nicht geeignet, das geltend gemachte Ziel zu erreichen oder auch nur dazu beizutragen.

64.      Meiner Meinung handelt es sich bei diesem Kriterium weniger um eine Frage der Geeignetheit als um eine Frage der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Häufig ist es so, dass eine Maßnahme durchaus zur Verwirklichung eines Ziels beiträgt, für sich allein dieses Ziel aber nicht erreichen kann. Das nimmt ihr aber nicht schon die Geeignetheit. Vielmehr ist zu fragen, ob sich aus dem weiteren Regelungsrahmen ergibt, dass das geltend gemachte Ziel nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt wird und deshalb an Rechtfertigungskraft verliert.

65.      Wenn man diese Rechtsprechung im Rahmen der vorliegenden Prüfung anwenden wollte, könnte man daran zweifeln, dass das mit der bedingten Befreiungsmethode bzw. der Anrechnungsmethode verfolgte Ziel, bei ausländischen Dividenden die Einmalbesteuerung auf inländischem Niveau sicherzustellen, kohärent und systematisch verfolgt wird.

66.      Denn Dividenden aus internationalen Schachtelbeteiligungen kommen nach dem KStG wesentlich leichter in den Genuss einer Befreiung als EU-/EWR-Portfolio-Dividenden. Nach § 10 Abs. 1 Z 7 KStG sind sie grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit, ohne dass dies an die für Portfolio-Beteiligungen geltenden Voraussetzungen geknüpft wäre. Nach § 10 Abs. 4 und 6 KStG ist zwar auch für Dividenden aus internationalen Schachtelbeteiligungen ein Wechsel auf die Anrechnungsmethode vorgesehen, aber nur in wesentlich engeren Grenzen, nämlich nur dann, wenn der Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen durch Verordnung anordnet. Dies kann insbesondere für solche Fälle geschehen, in denen die ausländische Körperschaft, an der die Schachtelbeteiligung besteht, kein operatives Geschäft betreibt und ihr Einkommen keiner der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren ausländischen Steuer unterliegt.

67.      Eine so umfassende Kohärenzprüfung würde jedoch den Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers bei der Frage, welche Einkünfte er in welchem Umfang besteuern möchte, übermäßig einschränken.

68.      Wie die österreichische Regierung in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage ausgeführt hat, soll mit der Privilegierung von internationalen Schachtelbeteiligungen die aktive wirtschaftliche Tätigkeit österreichischer Unternehmen im Ausland gefördert werden. Das Ziel der Einmalbesteuerung wird hier also nicht in dem gleichen Maße wie bei EU-/EWR-Portfolio-Dividenden verfolgt. Das muss es aber auch nicht. Allein dadurch, dass der Gesetzgeber bei internationalen Schachtelbeteiligungen eine andere Steuerpolitik verfolgt als bei EU-/EWR-Portfolio-Dividenden, wird die für Letztere geltende bedingte Befreiungsmethode mit etwaigem Wechsel auf die Anrechnungsmethode nicht unverhältnismäßig. Das gilt auch dann, wenn es bei EU-/EWR-Portfolio-Dividenden wegen Nachweisproblemen hinsichtlich der ausländischen Besteuerungssituation in der Praxis regelmäßig zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung kommen sollte.

69.      Dieses Ergebnis wird durch die Mutter-Tochter-Richtlinie(39) gestützt, an der sich der österreichische Gesetzgeber bei der Festlegung der 10 %-Schwelle bzw. der früher geltenden 25 %- Schwelle orientiert hat. Die Richtlinie hat für Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten ein gemeinsames Steuersystem eingeführt, um Zusammenschlüsse von Gesellschaften auf Gemeinschaftsebene zu erleichtern. Dazu sieht sie vor, dass für Dividenden, die eine Muttergesellschaft von ihrer Tochter bezieht, entweder eine Steuerbefreiung oder eine Anrechnung der ausländischen Steuer zu gewähren ist. Dies unterstreicht, dass es legitim sein kann, Schachtelbeteiligungen steuerlich anders als Portfolio-Beteiligungen zu behandeln.

5.      Ergebnis

70.      Auf die zweite Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo ist daher zu antworten, dass es nicht gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn inländische Körperschaften auf Portfolio-Dividenden aus anderen EU-/EWR-Staaten regelmäßig Körperschaftsteuer zahlen müssen, weil es ihnen nicht oder kaum gelingt, die für die Befreiung oder zumindest eine Anrechnung verlangten Angaben zur ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung zu machen, während inländische Portfolio-Dividenden immer befreit sind.

B –    Zur ersten Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo

71.      Mit seiner ersten Frage in der Rechtssache Haribo möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn Portfolio-Dividenden aus einem nicht zur Europäischen Union gehörenden EWR-Staat nur bei bestehender Amts- und Vollstreckungshilfe von der Körperschaftsteuer befreit sind, obwohl dies für Dividenden aus internationalen Schachtelbeteiligungen nicht verlangt wird.

1.      Zulässigkeit der Frage

72.      Die österreichische Regierung hält die erste Vorlagefrage für unzulässig, da sie für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits offenkundig keine Relevanz habe. Die Sachverhaltsdarstellung des vorlegenden Gerichts enthalte nämlich keine Feststellungen dazu, ob auch Dividenden aus Norwegen, Island oder Liechtenstein in Rede stünden, sondern spreche nur von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Sitz in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittstaaten.

73.      Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof zwar grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen. Ausnahmsweise kann er eine Beantwortung jedoch u. a. dann ablehnen, wenn die erbetene Auslegung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder das Problem hypothetischer Natur ist.(40)

74.      Das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Haribo spricht im Rahmen der Sachverhaltsschilderung in der Tat nur von „Dividenden aus dem EU-Raum und aus Drittstaaten“. Den Aktenstücken, die dem Ersuchen beigefügt sind, lassen sich insoweit keine weiteren Details entnehmen.

75.      Die österreichische Regierung nimmt eine enge Lesart der Formulierung „aus Drittstaaten“ in dem Sinne vor, dass damit alle Staaten außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Vertragsstaaten des EWR gemeint sind. Für dieses enge Verständnis spricht die hier zu untersuchende österreichische Regelung, die zwischen inländischen, EU-, EWR- und Drittstaaten-Dividenden unterscheidet. Die umformulierten Vorlagefragen und ihre Erörterung durch das vorlegende Gericht spiegeln diese Unterscheidung klar wieder.

76.      Der Sachverhalt, auf den sich die österreichische Regierung bezieht, ist aber im ursprünglichen Vorabentscheidungsersuchen dargestellt. Damals bestand kein Anlass, zwischen den EWR-Staaten Norwegen, Island sowie Liechtenstein und anderen Staaten, die nicht zur Europäischen Union gehören, zu differenzieren. Die frühere Fassung des KStG unterschied nämlich, was Portfolio-Beteiligungen anbelangt, nur zwischen inländischen und ausländischen Beteiligungen. Da der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 17. April 2008 und das Bundesministerium für Finanzen in seiner dazu ergangenen Information(41) − in unterschiedlichem Ausmaß − zusätzlich zwischen EU- und Drittstaatenbeteiligungen differenzierten, bestand für das vorlegende Gericht nur Anlass, diese Differenzierung in seiner ursprünglichen Vorlageentscheidung aufzugreifen.

77.      Die Formulierung „aus Drittstaaten“ im ursprünglichen Vorabentscheidungsersuchen lässt sich daher ohne Weiteres dahin gehend verstehen, dass damit alle Staaten gemeint sind, die nicht zur Europäischen Union gehören, also auch die EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein.

78.      Folglich ist die erste Vorlagefrage nicht offensichtlich hypothetischer Natur und daher zulässig.

2.      Beantwortung der Frage

a)      Beschränkung

79.       Zu den Maßnahmen, die durch Art. 56 Abs. 1 EG als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, gehören solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten.(42)

80.      Vorab ist klarzustellen, dass ungeachtet der Formulierung der Vorlagefrage für die Beurteilung, ob eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs in diesem Sinne vorliegt, kein Vergleich von EWR-Portfolio-Dividenden(43) mit Dividenden aus internationalen Schachtelbeteiligungen vorzunehmen ist, sondern − wie auch die österreichische, die deutsche und die niederländische Regierung sowie die Kommission geltend gemacht haben − mit inländischen Portfolio-Dividenden. Anleger, die nach Möglichkeiten für Portfolio-Beteiligungen suchen, lassen sich von einer solchen Investition im Ausland nicht dadurch abhalten, dass ausländische Schachtelbeteiligungen im Inland steuerlich besser behandelt werden, sondern dadurch, dass eine inländische Portfolio-Beteiligung steuerlich günstiger behandelt wird. Die steuerliche Behandlung der internationalen Schachtelbeteiligungen spielt dagegen, wie zu zeigen sein wird, im Rahmen der Rechtfertigung, und zwar bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung, eine Rolle.

81.       Nach § 10 Abs. 1 Z 6 KStG werden EWR-Portfolio-Dividenden nur dann von der Körperschaftsteuer befreit, wenn mit dem betreffenden EWR-Staat eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht. Inländische Portfolio-Dividenden sind dagegen immer steuerbefreit.

82.      Eine solche Regelung bewirkt, dass in Österreich ansässige Körperschaften davon abgehalten werden, ihr Kapital in Form von Portfolio-Beteiligungen an Körperschaften mit Sitz in den EWR-Staaten anzulegen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es an einem entsprechenden Amts- und Vollstreckungsabkommen fehlt, was laut Haribo im Verhältnis zu Island und Liechtenstein der Fall ist. Da die Dividenden aus diesen Beteiligungen steuerlich ungünstiger behandelt werden als solche, die von einer inländischen Körperschaft ausgeschüttet werden, sind sie für Körperschaften mit Sitz in Österreich weniger attraktiv als inländische Portfolio-Beteiligungen.(44)

83.      Eine Regelung wie § 10 Abs. 1 Z 6 KStG führt daher zu einer Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten und EWR-Staaten, die grundsätzlich nach Art. 56 Abs. 1 EG verboten ist.

b)      Rechtfertigung

84.      Nach der Rechtsprechung zu Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 EG kann eine nationale Steuerregelung wie die hier fragliche jedoch u. a. dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind.(45)

85.      Im Rahmen der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage(46) wurde bereits festgestellt, dass inländische und ausländische Dividenden in Bezug auf die Methode, nach der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermieden werden soll, in der Regel nicht vergleichbar sind. Daher ist es grundsätzlich gerechtfertigt, auf ausländische Dividenden die Anrechnungsmethode anzuwenden bzw. die Anwendung der Befreiungsmethode von Nachweisen hinsichtlich der steuerlichen Vorbelastung im Ausland abhängig zu machen.

86.      Nach Ansicht der österreichischen Regierung bedarf es im Fall von EWR-Portfolio-Dividenden der umfassenden Amts- und Vollstreckungshilfe, weil die Überprüfung, ob gemäß § 10 Abs. 5 KStG statt der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode zur Anwendung komme, einen Informationsaustausch mit der Steuerverwaltung des Ansässigkeitsstaats der ausschüttenden Körperschaft voraussetze. Erforderlich seien z. B. Informationen darüber, ob die ausschüttende Gesellschaft umfassend persönlich oder sachlich von der Körperschaftsteuer befreit sei. Nur durch ein Amtshilfeverfahren könne geklärt werden, ob die ausländische Körperschaft z. B. als Schiffsgesellschaft oder als Venture Capital Vehikel im Ansässigkeitsstaat von der Körperschaftsteuer befreit sei. Auch sei es denkbar, dass eine EWR-Körperschaft missbräuchlich zwischen eine Drittstaatskörperschaft und eine österreichische Körperschaft geschaltet werde, um die Ausschüttungen auf der Ebene der österreichischen Muttergesellschaft der Körperschaftsteuer zu entziehen. Ohne Amts- und Vollstreckungshilfe fehle es an den nötigen Informationen, um bei Missbrauch die Steuerfreistellung verweigern zu können.

87.       Das Erfordernis der umfassenden Amts- und Vollstreckungshilfe soll damit die ordnungsgemäße Anwendung des Mechanismus sicherstellen, anhand dessen bei EWR-Portfolio-Dividenden die wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermieden werden soll. Da sich inländische und EWR-Portfolio-Dividenden in Bezug auf die Methode zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung nicht in derselben Situation befinden, gilt dies auch für die Mittel, die die ordnungsgemäße Anwendung der jeweiligen Methode sicherstellen sollen.

c)      Verhältnismäßigkeit

88.      Auch wenn es also an einer Vergleichbarkeit fehlt, so muss doch die in Rede stehende beschränkende Maßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Sie muss geeignet sein, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen.(47) Dabei ist erneut zu überlegen, ob dem Kriterium der kohärenten und systematischen Zielverfolgung Bedeutung zukommen kann.(48)

89.      Hinsichtlich des Vollstreckungshilfeerfordernisses ist mit Haribo und der Kommission festzustellen, dass es nicht geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen. Es geht hier nämlich nicht darum, eine Steuerforderung im Ausland zu vollstrecken, sondern allein um die richtige Steuerfestsetzung für eine inländische Körperschaft.

90.       Das von der österreichischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, die Vollstreckungshilfe sei für den Fall des Wegzugs des Steuerpflichtigen erforderlich, überzeugt nicht. Der Wegzug ist eine zu entfernte Hypothese, als dass sie es rechtfertigen könnte, die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von EWR-Portfolio-Dividenden durchweg von einem Vollstreckungshilfeabkommen abhängig zu machen.

91.      Soweit eine nationale Regelung wie § 10 Abs. 1 Z 6 KStG zusätzlich zur Amtshilfe auch eine Vollstreckungshilfe verlangt, damit EWR-Portfolio-Dividenden überhaupt für die bedingte Steuerbefreiung in Betracht kommen, ist sie mangels Geeignetheit, das mit der beschränkenden Maßnahme verfolgte Ziel zu erreichen, nicht mit Art. 56 Abs. 1 EG vereinbar.

92.      Das Amtshilfeerfordernis hingegen könnte grundsätzlich gerechtfertigt sein.

93.      So hat der Gerichtshof in Bezug auf andere Drittstaaten als die EWR-Staaten im Urteil A(49) Folgendes festgestellt: Mit dem freien Kapitalverkehr ist es vereinbar, dass ein Mitgliedstaat die Steuerbefreiung der ausländischen Dividenden davon abhängig macht, dass mit dem betreffenden Drittstaat ein Steuerabkommen besteht, sofern die Befreiung von Voraussetzungen abhängig ist, deren Beachtung von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass sie Auskünfte beim Niederlassungsstaat der ausschüttenden Gesellschaft einholen.

94.      Die in jener Rechtssache zu prüfende schwedische Regelung gab dem Gerichtshof keine Veranlassung, auf Dividenden aus EWR-Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, gesondert einzugehen. Aus dem Urteil Kommission/Italien(50) folgt jedoch, dass die in der vorstehenden Nummer zitierte Feststellung auch für solche EWR-Staaten gilt. Zudem ist diesem Urteil zu entnehmen, dass das Amtshilfeerfordernis nicht nur ausnahmsweise gerechtfertigt ist, sondern dass ein grundsätzliches Nachprüfungsbedürfnis bestehen kann.

95.      Dem folgend hat Generalanwalt Jääskinen in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Établissements Rimbaud(51) die Ansicht vertreten, dass anders als im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten untereinander wegen des unterschiedlichen rechtlichen Rahmens im Verhältnis zwischen diesen und den EWR-Staaten die Mechanismen für die Zusammenarbeit der Steuerbehörden nicht durch die Vorlage von Belegen durch den Steuerpflichtigen ersetzt werden können. Ich teile diese Ansicht. Damit die vom Steuerpflichtigen vorgelegten Informationen verlässlich sind, müssen sie auch überprüft werden können.

96.      Der Gerichtshof hat nunmehr im Urteil Établissements Rimbaud(52) bekräftigt, dass es im Verhältnis zu einem EWR-Staat grundsätzlich gerechtfertigt ist, die Gewährung eines Steuervorteils vom Bestehen eines Amtshilfeabkommens abhängig zu machen, das eine wirksame Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen ermöglicht.

97.      Die Steuerbefreiung von EWR-Dividenden darf somit grundsätzlich davon abhängig gemacht werden, dass mit dem Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft ein Amtshilfeabkommen besteht.

98.      Anders als im Rahmen der zweiten Vorlagefrage(53) halte ich es hier jedoch für zulässig und geboten, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auch die Kohärenz der nationalen Regelung zu untersuchen. Beim Amtshilfeerfordernis geht es nämlich nicht um den Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers bei der Frage, welche Einkünfte er in welcher Höhe besteuern möchte, sondern allein um eine Maßnahme, mit der die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung gewährleistet werden soll. Hier lässt sich durchaus die Frage stellen, wie ernst es dem Gesetzgeber damit ist.

99.      Insoweit ist festzustellen, dass das Amtshilfeerfordernis nur für EWR-Portfolio-Dividenden gilt, nicht aber für Dividenden aus internationalen, d. h. auch EWR-Schachtelbeteiligungen. Diese sind nach § 10 Abs. 1 Z 7 KStG steuerbefreit, sofern es sich nicht um eine EWR-Schachtelbeteiligung an einer Körperschaft handelt, die kein operatives Geschäft betreibt und im Ausland einer Niedrigbesteuerung unterliegt. Für Letztere gilt nach § 10 Abs. 4 und 6 KStG die Anrechnungsmethode. Weder für die Befreiung noch für die Anrechnung wird jedoch Amtshilfe verlangt.

100. Zwar mag es sein, dass, wie die deutsche Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend machen, der Inhaber einer Schachtelbeteiligung aufgrund seines größeren Einflusses auf die Geschicke der ausländischen Gesellschaft besser in der Lage ist, alle erforderlichen Nachweise zu erbringen. Das dürfte erst recht gelten, wenn es, wie das vorlegende Gericht ausführt, bei Beteiligungen über Investment-Fonds dem Inhaber einer Portfolio-Beteiligung geradezu unmöglich sein kann, die entsprechenden Nachweise zu erbringen.

101. Es ist aber nicht erkennbar, warum hinsichtlich des Risikos, dass unrichtige Angaben gemacht werden, aufgrund des Beteiligungsumfangs ein Unterschied bestehen soll.(54) Vielmehr ist daran zu erinnern, dass es unionsrechtlich unzulässig wäre, in Bezug auf ausländische Portfolio-Beteiligungen pauschal zu vermuten, sie würden nur deswegen erworben oder gehalten, um Steuern zu hinterziehen. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung kann nämlich nur dann als Rechtfertigungsgrund angeführt werden, wenn sie auf rein künstliche Konstruktionen abzielt, die auf eine Umgehung des Steuerrechts gerichtet sind.(55)

102. Da das mit dem Amtshilfeerfordernis verfolgte Ziel der wirksamen steuerlichen Überwachung nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt wird, ist es unverhältnismäßig.

d)      Ergebnis

103. Auf die erste Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo ist daher zu antworten, dass es gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn Portfolio-Dividenden aus einem nicht zur Europäischen Union gehörenden EWR-Staat nur bei bestehender Amts- und Vollstreckungshilfe von der Körperschaftsteuer befreit sind, obwohl dies für Dividenden aus ausländischen Schachtelbeteiligungen nicht verlangt wird.

C –    Zur dritten Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo

104. Mit seiner dritten Frage in der Rechtssache Haribo möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn für Dividenden aus Drittstaatenbeteiligungen weder eine Befreiung von der Körperschaftsteuer noch eine Anrechnung der im Ausland entrichteten Körperschaftsteuer vorgesehen ist, sofern es sich um Portfolio-Beteiligungen handelt, während inländische Portfolio-Dividenden steuerbefreit sind.

1.      Beschränkung

105. Zu den Maßnahmen, die durch Art. 56 Abs. 1 EG als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, gehören solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten.(56) Der Gerichtshof hat es ausdrücklich abgelehnt, den Begriff der Beschränkung des Kapitalverkehrs in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten anders als in den Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten auszulegen.(57)

106. Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat ergeben, dass es gerechtfertigt ist, die Befreiungsmethode inländischen Dividenden vorzubehalten und bei ausländischen Dividenden lediglich die im Ausland entrichtete Körperschaftsteuer anzurechnen(58). Die Prüfung, ob eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vorliegt, muss sich daher darauf konzentrieren, dass bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden keine Anrechnungsmöglichkeit gewährt wird.

107. Da es nach der österreichischen Gesetzeslage bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden trotz bereits erfolgter Besteuerung der zugrunde liegenden Unternehmensgewinne im Ausland immer zu einer vollen Besteuerung im Inland kommt, ist es für einen gebietsansässigen Anleger ohne Frage weniger attraktiv, statt einer inländischen eine solche ausländische Portfolio-Beteiligung zu erwerben oder zu halten. Folglich liegt eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vor, die nach Art. 56 Abs. 1 EG grundsätzlich verboten ist.

2.      Rechtfertigung

108. Es ist daher zu prüfen, ob diese Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach den Bestimmungen der Art. 57 bis 60 EG dennoch gestattet oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

a)      Besonderheiten bei Drittstaatenbezug

109. Die österreichische, die deutsche, die italienische, die niederländische sowie die finnische Regierung vertreten unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs(59) die Ansicht, dass gegenüber Drittstaaten andere Maßstäbe angelegt werden dürften als gegenüber Mitgliedstaaten.

110. Der Gerichtshof hat in der Tat anerkannt, dass mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit Drittstaaten durchaus andere Ziele verfolgt werden können als innerhalb der Europäischen Union, wie insbesondere die Ziele, die Glaubwürdigkeit der einheitlichen Gemeinschaftswährung auf den Weltfinanzmärkten und die Aufrechterhaltung von Finanzzentren mit weltweiter Bedeutung in den Mitgliedstaaten sicherzustellen.(60) Außerdem hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich der Kapitalverkehr mit Drittstaaten in einen anderen rechtlichen Rahmen einfügt.(61)

111. Diesen Unterschieden hat der Gerichtshof angesichts des klaren Wortlauts von Art. 56 Abs. 1 EG und der Systematik der Art. 56 bis 60 EG zwar nicht bei der Frage Rechnung getragen, ob eine grundsätzlich verbotene Beschränkung nach Art. 56 Abs. 1 EG vorliegt. Doch hat er ihm Bedeutung zugemessen für die Prüfung, ob eine beschränkende Maßnahme nach den Art. 57 bis 60 EG oder aufgrund eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses zulässig ist. Das Ausmaß der Befugnis der Mitgliedstaaten, auf Kapitalbewegungen nach oder aus Drittstaaten bestimmte beschränkende Maßnahmen anzuwenden, könne nicht bestimmt werden, ohne den Umstand zu berücksichtigen, dass diese Kapitalbewegungen in einem anderen rechtlichen Rahmen ablaufen als solche, die innerhalb der Gemeinschaft stattfinden.(62)

112. Der Gerichtshof hat daher Folgendes festgestellt: Aufgrund des Grades der unter den Mitgliedstaaten der Union bestehenden rechtlichen Integration, insbesondere angesichts der gesetzgeberischen Maßnahmen der Gemeinschaft in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen nationalen Steuerbehörden wie der Richtlinie 77/799, ist die von einem Mitgliedstaat vorgenommene Besteuerung wirtschaftlicher Tätigkeiten mit innerhalb der Gemeinschaft grenzüberschreitenden Bezügen somit nicht immer mit der Besteuerung wirtschaftlicher Tätigkeiten vergleichbar, die die Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten berühren.(63)

113. Außerdem hat der Gerichtshof nicht ausgeschlossen, dass ein Mitgliedstaat beweisen kann, dass eine Beschränkung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern aus einem bestimmten Grund gerechtfertigt ist, auch wenn dieser Grund keine überzeugende Rechtfertigung für eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten darstellen würde.(64)

114. Die Formulierungen „nicht immer vergleichbar“ und „es lässt sich nicht ausschließen“ lassen jedoch erkennen, dass der Gerichtshof den Mitgliedstaaten keinen Freibrief für Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach und aus Drittstaaten erteilt hat. Es wäre auch wenig konsequent, dem Beschränkungsverbot des Art. 56 Abs. 1 EG für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten die gleiche Tragweite beizumessen wie für den unionsinternen Kapitalverkehr, um diesem Verbot dann auf der Rechtfertigungsebene seine Bedeutung zu nehmen. Dabei ist insbesondere in Erinnerung zu rufen, dass die Mitgliedstaaten den Besonderheiten des Kapitalverkehrs mit Drittstaaten bereits dadurch Rechnung getragen haben, dass sie in den Art. 57, 59 und 60 EG spezielle Schutzklauseln und Ausnahmeregelungen für Kapitalbewegungen nach oder aus Drittstaaten vorgesehen haben.(65)

115. Vor diesem Hintergrund sind nun die einzelnen Rechtfertigungsgründe zu prüfen, die die verschiedenen Regierungen in den vorliegenden Verfahren geltend gemacht haben.

b)      Einzelne Rechtfertigungsgründe

i)      Aufteilung der Besteuerungsbefugnis

116. Die österreichische und die finnische Regierung machen geltend, dass die Notwendigkeit, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten zu wahren, einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen könne, der es rechtfertige, Dividenden aus Drittstaaten steuerlich anders als inländische Dividenden zu behandeln.

117. Dazu ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten die Notwendigkeit, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zu wahren, als zwingenden Grund des Allgemeininteresses anerkannt hat, zunächst zwar nur in Zusammenschau mit anderen Rechtfertigungsgründen, zuletzt jedoch auch für sich allein genommen.(66) Die Tragweite, die diesem Rechtfertigungsgrund in der Rechtsprechung bisher zugemessen wurde, ist jedoch geringer als seine Bezeichnung vermuten lassen könnte.

118. So kann die Notwendigkeit, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zu wahren, insbesondere dann eine Beschränkung rechtfertigen, wenn mit der beschränkenden Maßnahme Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaats auf Ausübung seiner Besteuerungszuständigkeit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden.(67) Der Gerichtshof hat den Mitgliedstaaten auf diese Weise im Wesentlichen das Recht zuerkannt, einen Steuerpflichtigen daran zu hindern, Gewinne oder Verluste ohne Rücksicht auf den Ort, an dem sie erwirtschaftet wurden, frei von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat zu verschieben und damit die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zu unterlaufen.

119. Zunächst ist festzustellen, dass dieser Rechtfertigungsgrund es in seinen bisher anerkannten Konturen nicht rechtfertigen könnte, dass bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden keine Anrechnungsmöglichkeit gewährt wird.

120. Zum einen geht es hier nämlich nicht um die Besteuerungsbefugnis für im Inland ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeiten, sondern um die Besteuerung ausländischer Einkünfte, zum anderen würde die Besteuerungsbefugnis Österreichs als solche nicht gefährdet, wenn es bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden zuließe, die im Drittstaat auf die dafür verwendeten Gewinne erhobene Körperschaftsteuer anzurechnen. Wenn und soweit die ausländische Vorbelastung nicht das Niveau der Körperschaftsteuerbelastung inländischer Dividenden erreicht, bleibt nach der Anrechnungsmethode die inländische Körperschaftsteuer zu zahlen.

121. Fraglich ist allerdings, ob diesem Rechtfertigungsgrund im Verhältnis zu Drittstaaten eine weiter gehende Bedeutung zuzumessen ist. Wegen der Vielfältigkeit der möglichen Situationen kann es auf diese Frage jedoch kaum eine pauschale Antwort geben.

122.  Im vorliegenden Zusammenhang, wo es darum geht, ob der freie Kapitalverkehr bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden zumindest die Möglichkeit der Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung gebietet, würde eine großzügigere Handhabung letztlich auf die Frage zurückführen, ob die Verringerung des Steueraufkommens eine Verweigerung der Anrechnung rechtfertigen kann. Soweit unter dem Aspekt der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis auch ein Gegenseitigkeitserfordernis geltend gemacht wird, werde ich erst im Rahmen der Prüfung jenes Rechtfertigungsgrundes darauf eingehen.

123. Ohne Zweifel kann die Anrechnung der in einem Drittstaat geschuldeten Körperschaftsteuer dazu führen, dass sich die inländischen Steuereinnahmen verringern.

124. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Verringerung von Steuereinnahmen für sich allein jedoch nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses betrachtet werden, der zur Rechtfertigung einer grundsätzlich gegen eine Grundfreiheit verstoßenden Maßnahme angeführt werden kann.(68) Ob dies auch in Bezug auf Drittstaaten gilt, hat der Gerichtshof bisher offengelassen(69).

125. Auch wenn es berechtigt erscheint, Sinn und Zweck eines von der Europäischen Union einseitig garantierten freien Kapitalverkehrs nach und aus Drittstaaten zu hinterfragen, so bleibt es doch dabei, dass sich die Mitgliedstaaten in Art. 56 Abs. 1 EG unmissverständlich dazu bekannt haben. Mit diesem klaren Bekenntnis zum freien Kapitalverkehr mit Drittstaaten wäre es nur schwer vereinbar, Beschränkungen dieses Kapitalverkehrs, die sich aus dem nationalen Steuerrecht ergeben, schon deshalb für zulässig zu halten, weil sich sonst die Steuereinnahmen verringern könnten. Im Ergebnis würde ein solches Verständnis nämlich bedeuten, dass das Steuerrecht aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften des freien Kapitalverkehrs geradezu herausgenommen wird. Es würde damit nicht nur ausnahmsweise, sondern systematisch und unter Außerachtlassung der besonderen Vorschriften der Art. 57 ff. EG ermöglicht, diesen Kapitalverkehr zu beschränken, indem bei Drittstaatsbeteiligungen insbesondere alle Steuervorteile versagt werden könnten, die bei Inlandsbeteiligungen gewährt werden, obwohl sich die Situation der Inhaber im Hinblick auf das Ziel der zugrunde liegenden Regelungen nicht unterscheidet.

126. Die Weigerung, bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden die Anrechnungsmethode anzuwenden, lässt sich daher weder mit der Verringerung der Steuereinnahmen noch mit der Notwendigkeit der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten rechtfertigen.

ii)    Gegenseitigkeit

127. Die österreichische, die deutsche, die niederländische und die finnische Regierung machen ferner geltend, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Gesellschaften des jeweils anderen Staates in Bezug auf Steuervorteile wie inländische Gesellschaften zu behandeln, auf Gegenseitigkeit beruhe. Im Verhältnis zu Drittstaaten fehle es dagegen an einer solchen Gegenseitigkeit. Bestünde dennoch die Verpflichtung, Drittstaatendividenden wie inländische zu behandeln, so würde die Verhandlungsposition der Mitgliedstaaten gegenüber Drittstaaten für den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen, die nicht nur eine ausgeglichene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse sicherstellen sollten, sondern auch der Bekämpfung von Schattenwirtschaft und Kriminalität dienten, beeinträchtigt.

128. Die österreichische Regierung macht außerdem geltend, dass es beim Schutz des Steueraufkommens nicht bloß um wirtschaftliche Motive gehe, sondern vielmehr um die Sicherung internationaler Steuerneutralität im Binnenmarkt. Anders als andere Mitgliedstaaten seien Drittstaaten nicht verpflichtet, einen vergleichbaren Verlust von Steuersubstrat hinzunehmen. Außerdem fehle es in Bezug auf Drittstaaten an Mechanismen zur Wahrung einer finanzpolitischen Ausgeglichenheit, wie sie der EG-Vertrag u. a. durch die Möglichkeit der Rechtsangleichung vorsehe.

129. Die Anerkennung eines Gegenseitigkeitserfordernisses im Verhältnis zu Drittstaaten mag zwar verlockend sein, doch stößt sie sich an Wortlaut und Systematik der Art. 56 EG ff. Die Mitgliedstaaten haben sich nämlich ausdrücklich dafür entschieden, den Kapitalverkehr aus und nach Drittstaaten einseitig zu liberalisieren, und damit auf Gegenseitigkeit gerade verzichtet. Mit der einseitigen Liberalisierung wäre es nur schwer vereinbar, wenn man nun auf der Rechtfertigungsebene doch ein Gegenseitigkeitserfordernis anerkennen würde. Aus diesem Grund sind auch die weiteren von der österreichischen Regierung geltend gemachten Argumente zurückzuweisen. Zum Fehlen eines Rechtsangleichungsinstruments im Verhältnis zu Drittstaaten ist zudem darauf hinzuweisen, dass auf Unionsebene zwar ein solches Instrument besteht, dass davon aber in Bezug auf die Besteuerung von Portfolio-Beteiligungen bisher kein Gebrauch gemacht wurde.

iii) Steuerliche Überwachung

130.  Was schließlich die von der Rechtsprechung anerkannte Notwendigkeit anbelangt, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten, so wurde im Rahmen der ersten Vorlagefrage(70) geklärt, dass in Bezug auf Drittstaaten die Anrechnungsmethode mit dem Erfordernis verknüpft werden darf, dass ein Amtshilfeabkommen mit dem betreffenden Drittstaat besteht, das es den Steuerbehörden des betreffenden Mitgliedstaats ermöglicht, zu überprüfen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des in der Anrechnung liegenden Steuervorteils tatsächlich vorliegen. Insoweit bleibt die Verhandlungsposition des betreffenden Mitgliedstaats dadurch, dass er nach Art. 56 Abs. 1 EG verpflichtet sein kann, eine Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer grundsätzlich zu ermöglichen, unberührt.

131. Die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten, kann hier schon deswegen nicht als Rechtfertigungsgrund durchgreifen, weil nach dem KStG bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung unabhängig vom Bestehen eines Amtshilfeabkommens verweigert wird.

c)      Ergebnis

132. Da keiner der geltend gemachten Gründe es zu rechtfertigen vermag, dass für Drittstaaten-Portfolio-Dividenden keine Möglichkeit der Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung vorgesehen ist, liegt ein Verstoß gegen Art. 56 Abs. 1 EG vor.

133. Auf die dritte Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo ist daher zu antworten, dass es gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn für Dividenden aus Drittstaatenbeteiligungen keine Anrechnung der im Ausland entrichteten Körperschaftsteuer vorgesehen ist, sofern es sich um Portfolio-Beteiligungen handelt, während inländische Portfolio-Dividenden steuerbefreit sind.

D –     Zu den Vorlagefragen 4, 4.1 und 4.2 in der Rechtssache Haribo

134. Mit den Fragen 4, 4.1 und 4.2 in der Rechtssache Haribo möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Drittstaaten-Portfolio-Dividenden, die gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, von den zuständigen nationalen Behörden oder Gerichten durch Anwendung der für andere Dividenden vorgesehenen Befreiung zu vermeiden ist oder ob insoweit eine Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung genügt. Ferner möchte es wissen, ob die zutreffenderweise zu wählende Methode − da dies im nationalen Recht auch bei Drittstaaten-Schachtelbeteiligungen nicht verlangt wird − selbst dann anzuwenden ist, wenn keine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht.

135. Die Antwort auf diese Fragen ergibt sich weitgehend aus den Antworten auf die ersten drei Vorlagefragen in der Rechtssache Haribo.

136. So hat die Prüfung der zweiten Vorlagefrage ergeben, dass es gerechtfertigt ist, die Befreiungsmethode inländischen Dividenden vorzubehalten und bei ausländischen Dividenden lediglich die Möglichkeit vorzusehen, die im Ausland entrichtete Körperschaftsteuer anzurechnen. Dies gilt selbst dann, wenn der Nachweis dieser Vorbelastung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erbracht werden kann. Die Prüfung der dritten Frage hat ergeben, dass es nicht gerechtfertigt ist, für Dividenden aus Drittstaatenbeteiligungen keine Anrechnung der im Ausland entrichteten Körperschaftsteuer vorzusehen, sofern es sich um Portfolio-Beteiligungen handelt, während inländische Portfolio-Dividenden steuerbefreit sind.

137. Folglich kann eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Drittstaaten-Portfolio-Dividenden, die gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, grundsätzlich dadurch beseitigt werden, dass deren Inhaber die Möglichkeit eingeräumt wird, die ausländische Körperschaftsteuervorbelastung anrechnen zu lassen.

138. Auch hier ist jedoch die neuere Rechtsprechung zu beachten, wonach eine die Grundfreiheiten beschränkende nationale Regelung nur dann verhältnismäßig ist, wenn sie dem Anliegen gerecht wird, das mit ihr verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.(71) Dies muss auch für die Lösung gelten, die von den zuständigen nationalen Behörden und Gerichten zur Beseitigung der gegen das Unionsrecht verstoßenden wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Drittstaaten-Portfolio-Dividenden angewandt wird.

139. Sieht das nationale Recht wie in den vorliegenden Fällen für gleichartige Portfolio-Dividenden aus dem EU-/EWR-Ausland nicht nur die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung vor, sondern die Anwendung einer bedingten Befreiungsmethode mit etwaigem Wechsel auf die Anrechnungsmethode, so wäre es unverhältnismäßig, weil inkohärent, bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden ausschließlich die Anrechnungsmethode anzuwenden.

140. Was das Erfordernis einer umfassenden Amts- und Vollstreckungshilfe anbelangt, so wurde im Rahmen der Beantwortung der ersten(72) Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo in Bezug auf EWR-Portfolio-Dividenden festgestellt, dass ein solches Erfordernis unverhältnismäßig ist: Eine Vollstreckungshilfe ist nicht erforderlich, da es um die Besteuerung gebietsansässiger Körperschaften geht, und das Erfordernis der Amtshilfe ist inkohärent, da es bei internationalen Schachtelbeteiligungen nicht verlangt wird.

141. Diese Feststellungen lassen sich ohne Weiteres auf Drittstaaten-Portfolio-Dividenden übertragen. Vollstreckungshilfe ist hier ebenso wenig erforderlich wie bei EWR-Portfolio-Dividenden. Dagegen ist es zwar grundsätzlich berechtigt, die Steuervergünstigung der bedingten Befreiung und/oder der Anrechnung davon abhängig zu machen, dass mit dem Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft ein Amtshilfeabkommen besteht. Da aber nach der österreichischen Regelung bei Dividenden aus Drittstaaten-Schachtelbeteiligungen kein solches Erfordernis besteht, wäre es inkohärent und damit unverhältnismäßig, es bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden zu verlangen.

142. Auf die Vorlagefragen 4, 4.1 und 4.2 in der Rechtssache Haribo ist daher zu antworten, dass nationale Behörden oder Gerichte eine systematische wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Drittstaaten-Portfolio-Dividenden, die gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, grundsätzlich dadurch beseitigen können, dass sie deren Inhaber die Möglichkeit einräumen, die ausländische Körperschaftsteuervorbelastung anrechnen zu lassen. Sieht das nationale Recht für gleichartige Portfolio-Dividenden aus dem EU-/EWR-Ausland jedoch eine bedingte Befreiungsmethode mit etwaigem Wechsel auf die Anrechnungsmethode vor, wäre es unverhältnismäßig, bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden ausschließlich die Anrechnungsmethode anzuwenden. Die Anrechnung bzw. bedingte Befreiung darf grundsätzlich davon abhängig gemacht werden, dass mit dem betreffenden Drittstaat ein umfassendes Amtshilfeabkommen besteht. Gilt jedoch bei Dividenden aus Drittstaaten-Schachtelbeteiligungen, soweit für diese auch nur eine Anrechnung oder bedingte Befreiung gewährt wird, kein Amtshilfeerfordernis, wäre es unverhältnismäßig, es bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden zu verlangen.

E –    Zu den beiden Vorlagefragen in der Rechtssache Österreichische Salinen

143. Mit seinen beiden Vorlagefragen in der Rechtssache Österreichische Salinen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn im Rahmen der Anrechnungsmethode ausländische Portfolio-Dividenden in einem Verlustjahr letztlich doch einer Doppelbesteuerung unterliegen, weil sie den möglichen Verlustvortrag auf die Folgejahre reduzieren und die anzurechnende Körperschaft- und Quellensteuer nicht ebenfalls vorgetragen oder anderweitig berücksichtigt werden kann, während inländische Portfolio-Dividenden immer von der Körperschaftsteuer befreit sind.

1.      Zulässigkeit der Fragen

144. Die österreichische Regierung hält diese beiden Vorlagefragen für unzulässig, da sie für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits offenkundig keine Relevanz hätten. Ob für ein Folgejahr ein Anrechnungsvortrag zu gewähren sei, habe keine Bedeutung für den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2002, der Gegenstand des Ausgangsverfahrens sei.

145. Das vorlegende Gericht möchte jedoch nicht allein wissen, ob für die Jahre, die auf das Verlustjahr 2002 folgen, ein Anrechnungsvortrag zu gewähren ist. Dem Vorabentscheidungsersuchen ist vielmehr zu entnehmen, dass es die Gleichwertigkeit von Befreiungs- und Anrechnungsmethode auch deswegen bezweifelt, weil ausländische Dividenden durch die Anwendung der Anrechnungsmethode ohne Anrechnungsvortrag in Verlustsituationen letztlich doch einer Doppelbesteuerung unterlägen. So gesehen fehlt den Vorlagefragen nicht offensichtlich jede Relevanz für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits.

146. Die beiden Vorlagefragen sind daher zulässig.

2.      Beantwortung der Vorlagefragen

147. Was die in den Vorlagefragen angesprochene Quellensteuer anbelangt, so ist in Erinnerung zu rufen, dass ihre Erhebung nicht zu einer wirtschaftlichen, sondern zu einer juristischen Doppelbesteuerung führen kann. Diese entsteht dadurch, dass verschiedene Staaten ihre Besteuerungsbefugnis in Bezug auf den Anteilseigner ausüben − der Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft in Form der Quellensteuer, die von der Gesellschaft einzubehalten ist, und der Staat, in dem der Anteilseigner ansässig ist, in Form der Einkommen- oder Körperschaftsteuer.

148. Das Unionsrecht enthält jedoch bei seinem gegenwärtigen Stand kein allgemeines Verbot der juristischen Doppelbesteuerung(73). Folglich kann dem Unionsrecht auch keine allgemeine Pflicht des Mitgliedstaats, in dem der Anteilseigner ansässig ist, entnommen werden, eine solche juristische Doppelbesteuerung durch Anrechnung der ausländischen Quellensteuer zu beseitigen.(74) Verlangt das Unionsrecht aber keine Anrechnung der Quellensteuer, so kann sich daraus auch keine Verpflichtung ergeben, die Wirkungen dieser Besteuerung statt in einem bestimmten Steuerjahr, in dem sie wegen der Verlustsituation nicht durch Anrechnung beseitigt werden können, durch Gewährung eines Anrechnungsvortrags in einem Folgejahr oder auf andere Weise zu beseitigen.

149. Die Vorlagefragen sind daher nur im Hinblick auf die anzurechnende Körperschaftsteuer zu prüfen.

150. Kommt es bei einer inländischen Körperschaft in einem bestimmten Steuerjahr zu einer Verlustsituation und werden die ausländischen Dividenden im Rahmen der Anrechnungsmethode in die Bemessungsgrundlage einbezogen, so werden die Verluste um den Betrag der Dividenden reduziert. Sieht das nationale Recht wie im vorliegenden Fall die Möglichkeit des Verlustvortrags auf Folgejahre vor, so reduziert sich folglich auch der mögliche Verlustvortrag in entsprechendem Umfang. Da in einem Folgejahr, das sich durch eine Gewinnsituation auszeichnet, nur die um die ausländischen Dividenden verringerten Verluste des Verlustjahrs von den steuerbaren Gewinnen in Abzug gebracht werden können, finden sich die Dividenden betragsmäßig in der Bemessungsgrundlage des Gewinnjahrs wieder und führen dort zu einer entsprechend höheren Körperschaftsteuer.

151. Könnte die auf den ausländischen Dividenden lastende ausländische Körperschaftsteuervorbelastung in diesem Folgejahr nicht mehr angerechnet oder auf andere Weise berücksichtigt werden, so käme es daher letztlich doch zu einer Doppelbesteuerung, die, wie das vorlegende Gericht ausführt, mit der Anrechnungsmethode gerade vermieden werden sollte.

152. Bei inländischen Dividenden wird eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung dagegen definitiv vermieden. Da für sie eine Befreiung von der Körperschaftsteuer gilt, gehen sie nämlich nicht in die Bemessungsgrundlage ein und können folglich in Verlustjahren auch nicht zu einer Reduzierung des Verlusts führen. Die Verluste können somit voll auf die Folgejahre übertragen werden.

153. Ich teile die Ansicht von Haribo, der niederländischen Regierung sowie der Kommission, dass eine derartige Benachteiligung ausländischer Portfolio-Dividenden nicht mit Art. 56 Abs. 1 EG vereinbar ist. Die Anwendung der Anrechnungsmethode auf diese Dividenden in Verlustjahren führt zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung des freien Kapitalverkehrs, wenn parallel zur Möglichkeit des Verlustvortrags nicht auch die Möglichkeit besteht, die ausländische Körperschaftsteuervorbelastung im Wege des Anrechnungsvortrags oder auf andere Weise in dem erforderlichen Maße steuerreduzierend zu berücksichtigen.

154. Die österreichische Regierung stützt sich für ihre Ansicht, dass es keines Anrechnungsvortrags bzw. keiner Steuergutschrift bedarf, auf Randnr. 52 des Urteils Test Claimants in the FII Group Litigation(75), wonach eine Steuergutschrift nur bis zur Höhe der von der Empfängergesellschaft zu entrichtenden Körperschaftsteuer erteilt werden müsse. Wenn wegen der Verlustsituation gar keine inländische Steuer zu zahlen sei, so müsse auch keine ausländische Steuerlast angerechnet werden bzw. keine Steuergutschrift erteilt werden.

155. Dieses Vorbringen lässt jedoch außer Betracht, dass der Gerichtshof in der in Bezug genommenen Passage lediglich zum Ausdruck gebracht hat, dass die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode nicht so weit zu gehen hat, dass der Mitgliedstaat, in dem die Empfängergesellschaft ansässig ist, dem Empfänger über die Anrechnung hinaus die im Ausland erhobene − höhere − Steuer erstattet. Dieser Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, die Gesamtbelastung der Dividende mit Körperschaftsteuer auf das inländische Niveau herunterzuschleusen. Die wirtschaftliche Doppelbesteuerung muss nur in Höhe des inländischen Besteuerungsniveaus vermieden werden.

156. Das wird sie jedoch dann nicht, wenn in einem Verlustjahr der inländischen Empfängergesellschaft eine Anrechnung ausscheidet, weil es keine inländische Steuerlast gibt, gegen die angerechnet werden könnte, der Verlustvortrag aber in Höhe der ausländischen Dividenden gekürzt wird und diese Dividenden damit indirekt in den Folgejahren mit inländischer Körperschaftsteuer belastet werden.

157. Im Zusammenhang mit der Mutter-Tochter-Richtlinie(76) hat sich der Gerichtshof bereits mit einer ähnlichen Problematik befasst. Im Urteil Cobelfret(77) sowie im Beschluss KBC-Bank(78) ging es um eine belgische Regelung, die zur Folge hatte, dass die Verluste der Muttergesellschaft in Höhe der bezogenen Dividenden vermindert wurden, wenn die Muttergesellschaft im betreffenden Besteuerungszeitraum keine anderen steuerpflichtigen Einkünfte erzielt hatte. Da nach den belgischen Steuervorschriften ein Verlustvortrag möglich war, konnte sich die Verminderung der vortragbaren Verluste der Muttergesellschaft, auch wenn die von ihr bezogenen Dividenden in dem Steuerjahr ihrer Ausschüttung nicht der Körperschaftsteuer unterlagen, dahin gehend auswirken, dass diese Dividenden in späteren Steuerjahren indirekt bei der Muttergesellschaft besteuert werden, wenn ihr Betriebsergebnis positiv ist. Der Gerichtshof stellte dazu fest, dass bei einer solchen Konstellation das Ziel der Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung nicht erreicht wird.

158. Daher ist das Argument der österreichischen Regierung zurückzuweisen.

159. Die italienische Regierung ist der Meinung, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass sich im Rahmen der Unternehmensgruppe, zu der die die Dividenden empfangende Gesellschaft und die gebietsfremde ausschüttende Gesellschaft gehören, Praktiken einstellten, mit denen die Dividenden auf die verlustbringende Gesellschaft verlagert würden, damit eine Besteuerung dieser Gesellschaft wegen des Verlusts ausgeschlossen sei und die Steuerbefreiung der Dividenden auch in den Folgejahren (durch den Anrechnungsvortrag) erhalten bleibe. Dem Urteil Glaxo Wellcome(79) könne im Wege der Analogie entnommen werden, dass eine Regelung, die wie die in Rede stehende keinen Anrechnungsvortrag vorsehe, nicht über dasjenige hinausgeht, was zur Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten und zur Verhinderung rein künstlicher, jeder wirtschaftlichen Realität barer Gestaltungen, die auf die Erlangung eines unrechtmäßigen Steuervorteils ausgerichtet sind, erforderlich sei. Letztlich habe das vorlegende Gericht dies zu beurteilen.

160. Dieses Argument kann im vorliegenden Zusammenhang schon deswegen nicht durchgreifen, weil es nicht um Dividendenzahlungen innerhalb von Unternehmensgruppen geht, sondern um Dividenden aus Portfolio-Beteiligungen, die über einen inländischen Investmentfonds in Form des Miteigentums mit anderen Anlegern gehalten werden. Die von der italienischen Regierung angesprochenen rein künstlichen Gestaltungen innerhalb einer Unternehmensgruppe erscheinen hier ausgeschlossen.

161. Abschließend möchte ich zur Klarstellung darauf hinweisen, dass die vorstehenden Erwägungen unterschiedslos für Portfolio-Dividenden aus EU-/EWR-Staaten und aus Drittstaaten gelten. Wie sich aus der Antwort auf die dritte Vorlagefrage in der Rechtssache Haribo ergibt, muss nämlich auch bei Portfolio-Dividenden aus Drittstaaten zumindest die Möglichkeit der Anrechnung gewährt werden, wenn bei inländischen Portfolio-Dividenden die wirtschaftliche Doppelbesteuerung im Wege der Befreiung vermieden wird. In Verlustsituationen der Empfängergesellschaft besteht die hier erörterte Problematik daher unabhängig von der genauen Herkunft der ausländischen Portfolio-Dividende.

162. Auf die beiden Vorlagefragen in der Rechtssache Österreichische Salinen ist daher zu antworten, dass es gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, wenn im Rahmen der Anrechnungsmethode ausländische Portfolio-Dividenden in einem Verlustjahr letztlich doch einer Doppelbesteuerung unterliegen, weil sie den möglichen Verlustvortrag auf die Folgejahre reduzieren und die anzurechnende Körperschaftsteuer nicht ebenfalls vorgetragen oder anderweitig berücksichtigt werden kann, während inländische Portfolio-Dividenden immer von der Körperschaftsteuer befreit sind.

V –    Ergebnis

163. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich vor, die Vorlagefragen des Unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Linz, in der Rechtssache C-436/08 (Haribo) wie folgt zu beantworten:

1.      Es verstößt nicht gegen Art. 56 Abs. 1 EG, wenn inländische Körperschaften auf Portfolio-Dividenden aus anderen EU-/EWR-Staaten regelmäßig Körperschaftsteuer zahlen müssen, weil es ihnen nicht oder kaum gelingt, die für die Befreiung oder zumindest eine Anrechnung verlangten Angaben zur ausländischen Körperschaftsteuervorbelastung zu machen, während inländische Portfolio-Dividenden immer befreit sind.

2.      Es verstößt gegen Art. 56 Abs. 1 EG, wenn Portfolio-Dividenden aus einem nicht zur Europäischen Union gehörenden EWR-Staat nur bei bestehender Amts- und Vollstreckungshilfe von der Körperschaftsteuer befreit sind, obwohl dies für Dividenden aus ausländischen Schachtelbeteiligungen nicht verlangt wird.

3.      Es verstößt gegen Art. 56 Abs. 1 EG, wenn für Dividenden aus Drittstaatenbeteiligungen keine Anrechnung der im Ausland entrichteten Körperschaftsteuer vorgesehen ist, sofern es sich um Portfolio-Beteiligungen handelt, während inländische Portfolio-Dividenden steuerbefreit sind.

4.      Nationale Behörden oder Gerichte können eine systematische wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Drittstaaten-Portfolio-Dividenden, die gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstößt, grundsätzlich dadurch beseitigen, dass sie deren Inhaber die Möglichkeit einräumen, die ausländische Körperschaftsteuervorbelastung anrechnen zu lassen. Sieht das nationale Recht für gleichartige Portfolio-Dividenden aus dem EU-/EWR-Ausland jedoch eine bedingte Befreiungsmethode mit etwaigem Wechsel auf die Anrechnungsmethode vor, wäre es unverhältnismäßig, bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden ausschließlich die Anrechnungsmethode anzuwenden. Die Anrechnung bzw. bedingte Befreiung darf grundsätzlich davon abhängig gemacht werden, dass mit dem betreffenden Drittstaat ein umfassendes Amtshilfeabkommen besteht. Gilt jedoch bei Dividenden aus Drittstaaten-Schachtelbeteiligungen, soweit für diese auch nur eine Anrechnung oder bedingte Befreiung gewährt wird, kein Amtshilfeerfordernis, wäre es unverhältnismäßig, es bei Drittstaaten-Portfolio-Dividenden zu verlangen.

164. Ferner schlage ich vor, die Vorlagefragen des Unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Linz, in der Rechtssache C-437/08 (Österreichische Salinen) wie folgt zu beantworten:

Es verstößt gegen Art. 56 Abs. 1 EG, wenn im Rahmen der Anrechnungsmethode ausländische Portfolio-Dividenden in einem Verlustjahr letztlich doch einer Doppelbesteuerung unterliegen, weil sie den möglichen Verlustvortrag auf die Folgejahre reduzieren und die anzurechnende Körperschaftsteuer nicht ebenfalls vorgetragen oder anderweitig berücksichtigt werden kann, während inländische Portfolio-Dividenden immer von der Körperschaftsteuer befreit sind.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – Siehe dazu Urteil vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C-446/04, Slg. 2006, I-11753, Randnrn. 33 bis 74).


3 – Siehe dazu Urteile vom 18. Dezember 2007, A (C-101/05, Slg. 2007, I-11531), und Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn. 2, Randnrn. 17 f.).


4 – Siehe dazu Urteile vom 10. März 2009, Hartlauer (C-169/07, Slg. 2009, I-1721, Randnr. 55), vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International (C-42/07, Slg. 2009, I-7633, Randnr. 61), vom 6. Oktober 2009, Kommission/Spanien (C-153/08, Slg. 2009, I-9735, Randnr. 38), und vom 8. September 2010, Stoß u. a. (C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 106) sowie Carmen Media Group (C-46/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 68).


5 – BGBl. Nr. 401.


6 – BGBl. I Nr. 52.


7 – BMF-010216/0090-VI/6/2008.


8 – Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon jetzt Art. 63 AEUV. Da die Ausgangsverfahren jedoch die Steuerjahre 2001 und 2002 betreffen, wird hier und im Folgenden auf die Artikel des EG-Vertrags Bezug genommen.


9 – Zitiert in Fn. 2, Randnr. 72.


10 – Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn. 2, Randnrn. 57 und 60) und Beschluss vom 23. April 2008, Test Claimants in the CFC and Dividend Group Litigation (C-201/05, Slg. 2008, I-2875, Randnr. 43).


11 – Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn. 2, Randnrn. 53 und 60).


12 – Bzw. der Niederlassungsfreiheit.


13 – Urteile vom 13. November 2003, Neri (C-153/02, Slg. 2003, I-13555, Randnr. 35), vom 2. Oktober 2008, Heinrich Bauer Verlag (C-360/06, Slg. 2008, I-7333, Randnr. 15), und vom 29. Januar 2009, Josef Vosding Schlacht-, Kühl- und Zerlegebetrieb (C-278/07 bis C-280/07, Slg. 2009, I-457, Randnr. 16).


14 – Urteile vom 23. Februar 2006, van Hilten-van der Heijden (C-513/03, Slg. 2006, I-1957, Randnr. 44), vom 25. Januar 2007, Festersen (C-370/05, Slg. 2007, I-1129, Randnr. 24), und A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 40).


15 – Urteile vom 11. März 2004, de Lasteyrie du Saillant (C-9/02, Slg. 2004, I-2409, Randnr. 43), vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C-170/05, Slg. 2006, I-11949, Randnr. 50), und vom 1. Juli 2010, Dijkman und Dijkman-Lavaleije (C-233/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 42 ).


16 – Urteile vom 7. September 2004, Manninen (C-319/02, Slg. 2004, I-7477, Randnr. 29), vom 8. September 2005, Blanckaert (C-512/03, Slg. 2005, I-7685, Randnr. 42), und vom 3. Juni 2010, Kommission/Spanien (C-487/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 47).


17 – In diesem Sinne Urteile vom 15. Juli 2004, Lenz (C-315/02, Slg. 2004, I-7063, Randnrn. 29 bis 32), Manninen (zitiert in Fn. 16, Randnrn. 32 bis 35), und vom 19. November 2009, Kommission/Italien (C-540/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 58).


18 – Urteile Lenz (zitiert in Fn. 17, Randnrn. 31 f.), Manninen (zitiert in Fn. 16, Randnrn. 34 bis 36) und Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in 2, Randnr. 62).


19 – Vgl. in diesem Zusammenhang meine Schlussanträge in der Rechtssache Manninen (zitiert in Fn. 16, Nrn. 46 f).


20 – Zitiert in Fn. 16, Randnr. 44.


21 – Zitiert in Fn. 2, Randnr. 54.


22 – Zitiert in Fn. 2, Randnr. 56.


23 – Vgl. oben Nrn. 16 ff.


24 – Weil bei ausländischen Dividenden die für die ausschüttende Gesellschaft möglicherweise bestehenden Steuervergünstigungen nicht berücksichtigt werden konnten, hatte dagegen Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Test Claimants in the FII Group Litigation einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit bejaht.


25 – Für den Fall der Befreiung durch den Ursprungsmitgliedstaat hat der Gerichtshof im Urteil Manninen (zitiert in Fn. 16, Randnr. 34) angenommen, dass es an der Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Dividenden fehlt.


26 – Und/oder der Niederlassungsfreiheit.


27 – Vgl. Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn. 2, Randnrn. 47 und 72).


28 – Urteile Manninen (zitiert in Fn. 16, Randnr. 54) und Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn. 2, Randnrn. 47 bis 57).


29 – Vgl. Urteile Lenz (zitiert in Fn. 17, Randnr. 27), Manninen (zitiert in Fn. 16, Randnr. 29) und A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 56).


30 – Siehe Urteile vom 3. Oktober 2002, Danner (C-136/00, Slg. 2002, I-8147, Randnr. 50), und vom 27. Januar 2009, Persche (C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 54). Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Manninen (zitiert in Fn. 16, Nrn. 77 f.).


31 – Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Steuern auf Versicherungsprämien (ABl. L 336, S. 15) in der durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 (ABl. L 359, S. 30) geänderten Fassung.


32 – Urteile vom 27. September 2007, Twoh International (C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Randnr. 32), und Persche (zitiert in Fn. 30, Randnr. 65).


33 – Unter Verweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 14. Oktober 2008 in der Rechtssache Persche (C-318/07, zitiert in Fn. 30, Nrn. 110 und 111).


34 – Zitiert in Fn. 31.


35 – Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Manninen (zitiert in Fn. 16, Nr. 78).


36 – Vgl. Urteil Persche (zitiert in Fn. 30, Randnr. 59).


37 – Nrn. 33 ff.


38 – Urteile Hartlauer (zitiert in Fn. 4, Randnr. 55), Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International (zitiert in Fn. 4, Randnr. 61), Kommission/Spanien (zitiert in Fn. 4, Randnr. 38), Stoß u. a. (zitiert in Fn. 4, Randnr. 106) sowie Carmen Media Group (zitiert in Fn. 4, Randnr. 68).


39 – Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6) in der Fassung der Richtlinie 2003/123/EG des Rates vom 22. Dezember 2003 (ABl. L 7, S. 41).


40 – Urteile vom 16. Dezember 2008, Cartesio (C-210/06, Slg. 2008, I-9641, Randnr. 67), und vom 22. Oktober 2009, Zurita García (C-261/08 und C-348/08, Slg. 2009, I-0000, Randnrn. 34 bis 36).


41 – BMF-010216/0090-VI/6/2008.


42 – Vgl. die in Fn. 14 zitierte Rechtsprechung.


43 – Hier und im Folgenden wird EWR nur für die drei EWR-Staaten verwandt, die nicht zur Europäschen Union gehören, also derzeit Norwegen, Island und Liechtenstein.


44 – Vgl. in diesem Sinne Urteil A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 42 und die dort zitierte Rechtsprechung).


45 – Vgl. die in Fn. 16 zitierte Rechtsprechung.


46 – Siehe oben, Nrn. 32 ff.


47 – Siehe die in Fn. 29 zitierte Rechtsprechung.


48 – Siehe die in Fn. 38 zitierte Rechtsprechung.


49 – Zitiert in Fn. 3, Randnr. 67).


50 – Zitiert in Fn. 17, Randnrn. 57 ff. und 68 ff.


51 – Schlussanträge vom 29. April 2010, Établissements Rimbaud (C-72/09, Slg. 2010, I-0000, Nrn. 53 ff.).


52 – Urteil vom 28. Oktober 2010, Établissements Rimbaud (C-72/09, Slg. 2010, I-0000, Randnrn. 40 ff.).


53 – Siehe oben Nrn. 63 ff.


54 – Vgl. Urteil vom 11. Juni 2009, Kommission/Niederlande (C-521/07, Slg. 2009, I-4873, Randnr. 49).


55 – Vgl. Urteile vom 16. Juli 1998, ICI (C-264/96, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 26), vom 11. Oktober 2007, ELISA (C-451/05, Slg. 2007, I-8251, Randnr. 91), und Kommission/Italien (zitiert in Fn. 17, Randnr. 58).


56 – Vgl. die in Fn. 14 zitierte Rechtsprechung.


57 – Urteil A (zitiert in Fn 3, Randnrn. 28 bis 39).


58 – Siehe oben, Nr. 62.


59 – Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn 2, Randnrn. 170 f.) und A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 37).


60 – Urteile A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 31) und vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund (C-194/06, Slg. 2008, I-3747, Randnr. 87).


61 – Urteile A (zitiert in Fn. 3, Randnrn. 32 und 60), Orange European Smallcap Fund (zitiert in Fn. 60, Randnr. 89) und Kommission/Italien (zitiert in Fn.17, Randnr. 69).


62 – Urteil A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 36).


63 – Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn 2, Randnr. 170), A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 37) und Orange European Smallcap Fund (zitiert in Fn. 60, Randnr. 89).


64 – Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation (zitiert in Fn 2, Randnr. 171) und A (zitiert in Fn. 3, Randnr. 37).


65 – Urteil A (zitiert in Fn. 3, Randnrn. 32 ff.).


66 – Urteile vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C-446/03, Slg. 2005, I-10837, Randnrn. 43 bis 51), vom 18. Juli 2007, Oy AA (C-231/05, Slg. 2007, I-6373, Randnr. 51), vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C-414/06, Slg. 2008, I-3601, Randnr. 42), und vom 25. Februar 2010, X Holding (C-337/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 33).


67 – Urteile Oy AA (zitiert in Fn. 66, Randnr. 54), vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome (C-182/08, Slg. 2009, I-8591, Randnr. 82), und vom 21. Januar 2010, SGI (C-311/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 60).


68 – Urteile Manninen (zitiert in Fn. 16, Randnr. 49), vom 14. September 2006, Centro di Musicologia Walter Stauffer (C-386/04, Slg. 2006, I-8203, Randnr. 59), und Glaxo Wellcome (zitiert in Fn. 67, Randnr. 82).


69 – Urteil Orange European Smallcap Fund (zitiert in Fn. 60, Randnr. 95).


70 – Siehe oben, Nrn. 92 ff.


71 – Siehe oben, Nrn. 63 ff.


72 – Siehe oben, Nrn. 89 ff.


73 – Urteile vom 14. November 2006, Kerckhaert und Morres (C-513/04, Slg. 2006, I-10967, Randnrn. 20 bis 24), vom 16. Juli 2009, Damseaux (C-128/08, Slg. 2009, I-6823, Randnrn. 25 ff.), und Kommission/Spanien (zitiert in Fn. 16, Randnr. 56). In Bezug auf die Erhebung von Quellensteuer bei Schachtelbeteiligungen siehe jedoch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 (zitiert in Fn. 39).


74 – Vgl. Urteil Damseaux (zitiert in Fn. 73, Randnrn. 32 ff.).


75 – Zitiert in Fn. 2.


76 – Zitiert in Fn. 73.


77 – Urteil vom 12. Februar 2009, C-138/07 (Slg. 2009, I-731, Randnrn. 37 bis 45).


78 – Beschluss vom 4. Juni 2009, C-439/07 und C-499/07 (Slg. 2009, I-4409, Randnrn. 39 f.).


79 – Zitiert in Fn. 67.